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Document C(2021)8838

MITTEILUNG DER KOMMISSION Genehmigung des Inhalts des Entwurfs einer MITTEILUNG DER KOMMISSION Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen

C/2021/8838 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Genehmigung des Inhalts des Entwurfs einer

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen

Die Kommission hat den Entwurf einer Mitteilung – Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen – am 9. Dezember 2021 genehmigt.

Der Entwurf einer Mitteilung – Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen ist dieser Mitteilung als Anhang beigefügt. Er ist Gegenstand einer öffentlichen Konsultation und kann eingesehen werden unter:

http://ec.europa.eu/competition/consultations/open.html .

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ANHANG

MITTEILUNG DER KOMMISSION  
Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen

ENTWURF

1.EINLEITUNG

(1)In diesen Leitlinien sind die Grundsätze für die Beurteilung von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (im Folgenden zusammenfassend als „Vereinbarungen“ bezeichnet), die als Ergebnis von Tarifverhandlungen zwischen Solo-Selbständigen 1 und einem oder mehreren anderen Unternehmen (im Folgenden „Gegenpartei(en)“) 2 geschlossen werden und die Arbeitsbedingungen der Solo-Selbständigen betreffen, im Sinne von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) dargelegt.

(2)Nach Artikel 101 AEUV sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb im Binnenmarkt einschränken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, verboten. Die EU-Wettbewerbsregeln stützen sich auf Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (im Folgenden „EUV“), der vorsieht, dass die Union einen Binnenmarkt errichtet, der ein System umfasst, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt. 3  

(3)Gemäß Artikel 3 Absatz 3 EUV muss die Union außerdem auf „eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt,“ hinwirken. In diesem Sinne erkennt die Union die wichtige Rolle des sozialen Dialogs und von Tarifverhandlungen an und verpflichtet sich gemäß Artikel 152 AEUV, den sozialen Dialog zu fördern und dabei die Autonomie der Sozialpartner zu achten. In Artikel 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wird darüber hinaus das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen anerkannt. Bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene soziale Absicherung sind außerdem wichtige Grundsätze der Europäischen Säule sozialer Rechte: „Die Sozialpartner werden bei der Konzeption und Umsetzung der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik gemäß den nationalen Verfahren angehört. Sie werden darin bestärkt, Kollektivverträge über sie betreffende Fragen auszuhandeln und zu schließen, und zwar unter Wahrung ihrer Autonomie und des Rechts auf Kollektivmaßnahmen.“ 4  

(4)Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof“) hat unter Verweis auf die sozialpolitischen Ziele der EU im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entschieden, dass mit Tarifverträgen zwangsläufig gewisse den Wettbewerb beschränkende Wirkungen verbunden und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen notwendig sind. 5 Die im Rahmen von Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen (einschließlich Bezahlung) geschlossenen Vereinbarungen fallen daher aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands nicht unter Artikel 101 AEUV und sind mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar. 6  

(5)Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass dieser Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des Artikels 101 AEUV auch Tarifverträge umfasst, die zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervereinigungen vereinbart werden, die im Namen und für Rechnung der ihnen angeschlossenen Scheinselbständigen 7 , d. h. Dienstleistungserbringern, die sich in einer vergleichbaren Situation wie die Arbeitnehmer befinden, verhandeln. 8 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof eine Person als scheinselbständig betrachtet, wenn (i) sie nach Weisung ihres Arbeitgebers handelt, insbesondere was ihre Freiheit bei der Wahl von Zeit, Ort und Inhalt ihrer Arbeit angeht, (ii) nicht an den geschäftlichen Risiken dieses Arbeitgebers beteiligt ist und (iii) während der Dauer des Arbeitsverhältnisses in dessen Unternehmen eingegliedert ist. Diese Kriterien gelten unabhängig davon, ob die betreffende Person aus steuerlichen, administrativen oder verwaltungstechnischen Gründen nach innerstaatlichem Recht als selbständig eingestuft wird, und müssen von Fall zu Fall anhand des konkreten Sachverhalts geprüft werden. 9  

(6)Der Arbeitsmarkt hat in den vergangenen Jahren grundlegende Veränderungen erfahren; dazu beigetragen haben sowohl die Tendenz zur Untervergabe und Auslagerung von Geschäftsprozessen und persönlichen Dienstleistungen als auch die Digitalisierung von Produktionsprozessen und der Aufstieg der Online-Plattformwirtschaft. Selbständige Erwerbstätigkeit ist in der EU relativ weitverbreitet und hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, vor allem in der Online-Plattformwirtschaft.

(7)Diese Entwicklungen haben einerseits die Flexibilität und den Zugang zum Arbeitsmarkt erhöht, in manchen Fällen aber auch zu schwierigen Arbeitsbedingungen gerade in der Online-Plattformwirtschaft und darüber hinaus geführt. Auch dann, wenn Selbständige nicht in gleicher Weise wie Arbeitnehmer vollständig in das Unternehmen ihres Geschäftsherrn eingegliedert sind, kann es in bestimmten Fällen sein, dass sie nicht völlig unabhängig von ihrem Geschäftsherrn sind oder nicht über genügend Verhandlungsmacht verfügen, um ihre Arbeitsbedingungen zu beeinflussen. Darüber hinaus hat die COVID-19-Krise die Position vieler Selbständiger weiter geschwächt, da ihr Einkommensverlust durch schwache oder fehlende nationale Sozialversicherungssysteme bzw. unzureichende oder fehlende gezielte Unterstützungsmaßnahmen noch verschärft wurde. 10  

(8)Wenn sich Selbständige insgesamt betrachtet in einer vergleichbaren Situation wie Arbeitnehmer befinden, können sie in Einzelfällen als Scheinselbständige angesehen und von den nationalen Behörden/Gerichten als Arbeitnehmer eingestuft werden. Bestimmte Gruppen können auch durch Rechtsvermutung als Arbeitnehmer angesehen werden. Aber auch in Fällen, in denen Selbständige nicht als Arbeitnehmer eingestuft worden sind, kann es ihnen über den Zugang zu Tarifverhandlungen möglich sein, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.

(9)Das Verbot des Artikels 101 AEUV gilt für „Unternehmen“, was ein sehr weit gefasster Begriff ist, der jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung, umfasst. 11 Folglich sind echte Selbständige, auch wenn es sich um selbständig tätige Einzelpersonen handelt, grundsätzlich Unternehmen im Sinne des Artikels 101 AEUV, da sie ihre Dienstleistungen gegen Entgelt auf einem bestimmten Markt anbieten und ihre Tätigkeit als unabhängige Wirtschaftsteilnehmer ausüben. 12 Ein Dienstleistungserbringer kann seine Eigenschaft als Unternehmen nicht nur dann verlieren, wenn in der Praxis ein Unterordnungsverhältnis besteht, sondern auch in Fällen der wirtschaftlichen Abhängigkeit, wobei die spezifischen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen sind. 13 Die derzeitigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere die Zunahme der Online-Plattformwirtschaft verstärken die Unsicherheit bei der Bewertung der Umstände, unter denen Tarifverträge, die durch oder im Namen von Selbständigen geschlossen werden, als nicht unter Artikel 101 AEUV fallend eingestuft werden können.

