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Document 61998CC0275

    Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 8. Juli 1999.
    Unitron Scandinavia A/S und 3-S A/S, Danske Svineproducenters Serviceselskab gegen Ministeriet for Fødevarer, Landbrug og Fiskeri.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Klagenævnet for Udbud - Dänemark.
    Öffentliche Lieferaufträge - Richtlinie 93/36/EWG - Vergabe öffentlicher Lieferaufträge durch eine andere Einrichtung als einen öffentilichen Auftraggeber.
    Rechtssache C-275/98.

    Sammlung der Rechtsprechung 1999 I-08291

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1999:384

    61998C0275

    Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 8. Juli 1999. - Unitron Scandinavia A/S und 3-S A/S, Danske Svineproducenters Serviceselskab gegen Ministeriet for Fødevarer, Landbrug og Fiskeri. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Klagenævnet for Udbud - Dänemark. - Öffentliche Lieferaufträge - Richtlinie 93/36/EWG - Vergabe öffentlicher Lieferaufträge durch eine andere Einrichtung als einen öffentilichen Auftraggeber. - Rechtssache C-275/98.

    Sammlung der Rechtsprechung 1999 Seite I-08291


    Schlußanträge des Generalanwalts


    A - Einführung

    1 Im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geht es um zwei Fragestellungen aus dem Bereich des öffentlichen Auftragswesens. Zum einen betrifft es die Frage, welche rechtliche Qualität einer Nichtdiskriminierungsklausel (Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit) in einer Richtlinie über das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge beizumessen ist und zum anderen, ob eine solche Antidiskriminierungsvorschrift auch die Verpflichtung für Einrichtungen, die kein öffentlicher Auftraggeber sind, beinhaltet, bei der Vergabe von (öffentlichen) Lieferaufträgen an Dritte ein der Richtlinie entsprechendes (Ausschreibungs-)Verfahren durchzuführen.

    2 Die streitgegenständliche Regelung findet sich in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36/EWG(1) und hat folgenden Wortlaut:

    "Wenn ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b)[(2)] einer Einrichtung, die kein öffentlicher Auftraggeber ist, ungeachtet ihrer Rechtsstellung Sonder- oder Alleinrechte zur Ausführung einer Tätigkeit des öffentlichen Dienstleistungsbereichs zuerkennt, so muß in dem Rechtsakt über die Zuerkennung dieses Rechts bestimmt sein, daß die betreffende Einrichtung bei der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge an Dritte im Rahmen dieser Tätigkeit den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu beachten hat."

    B - Sachverhalt

    3 Der Ausgangsrechtsstreit betrifft ein Vergabeverfahren hinsichtlich von Ohrmarken für Schweine. Die Beschwerdeführerinnen, die Unitron Scandinavia A/S und die 3-S A/S, Danske Svineproducenters Serviceselskab (im folgenden: Beschwerdeführerinnen) wollten solche Ohrmarken liefern. Der Beschwerdegegner, das Ministeriet for Fødevarer, Landbrug og Fiskeri (Ministerium für Lebensmittel, Landwirtschaft und Fischerei; im folgenden: Ministerium) hat die "übergeordnete Verantwortung" für die dänischen Regelungen betreffend die Ohrmarken für Schweine. Das von den Beschwerdeführerinnen angefochtene Vergabeverfahren wurde vom - dem Ministerium unterstehenden - Veterinærdirektoratet (Oberste Veterinärbehörde) und den Danske Slagterier (Dänische Schlachthöfe), einer privaten Einrichtung, durchgeführt.

    4 Durch die Richtlinie 92/102/EWG des Rates(3) wurden im Hinblick auf die Bekämpfung von Krankheiten bei Tieren Kennzeichnungsregelungen eingeführt. Die Mitgliedstaaten richten zu diesem Zweck eine für die Durchführung der veterinärrechtlichen Kontrollen zuständige Zentralbehörde ein. Diese muß über ein Verzeichnis verfügen, in dem alle Betriebe aufgenommen sind, in denen Tiere im Sinne dieser Richtlinie gehalten werden. Bezüglich der Haltung von Schweinen ist vorgesehen, daß sie, bevor sie den Betrieb verlassen, in dem sie geboren sind, mit Ohrenmarken oder einer Tätowierung versehen werden, um eine spätere Zuordnung zum Ursprungsbetrieb zu ermöglichen. Aus der dänischen Verordnung(4) ergibt sich, daß Ohrmarken für Schweine von der Obersten Verterinärbehörde, die dem Ministerium unterstellt ist, zu genehmigen sind. Diese Ohrmarken werden dann über die Danske Slagterier, einer privaten Einrichtung, die mit den dänischen Agrarorganisationen verbunden ist, an die einzelnen Betriebe verkauft. Die Oberste Veterinärbehörde setzt den Preis für die Ohrmarken fest und die jeweilige Lieferung von Ohrmarken wird im zentralen Register für Hausnutztiere des Landwirtschaftsministeriums eingetragen.

