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Document 32024R1348

Verordnung (EU) 2024/1348 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens für internationalen Schutz in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU

PE/16/2024/REV/1

ABl. L, 2024/1348, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1348/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1348/oj

European flag

Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Reihe L


2024/1348

22.5.2024

VERORDNUNG (EU) 2024/1348 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 14. Mai 2024

zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens für internationalen Schutz in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe d,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahmen des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Ziel dieser Verordnung ist es, die derzeit in den Mitgliedstaaten geltenden Verfahrensvorschriften zu straffen, zu vereinfachen und zu harmonisieren, indem ein gemeinsames Verfahren für internationalen Schutz in der Union eingeführt wird. Um dies zu erreichen, müssten an der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4) erhebliche Änderungen vorgenommen werden, sodass diese aufgehoben und durch eine Verordnung ersetzt werden sollte. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie sollten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung gelten.

(2)

Eine gemeinsame Asylpolitik, die sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in der ergänzten Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 (im Folgenden „Genfer Flüchtlingskonvention“) stützt, ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen offen steht, die in der Union um Schutz nachsuchen. Für eine solche Politik sollte der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortung unter den Mitgliedstaaten einschließlich der finanziellen Auswirkungen, gelten.

(3)

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stützt sich auf gemeinsame Standards für Asylverfahren, Anerkennung und Schutz auf Unionsebene sowie für die Aufnahmebedingungen und führt ein Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats ein. Trotz der Fortschritte bei der Schaffung des GEAS bestehen zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor deutliche Unterschiede in Bezug auf die Art der verwendeten Verfahren, die Anerkennungsquoten, die Art des Schutzes, die Aufnahmebedingungen und die Unterstützungsleistungen, die Antragstellern und Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz gewährt werden. Diese Unterschiede tragen maßgeblich zu Sekundärmigration bei und untergraben das Ziel zu gewährleisten, dass im Rahmen des GEAS alle Antragsteller gleichbehandelt werden, unabhängig davon, wo in der Union sie ihren Antrag auf internationalen Schutz stellen.

(4)

Die Kommission legte in ihrer Mitteilung vom 6. April 2016„Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa“ prioritäre Bereiche fest, in denen das GEAS strukturell verbessert werden sollte, nämlich die Einführung eines tragfähigen, fairen Systems zur Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats, eine Stärkung des Eurodac-Systems, eine größere Konvergenz im Asylsystem, die Verhinderung von Sekundärmigration innerhalb der Union und eines erweiterten Mandats für die mit der Verordnung (EU) 2021/2303 des Europäischen Parlaments und des Rates errichteten Asylagentur der Europäischen Union (5) (im Folgenden „Asylagentur“). Diese Mitteilung steht im Einklang mit den Forderungen des Europäischen Rates vom 18./19. Februar 2016 nach Fortschritten bei der Reform des bestehenden Rahmens der Union, um eine menschenwürdige, faire und wirksame Asylpolitik zu gewährleisten. Außerdem wird in dieser Mitteilung eine künftige Vorgehensweise im Einklang mit dem ganzheitlichen Migrationskonzept vorgeschlagen, das in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. April 2016 zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwendigkeit eines Gesamtansatzes der EU für Migration dargelegt wird.

(5)

Um ein gut funktionierendes GEAS zu schaffen, müssen die nationalen Asylsysteme erheblich angeglichen werden. Die derzeitigen in allen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Verfahren sollten durch ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und den Entzug internationalen Schutzes ersetzt werden, das gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) in allen Mitgliedstaaten gilt und ein zügiges und effektives Verfahren gewährleistet. Von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellte Anträge auf internationalen Schutz sollten in einem Verfahren geprüft werden, für das unabhängig vom Mitgliedstaat der Antragseinreichung die selben Vorschriften gelten, damit alle Anträge auf internationalen Schutz die gleiche Behandlung erfahren und die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Antragsteller gewährleistet ist.

(6)

Diese Harmonisierung und Angleichung der nationalen Asylsysteme sollte erreicht werden, ohne die Mitgliedstaaten daran zu hindern, günstigere Bestimmungen einzuführen oder beizubehalten, wenn dies in dieser Verordnung vorgesehen ist.

(7)

Ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und den Entzug internationalen Schutzes soll die Sekundärmigration von Antragstellern zwischen Mitgliedstaaten, soweit sie auf rechtliche Unterschiede zurückzuführen ist, eindämmen — indem die Verfahren gestrafft und die Rechte und Pflichten der Antragsteller sowie die Folgen eines Verstoßes gegen diese Pflichten präzisiert werden — und gleiche Bedingungen für die Anwendung der Verordnung (EU) 2024/1347 in den Mitgliedstaaten schaffen.

(8)

Die vorliegende Verordnung sollte für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet — einschließlich an den Außengrenzen, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen — der Mitgliedstaaten gestellt werden, sowie für den Entzug des internationalen Schutzes gelten. Befinden sich Personen, die um internationalen Schutz nachsuchen, in den Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaats, sollten sie an Land gebracht und ihre Anträge nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung geprüft werden.

(9)

Die vorliegende Verordnung sollte für Anträge auf internationalen Schutz gelten und den Verfahren zugrunde liegen, mittels derer geprüft wird, ob die Antragsteller als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Verordnung (EU) 2024/1347 anzuerkennen sind. Neben der Gewährung internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten Personen, denen weder die Flüchtlingseigenschaft noch der Status subsidiären Schutzes zuerkannt werden kann, einen anderen in ihrem nationalen Recht vorgesehenen humanitären Schutzstatus gewähren. Um die Verfahren in den Mitgliedstaaten zu straffen sollten die Mitgliedstaaten die vorliegende Verordnung auch auf Anträge auf Zuerkennung eines derartigen Schutzstatus anwenden können.

(10)

In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter diese Verordnung fallen, sind die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Instrumenten gebunden, deren Vertragspartei sie sind.

(11)

Die Bemühungen der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der vorliegenden Verordnung können mit Mitteln des mit der Verordnung (EU) 2021/1147 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) eingerichteten Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und anderer einschlägiger Fonds der Union (im Folgenden „Fonds“) im Einklang mit den Vorschriften für die Nutzung der einschlägigen Fonds und unbeschadet anderer durch die Fonds geförderter Prioritäten unterstützt werden. In diesem Zusammenhang sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, die Zuweisungen im Rahmen ihrer jeweiligen Programme zu nutzen, einschließlich der Beträge, die nach der Halbzeitüberprüfung zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Schaffung angemessener Kapazitäten für die Durchführung des Verfahrens an der Grenze können aus den Fonds, die im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 zur Verfügung stehen, finanziell unterstützt werden. Zusätzliche Unterstützung im Rahmen der thematischen Fazilitäten sollte bereitgestellt werden können, insbesondere für diejenigen Mitgliedstaaten, die möglicherweise ihre Kapazitäten an den Außengrenzen ausbauen müssen oder deren Asyl- und Aufnahmesysteme und Außengrenzen einem besonderen Druck ausgesetzt oder mit besonderen Erfordernissen konfrontiert sind.

(12)

Die Asylagentur sollte den Mitgliedstaaten die für die Anwendung dieser Verordnung erforderliche operative und technische Unterstützung bereitstellen, insbesondere indem sie den nationalen Behörden Sachverständige zur Seite stellt, die diese Behörden bei der Entgegennahme und Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz und die Asylbehörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben — so auch in Bezug auf die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz — unterstützen, und indem sie ihnen aktuelle Informationen und Analysen über Drittstaaten, insbesondere Informationen über Herkunftsländer liefert und Leitfäden zur Lage in bestimmten Herkunftsländern bereitstellt. Bei der Anwendung dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten die von der Asylagentur entwickelten operativen Normen, Indikatoren, Leitlinien und bewährten Verfahren berücksichtigen.

(13)

Im Interesse, Personen, die Schutz als Flüchtlinge im Sinne des Artikels 1 der Genfer Flüchtlingskonvention oder als Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz benötigen, ordnungsgemäß zu erkennen, sollte jeder Antragsteller effektiven Zugang zum Verfahren und die Gelegenheit erhalten, mit den zuständigen Behörden uneingeschränkt zu kooperieren und effektiv mit ihnen zu kommunizieren, um ihnen insbesondere den ihn betreffenden Sachverhalt darlegen zu können; ferner sollten ausreichende Verfahrensgarantien bestehen, damit er sein Verfahren über sämtliche Verfahrensstadien betreiben kann.

(14)

Der Antragsteller sollte effektiv Gelegenheit erhalten, den zuständigen Behörden alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände vorzulegen, die den Antrag begründen oder für die Verfahren nach Maßgabe dieser Verordnung relevant sind. Aus diesem Grund sollte der Antragsteller vorbehaltlich begrenzter Ausnahmen das Recht genießen, im Rahmen einer persönlichen Anhörung je nach Sachlage zur Zulässigkeit oder zur Begründetheit seines Antrags gehört zu werden. Ist der Antragsteller nicht in der Lage, an seiner persönlichen Anhörung teilzunehmen, so können die Behörden die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von ihm verlangen. Damit er sein Recht auf persönliche Anhörung effektiv wahrnehmen kann, sollte dem Antragsteller, wenn dies im Interesse einer angemessenen Verständigung erforderlich ist, ein Dolmetscher zur Seite gestellt und ihm Gelegenheit gegeben werden, seinen Antrag umfassend zu erläutern. Dem Antragsteller sollte ausreichend Zeit zugestanden werden, um sich auf die Anhörung vorzubereiten und den Rat seines Rechtsberaters oder sonstigen nach nationalem Recht zur Rechtsberatung zugelassenen oder zulässigen Beraters (im Folgenden „Rechtsberater“) oder einer Person, die mit der Erteilung von Rechtsauskunft betraut ist, einzuholen. Dem Antragsteller sollte es gestattet werden, sich bei der Anhörung von dem Rechtsberater unterstützen zu lassen. Die persönliche Anhörung sollte unter Bedingungen stattfinden, die eine angemessene Privatsphäre und Vertraulichkeit gewährleisten, und von Personen durchgeführt werden, die über eine einschlägige Ausbildung und Befähigung verfügen, erforderlichenfalls auch von Sachverständigen, die von der Asylagentur entsandt wurden, oder von Bediensteten von Behörden anderer Mitgliedstaaten. Wird die Anhörung über die Begründetheit nicht durchgeführt, um einen raschen Zugang zu internationalem Schutz zu gewährleisten, so sollte dies die Verpflichtung unberührt lassen, zu prüfen, ob der Antragsteller die in der Verordnung (EU) 2024/1347 festgelegten Voraussetzungen dafür erfüllt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, bevor geprüft wird, ob er die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes erfüllt. Da die persönliche Anhörung einen wesentlichen Bestandteil der Antragsprüfung darstellt, sollte sie aufgezeichnet werden und sollte die Niederschrift oder das Wortlautprotokoll der Anhörung den Antragstellern, ihren Vertretern und ihren Rechtberatern so schnell wie möglich nach der Anhörung und in jedem Falle rechtzeitig vor einer Entscheidung der Asylbehörde zugänglich gemacht werden.

(15)

Die persönliche Anhörung ist ein wesentlicher Bestandteil eines wirksamen und fairen Asylverfahrens. Um ein optimales Kommunikationsumfeld zu gewährleisten, sollten Präsenzanhörungen den Vorzug erhalten und sollten Fernanhörungen per Videokonferenz die Ausnahme bleiben. Abgesehen von Erwägungen der öffentlichen Gesundheit kann es legitime Gründe für die Asylbehörde geben, auf Fernanhörungen per Videokonferenz zurückzugreifen, beispielsweise wenn die Vulnerabilität die Reise eines Asylbewerbers ausschließt oder die Reise aus gesundheitlichen oder familiären Gründen erschwert, oder um Befragungen von in Haft befindlichen Antragstellern, in Überseegebieten oder in Situationen durchzuführen, in denen die Fernteilnahme eines Dolmetschers mit spezialisierten Dolmetschfähigkeiten erforderlich ist. Im Falle einer Fernanhörung sollte die Asylbehörde verpflichtet sein, alle Verfahrensgarantien, die bei Präsenzanhörungen gelten, anzuwenden, um die Privatsphäre und Vertraulichkeit zu gewährleisten und dem Datenschutz gebührend Rechnung zu tragen. Die Eignung der Fernanhörung per Videokonferenz sollte vor der Anhörung individuell beurteilt werden, da Fernanhörungen aufgrund des jungen Alters, des Vorliegens von Seh- oder Hörbehinderungen oder des Zustands der psychischen Gesundheit des Asylsuchenden möglicherweise nicht für alle Asylsuchenden geeignet sind, wobei bestimmte vulnerable Gruppen wie Opfer von Folter oder traumatisierte Antragsteller besonders zu berücksichtigen sind. Das Kindeswohl sollte ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein. Besonderes Augenmerk sollte auf mögliche technische Schwierigkeiten gelegt werden, die sich störend auf die Anhörung auswirken, zu einer unvollständigen oder unverständlichen Aufzeichnung der Anhörung führen oder die Speicherung und das Abrufen des Mitschnitts beeinträchtigen können.

(16)

Es liegt im Interesse der Mitgliedstaaten und der Antragsteller, dass Antragsteller in einem sehr frühen Stadium umfassende Informationen über das zu befolgende Verfahren sowie über ihre Rechte und Pflichten erhalten. Darüber hinaus ist es von wesentlicher Bedeutung, dass bereits im Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß festgestellt wird, ob ein Antragsteller internationalen Schutz benötigt, und die Entscheidungsfindung ist effizienter und zuverlässiger, wenn hochwertige Informationen und Rechtsberatung gewährleistet sind. Der Zugang zu Rechtsauskunft und Rechtsberatung und -vertretung sollte daher im gemeinsamen Verfahren für den internationalen Schutz verankert sein. Antragsteller sollten so schnell wie möglich nach Registrierung eines Antrags auf internationalen Schutz während des Verwaltungsverfahrens auf Antrag unentgeltlich Rechtsauskunft erhalten. Damit darüber hinaus die Rechte der Antragsteller — insbesondere das Recht auf Verteidigung und der Grundsatz der Gerechtigkeit — effektiv gewahrt werden, sollte den Antragstellern im Rechtsbehelfsverfahren auf Antrag und vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt werden. Die Mitgliedstaaten sollten auch die Möglichkeit haben, nach nationalem Recht unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung im Verwaltungsverfahren vorzusehen.

(17)

Bestimmte Antragsteller benötigen unter Umständen besondere Verfahrensgarantien, unter anderem aufgrund ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentität, einer Behinderung, einer schweren physischen oder psychischen Erkrankung oder Störung, auch infolge von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt. Es muss bei jedem einzelnen Antragsteller geprüft werden, ob er besondere Verfahrensgarantien benötigt.

(18)

Die entsprechenden Bediensteten der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Arzt oder Psychologe, die den Bedarf an besonderen Verfahrensgarantien bewerten, sollten angemessen geschult werden, um Anzeichen für Vulnerabilität von Antragstellern, die möglicherweise besondere Verfahrensgarantien benötigen, zu erkennen und diesen Rechnung zu tragen, wenn sie identifiziert sind.

(19)

Die vorliegende Verordnung berührt nicht die Möglichkeit für die Kommission, gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/2303 die Asylagentur aufzufordern, operative Standards, Indikatoren, Leitlinien und bewährte Verfahren für die Umsetzung des Asylrechts der Union zu entwickeln.

(20)

Antragsteller, die besondere Verfahrensgarantien benötigen, sollten eine angemessene Unterstützung erhalten, um die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie echten und effektiven Zugang zu Verfahren haben. In Fällen, in denen es im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens oder eines Verfahrens an der Grenze nicht möglich ist, einem Antragsteller, der besondere Verfahrensgarantien benötigt, ausreichend Unterstützung zu gewähren, sollte der Antragsteller von diesen Verfahren ausgenommen werden.

(21)

Die Prüfungsverfahren sollten geschlechtsspezifischen Anforderungen Rechnung tragen, um eine tatsächliche Gleichbehandlung weiblicher und männlicher Antragsteller zu gewährleisten. Insbesondere sollten persönliche Anhörungen in einer Weise abgehalten werden, die es weiblichen und männlichen Antragstellern gleichermaßen ermöglicht, offen über ihre Erfahrungen wie beispielsweise Verfolgung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Ausrichtung zu sprechen. Dabei sollte den Antragstellern effektiv Gelegenheit gegeben werden, getrennt von ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder anderen Familienmitgliedern gehört zu werden. Falls der Antragsteller darum ersucht und die Möglichkeit dazu besteht, sollten die Anhörung und die Verdolmetschung von Personen des Geschlechts durchgeführt werden, das der Antragsteller bevorzugt. In allen Verfahren sollte der Komplexität geschlechtsspezifisch begründeter Ansprüche angemessen Rechnung getragen werden.

(22)

Wenn es für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz erforderlich und hinreichend begründet ist, sollten die zuständigen Behörden den Antragsteller oder seine Sachen durchsuchen lassen können. Zu diesen Sachen können elektronische Geräte wie Laptops, Tablet-Computer oder Mobiltelefone gehören. Durchsuchungen sollten unter Wahrung der Grundrechte und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durchgeführt werden.

(23)

Bei der Anwendung dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes das Kindeswohl vorrangig berücksichtigen. Bei der Beurteilung des Kindeswohls sollten die Mitgliedstaaten insbesondere das Wohlbefinden und die soziale Entwicklung einschließlich des Hintergrunds des Minderjährigen berücksichtigen. Im Hinblick auf Artikel 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes sollte die Asylbehörde bezüglich des Rechts des Kindes, gehört zu werden, Minderjährigen die Möglichkeit zu einer persönlichen Anhörung geben, sofern das Kindeswohl dem nicht entgegensteht. Die Asylbehörde sollte bei einer persönlichen Anhörung eines Minderjährigen insbesondere dessen Alter und Reife berücksichtigen.

(24)

Unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für den Erwerb der Staatsangehörigkeit und der Tatsache, dass es nach dem Völkerrecht Sache jedes Mitgliedstaats ist, unter gebührender Beachtung des Unionsrechts die Bedingungen für den Erwerb und den Verlust der Staatsangehörigkeit festzulegen, sollten die Mitgliedstaaten bei der Anwendung dieser Verordnung ihren internationalen Verpflichtungen gegenüber Staatenlosen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsinstrumenten, einschließlich, sofern anwendbar, des am 28. September 1954 in New York angenommenen Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen, nachkommen. Falls angezeigt, sollten sich die Mitgliedstaaten bemühen, Staatenlose zu identifizieren und ihren Schutz zu verbessern, damit Staatenlose ihre Grundrechte in Anspruch nehmen können und die Gefahr von Diskriminierung oder Ungleichbehandlung verringert wird.

