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Document 62004CJ0273

Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 23. Oktober 2007.
Republik Polen gegen Rat der Europäischen Union.
Nichtigkeitsklage - Beschluss 2004/281/EG des Rates - Gemeinsame Agrarpolitik - Akte über die Bedingungen des Beitritts zur Europäischen Union - Anpassung - Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot.
Rechtssache C-273/04.

Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-08925

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:622

Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache C‑273/04

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 28. Juni 2004,

Republik Polen, zunächst vertreten durch T. Nowakowski und E. Ośniecka-Tamecka, dann durch T. Nowakowski, M. Szpunar, B. Majczyna, K. Rokicka und I. Niemirka als Bevollmächtigte,

Klägerin,

unterstützt durch

Republik Lettland, vertreten durch A. Zikmane und E. Balode-Buraka als Bevollmächtigte,

Republik Litauen, vertreten durch D. Kriaučiūnas als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Brüssel,

Republik Ungarn, vertreten durch P. Gottfried und R. Somssich als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten zunächst durch F. Ruggeri Laderchi und K. Zieleśkiewicz, dann durch F. Florindo Gijón und K. Zieleśkiewicz als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch T. van Rijn, A. Stobiecka-Kuik und L. Visaggio als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts und L. Bay Larsen, des Richters J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Richter K. Schiemann, J. Makarczyk und A. Ó Caoimh, der Richterin P. Lindh und des Richters J.‑C. Bonichot,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: M.‑A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Juni 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

1. Die Republik Polen begehrt mit ihrer Klage die Nichtigerklärung von Art. 1 Nr. 5 des Beschlusses 2004/281/EG des Rates vom 22. März 2004 zur Anpassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge infolge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 93, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss).

2. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. März 2005 sind die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften als Streithelferinnen im vorliegenden Verfahren zugelassen worden, und zwar die drei genannten Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Anträge der Republik Polen und die Kommission zur Unterstützung der Anträge des Rates.

Rechtlicher Rahmen

Die Verordnung (EG) Nr. 1259/1999

3. Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 160, S. 113) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1244/2001 des Rates vom 19. Juni 2001 (ABl. L 173, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1259/1999) bestimmt:

„Diese Verordnung gilt für die Direktzahlungen an Betriebsinhaber im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, die vollständig oder teilweise aus dem [Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL)], Abteilung Garantie, finanziert werden, ausgenommen die Direktzahlungen, die unter die Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 [des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen (ABl. L 160, S. 80)] fallen.

Diese Stützungsregelungen sind im Anhang verzeichnet.“

4. Gemäß Art. 11 Abs. 4 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1259/1999 erlässt die Kommission Änderungen des Anhangs dieser Verordnung, die sich gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Kriterien von deren Art. 1 als erforderlich erweisen.

5. Der genannte Anhang trägt die Überschrift „Liste der Stützungsregelungen, welche die in Artikel 1 genannten Kriterien erfüllen“. Diese Liste wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 41/2004 der Kommission vom 9. Januar 2004 (ABl. L 6, S. 19) erweitert.

EG-Vertrag und Beitrittsakte

6. Art. 2 Abs. 3 des am 16. April 2003 in Athen unterzeichneten Vertrags zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (ABl. L 236, S. 17, im Folgenden: Beitrittsvertrag) bestimmt:

„Abweichend von Absatz 2 können die Organe der Union vor dem Beitritt die Maßnahmen erlassen, die in … den Artikeln 21 und 23 … [der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte)] … vorgesehen sind. Diese Maßnahmen treten nur vorbehaltlich des Inkrafttretens dieses Vertrags und zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens in Kraft.“

7. Art. 23 der Beitrittsakte lautet:

„Der Rat kann einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments die bei einer Änderung der Gemeinschaftsregelung gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der Bestimmungen dieser Akte über die Gemeinsame Agrarpolitik vornehmen. Diese Anpassungen können vor dem Tag des Beitritts vorgenommen werden.“

8. Art. 20 der Beitrittsakte sieht vor, dass die in der Liste in ihrem Anhang II aufgeführten Rechtsakte nach Maßgabe jenes Anhangs angepasst werden.

9. Anhang II der Beitrittsakte sieht in Kapitel 6 Abschnitt A („Rechtsvorschriften im Agrarbereich“) Nr. 27 Buchst. b die Einfügung eines Art. 1a in die Verordnung Nr. 1259/1999 mit folgendem Wortlaut vor:

„Einführung von Stützungsregelungen in neuen Mitgliedstaaten

In der Tschechischen Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakei (nachstehend ‚neue(r) Mitgliedstaat(en)‘ genannt) werden die im Rahmen der Stützungsregelungen nach Artikel 1 gewährten Direktzahlungen nach folgendem Schema eingeführt, in dem die Steigerungsstufen als Prozentsatz der Höhe derartiger Zahlungen in der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 ausgedrückt werden:

2004: 25 %

2005: 30 %

2006: 35 %

2007: 40 %

2008: 50 %

2009: 60 %

2010: 70 %

2011: 80 %

2012: 90 %

ab 2013: 100 %.“

Die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003

10. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270, S. 1, und Berichtigung in ABl. 2004, L 94, S. 70) ist die Verordnung Nr. 1259/1999 mit Wirkung vom 1. Mai 2004 aufgehoben worden.

11. Art. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 bestimmt:

„Diese Verordnung enthält

– gemeinsame Regeln für die in Anhang I aufgeführten Direktzahlungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, die aus dem EAGFL, Abteilung Garantie, finanziert werden, ausgenommen Direktzahlungen im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999;

– eine Einkommensstützungsregelung für Betriebsinhaber in Form einer einheitlichen Betriebsprämie (im Folgenden ‚Betriebsprämienregelung‘ genannt);

– Stützungsregelungen für Betriebsinhaber, die … Schalenfrüchte, [Energiepflanzen], … Milch, … erzeugen.“

12. Da es sich bei den letztgenannten Stützungsregelungen um Direktzahlungen im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 handelt, werden sie vom EAGFL, Abteilung Garantie, finanziert.

