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Document 31989L0665

Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge

ABl. L 395 vom 30.12.1989, p. 33–35 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (FI, SV, CS, ET, LV, LT, HU, MT, PL, SK, SL, BG, RO, HR)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 17/04/2014

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/1989/665/oj

31989L0665

Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge

Amtsblatt Nr. L 395 vom 30/12/1989 S. 0033 - 0035
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 6 Band 3 S. 0048
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 6 Band 3 S. 0048


RICHTLINIE DES RATES vom 21 . Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer - und Bauaufträge ( 89/665/EWG )

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,

auf Vorschlag der Kommission ( 1 ),

in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament ( 2 ),

nach Stellungnahme des Wirtschaft - und Sozialaus -

schusses ( 3 ),

in Erwägung nachstehender Gründe :

Die Gemeinschaftsrichtlinien im Bereich des öffentlichen Auftragswesens und insbesondere die Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26 . Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge ( 4 ), zuletzt geändert durch die Richtlinie 89/440/EWG ( 5 ), und die Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21 . Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferanträge ( 6 ), zuletzt geändert durch die Richtlinie 88/295/EWG ( 7 ), enthalten keine spezifischen Vorschriften, mit denen sich ihre tatsächliche Anwendung sicherstellen lässt .

Die auf einzelstaatlicher Ebene und auf Gemeinschaftsebene derzeit vorhandenen Mechanismen zur Durchsetzung dieser Regeln sind nicht immer ausreichend, um die Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften zu gewährleisten, vor allem dann, wenn Verstösse noch beseitigt werden können .

Die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens für den gemeinschaftsweiten Wettbewerb setzt eine beträchtliche Verstärkung der Garantien im Bereich der Transparenz und der Nichtdiskriminierung voraus; damit diese Öffnung konkret umgesetzt werden kann, müssen für den Fall von Verstössen gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die in Umsetzung dieses Rechtes ergangen sind, Möglichkeiten einer wirksamen und raschen Nachprüfung bestehen .

Der Umstand, daß in einigen Mitgliedstaaten keine wirksamen oder nur unzulängliche Nachprüfungsverfahren beste -

hen, hält die Unternehmen der Gemeinschaft davon ab, sich um Aufträge in dem Staat des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers zu bewerben . Deshalb müssen die betreffenden Mitgliedstaaten Abhilfe schaffen .

Angesichts der Kürze der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge müssen die für die Nachprüfung zuständigen Stellen vor allem befugt sein, vorläufige Maßnahmen zu treffen, um das Vergabeverfahren oder die Durchführung etwaiger Beschlüsse der Vergabebehörde auszusetzen . Die Kürze der Vergabeverfahren macht eine dringliche Behandlung der genannten Verstösse notwendig .

In allen Mitgliedstaaten müssen geeignete Verfahren geschaffen werden, um die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen und die Entschädigung der durch einen Verstoß Geschädigten zu ermöglichen .

Wenn die Unternehmen selbst kein Nachprüfungsverfahren anstrengen, können bestimmte Verstösse nur beseitigt werden, wenn ein eigenes System hierfür geschaffen wird .

Die Kommission muß daher, wenn ihres Erachtens ein klarer und eindeutiger Verstoß in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags begangen wurde, bei der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats und der Vergabebehörde mit dem Ziel tätig werden können, daß ein behaupteter Verstoß umgehend behoben wird .

Die Wirksamkeit der Anwendung dieser Richtlinie sollte vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Beginn ihrer Anwendung anhand von Angaben der Mitgliedstaaten über das Funktionieren der einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren überprüft werden -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN :

Artikel 1

( 1 ) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinien 71/305/EWG und 77/62/EWG fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel, insbesondere von Artikel 2 Absatz 7, auf Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können .