(25)

Wird nach eingehender Prüfung durch die zuständigen nationalen Behörden festgestellt, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellt, insbesondere im Zusammenhang mit schweren Straftaten oder Terrorismus, so sollte ein Mitgliedstaat die Möglichkeit haben, während des Verwaltungsverfahrens eine Ausnahme vom Recht auf Verbleib in seinem Hoheitsgebiet zu machen, sofern die Anwendung einer solchen Ausnahme nicht dazu führt, dass der Antragsteller unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung in ein Drittland abgeschoben wird.

(26)

Mit dem gemeinsamen Verfahren werden die Fristen für den Zugang von Antragstellern zum Verfahren und für die Prüfung der Anträge durch die Asylbehörden gestrafft. Da eine unverhältnismäßig große Zahl von Anträgen innerhalb desselben Zeitraums zu einer Verzögerung des Zugangs zum Verfahren sowie der Prüfung der Anträge führen kann, ist ein gewisses Maß an Flexibilität erforderlich, um Fristen ausnahmsweise zu verlängern. Eine solche Fristverlängerung ist allerdings als letztes Mittel einzusetzen, denn die Mitgliedstaaten sollten, um die Effizienz ihres Asylsystems sicherzustellen, ihren Bedarf regelmäßig prüfen und erforderlichenfalls Notfallpläne aufstellen, und die Asylagentur sollte den Mitgliedstaaten die erforderliche operative und technische Unterstützung bereitstellen, um die Verfahrenseffektivität in jedem Fall gewährleisten zu können. Wenn ein Mitgliedstaat absehen kann, dass er die festgelegten Fristen nicht wird einhalten können, sollte er die Asylagentur um Unterstützung ersuchen. Wenn ein Mitgliedstaat nicht um Unterstützung ersucht und sein Asylsystem aufgrund unverhältnismäßigen Drucks das Funktionieren des GEAS nicht mehr gewährleistet, sollte die Asylagentur auf der Grundlage eines auf Vorschlag der Kommission erlassenen Durchführungsrechtsakts des Rates Maßnahmen zur Unterstützung des betreffenden Mitgliedstaats ergreifen können.

(27)

Der Zugang zum gemeinsamen Verfahren sollte auf einem dreistufigen Ansatz mit folgenden Umständen beruhen: Antragstellung, Registrierung des Antrags und Einreichung des Antrags. Die Antragstellung ist die erste Verfahrensstufe; sie bewirkt die Anwendung der vorliegenden Verordnung. Äußert ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser den Wunsch, internationalen Schutz von einem Mitgliedstaat zu erhalten, so gilt dies als Antragstellung. Geht der Antrag bei einer Behörde ein, die nicht für die Registrierung von Anträgen zuständig ist, so sollten die Mitgliedstaaten diese Verordnung im Einklang mit ihren internen Verfahren und ihrer internen Organisation anwenden, damit ein wirksamer Zugang zum Verfahren gewährleistet werden kann. Es sollte möglich sein, den Wunsch, internationalen Schutz von einem Mitgliedstaat zu erhalten, in beliebiger Form zu äußern, und der einzelne Antragsteller muss nicht unbedingt Fachbegriffe wie „internationaler Schutz“, „Asyl“ oder „subsidiärer Schutz“ verwenden. Das ausschlaggebende Element sollte die Aussage eines Drittstaatsangehörigen sein, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland — oder, im Fall eines Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts — befürchten muss, verfolgt zu werden oder ernsthaften Schaden zu erleiden. Bestehen bei einer Aussage Zweifel, ob sie als Antrag auf internationalen Schutz anzusehen ist, sollte der Drittstaatsangehörige oder der Staatenlose ausdrücklich gefragt werden, ob er internationalen Schutz zu erhalten wünscht. Sobald der Antragsteller in dieser Weise einen Antrag stellt, sollten ihm die entsprechenden Rechte aus der vorliegenden Verordnung sowie aus der Richtlinie (EU) 2024/1346 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) gewährt werden.

(28)

Ein Antrag sollte unverzüglich registriert werden, nachdem er gestellt wurde. In dieser Stufe sollten die für die Registrierung der Anträge zuständigen Behörden oder Sachverständige, die von der Asylagentur entsandt wurden, um diese Behörden dabei zu unterstützen, den Antrag zusammen mit den Personalien des Antragstellers registrieren. Diese Behörden oder Sachverständigen sollten den Antragsteller über seine Rechte und Pflichten und über die Folgen, die ein Verstoß gegen diese Pflichten für ihn haben kann, aufklären. Organisationen, die mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und diese unterstützen, sollten ebenfalls in der Lage sein, diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Dem Antragsteller sollte ein Dokument ausgehändigt werden, aus dem hervorgeht, dass ein Antrag gestellt und registriert wurde. Die Frist für die Einreichung eines Antrags beginnt mit dem Zeitpunkt der Registrierung des Antrags.

(29)

Die Einreichung des Antrags ist die Handlung, mit der der Antrag auf internationalen Schutz formalisiert wird. Der Antragsteller sollte darüber unterrichtet werden, wie und wo er seinen Antrag auf internationalen Schutz einreichen kann, und es sollte ihm effektiv Gelegenheit gegeben werden, dies zu tun. In dieser Stufe muss er so bald wie möglich alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände und Unterlagen vorlegen, die zur Begründung und Ergänzung seines Antrags benötigt werden, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist. Die Frist für das Verwaltungsverfahren beginnt mit dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags. Kurz nach Einreichung des Antrags sollte dem Antragsteller ein Dokument ausgehändigt werden, in dem sein Status als Antragsteller vermerkt ist.

(30)

Besonders wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass Minderjährige in kindgerechter Weise informiert werden.

(31)

Der Antragsteller sollte frühzeitig und in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, ordnungsgemäß über seine Rechte und Pflichten schriftlich und erforderlichenfalls mündlich unterrichtet werden. Da ein Antrag, falls der Antragsteller die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden verweigert, insbesondere indem er beispielsweise die für die Prüfung seines Antrags erforderlichen Umstände oder Fingerabdrücke oder Gesichtsbilder nicht vorlegt, als abgelehnt oder für stillschweigend zurückgenommen erklärt werden könnte, müssen die Antragsteller darüber unterrichtet werden, welche Folgen es haben kann, wenn sie diesen Pflichten nicht nachkommen.

(32)

Damit die Bediensteten der Behörden, die diese Verordnung anwenden, ihre Pflichten aus der vorliegenden Verordnung erfüllen können, sollten sie über hinreichende Kenntnisse in Fragen des internationalen Schutzes verfügen und diesbezügliche Schulungen erhalten, wobei auch die Unterstützung der Asylagentur in Anspruch genommen werden kann. Damit sie ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können, sollten den Behörden außerdem angemessene Mittel, einschließlich qualifizierten Personals in ausreichender Zahl, und Leitlinien zur Verfügung gestellt werden. Im Hinblick darauf sollte jeder Mitgliedstaat regelmäßig den Bedarf der Asylbehörde und der anderen zuständigen Behörden bewerten, um sicherzustellen, dass sie zu jedem Zeitpunkt in der Lage sind, die Anträge auf internationalen Schutz effektiv zu bearbeiten, insbesondere auch, wenn es eine unverhältnismäßig große Zahl von Anträgen im gleichen Zeitraum gibt.

(33)

Für einen effektiven Zugang zum Prüfungsverfahren an den Grenzübergangsstellen und in den Hafteinrichtungen, sollten Informationen über die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, bereitgestellt werden. Dolmetschungsvorkehrungen sollten getroffen werden, um ein Mindestmaß an Kommunikation zu gewährleisten, damit die zuständigen Behörden verstehen können, ob Personen ihnen gegenüber erklären, dass sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen.

(34)

Die vorliegende Verordnung sollte die Möglichkeit vorsehen, dass ein Antragsteller auch Anträge im Namen von Volljährigen, die Hilfe bei der Ausübung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit benötigen, und Minderjährigen, die nach nationalem Recht rechtlich nicht befugt sind, einen Antrag im eigenen Namen einzureichen, einreicht. Die gemeinsame Prüfung dieser Anträge sollte zulässig sein.

(35)

Um sicherzustellen, dass unbegleitete Minderjährige einen effektiven Zugang zum Verfahren haben und sie die Rechte aus der vorliegenden Verordnung, der Verordnung (EU) 2024/1351 (9), der Richtlinie (EU) 2024/1346 und der Verordnung (EU) 2024/1358 (10) in Anspruch nehmen und den sich aus diesen Verordnungen und der Richtlinie ergebenden Pflichten nachkommen können, sollte ein Vertreter für sie bestellt werden; dies gilt auch für den Fall, dass sich zu irgendeinem Zeitpunkt des Asylverfahrens herausstellt, dass es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt. Der Vertreter sollte den Minderjährigen während des Verfahrens unterstützen und begleiten, damit das Kindeswohl geschützt wird, und insbesondere bei der Einreichung des Antrags und bei der persönlichen Anhörung Unterstützung leisten. Erforderlichenfalls sollte der Vertreter den Antrag im Namen des Minderjährigen einreichen. Es sollte eine Person benannt werden, die unbegleitete Minderjährige bis zur Bestellung eines Vertreters unterstützt, gegebenenfalls auch im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Altersfeststellung und den Verfahren gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 und der Verordnung (EU) 2024/1358. Damit der Vertreter oder eine Person, die geeignet ist, vorläufig als Vertreter zu fungieren, die unbegleiteten Minderjährigen effektiv unterstützen kann, sollte ihm eine verhältnismäßige und begrenzte Zahl unbegleiteter Minderjähriger — unter normalen Umständen nicht mehr als 30 — gleichzeitig zugewiesen werden. Die Mitgliedstaaten sollten Verwaltungs- oder Justizbehörden oder andere Einrichtungen benennen, die dafür zuständig sind, diese Vertreter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben regelmäßig zu beaufsichtigen. Unbegleitete Minderjährige sollten das Recht haben, ihren Antrag in ihrem eigenen Namen einzureichen, wenn sie nach nationalem Recht rechts- und geschäftsfähig sind. Um die Rechte und Verfahrensgarantien unbegleiteter Minderjähriger, die im Einklang mit nationalem Recht nicht rechts- und geschäftsfähig sind, zu wahren, sollte der Vertreter den Antrag unter Berücksichtigung des Kindeswohls so schnell wie möglich einreichen. Reicht ein unbegleiteter Minderjähriger einen Antrag in eigenem Namen ein, so sollte dies keinen Grund dafür darstellen, keinen Vertreter für ihn zu bestellen.

(36)

Um sicherzustellen, dass Anträge auf internationalen Schutz unter ordnungsgemäßer Berücksichtigung der Rechte des Kindes bearbeitet werden, sind Minderjährigen unter 18 Jahren besondere kindgerechte Verfahrensgarantien und besondere Aufnahmebedingungen zu gewähren. Wenn nach Aussagen eines Antragstellers Zweifel bestehen, ob es sich bei dem Antragsteller um einen Minderjährigen handelt, sollte die Asylbehörde die Möglichkeit haben, das Alter der betreffenden Person zu bestimmen. Zweifel am Alter eines Antragstellers können entstehen, wenn der Antragsteller geltend macht, minderjährig zu sein, aber auch, wenn er geltend macht, ein Erwachsener zu sein. Angesichts der besonderen Vulnerabilität unbegleiteter Minderjähriger, die vermutlich keine Identitätsdokumente oder andere Dokumente haben, ist es besonders wichtig, strenge Garantien zu gewährleisten, um sicherzustellen, dass diese Antragsteller keinen irrtümlichen oder unangemessenen Verfahren zur Altersbestimmung unterzogen werden.

(37)

In allen Fällen sollten Altersbestimmungen so durchgeführt werden, dass das Kindeswohl während des gesamten Verfahrens vorrangig berücksichtigt wird. Eine Altersbestimmung sollte in zwei Schritten durchgeführt werden. Ein erster Schritt sollte eine multidisziplinäre Bewertung umfassen, die eine psychosoziale Bewertung und andere nichtmedizinische Methoden wie eine Anhörung, eine visuelle Bewertung auf der Grundlage des physischen Erscheinungsbilds oder die Bewertung von Unterlagen umfassen könnte. Eine solche Bewertung sollte von Fachleuten durchgeführt werden, die über Fachwissen in den Bereichen Altersbestimmung und Entwicklung von Kindern verfügen, wie Sozialarbeiter, Psychologen oder Kinderärzte, damit verschiedene Faktoren wie physische, psychologische, entwicklungsbezogene, umweltbedingte und kulturelle Faktoren bewertet werden. Wenn das Ergebnis der multidisziplinären Altersbestimmung nicht eindeutig ist, sollte es der Asylbehörde in einem zweiten Schritt möglich sein, als letztes Mittel und unter uneingeschränkter Achtung der Würde der Person eine medizinische Untersuchung zu beantragen. Wenn unterschiedliche Verfahren angewandt werden können, sollten bei einer medizinischen Untersuchung die am wenigsten invasiven Verfahren Vorrang erhalten, bevor zu stärker invasiven Verfahren übergegangen wird, wobei gegebenenfalls die Leitlinien der Asylagentur zu berücksichtigen sind. Sind die Ergebnisse nach der Altersbestimmung weiterhin nicht eindeutig, so sollte die Asylbehörde davon ausgehen, dass der Antragsteller minderjährig ist.

(38)

Um die Rechte der Antragsteller zu gewährleisten, sollte über alle Anträge auf internationalen Schutz nach einer eingehenden Prüfung, bei der sämtliche vom Antragsteller vorgelegten Umstände sowie dessen individuelle Umstände Berücksichtigung finden, tatsachengestützt, objektiv, unparteiisch und im Einzelfall entschieden werden. Zur Gewährleistung einer sorgfältigen Prüfung der Anträge sollte die Asylbehörde sachdienliche, präzise und aktuelle Informationen über die Lage im Herkunftsland des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag berücksichtigen. Diese Informationen können bei der Asylagentur und anderen Quellen wie dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen eingeholt werden. Ferner sollte die Asylbehörde — soweit verfügbar — die von der Asylagentur erstellten gemeinsamen Analysen der Lage in bestimmten Herkunftsländern und Leitlinien berücksichtigen. Unbeschadet der nach der vorliegenden Verordnung geltenden Grundsätze der Verfahrenseffizienz und des fairen Verfahrens sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass eine etwaige Verzögerung beim Abschluss der Verfahren in vollem Umfang mit ihren Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) 2024/1347 und aus dem Recht auf eine gute Verwaltung im Einklang steht.

(39)

Um die Rechte des Antragstellers zu gewährleisten, sollte die Entscheidung über seinen Antrag in schriftlicher Form ergehen. Wird dem Antragsteller kein internationaler Schutz gewährt, so sollten ihm die sachlichen und rechtlichen Gründe für diese Entscheidung mitgeteilt werden, und er sollte über ihre Folgen sowie darüber unterrichtet werden, wie er die Entscheidung anfechten kann.

(40)

Um die Verfahren effizienter zu gestalten und die Fluchtgefahr sowie die Wahrscheinlichkeit unerlaubter Migrationsbewegungen zu verringern, sollte es zwischen der Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz und dem Erlass einer Rückkehrentscheidung keine Verfahrenslücken geben. Gegen Antragsteller, deren Antrag abgelehnt wurde, sollte umgehend eine Rückkehrentscheidung ergehen. Die Rückkehrentscheidung sollte unbeschadet des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf entweder Teil der ablehnenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz sein oder, wenn es sich um eine gesonderte Entscheidung handelt, gleichzeitig und zusammen mit der ablehnenden Entscheidung oder unverzüglich danach ergehen.

(41)

Im Falle einer Auslieferung, Übergabe oder Überstellung von einem internationalen Strafgericht an ein Drittland oder einen anderen Mitgliedstaat könnte die zuständige Behörde bei der Entscheidung über die Auslieferung, Übergabe oder Überstellung Umstände berücksichtigen, die für die Beurteilung des Risikos einer unmittelbaren oder mittelbaren Zurückweisung relevant sein können.

(42)

Sämtliche Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz müssen von Behörden getroffen werden, deren Bedienstete mit den im Bereich Asyl- und Flüchtlingsrecht anzuwendenden Standards angemessen vertraut sind und eine angemessene Schulung in diesem Bereich erhalten haben, einschließlich der einschlägigen Schulung der Asylagentur, und die ihre Tätigkeit unter gebührender Achtung der geltenden ethischen Grundsätze ausüben. Das Gleiche gilt für die Bediensteten von Behörden anderer Mitgliedstaaten und für die Sachverständigen der Asylagentur, die entsandt werden, um die Asylbehörde eines Mitgliedstaats bei der Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zu unterstützen.

(43)

Unbeschadet der Durchführung einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz liegt es im Interesse sowohl der Mitgliedstaaten als auch der Antragsteller, dass so rasch wie möglich über die Anträge entschieden wird. Um das Verfahren für den internationalen Schutz zu straffen, sollte für das Verwaltungsverfahren eine Höchstverfahrensdauer festgelegt werden. Auf diese Weise könnte erreicht werden, dass die Antragsteller in allen Mitgliedstaaten möglichst rasch eine Entscheidung über ihren Antrag erhalten und somit ein rasches und effizientes Verfahren sichergestellt wird.

(44)

Damit die Gesamtdauer des Verfahrens in bestimmten Fällen verkürzt wird, sollten die Mitgliedstaaten entsprechend ihren nationalen Bedürfnissen die Flexibilität haben, der Prüfung eines Antrags Vorrang vor der Prüfung anderer, früher gestellter Anträge einzuräumen. Bei der vorrangigen Prüfung von Anträgen sollte nicht von den üblicherweise geltenden Verfahren — insbesondere dem Zulässigkeitsverfahren oder dem beschleunigten Prüfungsverfahren–, Fristen, Grundsätzen und Garantien abgewichen werden. Die in dieser Verordnung festgelegte Anforderung, bestimmte Anträge nach dem beschleunigten Verfahren oder dem Verfahren an der Grenze zu prüfen, sollte daher die Flexibilität für die Mitgliedstaaten unberührt lassen, zu entscheiden, ob sie solchen Anträgen Vorrang einräumen. Unter bestimmten Umständen, insbesondere wenn Familien mit Minderjährigen dem Verfahren an der Grenze unterliegen, sollten die Mitgliedstaaten der Prüfung ihres Antrags Vorrang einräumen.