13. Anhang I der Verordnung Nr. 1782/2003 trägt die Überschrift „Liste der Stützungsregelungen, die die Bedingungen des Artikels 1 erfüllen“. Diese Liste umfasst insbesondere die Beihilfen für Schalenfrüchte (Kapitel 4, Art. 83 bis 87) und für Energiepflanzen (Kapitel 5, Art. 88 bis 92) sowie die im Milchsektor vorgesehenen Ergänzungszahlungen (Kapitel 7, Art. 95 bis 97).

Der streitige Beschluss

14. Der streitige Beschluss wurde gestützt auf Art. 2 Abs. 3 des Beitrittsvertrags und Art. 23 der Beitrittsakte erlassen. Durch Art. 1 Nr. 5 des streitigen Beschlusses wurde Anhang II Kapitel 6 Abschnitt A Nr. 27 der Beitrittsakte, der Änderungen der Verordnung Nr. 1259/1999 enthielt, durch Bestimmungen zur Änderung der Verordnung Nr. 1782/2003 ersetzt, um die Anpassungen zu berücksichtigen, die nach Unterzeichnung der Beitrittsurkunden durch den Erlass der letztgenannten Verordnung an der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgenommen worden waren.

15. In seinem Art. 1 Nr. 5 Buchst. c sieht der genannte Beschluss u. a. die Einfügung eines Art. 143a in die Verordnung Nr. 1782/2003 vor, der wie folgt lautet:

„Einführung von Stützungsregelungen

In den neuen Mitgliedstaaten werden die Direktzahlungen nach folgendem Schema eingeführt, in dem die Steigerungsstufen als Prozentsatz der Höhe derartiger Zahlungen in der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 ausgedrückt werden:

– 2004: 25 %

– 2005: 30 %

– 2006: 35 %

– 2007: 40 %

– 2008: 50 %

– 2009: 60 %

– 2010: 70 %

– 2011: 80 %

– 2012: 90 %

– ab 2013: 100 %.“

16. Art. 8 des streitigen Beschlusses bestimmt:

„Dieser Beschluss ist in spanischer, tschechischer, dänischer, deutscher, estnischer, griechischer, englischer, französischer, irischer, italienischer, lettischer, litauischer, ungarischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, slowakischer, slowenischer, finnischer und schwedischer Sprache abgefasst, wobei der Wortlaut in jeder dieser 21 Sprachen gleichermaßen verbindlich ist.“

Sachverhalt

17. Der Sachverhalt der vorliegenden Nichtigkeitsklage geht auf die Verhandlungen über den Beitritt der Republik Polen zur Union zurück.

18. Aus einem vom Ministerrat am 9. Dezember 1999 erlassenen Dokument über den Standpunkt der Republik Polen zu den Verhandlungen auf dem Gebiet der Landwirtschaft und der Antwort der Republik Polen zu dem am 8. Oktober 2002 vom Ministerrat angenommenen Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union vom 20. Juni 2002 auf dem Gebiet der Landwirtschaft ergibt sich, dass die Republik Polen bei diesen Verhandlungen mehrfach ihre Absicht bekundete, „vom Tag des Beitritts an sämtliche Rechtsvorschriften über die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte zu erlassen, sofern der polnischen Landwirtschaft Zugang zum gesamten Instrument der [GAP] einschließlich [dem] der Direktzahlungen gewährleistet wird“.

19. Der Standpunkt der Union wurde seinerzeit anhand eines von der Kommission am 30. Januar 2002 erstellten Diskussionspapiers festgelegt. Dieses stützte sich im Wesentlichen auf die Notwendigkeit, die in den neuen Mitgliedstaaten seinerzeit betriebene Umstrukturierung des Landwirtschaftssektors fortzuführen, auf die Einkommenssituation der Landwirte dieser Mitgliedstaaten und auf das Erfordernis, zu verhindern, dass dort gegenüber anderen Wir tschaftssektoren ein Ungleichgewicht oder spekulative Gewinnchancen geschaffen werden. Aus diesen Gründen kam das genannte Dokument zu dem Ergebnis, dass den Forderungen der neuen Mitgliedstaaten, ihnen ab Beitritt Direktzahlungen im gleichen Umfang wie den 15 Mitgliedstaaten der seinerzeitigen Union (im Folgenden: alte Mitgliedstaaten) zu zahlen, nicht entsprochen werden sollte und demgemäß „die Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten während eines Übergangszeitraums schrittweise eingeführt werden sollten“.

20. Außerdem wurde die Verhandlungsposition der alten Mitgliedstaaten gegenüber der Republik Polen in dem Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union vom 31. Oktober 2002 festgelegt. Darin hieß es: „Die [Union] nimmt den Antrag Polens zur Kenntnis, den polnischen Landwirten nach dem Beitritt in demselben Maße wie den Landwirten der [Union] Direktzahlungen zu gewähren. Nach Ansicht der [Union] sollte diesem Antrag nicht stattgegeben werden; vielmehr sollten die Direktzahlungen während einer Übergangszeit in Polen schrittweise eingeführt werden.“

21. Da die Parteien keine Einigung erzielten, setzten sich die Verhandlungen über diesen Punkt bis zum Europäischen Rat von Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002 und der in dessen Rahmen stattfindenden Beitrittskonferenz fort. Aus den Schlussfolgerungen dieser Ratssitzung geht hervor, dass die Frage der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten gemäß dem Inhalt des Gemeinsamen Standpunkts der Europäischen Union vom 31. Oktober 2002 gelöst wurde.