    5 Nach den Ausführungen im Vorlagebeschluß werden in Dänemark zwei Sorten von Ohrmarken verwendet, solche für Schlachttiere und solche für andere Tiere als Schlachttiere. Die Ohrmarken für letztere werden von den Schweinezüchtern bei den Danske Slagterier bestellt, die die Bestellung an den betreffenden Ohrmarkenlieferanten weitervermitteln, der wiederum die bestellten Ohrmarken direkt an den Schweinezüchter schickt. Die Bezahlung der Ohrmarken durch die Schweinezüchter erfolgt an die Danske Slagterier. Die Ohrmarken für Schlachttiere werden dagegen von den Schweinezüchtern direkt bei dem Ohrmarkenlieferanten bestellt, der sie an die Schweinezüchter schickt und die Danske Slagterier hiervon unterrichtet. Auch diese Ohrmarken werden von den Schweinezüchtern bei den Danske Slagterier bezahlt. Der Preis für beide Sorten von Ohrmarken berechnet sich aus dem von den Ohrmarkenlieferanten zugrunde gelegten Preis zuzüglich eines Betrages von 0,5 DKK je Ohrmarke. Die Aufnahme von Schweinen in das zentrale Register für Hausnutztiere wird ebenfalls von den Danske Slagterier vorgenommen, wofür die Oberste Vererinärbehörde an die Danske Slagterier jährlich 400 000 DKK zahlt.

    6 Im Jahre 1993/94 wurde ein erstes Verfahren zur Vergabe eines Lieferauftrags für Ohrmarken durchgeführt. Die Angebotsvoraussetzungen wurden von der Obersten Veterinärbehörde und den Danske Slagterier gemeinsam ausgearbeitet, wobei letztere das Vergabeverfahren leiteten. Das Vergabeverfahren war im Rahmen der dänischen Rechtsvorschriften erfolgt. Ende 1996 wurde auf Aufforderung des Ministeriums ein neues Vergabeverfahren durchgeführt. Eines der bereits schon mit der Lieferung von Ohrmarken betrauten Unternehmen erhielt erneut den Zuschlag. Als zweites Unternehmen wurde ein Lieferant ausgewählt, der bisher noch keinen solchen Auftrag erhalten hatte. Mit beiden Unternehmen wurden Verträge für eine Laufzeit von drei Jahren ab dem 1. April 1997 geschlossen. Auch dieses Verfahren erfolgte gemäß den dänischen Bestimmungen. Ein drittes Vergabeverfahren fand zwischen Oktober 1997 und April 1998 statt, wobei erst dieses entsprechend dem in der Richtlinie 93/36 vorgesehenen Verfahren durchgeführt wurde.

    7 Aufgrund ihrer Nichtberücksichtigung in dem Vergabeverfahren 1996/97 legten die Beschwerdeführerinnen Beschwerde gegen das Ministerium beim Klagenævnet for Udbud (im folgenden: Beschwerdeausschuß) ein. Sie hatten hierzu im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, die Danske Slagterier seien im Hinblick auf ihre Einkäufe von Ohrmarken einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 93/36 gleichzustellen, was zur Folge habe, daß diese Richtlinie analog anzuwenden sei. Die Danske Slagterier nähmen die Verwaltung des Systems der Ohrmarken im allgemeinen Interesse wahr und träten in Wirklichkeit anstelle des Ministeriums auf. Die Auftragsvergabe hätte daher gemäß der Richtlinie 93/36 als öffentliche Ausschreibung durchgeführt werden müssen. Hilfsweise war geltend gemacht worden, Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 hätte angewendet werden müssen, und das Ministerium hätte die Danske Slagterier darauf hinweisen müssen, daß eine unterschiedliche Behandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nicht zulässig sei, mit der Folge, daß auch in diesem Fall eine Bekanntmachung der Auftragsvergabe in der gesamten EU hätte erfolgen müssen.