( 2 ) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die in dieser Richtlinie getroffene Unterscheidung zwischen einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts und den übrigen innerstaatlichen Bestimmungen nicht zu Diskriminierungen zwischen Unternehmen führt, die im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einen Schaden geltend machen könnten .

( 3 ) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Liefer - oder Bauauftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw . zu entstehen droht . Die Mitgliedstaaten können insbesondere verlangen, daß derjenige, der ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten beabsichtigt, den öffentlichen Auftraggeber zuvor von dem behaupteten Rechtsverstoß und von der beabsichtigten Nachprüfung unterrichten muß .

Artikel 2

( 1 ) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,

a ) damit so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen oder Maßnahmen der Durchführung jeder sonstigen Entscheidung der öffentlichen Auftraggeber;

b ) damit die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann;

c ) damit denjenigen, die durch den Rechtsverstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann .

( 2 ) Die in Absatz 1 genannten Befugnisse können getrennt mehreren Instanzen übertragen werden, die für das Nachprüfungsverfahren unter verschiedenen Gesichtspunkten zuständig sind .

( 3 ) Die Nachprüfungsverfahren haben als solche nicht notwendigerweise einen automatischen Suspensiveffekt auf die betreffenden Vergabeverfahren .

( 4 ) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die zuständige Instanz bei Prüfung der Frage, ob vorläufige Maßnahmen zu ergreifen sind, deren voraussehbare Folgen für alle möglicherweise geschädigten Interessen sowie das Interesse der Allgemeinheit berücksichtigen kann, und daß sie beschließen kann, diese Maßnahmen nicht zu ergreifen,

wenn deren nachteilige Folgen die damit verbundenen Vorteile überwiegen könnten . Die Ablehnung der vorläufigen Maßnahmen beeinträchtigt nicht die sonstigen Rechte des Antragstellers .

( 5 ) Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, daß bei Schadenersatzansprüchen, die auf die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung gestützt werden, diese zunächst von einer mit den dafür erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Instanz aufgehoben worden sein muß .

( 6 ) Die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 genannten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung des Auftrags geschlossenen Vertrag richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht .

Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadenersatz aufgehoben werden muß, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, daß nach dem Vertragsschluß im Anschluß an die Zuschlagserteilung die Befugnisse der Nachprüfungsinstanz darauf beschränkt werden, einer durch einen Rechtsverstoß geschädigten Person Schadenersatz zuzuerkennen .

( 7 ) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß die Entscheidungen der für Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen wirksam durchgesetzt werden können .

( 8 ) Eine für Nachprüfungsverfahren zuständige Instanz, die kein Gericht ist, muß ihre Entscheidung stets schriftlich begründen . Ferner ist in diesem Falle sicherzustellen, daß eine behauptete rechtswidrige Maßnahme der zuständigen Grundinstanz oder ein behaupteter Verstoß bei der Ausübung der ihr übertragenen Befugnisse zum Gegenstand einer Klage oder einer Nachprüfung bei einer anderen gegenüber den öffentlichen Auftraggebern und der Grundinstanz unabhängigen Instanz, die ein Gericht im Sinne des Artikels 177 des Vertrages ist, gemacht werden können .

Für Ernennung und Ende der Amtszeit der Mitglieder dieser unabhängigen Instanz gelten bezueglich der für ihre Ernennung zuständigen Behörde, der Dauer ihrer Amtszeit und ihrer Absetzbarkeit die gleichen Bedingungen wie für Richter . Zumindest der Vorsitzende dieser unabhängigen Instanz muß die juristischen und beruflichen Qualifikationen eines Richters besitzen . Die unabhängige Instanz erkennt in einem kontradiktorischen Verfahren; ihre Entscheidungen sind in der von den einzelnen Mitgliedstaaten jeweils zu bestimmenden Weise rechtsverbindlich .