22. Am 16. April 2003 unterzeichnete die Republik Polen auf der Tagung des Europäischen Rates in Athen den Beitrittsvertrag.

23. Überdies wurde am 29. September 2003 die Verordnung Nr. 1782/2003 erlassen.

24. Aufgrund der Erforderlichkeit, die Beitrittsakte der insbesondere durch diese Verordnung durchgeführten GAP-Reform anzupassen, legte die Kommission am 27. Oktober 2003 einen Vorschlag für einen Beschluss vor, der für alle Direktzahlungen einen Mechanismus der schrittweisen Einführung vorsah. Sobald die polnische Regierung von diesem Vorschlag erfuhr, wandte sie sich in allen Abschnitten des Gesetzgebungsprozesses und mittels zahlreicher Schreiben gegen die von ihr so genannte Ausweitung des Systems einer schrittweisen Einführung von Direktzahlungen. Sie machte insbesondere geltend, dass der Erlass der geplanten Maßnahme eine Änderung der Beitrittsbedingungen zur Folge hätte und gegen Art. 23 der Beitrittsakte verstoßen würde.

25. Der streitige Beschluss wurde am 22. März 2004 erlassen.

26. Da die Republik Polen diesen Beschluss nicht für eine Anpassung der Beitrittsakte, sondern vielmehr für eine wesentliche Änderung der in dieser Akte festgelegten Beitrittsbedingungen hält, hat sie die vorliegende Nichtigkeitsklage erhoben.

Zur Zulässigkeit der Klage

Vorbringen der Beteiligten

27. Der Rat hat im Laufe des schriftlichen Verfahrens eine Einrede der Unzulässigkeit wegen verspäteter Klageerhebung erhoben.

28. Er trägt vor, dass der Beschluss am 30. März 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 93) veröffentlicht worden sei. Da die Klage am 28. Juni 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden sei, sei sie folglich nicht fristgerecht gemäß Art. 230 Abs. 5 EG in Verbindung mit Art. 81 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs erhoben worden.

29. Die Republik Polen hält diese Einrede der Unzulässigkeit für unbegründet.

30. Sie vertritt mit Unterstützung der als Streithelfer auftretenden Mitgliedstaaten die Auffassung, dass die einem neuen Mitgliedstaat eingeräumte Frist zur Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung eines gestützt auf Art. 23 des Beitrittsvertrags erlassenen Rechtsakts erst ab dem Zeitpunkt des Beitritts dieses Mitgliedstaats laufe, damit verhindert werde, dass der genannte Mitgliedstaat nur über eine verkürzte Klagefrist verfüge und das einen solchen Rechtsakt erlassende Gemeinschaftsorgan sich einer auf Betreiben der Beitrittsstaaten stattfindenden richterlichen Kontrolle durch den Gerichtshof entziehen könne, indem es den betreffenden Rechtsakt mindestens zwei Monate, bevor die Beitrittsstaaten zu Mitgliedstaaten würden, erlasse und veröffentlichen lasse.

31. Zweitens tragen die genannten Mitgliedstaaten vor, dass die Veröffentlichung des streitigen Beschlusses am 30. März 2004 nicht in allen Amtssprachen der neuen Mitgliedstaaten erfolgt sei. Dies wäre jedoch nach Art. 8 des Beschlusses erforderlich gewesen. Die Republik Polen macht außerdem in ihrer Erwiderung geltend, dass das Amtsblatt, in dem dieser Beschluss in polnischer Sprache veröffentlicht worden sei, unter Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit vordatiert worden sein könnte. Der Gerichtshof hat dazu mit Beschluss vom 15. November 2006 eine Beweisaufnahme dahin gehend angeordnet, dass der Generaldirektor des Amtes für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften aufgefordert wurde, schriftlich die Frage zu beantworten, welches das tatsächliche Veröffentlichungsdatum des streitigen Beschlusses ist, von dem an dieser der Öffentlichkeit vorgelegen hat.

32. Drittens berufen sich die Republik Polen und die als Streithelfer auftretenden Mitgliedstaaten auf den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes. Die Gemeinschaftsorgane könnten den neuen Mitgliedstaaten nicht durch die bloße Wahl des Datums der Veröffentlichung der erlassenen Maßnahme die Möglichkeit nehmen, diese Maßnahme vor Gericht anzufechten.

Würdigung durch den Gerichtshof

33. Der Gerichtshof hält es in der vorliegenden Rechtssache für geboten, sich sogleich mit der Begründetheit der Klage zu befassen.

Zur Begründetheit der Klage

34. Die Republik Polen macht gegen den streitigen Beschluss drei Klagegründe geltend: fehlende Befugnis des Rates, der über seine Befugnisse aus Art. 23 der dem Beschluss zugrunde liegenden Beitrittsakte hinausgegangen sei, Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit durch die Einführung einer in der Beitrittsakte nicht vorgesehenen Ungleichbehandlung und Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da der in den Beitrittsverhandlungen erzielte Kompromiss einseitig wieder in Frage gestellt worden sei.

Erster Klagegrund: Fehlende Befugnis des Rates wegen Verstoßes gegen Art. 23 der Beitrittsakte

Vorbringen der Beteiligten

35. Die Republik Polen vertritt mit Unterstützung der als Streithelfer auftretenden Mitgliedstaaten die Ansicht, dass Art. 23 der Beitrittsakte keine Rechtsgrundlage für den Erlass der nach Art. 1 Nr. 5 des streitigen Beschlusses vorgesehenen Maßnahmen sein könne, die in einer Ausweitung des Systems der schrittweisen Einführung auf die neuen Direktzahlungen bestünden. Diese Maßnahmen seien keine „erforderliche Anpassung“ der Beitrittsakte an die GAP-Reform im Sinne von Art. 23 der Beitrittsakte, denn sie stellten eine wesentliche Änderung der in dieser Akte festgelegten Beitrittsbedingungen dar, und die Voraussetzung der Erforderlichkeit einer Änderung der gemeinschaftlichen Regeln sei in der Präambel des Beschlusses weder angeführt noch begründet worden.

