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Document 62016CJ0545
Judgment of the Court (Sixth Chamber) of 22 February 2018.#Kubota (UK) Limited and EP Barrus Limited v Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs.#Request for a preliminary ruling from the First-tier Tribunal (Tax Chamber).#Reference for a preliminary ruling — Common Customs Tariff — Tariff headings — Motor vehicles for the transport of goods — Subheadings 8704 10 10 and 8704 21 91 — Regulation (EU) 2015/221 — Validity.#Case C-545/16.
Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 22. Februar 2018.
Kubota (UK) Limited und EP Barrus Ltd gegen Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs.
Vorabentscheidungsersuchen des First-tier Tribunal (Tax Chamber).
Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen – Kraftfahrzeuge für den Transport von Waren – Unterpositionen 8704 10 10 und 8704 21 91 – Verordnung (EU) 2015/221 – Gültigkeit.
Rechtssache C-545/16.
Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 22. Februar 2018.
Kubota (UK) Limited und EP Barrus Ltd gegen Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs.
Vorabentscheidungsersuchen des First-tier Tribunal (Tax Chamber).
Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen – Kraftfahrzeuge für den Transport von Waren – Unterpositionen 8704 10 10 und 8704 21 91 – Verordnung (EU) 2015/221 – Gültigkeit.
Rechtssache C-545/16.
Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:101
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)
22. Februar 2018 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen – Kraftfahrzeuge für den Transport von Waren – Unterpositionen 8704 10 10 und 8704 21 91 – Verordnung (EU) 2015/221 – Gültigkeit“
In der Rechtssache C‑545/16
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 26. Oktober 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Oktober 2016, in dem Verfahren
Kubota (UK) Ltd,
EP Barrus Ltd
gegen
Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters J.‑C. Bonichot in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter S. Rodin (Berichterstatter) und E. Regan,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
der Kubota (UK) Ltd und der EP Barrus Ltd, vertreten durch V. Sloane, Barrister, und durch S. Cock, |
– |
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Crane und M. Fell als Bevollmächtigte, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Caeiros und J. Hradil als Bevollmächtigte, |
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Positionen 8704 10 10 und 8704 21 91 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 9. Oktober 2012 (ABl. 2012, L 304, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN) sowie die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) 2015/221 der Kommission vom 10. Februar 2015 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. 2015, L 37, S. 1). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Kubota (UK) Ltd und der EP Barrus Ltd einerseits und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs (Steuer- und Zollverwaltung, Vereinigtes Königreich) andererseits wegen der zollrechtlichen Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge für den Transport von Waren, die von diesen Unternehmen in die Europäische Union eingeführt wurden. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 |
Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) sieht vor: „(1) Soweit nicht durch internationale Übereinkommen, geographisch und wirtschaftlich begrenztes Gewohnheitsrecht oder autonome Gemeinschaftsmaßnahmen etwas Gegenteiliges bestimmt ist, gilt das gemeinschaftliche Zollrecht einheitlich im gesamten Zollgebiet der Gemeinschaft. (2) Bestimmte Zollvorschriften können entweder wenn es ausdrücklich vorgesehen ist oder aufgrund von internationalen Übereinkommen auch außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelten.“ |
4 |
In Art. 12 Abs. 6 Unterabs. 1 dieser Verordnung heißt es: „Eine verbindliche Zolltarifauskunft, die nach Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer ii) oder iii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) oder iii) ungültig wird, kann von dem Berechtigten noch sechs Monate vom Zeitpunkt der Veröffentlichung oder Inkenntnissetzung an gerechnet verwendet werden, wenn er vor dem Zeitpunkt der Annahme der betreffenden Tarifmaßnahme aufgrund der verbindlichen Zolltarifauskunft einen rechtsverbindlichen und endgültigen Vertrag zum Kauf oder Verkauf der betreffenden Waren abgeschlossen hat. Handelt es sich jedoch um Erzeugnisse, für die eine Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz oder eine Vorausfestsetzungsbescheinigung bei der Erfüllung der Zollförmlichkeiten vorgelegt wird, so tritt der Zeitraum, für den die betreffende Bescheinigung gültig bleibt, an die Stelle des vorgenannten Sechsmonatszeitraums.“ |