(45)

Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, einen Antrag als unzulässig abzulehnen, wenn beispielsweise ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Antragstellers oder als für den Antragsteller sicherer Drittstaat betrachtet wird oder wenn ein internationales Gericht für eine sichere Überstellung in einen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat gesorgt hat oder wenn der Antrag erst nach Ablauf von sieben Arbeitstagen ab dem Tag, an dem der Antragsteller die Rückkehrentscheidung erhalten hatte, gestellt wurde, unter der Voraussetzung, dass er über die Folgen eines innerhalb dieser Frist nicht gestellten Antrags unterrichtet wurde und keine neuen relevanten Umstände eingetreten sind. Da das GEAS auf gegenseitigem Vertrauen und auf der Vermutung der Achtung der Grundrechte, einschließlich der auf der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention beruhenden Rechte, beruht, ist die Tatsache, dass ein anderer Mitgliedstaat bereits internationalen Schutz gewährt hat, in der Regel ein Grund dafür, einen Antrag desselben Antragstellers als unzulässig abzulehnen. Daher sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, einen Antrag als unzulässig abzulehnen, wenn einem Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt wurde. Zudem sollte ein Antrag als unzulässig betrachtet werden, wenn es sich um einen Folgeantrag handelt, bei dem keine neuen Umstände vorgebracht werden.

(46)

Für die Anwendung der Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats ist es von wesentlicher Bedeutung, dass der Drittstaat, auf den die Konzepte angewandt werden, Vertragspartei der Genfer Flüchtlingskonvention ist und ihr nachkommt, es sei denn, dieser Drittstaat sorgt auf andere Weise im Recht und in der Praxis für einen wirksamen Schutz im Einklang mit grundlegenden Menschenrechtsstandards wie dem Zugang zu ausreichenden Existenzmitteln zur Sicherung eines der Gesamtsituation des aufnehmenden Drittstaats angemessenen Lebensstandards, zu medizinischer Versorgung und unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten sowie zu Bildung unter den in diesem Drittstaat allgemein vorgesehenen Bedingungen. Ein solcher wirksamer Schutz sollte so lange verfügbar sein, bis eine dauerhafte Lösung gefunden werden kann. Es sollte möglich sein, einen Drittstaat unter Ausnahme bestimmter Teile seines Hoheitsgebiets oder eindeutig identifizierbarer Personengruppen als sicheren Drittstaat zu benennen.

(47)

Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, den Antrag gemäß dem Konzept des ersten Asylstaats als unzulässig zu betrachten, wenn der Antragsteller in einem Drittstaat wirksamen Schutz genossen hat und diesen Schutz weiterhin in Anspruch nehmen kann, sein Leben und seine Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung nicht gefährdet sind, er weder verfolgt wird noch für ihn eine tatsächliche Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden im Sinne der Verordnung (EU) 2024/1347 zu erleiden, und wenn der Antragsteller vor Zurückweisung und Abschiebung geschützt ist, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Recht des Schutzes vor Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe darstellen.

(48)

Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, den Antrag gemäß dem Konzept des sicheren Drittstaats als unzulässig zu betrachten, wenn für den Antragsteller die Möglichkeit besteht, einen wirksamen Schutz in einem Drittstaat zu beantragen und — sofern die Bedingungen erfüllt sind — zu erhalten, sein Leben und seine Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung nicht gefährdet sind, er weder verfolgt wird noch für ihn eine tatsächliche Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden im Sinne der Verordnung (EU) 2024/1347 zu erleiden, und wenn er vor Zurückweisung und Abschiebung geschützt ist, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Recht des Schutzes vor Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe darstellen. Dennoch sollten die Asylbehörden der Mitgliedstaaten das Recht behalten, die Begründetheit eines Antrags zu prüfen, selbst wenn die Bedingungen für die Feststellung seiner Unzulässigkeit erfüllt sind, insbesondere im Falle, dass sie gemäß ihren nationalen Verpflichtungen dazu verpflichtet sind. Ein Mitgliedstaat sollte das Konzept des sicheren Drittstaats nur dann anwenden können, wenn zwischen dem Antragsteller und dem Drittstaat eine Verbindung besteht, aufgrund der es für den Antragsteller zumutbar wäre, dass er sich in diesen Staat begibt. Die Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem sicheren Drittstaat könnte insbesondere dann als erwiesen angesehen werden, wenn sich Familienangehörige des Antragstellers in diesem Staat aufhalten oder der Antragsteller in diesem Staat niedergelassen war oder sich dort aufgehalten hat.

(49)

Die Sicherheitsvermutung in Bezug auf Drittländer, mit denen Übereinkünfte der in dieser Verordnung genannten Art geschlossen wurden, gilt nicht, wenn solche Übereinkünfte gemäß Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgesetzt werden.

(50)

Die Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats sollten nicht auf einen Antragsteller angewandt werden, der als Familienangehöriger eines Drittstaatsangehörigen oder eines Unionsbürgers einen Antrag stellt und dem in dem Mitgliedstaat, der den Antrag prüft, die in der Richtlinie 2003/86/EG des Rates (11) oder der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12) festgelegten Rechte zustehen.

(51)

Bei der Beurteilung, ob ein Drittstaat die in dieser Verordnung festgelegten Kriterien für einen wirksamen Schutz erfüllt, sollte der Zugang zu ausreichenden Existenzmitteln zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandards so verstanden werden, dass er den Zugang zu Nahrungsmitteln, Kleidung, Wohnraum oder Unterkünften und das Recht auf Ausübung einer Erwerbstätigkeit, beispielsweise durch Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bedingungen umfasst, die nicht ungünstiger sind als die Bedingungen, die für Nichtstaatsangehörige des betreffenden Drittstaats unter den gleichen Umständen im Allgemeinen gelten.

(52)

Damit die Mitgliedstaaten einen Antrag auf der Grundlage der Konzepte des ersten Asylstaats oder des sicheren Drittstaats als unzulässig ablehnen können, sollte eine Einzelfallprüfung der besonderen Umstände des Antragstellers durchgeführt werden, einschließlich aller vom Antragsteller angeführten Argumente dafür, dass diese Konzepte auf ihn nicht anwendbar wären. Ist der Antragsteller ein unbegleiteter Minderjähriger, so sollte die zuständige Behörde das Kindeswohl berücksichtigen und dabei insbesondere berücksichtigen, ob geeignete langfristige Betreuungsmöglichkeiten vorhanden sind und angemessene Sorgerechtsregelungen bestehen.

(53)

Ein Antrag sollte nicht auf der Grundlage der Konzepte des ersten Asylstaats oder des sicheren Drittstaats als unzulässig abgelehnt werden, wenn bereits in der Phase der Zulässigkeitsprüfung ersichtlich ist, dass der betreffende Drittstaat den Antragsteller nicht aufnehmen oder wiederaufnehmen wird. Wird der Antragsteller schließlich nicht in den Drittstaat aufgenommen oder wiederaufgenommen, nachdem der Antrag als unzulässig abgelehnt wurde, sollte der Antragsteller erneut Zugang zum Verfahren für den internationalen Schutz gemäß dieser Verordnung haben.

(54)

Ein Antrag auf internationalen Schutz sollte auf seine Begründetheit geprüft werden, um festzustellen, ob der Antragsteller gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist. Im Falle, dass ein Antrag gemäß dieser Verordnung als unzulässig abgelehnt wird, ein anderer Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 zuständig ist oder ein Antrag als für stillschweigend oder ausdrücklich zurückgenommen erklärt wird, ist eine Prüfung der Begründetheit nicht erforderlich.

(55)

Die Prüfung des Antrags sollte in einer begrenzten Anzahl von Fällen beschleunigt und innerhalb von höchstens drei Monaten abgeschlossen werden, beispielsweise wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsland kommt oder den Antrag nur stellt, um eine Abschiebungsentscheidung zu verzögern oder zu vereiteln, oder wenn ein Antrag schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung aufwirft. Im Falle unbegleiteter Minderjähriger sollten die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Prüfungsverfahren nur unter den wenigen, in der vorliegenden Verordnung aufgeführten Umständen anwenden können.

(56)

Im Interesse zügiger und fairer Verfahren für alle Antragsteller sollten die Mitgliedstaaten die Prüfung der Anträge von Antragstellern beschleunigen, die Staatsangehörige eines Drittstaats sind oder — im Falle Staatenloser — ihren gewöhnlichen Aufenthalt früher in einem Drittstaat hatten, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen, mit denen internationaler Schutz gewährt wird, 20 % oder weniger aller diesen Drittstaat betreffenden Entscheidungen ausmacht, wobei unter anderem die erheblichen Unterschiede zwischen erstinstanzlichen und endgültigen Entscheidungen zu berücksichtigen sind, und gleichzeitig dafür sorgen, dass der Aufenthalt von Antragstellern, die nicht die Voraussetzungen für internationalen Schutz in der Union erfüllen, einschließlich derjenigen, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, die nach der Verordnung (EU) 2018/1806 von der Visumpflicht befreit sind, nicht über Gebühr verlängert wird. Hat sich in dem betreffenden Drittstaat seit der Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten und unter Berücksichtigung der gemeinsamen Analyse gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/2303 eine wesentliche Änderung ergeben oder gehört der Antragsteller einer bestimmten Personengruppe an, für die die niedrige Anerkennungsquote aufgrund eines besonderen Verfolgungsgrunds nicht als repräsentativ für ihren Schutzbedarf angesehen werden kann, so sollte die Prüfung des Antrags nicht beschleunigt werden. Fälle, in denen ein Drittstaat als sicheres Herkunftsland oder sicherer Drittstaat für den Antragsteller im Sinne dieser Verordnung angesehen werden kann, sollten weiterhin als eigenständiger Grund für das beschleunigte Prüfungsverfahren beziehungsweise das Verfahren der Zulassung zum Asylverfahren gelten.

(57)

Viele Anträge auf internationalen Schutz werden an der Außengrenze oder in Transitzonen eines Mitgliedstaats gestellt, einschließlich von Personen, die beim irregulären Überschreiten der Außengrenze eines Mitgliedstaats aufgegriffen wurden, das heißt gerade zum Zeitpunkt des irregulären Überschreitens der Außengrenze oder in deren Nähe nach dem Überschreiten, oder nach Such- und Rettungseinsätzen ausgeschifft wurden. Zur Feststellung der Identität und zur Durchführung von Sicherheits- und Gesundheitskontrollen an den Außengrenzen sowie zur Bestimmung des Verfahrens, dem die betreffenden Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen zugeführt werden sollen, bedarf es eines Überprüfungsverfahrens. Je nach Ausgang des Überprüfungsverfahrens sollten die betreffenden Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen einem geeigneten Asyl- oder Rückkehrverfahren zugeführt werden, oder es sollte ihnen die Einreise verweigert werden. Es sollte daher eine Phase vor der Einreise mit einem Überprüfungsverfahren und Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze eingeführt werden. Alle Phasen der für sämtliche irregulären Einreisen geltenden Verfahren sollten nahtlos ineinander übergehen und wirksam miteinander verknüpft sein.

(58)

Das Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze sollte dazu dienen, an den Außengrenzen grundsätzlich schnell festzustellen, ob Anträge unbegründet oder unzulässig sind, und diejenigen, die kein Recht auf Verbleib haben, rasch rückzuführen, wobei der Grundsatz der Nichtzurückweisung uneingeschränkt zu achten und sicherzustellen ist, dass Personen mit begründetem Antrag dem regulären Verfahren zugeführt werden und schnell Zugang zu internationalem Schutz erhalten. Die Mitgliedstaaten sollten daher von Personen, die internationalen Schutz beantragen, verlangen können, dass sie sich an oder in der Nähe der Außengrenze oder in einer Transitzone — als allgemeine Regel — oder an anderen bestimmten Standorten innerhalb ihres Hoheitsgebiets aufhalten, wo die Zulässigkeit ihres Antrags geprüft werden soll. Unter genau festgelegten Umständen sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, an den Außengrenzen die Begründetheit eines Antrags zu prüfen und im Falle der Ablehnung des Antrags die Rückkehr beziehungsweise Rückführung der betreffenden Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen zu veranlassen. Zur Durchführung des Asylverfahrens an der Grenze und des Rückkehrverfahrens an der Grenze gemäß der Verordnung (EU) 2024/1349 des Europäischen Parlaments und des Rates (13) sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um angemessene Aufnahme- und Personalkapazitäten, insbesondere mit qualifiziertem und gut geschultem Personal, aufzubauen, die erforderlich sind, um jederzeit eine bestimmte Zahl von Anträgen zu prüfen und Rückkehrentscheidungen zu vollstrecken.

(59)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung im Hinblick auf die Berechnung der Zahlen, die der angemessenen Kapazität jedes Mitgliedstaats entsprechen, und der Höchstzahl der Anträge, die ein Mitgliedstaat im Rahmen des Grenzverfahrens pro Jahr prüfen muss, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Die angemessene Kapazität eines Mitgliedstaats sollte mittels einer Formel festgelegt werden, die auf der über einen Zeitraum von drei Jahren berechneten aggregierten Zahl der von den Mitgliedstaaten der durch die Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) eingerichteten Europäische Grenz- und Küstenwache (im Folgenden „Frontex“) gemeldeten irregulären Grenzübertritte — einschließlich Ankünfte nach Such- und Rettungseinsätzen — und der Einreiseverweigerungen an den Außengrenzen gemäß Eurostat-Daten beruht. Wenn der Durchführungsrechtsakt gemäß dieser Verordnung erlassen wird, sollte sein Erlass mit der Annahme des Jährlichen Europäischen Asyl- und Migrationsberichts [gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351, in dem die Lage entlang aller Migrationsrouten und in allen Mitgliedstaaten bewertet wird, abgestimmt werden. Als zusätzliches Element der Stabilität und Berechenbarkeit sollte die Höchstzahl der Anträge, die ein Mitgliedstaat im Verfahren an der Grenze pro Jahr zu prüfen haben sollte, auf das Vierfache der angemessenen Kapazität dieses Mitgliedstaats festgesetzt werden. Der Umfang der Verpflichtung des Mitgliedstaats zum Aufbau angemessener Kapazitäten sollte den Bedenken der Mitgliedstaaten hinsichtlich der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung angemessen Rechnung tragen.

(60)

Die Mitgliedstaaten sollten Anträge im Rahmen eines Verfahrens an der Grenze prüfen, wenn die betreffenden Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen, wenn die Antragsteller die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Zurückhalten relevanter Informationen oder Dokumente in Bezug auf ihre Identität oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, vorsätzlich getäuscht haben, nachdem ihnen die uneingeschränkte Gelegenheit gegeben wurde, ihren Antrag zu rechtfertigen, und wenn die Anträge wahrscheinlich unbegründet sind, weil die Antragsteller Angehörige eines Drittstaats sind, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes 20 % oder weniger aller diesen Drittstaat betreffenden Entscheidungen ausmacht. Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung im Hinblick auf die Durchführung von Artikel 50 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. In anderen Fällen, beispielsweise wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsland oder einem sicheren Drittstaat kommt, sollten die Mitgliedstaaten das Verfahren an der Grenze wahlweise anwenden können.

(61)

Gemäß Kapitel IV der Richtlinie (EU) 2024/1346 sind die Mitgliedstaaten, die Unterbringungseinrichtungen für die Durchführung des Asylverfahrens an der Grenze bereitstellen, verpflichtet, die besondere Situation und die besonderen Bedürfnisse vulnerabler Personen, einschließlich Minderjähriger, Menschen mit Behinderungen und älterer Menschen, zu berücksichtigen. Folglich sollten diese Personen nur dann zu einem Verfahren an der Grenze zugelassen werden, wenn die Aufnahmebedingungen im Rahmen dieses Verfahrens den Anforderungen des Kapitels IV der genannten Richtlinie entsprechen. Für den Fall, dass die Aufnahmebedingungen im Rahmen eines Verfahrens an der Grenze nicht mehr den in Kapitel IV der genannten Richtlinie festgelegten Anforderungen und Standards entsprechen, sollte das Verfahren an der Grenze auf die betreffenden Personen keine Anwendung mehr finden.

(62)

Es kann auch Umstände geben, in denen unabhängig von den verfügbaren Einrichtungen die besondere Situation oder die besonderen Bedürfnisse der Antragsteller in jedem Fall die Zulassung oder den Verbleib in einem Verfahren an der Grenze ausschließen würden. In diesem Zusammenhang sollte ein Verfahren an der Grenze nicht oder nicht mehr angewandt werden, wenn Antragstellern, die besondere Verfahrensgarantien benötigen, keine Unterstützung gewährt werden kann oder wenn dies aus gesundheitlichen Gründen, einschließlich Gründen im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit einer Person, gerechtfertigt ist. Angesichts der Bedeutung der Rechte des Kindes und der Notwendigkeit, dem Kindeswohl Rechnung zu tragen, sollten unbegleitete Minderjährige grundsätzlich nicht dem Verfahren an der Grenze unterworfen werden, es sei denn, es gibt triftige Gründe für die Annahme, dass der Minderjährige eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellt oder der Antragsteller aus schwerwiegenden Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde.

(63)

Ein Verfahren an der Grenze sollte auch dann nicht oder nicht mehr angewandt werden, wenn es dazu führt, dass Antragsteller in Haft genommen werden und die Haftumstände die Voraussetzungen und Garantien für Haft nach der Richtlinie (EU) 2024/1346 nicht erfüllen.

(64)

Da das Verfahren an der Grenze unter anderem zum Ziel hat, eine zügige Prüfung von Anträgen zu ermöglichen, die voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sind, um die rasche Rückkehr von Personen, die kein Recht auf Verbleib haben, zu ermöglichen, sollte dieses Verfahren nicht oder nicht mehr angewandt werden, wenn die Asylbehörde der Auffassung ist, dass die Gründe für die Ablehnung eines Antrags als unzulässig oder für die Anwendung des beschleunigten Prüfungsverfahrens nicht oder nicht mehr anwendbar sind.