36. Der durch Art. 1 Nr. 5 des streitigen Beschlusses eingeführte Art. 143a der Verordnung Nr. 1782/2003 stelle in Wirklichkeit eine Änderung der Beitrittsakte dar, weil er für alle in den neuen Mitgliedstaaten zu leistenden Direktzahlungen Prozentsätze und einen Zeitplan festlege, während sich der Mechanismus der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen vorher gemäß den Art. 1 und 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 ausschließlich auf Direktzahlungen bezogen habe, die im Rahmen der im Anhang dieser Verordnung abschließend aufgeführten Stützungsregelungen gewährt würden.

37. Eine solche Ausdehnung der Anzahl der dem Mechanismus der schrittweisen Einführung unterliegenden Beihilfen gehe über den Begriff „erforderliche Anpassungen“ im Sinne von Art. 23 der Beitrittsakte hinaus, der rein technisch zu verstehen sei und keine Änderung der Ergebnisse der Beitrittsverhandlungen bewirken könne. Eine Änderung der Liste der dem genannten Mechanismus unterliegenden Zahlungen, wie sie mit dem streitigen Beschluss herbeigeführt worden sei, hätte, gestützt auf Art. 9 der Beitrittsakte, erst vom Zeitpunkt des Beitritts an vorgenommen werden dürfen.

38. Schließlich wendet sich die Republik Polen in ihrer Erwiderung gegen die Auffassung des Rates, dass der Anhang der Verordnung Nr. 1259/1999 rein deklaratorischer Natur sei. Sowohl aus der grammatikalischen als auch aus der teleologischen Auslegung von Art. 1 der Verordnung ergebe sich, dass der Mechanismus der schrittweisen Einführung ausschließlich für Direktzahlungen gelte, die im Rahmen der im Anhang der Verordnung abschließend aufgeführten Stützungsregelungen gewährt würden. Der Anwendungsbereich dieses Mechanismus könne daher nicht weiter sein als derjenige der Verordnung Nr. 1259/1999 selbst. Außerdem sei auf das in Art. 11 dieser Verordnung vorgesehene Verfahren zur Änderung des betreffenden Anhangs zu verweisen. Das spreche dafür, dass dieser konstitutiver und nicht deklaratorischer Natur sei.

39. Der Rat wendet sich mit Unterstützung der Kommission gegen die Prämisse, auf der das gesamte Vorbringen der Republik Polen beruhe, wonach der Mechanismus der schrittweisen Einführung der Direktzahlungen, das sogenannte „Phasing‑in“, nur für die im Anhang der Verordnung Nr. 1259/1999 abschließend aufgeführten Direktzahlungen gelte.

40. Nach ihrem Art. 1a gelte diese Verordnung nämlich für alle „im Rahmen der Stützungsregelungen nach Artikel 1 gewährten Direktzahlungen“. Art. 1 enthalte eine allgemeine Definition des Begriffs „Direktzahlungen“, die alle Formen von bestehenden und künftigen Beihilfen erfasse, die den Landwirten im Rahmen der Stützungsregelungen der GAP direkt gezahlt und vollständig oder teilweise aus dem EAGFL, Abteilung Garantie, finanziert würden. Gemäß dieser allgemeinen Definition des Begriffs „Direktzahlungen“ gelte die Verordnung Nr. 1259/1999 für alle im Rahmen der GAP getätigten Direktzahlungen. Der Anhang der Verordnung Nr. 1259/1999 sei insofern rein deklaratorischer Natur. Das werde dadurch bestätigt, dass der Kommission in Art. 11 Abs. 4 zweiter Gedankenstrich der Verordnung die Befugnis zur Änderung dieses Anhangs verliehen worden sei.

41. Da die Prämisse, auf der die von der Republik Polen vertretene Auffassung beruhe, unzutreffend sei, sei der erste Klagegrund nicht stichhaltig. Der Rat sei daher mit dem Erlass des streitigen Beschlusses nicht über die ihm in Art. 23 der Beitrittsakte übertragene Befugnis hinausgegangen, denn dieser Beschluss entspreche durchaus dem einfachen Begriff „Anpassung“ im Sinne des genannten Artikels. Nach Ansicht des Rates wurde der Grundsatz der Anwendung des sogenannten „Phasing‑in“ auf alle direkten Beihilfen in den Beitrittsverhandlungen festgelegt. Er werde in der Beitrittsakte, durch die Art. 1a in die Verordnung Nr. 1259/1999 eingefügt worden sei, ausdrücklich vorgesehen. Die Tatsache, dass die Verordnung Nr. 1782/2003 die Anwendung dieses Mechanismus auf alle direkten Beihilfen vorsehe, sei also nichts Neues und keine wesentliche Änderung des in den Beitrittsverhandlungen festgelegten Vorgehens.

Würdigung durch den Gerichtshof

42. Der erste Klagegrund bezieht sich im Wesentlichen auf den Umfang der dem Rat nach Art. 23 der Beitrittsakte übertragenen Befugnisse.

43. Um die Stichhaltigkeit dieses Klagegrundes zu prüfen, ist zunächst der Begriff „erforderliche Anpassungen“ im Sinne dieses Artikels zu untersuchen, dann ist festzustellen, welche Tragweite der Mechanismus der schrittweisen Einführung der Direktzahlungen hatte, der ursprünglich in Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung eingeführt wurde, und schließlich ist zu klären, ob der Rat mit dem Erlass des streitigen Beschlusses seine Befugnisse überschritten hat.

