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Document 52014DC0027

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

/* COM/2014/027 final */

52014DC0027

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit /* COM/2014/027 final */


1.           Einleitung

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in jeder Form und Ausprägung sind unvereinbar mit den Werten, auf denen die EU beruht. Gemäß dem Vertrag von Lissabon wirkt die Union darauf hin, durch Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.[1]

Der Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit[2] (nachstehend „der Rahmenbeschluss“) wurde am 28. November 2008 nach siebenjährigen Verhandlungen einstimmig angenommen. Die Komplexität dieser Verhandlungen war hauptsächlich auf die unterschiedlichen Rechtssysteme und Traditionen der Mitgliedstaaten in Bezug auf den Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung und dessen Grenzen zurückzuführen. Dennoch bestanden ausreichende Gemeinsamkeiten für die Vereinbarung eines gemeinsamen strafrechtlichen Ansatzes zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Europäischen Union, damit in allen Mitgliedstaaten dieselben Handlungen unter Strafe gestellt und für natürliche und juristische Personen, die derartige Straftaten begangen haben oder dafür verantwortlich sind, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorgesehen werden.

Die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit muss im Zusammenhang mit den Grundrechten gesehen werden: Der Rahmenbeschluss beruht auf der Notwendigkeit, die Rechte von Personen, Gruppen und der Gesellschaft als Ganzes zu schützen, indem besonders schwere Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – unter Wahrung der Grundrechte der Freiheit der Meinungsäußerung und der Vereinigungsfreiheit – unter Strafe gestellt werden. Damit wird der wichtigen Aufgabe nachgekommen, Rassendiskriminierung in jeder Form und Ausprägung zu bekämpfen, wie dies auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) betont, nach dessen Auffassung es in demokratischen Gesellschaften notwendig sein kann, „alle Ausdrucksformen zu sanktionieren oder sogar zu verhindern, die Hass, der auf Intoleranz gründet, propagieren, dazu anstiften, fördern oder rechtfertigen“.[3] Der Rahmenbeschluss muss im Einklang mit den Grundrechten und insbesondere mit den in der Charta der Grundrechte verankerten Rechten der Freiheit der Meinungsäußerung und der Vereinigungsfreiheit angewandt werden.

Gemäß Artikel 10 Absatz 1 des Protokolls Nr. 36 zu den Verträgen kann die Kommission bis zum Ende des Übergangszeitraums am 1. Dezember 2014 in Bezug auf Rahmenbeschlüsse, die vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen wurden, keine Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV einleiten.

Gemäß dem Rahmenbeschluss hat die Kommission nun einen schriftlichen Bericht zu erstellen, in dem sie bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten alle Bestimmungen dieses Rechtsaktes umgesetzt haben. Der vorliegende Bericht stützt sich auf die von den Mitgliedstaaten gemeldeten Umsetzungsmaßnahmen (siehe Anhang) und auf technische Informationen, die die Kommission im Zuge ihrer Analyse angefordert hat (nationale Rechtsprechung, vorbereitende Arbeiten, Leitlinien usw.), sowie auf Informationen aus fünf Sitzungen einer Gruppe von Regierungssachverständigen und aus einer von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie[4].

Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, den Wortlaut der Vorschriften zu übermitteln, mit denen ihre Verpflichtungen aus diesem Rahmenbeschluss bis zum 28. November 2010 in nationales Recht umgesetzt wurden. Alle Mitgliedstaaten haben die nationalen Maßnahmen übermittelt, die getroffen wurden, um dem Rahmenbeschluss nachzukommen.

2.           Die Eckpunkte des Rahmenbeschlusses

Der Rahmenbeschluss sieht einen gemeinsamen strafrechtlichen Ansatz zur Bekämpfung bestimmter Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vor, insbesondere im Hinblick auf zwei Arten von Straftaten, die gemeinhin als rassistische und fremdenfeindliche Hassreden und Hassverbrechen bezeichnet werden[5].

In Bezug auf „Hassreden“ müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass folgende vorsätzliche Handlungen unter Strafe gestellt werden, wenn sie gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe gerichtet sind:

– die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass, unter anderem durch öffentliche Verbreitung oder Verteilung von Schriften, Bild- oder sonstigem Material,

– das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen

– von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Sinne der Artikel 6, 7 und 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs oder

– von Verbrechen nach Artikel 6 der Charta des Internationalen Militärgerichtshofs im Anhang zum Londoner Abkommen vom 8. August 1945,

wenn die Handlung in einer Weise begangen wird, die wahrscheinlich zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen eines oder mehrere Mitglieder solch einer Gruppe aufstachelt.