    8 Das Ministerium hat im Beschwerdeverfahren vorgebracht, daß es sich nicht um die Vergabe öffentlicher Lieferaufträge handele, so daß die Richtlinie 93/36 nicht anwendbar gewesen sei. In Wirklichkeit verkauften die Lieferanten die Ohrmarken an die Schweinezüchter. Die Danske Slagterier hätten nur die Aufgabe, das System zu verwalten und das Ministerium habe nur die Ohrmarken genehmigt und bezahle einen gewissen Betrag für die Verwaltung des Systems. Der Einkauf von Ohrmarken sei deshalb nicht auf öffentliche Rechnung erfolgt.

    9 Der Beschwerdeausschuß geht davon aus, daß die Danske Slagterier die streitigen Ohrmarken kaufen. Dies ergebe sich daraus, daß die Danske Slagterier das Vergabeverfahren durchgeführt haben, daß die Schweinezüchter die Ohrmarken bei den Danske Slagterier bestellen und daß die Schweinezüchter beide Arten von Ohrmarken bei den Danske Slagterier bezahlen. Der Beschwerdeausschuß geht auch davon aus, daß es sich bei den Danske Slagterier nicht um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/36 handelt, da deren Tätigkeit zu nicht mehr als zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.

    10 Der Beschwerdeausschuß führt des weiteren aus, daß das Ministerium, als es die Verwaltung des Ohrmarkensystems einschließlich des Einkaufs der Ohrmarken einem privaten Unternehmen oder einer privaten Organisation - den Danske Slagterier - übertragen hatte, diese Dienstleistung als solche mittels einer öffentlichen Ausschreibung hätte vergeben müssen. Eine solche Vergabe hätte dann wohl gemäß der Richtlinie 93/36 über Lieferaufträge und nicht gemäß der Richtlinie 92/50/EWG(5) über Dienstleistungsaufträge erfolgen müssen. Dies ergebe sich aus der Tatsache, daß der Wert der Ankäufe der Ohrmarken nach den dem Beschwerdeausschuß vorliegenden Informationen über dem Wert der genannten Dienstleistung liege.

    11 Der vorlegende Beschwerdeausschuß stellt sich im Rahmen dieses Rechtsstreits zum einen die Frage, ob der Regelung des Artikels 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 eine eigenständige Bedeutung zukommt. Der Beschwerdeausschuß hält es für möglich, daß diese Regelung(6) ihre selbständige Bedeutung verloren hat, da bereits eine Richtlinie über die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, nämlich die Richtlinie 92/50 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, erlassen wurde. Er hält es aber ebenso für möglich, daß diese selbständige Bedeutung weiterbesteht, da trotz erfolgter Änderungen der Richtlinie 93/36 weiterhin die Bestimmung des Artikels 2 Absatz 2 beibehalten wurde.

    12 Zum zweiten stellt der Beschwerdeausschuß die Frage, worin eine solche selbständige Bedeutung bestehe, da die Interessen, die in diesem Fall durch Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 (Lieferaufträge) geschützt werden sollten, solche seien, die unter die Richtlinie 92/50 (Dienstleistungsaufträge) fielen. Er möchte daher in diesem Zusammenhang wissen, inwieweit bei der Vergabe von Lieferaufträgen der Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu beachten ist und ob aus dieser Bestimmung folgte, daß auch eine Einrichtung, die kein öffentlicher Auftraggeber ist, ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge durchzuführen hat, wenn der Wert der Aufträge den in der Richtlinie 93/36 vorgesehenen Schwellenwert überschreitet. Hierbei geht es also nicht um die Frage, ob das Ministerium selbst das Verfahren nach der Richtlinie durchzuführen hat, sondern ob die Danske Slagterier dieses Verfahren hätten anwenden müssen.

    13 Der Beschwerdeausschuß legt dem Gerichtshof daher folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

    1. Hat Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie (EWG) 93/36 des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge noch eine selbständige Bedeutung, nachdem die Richtlinie (EWG) 92/50 des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (beide geändert durch die Richtlinie (EWG) 97/52 des Europäischen Parlaments und des Rates) erlassen wurde?

    2. Bei Bejahung der Frage 1: Beinhaltet die Vorschrift in diesem Fall, daß ein öffentlicher Auftraggeber, wenn er die Verwaltung eines Systems hinsichtlich von Ohrenmarken für Schweine einem Privatunternehmen überträgt, das kein öffentlicher Auftraggeber ist, bestimmen muß, daß das Unternehmen erstens bei der Vergabe von Lieferaufträgen an Dritte den Grundsatz der Nichtdiskriminerung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu beachten hat und daß zweitens die im Zusammenhang mit diesem System stehenden Käufe von Waren in einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu erfolgen haben, wenn der Wert der Käufe den in der Richtline 93/36 des Rates vorgesehenen Schwellenwert übersteigt?