(10)Vor diesem Hintergrund wird in diesen Leitlinien klargestellt, dass i) bestimmte Kategorien von Tarifverträgen nicht unter Artikel 101 AEUV fallen und ii) die Kommission nicht gegen bestimmte andere Kategorien von Tarifverträgen vorgehen wird.

(11)In diesen Leitlinien wird erläutert, wie die Kommission das EU-Wettbewerbsrecht, unbeschadet der Anwendung anderer Regeln oder Grundsätze des EU-Rechts, anwenden wird. Diese Leitlinien berühren weder die Vorrechte der Mitgliedstaaten im Bereich der Sozialpolitik noch die Autonomie der Sozialpartner. Sie lassen auch die Definitionen der Begriffe „Arbeitnehmer“ oder „Selbständige“ nach innerstaatlichem Recht unberührt. 14 Sie berühren nicht die Befugnisse der Mitgliedstaaten oder der Sozialpartner hinsichtlich der Organisation von Tarifverhandlungen im Rahmen des Arbeitsrechts oder die Möglichkeit der Vertragsparteien, eine Neueinstufung ihres Beschäftigungsstatus nach EU- oder innerstaatlichem Recht zu beantragen (oder der zuständigen Behörden/Gerichte, solche Fälle zu prüfen).

(12)Diese Leitlinien berühren auch nicht die weitere Auslegung des Artikels 101 AEUV durch den Gerichtshof im Zusammenhang mit Tarifverträgen. Sie lassen die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts nach Artikel 42 AEUV und die einschlägigen EU-Rechtsvorschriften 15 im Zusammenhang mit den Sektoren Landwirtschaft und Fischerei unberührt. Sie gelten ferner unbeschadet der Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 AEUV, wonach die Ausnahmeregelung von Artikel 101 Absatz 1 AEUV für Vereinbarungen gilt, die (i) zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, (ii) zu einer angemessenen Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn führen, (iii) nur Wettbewerbseinschränkungen enthalten, die unerlässlich sind, und (iv) den Parteien nicht die Möglichkeit eröffnen, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren oder Dienstleistungen den Wettbewerb auszuschalten. 16  

(13)Um Zweifel auszuschließen, sind von Selbständigen geschlossene Tarifverträge, die nicht unter diese Leitlinien fallen, nicht automatisch mit Artikel 101 AEUV unvereinbar, sondern erfordern eine Einzelfallprüfung.

2.ALLGEMEINER GELTUNGSBEREICH DIESER LEITLINIEN

a)Von diesen Leitlinien erfasste Arten von Vereinbarungen

(14)Diese Leitlinien gelten für alle Vereinbarungen, die kollektiv zwischen bestimmten Kategorien von Solo-Selbständigen einerseits und ihrer Gegenpartei oder ihren Gegenparteien andererseits ausgehandelt und/oder geschlossen werden (im Folgenden als „Tarifverträge“ bezeichnet), soweit diese aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands die Arbeitsbedingungen dieser Solo-Selbständigen betreffen.

(15)Unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, was Umfang und Formen der Kollektivvertretung für Selbständige betrifft, gelten diese Leitlinien für alle Formen von Kollektivverhandlungen, von Verhandlungen durch Sozialpartner oder andere Vereinigungen bis hin zu Direktverhandlungen durch eine Gruppe von Solo-Selbständigen mit ihren Gegenparteien oder mit Vereinigungen dieser Gegenparteien. Sie umfassen auch Fälle, in denen Solo-Selbständige in einen bestehenden Tarifvertrag, der zwischen der Gegenpartei, für die sie arbeiten, und einer Gruppe von Arbeitnehmern/Solo-Selbständigen geschlossen wurde, aufgenommen werden wollen.

(16)Die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen umfassen Angelegenheiten wie Vergütung, Arbeitszeit und Arbeitsformen, Urlaub, Räumlichkeiten, in denen die Arbeit stattfindet, Gesundheit und Sicherheit, Versicherung und Sozialleistungen und Bedingungen, unter denen der Solo-Selbständige berechtigt ist, die Erbringung von Dienstleistungen zu beenden, zum Beispiel als Reaktion auf Verstöße gegen die Vereinbarung über Arbeitsbedingungen. Vereinbarungen, durch die Solo-Selbständige kollektiv entscheiden, für bestimmte Gegenparteien keine Dienstleistungen zu erbringen, zum Beispiel, weil die Gegenpartei keine Vereinbarung über Arbeitsbedingungen eingehen will, erfordern jedoch eine individuelle Prüfung. Solche Vereinbarungen schränken das Angebot auf dem Arbeitsmarkt ein und können daher wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwerfen. Soweit nachgewiesen werden kann, dass eine solche abgestimmte Weigerung der Bereitstellung von Arbeitskraft für die Verhandlung oder den Abschluss des Tarifvertrags notwendig und verhältnismäßig ist, wird sie für die Zwecke dieser Leitlinien genauso behandelt wie der Tarifvertrag, mit dem sie im Zusammenhang steht (oder im Fall von fehlgeschlagenen Verhandlungen gestanden hätte).

(17)Der Abschluss von Tarifverträgen setzt ein gewisses Maß an Abstimmung zwischen mehreren Parteien auf jeder Verhandlungsseite vor dem Abschluss des Tarifvertrags voraus. Diese Abstimmung kann in Form einer Vereinbarung oder eines Informationsaustauschs oder der Kommunikation zwischen den Parteien auf jeder Verhandlungsseite erfolgen, um über eine gemeinsame Vorgehensweise in der Sache und über die Form der Verhandlung (z. B. multilateral oder durch Benennung von Vertretern) zu entscheiden. Auch hier gilt, dass diese Abstimmung, soweit sie für die Verhandlung oder den Abschluss des Tarifvertrags notwendig und verhältnismäßig ist, für die Zwecke dieser Leitlinien genauso behandelt wird wie der Tarifvertrag, mit dem sie im Zusammenhang steht.

(18)Diese Leitlinien beziehen sich nicht auf Beschlüsse von Vereinigungen oder auf Vereinbarungen zwischen Solo-Selbständigen außerhalb von Verhandlungen (oder Vorbereitungen von Verhandlungen) mit einer Gegenpartei zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Selbständigen. Insbesondere beziehen sie sich nicht auf Vereinbarungen, die über die Regelung von Arbeitsbedingungen hinausgehen und die Bedingungen (insbesondere die Preise) festlegen, zu denen die Dienstleistungen von den Solo-Selbständigen oder von der Gegenpartei den Verbrauchern angeboten werden, 17 oder die die Freiheit der Arbeitgeber, diejenigen Arbeitskräfte zu beschäftigen, die sie benötigen, einschränken.