Nach Artikel 1 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses steht es den Mitgliedstaaten frei, nur Handlungen unter Strafe zu stellen, die in einer Weise begangen werden, die geeignet ist, (i) die öffentliche Ordnung zu stören, oder die (ii) Drohungen, Beschimpfungen oder Beleidigungen darstellen. Nach Artikel 1 Absatz 4 kann jeder Mitgliedstaat eine Erklärung abgeben, der zufolge er die Leugnung oder gröbliche Verharmlosung der oben genannten Verbrechen nur dann unter Strafe stellt, wenn ein nationales Gericht dieses Mitgliedstaats und/oder ein internationales Gericht sie endgültig festgestellt hat oder wenn ausschließlich ein internationales Gericht sie endgültig festgestellt hat. Für den Fall der Billigung der oben genannten Verbrechen ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen.

In Bezug auf „Hassverbrechen“ müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe entweder als erschwerender Umstand gelten oder dass derartige Beweggründe bei der Festlegung des geeigneten Strafmaßes durch die Gerichte berücksichtigt werden können.

3.           Umsetzung durch die Mitgliedstaaten

3.1.        Rassistische und fremdenfeindliche Hassreden (Artikel 1)

3.1.1.     Öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass

Die Strafgesetzbücher der meisten Mitgliedstaaten enthalten zwar Bestimmungen für Handlungen, die unter „Aufstachelung zu Gewalt oder Hass“ fallen, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der verwendeten Terminologie („Provozieren“, „Schüren“, „Propagieren“, „Fördern“, „Anstiften“, „Aufwiegeln“ usw.) und der angewandten Kriterien. DK, FI und SE haben keine spezifischen Bestimmungen für aufstachelndes Verhalten erlassen; diese Länder wenden Bestimmungen an, die Drohungen, Beschimpfungen, Beleidigungen, Verleumdungen oder abwertende Äußerungen aufgrund der Rasse, Hautfarbe, Religion oder Weltanschauung, nationalen oder ethnischen Herkunft unter Strafe stellen.

Die Rechtsvorschriften der meisten Mitgliedstaaten beziehen sich konkret auf Gewalt und Hass (BE, BG, DE, EE, ES, EL, FR, HR, IT, CY, LV, LT, LU, MT, NL, AT, PT, SI, SK). Dass sowohl Aufstachelung zu Gewalt als auch Aufstachelung zu Hass unter Strafe gestellt wird, ist für die Wirksamkeit dieses Instruments von Belang. Zwar finden sich in EE, EL und PT beide Begriffe; doch für EE muss aus beidem eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Eigentum einer Person erwachsen, EL stellt die Aufstachelung zu Handlungen oder Aktionen unter Strafe, die wahrscheinlich zu Hass oder Gewalt führen, und für PT muss zusätzlich ein organisatorisches Element aufseiten der mutmaßlichen Täter vorhanden sein; keine dieser Zusatzbedingungen ist im Rahmenbeschluss vorgesehen. Während CZ, IE, HU, PL, RO und UK in ihren Rechtsvorschriften lediglich den Begriff „Hass“ ausdrücklich verwenden, betrachten IE und UK den Begriff „Gewalt“ als durch den Begriff „Hass“ wirksam abgedeckt, CZ hält ihn unter bestimmten Umständen für abgedeckt, und HU sieht ihn als durch die nationale Rechtsprechung abgedeckt an.

Gemäß dem Rahmenbeschluss können Opfer von Aufstachelung Gruppen von Personen oder einzelne Mitglieder einer solchen Gruppe sein. Zwölf Mitgliedstaaten (BE, DE, EL, FR, HR, CY, LT, LU, MT, AT, PT und SK) nennen wie im Rahmenbeschluss ausdrücklich Gruppen und einzelne Mitglieder; in NL ist die Aufstachelung zu Hass gegen Personen gerichtet, während die Aufstachelung zu Gewalt gegen eine Person gerichtet ist. Acht Mitgliedstaaten (CZ, DK, IE, ES, HU, RO, FI und SE) nennen nur die Gruppe von Personen ausdrücklich. Sieben Mitgliedstaaten nennen weder Gruppen noch Einzelpersonen ausdrücklich. In BG, LV, PL und SI umfassen diese Straftaten Handlungen, die sowohl gegen Gruppen als auch gegen Einzelpersonen gerichtet sind; EE, IT und UK haben keine detaillierten Informationen vorgelegt. In EE wird die Aufstachelung unter Strafe gestellt, wenn sie Personen in Gefahr bringt.