– Zum Begriff „erforderliche Anpassungen“ im Sinne von Art. 23 der Beitrittsakte

44. Zunächst ist festzustellen, dass Art. 23 der Beitrittsakte den Zweck hatte, dem Rat den Erlass der Vorschriften zu ermöglichen, die erforderlich sind, um die Übereinstimmung der Beitrittsakte mit den legislativen Änderungen zu gewährleisten, die sich aus der Rechtsetzungstätigkeit der Organe im Rahmen der GAP in der Zeit zwischen der Unterzeichnung der Beitrittsakte und dem effektiven Beitritt der neuen Mitgliedstaaten ergeben.

45. Diese Kompetenzzuweisung darf jedoch nicht extensiv ausgelegt werden, da sonst die Ergebnisse der Verhandlungen über die Beitrittsbedingungen der genannten Staaten verfälscht würden.

46. Dazu ist zu bemerken, dass der Gerichtshof zu dem Begriff „erforderliche Anpassungen“ im Rahmen von Beitrittsakten bereits festgestellt hat, dass die nach Beitrittsakten vorgesehenen Anpassungsmaßnahmen grundsätzlich nur Anpassungen zulassen, die dazu bestimmt sind, vorher erlassene Gemeinschaftsrechtsakte in den neuen Mitgliedstaaten anwendbar zu machen, und dass jede andere Anpassung ausgeschlossen ist (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf Art. 169 der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge [ABl. 1994, C 241, S. 21] Urteil vom 2. Oktober 1997, Parlament/Rat [C‑259/95, Slg. 1997, I‑5303, Randnrn. 14 und 19], sowie in Bezug auf Art. 57 der Beitrittsakte Urteile vom 28. November 2006, Parlament/Rat [C‑413/04, Slg. 2006, I‑11221, Randnrn. 31 bis 38], und vom 28. November 2006, Parlament/Rat [C‑414/04, Slg. 2006, I‑11279, Randnrn. 29 bis 36]).

47. Diese Urteile bezogen sich zwar auf Vorschriften, die eine Anpassung von Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane vorsahen, die durch die betreffende Beitrittsakte selbst nicht angepasst worden waren. Wie der Generalanwalt in Nr. 64 seiner Schlussanträge festgestellt hat, wurde jedoch dem Begriff „Anpassung“, die sich aus diesen Urteilen ergebende sehr eingeschränkte Bedeutung allgemein und unabhängig von der Bestimmung der betreffenden Beitrittsakte als Grundlage der beschlossenen Anpassung gegeben, so dass sie erst recht gelten muss, wenn es sich, wie in der vorliegenden Rechtssache, um die Anpassung von Bestimmungen der Beitrittsakte selbst handelt, mit denen eine Änderung der Gemeinschaftsvorschriften, auf die sich diese Bestimmungen bezogen, berücksichtigt werden soll.

48. Insofern ist der Begriff „Anpassung“ auf Maßnahmen zu beschränken, die auf jeden Fall weder den Anwendungsbereich einer Bestimmung der Beitrittsakte über die GAP beeinflussen noch eine wesentliche Änderung ihres Inhalts bewirken können, sondern nur Anpassungen darstellen, die die innere Übereinstimmung der Beitrittsakte mit den von den Gemeinschaftsorganen in der Zeit zwischen der Unterzeichnung der Beitrittsakte und dem Beitritt selbst erlassenen neuen Bestimmungen gewährleisten sollen.

49. Zu der für den Erlass einer solchen Anpassungsmaßnahme gebotenen Erforderlichkeit ist lediglich darauf hinzuweisen, dass sich eine derartige Erforderlichkeit unmittelbar aus jeder Änderung des Gemeinschaftsrechts ergibt, die infolge einer die GAP betreffenden neuen Rechtsetzung durch die Gemeinschaftsorgane zustande kommt und dazu führt, dass eine Unstimmigkeit zwischen den Vorschriften der Beitrittsakte und der aus dieser Änderung resultierenden neuen Regelung entsteht.

50. Gestützt auf diese Erwägungen ist zu prüfen, ob der streitige Beschluss als „erforderliche Anpassung“ anzusehen ist.

51. Dazu sind zunächst Inhalt und Umfang der sich aus Art. 1 Nr. 5 des streitigen Beschlusses ergebenden Änderungen der Beitrittsakte zu untersuchen, und die betreffende Maßnahme ist wieder in den allgemeinen Kontext der GAP zu stellen, in den sie gehört.

– Zur Tragweite des Mechanismus der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen

52. Die Ansicht der Republik Polen, dass das in Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung vorgesehene System der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen nur für die im Anhang dieser Verordnung aufgeführte begrenzte Zahl von direkten Beihilfen und nicht für alle Direktzahlungen gelte, ist sowohl mit einer am Wortlaut orientierten als auch mit einer systematischen oder teleologischen Auslegung der fraglichen Vorschrift unvereinbar.

53. Zunächst ist zu bemerken, dass nach dem genannten Art. 1a in den neuen Mitgliedstaaten „die im Rahmen der Stützungsregelungen nach Artikel 1 gewährten Direktzahlungen nach [dem im selben Artikel dargelegten Schema schrittweise] eingeführt“ werden. Daraus folgt also ausdrücklich, dass das System der schrittweisen Einführung auf alle nach den Stützungsregelungen im Sinne von Art. 1 der Verordnung Nr. 1259/1999 gewährten Direktzahlungen Anwendung finden sollte.

54. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1259/1999 enthielt eine allgemeine Definition des Begriffs „Direktzahlungen“ als „Direktzahlungen an Betriebsinhaber im Rahmen von Stützungsregelungen der [GAP], die vollständig oder teilweise aus dem EAGFL, Abteilung Garantie, finanziert werden, ausgenommen die Direktzahlungen, die unter die Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 fallen“.

55. Dieser Wortlaut deutet darauf hin, dass die Verordnung Nr. 1259/1999 mit der ausdrücklich angegebenen alleinigen Ausnahme für die auf der Verordnung Nr. 1257/1999 beruhenden Beihilferegelungen auf jede Beihilfe Anwendung finden sollte, die dieser Begriffsbestimmung entspricht, d. h. auf jede Beihilfe, die den Landwirten im Rahmen der Stützungsregelungen der GAP gewährt und vollständig oder teilweise aus dem EAGFL, Abteilung Garantie, finanziert wird.

56. Für diesen sich aus dem Wortlaut der betroffenen Vorschriften ergebenden Zweck der Verordnung Nr. 1259/1999, für jede bestehende oder künftige Regelung zu gelten, die Direktzahlungen vorsieht, spricht auch der erste Erwägungsgrund dieser Verordnung, wonach eines ihrer Ziele darin besteht, „[f]ür Direktzahlungen gemäß den verschiedenen Einkommensstützungsregelungen im Rahmen der [GAP] … einige gemeinsame Bedingungen [festzulegen]“.

57. Darüber hinaus spricht für diese grammatikalische Auslegung auch der Zweck, der mit dem Erlass von Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung angestrebt wurde. Aus den vorbereitenden Arbeiten für die Beitrittskonferenz geht nämlich hervor, dass es deren Absicht war, den sogenannten Phasing-in-Mechanismus in den neuen Mitgliedstaaten für alle Direktzahlungen vorzuschreiben.

58. In dem Diskussionspapier vom 30. Januar 2002 hatte die Kommission eine schrittweise Einführung von Direktzahlungen empfohlen, ohne sie an Bedingungen zu knüpfen, die die Tragweite dieser Maßnahme einschränken würden. Dieser Ansatz wurde mit dem Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union vom 31. Oktober 2002 gebilligt, mit dem die alten Mitgliedstaaten ihre Absicht zum Ausdruck brachten, im Laufe eines Übergangszeitraums schrittweise die Direktzahlungen einzuführen, ohne dass diese allgemeine Formulierung mit irgendwelchen Angaben versehen worden wäre, die ihre Tragweite hätten einschränken können. Schließlich geht aus den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Kopenhagen vom 12. und 13. Dezember 2002, die das Ergebnis der Beitrittsverhandlungen widerspiegeln, hervor, dass die Frage der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten gemäß dem Inhalt des Gemeinsamen Standpunkts vom 31. Oktober 2002 entschieden wurde; diese Frage führte also nicht zu einem Kompromiss dergestalt, dass die Tragweite des sogenannten Phasing-in-Mechanismus eingeschränkt worden wäre.

59. Überdies steht Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1259/1999 dieser grammatikalischen Auslegung keineswegs entgegen.

60. Zu den Direktzahlungen heißt es in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung: „Diese Stützungsregelungen sind im Anhang verzeichnet.“

61. Diese Vorschrift ist entgegen dem Vorbringen der Republik Polen nicht dahin auszulegen, dass Art. 1 nur die im Anhang der Verordnung Nr. 1259/1999 abschließend aufgeführten Stützungsregelungen betrifft.

62. Eine solche Auslegung wäre nicht mit der systematischen Auslegung von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung vereinbar, der sich auf den Anhang der Verordnung bezieht.

63. Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 4 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1259/1999 zeigt nämlich, dass sich der Anwendungsbereich dieser Verordnung aus der in ihrem Art. 1 Abs. 1 enthaltenen allgemeinen Definition und nicht aus der in ihrem Anhang enthaltenen Aufzählung ergibt.

64. Nach Art. 11 Abs. 4 zweiter Gedankenstrich der Verordnung ist die Kommission befugt, im sogenannten Verwaltungsausschussverfahren „Änderungen des Anhangs, die sich gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Kriterien des Artikels 1 als notwendig erweisen“, zu erlassen.

65. Aus dieser Vorschrift ergibt sich eindeutig, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber der Kommission lediglich eine Durchführungsbefugnis erteilen wollte, den Anhang der Verordnung Nr. 1259/1999 ständig zu aktualisieren, wenn neue Beihilfen eingeführt werden, die den in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung festgelegten Kriterien entsprechen. Die Kommission darf diesen Anhang also lediglich ändern, damit darin die vom Gemeinschaftsgesetzgeber eingeführten oder geänderten Direktzahlungen stehen, die diesen Kriterien entsprechen.

66. Außerdem steht außer Frage, dass eine Stützungsregelung nur dann in diesen Anhang aufgenommen werden darf, wenn sie die in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1259/1999 festgelegten Voraussetzungen erfüllt, da dieser Anhang nur eine Konkretisierung dieser Vorschrift ist.

67. Das wesentliche Kriterium zur Festlegung des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 1259/1999 ist also in den in Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Voraussetzungen zu sehen und nicht in der Aufnahme einer bestimmten Beihilfe in den Anhang der Verordnung.

68. Zum selben Ergebnis führt schließlich, wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge dargelegt hat, eine teleologische Auslegung der Art. 1 und Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999, weil das Ziel, das den Einsatz eines Systems der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten rechtfertigt, für die allgemeine Geltung dieses Systems spricht.