Beispiel 1

Situationsbestimmung: Solo-selbständige Kuriere erbringen ihre Dienstleistungen für drei Lieferplattformen in der Stadt B. Es besteht ein Tarifvertrag zwischen den Lieferplattformen und den Kurieren, in dem die Vergütungen, die die Plattformen an die Kuriere für deren Dienstleistungen zahlen müssen, sowie die Mindestanforderungen an Gesundheitsschutz und Sicherheit festgelegt sind, die von den Plattformen gegenüber den Kurieren einzuhalten sind. Im Tarifvertrag ist festgelegt, dass die Kuriere ihre Dienste auf ein bestimmtes Gebiet der Stadt begrenzen. Zu diesem Zweck wird die Stadt im Tarifvertrag in drei separate Gebiete unterteilt, ein Gebiet für die Kuriere jeder Plattform. Separat davon treffen die solo-selbständigen Kuriere in der Stadt B untereinander die Vereinbarung, nicht mehr als zwanzig Lieferungen während vier Stunden innerhalb eines Arbeitstags durchzuführen.

Analyse: Das Beispiel enthält zwei Vereinbarungen zwischen Unternehmen im Sinne des Artikels 101 AEUV: (i) den Tarifvertrag zwischen den Plattformen und den solo-selbständigen Kurieren und (ii) die separate Vereinbarung zwischen den solo-selbständigen Kurieren über die maximale Zahl an Auslieferungen. Der Tarifvertrag fällt unter diese Leitlinien, da er das Ergebnis von Tarifverhandlungen ist und die Arbeitsbedingungen (Vergütungen, Gesundheit und Sicherheit) regelt, unter denen die solo-selbständigen Kuriere ihre Dienstleistungen für die Plattformen erbringen. Der Teil des Tarifvertrags, der das Gebiet der Stadt zwischen den drei Plattformen aufteilt, bezieht sich jedoch nicht auf die Arbeitsbedingungen, sondern stellt eine Marktaufteilungsvereinbarung dar, die eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 101 AEUV darstellen dürfte. 18   

Die separate Vereinbarung zwischen den solo-selbständigen Kurieren zur Zahl der Auslieferungen je Arbeitstag ist hingegen nicht das Ergebnis von Tarifverhandlungen zwischen den Solo-Selbständigen und ihren Gegenparteien und wird deshalb nicht von diesen Leitlinien erfasst, sondern muss separat geprüft werden.

Beispiel 2

Situationsbestimmung: Die Sportvereine im Mitgliedstaat X vereinbaren untereinander, keine Athleten eines anderen Sportvereins während der Laufzeit ihrer Verträge mit dem jeweiligen Sportverein abzuwerben. Die Vereine stimmen sich auch ab, was die Vergütungsstufen der Athleten im Alter über 35 Jahre betrifft.

Analyse: Die Vereinbarungen zwischen den Sportvereinen stellen Vereinbarungen zwischen Unternehmen im Sinne des Artikels 101 AEUV dar. Solche Vereinbarungen werden in diesen Leitlinien nicht erfasst, da sie nicht zwischen Solo-Selbständigen und deren Gegenparteien ausgehandelt werden und somit keine Tarifverträge darstellen. Die erste Vereinbarung dürfte eine bezweckte Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV darstellen, da sie den Wettbewerb zwischen den Sportvereinen um die besten Athleten am Markt einschränkt. Die zweite Vereinbarung (Festsetzung des Lohns) dürfte ebenfalls eine bezweckte Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV darstellen, da es sich im Wesentlichen um eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern (den Vereinen) zur Reduzierung ihrer Inputkosten handelt.

Insgesamt zeigt das vorliegende Beispiel Arbeitsmarktpraktiken von Unternehmen auf, die eindeutig nicht unter diese Leitlinien fallen und vermutlich gegen Artikel 101 AEUV verstoßen. Insbesondere die im Beispiel genannten Vereinbarungen zwischen Sportvereinen dürften gegen Artikel 101 AEUV verstoßen, und zwar unabhängig davon, ob sie sich auf Selbständige oder auf Arbeitnehmer beziehen.

b)Von diesen Leitlinien erfasste Personen

(19)Diese Leitlinien beziehen sich auf Tarifverträge im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen (siehe Abschnitte III und IV dieser Leitlinien). Für die Zwecke dieser Leitlinien bezeichnet der Ausdruck „Solo-Selbständige“ Personen, die über keinen Arbeitsvertrag verfügen oder die in keinem Arbeitsverhältnis stehen und die zur Erbringung der betreffenden Dienstleistungen in erster Linie auf die eigene Arbeitskraft angewiesen sind. Solo-Selbständige können bestimmte Waren oder Vermögenswerte zur Erbringung ihrer Dienstleistungen einsetzen. Zum Beispiel verwendet eine Reinigungskraft Reinigungszubehör und ein Musiker spielt ein Musikinstrument. In diesen Fällen werden die Waren als Hilfsmittel verwendet, um die eigentliche Dienstleistung zu erbringen, und die Solo-Selbständigen würden daher als auf ihre eigene Arbeitskraft angewiesene Personen gelten. Umgekehrt gelten diese Leitlinien nicht für Situationen, in denen die wirtschaftliche Tätigkeit des Solo-Selbständigen nur darin besteht, Waren oder Vermögenswerte zu teilen oder zu verwerten oder Waren bzw. Dienstleistungen weiterzuverkaufen. Wenn ein Solo-Selbständiger zum Beispiel Unterkünfte vermietet oder Autoteile verkauft, so beziehen sich diese Tätigkeiten auf die wirtschaftliche Verwertung von Vermögenswerten und den Weiterverkauf von Waren und nicht auf die Bereitstellung der eigenen Arbeitskraft.

(20)In Abschnitt III dieser Leitlinien sind die Kategorien von Tarifverträgen unter Beteiligung von Solo-Selbständigen dargelegt, die nach Ansicht der Kommission nicht unter Artikel 101 AEUV fallen, und in Abschnitt IV werden die Kategorien von Tarifverträgen erläutert, gegen welche die Kommission nicht vorgehen wird. Die in den Abschnitten III und IV dieser Leitlinien genannten Kategorien von Solo-Selbständigen und/oder Tarifverträgen müssen den allgemeinen Grundsätzen in diesem Abschnitt II, die den Anwendungsbereich dieser Leitlinien abgrenzen, uneingeschränkt entsprechen.