Der Rahmenbeschluss greift, wenn in der Aufstachelung auf Kriterien wie Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft Bezug genommen wird. Die Liste dieser Kriterien wurde zwar nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt, doch scheint das Ziel allgemein erreicht zu werden. In BE, HR, CY und SK werden alle Kriterien ausdrücklich genannt, und in LU scheint „Familienstatus“ dem Begriff „Abstammung“ zu entsprechen. DK, IE, AT, PT, SE und UK nennen alle Kriterien außer Abstammung, während in BG, DE, ES, FR, IT, LV und HU sowohl Hautfarbe als auch Abstammung unerwähnt bleiben. MT und SI nennen weder Abstammung noch nationale Herkunft, und in LT werden Hautfarbe und ethnische Herkunft nicht angeführt. CZ, EL, NL, PL und RO nennen weder Hautfarbe noch Abstammung oder nationale Herkunft. In EE, FR, SI und FI kann der Begriff „Herkunft“ und in RO kann der Begriff „ethnische Herkunft“ als mit dem Begriff „Abstammung“ gleichbedeutend angesehen werden. Der in BG und LT verwendete Begriff „Nationalität“ scheint die weiter gefasste Bedeutung des Begriffs „nationale Herkunft“ jedoch nicht wiederzugeben.

3.1.2.     Öffentliche Verbreitung oder Verteilung von Schriften, Bild- oder sonstigem Material, die zu Gewalt oder Hass aufstacheln

Der Rahmenbeschluss sieht vor, dass neben mündlichen Äußerungen auch Handlungen unter Strafe zu stellen sind, die durch öffentliche Verbreitung oder Verteilung von Schriften, Bild- oder sonstigem Material öffentlich zu Gewalt oder Hass aufstacheln. Die meisten Mitgliedstaaten nennen die einzelnen Verbreitungsmedien in den Bestimmungen, die sich mit der jeweiligen Straftat befassen (BE, BG, DE, EL, IE, FR, HR, CY, LT, LU, MT, NL, PL, PT und UK). Andere Mitgliedstaaten verweisen hingegen auf Paragrafen ihres Strafgesetzbuchs mit allgemeinen Auslegungen (CZ, HU und SK) oder auf amtliche Berichte (FI) oder vorbereitende Arbeiten (SE) auf diesem Gebiet. LV verweist auf Urteile, in denen Sanktionen wegen Online-Kommunikation verhängt werden. ES verwendet die Formulierung Verbreitung beleidigender Informationen und IT den Begriff Propagieren von Gedankengut. EE, AT und SI machen lediglich zur Auflage, dass die Handlung öffentlich begangen wird, und in DK muss sie öffentlich oder mit dem Vorsatz einer weiteren Verbreitung begangen werden.

3.1.3.     Öffentliches Billigen, Leugnen oder gröbliches Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen

Gemäß dem Rahmenbeschluss müssen die Mitgliedstaaten das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen der in den Artikeln 6, 7 und 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs genannten Verbrechen (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) unter Strafe stellen, wenn diese gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe gerichtet sind, die nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definiert werden, wenn die Handlung in einer Weise begangen wird, die wahrscheinlich zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen ein Mitglied solch einer Gruppe aufstachelt.

Diese Bestimmung kann ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs umgesetzt werden, wenn die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften Definitionen für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Sinne des Statuts enthalten. Acht Mitgliedstaaten (BG, HR, CY, LU, LT, MT, SI und SK) stellen die drei Arten von Handlungen (d. h. öffentliches Billigen, Leugnen und gröbliches Verharmlosen) unter Strafe. CY, LU, MT, SI und SK verweisen ausdrücklich auf die oben genannten Artikel des Statuts oder halten sich sehr eng an deren Wortlaut. In SK muss die Handlung einer Verunglimpfung oder Bedrohung der Gruppe oder Einzelperson gleichkommen.

Sieben Mitgliedstaaten beziehen sich nicht ausdrücklich auf alle drei Arten von Handlungen; ES, FR, IT und PL beziehen sich lediglich auf die Billigung von Verbrechen, PT auf die Leugnung und LV und RO auf die Billigung und Leugnung (RO stellt die Verharmlosung nur unter Strafe, wenn entsprechendes Material verbreitet wird). LV und PT beziehen sich auf alle völkerrechtlichen Straftaten, während RO Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ES und IT lediglich Völkermord erwähnen.

Was die erforderliche Wirkung einer wahrscheinlich zu Gewalt oder Hass aufstachelnden Handlung angeht, so braucht die Handlung in FR, IT, LV, LU und RO nicht unbedingt in einer Weise begangen werden, die wahrscheinlich zu Gewalt und Hass aufstachelt, während in BG, ES, PT und SI mehr als eine bloße Wahrscheinlichkeit einer Aufstachelung vorliegen muss.