    14 Am Verfahren vor dem Gerichtshof haben sich das beklagte Ministerium - das im übrigen die Vorlagefragen für unzulässig hält - sowie die Kommission beteiligt. Beide haben jeweils einen Schriftsatz eingereicht und auf die mündliche Verhandlung verzichtet. Auf das Vorbringen dieser Beteiligten wird im Rahmen der Stellungnahme, soweit erforderlich, einzugehen sein.

    C - Stellungnahme

    1. Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

    a) Zur Frage, ob der Beschwerdeausschuß ein Gericht im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) ist

    15 Es stellt sich zunächst die Frage, ob der Beschwerdeausschuß als "Gericht" im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag anzusehen ist, ob also die Vorlage zulässig ist.

    16 Sowohl das Ministerium als auch die Kommission bejahen diese Frage. Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes verweisen sie auf die gesetzliche Grundlage des Beschwerdeausschusses, seinen ständigen Charakter, das kontradiktorische Verfahren, die Anwendung von Rechtsnormen durch den Beschwerdeausschuß sowie seine Unabhängigkeit. Daraus ergebe sich, daß es sich bei dem Beschwerdeausschuß um ein Gericht im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag handele.

    17 Der Beschwerdeausschuß wurde - so seine eigenen Angaben - durch das Gesetz Nr. 344 vom 6. Juni 1991 errichtet. Er wurde u. a. im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 89/665/EWG(7) betreffend die Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge geschaffen. Das Verfahren beim Beschwerdeausschuß ist wie das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ausgestaltet. Es erfolgt ein kontradiktorisches Verfahren, bei dem in so gut wie allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Die Verfahren werden mit einer Entscheidung in Form eines Beschlusses abgeschlossen. Diese Beschlüsse ergehen in gleicher Form wie ein Urteil in bürgerlichen Rechtssachen. Der Beschwerdeausschuß ist keinerlei Weisungen unterworfen und arbeitet als unabhängiges Organ. Die Zusammensetzung besteht aus einem Richter als Vorsitzenden und mehreren sachkundigen Beisitzern. Die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses betreffen die Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Lieferaufträge und haben deshalb Rechtsprechungscharakter. Der Beschwerdeausschuß hat auch die Befugnis, die Ungültigkeit von Maßnahmen der Verwaltung festzustellen. Er hat zudem die Zuständigkeit, in Dänemark abschließend die Auslegung und die Anwendung der gemeinschaftlichen Vergabevorschriften durchzuführen. Der Beschwerdeausschuß kommt daher zu dem Schluß, daß er unter die Formulierung "Gericht" im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag fällt.

    18 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Der Gerichtshof hat wiederholt ausgeführt, daß zur Beurteilung der rein gemeinschaftsrechtlichen Frage, ob die vorlegende Einrichtung Gerichtscharakter im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag besitzt, maßgebend ist, ob die Einrichtung auf gesetzlicher Grundlage beruht, auf Dauer angelegt ist, obligatorische Gerichtsbarkeit hat, Rechtsnormen anwendet, einen Rechtsstreit bindend entscheiden kann, ob ihre Mitglieder unabhängig sind und ob ein streitiges Verfahren stattfindet.(8) Da im Hinblick auf den Beschwerdeausschuß die vom Gerichtshof im Rahmen seiner Rechtsprechung aufgestellten Kriterien erfuellt sind, ist er ein "Gericht" im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag. Ein Vorabentscheidungsersuchen ist zumindest unter diesem Gesichtspunkt zulässig.

    b) Zur Frage der Entscheidungserheblichkeit

    19 Das beklagte Ministerium hält die Vorlage dennoch für unzulässig, da die Beantwortung der Fragen nicht für den Erlaß einer Entscheidung durch den Beschwerdeausschuß erforderlich sei. Eine Antwort trage nicht zur Lösung des Ausgangsrechtsstreits bei. Zwar sei es Sache des nationalen vorlegenden Richters zu entscheiden, ob ein Vorabentscheidungsersuchen notwendig und entscheidungserheblich sei, da aber eine Antwort im vorliegenden Fall nur hypothetischen Wert habe, sei die Vorlage nicht zulässig. Die vom Beschwerdeausschuß erbetende Auslegung von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 ändere nichts an der rechtlichen Situation der Beschwerdeführerinnen. Es bestehe hier kein Rechtsschutzinteresse. In Wirklichkeit gehe es um Fragen, die sich in einem späteren Rechtsstreit stellen könnten. Den Unternehmen jedenfalls sei durch eine Beantwortung der Fragen durch den Gerichtshof nicht geholfen, da ein möglicher Verfahrensfehler bei der streitgegenständlichen Vergabe mittlerweile geheilt sei. Das zuletzt im Jahre 1997/98 durchgeführte Vergabeverfahren sei entsprechend der Richtlinie 93/36 (Lieferaufträge) erfolgt. Damit könnten die Beschwerdeführerinnen lediglich einen Schadensersatzanspruch geltend machen, wofür jedoch der Beschwerdeausschuß nicht zuständig sei und worauf auch das zugrundeliegende Verfahren nicht abziele.