3.VON MIT ARBEITNEHMERN VERGLEICHBAREN SOLO-SELBSTÄNDIGEN GESCHLOSSENE TARIVVERTRÄGE, DIE NICHT UNTER ARTIKEL 101 AEUV FALLEN

(21)In Fällen, in denen die Situation von Solo-Selbständigen als vergleichbar mit derjenigen von Arbeitnehmern angesehen wird, sind Tarifverträge als vom Anwendungsbereich des Artikels 101 AEUV ausgenommen zu betrachten, und dies unabhängig davon, ob die Solo-Selbständigen die Kriterien für die Qualifikation als Scheinselbständige erfüllen oder nicht (siehe Randnummer 5 dieser Leitlinien). 19

(22)Der Gerichtshof hat entschieden, dass eine tarifvertragliche Bestimmung als Ergebnis eines Dialogs zwischen den Sozialpartnern angesehen werden kann, wenn sich die Dienstleistungserbringer in einer vergleichbaren Situation wie die Arbeitnehmer befinden, 20 und er hat bestätigt, dass es in der heutigen Wirtschaft nicht immer leicht ist, zu bestimmen, ob bestimmte Leistungserbringer „Unternehmensstatus“ haben. 21 Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass „ein Dienstleistungserbringer seine Eigenschaft als unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer und damit als Unternehmen verliert, wenn er sein Verhalten auf dem Markt nicht selbständig bestimmt, sondern vollkommen abhängig von seinem Auftraggeber ist, weil er keines der finanziellen und wirtschaftlichen Risiken aus dessen Geschäftstätigkeit trägt und als Hilfsorgan in sein Unternehmen eingegliedert ist“. 22  

(23)Auf der Grundlage dieser Kriterien und unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf dem EU-Arbeitsmarkt und auf nationaler Ebene (in Bezug auf Gesetzgebung und Rechtsprechung) ist die Kommission für die Zwecke dieser Leitlinien der Ansicht, dass sich die folgenden Kategorien von Solo-Selbständigen in einer vergleichbaren Situation wie die Arbeitnehmer befinden und daher Tarifverträge, die von diesen geschlossen werden, nicht unter Artikel 101 AEUV fallen: 23

a)Wirtschaftlich abhängige Solo-Selbständige

(24)Solo-Selbständige, die ihre Dienstleistungen ausschließlich oder vorwiegend für eine einzige Gegenpartei erbringen, dürften sich in einer Situation der wirtschaftlichen Abhängigkeit von dieser Gegenpartei befinden. Im Allgemeinen bestimmen diese Solo-Selbständigen ihr Verhalten auf dem Markt nicht eigenständig, sondern sind weitgehend von ihrer Gegenpartei abhängig und in deren Unternehmen eingegliedert. Darüber hinaus ist es wahrscheinlicher, dass sie Weisungen erhalten, wie sie ihre Arbeit auszuführen haben. Das Problem von wirtschaftlich abhängigen Selbständigen wurde in mehreren innerstaatlichen Gesetzen aufgegriffen, in denen diesen Solo-Selbständigen das Recht auf Tarifverhandlungen gewährt wird, sofern sie die in den betreffenden innerstaatlichen Maßnahmen vorgesehenen Kriterien erfüllen. 24  

(25)Nach Ansicht der Kommission befindet sich ein Solo-Selbständiger in einer Situation wirtschaftlicher Abhängigkeit, wenn er mindestens 50 % seines gesamten jährlichen Arbeitseinkommens von einer einzigen Gegenpartei bezieht. Folglich fallen Tarifverträge, die die Verbesserung der Arbeitsbedingungen betreffen und zwischen Solo-Selbständigen, die sich in einer Situation wirtschaftlicher Abhängigkeit befinden, und ihrer Gegenpartei, von der sie wirtschaftlich abhängig sind, geschlossen werden, nicht unter Artikel 101 AEUV, selbst dann nicht, wenn die betreffenden Selbständigen von den nationalen Behörden/Gerichten als Arbeitnehmer eingestuft worden sind.

Beispiel 3

Situationsbestimmung: Unternehmen X ist eine Architektenfirma, die eine große Zahl von (selbständig tätigen) Architekten beauftragt, um ihre Projekte fertigzustellen. Diese Architekten verdienen 90 % ihres Einkommens von Unternehmen X. Sie verhandeln kollektiv mit Unternehmen X und schließen mit diesem eine Vereinbarung, die eine Höchstzahl von 45 Arbeitsstunden pro Woche, 26 Kalendertage Urlaub im Jahr und im Einzelnen angegebene Vergütungssätze je nach Erfahrungsgrad der Architekten vorsieht. 

Analyse: Selbständig tätige Architekten werden ebenso wie andere unabhängige Vertragsnehmer generell als Unternehmen im Sinne des Artikels 101 AEUV betrachtet und die Bestimmung ist daher auf die Vereinbarungen, die zwischen ihnen geschlossen werden, anwendbar. Die zwischen den selbständig tätigen Architekten und Unternehmen X geschlossene Vereinbarung würde jedoch nicht unter Artikel 101 AEUV fallen, da es sich um einen Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen zwischen Unternehmen X und Einzelpersonen handelt, deren Situation als mit derjenigen von Arbeitnehmern vergleichbar angesehen werden kann (unter dem Gesichtspunkt ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit). In diesem Beispiel sind die Architekten von ihrer Gegenpartei (Unternehmen X) wirtschaftlich abhängig, da sie 90 % ihres Einkommens von diesem Unternehmen beziehen. Sie können deshalb als in das Unternehmen X eingegliedert angesehen werden.

b)Solo-Selbständige, die „Seite an Seite“ mit Arbeitnehmern arbeiten

(26)Solo-Selbständige, die dieselben oder ähnliche Aufgaben „Seite an Seite“ mit Arbeitnehmern für dieselbe Gegenpartei erledigen, befinden sich in einer vergleichbaren Situation wie die Arbeitnehmer, da sie ihre Dienstleistungen nach Weisung ihrer Gegenpartei erbringen und keine geschäftlichen Risiken im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Gegenpartei tragen bzw. bei der Erbringung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit nicht unabhängig sind. Die Entscheidung, ob das Vertragsverhältnis von Selbständigen, die Seite an Seite mit Arbeitnehmern arbeiten, als Arbeitsverhältnis einzustufen ist, liegt bei den zuständigen nationalen Behörden/Gerichten. Jedoch können Solo-Selbständige auch in Fällen, in denen sie nicht als Arbeitnehmer eingestuft worden sind, Nutzen aus Tarifverhandlungen ziehen. Diese Realität wurde in mehreren Mitgliedstaaten in der Praxis anerkannt, wo Tarifverträge sowohl für Arbeitnehmer als auch Selbständige gelten, die in denselben Sektoren tätig sind. 25

(27)Tarifverträge über Arbeitsbedingungen zwischen einer Gegenpartei und Solo-Selbständigen, die dieselben oder ähnliche Aufgaben „Seite an Seite“ mit Arbeitnehmern für dieselbe Gegenpartei erledigen, fallen daher nicht unter Artikel 101 AEUV, selbst dann nicht, wenn die betreffenden Selbständigen von den nationalen Behörden/Gerichten nicht als Arbeitnehmer eingestuft worden sind. Dasselbe gilt für Tarifverträge, die sich im Einklang mit Systemen des sozialen Dialogs sowohl auf Arbeitnehmer als auch Solo-Selbständige beziehen.

Beispiel 4

Situationsbestimmung: Unternehmen X organisiert Orchesterkonzerte und andere Veranstaltungen klassischer Musik. Für Unternehmen X arbeiten mehrere Musiker, entweder als Arbeitnehmer oder als Selbständige, auf der Grundlage von Jahresverträgen. Die Musiker erhalten unabhängig von ihrem Status vom Kulturdirektor des Unternehmens X Weisungen hinsichtlich der Stücke, die sie spielen müssen, des Zeitpunkts und Orts der Proben und der Veranstaltungen, an denen sie mitwirken müssen. Unternehmen X hat einen Tarifvertrag mit allen Musikern geschlossen. Darin sind eine Obergrenze von 45 Arbeitsstunden pro Woche und ein Tag Sonderurlaub nach Aufführung von drei Konzerten innerhalb derselben Woche vorgesehen.