In 13 Mitgliedstaaten (BE, CZ, DK, DE, EE, EL, IE, HU, NL, AT, FI, SE und UK) gibt es keine strafrechtlichen Bestimmungen für entsprechende Handlungen. DE und NL teilen mit, dass die nationale Rechtsprechung in Bezug auf die Holocaustleugnung und/oder ‑verharmlosung auch für Handlungen nach diesem Artikel gilt.

3.1.4.     Öffentliches Billigen, Leugnen oder gröbliches Verharmlosen von Verbrechen im Sinne der Charta des Internationalen Militärgerichtshofs

Der Rahmenbeschluss verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von den Haupt-Kriegsverbrechern der europäischen Achsenmächte begangen wurden, unter Strafe zu stellen. Derartige Handlungen können als spezifische Ausprägungen des Antisemitismus betrachtet werden, wenn die Handlung in einer Weise begangen wird, die wahrscheinlich zu Gewalt oder Hass aufstachelt. Daher ist es sehr wichtig, dass die nationalen Rechtsvorschriften derartige Handlungen unter Strafe stellen.[6]

Diese Bestimmung kann ohne besondere Bezugnahme auf die Charta des Internationalen Militärgerichtshofs umgesetzt werden, wenn klar ist, dass es sich um spezifische, von den europäischen Achsenmächten verübte historische Verbrechen handelt. FR, CY, LU und SK beziehen sich ausdrücklich auf die Charta des Internationalen Militärgerichtshofs, jedoch ist das französische Recht derzeit auf die Bestreitung von Verbrechen beschränkt, und das luxemburgische Recht lässt Verbrechen gegen den Frieden unerwähnt.

Sechs Mitgliedstaaten (BE, CZ, DE, LT, HU und AT) stellen diese Verbrechen direkt in Bezug zur Zeit des Nationalsozialismus oder zum nationalsozialistischen Deutschland. Von diesen sechs Mitgliedstaaten nennt BE nur den Völkermord ausdrücklich, während CZ und HU Völkermord und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit nennen. RO nennt die Leugnung und Billigung des Holocaust, erwähnt aber die Verharmlosung nur im Zusammenhang mit der Verbreitung von Materialien. SI nennt die Leugnung, Billigung und Verharmlosung des Holocaust. LT und PL stellen lediglich Verbrechen unter Strafe, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft gegen die litauische oder polnische Nation bzw. gegen deren Staatsbürger verübt wurden, wobei PL in diesem Zusammenhang nur die Leugnung nennt.

In den übrigen 15 Mitgliedstaaten (BG, DK, EE, EL, IE, ES, HR, IT, LV, MT, NL, PT, FI, SE und UK) gibt es keine spezifischen Vorschriften, die derartige Handlungen unter Strafe stellen. NL, FI und UK haben Urteile für Fälle der Verharmlosung, Billigung und Leugnung des Holocaust übermittelt, die sich auf strafrechtliche Bestimmungen stützen, die Aufstachelung, ethnische Aufhetzung oder Anstiftung zu Hass unter Strafe stellen.

3.1.5.     Optionale Bedingungen

Einige Mitgliedstaaten haben von der in Artikel 1 Absatz 2 genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht, der zufolge es den Mitgliedstaaten freisteht, nur Handlungen unter Strafe zu stellen, die (i) in einer Weise begangen werden, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu stören, oder die (ii) Drohungen, Beschimpfungen oder Beleidigungen darstellen. CY und SI haben diese Bestimmung übernommen und beide Alternativen vorgesehen. AT macht die Strafbarkeit der Aufstachelung zu Gewalt (nicht zu Hass) davon abhängig, ob dadurch die öffentliche Ordnung gestört werden könnte. DE macht die Strafbarkeit aller genannten Handlungen davon abhängig, ob diese geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. Nach der ungarischen Rechtsprechung ist die Strafbarkeit derartiger Handlungen ebenfalls davon abhängig, ob sie geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. MT scheint die Strafbarkeit der Aufstachelung zu Gewalt oder Hass davon abhängig zu machen, ob entsprechende Handlungen Drohungen, Beschimpfungen oder Beleidigungen darstellen, während – ebenso wie in LT – die Strafbarkeit der Billigung, Leugnung oder Verharmlosung davon abhängig gemacht wird, ob eine der beiden Bedingungen gegeben ist. IE und UK machen die Strafbarkeit der Aufstachelung zu Hass davon abhängig, ob diese eine Drohung, Beschimpfung oder Beleidigung darstellt.