(65)

Bei der Anwendung des Verfahrens an der Grenze für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, um die Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie (EU) 2024/1346 generell an oder in der Nähe der Außengrenze oder in Transitzonen unterzubringen. Die Mitgliedstaaten können die Anträge an einem anderen Ort als dem, an dem der Asylantrag gestellt wurde, prüfen und die Antragsteller hierzu an einen bestimmten Ort an oder in der Nähe der Außengrenze des betreffenden Mitgliedstaats oder an anderen bestimmten Standorten innerhalb seines Hoheitsgebiets überstellen, wo geeignete Einrichtungen vorhanden sind. Die Entscheidung darüber, an welchen spezifischen Orten solche Einrichtungen bereitgestellt werden, sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Die Mitgliedstaaten sollten sich jedoch darum bemühen, dass so wenig Antragsteller wie möglich zu diesem Zweck überstellt werden und solche Einrichtungen mit ausreichenden Kapazitäten an Grenzübergangsstellen oder Abschnitten der Außengrenze, an denen der Großteil der Anträge auf internationalen Schutz gestellt wird, bereitgestellt werden, wobei auch die Länge der Außengrenze und die Zahl der Grenzübergangsstellen oder Transitzonen zu berücksichtigen sind. Sie sollten der Kommission die betreffenden Orte mitteilen, an denen die Verfahren an der Grenze durchgeführt werden.

(66)

Da sich bestimmte Einrichtungen an schwer zugänglichen Orten befinden könnten, sollten die Mitgliedstaaten einen angemessenen Zugang für das in solchen Einrichtungen tätige Personal sicherstellen.

(67)

Bei der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung, die möglicherweise Minderjährige betreffen, sollten die Mitgliedstaaten vorrangig das Kindeswohl berücksichtigen. In diesem Zusammenhang und angesichts der besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen bei der Aufnahme in den Fällen, in denen das Verfahren an der Grenze angewandt wird und die Zahl der Antragsteller zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zahl übersteigt, die der angemessenen Kapazität eines Mitgliedstaats entspricht, sollte dieser Mitgliedstaat Minderjährigen und ihren Familienangehörigen bei der Entscheidung, bei wem ein Verfahren an der Grenze durchzuführen ist, keinen Vorrang einräumen, es sei denn, sie stellen aus schwerwiegenden Gründen eine Gefahr für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung eines Mitgliedstaats dar. Wenn für sie ein Verfahren an der Grenze durchgeführt wird, sollte die Prüfung der Anträge Minderjähriger und ihrer Familienangehörigen Vorrang haben. Unterbringungseinrichtungen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen sollten unter uneingeschränkter Achtung der Richtlinie (EU) 2024/1346 für ihre Bedürfnisse geeignet sein. Da der Schutz von Kindern von vorrangiger Bedeutung ist, sollte die Kommission empfehlen, dass die Anwendung des Verfahrens an der Grenze auf Familien mit Minderjährigen ausgesetzt wird, wenn aus der gemäß der Verordnung (EU) 2021/2303 durchgeführten Überwachung hervorgeht, dass ein Mitgliedstaat die Anforderungen für die Aufnahme Minderjähriger und ihrer Familienangehörigen nicht erfüllt, und der betreffende Mitgliedstaat sollte die Kommission über die Maßnahmen unterrichten, die ergriffen wurden, um etwaige in der Empfehlung der Kommission angesprochene Mängel zu beheben. Die Empfehlung sollte öffentlich gemacht werden.

(68)

Die Dauer des Verfahrens an der Grenze zur Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz sollte so kurz wie möglich sein, gleichzeitig aber eine vollständige und faire Prüfung der Anträge gewährleisten. Das Verfahren sollte keinesfalls länger als 12 Wochen dauern, einschließlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, diese Frist auf 16 Wochen zu verlängern, wenn die Person gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 überstellt wurde. Diese Frist sollte als eigenständige Frist für das Asylverfahren an der Grenze verstanden werden, die sich von der Registrierung des Antrags bis zu dem Zeitpunkt erstreckt, zu dem der Antragsteller kein Recht mehr auf Verbleib hat und ihm der Verbleib nicht länger gestattet ist. Innerhalb dieses Zeitraums sind die Mitgliedstaaten berechtigt, die Fristen nach nationalem Recht sowohl für die Verwaltungsvorgänge als auch für die verschiedenen anschließenden Verfahrensschritte festzusetzen, wobei diese Fristen jedoch so ausgestaltet sein sollten, dass sichergestellt ist, dass innerhalb von 12 Wochen oder — gegebenenfalls — 16 Wochen das Prüfungsverfahren abgeschlossen wird und gegebenenfalls die Entscheidung über den Antrag auf Verbleib und — wo erforderlich — die Entscheidung über den Rechtsbehelf ergeht. Hat der Mitgliedstaat die entsprechenden Entscheidungen nach Ablauf dieser Frist nicht getroffen, so sollte dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats vorbehaltlich begrenzter Ausnahmen gestattet werden, damit das geeignete Verfahren fortgesetzt wird. Die Einreise in das Hoheitsgebiet ist nicht gestattet, wenn der Antragsteller kein Recht auf Verbleib hat, wenn er keinen Antrag auf Verbleib zum Zwecke eines Rechtsbehelfsverfahrens gestellt hat oder wenn ein Gericht entschieden hat, dass ihm der Verbleib bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens nicht gestattet werden sollte. Um in solchen Fällen den nahtlosen Übergang vom Asyl- zum Rückkehrverfahren sicherzustellen, wird auch das Rückkehrverfahren im Rahmen eines Rückkehrverfahren an der Grenze gemäß der Verordnung (EU) 2024/1349 innerhalb von höchstens 12 Wochen durchgeführt.

(69)

Das Verfahren an der Grenze für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz kann zwar ohne Haft durchgeführt werden, doch sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2024/1346 während des Verfahrens an der Grenze die Gründe für eine Haft geltend machen können, um über das Recht des Antragstellers auf Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu entscheiden. Wird während eines solchen Verfahrens auf die Haft zurückgegriffen, so sollten die Bestimmungen der genannten Richtlinie Anwendung finden, einschließlich in Bezug auf die Garantien für inhaftierte Antragsteller, die Haftbedingungen, die gerichtliche Kontrolle und die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung. In der Regel sollten Minderjährige nicht in Haft genommen werden. Nur in Ausnahmefällen und als letztes Mittel, nachdem festgestellt worden ist, dass weniger einschneidende alternative Maßnahmen nicht wirksam angewandt werden können, unter anderem eine Unterbringung in gemeindenahen Einrichtungen ohne Freiheitsentzug, und nachdem eine Prüfung ergeben hat, dass die Haft ihrem Wohl im Sinne der Richtlinie (EU) 2024/1346 dient, sollten Minderjährige in Haft genommen werden können.

(70)

Wird ein Antrag im Rahmen des Verfahrens an der Grenze abgelehnt, so sollte gegen den betreffenden Antragsteller, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen sofort eine Rückkehrentscheidung oder, wenn die einschlägigen Voraussetzungen der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates (15) erfüllt sind, eine Einreiseverweigerung ergehen. Um die Gleichbehandlung aller Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen zu gewährleisten, deren Antrag im Rahmen des Verfahrens an der Grenze abgelehnt wurde, sollten in Fällen, in denen ein Mitgliedstaat beschlossen hat, die Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (16) aufgrund der dort enthaltenen Ausnahmen nicht auf Drittstaatsangehörige und Staatenlose anzuwenden, und gegen den betreffenden Drittstaatsangehörigen keine Rückkehrentscheidung zu erlassen, die Behandlung und das Schutzniveau des betreffenden Antragstellers, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen im Einklang mit den Vorschriften der Richtlinie 2008/115/EG über günstigere Regelungen in Bezug auf Drittstaatsangehörige stehen, die vom Anwendungsbereich jener Richtlinie ausgenommen sind und der Behandlung und dem Schutzniveau entsprechen, die für Personen gelten, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist.

(71)

Das Verfahren an der Grenze sollte unter uneingeschränkter Einhaltung der Charta und des Unionsrechts durchgeführt werden. Jeder Mitgliedstaat sollte in diesem Kontext einen Mechanismus zur Überwachung der Einhaltung der Grundrechte im Zusammenhang mit dem Verfahren an der Grenze vorsehen, der den Kriterien gemäß der Verordnung (EU) 2024/1356 des Europäischen Parlaments und des Rates (17) entspricht.

(72)

Im Rahmen ihrer jeweiligen Mandate sollten die Agenturen der Union und insbesondere die Asylagentur die Mitgliedstaaten und die Kommission auf Anfrage unterstützen können, um die ordnungsgemäße Durchführung und Funktionsweise der vorliegenden Verordnung, einschließlich ihrer Bestimmungen über das beschleunigte Verfahren und das Verfahren an der Grenze, sicherzustellen. Die Agenturen der Union und insbesondere die Asylagentur können einem Mitgliedstaat spezifische Unterstützung vorschlagen.

(73)

Ein Mitgliedstaat, in den ein Antragsteller nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2024/1351 überstellt wird, sollte den Antrag im Rahmen eines Verfahrens an der Grenze prüfen können, sofern dem Antragsteller noch keine Genehmigung zur Einreise in das Hoheitsgebiet der betreffenden Mitgliedstaaten erteilt wurde und die Bedingungen für die Anwendung eines solchen Verfahrens in dem Mitgliedstaat, aus dem der Antragsteller überstellt wurde, und in dem Mitgliedstaat, in den der Antragsteller überstellt wurde, erfüllt sind.

(74)

Der Begriff „öffentliche Ordnung“ kann unter anderem die Verurteilung wegen der Begehung einer schweren Straftat umfassen.

(75)

Solange ein Antragsteller hierfür triftige Gründe vorbringen kann, sollte das Fehlen von Dokumenten bei der Einreise oder die Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente allein nicht automatisch die Anwendung eines beschleunigten Prüfungsverfahrensverfahrens oder eines Verfahrens an der Grenze zur Folge haben.

(76)

Wenn ein Antragsteller bestimmten Verpflichtungen aus der vorliegenden Verordnung, aus der Verordnung (EU) 2024/1351 oder aus der Richtlinie (EU) 2024/1346 nicht nachkommt, sollte der Antrag nicht weiter geprüft werden und abgelehnt oder für stillschweigend zurückgenommen erklärt werden, und nach dieser Entscheidung sollte jeder neue Antrag dieses Antragstellers in den Mitgliedstaaten als Folgeantrag angesehen werden. Hat eine Person einen Folgeantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt und wird sie gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 an den zuständigen Mitgliedstaat überstellt, so sollte der zuständige Mitgliedstaat nicht verpflichtet sein, den in dem anderen Mitgliedstaat gestellten Antrag zu prüfen.

(77)

Stellt ein Antragsteller einen Folgeantrag, ohne dabei neue Umstände vorzubringen, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, oder die die Gründe für die Ablehnung seines vorherigen Antrags wegen Unzulässigkeit betreffen, so sollte dieser Folgeantrag nicht einem vollständigen Prüfungsverfahren unterzogen werden. In diesen Fällen sollten die Anträge gemäß dem Grundsatz der rechtskräftig entschiedenen Sache (res iudicata) nach einer ersten Prüfung als unzulässig abgelehnt werden. Die erste Prüfung sollte auf der Grundlage schriftlicher Angaben oder einer persönlichen Anhörung erfolgen. Die persönliche Anhörung kann insbesondere dann entfallen, wenn aus den schriftlichen Angaben eindeutig hervorgeht, dass der Antrag keine neuen Umstände enthält. In Bezug auf das Recht des Antragstellers auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats können bei Folgeanträgen Ausnahmen gemacht werden.

(78)

Einem Antragsteller, der in letzter Minute einen Folgeantrag lediglich zu dem Zweck stellt, seine Abschiebung zu verzögern oder zu vereiteln, sollte es nicht gestattet sein, bis zur Bestandskraft der Entscheidung, mit der der Antrag für unzulässig erklärt wurde, im Land zu verbleiben, wenn für die Asylbehörde sofort ersichtlich ist, dass keine neuen Umstände vorgebracht wurden und keine Gefahr der Zurückweisung besteht. Die Asylbehörde sollte eine Entscheidung nach nationalem Recht erlassen, mit der bestätigt wird, dass diese Kriterien erfüllt sind und dem Antragsteller der weitere Verbleib nicht gestattet werden sollte.

(79)

Ein entscheidendes Kriterium für die Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz ist die Sicherheit des Antragstellers in seinem Herkunftsland. In Anbetracht des Ziels der Verordnung (EU) 2024/1347, die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz so weit wie möglich zu vereinheitlichen, sollten mit der vorliegenden Verordnung gemeinsame Kriterien für die Bestimmung von Drittstaaten als sichere Herkunftsländer im Hinblick auf die Notwendigkeit, das Konzept des sicheren Herkunftslands als wesentliches Instrument zur Unterstützung der zügigen Prüfung von Anträgen, die wahrscheinlich unbegründet sind, anzuwenden, festgelegt werden.

(80)

Es sollte möglich sein, einen Drittstaat unter Ausnahme bestimmter Teile seines Hoheitsgebiets oder eindeutig identifizierbarer Personengruppen als sicheres Herkunftsland zu bestimmen. Ferner kann der Umstand, dass ein Drittstaat in einer Liste sicherer Herkunftsländer aufgeführt ist, keine absolute Garantie für die Sicherheit von Staatsangehörigen dieses Staates begründen, auch nicht von Staatsangehörigen, die nicht einer Personengruppe angehören, für die eine solche Ausnahme geschaffen wurde; daher ist es weiterhin geboten, Anträge auf internationalen Schutz in jedem einzelnen Fall angemessen zu prüfen. Bei der dieser Bestimmung zugrunde liegenden Prüfung können naturgemäß nur die allgemeinen staatsbürgerlichen, rechtlichen und politischen Gegebenheiten in dem betreffenden Staat sowie der Umstand berücksichtigt werden, ob Akteure, die in diesem Staat Verfolgung, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durchführen, auch tatsächlich bestraft werden, wenn sie für schuldig befunden werden. Daher sollte es nur dann möglich sein, das Konzept des sicheren Herkunftslands anzuwenden, wenn der Antragsteller im Rahmen einer Einzelfallprüfung keine Umstände vorbringen kann, die begründen, warum das Konzept des sicheren Herkunftslands auf ihn nicht anwendbar ist

(81)

Bei der Bestimmung sicherer Herkunftsländer und sicherer Drittstaaten auf Unionsebene dürften einige der bestehenden Unterschiede zwischen den von den Mitgliedstaaten erstellten nationalen Listen sicherer Staaten angegangen werden. Auch wenn die Mitgliedstaaten weiterhin das Recht haben sollten, Rechtsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen, die es ermöglichen, auf nationaler Ebene sichere Drittstaaten zu benennen, die nicht als sichere Drittstaaten oder sichere Herkunftsländer auf Unionsebene benannt sind, sollte durch die gemeinsame Bestimmung oder Liste sichergestellt werden, dass die Konzepte von allen Mitgliedstaaten einheitlich gegenüber Antragstellern angewendet werden, deren Herkunftsländer bestimmt sind oder für die es einen sicheren Drittstaat gibt. Dies sollte zu einheitlicheren Verfahren führen, wodurch auch der Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz beantragen, entgegengewirkt werden soll.

(82)

Die Kommission sollte mit der Unterstützung der Asylagentur die Lage in den Drittstaaten überprüfen, die als sichere Drittstaaten oder sichere Herkunftsländer auf Unionsebene bestimmt wurden. Im Falle einer erheblichen Verschlechterung der Lage in einem solchen Drittstaat und nach einer substanziierten Bewertung sollte es der Kommission möglich sein, im Wege eines delegierten Rechtsakts die Bestimmung dieses Drittstaats als sicheren Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene für einen begrenzten Zeitraum auszusetzen. Die Kommission sollte auch die Ausnahme des betreffenden Drittstaats von der Bestimmung als sicherer Drittstaat oder als sicherer Herkunftsstaat für den Zeitraum von sechs Monaten ausnehmen können und diese Ausnahme einmal verlängern können Um auf eine erhebliche Verschlechterung der Lage in einem Drittstaat, der als sicherer Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene benannt wurde, reagieren zu können, sollte der Kommission im Einklang mit Artikel 290 AEUV die Befugnis zur Annahme von Rechtsakten übertragen werden, um die Ausnahme des betreffenden Drittstaat für den Zeitraum von sechs Monaten von der Bestimmung als sicherer Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene auszuweiten, wenn sie aufgrund einer substantiierten Bewertung zu der Auffassung gelangt, dass die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen nicht mehr erfüllt sind. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt und dass diese Konsultationen mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (18) festgelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(83)

Die Kommission sollte die Lage in diesem Drittstaat fortlaufend prüfen und dabei unter anderem die von den Mitgliedstaaten und der Asylagentur übermittelten Angaben zu späteren Änderungen der Situation in diesem Drittland berücksichtigen. Innerhalb von drei Monaten nach dem Erlass des delegierten Rechtsakts, mit dem der Drittstaat vorübergehend ausgenommen wird, sollte die Kommission in diesem Fall außerdem gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren eine Änderung vorschlagen, um diesen Drittstaat von der Bestimmung als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene zu streichen. Für die Zwecke der substanziierten Bewertung sollte sich die Kommission auf eine Reihe ihr zur Verfügung stehender Informationsquellen stützen, insbesondere ihre jährlichen Fortschrittsberichte über die vom Europäischen Rat als Kandidatenländer benannten Drittstaaten, regelmäßige Berichte des Europäischen Auswärtigen Dienstes sowie Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur, des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Europarats und sonstiger einschlägiger internationaler Organisationen.

(84)

Endet die Geltungsdauer des delegierten Rechtsakts und seiner etwaigen Verlängerungen und wird kein weiterer delegierter Rechtsakt erlassen, so sollte die Bestimmung des Drittstaats als sicherer Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene nicht länger ausgesetzt werden. Dies sollte etwaige Änderungsvorschläge zur Entfernung des Drittstaates von der Bestimmung unberührt lassen

(85)

Die Kommission sollte mit der Unterstützung der Asylagentur die Lage in den Drittstaaten überprüfen, die von der Bestimmung als sichere Herkunftsländer oder sichere Drittstaaten auf Unionsebene gestrichen wurden; sie sollte dies auch tun, wenn ein Mitgliedstaat der Kommission mitteilt, dass er aufgrund einer substanziierten Bewertung zu der Auffassung gelangt ist, dass der Staat infolge von Änderungen seiner Lage die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen für die Bestimmung als sicherer Staat wieder erfüllt. In einem solchen Fall sollen die Mitgliedstaaten den betreffenden Drittstaat lediglich auf einzelstaatlicher Ebene als sicheres Herkunftsland oder sicheren Drittstaat benennen dürfen, solange die Kommission nicht innerhalb von zwei Jahren nach der Streichung dieses Drittstaats von der Bestimmung als sicherer Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene Einwände gegen diese Bestimmung erhebt. Ist die Kommission der Auffassung, dass diese Bedingungen erfüllt sind, so kann sie einen Vorschlag zur Änderung der Bestimmung sicherer Drittstaaten oder sicherer Herkunftsländer auf Unionsebene vorlegen, um den Drittstaat hinzuzufügen.