Analyse: Die solo-selbständigen Musiker befinden sich in einer Situation, die mit derjenigen der Arbeitnehmer des Unternehmens X hinsichtlich des Unterordnungsverhältnisses und der Ähnlichkeit der Aufgaben vergleichbar ist. Sie übernehmen dieselben Aufgaben wie die angestellten Musiker (d. h. sie spielen Musik für Aufführungen), sie unterliegen denselben Weisungen des Unternehmens X hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeitpunkt der Aufführungen und sie werden für einen ähnlichen Zeitraum engagiert wie die angestellten Musiker. In Anbetracht dieser Umstände fällt der Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen der Musiker regelt, nicht unter Artikel 101 AEUV.

c)Solo-Selbständige, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten

(28)Das Entstehen der Online-Plattformwirtschaft und die Bereitstellung von Arbeit über digitale Arbeitsplattformen haben eine neue Realität für bestimmte Solo-Selbständige geschaffen, die sich gegenüber den digitalen Arbeitsplattformen, über die oder für die sie ihre Arbeit erbringen, in einer Situation befinden, die mit derjenigen von Arbeitnehmern vergleichbar ist. Solo-Selbständige können von digitalen Plattformen abhängig sein, insbesondere hinsichtlich der Kundenreichweite, und haben bei Arbeitsangeboten oft nur die Wahl „Alles oder nichts“ und wenig oder überhaupt keinen Spielraum, um über ihre Arbeitsbedingungen, einschließlich ihrer Vergütung, zu verhandeln. Digitale Arbeitsplattformen können in der Regel die Bedingungen des Vertragsverhältnisses einseitig vorgeben, ohne dass die Solo-Selbständigen vorab informiert oder konsultiert werden. 

(29)Aus den neueren Entwicklungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung auf innerstaatlicher Ebene ergeben sich weitere Hinweise für die Vergleichbarkeit dieser Selbständigen mit Arbeitnehmern. In Fällen, in denen nationale Gerichte über die korrekte Einstufung zu entscheiden haben, wird zunehmend anerkannt, dass bei bestimmten Arten von Plattformen ein Abhängigkeitsverhältnis der Dienstleistungserbringer oder sogar ein Arbeitsverhältnis vorliegt. 26  Im gleichen Sinne haben manche Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften erlassen, 27 in denen eine Vermutung für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses festgelegt oder ein Recht auf Kollektivverhandlungen für Dienstleistungserbringer, die für oder über digitale Plattformen tätig sind, eingeführt wird. 

(30)In diesen Leitlinien bezeichnet der Ausdruck „digitale Arbeitsplattform“ eine natürliche oder juristische Person, die eine kommerzielle Dienstleistung erbringt, welche alle nachstehend genannten Anforderungen erfüllt: (i) sie wird – zumindest teilweise – aus der Ferne über elektronische Mittel wie zum Beispiel eine Website oder eine mobile App erbracht, (ii) sie wird auf Anforderung eines Empfängers der Dienstleistung erbracht, und (iii) sie umfasst als notwendigen und wesentlichen Bestandteil die Organisation der Arbeit, die von Einzelpersonen ausgeführt wird, unabhängig davon, ob diese Arbeit online oder an einem bestimmten Ort erledigt wird. Plattformen, die nicht die Arbeit von Einzelpersonen organisieren, sondern nur ein Mittel bereitstellen, über das die Solo-Selbständigen die Endnutzer erreichen können, stellen keine digitalen Arbeitsplattformen dar. Eine Plattform, die zum Beispiel nur die in einem bestimmten Gebiet verfügbaren Dienstleistungserbringer (z. B. Klempner) zusammenstellt und anzeigt und den Kunden dadurch ermöglicht, auf Anforderung deren Dienste in Anspruch zu nehmen, wird nicht als digitale Arbeitsplattform betrachtet, da die Plattform nicht die Organisation der Arbeit der Dienstleistungserbringer übernimmt.

(31)In Anbetracht dieser Erwägungen fallen Tarifverträge zwischen Solo-Selbständigen und digitalen Arbeitsplattformen, die aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zielen, nicht unter Artikel 101 AEUV, und zwar auch dann nicht, wenn die Selbständigen von den nationalen Behörden/Gerichten nicht als Arbeitnehmer eingestuft worden sind.



Beispiel 5

Situationsbestimmung: Eine Gruppe von Fahrern, die für Fahrdienstplattformen arbeiten, nimmt Verhandlungen mit der regionalen Vereinigung auf, der die Fahrdienstplattformen als Mitglieder angehören, um einen Tarifvertrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer abzuschließen. Bevor die Fahrdienstplattformen (Mitglieder des Verbands) die Verhandlungen mit den Fahrern aufnehmen, stimmen sie ihre Verhandlungsstrategie ab. Letztlich scheitern die Verhandlungen, und es wird kein Tarifvertrag geschlossen. Daraufhin trifft die Vereinigung der Fahrdienstplattformen einen Beschluss, durch den ein Mindestpreis von 5 EUR pro Fahrt für Verbraucher festgelegt wird. Die Plattformen hatten die Möglichkeit, einen Mindestpreis pro Fahrt festzulegen, bereits im Rahmen ihrer Strategieabstimmung erörtert, bevor sie die Verhandlungen mit den Fahrern aufnahmen.

Analyse: Die Fahrdienstplattformen versuchen über ihre Vereinigung, einen Tarifvertrag mit den Fahrern auszuhandeln, der die Arbeitsbedingungen der Fahrer verbessern soll. Obwohl letztlich keine Vereinbarung geschlossen wird, würden die Verhandlungen zwischen den solo-selbständigen Fahrern und der Vereinigung der Plattformen nicht unter Artikel 101 AEUV fallen. Dasselbe gilt für die Abstimmung zwischen den Plattformen im Vorfeld der Verhandlungen mit den Fahrern, sofern diese Abstimmung für die Aushandlung eines Tarifvertrags im Sinne dieser Leitlinien notwendig und verhältnismäßig ist.

Dagegen beziehen sich die Gespräche zwischen den Plattformen über den Mindestpreis, der den Verbrauchern pro Fahrt berechnet wird, nicht auf die Arbeitsbedingungen. Diese Abstimmung über Preise zwischen Wettbewerbern dürfte eine bezweckte Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV darstellen. In jedem Fall würde der von den Fahrdienstplattformen gefasste Beschluss nicht unter diese Leitlinien fallen, da er nicht das Ergebnis von Kollektivverhandlungen zwischen Solo-Selbständigen und ihren Gegenparteien ist. Er ist vielmehr das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den Mitgliedern der Vereinigung, d. h. den Plattformen (Gegenparteien).

Hätten sich dagegen die solo-selbständigen Fahrer und die Vereinigung der Plattformen kollektiv auf einen Mindesttarif von 5 EUR pro Fahrt für die Fahrer geeinigt (unabhängig davon, welcher Preis den Verbrauchern berechnet wird), wäre diese Vereinbarung als eine Vereinbarung über Arbeitsbedingungen anzusehen und würde somit nicht unter Artikel 101 AEUV fallen.