FR, CY, LT, LU, MT, RO und SK machen von der in Artikel 1 Absatz 4 vorgesehenen Möglichkeit im Zusammenhang mit der öffentlichen Leugnung oder gröblichen Verharmlosung der im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs genannten Verbrechen Gebrauch. CY, LT, LU, RO und SK nutzen diese Möglichkeit im Zusammenhang mit der öffentlichen Leugnung oder gröblichen Verharmlosung der in der Charta des Internationalen Militärgerichtshofs genannten Verbrechen.[7]

3.2.        Anstiftung und Beihilfe (Artikel 2)

Hinsichtlich Artikel 2, in dem es um die Anstiftung und Beihilfe zu den in Artikel 1 genannten Straftaten geht, wenden praktisch alle Mitgliedstaaten die allgemeinen Rechtsvorschriften für derartige Handlungen an.[8]

3.3.        Strafrechtliche Sanktionen (Artikel 3)

Die meisten Mitgliedstaaten haben die Forderung umgesetzt, dass Hassreden einschließende Handlungen mit Freiheitsstrafen mit einem Höchstmaß von mindestens zwischen einem und drei Jahren zu ahnden sind. Die Höchststrafen für Hassreden reichen von einem Jahr (BE) bis zu sieben Jahren (UK, im Falle einer Verurteilung), und verschiedene Mitgliedstaaten (BE, EL, IE, FR, CY, LV, LT, LU, NL, PL, RO, FI, SE und UK) räumen den Gerichten die Möglichkeit ein, alternativ zur Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen. Die Höchststrafen für das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Verbrechen reichen von einem Jahr und einer Geldstrafe (BE) bis zu 20 Jahren (AT), wobei DE, FR, CY, LV, LT und RO den Gerichten die Möglichkeit einräumen, alternativ eine Geldstrafe oder eine andere Sanktion zu verhängen.

3.4.        Rassistische und fremdenfeindliche Hassverbrechen (Artikel 4)

Der Rahmenbeschluss verlangt von den Mitgliedstaaten, in ihren Strafgesetzbüchern speziell auf rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe einzugehen oder alternativ sicherzustellen, dass solche Beweggründe bei der Festlegung des Strafmaßes durch die Gerichte berücksichtigt werden. Aufgrund des diskriminierenden Charakters rassistischer und fremdenfeindlicher Beweggründe und ihrer Auswirkungen auf Personen, Gruppen und die Gesellschaft als Ganzes müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe auf geeignete Weise aufgedeckt und hinreichend berücksichtigt werden.

Fünfzehn Mitgliedstaaten (CZ, DK, EL, ES, HR, IT, CY, LV, LT, MT, AT, RO, FI, SE und SK) haben von der ersten in Artikel 4 genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht und in ihren Strafgesetzbüchern vorgeschrieben, dass rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe bei allen Straftaten als erschwerender Umstand zu werten sind. Acht Mitgliedstaaten (BE, BG, DE, FR, HU, PL, PT und UK) schreiben vor, dass rassistische oder fremdenfeindliche Beweggründe bei bestimmten (oftmals mit der Anwendung von Gewalt verbundenen) Verbrechen, wie beispielsweise Mord, schwere Körperverletzung und andere gegen Personen oder Sachen gerichtete Gewalttaten, als erschwerender Umstand zu werten sind. Drei Mitgliedstaaten der letztgenannten Gruppe machen ebenfalls von der zweiten in Artikel 4 genannten Möglichkeit Gebrauch: Entweder sehen ihre strafrechtlichen Bestimmungen vor, dass rassistische Beweggründe von den Gerichten berücksichtigt werden können (BE), oder sie haben Beispiele aus der Rechtsprechung und detaillierte Statistiken angeführt, die belegen, dass rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe berücksichtigt werden (DE und UK).

PL, PT und SI verweisen auf allgemeine strafrechtliche Bestimmungen, die eine Berücksichtigung der allgemeinen Beweggründe des Täters vorschreiben; EE verweist auf den erschwerenden Umstand anderer niederer Beweggründe. HU führt eine beträchtliche Anzahl registrierter Hassverbrechen und Verurteilungen an, hat jedoch noch keine Angaben zur einschlägigen Rechtsprechung vorgelegt. NL verweist auf einen amtlichen Leitfaden, in dem festgelegt ist, dass rassistische oder fremdenfeindliche Beweggründe berücksichtigt werden sollten, während IE und LU lediglich angeben, dass die Beweggründe von den Gerichten immer berücksichtigt werden können.

3.5.        Verantwortlichkeit juristischer Personen und zu verhängende Sanktionen (Artikel 5 und 6)

Juristische Personen müssen für Hassreden einer Person verantwortlich gemacht werden können, die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat, oder wenn mangelnde Überwachung durch eine solche Person die Hassrede einer ihr unterstellten Person ermöglicht hat. Der Rahmenbeschluss verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar nicht zur Verhängung strafrechtlicher Sanktionen, jedoch müssen die Sanktionen in allen Fällen wirksam, angemessen und abschreckend sein.