    20 Aus Artikel 177 EG-Vertrag ergibt sich, daß es die nationalen Gerichte sind, die darüber befinden, ob die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes erforderlich ist. Eine Befugnis des Gerichtshofes, die Beantwortung solcher Vorabentscheidungsersuchen zu verweigern, ist in Artikel 177 EG-Vertrag nicht vorgesehen. Der Gerichtshof hat daher auch in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, daß es allein Sache der nationalen Gerichte ist, bei denen der Rechtsstreit anhängig ist und die die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung tragen, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der von ihnen dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen.(9) Hierfür spricht insbesondere der Umstand, daß das nationale Gericht, das allein über eine unmittelbare und genaue Kenntnis des Sachverhalts verfügt, am besten in der Lage ist, diese Frage zu entscheiden. Betreffen also die von einem nationalen Gericht gestellten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden.

    21 Es zeigt sich jedoch auch, daß der Gerichtshof in verschiedenen Fällen Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen und es abgelehnt hat, auf einige oder alle der vorgelegten Fragen zu antworten. Es handelt sich dabei zum einen um solche Fälle, in denen das vorlegende Gericht dem Gerichtshof nicht alle Informationen zur Verfügung gestellt hat, die dieser benötigt, um eine sachdienliche Entscheidung erlassen zu können. Zum zweiten hat der Gerichtshof in einer Reihe von Fällen die Beantwortung der vorgelegten Fragen abgelehnt, in denen diese offensichtlich keinen Zusammenhang mit dem Ausgsangsrechtsstreit aufwiesen. Drittens sind diejenigen Fälle zu nennen, in denen der Gerichtshof das Vorabentscheidungsersuchen zurückwies, da er der Auffassung war, daß der nationale Richter das Verfahren nach Artikel 177 EG-Vertrag mißbrauche. In diesen Fällen vertrat der Gerichtshof die Ansicht, daß es sich bei den Vorlagefragen um allgemeine oder hypothetische Fragen handele.

    22 In die Richtung der beiden letztgenannten Kategorien zielt auch die Argumentation des Ministeriums.

    23 Dem Vorlagebeschluß läßt sich jedoch entnehmen, daß sich der Beschwerdeausschuß durch das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen zu dem Vorabentscheidungsersuchen veranlaßt sah. Der Beschwerdeausschuß sieht dabei die Möglichkeit, daß die durchgeführten Vergabeverfahren mit Verfahrensfehlern behaftet sind, die zu ihrer Ungültigkeit führen könnten. Ergäbe sich aus den vom Beschwerdeausschuß angeführten Regelungen, daß eine öffentliche Auftragsvergabe nach den Bestimmungen der Richtlinie 93/36 hätte erfolgen müssen, so müßte der Beschwerdeausschuß wohl das durchgeführte Verfahren für unwirksam erklären. Da für ihn jedoch Zweifel an der Auslegung insbesondere von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 bestehen, hat der Beschwerdeausschuß dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung unterbreitet.

    24 Daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeausschuß die Vorlage dieser Fragen für erforderlich gehalten hat, um in dem Ausgangsrechtsstreit entscheiden zu können. Entgegen der Auffassung des Ministeriums läßt der Vorlagebeschluß nicht den Schluß zu, daß es sich hierbei lediglich um hypothetische Fragen, die eventuell einen späteren Rechtsstreit betreffen könnten, handelt. Da der vorlegende Beschwerdeausschuß somit die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage bejaht und begründet, ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.