(86)

Bezüglich des Entzugs der Flüchtlingseigenschaft oder des Status subsidiären Schutzes sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Personen mit internationalem Schutzstatus ordnungsgemäß über eine eventuelle Überprüfung ihres Status informiert werden und dass ihnen Gelegenheit gegeben wird, innerhalb einer angemessenen Frist in einer schriftlichen Erklärung oder in einer persönlichen Anhörung ihren Standpunkt darzulegen, bevor die Behörden eine begründete Entscheidung über den Entzug ihres Status treffen können.

(87)

Gegen Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz, mit denen er als unzulässig, als unbegründet oder offensichtlich unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den Status subsidiären Schutzes oder als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wird, und gegen Entscheidungen zum Entzug der Flüchtlingseigenschaft oder des Status subsidiären Schutzes sollte ein wirksamer Rechtsbehelf vor einem Gericht gegeben sein, der sämtliche in Artikel 47 der Charta festgeschriebenen Anforderungen und Bedingungen erfüllt. Der Antragsteller sollte seinen Rechtsbehelf innerhalb einer bestimmten Frist einlegen, um ein effektives Verfahren sicherzustellen. Damit der Antragsteller diese Frist einhalten kann und um sicherzustellen, dass er die gerichtliche Überprüfung effektiv in Anspruch nehmen kann, sollte ihm unentgeltliche Rechtsberatung und Rechtsvertretung gewährt werden. Dies sollte die Möglichkeit für Antragsteller oder Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz unberührt lassen, andere auf nationaler Ebene vorgesehene Rechtsbehelfe mit allgemeiner Anwendung in Anspruch zu nehmen, die nicht für das Verfahren zur Zuerkennung oder zum Entzug des internationalen Schutzes spezifisch sind.

(88)

In einigen Mitgliedstaaten sehen die verfahrensrechtlichen Vorschriften vor, dass über der in dieser Verordnung festgelegten Instanz hinaus ein Rechtsbehelf in zweiter Instanz eingelegt werden kann. In Anbetracht der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität sowie unter gebührender Berücksichtigung der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten und der Ziele dieser Verordnung ist es angebracht, die Definition des Begriffs „unanfechtbare Entscheidung“ flexibel zu gestalten, indem auf das einzelstaatliche Recht Bezug genommen wird, wobei die Mitgliedstaaten mindestens die Rechtsbehelfe gemäß Kapitel V dieser Verordnung vorsehen sollten, bevor eine Entscheidung im Einklang mit einzelstaatlichem Recht unanfechtbar wird. Wurde ein Folgeantrag gestellt, bevor die Entscheidung über einen früheren Antrag bestandskräftig wird, so sollte er als weitere Angabe betrachtet und gegebenenfalls im Rahmen des laufenden Verwaltungs- oder Rechtsbehelfsverfahrens geprüft werden.

(89)

Der Begriff „Gericht“ ist ein unionsrechtlicher Begriff, wie er vom Gerichtshof der Europäischen Union ausgelegt wird. Neben anderen Umständen kann der Begriff nur eine staatliche Stelle bezeichnen, die im Verhältnis zu der Stelle, von der die zu überprüfende Entscheidung stammt, die Eigenschaft eines Dritten hat. Diese Stelle sollte gerichtliche Aufgaben wahrnehmen, und es ist nicht entscheidend, ob diese Stelle nach nationalem Recht als Gericht anerkannt ist. Diese Verordnung sollte die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Organisation ihres nationalen Gerichtssystems und die Festlegung der Zahl der Rechtsbehelfsinstanzen unberührt lassen. Sieht das nationale Recht die Möglichkeit vor, weitere Rechtsbehelfe gegen eine erste Rechtsbehelfsentscheidung oder spätere Rechtsbehelfsentscheidungen einzulegen, so sollten das Verfahren und die aufschiebende Wirkung solcher Rechtsbehelfe im Einklang mit dem Unionsrecht und internationalen Verpflichtungen im einzelstaatlichen Recht geregelt werden.

(90)

Für die Zwecke des Rechtsbehelfsverfahrens können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Anhörungen vor einem erstinstanzlichen Gericht per Videokonferenz abgehalten werden können, sofern die erforderlichen Vorkehrungen getroffen wurden.

(91)

Damit ein Antragsteller sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Ablehnung seines Antrags auf internationalen Schutz geltend machen kann, sollten alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung automatisch ausgesetzt werden, solange der Antragsteller zum Verbleib im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats berechtigt ist oder ihm der Verbleib gestattet wurde.

(92)

Dem Antragsteller sollte grundsätzlich gestattet sein, bis zum Ablauf der Frist für das Einlegen des Rechtsbehelfs in erster Instanz und — wenn er sein Recht innerhalb der gesetzten Frist wahrnimmt — bis zum Ergebnis des Rechtsbehelfs im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben. Nur in den in dieser Verordnung festgelegten begrenzten Fällen, in denen Anträge wahrscheinlich unbegründet sind, und unbeschadet des Grundsatzes der Nichtzurückweisung sollte der Antragsteller für die Zwecke des Rechtsbehelfs nicht automatisch zum Verbleib berechtigt sein.

(93)

In Fällen, in denen der Antragsteller nicht automatisch berechtigt ist, für die Zwecke des Rechtsbehelfs im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben, sollte ein Gericht dem Antragsteller auf dessen Antrag oder von Amts wegen gestatten können, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben. In solchen Fällen sollten Antragsteller ein Recht auf Verbleib haben, bis die Frist für die Stellung eines bei Gericht gestellten Antrags auf Gestattung des Verbleibs abgelaufen ist und, falls der Antragsteller einen solchen Antrag fristgerecht gestellt hat, bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts. Um missbräuchlichen oder in letzter Minute gestellten Folgeanträgen entgegenzuwirken und um weitere unbegründete Folgeanträge zu unterbinden, sollten die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht vorsehen können, dass Antragsteller bei abgelehnten Folgeanträgen nicht länger zum Verbleib berechtigt sind. Im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung, ob dem Antragsteller gestattet werden sollte, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im Mitgliedstaat zu verbleiben, sollten die Verteidigungsrechte des Antragstellers durch Bereitstellung notwendiger Dolmetschleistungen und Rechtsberatung angemessen gewährleistet werden. Das zuständige Gericht sollte die Entscheidung über die Ablehnung internationalen Schutzes zudem sachlich und rechtlich nachprüfen können.

(94)

Um eine wirksame Rückkehr zu gewährleisten, sollten Antragsteller im Stadium eines Rechtsbehelfs in zweiter oder höherer Instanz vor einem Gericht gegen eine ablehnende Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz nicht das Recht haben, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben, unbeschadet der Möglichkeit für ein Gericht, dem Antragsteller den Verbleib zu gestatten.

(95)

Um die Kohärenz der gerichtlichen Nachprüfung einer Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wird, und der damit verbundenen Rückkehrentscheidung durch ein Gericht sicherzustellen und um die Prüfung des Falls zu beschleunigen und die Belastung der zuständigen Justizbehörden zu verringern, sollten solche Entscheidungen Gegenstand eines gemeinsamen Verfahrens vor demselben Gericht sein, wenn sie als Teil der damit verbundenen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz oder der damit verbundenen Entscheidung über den Entzug des internationalen Schutzes ergehen.

(96)

Um Fairness und Objektivität bei der Bearbeitung von Anträgen und die Wirksamkeit des gemeinsamen Verfahrens für internationalen Schutz zu gewährleisten, sollten Fristen für das Verwaltungsverfahren festgelegt werden.

(97)

Nach Artikel 72 AEUV berührt diese Verordnung nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

(98)

Die Verarbeitung personenbezogener Daten in den Mitgliedstaaten gemäß der vorliegenden Verordnung erfolgt nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (19).

(99)

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Asylagentur im Rahmen der vorliegenden Verordnung sollte im Einklang mit der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) sowie mit der Verordnung (EU) 2021/2303 und insbesondere mit den Grundsätzen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit erfolgen.

(100)

Personenbezogene Daten, die bei der Registrierung oder Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz oder während der persönlichen Anhörung erhoben werden, sollten als Bestandteil der Akte des Antragstellers gelten und eine ausreichende Zahl von Jahren aufbewahrt werden, da Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragen, möglicherweise über Jahre hin versuchen können, auch in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz zu beantragen, oder im selben oder in einem anderen Mitgliedstaat weitere Folgeanträge zu stellen. Da die meisten Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, die sich über mehrere Jahre in der Union aufhalten, zehn Jahre nach der Gewährung internationalen Schutzes einen dauerhaften Status erlangt oder sogar die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erworben haben dürften, sollte für die Speicherung von personenbezogenen Daten, einschließlich Fingerabdrücke und Gesichtsbilder, ein Zeitraum von zehn Jahren als erforderlich angesehen werden.

(101)

Die vorliegende Verordnung betrifft nicht die Verfahren zwischen Mitgliedstaaten im Rahmen der Verordnung (EU) 2024/1351 und auch nicht die Rechtsbehelfe im Rahmen dieser Verfahren.

(102)

Die vorliegende Verordnung sollte für Antragsteller, für die die Verordnung (EU) 2024/1351 gilt, zusätzlich zu den Bestimmungen jener Verordnung und unbeschadet ihrer Bestimmungen gelten.

(103)

Um eine einheitliche Durchführung dieser Verordnung zum Zeitpunkt ihres Geltungsbeginns zu gewährleisten, sollten auf Unionsebene und auf nationaler Ebene Durchführungspläne, in denen Lücken und operative Schritte für jeden Mitgliedstaat ermittelt werden, ausgearbeitet und umgesetzt werden.

(104)

Die Anwendung dieser Verordnung sollte in regelmäßigen Abständen bewertet werden.

(105)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Einführung eines gemeinsamen Verfahrens für die Zuerkennung und den Entzug internationalen Schutzes, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Verordnung besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(106)

Nach den Artikeln 1 und 2 und Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Irland weder bindend noch Irland gegenüber anwendbar ist.

(107)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(108)

Diese Verordnung achtet die Grundrechte und hält die Grundsätze ein, die insbesondere mit der Charta anerkannt werden. Die Verordnung zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde zu gewährleisten und die Anwendung der Artikel 1, 4, 8, 18, 19, 21, 23, 24, und 47 der Charta zu fördern —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

Mit der vorliegenden Verordnung wird ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und den Entzug internationalen Schutzes im Sinne der Verordnung (EU) 2024/1347 eingeführt.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet — einschließlich an den Außengrenzen, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen — der Mitgliedstaaten gestellt werden, sowie für den Entzug des internationalen Schutzes.

(2)   Diese Verordnung gilt nicht für Anträge auf internationalen Schutz und Ersuchen um diplomatisches oder territoriales Asyl in Vertretungen der Mitgliedstaaten.

(3)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Verordnung auf Anträge auf Schutz anzuwenden, auf die die Verordnung (EU) 2024/1347 keine Anwendung findet.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Flüchtling“ einen Drittstaatsangehörigen, der sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will, und auf den Artikel 12 der Verordnung (EU) 2024/1347 keine Anwendung findet;

2.

„Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber triftige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland oder, bei einem Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Artikels 15 der Verordnung (EU) 2024/1347 zu erleiden, und auf den Artikel 17 Absätze 1 und 2 der genannten Verordnung keine Anwendung findet und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will;

3.

„Flüchtlingseigenschaft“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347;

4.

„Status subsidiären Schutzes“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen durch einen Mitgliedstaat als Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347;

5.

„internationaler Schutz“ die Flüchtlingseigenschaft oder den Status subsidiären Schutzes;

6.

„Minderjähriger“ einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat;

7.

„unbegleiteter Minderjähriger“ einen Minderjährigen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ankommt, solange dieser Minderjährige sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befindet; dies schließt einen Minderjährigen ein, der nach der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten dort ohne Begleitung zurückgelassen wird;

8.

„unanfechtbare Entscheidung“ eine Entscheidung darüber, ob einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 die Flüchtlingseigenschaft oder der Status subsidiären Schutzes zuzuerkennen ist, einschließlich einer Entscheidung, den Antrag als unzulässig abzulehnen, oder einer Entscheidung, mit der ein Antrag als stillschweigend oder ausdrücklich zurückgenommen abgelehnt wird, gegen die kein Rechtsbehelf nach Kapitel V der vorliegenden Verordnung mehr eingelegt werden kann oder die nach einzelstaatlichem Recht endgültig geworden ist, unabhängig davon, ob der Antragsteller nach der vorliegenden Verordnung zum Verbleib berechtigt ist;

9.

„Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz“ eine Prüfung der Zulässigkeit oder der Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EU) 2024/1347;

10.

„biometrische Daten“ biometrische Daten im Sinne der Begriffsbestimmung in [Artikel 2 Buchstabe u der Verordnung (EU) 2024/1358;

11.

„angemessene Kapazität“ die jederzeit erforderliche Kapazität, das Asylverfahren an der Grenze und das Rückkehrverfahren an der Grenze gemäß der Verordnung (EU) 2024/1349 oder gegebenenfalls ein gleichwertiges Rückkehrverfahren an der Grenze nach nationalem Recht durchführen zu können;

12.

„Antrag auf internationalen Schutz“ oder „Antrag“ das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des Status subsidiären Schutzes anstrebt;

13.

„Antragsteller“ einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch keine unanfechtbare Entscheidung ergangen ist;

14.

„Antragsteller, der besondere Verfahrensgarantien benötigt,“ einen Antragsteller, dessen Fähigkeit, die Rechte aus dieser Verordnung in Anspruch zu nehmen und den sich aus dieser Verordnung ergebenden Pflichten nachzukommen, aufgrund individueller Umstände wie bestimmter Vulnerabilität eingeschränkt ist;

15.

„Staatenloser“ eine Person, die von keinem Staat nach dessen geltendem Recht als Staatsangehöriger betrachtet wird;

16.

„Asylbehörde“ eine gerichtsähnliche Einrichtung oder Verwaltungseinrichtung in einem Mitgliedstaat, die für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig und befugt ist, in der Verwaltungsphase des Verfahrens Entscheidungen zu erlassen;

17.

„Entzug des internationalen Schutzes“ eine Entscheidung einer Asylbehörde oder eines zuständigen Gerichts, internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 abzuerkennen oder zu beenden, etwa indem eine Verlängerung abgelehnt wird;

18.

„Verbleib im Mitgliedstaat“ den Verbleib im Hoheitsgebiet — einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen — des Mitgliedstaats, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde oder geprüft wird;

19.

„Folgeantrag“ einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der in einem beliebigen Mitgliedstaat nach Erlass einer unanfechtbaren Entscheidung über einen früheren Antrag gestellt wird, auch in Fällen, in denen der Antrag als ausdrücklich oder stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wurde;

20.

„zuständiger Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, der nach der Verordnung (EU) 2024/1351 für die Prüfung eines Antrags zuständig ist.

Artikel 4

Zuständige Behörden

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt nach nationalem Recht eine Asylbehörde, die die Aufgaben, die ihr gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EU) 2024/1347 übertragen wurden, wahrnimmt, insbesondere:

a)

Entgegennahme und Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz;

b)

Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz;

c)

Entscheidungen über den Entzug des internationalen Schutzes.

Die Asylbehörde ist während des Verwaltungsverfahrens die einzige Behörde, die befugt ist, über die Zulässigkeit und die Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz zu entscheiden.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 betrauen die Mitgliedstaaten andere einschlägige nationale Behörden mit der Aufgabe, Anträge auf internationalen Schutz entgegenzunehmen und die Antragsteller darüber zu informieren, wo und wie ein Antrag gemäß Artikel 28 einzureichen ist. Zu diesen anderen nationalen Behörden gehören zumindest die Polizei, Einwanderungsbehörden, Grenzschutzbeamte und die Behörden, die für Haft- oder Unterbringungseinrichtungen zuständig sind.

(3)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine für die Registrierung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständige Behörde. Die Mitgliedstaaten können die Asylbehörde oder andere einschlägige Behörden mit der Aufgabe der Registrierung von Anträgen auf internationalen Schutz betrauen.

(4)   Geht ein Antrag bei einer Behörde ein, die nicht zu seiner Registrierung befugt ist, so unterrichtet diese Behörde unverzüglich die für die Registrierung von Anträgen zuständige Behörde, und dieser Antrag wird gemäß Artikel 27 registriert. Die für die Entgegennahme des Antrags zuständige Behörde teilt der Person, die internationalen Schutz beantragt, auch mit, welche Behörde für die Registrierung des Antrags zuständig ist.

(5)   Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 teilt jeder Mitgliedstaat der Kommission bis zum 12. Juni 2026 die Behörden mit, die er für die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß diesen Absätzen benannt hat, und gibt an, mit welchen Aufgaben sie betraut wurden. Jede Änderung der Benennung dieser Behörden ist der Kommission unverzüglich mitzuteilen.

(6)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine andere Behörde als die Asylbehörde für das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 zuständig ist.

(7)   Jeder Mitgliedstaat stellt der Asylbehörde und den anderen gemäß diesem Artikel benannten zuständigen Behörden angemessene Mittel zur Verfügung, einschließlich für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung qualifizierten Personals in ausreichender Zahl.

(8)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Personal der zuständigen Behörden, die diese Verordnung anwenden, über angemessene Kenntnisse verfügt und an Schulungen teilgenommen hat, einschließlich der entsprechenden Schulung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2021/2303, sowie Leitlinien erhalten hat, damit es seinen Verpflichtungen bei der Anwendung dieser Verordnung nachkommt.

Artikel 5

Unterstützung der zuständigen Behörden

Unbeschadet des Artikels 4 Absätze 7 und 8 können die nach Artikel 4 benannten zuständigen Behörden auf Ersuchen des Mitgliedstaats bei der Entgegennahme und Registrierung von Anträgen auf internationalen Schutz und zur Erleichterung der Prüfung von Anträgen, auch in Bezug auf die persönliche Anhörung, unterstützt werden von

a)

Sachverständigen, die von der Asylagentur der Europäischen Union (im Folgenden „Asylagentur“) gemäß der Verordnung (EU) 2021/2303 entsandt wurden, und

b)

den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats, die von diesem Mitgliedstaat mit der Entgegennahme, Registrierung oder Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz betraut wurden.

Die gemäß Artikel 4 benannten zuständigen Behörden dürfen die Behörden eines anderen Mitgliedstaats nur bei den Aufgaben unterstützen, mit denen sie von ihrem eigenen Mitgliedstaat betraut wurden.