Die Rechtsvorschriften der meisten Mitgliedstaaten (ausgenommen EL, ES, IT und SK[9]) thematisieren die Verantwortlichkeit juristischer Personen im Fall von Hassreden. Die meisten Mitgliedstaaten regeln den Sachverhalt durch allgemeine Bestimmungen des Strafgesetzbuches[10] und durch die Verhängung von Geldstrafen.

Artikel 5 muss in Bezug auf alle Personen umgesetzt werden, die zugunsten der juristischen Person handeln. Die Rechtsvorschriften einiger Mitgliedstaaten (BE, DK und LU) sind in diesem Punkt nicht eindeutig. Von anderen Mitgliedstaaten werden offenbar weitere Bedingungen hinzugefügt, etwa die Wirkung einer Bereicherung seitens der juristischen Person (BG), die Vorgabe, dass durch die Straftat die Pflichten der juristischen Person verletzt werden (HR), und die Bestimmung, dass nur dann Maßnahmen gegen eine juristische Person eingeleitet werden dürfen, wenn das Gericht zuvor eine Strafe gegen eine natürliche Person verhängt hatte (HU).

3.6.        Verfassungsmäßige Bestimmungen und Grundprinzipien (Artikel 7)

FR, HU, SE und UK verweisen in ihren Mitteilungen auf Artikel 7 des Rahmenbeschlusses.

Die Kommission achtet insbesondere darauf, dass bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses alle Grundrechte, wie sich aus der Charta der Grundrechte ergeben und die auch in den Mitgliedstaaten gemeinsamen Verfassungsbestimmungen verankert sind, uneingeschränkt gewahrt bleiben.

Wie in der Charta der Grundrechte und der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt, muss jede Einschränkung der Ausübung der Grundrechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Vorbehaltlich der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.[11]

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bekräftigt, dass die Toleranz und Achtung der gleichen Würde aller Menschen die Grundlage einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft bilden. Weiterhin hat er entschieden, dass Äußerungen, die gegen die Grundwerte der Konvention gerichtet sind, nicht den nach Artikel 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) gewährten Schutz genießen dürfen.[12]

3.7.        Ermittlungen und Einleitung der strafrechtlichen Verfolgung (Artikel 8)

Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Ermittlungen bei Hassreden oder deren strafrechtliche Verfolgung zumindest in den schwerwiegendsten Fällen nicht davon abhängig gemacht werden, ob ein Opfer Anzeige erstattet oder Klage erhebt. Während die Mehrheit der Mitgliedstaaten über spezielle, meist allgemeine strafrechtliche Bestimmungen verfügt, die bei den meisten Straftaten, einschließlich Hassreden, von Amts wegen die Einleitung von Ermittlungen und/oder der strafrechtlichen Verfolgung sicherstellen, führen einige Mitgliedstaaten als Nachweis für die praktische Umsetzung dieser Bestimmung ihre Rechtsprechung, amtliche Erklärungen und weitere Informationen an.

3.8.        Gerichtliche Zuständigkeit (Artikel 9)

Für die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gilt das Territorialitätsprinzip, wonach für Hassreden gilt, dass die Mitgliedstaaten für die Handlungen gerichtlich zuständig sind, die ganz oder teilweise in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurden. Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von IE und UK meldeten zudem strafrechtliche Bestimmungen, die ihre gerichtliche Zuständigkeit auf Handlungen erweitern, die von einem (ihrer) Staatsangehörigen begangen wurden. In IT, PT und RO wurden Hassreden offenbar von dieser Erweiterung ausgenommen.

Hinsichtlich juristischer Personen haben 21 Mitgliedstaaten keine schlüssigen Informationen über die Umsetzung der Bestimmung übermittelt, dass die gerichtliche Zuständigkeit gegeben ist, wenn die Handlung zugunsten einer juristischen Person begangen wurde, deren Hauptsitz sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet.