69. Das Anliegen, die erforderliche Umstrukturierung des Agrarsektors dieser Mitgliedstaaten nicht zu verlangsamen und keine signifikanten Einkommensunterschiede und sozialen Spannungen hervorzurufen, indem Beihilfen gewährt würden, die gemessen am Einkommensniveau der Landwirte und der allgemeinen Bevölkerung unverhältnismäßig wären, galt nämlich für den gesamten Agrarsektor und somit für alle bestehenden und künftigen direkten Beihilfen. Hätte der Mechanismus der schrittweisen Einführung nur für bestimmte Anbauformen gelten sollen, für die Direktzahlungen bereits vor Annahme der Beitrittsakte eingeführt worden waren, so hätte die Gefahr bestanden, dass sich die Landwirte der genannten Mitgliedstaaten von diesen abwenden und sich stattdessen Anbauformen widmen, für die sie die Direktzahlungen von vornherein in voller Höhe hätten erhalten können.

70. Nach alledem ist die von der Klägerin befürwortete Auslegung von Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung, wonach das in dieser Vorschrift vorgesehene System der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen nur für die im Anhang dieser Verordnung aufgeführte begrenzte Zahl von direkten Beihilfen und nicht für alle Direktzahlungen gilt, die den in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung festgelegten Kriterien entsprechen, weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der Verordnung vereinbar.

71. Unter Berücksichtigung dieses Ergebnisses und des in den Randnrn. 44 bis 48 des vorliegenden Urteils erläuterten Begriffs „erforderliche Anpassungen“ im Sinne von Art. 23 der Beitrittsakte ist zu prüfen, ob der Rat mit dem Erlass des streitigen Beschlusses die ihm in Art. 23 der Beitrittsakte übertragenen Befugnisse überschritten hat.

– Zur Vereinbarkeit des streitigen Beschlusses mit dem Begriff „erforderliche Anpassungen“ im Sinne von Art. 23 der Beitrittsakte

72. Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 1 dieser Verordnung sieht, wie in den Randnrn. 53 bis 70 dieses Urteils dargetan wurde, für alle zugunsten der neuen Mitgliedstaaten gewährten direkten Beihilfen, die den in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung festgelegten Kriterien entsprechen, ein allgemeines System der schrittweisen Einführung der Zahlungen vor.

73. Der genannte Art. 1a wurde in die Verordnung Nr. 1259/1999 durch Anhang II Kapitel 6 Abschnitt A Nr. 27 der Beitrittsakte eingeführt, die damit an den mit dieser Verordnung vorgesehenen Mechanismus der schrittweisen Einführung von Direktzahlungen angepasst wurde.

74. Die Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung wurde dann mit Wirkung vom 1. Mai 2004 durch die Verordnung Nr. 1782/2003 aufgehoben. Aus Art. 1 und Anhang I der letztgenannten Verordnung ergibt sich, dass diese zu den bereits bestehenden Stützungsregelungen Direktzahlungen vorsehende Stützungsregelungen für Landwirte hinzufügt, die Schalenfrüchte oder Energiepflanzen anbauen, und im Milchsektor im Rahmen der Direktzahlungen vorsehenden Stützungsregelung Ergänzungszahlungen vorsieht.

75. Der Rat hat schließlich die Vorschriften in Anhang II Kapitel 6 Abschnitt A Nr. 27 der Beitrittsakte, durch die die Verordnung Nr. 1259/1999 geändert wurde, durch Vorschriften zur Änderung der Verordnung Nr. 1782/2003 ersetzt, um die Umgestaltungen zu berücksichtigen, die durch den Erlass der letztgenannten Verordnung an der GAP vorgenommen worden waren. Daher wurde durch den streitigen Beschluss ein Art. 143a in die Verordnung Nr. 1782/2003 eingefügt, der für die Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten den Zeitplan und die Prozentsätze übernimmt, die früher in Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung festgelegt waren.

76. Der Grundsatz der allgemeinen Anwendung des sogenannten „Phasing‑in“ auf alle direkten Beihilfen wurde, wie in den Randnrn. 57 und 58 dieses Urteils dargelegt, in den Beitrittsverhandlungen vereinbart und ist in der Beitrittsakte, mit der Art. 1a in die Verordnung Nr. 1259/1999 eingefügt wurde, ausdrücklich vorgesehen.

77. Dieser Artikel sieht für die Einführung direkter Beihilfen im Sinne von Art. 1 dieser Verordnung in den neuen Mitgliedstaaten einen Zeitplan mit Prozentsätzen für jedes betroffene Jahr vor.

78. Es steht fest, dass Art. 1 Nr. 5 des streitigen Beschlusses lediglich die schrittweise Einführung von Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten nach demselben Zeitplan und mit denselben Prozentsätzen vorsieht, wie sie zuvor in Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der durch die Beitrittsakte geänderten Fassung festgesetzt waren.

79. Daher kann nicht behauptet werden, der streitige Beschluss habe eine wesentliche Änderung des Anwendungsbereichs des sogenannten „Phasing‑in“ oder des wesentlichen Inhalts der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bewirkt, denn weder der Zeitplan noch die Prozentsätze oder die betroffenen Beihilfen wurden berührt. Unter diesen Umständen ist der streitige Beschluss als eine erforderliche Anpassung der Beitrittsakte infolge der GAP-Reform anzusehen.

80. Demzufolge hat der Rat mit dem Erlass des genannten Beschlusses nicht die Befugnisse überschritten, die ihm in Art. 23 der Beitrittsakte übertragen wurden, damit er die Anpassungen der Vorschriften dieser Akte über die GAP vornehmen konnte, die sich wegen einer Änderung des Gemeinschaftsrechts als erforderlich erweisen konnten.