Die Zuständigkeit für die Entscheidung über einzelne Anträge auf internationalen Schutz verbleibt ausschließlich bei der Asylbehörde des zuständigen Mitgliedstaats.

Artikel 6

Rolle des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen

(1)   Die Mitgliedstaaten gewähren dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen

a)

Zugang zu Antragstellern, auch zu jenen, die sich in Unterbringungseinrichtungen, Haft, an der Grenze oder in Transitzonen befinden;

b)

Zugang zu Informationen über einzelne Anträge auf internationalen Schutz, über den Verlauf des Verfahrens und über die erlassenen Entscheidungen, sofern der Antragsteller dem zustimmt;

c)

die Möglichkeit zur Stellungnahme zu einzelnen Anträgen auf internationalen Schutz in jedem Verfahrensabschnitt und bei jeder zuständigen Behörde in Ausübung der Überwachungsbefugnisse nach Artikel 35 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967 durch Ergänzung geänderten Fassung (im Folgenden die „Genfer Flüchtlingskonvention“).

(2)   Absatz 1 findet auch auf eine Organisation Anwendung, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Auftrag des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit diesem Mitgliedstaat tätig ist.

Artikel 7

Grundsatz der Vertraulichkeit

(1)   Die mit der Anwendung dieser Verordnung betrauten Behörden sind in Bezug auf alle personenbezogenen Informationen, von denen sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangen, an den Grundsatz der Vertraulichkeit gebunden, einschließlich hinsichtlich des Informationsaustauschs nach Unionsrecht oder nationalem Recht zwischen Behörden der Mitgliedstaaten, der für die Anwendung dieser Verordnung erheblich ist.

(2)   Während des gesamten Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes und nach Erlass einer unanfechtbaren Entscheidung über den Antrag

a)

geben die Behörden keine Informationen über einzelne Anträge auf internationalen Schutz oder über die Tatsache, dass ein solcher Antrag gestellt wurde, an die Akteure weiter, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt haben;

b)

werden von den Behörden bei den Akteuren, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt haben, keine Informationen in einer Weise eingeholt, die diesen Akteuren die Tatsache zur Kenntnis bringen würde, dass der betreffende Antragsteller einen Antrag gestellt hat.

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND GARANTIEN

ABSCHNITT I

Rechte und Pflichten der Antragsteller

Artikel 8

Garantien für Antragsteller

(1)   Während des Verwaltungsverfahrens nach Kapitel III verfügen die Antragsteller über die in den Absätzen 2 bis 6 dieses Artikels genannten Garantien.

(2)   Die Asylbehörde oder gegebenenfalls andere von den Mitgliedstaaten damit beauftragte Behörden oder Organisationen informieren Antragsteller in einer Sprache, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie sie verstehen, über

a)

das Recht, einen individuellen Antrag einzureichen;

b)

die Fristen und die einzelnen Schritte des zu befolgenden Verfahrens;

c)

ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens, einschließlich gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351, und die Folgen der Nichteinhaltung dieser Pflichten, insbesondere in Bezug auf die ausdrückliche oder stillschweigende Rücknahme eines Antrags;

d)

das Recht auf unentgeltliche Rechtsauskunft für die Einreichung des individuellen Antrags und auf Rechtsberatung und -vertretung in allen Phasen des Verfahrens nach Abschnitt III dieses Kapitels und gemäß den Artikeln 15, 16, 17, 18 und 19;

e)

die Möglichkeiten, mit denen sie die Verpflichtung, die Angaben nach Artikel 4 der Verordnung (EU) 2024/1347 darlegen, einhalten können;

f)

die Entscheidung der Asylbehörde gemäß Artikel 36.

Alle Informationen nach diesem Absatz werden so rasch wie möglich bereitgestellt, damit Antragsteller die in der vorliegenden Verordnung garantierten Rechte in Anspruch nehmen und ihren in Artikel 9 genannten Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen können. Die Informationen nach Unterabsatz 1 Buchstaben a bis e dieses Absatzes werden dem Antragsteller spätestens zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf internationalen Schutz erteilt. Diese Informationen werden mittels des in Absatz 7 genannten Merkblatts in Papierform oder elektronisch und erforderlichenfalls mündlich erteilt. Minderjährige werden in kindgerechter Weise und unter Einbeziehung des Vertreters oder der in Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a dieser Verordnung genannten Person informiert.

Der Antragsteller erhält Gelegenheit, den Erhalt der Informationen zu bestätigen. Diese Bestätigung wird in der Akte des Antragstellers vermerkt. Weigert sich der Antragsteller zu bestätigen, dass er die Informationen erhalten hat, so wird ein entsprechender Vermerk in seine Akte aufgenommen.

(3)   Falls eine angemessene Verständigung auf andere Weise nicht gewährleistet werden kann, wird den Antragstellern während des Verwaltungsverfahrens ein Dolmetscher für die Zwecke der Registrierung und Einreichung des Antrags und gegebenenfalls für die persönliche Anhörung zur Seite gestellt. Die Kosten für die Dolmetschleistungen trägt die öffentliche Hand.

(4)   Die zuständigen Behörden geben den Antragstellern so schnell wie möglich und vor der Frist für die Einreichung eines Antrags nach Artikel 28 Absatz 1 Gelegenheit, mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen oder einer anderen Organisation, die für Antragsteller nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts Rechtsberatung oder sonstige Beratungsleistungen erbringt, Verbindung aufzunehmen.

(5)   Die Asylbehörde stellt sicher, dass Antragsteller und gegebenenfalls ihre Vertreter oder Rechtsberater oder sonstiger nach nationalem Recht für die Erbringung von Rechtsberatung zugelassener oder zulässiger Berater (im Folgenden „Rechtsberater“) Zugang zu den in Artikel 34 Absatz 2 Buchstaben b und c genannten für die Prüfung des Antrags erforderlichen Informationen und den von Sachverständigen gemäß Artikel 34 Absatz 3 bereitgestellten Informationen erhalten, sofern diese Informationen von der Asylbehörde zum Zweck der Entscheidung über den Antrag berücksichtigt wurden.

(6)   Die Asylbehörde setzt die Antragsteller in schriftlicher Form so schnell wie möglich von der Entscheidung über ihren Antrag in Kenntnis. Wird der Antragsteller durch einen Vertreter oder Rechtsberater rechtlich vertreten, so kann die Asylbehörde bestimmen, dass dieser Vertreter oder Rechtsberater statt des Antragstellers von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wird.

(7)   Die Asylagentur erstellt in enger Zusammenarbeit mit der Kommission und jedem Mitgliedstaat Merkblätter mit den nach diesem Artikel erforderlichen Informationen. Diese Merkblätter werden so gestaltet, dass die Mitgliedstaaten sie durch zusätzliche Informationen ergänzen können, die für den betreffenden Mitgliedstaat spezifisch sind, und tragen den Besonderheiten vulnerabler Antragsteller wie Minderjähriger oder behinderter Personen Rechnung.

Artikel 9

Pflichten des Antragstellers

(1)   Der Antragsteller stellt den Antrag in dem Mitgliedstaat gemäß [Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2024/1351.

(2)   Der Antragsteller kooperiert in den unter diese Verordnung fallenden Angelegenheiten uneingeschränkt mit den zuständigen Behörden gemäß Artikel 4, insbesondere indem er

a)

die in Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben a, b und d genannten Daten bereitstellt;

b)

eine Begründung angibt, wenn er nicht im Besitz eines Identitäts- oder Reisedokuments ist;

c)

Angaben zu etwaigen Änderungen in Bezug auf Aufenthaltsort, Anschrift, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse macht;

d)

biometrische Daten zur Verfügung stellt;

e)

seinen Antrag gemäß Artikel 28 einreicht und während des gesamten Verfahrens verfügbar bleibt;

f)

die in seinem Besitz befindlichen und für die Prüfung des Antrags relevanten Dokumente so schnell wie möglich aushändigt;

g)

an der persönlichen Anhörung unbeschadet des Artikels 13 teilnimmt;

h)

im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleibt, in dem er sich gemäß Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2024/1351 aufzuhalten hat.

Beschließen die zuständigen Behörden, Dokumente gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe f einzubehalten, so stellen sie sicher, dass der Antragsteller unverzüglich Kopien der Originale erhält. Im Falle einer Überstellung gemäß Artikel 46 der Verordnung (EU) 2024/1351 händigen die zuständigen Behörden dem Antragsteller diese Dokumente zum Zeitpunkt der Überstellung wieder aus.

(3)   Der Antragsteller muss jede Mitteilung der zuständigen Behörden an dem Aufenthaltsort beziehungsweise der Anschrift, an die Telefonnummer oder die E-Mail-Adresse, den/die er selbst den zuständigen Behörden zuletzt mitgeteilt hat, gegen sich gelten lassen, insbesondere wenn er einen Antrag gemäß Artikel 28 einreicht.

Die Mitgliedstaaten legen in ihren nationalen Rechtsvorschriften die Art der Mitteilung und den Zeitpunkt fest, zu dem die Mitteilung als vom Antragsteller erhalten gilt.

(4)   Der Antragsteller ist verpflichtet, sich entsprechend den Vorgaben des Mitgliedstaats, in dem er sich gemäß der Verordnung (EU) 2024/1346 aufzuhalten hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in angemessenen Zeitabständen bei den zuständigen Behörden zu melden oder sich gemäß der Richtlinie (EU) 2024/1351 in einem bestimmten geografischen Gebiet innerhalb des Hoheitsgebiets aufzuhalten.

(5)   Unbeschadet einer Durchsuchung aus Sicherheitsgründen und sofern dies für die Prüfung eines Antrags erforderlich und hinreichend begründet ist, können die zuständigen Behörden vom Antragsteller verlangen, sich oder seine Sachen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften durchsuchen zu lassen. Die zuständige Behörde teilt dem Antragsteller die Gründe für die Durchsuchung mit und nimmt diese in die Akte des Antragstellers auf. Jede Durchsuchung des Antragstellers gemäß dieser Verordnung wird von einer Person gleichen Geschlechts unter uneingeschränkter Achtung der Grundsätze der Menschenwürde und der physischen und psychischen Unversehrtheit durchgeführt.

Artikel 10

Recht auf Verbleib während des Verwaltungsverfahrens

(1)   Antragsteller sind berechtigt, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem sie sich gemäß Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2024/1351 aufzuhalten haben, zu verbleiben, bis die Asylbehörde im Verwaltungsverfahren gemäß Kapitel III eine Entscheidung über den Antrag getroffen hat.

(2)   Aus dem Recht auf Verbleib ergibt sich kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel, und es verleiht dem Antragsteller nicht das Recht, ohne ein Reisedokument nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2024/1346 in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zu reisen.

(3)   Der Antragsteller hat nicht das Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats während des Verwaltungsverfahrens, wenn die Person aufgrund von Verpflichtungen aus einem Europäischen Haftbefehl, der gemäß dem Rahmenbeschluss des Rates 2002/584/JI (21) ausgestellt wurde, an einen anderen Mitgliedstaat übergeben wird.

(4)   Die Mitgliedstaaten können eine Ausnahme von der Berechtigung des Antragstellers zum Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet während des Verwaltungsverfahrens vorsehen, wenn der Antragsteller

a)

einen Folgeantrag gemäß Artikel 55 stellt und die Bedingungen des Artikels 56 erfüllt sind;

b)

zum Zwecke der Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung an einen anderen Mitgliedstaat, einen Drittstaat, den Internationalen Strafgerichtshof oder ein anderes internationales Gericht ausgeliefert, übergeben oder überstellt wird oder werden soll;

c)

unbeschadet der Artikel 12 und 17 der Verordnung (EU) 2024/1347 eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt, sofern die Anwendung einer solchen Ausnahme nicht dazu führt, dass der Antragsteller unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung in ein Drittland abgeschoben wird.

(5)   Ein Mitgliedstaat darf einen Antragsteller nur dann an einen Drittstaat oder ein internationales Gericht gemäß Absatz 4 Buchstabe b ausliefern, übergeben oder überstellen, wenn die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass eine solche Entscheidung der Auslieferung, Übergabe oder Überstellung keine unmittelbare oder mittelbare Zurückweisung zur Folge hat, die einen Verstoß gegen die völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Pflichten dieses Mitgliedstaats darstellt.

ABSCHNITT II

Persönliche Anhörungen

Artikel 11

Anhörung zur Zulässigkeit des Antrags

(1)   Unbeschadet des Artikels 38 Absatz 1 und des Artikels 55 Absatz 4 wird vor einer Entscheidung der Asylbehörde über die Unzulässigkeit eines Antrags gemäß Artikel 38 dem Antragsteller Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zur Zulässigkeit (im Folgenden „Anhörung zur Zulässigkeit“) gegeben.

(2)   Im Rahmen der Anhörung zur Zulässigkeit wird dem Antragsteller die Gelegenheit gegeben, Gründe dafür anzuführen, dass die in Artikel 38 genannten Unzulässigkeitskriterien auf ihn nicht anwendbar sind.

Artikel 12

Anhörung zum Inhalt des Antrags

(1)   Bevor die Asylbehörde eine Entscheidung über die Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz trifft, wird dem Antragsteller Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zum Inhalt seines Antrags (im Folgenden „Anhörung zum Inhalt“) gegeben. Die Anhörung zum Inhalt kann gleichzeitig mit der Anhörung zur Zulässigkeit durchgeführt werden, sofern der Antragsteller vorab über diese Möglichkeit informiert wurde und sich mit seinem Rechtsberater gemäß Artikel 15 oder mit einer Person, die mit der Bereitstellung von Rechtsauskunft betraut ist, gemäß Artikel 16 beraten konnte.

(2)   Im Rahmen der Anhörung zum Inhalt wird dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, die zur Begründung seines Antrags notwendigen Angaben gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 vorzulegen, wobei er die Angaben gemäß Artikel 4 Absatz 2 der genannten Verordnung möglichst vollständig vorlegen muss. Dem Antragsteller wird die Gelegenheit gegeben, sich zu möglicherweise fehlenden Angaben oder zu Abweichungen oder Widersprüchen in seinen Aussagen zu äußern.

Artikel 13

Anforderungen an persönliche Anhörungen

(1)   Persönliche Anhörungen gemäß den Artikeln 11 und 12 werden gemäß den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen durchgeführt.

(2)   Wird ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß Artikel 31 eingereicht, so wird dem gemäß der genannten Bestimmung verantwortlichen Erwachsenen Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung gemäß den Artikeln 11 und 12 gegeben. Dem Antragsteller wird ebenfalls die Gelegenheit gegeben, an dieser Anhörung teilzunehmen, sofern nicht Absatz 11 Buchstabe c des vorliegenden Artikels Anwendung findet.

(3)   Die persönlichen Anhörungen werden unter Bedingungen durchgeführt, die eine angemessene Privatsphäre und Vertraulichkeit gewährleisten und den Antragstellern eine umfassende Darlegung der Gründe ihrer Anträge gestatten.

(4)   Wenn der Antragsteller entschieden hat, Rechtsberatung gemäß Abschnitt III dieses Kapitels in Anspruch zu nehmen, ist die Anwesenheit des Rechtsberaters des Antragstellers bei der persönlichen Anhörung sicherzustellen.

(5)   Für die persönlichen Anhörungen wird ein Dolmetscher hinzugezogen, der eine angemessene Verständigung zwischen dem Antragsteller und der anhörenden Person zu gewährleisten vermag.

Während der persönlichen Anhörungen kann auch ein Kulturmittler bereitgestellt werden.

Die Mitgliedstaaten geben Dolmetschern und Kulturmittlern den Vorzug, die Schulungen erhalten haben, etwa Schulungen gemäß Artikel 8 Absatz 4 Buchstabe m der Verordnung (EU) 2021/2303.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Dolmetscher und Kulturmittler auf die wichtigsten Konzepte und die wichtigste Terminologie, die für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz relevant sind, hingewiesen werden, zum Beispiel durch eine Standardbroschüre oder einen Leitfaden. Die Verständigung erfolgt in der vom Antragsteller bevorzugten Sprache, es sei denn, es gibt eine andere Sprache, die er versteht und in der er sich klar ausdrücken kann.

(6)   Persönliche Anhörungen werden von Bediensteten der Asylbehörde durchgeführt.

Wenn eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen innerhalb desselben Zeitraums einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, was es unmöglich macht, rechtzeitig persönliche Anhörungen mit allen Antragstellern durchzuführen, kann die Asylbehörde vorübergehend von Bediensteten anderer Behörden jenes Mitgliedstaats, die vorher einschlägige Schulungen einschließlich der in Artikel 8 der Verordnung (EU) 2021/2303 genannten Umstände für die Durchführung solcher Anhörungen erhalten haben, oder gemäß Artikel 5 von der Asylagentur unterstützt werden.

(7)   Die anhörende Person

a)

muss befähigt sein, die persönlichen und allgemeinen Umstände, die einen Zusammenhang mit dem Antrag aufweisen, zu berücksichtigen, was die Lage im Herkunftsland des Antragstellers und die kulturelle Herkunft, das Alter, das Geschlecht, die Geschlechtsidentität, die sexuellen Ausrichtung, eine Vulnerabilität und die besonderen Verfahrensbedürfnisse des Antragstellers einschließt;

b)

darf keine Militär- oder Polizeiuniform tragen.

(8)   Die Bediensteten, die die Antragsteller anhören, einschließlich der von der Asylagentur entsandten Sachverständigen, müssen

a)

allgemeine Kenntnisse über die Faktoren erworben haben, die die Anhörungsfähigkeit des Antragstellers beeinträchtigen könnten, beispielsweise Anzeichen dafür, dass die Person in der Vergangenheit möglicherweise gefoltert wurde oder Opfer von Menschenhandel war;

b)

vorher Schulungen einschließlich zu den einschlägigen der in Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/2303 genannten Bereiche, erhalten haben.

(9)   Falls der Antragsteller darum ersucht und die Möglichkeit dazu besteht, stellt die Asylbehörde sicher, dass die Anhörung und die Verdolmetschung von Personen des Geschlechts durchgeführt werden, das der Antragsteller bevorzugt, es sei denn, die Asylbehörde hat Grund zu der Annahme, dass das Ersuchen nicht mit Schwierigkeiten des Antragstellers in Verbindung steht, die Gründe für seinen Antrag darzulegen.

(10)   Abweichend davon kann die Asylbehörde die persönliche Anhörung per Videokonferenz durchführen, wenn die Umstände dies hinreichend rechtfertigen.