    2. Zur ersten Vorlagefrage

    25 Mit der ersten Vorlagefrage begehrt der Beschwerdeausschuß Auskunft darüber, ob Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 (Lieferaufträge) eine eigenständige Bedeutung zukommt. Nach seiner Auffassung könnte dies zu verneinen sein. Diese Bestimmung sei aus Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie 77/62 übernommen worden und unter Umständen vor dem Hintergrund zu verstehen, daß bei Erlaß dieser Richtlinie noch keine gemeinschaftsrechtliche Regelung betreffend die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge bestand. Die streitgegenständliche Bestimmung könnte daher ihre zunächst bestehende Bedeutung verloren haben, als die Richtlinie 92/50 (Dienstleistungsaufträge) erlassen wurde. Für eine eigenständige Bedeutung neben der Richtlinie 92/50 spräche nach Auffassung des Beschwerdeausschusses aber andererseits, daß bei Erlaß der Richtlinie 93/36 die streitgegenständliche Bestimmung gerade beibehalten worden sei.

    26 Das Ministerium, das zu den Vorlagefragen nur hilfsweise Stellung nimmt, bejaht ebenfalls die Eigenständigkeit von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36. Vergleiche mit der ersten Richtlinie 77/62 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge zeigten, daß diese Regelung jeweils trotz mehrerer Änderungen beibehalten worden sei. Auch den Vorarbeiten und Entwürfen zur Richtlinie 93/36 lasse sich nicht entnehmen, daß Artikel 2 Absatz 2 seine Eigenständigkeit aufgrund des Erlasses der Richtlinie 92/50 verloren habe. Diese Bestimmung sei nicht nur als "Reminiszenz an alte Zeiten" zu verstehen.

    27 Die Kommission verweist in ihrer Stellungnahme zunächst darauf, daß aufgrund des vom Beschwerdeausschuß geschilderten Sachverhalts sowohl die Richtlinie 93/36 (Lieferaufträge) als auch die Richtlinie 92/50 (Dienstleistungsaufträge) einschlägig sein könnten. Die Vorarbeiten und Entwürfe zur Richtlinie 93/36 zeigten, daß diese die Vorgängerrichtlinie nicht dem Grunde nach ändern sollte. Ihr Erlaß sei erforderlich gewesen, um insbesondere Anpassungen an die Richtlinie 92/50 vorzunehmen, die sich auch in der Richtlinie 93/37/EWG(10) niederschlügen. Davon sei aber Artikel 2 Absatz 2 nicht betroffen gewesen. Er finde sich trotz dieser Änderungen weiterhin in der Richtlinie 93/36 und garantiere die Einhaltung des Diskriminierungsverbots, auch wenn die Richtlinie 92/50 nicht anwendbar sein sollte. Dies wäre insbesondere bei Konzessionsverträgen der Fall. Von daher sei von einer eigenständigen Bedeutung des Artikels 2 Absatz 2 auszugehen.

    28 Den Ausführungen des Ministeriums und der Kommission ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Bestimmung des Artikels 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 findet sich in einer ähnlichen Ausgestaltung schon in der Richtlinie 77/62, die als erste Richtlinie zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge erlassen wurde. In der Richtlinie 77/62 findet sich die streitgegenständliche Bestimmung noch in Artikel 2 Absatz 3. Die einzige Änderung, die diese Vorschrift im Laufe der Zeit erfahren hat, betrifft lediglich die Bestimmung des Begriffes des öffentlichen Auftraggebers. Der Wesensgehalt der Bestimmung ist jedoch derselbe geblieben. So ist nach beiden Vorschriften in einen Rechtsakt über die Zuerkennung eines besonderen Rechts, das ein öffentlicher Auftraggeber einer Einrichtung, die kein öffentlicher Auftraggeber ist, überträgt, aufzunehmen, daß die betreffende Einrichtung bei der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge den Grundsatz der Nichtdiskriminerung zu beachten hat. Zwar findet sich auch in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/50 (Dienstleistungsaufträge) eine Nichtdiskriminierungsklausel; diese besagt jedoch nur, daß Auftraggeber dafür zu sorgen haben, "daß keine Diskriminierung von Dienstleistungserbringern stattfindet". Ausweislich ihres Titels gilt diese Richtlinie aber insbesondere für Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, wohingegen die Richtlinie 93/36 die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge beinhaltet.