Artikel 3

( 1 ) Die Kommission kann das in diesem Artikel vorgesehene Verfahren anwenden, wenn sie vor Abschluß eines Vertrages zu der Auffassung gelangt, daß bei einem Vergabeverfahren im Sinne der Richtlinien 71/305/EWG und 77/62/EWG ein klarer und eindeutiger Verstoß gegen die Gemeinschaftsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen vorliegt .

( 2 ) Die Kommission teilt dem Mitgliedstaat und der Vergabebehörde mit, aus welchen Gründen sie einen klaren und eindeutigen Verstoß als gegeben ansieht und fordert dessen Beseitigung .

( 3 ) Innerhalb von 21 Tagen nach Eingang der in Absatz 2 genannten Mitteilung übermittelt der Mitgliedstaat der Kommission

a ) die Bestätigung, daß der Verstoß beseitigt wurde, oder

b ) eine Begründung dafür, weshalb der Verstoß nicht beseitigt wurde, oder

c ) die Mitteilung, daß das betreffende Vergabeverfahren entweder auf Betreiben des öffentlichen Auftraggebers oder aber in Wahrnehmung der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a ) vorgesehenen Befugnisse ausgesetzt wurde .

( 4 ) Bei einer Begründung nach Absatz 3 Buchstabe b ) kann insbesondere geltend gemacht werden, daß der behauptete Rechtsverstoß bereits Gegenstand eines Gerichsverfahrens oder eines anderen Verfahrens nach Artikel 2 Absatz 8 ist . In diesem Fall unterrichtet der Mitgliedstaat die Kommission alsbald vom Ausgang dieser Verfahren .

( 5 ) Hat ein Mitgliedstaat gemäß Absatz 3 Buchstabe c ) mitgeteilt, daß ein Vergabeverfahren ausgesetzt wurde, so ist die Beendigung der Aussetzung oder die Eröffnung eines neuen Vergabeverfahrens, das sich ganz oder teilweise auf das frühere Vergabeverfahren bezieht, der Kommission bekanntzugeben . In der neuen Mitteilung bestätigt der Mitgliedstaat entweder, daß der behauptete Rechtsverstoß beseitigt wurde, oder er gibt eine Begründung dafür, weshalb der Verstoß nicht beseitigt wurde .

Artikel 4

( 1 ) Vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach Beginn der Anwendung dieser Richtlinie überprüft die

Kommission im Benehmen mit dem Beratenden Ausschuß für das öffentliche Auftragswesen die Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie und schlägt gegebenenfalls entsprechende Änderungen vor .

( 2 ) Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission alljährlich vor dem 1 . März von dem Verlauf der einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren während des vorausgegangenen Jahres . Die Kommission bestimmt im Benehmen mit dem Beratenden Ausschuß für das öffentliche Auftragswesen die Art dieser Informationen .

Artikel 5

Die Mitgliedstaaten treffen vor dem 21 . Dezember 1991 die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie nachzukommen . Sie teilen der Kommission die wichtigsten innerstaatlichen Rechts - und Verwaltungsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen .

Artikel 6

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet .

Geschehen zu Brüssel am 21. Dezember 1989 .

Im Namen des Rates

Der Präsident

E . CRESSON

( 1 ) ABl . Nr . C 230 vom 28 . 8 . 1987, S . 6, und ABl . Nr . C 15 vom 19 . 1 . 1989, S . 8 .

( 2 ) ABl . Nr . C 167 vom 27 . 6 . 1988, S . 77, und ABl . Nr . C 323 vom 27 . 12 . 1989 .

( 3 ) ABl . Nr . C 347 vom 22 . 12 . 1987, S . 23 .

( 4 ) ABl . Nr . L 185 vom 16 . 8 . 1971, S . 5 .

( 5 ) ABl . Nr . L 210 vom 21 . 7 . 1989, S . 1 .

( 6 ) ABl . Nr . L 13 vom 15 . 1 . 1977, S . 1 .

( 7 ) ABl . Nr . L 127 vom 20 . 5 . 1988, S . 1 .

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