In diesem Fall sorgt die Asylbehörde unter Berücksichtigung der Leitlinien der Asylagentur für die erforderlichen Vorkehrungen in Bezug auf geeignete Einrichtungen, Verfahrensstandards und technische Standards, rechtliche Unterstützung und Dolmetschleistungen.

(11)   Auf die Anhörung zur Zulässigkeit oder gegebenenfalls zum Inhalt des Antrags kann verzichtet werden, wenn

a)

die Asylbehörde anhand der verfügbaren Beweise eine positive Entscheidung über die Flüchtlingseigenschaft oder den Status subsidiären Schutzes treffen kann, sofern der Status subsidiären Schutzes dieselben Rechte und Vorteile bietet wie die Flüchtlingseigenschaft nach Unionsrecht und nationalem Recht;

b)

die Asylbehörde anhand der verfügbaren Beweismittel zu der Auffassung gelangt, dass der Antrag nicht unzulässig ist;

c)

die Asylbehörde der Auffassung ist, dass der Antragsteller aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Verfassung oder Lage ist;

d)

im Fall eines Folgeantrags die erste Prüfung gemäß Artikel 55 Absatz 4 auf der Grundlage einer schriftlichen Erklärung erfolgt;

e)

die Asylbehörde der Auffassung ist, dass der Antrag gemäß Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe c unzulässig ist.

Der Verzicht auf die persönliche Anhörung gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe c darf die Entscheidung der Asylbehörde nicht negativ beeinflussen. Wurde auf die persönliche Anhörung gemäß dem genannten Buchstaben verzichtet, so gibt die Asylbehörde dem Antragsteller eine wirksame Gelegenheit, schriftlich weitere Informationen vorzulegen.

Hat die Asylbehörde Zweifel, dass der Antragsteller in der Verfassung oder Lage ist, angehört zu werden, so konsultiert sie eine medizinische Fachkraft, um festzustellen, ob der Antragsteller vorübergehend nicht in der Verfassung oder Lage ist, angehört zu werden, oder ob es sich um einen dauerhaften Zustand handelt. Wenn nach Konsultation dieser medizinischen Fachkraft deutlich geworden ist, dass es sich bei dem Umstand, aufgrund dessen der Antragsteller nicht in der Verfassung oder Lage ist, angehört zu werden, um einen vorübergehenden Zustand handelt, schiebt die Asylbehörde die persönliche Anhörung bis zu dem Zeitpunkt auf, zu dem der Antragsteller in der Verfassung oder Lage ist, angehört zu werden.

War der Antragsteller aufgrund bestimmter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht in der Lage, bei der persönlichen Anhörung erscheinen, so setzt die Asylbehörde die persönliche Anhörung neu an.

(12)   Die Antragsteller müssen bei der persönlichen Anhörung anwesend sein und die gestellten Fragen persönlich beantworten.

(13)   Ein Antragsteller kann sich bei der persönlichen Anhörung, auch wenn diese als Videokonferenz stattfindet, von einem Rechtsberater unterstützen lassen.

Ist kein Rechtsberater anwesend, so hindert dies die Asylbehörde nicht an der Durchführung der Anhörung.

Die Mitgliedstaaten können im nationalen Recht bestimmen, dass ein Rechtsberater, der an der persönlichen Anhörung teilnimmt, erst am Ende der persönlichen Anhörung eingreifen darf.

(14)   Unbeschadet des Artikels 11 Absatz 1 und des Artikels 12 Absatz 1 und unter der Voraussetzung, dass ausreichende Bemühungen unternommen wurden, damit dem Antragsteller die Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung gegeben wird, hindert die Tatsache, dass keine persönliche Anhörung stattgefunden hat, die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden.

Artikel 14

Niederschrift und Aufzeichnung persönlicher Anhörungen

(1)   Die Asylbehörde beziehungsweise andere Behörden oder Sachverständige, die sie gemäß Artikel 5 und Artikel 13 Absatz 6 bei der Durchführung der persönlichen Anhörungen unterstützen, erstellen eine ausführliche und objektive Niederschrift mit allen Hauptbestandteilen der persönlichen Anhörung oder ein Wortprotokoll der Anhörung oder ein Wortprotokoll der Aufzeichnung dieser Anhörung; diese werden in die Akte des Antragstellers aufgenommen.

(2)   Die persönlichen Anhörungen wird mithilfe von Tonaufnahmegeräten aufgezeichnet. Dem Antragsteller werden dieser Umstand und der Zweck dieser Aufzeichnung im Voraus mitgeteilt. Besonderes Augenmerk gilt den Bedürfnissen von Antragstellern, die besondere Verfahrensgarantien benötigen. Die Asylbehörde nimmt die Aufzeichnung in die Akte des Antragstellers auf.

(3)   Der Antragsteller erhält nach Abschluss der persönlichen Anhörung oder innerhalb einer bestimmten Frist, bevor die Asylbehörde ihre Entscheidung trifft, Gelegenheit, sich mündlich oder schriftlich zu Übersetzungsfehlern oder missverständlichen Formulierungen oder sonstigen sachlichen Fehlern in der Niederschrift, dem Wortprotokoll der Anhörung oder dem Wortprotokoll der Aufzeichnung zu äußern oder diese zu klären. Zu diesem Zweck wird der Antragsteller, wenn notwendig mit Hilfe eines Dolmetschers, in vollem Umfang vom Inhalt der Niederschrift, des Wortprotokolls der Anhörung oder des Wortprotokolls der Aufzeichnung in Kenntnis gesetzt.

(4)   Der Antragsteller wird aufgefordert zu bestätigen, dass der Inhalt der Niederschrift oder des Wortprotokolls der Anhörung die persönliche Anhörung korrekt wiedergibt. Weigert sich der Antragsteller, den Inhalt zu bestätigen, so werden die dafür geltend gemachten Gründe in der Akte des Antragstellers vermerkt. Diese Weigerung hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag zu entscheiden. Bestehen Zweifel, welche Aussagen der Antragsteller während der persönlichen Anhörung gemacht hat, so ist die Tonaufzeichnung maßgebend.

(5)   Der Antragsteller muss nicht aufgefordert werden, zu der Niederschrift oder dem Wortprotokoll der Anhörung Stellung zu nehmen oder zu erläutern oder zu bestätigen, dass der Inhalt der Niederschrift oder des Wortprotokolls der Anhörung diese korrekt widerspiegelt, wenn

a)

nach nationalem Recht die Aufzeichnung oder ein Wortprotokoll davon im Rechtsbehelfsverfahren als Beweismittel zugelassen werden kann oder

b)

für die Asylbehörde feststeht, dass dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft oder der Status subsidiären Schutzes zuerkannt wird, sofern der Status subsidiären Schutzes dieselben Rechte und Vorteile wie die Flüchtlingseigenschaft nach Unionsrecht und nationalem Recht bietet.

(6)   Antragsteller und, sofern sie bestellt wurden, ihre Vertreter und ihre Rechtsberater haben so schnell wie möglich nach der Anhörung und in jedem Falle rechtzeitig vor einer Entscheidung der Asylbehörde Zugang zu der Niederschrift oder den Wortprotokollen gemäß Absatz 1.

Zugang zur Aufzeichnung wird auch im Rechtsbehelfsverfahren gewährt.

ABSCHNITT III

Bereitstellung von Rechtsauskunft und Rechtsberatung und Vertretung

Artikel 15

Anspruch auf Rechtsauskunft und Rechtsberatung und -vertretung

(1)   Die Antragsteller haben in allen Phasen des Verfahrens das Recht, in ihren Antrag betreffenden Fragen effektiv einen Rechtsberater oder anderen Berater zu konsultieren.

(2)   Unbeschadet seines Rechts, seinen eigenen Rechtsberater oder anderen Berater auf eigene Kosten zu wählen, kann der Antragsteller in dem in Kapitel III vorgesehenen Verwaltungsverfahren um unentgeltliche Rechtsauskunft gemäß Artikel 16 und in dem in Kapitel V vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahren um unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 17 ersuchen.

Dem Antragsteller wird so schnell wie möglich, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags im Einklang mit Artikel 27, mitgeteilt, dass er das Recht hat, um unentgeltliche Rechtsauskunft oder unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung zu ersuchen.

(3)   Die Mitgliedstaaten können nach nationalem Recht unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung im Verwaltungsverfahren vorsehen.

(4)   Die Mitgliedstaaten können die Bereitstellung von Rechtsauskunft und von Rechtsberatung und -vertretung gemäß ihren nationalen Systemen gestalten.

Artikel 16

Unentgeltliche Rechtsauskunft im Verwaltungsverfahren

(1)   Auf Ersuchen des Antragstellers gewähren die Mitgliedstaaten diesem im Verwaltungsverfahren nach Kapitel III unentgeltliche Rechtsauskunft.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 kann ein wirksamer Zugang zu unentgeltlicher Rechtsauskunft dadurch sichergestellt werden, dass eine Person mit der Bereitstellung von Rechtsauskunft in der Phase des Verwaltungsverfahrens für mehrere Antragsteller gleichzeitig betraut wird.

(2)   Im Verwaltungsverfahren umfasst die unentgeltliche Rechtsauskunft unter anderem die Bereitstellung von

a)

Orientierung über das Verwaltungsverfahren und eine Erläuterung des Verwaltungsverfahrens, einschließlich Informationen über die Rechte und Pflichten während dieses Verfahrens;

b)

Unterstützung bei der Einreichung des Antrags und Orientierung zu

i)

den verschiedenen Verfahren, nach denen der Antrag geprüft werden kann, und den Gründen für die Anwendung dieses Verfahrens,

ii)

den Vorschriften hinsichtlich der Zulässigkeit eines Antrags,

iii)

rechtlichen Fragen, die sich im Zuge des Verfahrens ergeben, einschließlich Informationen darüber, wie eine Entscheidung über die Ablehnung eines Antrags im Einklang mit den Artikeln 67, 68 und 69 angefochten werden kann.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 1 kann die Bereitstellung von unentgeltlicher Rechtsauskunft im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen werden, wenn

a)

es sich bei dem Antrag um einen ersten Folgeantrag handelt, bei dem davon ausgegangen wird, dass er nur zu dem Zweck gestellt worden ist, die Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung zu verzögern oder zu vereiteln, die zur unverzüglichen Abschiebung des Antragstellers aus dem Mitgliedstaat führen würde;

b)

es sich bei dem Antrag um einen zweiten oder weiteren Folgeantrag handelt;

c)

der Antragsteller bereits von einem Rechtsberater unterstützt und vertreten wird.

(4)   Für die Zwecke der Durchführung dieses Artikels können die Mitgliedstaaten die Asylagentur um Unterstützung ersuchen. Darüber hinaus kann den Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung aus Unionsfonds im Einklang mit den für diese Fonds geltenden Rechtsakten gewährt werden.

Artikel 17

Unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung im Rechtsbehelfsverfahren

(1)   Im Rechtsbehelfsverfahren stellen die Mitgliedstaaten auf ein Ersuchen des Antragstellers sicher, dass ihm unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung bereitgestellt wird. Diese unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung umfasst die Vorbereitung der nach nationalem Recht erforderlichen Verfahrensdokumente, die Vorbereitung des Rechtsbehelfs und — im Fall einer mündlichen Verhandlung — die Teilnahme an dieser mündlichen Verhandlung vor einem Gericht.

(2)   Im Rechtsbehelfsverfahren können die Mitgliedstaaten die Bereitstellung von unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung ausschließen, wenn

a)

davon ausgegangen wird, dass der Antragsteller, der seine finanzielle Situation offenzulegen hat, über ausreichende Mittel verfügt, um die Kosten für Rechtsberatung und -vertretung selbst zu tragen;

b)

davon ausgegangen wird, dass der Rechtsbehelf keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg hat oder missbräuchlich ist;

c)

es sich um einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung in zweiter oder höherer Instanz handelt oder um Wiederaufnahmeverfahren oder Rechtsbehelfsüberprüfungen, wie im einzelstaatlichen Recht vorgesehen;

d)

der Antragsteller bereits von einem Rechtsberater unterstützt oder vertreten wird.

(3)   Wird die Entscheidung, dass keine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt wird, nicht von einem Gericht getroffen und damit begründet, dass der Rechtsbehelf keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder missbräuchlich ist, so wird dem Antragsteller das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen diese Entscheidung vor einem Gericht gewährt. Zu diesem Zweck ist der Antragsteller berechtigt, unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung zu beantragen.

Artikel 18

Umfang der Rechtsauskunft und der Rechtsberatung und -vertretung

(1)   Dem Rechtsberater, der einen Antragsteller gemäß dem nationalen Recht rechtlich vertritt, wird Zugang zu den Informationen in der Akte des Antragstellers gewährt, auf deren Grundlage über den Antrag entschieden wurde oder entschieden wird.

(2)   Der Zugang zu den Informationen oder Quellen in der Akte des Antragstellers kann nach nationalem Recht verweigert werden, wenn die Offenlegung der Informationen oder Quellen die nationale Sicherheit, die Sicherheit der Organisationen oder Personen, von denen die Informationen stammen, oder die Sicherheit der Personen, die die Informationen betreffen, gefährden würde oder wenn die Ermittlungsinteressen im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder die internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beeinträchtigt würden oder wenn die Informationen oder Quellen nach nationalem Recht als Verschlusssachen eingestuft sind. In diesen Fällen trägt die Asylbehörde dafür Sorge,

a)

dass den Gerichten im Rechtsbehelfsverfahren Zugang zu den betreffenden Informationen oder Quellen gewährt wird, und

b)

dass das Recht auf Verteidigung des Antragstellers gewahrt wird.

Hinsichtlich Unterabsatz 1 Buchstabe b gewähren die Mitgliedstaaten einem Rechtsberater, der den Antragsteller rechtlich vertritt und der einer Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, Zugang zu Informationen oder Quellen, soweit die Informationen für die Prüfung des Antrags oder für die Entscheidung zum Entzug des internationalen Schutzes relevant sind.

(3)   Der Rechtsberater des Antragstellers oder die mit der Bereitstellung von Rechtsauskunft betraute Person, der beziehungsweise die einem Antragsteller Rechtsauskunft oder Rechtsberatung und -vertretung bereitstellt, erhält gemäß der Richtlinie (EU) 2024/1346 zum Zweck der Bereitstellung von Rechtsauskunft oder Rechtsberatung und -vertretung Zugang zu abgeschlossenen Bereichen wie Hafteinrichtungen und Transitzonen.

Artikel 19

Bedingungen für die unentgeltliche Rechtsauskunft oder unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung

(1)   Die unentgeltliche Rechtsauskunft oder unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung erfolgt durch nach nationalem Recht zur Bereitstellung von Rechtsauskunft oder Rechtsberatung und -vertretung für Antragsteller zugelassene oder zulässige Rechtsberater oder sonstige Berater oder durch Nichtregierungsorganisationen, die nach nationalem Recht für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen oder Vertretungsdienstleistungen für Antragsteller registriert sind.

(2)   Die Mitgliedstaaten legen spezifische Verfahrensvorschriften fest, in denen die Einzelheiten für die Stellung und Bearbeitung von Anträgen auf unentgeltliche Rechtsauskunft oder unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung im Zusammenhang mit Anträgen auf internationalen Schutz geregelt sind; anderenfalls wenden sie die Vorschriften an, die für ähnliche, nur nationales Recht betreffende Anträge gelten, soweit diese Vorschriften nicht restriktiver sind oder den Zugang zu unentgeltlicher Rechtsauskunft oder unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung weder unmöglich machen noch übermäßig erschweren.

(3)   Die Mitgliedstaaten legen spezifische Vorschriften für den Ausschluss der Bereitstellung unentgeltlicher Rechtsauskunft oder unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 16 Absatz 3 beziehungsweise Artikel 17 Absatz 2 fest.

(4)   Die Mitgliedstaaten können für die Bereitstellung von unentgeltlicher Rechtsauskunft oder unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung außerdem eine finanzielle oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit diese Begrenzung nicht willkürlich ist und dadurch der Zugang zu unentgeltlicher Rechtsauskunft oder unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung nicht ungebührlich eingeschränkt wird. Hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten darf Antragstellern keine ungünstigere Behandlung zuteil werden, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.

(5)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Rechtsberatung und -vertretung entstandenen Kosten ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage im Laufe des Verfahrens beträchtlich verbessert oder wenn die Entscheidung zur Bereitstellung von unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde. Zu diesem Zweck unterrichtet der Antragsteller die zuständigen Behörden unverzüglich über jede wesentliche Änderung seiner finanziellen Lage.

ABSCHNITT IV

Besondere Garantien

Artikel 20

Prüfung der Notwendigkeit besonderer Verfahrensgarantien

(1)   Die zuständigen Behörden prüfen in jedem Einzelfall, erforderlichenfalls mit Unterstützung eines Dolmetschers, ob der Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigt. Diese Prüfung kann in vorhandene nationale Verfahren oder in die Prüfung nach Artikel 25 der Richtlinie (EU) 2024/1346 einbezogen werden und muss nicht in Form eines Verwaltungsverfahrens vorgenommen werden. Sofern es nach nationalem Recht erforderlich ist, können vorbehaltlich der Zustimmung des Antragstellers der Asylbehörde die Prüfung zur Verfügung gestellt und die Ergebnisse der Prüfung übermittelt werden.

(2)   Die Prüfung gemäß Absatz 1 wird so früh wie möglich nach Stellung eines Antrags eingeleitet, indem festgestellt wird, ob es erste Hinweise darauf gibt, dass ein Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigen könnte. Diese Feststellung erfolgt anhand sichtbarer Zeichen, der Aussagen oder des Verhaltens des Antragstellers oder etwaiger einschlägiger Unterlagen. Bei Minderjährigen werden auch Aussagen der Eltern, des für sie nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen oder des Vertreters des Antragstellers berücksichtigt. Die zuständigen Behörden nehmen bei der Registrierung des Antrags Informationen über etwaige erste Hinweise in die Akte des Antragstellers auf und stellen diese Informationen der Asylbehörde zur Verfügung.

(3)   Die Prüfung gemäß Absatz 1 wird nach Einreichung des Antrags fortgesetzt, wobei allen Informationen in der Akte des Antragstellers berücksichtigt werden.

Die Prüfung gemäß Absatz 1 wird so schnell wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen. Sie wird überprüft, wenn sich die Situation des Antragstellers nennenswert ändert oder wenn die Notwendigkeit besonderer Verfahrensgarantien erst nach Abschluss der Prüfung zutage tritt.