    29 Es sind jedoch durchaus Fallgestaltungen denkbar, in denen zunächst neben der Richtlinie 93/36 (Lieferaufträge) auch die Richtlinie 92/50 (Dienstleistungsaufträge) anwendbar sein könnte. Unter anderem könnte dies der Fall sein, wenn ein zu vergebender Auftrag sowohl Dienstleistungs- wie Lieferelemente enthält. Sollte dann jedoch der Schwerpunkt der Aufträge bei der Lieferung von Waren bestehen, so wäre die Richtlinie 92/50 auf diesen Fall nicht mehr anwendbar. Das Diskriminierungsverbot von Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/50 käme dann nicht zum Tragen. Für einen solchen Fall zeigt sich dann aber die selbständige Bedeutung von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36. Es wäre aber auch eine Fallgestaltung denkbar, nach der es sich zwar um die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge handelt, die jedoch im Rahmen eines Konzessionsvertrages weitergegeben werden könnten. Auch dann wäre die Richtlinie 92/50 und das in ihr enthaltene Nichtdiskriminierungsgebot nicht anwendbar, weiterhin eröffnet wäre aber der Anwendungsbereich der Richtlinie 93/36. Auch in diesem Zusammenhang käme dann das Diskriminierungsverbot in Artikel 2 Absatz 2 erneut zum Tragen.

    30 Da sich insbesondere auch weder den Vorarbeiten noch den Entwürfen zur Richtlinie 93/36 entnehmen läßt, daß die Bestimmung des Artikels 2 Absatz 2 keine eigenständige Bedeutung haben sollte, ist davon auszugehen, daß sie weiterhin auch neben der Richtlinie 92/50 bestehen soll.

    3. Zur zweiten Vorlagefrage

    31 Mit seiner zweiten Frage begehrt der Beschwerdeausschuß eine Auslegung von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 für den Fall, daß er eine selbständige Bedeutung hat. Er fragt dabei insbesondere nach dem Inhalt dieser Vorschrift und ob erstens ein öffentlicher Auftraggeber bei der Übertragung besonderer Rechte an ein Privatunternehmen, das seinerseits kein öffentlicher Auftraggeber ist, dieses zur Einhaltung des Nichtdiskriminierungsgebots verpflichten muß und ob sich zweitens aus Artikel 2 Absatz 2 ergibt, daß dieses Privatunternehmen das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu befolgen hat.

    32 Das Ministerium vertritt die Auffassung, der Vertrag, mit dem besondere Rechte übertragen werden, müsse die Nichtdiskriminierungsklausel des Artikels 2 Absatz 2 beinhalten. Dadurch solle, auch wenn kein Vergabeverfahren nach der Richtlinie durchgeführt werden müsse, zumindest die Einhaltung des Diskriminierungsverbots gewährleistet werden. So sei klargestellt, daß sich auch Private im Rahmen der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge an dieses Verbot zu halten hätten. Im Gegensatz hierzu sehe Artikel 2 Absatz 2 allerdings nicht vor, daß das Unternehmen, dem besondere Rechte übertragen worden sind, in jedem Fall ein öffentliches Vergabeverfahren durchzuführen habe.

    33 Nach Auffassung der Kommission beinhaltet Artikel 2 Absatz 2 eine Verpflichtung für den öffentlichen Auftraggeber, die Einrichtung, der besondere Rechte übertragen werden, auf das Diskriminierungsverbot hinzuweisen und dafür Sorge zu tragen, daß dieses Verbot eingehalten werde. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung dieser Einrichtung, das Vergabeverfahren durchzuführen, lasse sich Artikel 2 Absatz 2 nicht entnehmen.

    34 Im Rahmen der Würdigung ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die das Vergabeverfahren betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 93/36 an sich auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden, soweit die Danske Slagterier betroffen sind. Zwar wird der in Artikel 5 der Richtlinie 93/36 genannte Schwellenwert überschritten, so daß vom Auftragsvolumen her eine Anwendung eröffnet wäre. Allerdings handelt es sich bei den Dansk Slagterier nicht um einen öffentlichen Auftraggeber. Ebensowenig werden die Verkäufe der Ohrenmarken im Namen noch auf Rechnung der dänischen Behörden getätigt. Zwischen den Lieferanten der Ohrmarken und den Behörden bestehen diesbezüglich keine finanziellen Verbindungen. Daher ist die Richtlinie insofern nicht auf einen Sachverhalt wie den vorliegenden anwendbar, wenn es um das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge geht.

    35 Um aber auch außerhalb des eigentlichen Anwendungsbereichs die Einhaltung des im Gemeinschaftsrecht grundlegenden Diskriminierungsverbots zu gewährleisten, verpflichtet Artikel 2 Absatz 2 die öffentlichen Auftraggeber, bei der Übertragung besonderer Rechte an andere Einrichtungen, diese an dieses Verbot zu binden. Eine darüber hinausgehende Bindung an die Verfahrensvorschriften zur Vergabe der öffentlichen Aufträge läßt sich jedoch Artikel 2 Absatz 2 nicht entnehmen. Auch ein Vergleich mit den beiden anderen Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge zeigt, daß in die streitgegenständliche Vorschrift nicht mehr hineininterpretiert werden kann. Sowohl in der Richtlinie 93/37 als auch in der Richtlinie 92/50 wird den Mitgliedstaaten (nur) auferlegt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, daß die ffentlichen Auftraggeber die Vorschriften dieser Richtlinie einhalten. Dazu zählt auch jeweils ein in den Richtlinien enthaltenes Diskriminierungsverbot.