4.DURCHSETZUNGSPRIORITÄTEN DER KOMMISSION

(32)In manchen Fällen können Solo-Selbständige, auch wenn sie sich nicht in einer vergleichbaren Situation wie Arbeitnehmer befinden, dennoch eine schwache Verhandlungsposition gegenüber ihren Gegenparteien haben und deshalb nicht in der Lage sein, ihre Arbeitsbedingungen wesentlich zu beeinflussen. Deshalb können Solo-Selbständige auch dann, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass ihre Tarifverträge vom Anwendungsbereich des Artikels 101 AEUV ausgenommen sind, tatsächlich mit vergleichbaren Problemen wie die Solo-Selbständigen in den oben beschriebenen Kategorien konfrontiert sein. Aus diesem Grund wird die Kommission nicht gegen Tarifverträge vorgehen, soweit diese darauf abzielen, eine eindeutig ungleiche Verhandlungsstellung der Solo-Selbständigen gegenüber den Gegenparteien zu korrigieren, und aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands dem Zweck dienen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

(33)Bei den folgenden Kategorien von Tarifverträgen wird davon ausgegangen, dass sie die obigen Kriterien erfüllen:

a)Tarifverträge, die von Solo-Selbständigen mit Gegenparteien geschlossen werden, die über eine gewisse Wirtschaftskraft verfügen

(34)Solo-Selbständige, die mit Gegenparteien verhandeln, die eine gewisse Wirtschaftskraft und somit auch Nachfragekraft haben, verfügen möglicherweise nicht über eine ausreichende Verhandlungsmacht, um ihre Arbeitsbedingungen zu beeinflussen. In diesem Fall können Tarifverträge ein zulässiges Mittel sein, um die Ungleichheit der Verhandlungsmacht zwischen den beiden Seiten zu korrigieren. 

(35)Demgemäß wird die Kommission in Fällen, in denen eine eindeutig ungleiche Verhandlungsstellung vorliegt, nicht gegen Tarifverträge zwischen Solo-Selbständigen und deren Gegenparteien vorgehen. 28  Vom Bestehen einer ungleichen Verhandlungsstellung wird ausgegangen, wenn mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

·Solo-Selbständige verhandeln oder schließen Tarifverträge mit einer oder mehreren Gegenparteien, die den gesamten Sektor bzw. die gesamte Branche vertreten; und

·Solo-Selbständige verhandeln oder schließen Tarifverträge mit einer Gegenpartei, deren Gesamtjahresumsatz 2 Mio. EUR übersteigt oder deren Mitarbeiterzahl mindestens 10 Personen beträgt, oder mit mehreren Gegenparteien, die gemeinsam einen dieser Schwellenwerte überschreiten. 29



Beispiel 6

Situationsbestimmung: Die Unternehmen X, Y und Z erbringen Wartungs- und Instandsetzungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge. Der Gesamtumsatz des Unternehmens X beträgt 700 000 EUR, des Unternehmens Y 1 Mio. EUR und des Unternehmens Z 500 000 EUR. Die solo-selbständigen Mechaniker, die für diese Unternehmen als unabhängige Dienstleistungserbringer arbeiten, sind mit ihrer niedrigen Bezahlung und den schlechten Sicherheitsbedingungen unzufrieden und beschließen, mit den Unternehmen X, Y und Z gemeinsam Verhandlungen aufzunehmen, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die drei Unternehmen verweigern die Aufnahme von Verhandlungen unter Hinweis darauf, Tarifverträge mit den solo-selbständigen Mechanikern würden gegen Artikel 101 AEUV verstoßen.

Analyse: Sowohl die solo-selbständigen Mechaniker als auch die drei Kfz-Dienstleistungsunternehmen sind Unternehmen im Sinne des Artikels 101 AEUV. Die Vermutung einer ungleichen Verhandlungsstellung würde nicht greifen, wenn die Unternehmen X, Y oder Z unabhängig voneinander verhandeln würden, da keines von ihnen den in Randnummer 35 dieser Leitlinien genannten Schwellenwert von 2 Mio. EUR erreicht. In diesem Fall greift die Vermutung jedoch, da die drei Unternehmen kollektiv verhandeln und daher ihr Gesamtumsatz zugrunde gelegt wird. Die Kommission würde daher nicht gegen Tarifverträge vorgehen, die sich wie in diesem Fall auf die Arbeitsbedingungen der Solo-Selbständigen beziehen.

b)Tarifverträge, die von Selbständigen auf der Grundlage von einzelstaatlichen oder EU-Rechtsvorschriften geschlossen werden

(36)In einigen Fällen hat der nationale Gesetzgeber zur Verfolgung von sozialen Zielen Maßnahmen ergriffen, um dem Ungleichgewicht an Verhandlungsmacht von bestimmten Kategorien von Solo-Selbständigen entgegenzuwirken, und entweder (i) diesen Personen ausdrücklich das Recht auf Kollektivverhandlungen gewährt oder (ii) Tarifverträge, die von Selbständigen in bestimmten Berufen geschlossen werden, aus dem Anwendungsbereich des nationalen Wettbewerbsrechts ausgenommen. Wenn daher solche innerstaatlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung von sozialen Zielen ergriffen werden, wird die Kommission nicht gegen Tarifverträge mit Beteiligung von Kategorien von Solo-Selbständigen, auf die diese innerstaatlichen Rechtsvorschriften anwendbar sind, vorgehen.



Beispiel 7

Situationsbestimmung: Nach dem innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats A sind Vereinbarungen, die von bestimmten im kulturellen Sektor tätigen Selbständigen geschlossen werden, vom innerstaatlichen Wettbewerbsrecht ausgenommen.

Analyse: Mitgliedstaat A hat zur Verfolgung von sozialen Zielen eine sektorale Ausnahmeregelung vom nationalen Wettbewerbsrecht eingeführt. Auch wenn der Anwendungsbereich dieser Maßnahme über die in Abschnitt III dieser Leitlinien beschriebenen Situationen von Solo-Selbständigen hinausgehen sollte, wird die Kommission nicht gegen Tarifverträge vorgehen, die von Solo-Selbständigen auf der Grundlage dieser innerstaatlichen Maßnahmen geschlossen werden.

Beispiel 8

Situationsbestimmung: Im Arbeitsrecht des Mitgliedstaats B ist für solo-selbständige Journalisten ein Recht auf Kollektivverhandlungen mit den Unternehmen, für die sie ihre Dienstleistungen erbringen, vorgesehen.

Analyse: Mitgliedstaat B hat das Recht auf Kollektivverhandlungen ausdrücklich einer bestimmten Kategorie von Selbständigen, nämlich Journalisten, eingeräumt. Dies bedeutet, dass Tarifverträge, die zwischen Journalisten und den Unternehmen, für die sie ihre Dienstleistungen erbringen, geschlossen werden, nach nationalem Wettbewerbsrecht nicht als wettbewerbswidrig angesehen werden. Die Kommission würde daher in diesem Fall nicht gegen Tarifverträge vorgehen, die von solo-selbständigen Journalisten geschlossen werden.