5 |
Die mit der Verordnung Nr. 2658/87 errichtete KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), ausgearbeitet und durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt wurde. Dieses Übereinkommen wurde mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) genehmigt. |
6 |
Teil I der KN enthält eine Reihe einführender Vorschriften. In seinem Titel I mit allgemeinen Vorschriften heißt es in Abschnitt A („Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der [KN]“): „Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze: …
…“ |
7 |
Die Position 8704 der KN ist folgendermaßen aufgebaut:
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8 |
Im Anhang der gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 2658/87 erlassenen Verordnung 2015/221 werden die in Spalte 1 der in der Tabelle im Anhang dieser Verordnung genannten Waren mit den in Spalte 3 dieser Tabelle genannten Begründungen in den in Spalte 2 angegebenen KN‑Code eingereiht. Dieser Anhang lautet wie folgt:
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9 |
In den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union vom 6. Mai 2011 (ABl. 2011, C 137, S. 1, im Folgenden: Erläuterungen zur KN) heißt es zu Code 8704:
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Erläuterungen zum HS
10 |
Nach Art. 6 Abs. 1 des in Rn. 5 des vorliegenden Urteils erwähnten Internationalen Übereinkommens wird ein als „Ausschuss für das Harmonisierte System“ bezeichneter Ausschuss, der sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammensetzt, innerhalb des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens eingerichtet. Seine Aufgabe besteht u. a. darin, Änderungen des Übereinkommens vorzuschlagen und Erläuterungen (im Folgenden: HS‑Erläuterungen), Einreihungsavise und sonstige Stellungnahmen zur Auslegung des HS auszuarbeiten. |
11 |
In den HS-Erläuterungen zur Unterposition 8704 10 heißt es: „Muldenkipper (Dumper) dieser Unterposition können von anderen Lastkraftwagen zum Befördern von Gütern (insbesondere von Kipplastwagen) im Allgemeinen aufgrund folgender Merkmale unterschieden werden:
Bestimmte Muldenkipper sind speziell für die Arbeit in Bergwerken oder Tunnels konstruiert, z. B. solche mit einem Aufbau mit Klappboden. Diese weisen einige der oben erwähnten Merkmale auf, besitzen aber kein Fahrerhaus und keine als Schutzdach vorgezogene Muldenvorderwand.“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
12 |
Im Anschluss an eine Entscheidung des Upper Tribunal (Tax and Chancery Chamber) (Höheres Gericht [Steuer- und Chancerykammer], Vereinigtes Königreich) erteilte die Steuer- und Zollverwaltung den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens auf ihren Antrag hin verbindliche Zolltarifauskünfte, wonach bestimmte der von ihnen eingeführten Kraftfahrzeuge für den Transport von Waren als Muldenkipper in die Unterposition 8704 10 einzureihen seien. |
13 |
Im Jahr 2014 nahm der Ausschuss für den Zollkodex eine Prüfung der Einreihung bestimmter Nutzfahrzeuge vor, die nach den Angaben des vorlegenden Gerichts durch die Entscheidung des Upper Tribunal (Tax and Chancery Chamber) (Höheres Gericht [Steuer- und Chancerykammer]) ausgelöst wurde. Auf diese Prüfung hin erließ die Europäische Kommission die Verordnung 2015/221, mit der Fahrzeuge eines den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fahrzeugen vergleichbaren Typs in die Unterposition 8704 21 91 eingereiht wurden. Der Ausschuss setzte die genannte Verordnung um, und die Steuer- und Zollverwaltung teilte den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens mit, dass die Zolltarifauskünfte widerrufen würden. |
14 |
Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens haben diesen Widerruf beim vorlegenden Gericht angefochten und sich dabei auf zwei Gründe gestützt. Erstens haben sie geltend gemacht, dass die Verordnung 2015/221 nicht auf die von ihnen eingeführten Fahrzeuge anwendbar sei, und zweitens, dass diese Verordnung insoweit ungültig sei, als das in ihrem Anhang aufgeführte Fahrzeug in die Unterposition 8704 21 91 eingereiht werde. |
15 |
Im Anschluss an die Feststellung, dass die Verordnung 2015/221 auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fahrzeuge anzuwenden sei, kam das vorlegende Gericht zu dem Schluss, dass die Argumente der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, mit denen die Gültigkeit dieser Verordnung in Zweifel gezogen werde, nicht jeglicher Grundlage entbehrten. |
16 |
Unter diesen Umständen hat das First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer], Vereinigtes Königreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zu den Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit
17 |
Die Kommission wirft vorab die Frage nach der Zulässigkeit der Vorlagefragen auf, weil das Problem der Gültigkeit der Verordnung 2015/221 rein hypothetischer Natur sei. Es sei nämlich unklar, weshalb die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zolltarifauskünfte von der Steuer- und Zollverwaltung widerrufen worden seien, da sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens gemäß Art. 2 der Verordnung 2015/221 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2913/92 bis zum 5. Juni 2015 weiterhin auf sie hätten berufen können. |
18 |
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV allein das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 26. Januar 2017, Banco Primus, C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
19 |
Im Rahmen des in Art. 267 AEUV geschaffenen Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten spricht nämlich eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit von Vorlagefragen zum Unionsrecht. Der Gerichtshof kann die Entscheidung über eine von einem nationalen Gericht gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage nur dann ablehnen, wenn etwa die in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgeführten Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens nicht erfüllt sind oder offensichtlich ist, dass die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit einer Unionsvorschrift, um die das vorlegende Gericht ersucht, in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder wenn das Problem hypothetischer Natur ist (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
20 |
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte zwar nicht, dass der Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits die Auslegung oder die Anwendbarkeit von Art. 2 der Verordnung 2015/221 betrifft, doch bestreiten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens mit ihrem zweiten Klagegrund die Gültigkeit dieser Verordnung, soweit die von ihr erfassten Waren in die Unterposition 8704 21 91 der KN eingereiht werden. Das vorlegende Gericht, nach dessen Feststellungen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fahrzeuge in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, hält aber eine ihre Gültigkeit betreffende Antwort des Gerichtshofs für erforderlich, um über den Rechtsstreit entscheiden zu können. |
21 |
Unter diesen Umständen ist das durch die Vorlagefragen aufgeworfene Problem nicht hypothetischer Natur, so dass sie zulässig sind. |
Zur Beantwortung der Fragen
22 |
Die beiden Fragen des vorlegenden Gerichts, die zusammen zu prüfen sind, betreffen im Wesentlichen die Gültigkeit der Verordnung 2015/221. |
23 |
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Rat der Europäischen Union der Kommission, die mit den Zollsachverständigen der Mitgliedstaaten zusammenarbeitet, ein weites Ermessen bei der näheren Bestimmung des Inhalts der Tarifpositionen, die für die Einreihung einer bestimmten Ware in Frage kommen, eingeräumt hat. Die Kommission hat jedoch aufgrund ihrer Befugnis zum Erlass von Maßnahmen gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 2658/87 nicht das Recht, den Inhalt oder die Tragweite der Tarifpositionen zu ändern (Urteil vom 4. März 2004, Krings, C‑130/02, EU:C:2004:122, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
24 |
Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Kommission dadurch, dass sie das in Spalte 1 der Tabelle im Anhang der Verordnung 2015/221 bezeichnete Fahrzeug für Zwecke der zollrechtlichen Tarifierung in die Unterposition 8704 21 91 und nicht in die Unterposition 8704 10 eingereiht hat, den Inhalt dieser beiden Unterpositionen des Zolltarifs geändert hat. |
25 |
Hierzu ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (Urteile vom 27. April 2006, Kawasaki Motors Europe, C‑15/05, EU:C:2006:259, Rn. 38, vom 29. Oktober 2009, Dinter und Europol Frost-Food, C‑522/07 und C‑65/08, EU:C:2009:663, Rn. 29, sowie vom 22. Dezember 2010, Premis Medical, C‑273/09, EU:C:2010:809, Rn. 42). |
26 |
Zudem kann der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er dieser Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lassen muss (Urteil vom 22. März 2017, GROFA u. a., C‑435/15 und C‑666/15, EU:C:2017:232, Rn. 40). |
27 |