Rassistische und fremdenfeindliche Einstellungen werden besonders häufig durch Hassreden im Internet zum Ausdruck gebracht. Folglich sollten die Mitgliedstaaten über die Mittel verfügen, um bei Hassreden im Internet eingreifen zu können. Bei der Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit in Bezug auf Handlungen, die in ihrem Hoheitsgebiet begangen werden, müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre gerichtliche Zuständigkeit auch für Fälle gilt, in denen die Handlungen im Rahmen eines Informationssystems begangen werden und sich der Täter oder das betreffende Informationssystem in ihrem Hoheitsgebiet befinden. Gegenwärtig hat offenbar nur CY diese Zuständigkeitsregeln vollständig in nationales Recht umgesetzt. In den Rechtsvorschriften in DK, MT und SI werden Informationssysteme ausdrücklich genannt; HR nennt Straftaten, die über elektronische Medien begangen werden. CZ, LU, HU, AT, PT, RO, SK und SE teilen mit, dass ihre allgemeinen Zuständigkeitsregeln auch für Hassreden im Internet gelten, führen jedoch keine näheren Einzelheiten an. BE, BG, DE, FR und UK verweisen ihrerseits auf die einschlägige Rechtsprechung, um zu belegen, dass ihre Gerichte für Fälle im Zusammenhang mit Informationssystemen zuständig sind. Die Mehrzahl dieser Länder scheinen ihre gerichtliche Zuständigkeit zu begründen, wenn der Täter in dem betreffenden Hoheitsgebiet physisch anwesend ist bzw. dort seinen Wohnsitz hat oder wenn die Inhalte in diesem Hoheitsgebiet zugänglich oder eindeutig an die Öffentlichkeit dieses Landes gerichtet sind.

4.           Vorschläge zur Verbesserung der Umsetzung des Rahmenbeschlusses

Aus den Informationen der Mitgliedstaaten geht hervor, dass die zuständigen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden für die Erkennung und Verfolgung der im Rahmenbeschluss genannten Straftaten sowie für die Interaktion und Kommunikation mit den Opfern praktische Instrumente und Fertigkeiten benötigen.[13] Sie sollten über ausreichende Kenntnisse der einschlägigen Rechtsvorschriften sowie über klare Leitlinien verfügen.

Auf die Verfolgung von Hassverbrechen spezialisierte Polizeidienststellen, für Hassreden und Hassverbrechen zuständige Sonderstaatsanwaltschaften, detaillierte Leitlinien sowie spezielle Schulungen für Polizisten, Ankläger und Richter sind bewährte Verfahrensweisen, die zur Umsetzung dieser Rechtsvorschriften beitragen können.

Der Austausch von Informationen und bewährten Verfahrensweisen durch das Zusammenführen von Strafverfolgungsbeamten, Anklägern und Richtern, Organisationen der Zivilgesellschaft und weiteren Akteuren kann ebenfalls zu einer verbesserten Umsetzung beitragen.

Hassreden im Internet stellen aufgrund ihres speziellen Charakters und der Schwierigkeit, die Urheber illegaler Online-Inhalte ausfindig zu machen und diese Inhalte zu beseitigen, die Strafverfolgungs- und Justizbehörden vor besondere Anforderungen in puncto Fachwissen, Ressourcen und der Notwendigkeit einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit.

Hohe Dunkelziffern sind bei Hassreden und Hassverbrechen die Regel.[14] Oftmals wenden sich die Opfer derartiger Straftaten an Opferberatungsstellen, statt bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Eine zügige Umsetzung der Richtlinie über den Opferschutz ist daher dringend geboten, um die Opfer von Hassreden und Hassverbrechen zu schützen.

Das Vorhandensein zuverlässiger, vergleichbarer und systematisch erhobener Daten kann zur wirksameren Umsetzung des Rahmenbeschlusses beitragen. Gemeldete Vorfälle von Hassreden und Hassverbrechen sollten, ebenso wie ihre Vorgeschichte, immer erfasst werden, um zu prüfen, inwieweit derartige Handlungen strafrechtlich verfolgt und geahndet werden. Aufgrund der uneinheitlichen Datenerhebung zu Hassreden und Hassverbrechen in der EU sind derzeit keine zuverlässigen länderübergreifenden Vergleiche möglich.[15] Die Kommission hat alle Mitgliedstaaten ersucht, Zahlenangaben zu den Vorfällen und der strafrechtlichen Reaktion auf Hassreden und Hassverbrechen zu übermitteln. Die von 17 Mitgliedstaaten vorgelegten Daten sind im Anhang dieses Berichts aufgeführt.

Rassistische und fremdenfeindliche Einstellungen, die von Meinungsführern geäußert werden, können zu einem gesellschaftlichen Klima beitragen, in dem Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gebilligt werden, und können damit zur Ausbreitung gravierenderer Verhaltensmuster wie rassistisch motivierter Gewalt führen. Die öffentliche Verurteilung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit durch Behörden, politische Parteien und die Zivilgesellschaft trägt dazu bei, dass anerkannt wird, dass es sich hierbei um schwerwiegende Vorkommnisse handelt, und dass aktiv gegen rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen und Verhaltensweisen vorgegangen wird.[16]