(37)Im gleichen Sinne ist in der Urheberrechtsrichtlinie 30 der Grundsatz niedergelegt, dass Urheber und ausübende Künstler 31 Anspruch auf eine angemessene und verhältnismäßige Vergütung haben, wenn sie ihre ausschließlichen Rechte zur Verwertung ihrer Werke oder anderer Gegenstände, die durch das Urheberrecht oder verwandte Rechte geschützt sind, lizenzieren oder übertragen. 32 Urheber und ausübende Künstler befinden sich tendenziell in einer schwächeren Vertragsposition als ihre Gegenparteien, 33 und die Richtlinie sieht die Möglichkeit vor, ihre Vertragsposition zu stärken, um eine gerechte Vergütung in ihren Verwertungsverträgen sicherzustellen. 34 Die Urheberrechtsrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten Flexibilität bei der Umsetzung dieses Grundsatzes ein und lässt verschiedene Mechanismen zu (einschließlich Tarifverhandlungen), solange diese mit EU-Recht vereinbar sind. 35  

(38)Im Einklang mit diesen Bestimmungen und unbeschadet anderer Bestimmungen der Urheberrechtsrichtlinie wird die Kommission nicht gegen Tarifverträge vorgehen, die gemäß dieser Richtlinie von solo-selbständigen Urhebern und ausübenden Künstlern geschlossen werden.

(39)Randnummer 38 dieser Leitlinien ist nicht auf Tarifverhandlungen anwendbar, die im Rahmen von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung oder unabhängigen Verwertungseinrichtungen geschlossen werden. 36 Diese Leitlinien sind nicht dahin gehend auszulegen, dass die Praktiken dieser Organisationen oder Einrichtungen vom Anwendungsbereich des EU-Wettbewerbsrechts ausgenommen sind. 37



Beispiel 9 

Situationsbestimmung: Unternehmen Y ist Verleger von Zeitungen und Zeitschriften. Mehrere Journalisten, die als freie Mitarbeiter tätig sind, liefern Artikel für die Publikationen des Unternehmens Y. Unternehmen Y bezahlt die Journalisten auf der Grundlage der in jeder Zeitung oder Zeitschrift veröffentlichten Artikel. Die Journalisten sind unzufrieden mit der Höhe der Vergütung, die sie vom Unternehmen Y erhalten und verhandeln und vereinbaren kollektiv mit Unternehmen Y eine Erhöhung um 20 % des vom Unternehmen Y gezahlten Honorars (Vergütung).

Analyse: Im Einklang mit den vorliegenden Leitlinien wird die Kommission nicht gegen den Tarifvertrag vorgehen, der von den solo-selbständigen (als freie Mitarbeiter tätigen) Journalisten und dem Unternehmen Y geschlossen wird, da die Vereinbarung gemäß der Urheberrechtsrichtlinie geschlossen wird.