Im vorliegenden Fall ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Spalte 1 der Tabelle im Anhang zur Verordnung 2015/221 in Bezug auf die Unterposition 8704 21 91, dass das von ihr erfasste Fahrzeug ein neues Nutzfahrzeug mit Vierradantrieb, mit einem Nettogewicht von etwa 630 kg, einer ungebremsten Anhängelast von 750 kg und Abmessungen von etwa 300 × 160 cm ist. Es verfügt über eine offene, mit einem vollständigen Überrollkäfig ausgestattete Kabine mit zwei Sitzen, eine aus einem starken Stahlrahmen gefertigte Ladefläche mit einem robusten Flachbett-Kippaufbau, eine manuelle Kippvorrichtung, geländegängige Erdbewegungsreifen, eine Anhängerkupplung und eine Frontkupplung. Das Fahrzeug hat eine begrenzte Geschwindigkeit von 25 km/h und eine hohe Bremskapazität. Es ist für die Verwendung im Gelände, insbesondere in sehr unwegsamem Gelände, konstruiert. Es ist zur Verwendung für eine Reihe von Funktionen bestimmt, beispielsweise zum Ziehen von Anhängern, Verbringen von Tieren sowie zum Befördern von Pflanzen, Kisten, Wasser, Ausrüstung, Munition oder Futtermitteln. |
28 |
Es ist darauf hinzuweisen, dass die zur Unterposition 8704 10 gehörenden Waren nach deren Wortlaut „Muldenkipper (Dumper), ihrer Beschaffenheit nach zur Verwendung außerhalb des Straßennetzes bestimmt“ sind. Nach diesem Wortlaut muss ein Fahrzeug folglich zwei Voraussetzungen erfüllen, um so eingereiht werden zu können, und zwar muss es sich um einen Muldenkipper handeln, und es muss zur Verwendung außerhalb des Straßennetzes gebaut sein (Urteil vom 16. September 2004, DFDS, C‑396/02, EU:C:2004:536, Rn. 31). |
29 |
Wie die Kommission selbst bestätigt, erfüllt das von der Verordnung 2015/221 erfasste Fahrzeug die Bedingung der Verwendung außerhalb des Straßennetzes, weil es mit geländegängigen Erdbewegungsreifen ausgestattet ist und seine Geschwindigkeit auf 25 km/h begrenzt ist. |
30 |
Zu prüfen bleibt, ob ein solches Fahrzeug auch die Eigenschaft als Muldenkipper aufweist. |
31 |
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Unterposition 8704 10 der KN eine spezifische Position für Fahrzeuge ist, die speziell für den Transport und das Entladen von Schüttgut außerhalb des Straßennetzes gebaut sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2007, B.A.S. Trucks, C‑400/05, EU:C:2007:22, Rn. 36), und dass ein wesentliches Merkmal der Muldenkipper das Vorhandensein einer Kippmulde oder eines Aufbaus mit Klappboden ist, der den Transport dieses Materials ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2004, DFDS, C‑396/02, EU:C:2004:536, Rn. 32). |
32 |
Des Weiteren gehören gemäß den Erläuterungen zur KN zu den Unterpositionen 8704 10 10 und 8704 10 90 insbesondere Fahrzeuge, die speziell für die Beförderung von Sand, Kies, Erde und Gestein, d. h. von losem Material, in Steinbrüchen und Bergwerken oder auf Baustellen (zum Bau von Straßen, Flugplätzen und Häfen) konstruiert sind. |
33 |
Zu prüfen ist daher, ob das von der Verordnung 2015/221 erfasste Fahrzeug speziell für eine solche besondere Verwendung konstruiert ist. |
34 |
Insoweit geht schon aus dem Wortlaut der Verordnung hervor, dass ein solches Fahrzeug über eine offene Kabine und über eine Kippmulde mit einem Fassungsvermögen von 0,4 m3 oder etwa 400 kg verfügt. |
35 |
Somit ist das von der Verordnung 2015/221 erfasste Fahrzeug aufgrund seiner geringen Robustheit, seines begrenzten Fassungsvermögens und seiner offenen Kabine, die dem Fahrer keinen Schutz gegen das lose Material bietet, zur Verwendung für eine Reihe von Funktionen des Transports verschiedener Gegenstände wie Pflanzen oder Tiere, Ausrüstung, Kisten oder Munition bestimmt. |
36 |
Ferner kann dieses Fahrzeug angesichts seiner technischen Eigenheiten und seiner objektiven Merkmale nicht mit den zur Unterposition 8704 10 gehörenden Fahrzeugen gleichgesetzt werden, weil es nicht über die erforderliche Robustheit für eine Verwendung auf Baustellen verfügt, die für Muldenkipper charakteristisch ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2007, B.A.S. Trucks, C‑400/05, EU:C:2007:22, Rn. 35). |
37 |
Folglich kann der Umstand, dass ein solches Fahrzeug über eine Kippmulde verfügt, die es ihm zusätzlich ermöglicht, geringe Mengen an losem Material zu befördern, die Begründetheit seiner Einreihung in die Unterposition 8704 21 91 nicht in Frage stellen. |
38 |
Schließlich verfügt die Kommission, worauf in Rn. 23 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, über ein weites Ermessen bei der näheren Bestimmung des Inhalts der Tarifpositionen. |
39 |
Da die Prüfung der dem Gerichtshof vorgelegten Akte nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung 2015/221 berühren könnte, wurde mit ihr das darin beschriebene Fahrzeug zu Recht in die Unterposition 8704 21 91 und nicht in die Unterposition 8704 10 eingereiht. |
40 |
Daher ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass ihre Prüfung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung berühren könnte. |
Kosten
41 |
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt: |
Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) 2015/221 der Kommission vom 10. Februar 2015 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur berühren könnte. |
Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.