    36 Im vorliegenden Fall zeigt schon der Wortlaut von Artikel 2 Absatz 2, daß lediglich für den öffentlichen Auftraggeber die Verpflichtung besteht, dafür Sorge zu tragen, daß die Einrichtung, der besondere Rechte übertragen worden sind, das Diskriminierungsverbot einhält. Dadurch soll auch in diesem Bereich eine Ungleichbehandlung mehrerer Anbieter aufgrund der Staatsangehörigkeit vermieden werden. Sinn und Zweck der Richtlinie ist die Verwirklichung des freien Warenverkehrs auf dem Gebiet der öffentlichen Lieferaufträge, die in den Mitgliedstaaten für Rechnung des Staates, der Gebietskörperschaften sowie sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergeben werden. Zu diesem Zweck unterwirft die Richtlinie die Vergabe öffentlicher Lieferaufträge durch einen öffentlichen Auftraggeber einem besonderen Verfahren. Die einzelnen Verfahrensvoraussetzungen sind dann in den einzelnen Regelungen der Richtlinie enthalten. Aus Artikel 2 Absatz 2 alleine ergibt sich dagegen nicht, daß Einrichtungen, denen besondere Rechte übertragen wurden, die aber keine öffentlichen Auftraggeber sind, ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, wie es die Richtlinie 93/36 vorschreibt, durchzuführen haben, sondern lediglich, daß sie den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu beachten haben.

    37 Daraus folgt, daß Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36 nur eine Verpflichtung für den öffentlichen Auftraggeber enthält, bei der Übertragung besonderer Rechte an eine Einrichtung, diese an das Nichtdiskriminierungsgebot zu binden.

    D - Ergebnis

    38 Aufgrund der vorstehenden Überlegungen wird vorgeschlagen, die Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

    1. Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge hat seine eigenständige Bedeutung beibehalten, unabhängig vom Inkrafttreten der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge.

    2. Überträgt ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 93/36/EWG einer Einrichtung, die kein öffentlicher Auftraggeber ist, ungeachtet ihrer Rechtsstellung Sonder- oder Alleinrechte zur Ausführung einer Tätigkeit des öffentlichen Dienstleistungsbereichs, so ist in dem Rechtsakt über die Zuerkennung dieses Rechts zu bestimmen, daß die betreffende Einrichtung bei der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge an Dritte den Grundsatz der Nichtdiskrimierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu beachten hat. Artikel 2 Absatz 2 enhält darüber hinaus keine weitergehende Verpflichtung für den öffentlichen Auftraggeber, dafür Sorge zu tragen, daß diese Einrichtung, die kein öffentlicher Auftraggeber ist, das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge anwendet.

    (1) - Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1).

    (2) - In Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/36 heißt es:

    "Im Sinne dieser Richtlinie ... gelten als ffentliche Auftraggeber der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen.

    Als Einrichtung des öffentlichen Rechts gilt jede Einrichtung,

    - die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind, und

    - die Rechtspersönlichkeit besitzt und

    - die überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind;

    ..."

    (3) - Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (ABl. L 355, S. 32).

    (4) - Die Richtlinie 92/102 wurde in Dänemark zunächst durch die Verordnung Nr. 80 vom 18. Februar 1993 umgesetzt, die später durch die Verordnung Nr. 1073 vom 15. Dezember 1995 über die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen ersetzt wurde.

    (5) - Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1).

    (6) - Die Regelung war fast gleichlautend schon in Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 13, S. 1) enthalten.

    (7) - Richtlinie 89/665/EWG vom 21. Dezember 1989 (ABl. L 395, S. 33).

    (8) - Urteile vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 61/65 (Vaassen-Göbbels, Slg. 1966, 584), vom 27. April 1994 in der Rechtssache C-393/92 (Almelo u. a., Slg. 1994, I-1477) und vom 17. September 1997 in der Rechtssache C-54/96 (Dorsch Consult, Slg. 1997, I-4961, Randnr. 23).

    (9) - Siehe z. B. das Urteil vom 3. März 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-332/92, C-333/92 und C-335/92 (Eurico Italia u. a., Slg. 1994, I-711, Randnr. 17).

    (10) - Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54).

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