81. Nach alledem greift der erste Klagegrund der Republik Polen, wonach der Rat mit dem Erlass des streitigen Beschlusses über die ihm in Art. 23 der Beitrittsakte übertragenen Befugnisse hinausgegangen ist, nicht durch.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

Vorbringen der Beteiligten

82. Die Republik Polen vertritt mit Unterstützung der als Streithelfer auftretenden Mitgliedstaaten die Auffassung, dass die Ausdehnung des Mechanismus der schrittweisen Einführung auf alle Direktzahlungen eine Ungleichbehandlung der landwirtschaftlichen Erzeuger der alten Mitgliedstaaten einerseits und derjenigen der neuen Mitgliedstaaten andererseits mit sich bringe, obwohl alle diese Landwirte vom Beitritt der neuen Mitgliedstaaten an nach denselben Grundsätzen hätten behandelt werden müssen.

83. Die vom Rat und der Kommission hierzu vertretene Auffassung beruht auf der im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes geäußerten Feststellung, dass Art. 1 der Verordnung Nr. 1259/1999 eine allgemeine Definition für alle im Rahmen der GAP getätigten Direktzahlungen enthalte, die die dort aufgeführten Bedingungen erfüllten.

84. Der streitige Beschluss verleihe dem Mechanismus des sogenannten „Phasing‑in“ keine Bedeutung, die über das hinausgehe, was in der ursprünglichen Fassung der Beitrittsakte vorgesehen gewesen sei, so dass die behauptete Ungleichbehandlung durch das Primärrecht und nicht durch diesen Beschluss bewirkt worden sei. Außerdem weist der Rat darauf hin, dass die Situation der Landwirte in den neuen Mitgliedstaaten völlig anders als die in den alten Mitgliedstaaten sei und eine schrittweise Anpassung an das Gemeinschaftsrecht erfordere.

Würdigung durch den Gerichtshof

85. Die Klägerin macht im Rahmen des zweiten Klagegrundes geltend, dass die durch die Anwendung des Mechanismus des sogenannten „Phasing‑in“ implizierte Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung durch den streitigen Beschluss über die in der Beitrittsakte festgelegten Grenzen hinaus ausgedehnt worden sei. Der genannte Beschluss sehe mithin eine willkürliche Ausdehnung eines diskriminierenden Mechanismus vor, durch die die Ungleichbehandlung der alten und der neuen Mitgliedstaaten verschärft werde.

86. Dazu genügt der Hinweis darauf, dass das Diskriminierungsverbot erfordert, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteil vom 30. März 2006, Spanien/Rat, C‑87/03 und C‑100/03, Slg. 2006, I‑2915, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87. Das Vorbringen des Rates, dass der streitige Beschluss nicht diskriminierend sein könne, weil er unmittelbar auf der Beitrittsakte beruhe, braucht nicht geprüft zu werden, weil es im vorliegenden Fall unstreitig ist, dass die Situation der Landwirtschaft in den neuen Mitgliedstaaten völlig anders als in den alten Mitgliedstaaten war, was es rechtfertigt, die gemeinschaftlichen Beihilfen, insbesondere diejenigen, die nach Stützungsregelungen vorgesehene Direktzahlungen betreffen, schrittweise anzuwenden, damit die erforderliche Umstrukturierung des Agrarsektors, die in diesen neuen Mitgliedstaaten im Gange ist, nicht gestört wird.

88. Demzufolge befindet sich die Klägerin in einer Situation, die mit derjenigen der alten Mitgliedstaaten nicht vergleichbar ist, die unbegrenzten Anspruch auf Direktzahlungen haben. Ein wirksamer Vergleich ist deshalb ausgeschlossen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. Oktober 1992, Spanien/Rat, C‑73/90, Slg. 1992, I‑5191, Randnr. 34).

89. Der zweite Klagegrund ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben

Vorbringen der Beteiligten

90. Mit ihrem dritten Klagegrund rügt die Republik Polen einen Verstoß gegen den für das Recht der Verträge geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Sie trägt vor, dass der Beitrittsvertrag, zu dem die Beitrittsakte gehöre, von allen Vertragsparteien in gutem Glauben ausgehandelt, unterzeichnet und ratifiziert worden sei und dass die Gemeinschaft daher nach Unterzeichnung der Beitrittsakte die mit ihr angestrebten Ziele nicht durch Handlungen hätte gefährden und die berechtigten Erwartungen der Vertragsparteien und der in ihrem Gebiet tätigen Personen nicht hätte missachten dürfen.

91. Der Rat erklärt zu diesem Klagegrund, dass der Grundsatz von Treu und Glauben die Beitrittsverhandlungen zwar geleitet habe, alle Parteien des Beitrittsvertrags, darunter die Klägerin, den Vorschriften, die den Rat ermächtigt hätten, die Vorschriften über die GAP im Anhang der Beitrittsakte noch vor dem Beitritt anzupassen, jedoch aus freien Stücken zugestimmt hätten. Wenn er von dieser Möglichkeit durch den Erlass des streitigen Beschlusses Gebrauch gemacht habe, sei dies daher auf keinen Fall als ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben anzusehen.

Würdigung durch den Gerichtshof

92. Zum dritten Klagegrund ist zu bemerken, dass der streitige Beschluss, wie in Randnr. 79 des vorliegenden Urteils festgestellt, den Grundsatz und die Anwendungsmodalitäten des Mechanismus des sogenannten „Phasing‑in“ auf Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten – ohne die Tragweite des Mechanismus auszudehnen – so übernimmt, wie sie in der Beitrittsakte niedergelegt worden waren. Daher ist dieser Beschluss entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht als eine Maßnahme anzusehen, durch die der in den Beitrittsverhandlungen erzielte Kompromiss wieder in Frage gestellt worden wäre.

93. Da auch der dritte Klagegrund nicht durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

94. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Polen mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Art. 69 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Streithelferinnen ihre eigenen Kosten.

Tenor

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Republik Polen trägt die Kosten.

3. Die Republik Lettland, die Republik Litauen und die Republik Ungarn sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen ihre eigenen Kosten.

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