(1)    Für die Zwecke dieser Leitlinien bezeichnet der Ausdruck „Solo-Selbständige“ Personen, die über keinen Arbeitsvertrag verfügen oder die in keinem Arbeitsverhältnis stehen und die zur Erbringung der betreffenden Dienstleistungen in erster Linie auf die eigene Arbeitskraft angewiesen sind.
(2)    Für die Zwecke dieser Leitlinien bezeichnet der Ausdruck „Gegenparteien“ Unternehmen einschließlich Unternehmensvereinigungen, für die die Solo-Selbständigen tätig sind (d. h. ihre professionellen Kunden).
(3)    Titel VII Kapitel 1 Abschnitt 1 AEUV und Protokoll Nr. 27 zum AEUV.
(4)    Europäische Säule sozialer Rechte, Grundsatz 8; https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/economy-works-people/jobs-growth-and-investment/european-pillar-social-rights/european-pillar-social-rights-20-principles_de .
(5)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 22; Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1999, Albany International BV/Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie, C-67/96, EU:C:1999:430, Rn. 59; Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union/Viking Line ABP und OÜ Viking Line Eesti, C-438/05, EU:C:2007:772, Rn. 49; Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, C‑319/07, EU:C:2009:435, Rn. 50.
(6)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 23; Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1999, Albany International BV/Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie, C-67/96, EU:C:1999:430, Rn. 60; Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1999, Brentjens' Handelsonderneming BV/Stichting Bedrijfspensioenfonds voor de Handel in Bouwmaterialen, C-115/97, EU:C:1999:434, Rn. 57; Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1999, Maatschappij Drijvende Bokken BV/Stichting Pensioenfonds voor de Vervoer- en Havenbedrijven, C-219/97, EU:C:1999:437, Rn. 47; Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2000, Pavel Pavlov und andere/Stichting Pensioenfonds Medische Specialisten, C-180/98, EU:C:2000:428, Rn. 67; Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2000, Hendrik van der Woude/Stichting Beatrixoord, C-222/98, EU:C:2000:475, Rn. 22; Urteil des Gerichtshofs vom 3. März 2011, AG2R Prévoyance/Beaudout Père et Fils SARL, C-437/09, EU:C:2011:112, Rn. 29.
(7)    Im Unterschied zu echten Selbständigen, die ihre Tätigkeit und Zeit, Ort und Art und Weise ihrer Arbeit frei wählen können und ihre Arbeit auf eigenes Risiko ausführen.
(8)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 30-31.
(9)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 36-37.
(10)    Europäisches Parlament, Bericht vom 13. Oktober 2021 über die Situation von Künstlern und die kulturelle Erholung in der EU (2020/2261(INI)), Ausschuss für Kultur und Bildung, https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2021-0283_DE.html#title1 .
(11)    Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 1991, Klaus Höfner und Fritz Elser/Macrotron GmbH, C-41/90, EU:C:1991:161, Rn. 21; Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 1995, Fédération Française des Sociétés d'Assurance, Société Paternelle-Vie, Union des Assurances de Paris-Vie und Caisse d'Assurance et de Prévoyance Mutuelle des Agriculteurs/Ministère de l'Agriculture et de la Pêche, C-244/94, EU:C:1995:392, Rn. 14; Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 1997, Job Centre coop. arl., C-55/96, EU:C:1997:603, Rn 21.
(12)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 27; Urteil des Gerichtshofs vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas/Autoridade da Concorrência, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 36-37; Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio/Compañía Española de Petróleos SA, C‑217/05, EU:C:2006:784, Rn. 45.
(13)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 33; Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio/Compañía Española de Petróleos SA, C‑217/05, EU:C:2006:784, Rn. 43-44.
(14)    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses darin, dass „eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält“. Die Einstufung einer Person als „Arbeitnehmer“ oder als „Selbständiger“ wird in erster Linie anhand einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestimmt. Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 34; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 2013, L. N./Styrelsen for Videregående Uddannelser og Uddannelsesstøtte, C-46/12, EU:C:2013:97, Rn. 40; Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2014, Iraklis Haralambidis/Calogero Casilli, C‑270/13, EU:C:2014:2185, Rn. 28.
(15)    Artikel 206 bis 210 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671). Artikel 40 und 41 der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1).
(16)    Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 97, Rn. 34).
(17)    Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64).
(18)    Dieselbe Schlussfolgerung würde auch zutreffen, wenn der Tarifvertrag eine Bestimmung enthielte, die andere, über die Arbeitsbedingungen hinausgehende Angelegenheiten betrifft, wie z. B. die Geschäftszeiten, während denen die drei Plattformen ihre Dienste bereitstellen.
(19)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411; Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1999, Albany International BV/Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie, C-67/96, EU:C:1999:430.
(20)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 31.
(21)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 32.
(22)    Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media/Staat der Nederlanden, C-413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 33; Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio/Compañía Española de Petróleos SA, C‑217/05, EU:C:2006:784, Rn. 43-44.
(23)    Manche Solo-Selbständige könnten unter mehrere der in diesen Leitlinien beschriebenen Kategorien fallen.
(24)    Zum Beispiel in Deutschland gemäß § 12a des Tarifvertragsgesetzes in der am 25. August 1969 veröffentlichten Fassung (Bundesgesetzblatt I, S. 1323), zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 20. Mai 2020 (Bundesgesetzblatt I, S. 1055); oder in Spanien gemäß Artikel 11 des Gesetzes 20/2007 vom 12. Juli 2007 über den Status von selbständiger Arbeit, Staatsanzeiger Nr. 166 vom 12. Juli 2007, S. 29964-29978; beide stützen sich auf das Kriterium der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Manche Solo-Selbständige könnten unter mehrere der in diesen Leitlinien beschriebenen Kategorien fallen.
(25)    Siehe zum Beispiel Artikel 14 des Tarifvertrags im Theater- und Tanzsektor in den Niederlanden zwischen dem Kunstenbond (Künstlergewerkschaft) und der Nederlandse Associatie voor Podiumkunsten (Niederländischer Bühnenverein) für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2021, verfügbar unter https://www.napk.nl/wp-content/uploads/2019/12/Cao-TD-2020-2021.pdf ; oder Artikel 2 des Tarifvertrags für Berufsjournalisten zwischen der Gospodarska zbornica Slovenije (Slowenische Industrie- und Handelskammer), dem Svet RTV Slovenija (Rat von RTV Slowenien) und der Združenje radijskih postaj Slovenije ter (Slowenischer Radio Station Association) und der Sindikat novinarjev Slovenije (Gewerkschaft der slowenischen Journalisten), verfügbar unter http://www.pisrs.si/Pis.web/pregledPredpisa?id=KOLP49 .
(26)    Für eine ausführliche Übersicht über die Rechtsprechung in neun EU-Mitgliedstaaten, der Schweiz und im Vereinigten Königreich siehe Hießl, C., „Case Law on the Classification of Platform Workers: Cross-European Comparative Analysis and Tentative Conclusions“, Comparative Labour Law & Policy Journal, 2.5.2021, https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3839603 .
(27)    Siehe zum Beispiel in Spanien das Königliche Gesetzesdekret 9/2021 vom 11. Mai 2021 zur Änderung der Neufassung des Arbeitnehmerstatuts, gebilligt durch das Königliche Gesetzesvertretende Dekret 2/2015 vom 23. Oktober 2015, in dem im Vertrieb über digitale Plattformen tätigen Personen Arbeitnehmerrechte garantiert werden, Staatsanzeiger Nr. 113 vom 12. Mai 2021, S. 56733-56738; oder in Griechenland das Gesetz der Hellenischen Republik 4808/2021 zum Arbeitsschutz – Einrichtung einer unabhängigen Arbeitsaufsichtsbehörde – Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt – Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 187 der Internationalen Arbeitsorganisation über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz – Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und andere Bestimmungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales sowie andere dringende Regelungen, Amtsanzeiger Α' 101/19-06-2021.
(28)    Diese Leitlinien sind nicht als Aufstellung einer (positiven) Durchsetzungspriorität der Kommission in Bezug auf Tarifverhandlungen und Tarifverträge zwischen Solo-Selbständigen und Unternehmen unterhalb dieser Schwellenwerte auszulegen.
(29)    Berechnet gemäß Titel 1 des Anhangs zur Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 1422), ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36.
(30)    Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, PE/51/2019/REV/1 (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).
(31)    Unter Artikel 18 der Urheberrechtsrichtlinie fallen alle Urheber und ausübenden Künstler mit Ausnahme von Urhebern von Computerprogrammen im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (Abl. L 111 vom 5.5.2009, S. 16). Artikel 23 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, PE/51/2019/REV/1 (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).
(32)    Artikel 18 Absatz 1 und Erwägungsgrund 72 der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, PE/51/2019/REV/1 (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92). Siehe auch Erwägungsgrund 73 der Richtlinie: „Die Vergütung der Urheber und ausübenden Künstler sollte angemessen sein und in einem ausgewogenen Verhältnis zum tatsächlichen oder potenziellen wirtschaftlichen Wert der Rechte, die erteilt oder übertragen wurden, stehen, wobei der Beitrag des Urhebers oder des ausübenden Künstlers zum Gesamtwerk oder sonstigen Schutzgegenstand in seiner Gesamtheit und alle sonstigen Umstände des jeweiligen Falls zu berücksichtigen sind, etwa die Marktpraktiken oder die tatsächliche Verwertung des Werks.“
(33)    Erwägungsgrund 72 der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, PE/51/2019/REV/1 (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).
(34)    Auch Kollektivverhandlungen sind ein mögliches Mittel in den Fällen nach Artikel 19 Absatz 5, Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 22 Absatz 5 der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, PE/51/2019/REV/1 (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).
(35)    Artikel 18 Absatz 2 und Erwägungsgrund 73 der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, PE/51/2019/REV/1 (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).
(36)    „Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung“ bezeichnet jede Organisation, die gesetzlich oder auf der Grundlage einer Abtretungs-, Lizenz- oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung berechtigt ist und deren ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck es ist, Urheber- oder verwandte Schutzrechte im Namen mehrerer Rechtsinhaber zu deren kollektivem Nutzen wahrzunehmen und eine oder beide der folgenden Voraussetzungen erfüllt: (i) sie steht im Eigentum ihrer Mitglieder oder wird von ihren Mitgliedern beherrscht; (ii) sie ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet. „Unabhängige Verwertungseinrichtung“ bezeichnet jede Organisation, die gesetzlich oder auf der Grundlage einer Abtretungs-, Lizenz- oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung berechtigt ist und deren ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck es ist, Urheber- oder verwandte Schutzrechte im Namen mehrerer Rechtsinhaber zu deren kollektivem Nutzen wahrzunehmen und die (i) weder direkt noch indirekt, vollständig oder teilweise im Eigentum der Rechtsinhaber steht noch direkt oder indirekt, vollständig oder teilweise von den Rechtsinhabern beherrscht wird; und (ii) auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist; Artikel 3 Buchstaben a und b der Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. L 84 vom 20.3.2014, S. 72).
(37)    Erwägungsgrund 56 der Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. L 84 vom 20.3.2014, S. 72).
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