5.           Schlussfolgerung

Der Bericht zeigt, dass einige Mitgliedstaaten noch nicht alle Bestimmungen des Rahmenbeschlusses vollständig und/oder ordnungsgemäß umgesetzt haben, insbesondere, was die Leugnung, Billigung und gröbliche Verharmlosung bestimmter Straftaten betrifft. In den meisten Mitgliedstaaten existieren zwar Vorschriften in Bezug auf die Aufstachelung zu rassistischer oder fremdenfeindlich motivierter Gewalt bzw. zu Rassen- oder Fremdenhass, doch werden damit die im Rahmenbeschluss genannten Straftatbestände nicht immer vollständig in nationales Recht umgesetzt. Außerdem wurde festgestellt, dass in Bezug auf die rassistischen oder fremdenfeindlichen Beweggründe von Straftaten, auf die Verantwortlichkeit von juristischen Personen und auf die gerichtliche Zuständigkeit stellenweise Lücken bestehen.

Die Kommission betrachtet daher die vollständige und ordnungsgemäße rechtliche Umsetzung des bestehenden Rahmenbeschlusses als einen ersten Schritt auf dem Weg zur wirksamen und einheitlichen strafrechtlichen Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der gesamten Europäischen Union.

Die Kommission wird 2014 bilaterale Gespräche mit den Mitgliedstaaten aufnehmen, um darauf hinzuarbeiten, dass der Rahmenbeschluss unter gebührender Beachtung der Charta der Grundrechte und insbesondere der Meinungs- und der Vereinigungsfreiheit vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt wird.[17]

[1]               Artikel 67 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

[2]               ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 55.

[3]               Urteile des EGMR vom 23.9.1994 (Jersild/Dänemark) und vom 6.7.2006 (Erbakan/Türkei). Siehe auch das Urteil vom 9.7.2013 (Vona/Ungarn) insbesondere zur Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.

[4]               Study on the legal framework applicable to racist or xenophobic hate speech and hate crime in the EU Member States (Studie über den geltenden Rechtsrahmen für rassistische oder fremdenfeindliche Hassreden und Hassverbrechen in den EU‑Mitgliedstaaten) (JUST/2011/EVAL/FW/0146/A4).

[5]               Diese Begriffe werden im Rahmenbeschluss jedoch nicht verwendet.

[6]               Laut einem Urteil des EGMR stellt die Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit eine besonders schwere Form der Verleumdung gegen Juden und der Aufstachelung zum Hass gegen Juden dar (Garaudy/Frankreich, Urteil vom 24.6.2003). Darüber hinaus wäre das Leugnen oder die revisionistische Darstellung eindeutig festgestellter historischer Tatsachen wie des Holocaust durch Artikel 17 (Verbot des Missbrauchs der Rechte) der EMRK ohnehin vom Schutz des Artikels 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) ausgenommen (Lehideux und Isorni/Frankreich, Urteil vom 23.9.1998).

[7]               Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht in Bezug auf die Billigung dieser Straftaten.

[8]               Offenbar gibt es nur in MT eine besondere Bestimmung für die Anstiftung und Beihilfe zur Begehung dieser Straftaten.

[9]               SK sieht eine Form der indirekten Verantwortlichkeit durch die Möglichkeit der „Einziehung eines Geldbetrags“ vor.

[10]             FR verfügt über ein spezifisches System für bestimmte Straftaten, die auf dem Presseweg begangen werden, das die Verantwortlichkeit juristischer Personen ausschließt.

[11]             Nach Artikel 52 Absatz 1 der Charta der Grundrechte sowie sinngemäß nach Artikel 10 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Bezug auf die Freiheit der Meinungsäußerung.

[12]             Urteile vom 4.12.2003 (Gündüz/Türkei) und vom 24.6.2003 (Garaudy/Frankreich).

[13]             Die Untersuchung rassistischer oder fremdenfeindlicher Handlungen und die Anwendung geeigneter Sanktionen sind notwendig, um der Verpflichtung zur Wahrung der Grundrechte nachzukommen. Siehe die Urteile des EGMR vom 6.7.2005 (Nachova und andere/Bulgarien), vom 10.3.2010 (Caki/Belgien) und vom 27.1.2011 (Dimitrova und andere/Bulgarien).

[14]             Siehe insbesondere den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) Hasskriminalität in der Europäischen Union sichtbar machen: die Rechte der Opfer anerkennen, 2012.

[15]             Ebenda.

[16]             Siehe die Urteile des EGMR vom 6.7.2006 (Erbakan/Türkei) und vom 16.7.2009 (Féret/Belgien).

[17]             Siehe Artikel 10 des Protokolls Nr. 36 zum Vertrag von Lissabon. Vertragsverletzungsverfahren für Rahmenbeschlüsse sind vor dem 1. Dezember 2014 nicht möglich.

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