(4)   Die zuständige Behörde kann den Antragsteller vorbehaltlich seiner vorherigen Zustimmung an den geeigneten Arzt oder Psychologen oder an eine andere Fachkraft verweisen, um Auskunft über den Bedarf des Antragstellers an besonderen Verfahrensgarantien zu erhalten, wobei Fällen Vorrang eingeräumt wird, in denen es Hinweise darauf gibt, dass Antragsteller Opfer von Folter, Vergewaltigung oder einer anderen schweren Form psychischer, physischer, sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sein könnten und dass dies ihre Fähigkeit, wirksam am Verfahren teilzunehmen, beeinträchtigen könnte. Stimmt der Antragsteller der Verweisung gemäß diesem Unterabsatz zu, so gilt diese Zustimmung auch als Zustimmung zur Übermittlung der Ergebnisse der Verweisung an die zuständige Behörde.

Die Asylbehörde kann der gemäß Unterabsatz 1 erteilten Auskunft bei der Entscheidung darüber, welche besonderen Verfahrensgarantien dem Antragsteller gewährt werden können, Rechnung tragen.

Gegebenenfalls und unbeschadet der medizinischen Untersuchung kann die Prüfung gemäß Absatz 1 in die medizinischen Untersuchungen gemäß den Artikeln 24 und 25 integriert werden.

(5)   Die entsprechenden Bediensteten der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und jeder Arzt oder Psychologe oder jede andere Fachkraft, die Auskunft über den Bedarf an besonderen Verfahrensgarantien erteilen, werden so geschult, dass sie Anzeichen für Vulnerabilität von Antragstellern, die besondere Verfahrensgarantien benötigen könnten, erkennen und diesen Rechnung tragen können, wenn sie identifiziert sind.

Artikel 21

Antragsteller, die besondere Verfahrensgarantien benötigen

(1)   Wird festgestellt, dass Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigen, so erhalten diese Antragsteller die erforderliche Unterstützung, damit sie während der Dauer des Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes die Rechte aus dieser Verordnung in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Verordnung ergebenden Pflichten nachkommen können.

(2)   Gelangt die Asylbehörde — auch auf der Grundlage der Prüfung durch eine andere zuständige nationale Behörde — zu der Auffassung, dass die erforderliche Unterstützung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels im Rahmen des beschleunigten Prüfungsverfahrens gemäß Artikel 42 oder des Verfahrens an der Grenze gemäß Artikel 43 unter besonderer Berücksichtigung der Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt nicht geleistet werden kann, so wendet sie diese Verfahren auf diesen Antragsteller nicht oder nicht mehr an.

Artikel 22

Garantien für Minderjährige

(1)   Bei der Anwendung dieser Verordnung berücksichtigen die zuständigen Behörden vorrangig das Kindeswohl.

(2)   Die Asylbehörde bewertet das Kindeswohl gemäß Artikel 26 der Richtlinie (EU) 2024/1346.

(3)   Sofern das Kindeswohl dem nicht entgegensteht, gibt die Asylbehörde Minderjährigen Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung; dies gilt auch in Fällen, in denen diese den Antrag gemäß Artikel 32 oder gemäß Artikel 33 Absatz 1 in eigenem Namen stellen. Entscheidet die Asylbehörde, einem Minderjährigen in einem solchen Fall keine Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu geben, so begründet sie dies.

Die persönliche Anhörung eines Minderjährigen wird von einer Person durchgeführt, die über die erforderlichen Kenntnisse der Rechte und besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen verfügt. Sie wird in kind- und situationsgerechter Weise unter Berücksichtigung des Alters und der Reife des Kindes durchgeführt.

(4)   Im Fall eines begleiteten Minderjährigen wird die persönliche Anhörung in Anwesenheit eines Erwachsenen, der nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats für diesen verantwortlich ist, und eines Rechtsberaters, falls ein solcher bestellt wurde, durchgeführt. Die Mitgliedstaaten können auch, wenn es erforderlich ist und dem Kindeswohl dient, die persönliche Anhörung dieses Minderjährigen in Anwesenheit einer Person durchführen, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügt. In begründeten Fällen und nur dann, wenn es dem Kindeswohl dient, kann die Asylbehörde den Minderjährigen ohne Anwesenheit eines verantwortlichen Erwachsenen anhören, sofern sie sicherstellt, dass der Minderjährige bei der Anhörung von einer Person unterstützt wird, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügt, um sein Wohl zu wahren.

(5)   Die Entscheidung über den Antrag eines Minderjährigen wird von den zuständigen Bediensteten der Asylbehörde vorbereitet. Diese zuständigen Bediensteten verfügen über die erforderlichen Kenntnisse der Rechte und besonderen Bedürfnisse Minderjähriger und haben dazu angemessene Schulung erhalten.

Artikel 23

Besondere Garantien für unbegleitete Minderjährige

(1)   Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass unbegleitete Minderjährige so vertreten und unterstützt werden, dass sie die Rechte aus der vorliegenden Verordnung, der Verordnung (EU) 2024/1351, der Richtlinie (EU) 2024/1346 und der Verordnung (EU) 2024/1358 in Anspruch nehmen und den sich aus diesen Verordnungen ergebenden Pflichten nachkommen können.

(2)   Wird ein Antrag von einer unbegleiteten Person gestellt, die erklärt, minderjährig zu sein, oder bei der objektive Gründe dafür sprechen, dass sie minderjährig ist, so müssen die zuständigen Behörden

a)

so schnell wie möglich und in jedem Fall rechtzeitig für die Zwecke des Absatzes 6 und gegebenenfalls des Absatzes 7 eine Person benennen, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügt, um den Minderjährigen vorläufig zu unterstützen und dessen Wohl und allgemeines Wohlergehen zu wahren, sodass der Minderjährige die Rechte aus dieser Verordnung in Anspruch nehmen kann, und die gegebenenfalls als Vertreter fungiert, bis ein Vertreter bestellt wurde;

b)

so schnell wie möglich, spätestens jedoch 15 Arbeitstage nach Antragstellung einen Vertreter bestellen.

Der Vertreter und die Person gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a des vorliegenden Absatzes können mit der in Artikel 27 der Richtlinie (EU) 2024/1346 genannten Person identisch sein. Der Vertreter beziehungsweise die Person trifft sich mit dem unbegleiteten Minderjährigen und berücksichtigt die eigenen Ansichten des Minderjährigen zu seinen Bedürfnissen entsprechend dessen Alter und Reife.

Ist die zuständige Behörde zu der Überzeugung gelangt, dass ein Antragsteller, der erklärt, minderjährig zu sein, zweifellos älter als 18 Jahre ist, so muss sie keinen Vertreter gemäß diesem Absatz bestellen.

Die Verantwortung des Vertreters oder der Person gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a des vorliegenden Absatzes endet, wenn die zuständigen Behörden nach der Altersbestimmung gemäß Artikel 25 Absatz 1 nicht davon ausgehen, dass der Antragsteller minderjährig ist oder der Auffassung sind, dass der Antragsteller nicht minderjährig ist, oder wenn es sich bei dem Antragsteller nicht mehr um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt.

(3)   Im Fall einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Anträgen unbegleiteter Minderjähriger oder in anderen Ausnahmesituationen kann die Frist für die Bestellung eines Vertreters gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe b unbeschadet des Absatzes 2 Unterabsatz 3 um zehn Arbeitstage verlängert werden.

(4)   Wird eine Organisation gemäß Absatz 2 benannt, so ernennt sie eine natürliche Person, die die in diesem Artikel genannten Aufgaben gegenüber dem unbegleiteten Minderjährigen wahrnimmt.

(5)   Die zuständige Behörde unterrichtet unverzüglich

a)

den unbegleiteten Minderjährigen in kindgerechter Weise und in einer Sprache, die er versteht, über die Bestellung der Person gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und seines Vertreters sowie über das Verfahren, vertraulich und sicher gegen die Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a oder b genannte Person Beschwerde einzulegen;

b)

die Asylbehörde und gegebenenfalls die für die Registrierung des Antrags zuständige Behörde darüber, dass für den unbegleiteten Minderjährigen ein Vertreter bestellt wurde; und

c)

die Person gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und den Vertreter über den Sachverhalt, die Verfahrensschritte und die Fristen im Zusammenhang mit dem Antrag des unbegleiteten Minderjährigen.

Der Vertreter und die in Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a genannte Person haben Zugang zum Inhalt der einschlägigen Dokumente in der Akte des Minderjährigen, einschließlich des speziellen Informationsmaterials für unbegleitete Minderjährige.

(6)   Die in Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a genannte Person trifft sich mit dem unbegleiteten Minderjährigen und erfüllt unter anderem die folgenden Aufgaben, gegebenenfalls gemeinsam mit dem Rechtsberater:

a)

stellt dem unbegleiteten Minderjährigen sachdienliche Informationen über die Verfahren nach Maßgabe dieser Verordnung bereit;

b)

unterstützt den unbegleiteten Minderjährigen gegebenenfalls im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Altersbestimmung nach Artikel 25;

c)

stellt dem unbegleiteten Minderjährigen gegebenenfalls sachdienliche Informationen bereit und unterstützt ihn bei den Verfahren gemäß den Verordnungen (EU) 2024/1351 und (EU) 2024/1358.

(7)   Solange kein Vertreter bestellt wurde, können die Mitgliedstaaten die Person gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a ermächtigen, den Minderjährigen bei der Registrierung und Einreichung des Antrags zu unterstützen oder den Antrag gemäß Artikel 35 im Namen des Minderjährigen einzureichen.

(8)   Der Vertreter trifft sich mit dem unbegleiteten Minderjährigen und erfüllt unter anderem die folgenden Aufgaben gegebenenfalls gemeinsam mit dem Rechtsberater:

a)

stellt dem unbegleiteten Minderjährigen gegebenenfalls sachdienliche Informationen über die Verfahren nach Maßgabe dieser Verordnung bereit;

b)

unterstützt den unbegleiteten Minderjährigen gegebenenfalls bei dem Verfahren zur Altersbestimmung nach Artikel 25;

c)

unterstützt gegebenenfalls bei der Registrierung des Antrags;

d)

unterstützt gegebenenfalls bei der Einreichung des Antrags oder bei der Einreichung des Antrags im Namen des unbegleiteten Minderjährigen gemäß Artikel 33;

e)

unterstützt gegebenenfalls bei der Vorbereitung für und Anwesenheit bei der persönlichen Anhörung und unterrichtet den unbegleiteten Minderjährigen über den Zweck und mögliche Folgen der persönlichen Anhörung und darüber, wie er sich auf diese Anhörung vorbereiten kann;

f)

stellt dem unbegleiteten Minderjährigen gegebenenfalls sachdienliche Informationen bereit und unterstützt den unbegleiteten Minderjährigen bei den Verfahren gemäß den Verordnungen (EU) 2024/1351 und (EU) 2024/1358.

Bei der persönlichen Anhörung haben der Vertreter und der Rechtsberater die Möglichkeit, innerhalb des von der anhörenden Person vorgegebenen Rahmens Fragen zu stellen oder Bemerkungen vorzutragen.

Die Asylbehörde kann verlangen, dass der unbegleitete Minderjährige auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn der Vertreter oder Rechtsberater zugegen ist.

(9)   Der Vertreter nimmt seine Aufgaben gemäß dem Grundsatz des Kindeswohls wahr und verfügt hierfür über die erforderlichen Qualifikationen, Schulung und Fachkenntnisse. Vertreter erhalten regelmäßige Schulung für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und haben keine Vorstrafen, insbesondere keine Vorstrafen wegen Straftaten oder sonstigen strafbaren Handlungen zulasten von Kindern.

Der Vertreter wird nur dann ausgetauscht, wenn die zuständigen Behörden der Auffassung sind, dass die Aufgaben dieses Vertreters oder dieser Person nicht angemessen wahrgenommen wurden. Organisationen oder natürliche Personen, deren Interessen mit denen des unbegleiteten Minderjährigen in Konflikt stehen oder stehen könnten, werden nicht als Vertreter bestellt.

(10)   Die zuständigen Behörden betrauen eine natürliche Person, die als Vertreter handelt, oder eine Person, die geeignet ist, vorläufig als Vertreter zu handeln, mit der Verantwortung für eine verhältnismäßige und begrenzte Zahl unbegleiteter Minderjähriger und unter normalen Umständen für höchstens 30 unbegleitete Minderjährigen gleichzeitig, um sicherzustellen, dass diese Person in der Lage ist, ihre Aufgaben wirksam wahrzunehmen.

Im Fall einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Anträgen unbegleiteter Minderjähriger oder in anderen Ausnahmesituationen kann die Zahl unbegleiteter Minderjähriger je Vertreter auf bis zu höchstens 50 unbegleitete Minderjährige erhöht werden.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es Verwaltungs- oder Justizbehörden oder andere Einrichtungen gibt, die dafür verantwortlich sind, regelmäßig zu überwachen, dass die gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a benannte Personen und Vertreter ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen, unter anderem indem sie in regelmäßigen Abständen die Strafregister der bestellten Vertreter und benannten Personen überprüfen, um mögliche Unvereinbarkeiten mit ihrer Rolle zu ermitteln. Diese Verwaltungs- oder Justizbehörden oder anderen Einrichtungen prüfen von unbegleiteten Minderjährigen eingereichte Beschwerden gegen die nach Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a bestellten Vertreter oder benannten Personen.

ABSCHNITT V

Medizinische Untersuchung und Altersbestimmung

Artikel 24

Medizinische Untersuchung

(1)   Hält die Asylbehörde dies für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz für erforderlich, so beantragt sie vorbehaltlich der Zustimmung des Antragstellers eine medizinische Untersuchung des Antragstellers im Hinblick auf Anzeichen und Symptome für eine in der Vergangenheit erlittene Verfolgung oder einen in der Vergangenheit erlittenen ernsthaften Schaden und wird über die Ergebnisse unterrichtet.

(2)   Bei Minderjährigen wird die medizinische Untersuchung nur durchgeführt, wenn ein Elternteil, der für sie nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortliche Erwachsene, der Vertreter oder die Person gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a und, sofern im nationalen Recht vorgesehen, der Antragsteller zustimmen.

Die medizinische Untersuchung ist für den Antragsteller kostenlos und wird aus öffentlichen Mitteln bezahlt.

Gegebenenfalls können die Gesundheitskontrollen und Prüfungen der Vulnerabilität gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU) 2024/1356 bei der medizinischen Untersuchung gemäß dem vorliegenden Artikel berücksichtigt werden.]

(3)   Wird keine medizinische Untersuchung gemäß Absatz 1 durchgeführt, so teilt die Asylbehörde dem Antragsteller mit, dass er von sich aus und auf seine eigenen Kosten eine medizinische Untersuchung im Hinblick auf Anzeichen und Symptome für eine in der Vergangenheit erlittene Verfolgung oder einen in der Vergangenheit erlittenen ernsthaften Schaden veranlassen kann.

(4)   Die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung gemäß Absatz 1 oder 3 werden der Asylbehörde und dem Antragsteller so schnell wie möglich mitgeteilt und von der Asylbehörde zusammen mit den anderen Angaben im Antrag gewürdigt.

(5)   Die medizinische Untersuchung wird so schonend wie möglich durchgeführt und darf nur von qualifizierten medizinischen Fachkräften durchgeführt werden. Sie wird so durchgeführt, dass die Würde der Person geachtet wird.

(6)   Die Weigerung eines Antragstellers, sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen, oder die Entscheidung, selbst eine medizinische Untersuchung zu veranlassen, sofern diese Untersuchung nicht innerhalb einer angemessenen Frist unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Terminen für medizinische Untersuchungen in dem zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden.

Artikel 25

Altersbestimmung Minderjähriger

(1)   Bestehen infolge von Aussagen des Antragstellers, verfügbaren Nachweisdokumenten oder anderen einschlägigen Hinweisen Zweifel, ob ein Antragsteller minderjährig ist, können die Asylbehörden im Rahmen der Prüfung eines Antrags eine multidisziplinäre Bewertung einschließlich einer psychosozialen Bewertung, die von qualifizierten Fachkräften durchgeführt wird, vornehmen, um das Alter des Antragstellers zu bestimmen. Für die Altersbestimmung dürfen nicht ausschließlich das Aussehen oder das Verhalten des Antragstellers ausschlaggebend sein. Für die Zwecke der Altersbestimmung gelten die verfügbaren Dokumente als echt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, und den Aussagen Minderjähriger wird Rechnung getragen.

(2)   Wenn nach der multidisziplinären Bewertung weiterhin Zweifel am Alter eines Antragstellers bestehen, können im Rahmen der Prüfung eines Antrags als letztes Mittel medizinische Untersuchungen zur Bestimmung des Alters des Antragstellers veranlasst werden. Ist das Ergebnis der Altersbestimmung gemäß diesem Absatz in Bezug auf das Alter des Antragstellers nicht eindeutig oder ergibt sich eine Spanne, die bis unter das Alter von 18 Jahren reicht, so gehen die Mitgliedstaaten davon aus, dass der Antragsteller minderjährig ist.

(3)   Jede medizinische Untersuchung zu den in Absatz 2 genannten Zwecken wird so schonend wie möglich und unter uneingeschränkter Achtung der Würde der Person durchgeführt. Sie wird von medizinischen Fachkräften durchgeführt, die über Erfahrung und Fachwissen im Bereich Altersbestimmung verfügen.

Findet dieser Absatz Anwendung, so werden die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung und der multidisziplinären Bewertung zusammen analysiert, um ein möglichst zuverlässiges Ergebnis zu ermöglichen.

(4)   Wenn medizinische Untersuchungen zur Bestimmung des Alters eines Antragstellers genutzt werden, stellt die zuständige Behörde sicher, dass die Antragsteller, ihre Eltern, der für sie nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortliche Erwachsene, ihre Vertreter oder die Person gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a vor der Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz in einer Sprache, die sie verstehen, und in einer kind- und altersgerechten Weise über die Möglichkeit unterrichtet werden, dass ihr Alter im Wege einer medizinischen Untersuchung bestimmt werden könnte. Dazu gehört eine Aufklärung über die Untersuchungsmethode, über die möglichen Folgen des Untersuchungsergebnisses für die Prüfung des Antrags sowie über die Möglichkeit und die Folgen einer Weigerung seitens des Antragstellers, die medizinische Untersuchung vornehmen zu lassen. Alle Dokumente im Zusammenhang mit der medizinischen Untersuchung werden der Akte des Antragstellers beigefügt.

(5)   Eine medizinische Untersuchung zur Bestimmung des Alters von Antragstellern wird nur durchgeführt, wenn die Antragsteller, ihre Eltern, der verantwortliche Erwachsene gemäß Absatz 4 des vorliegenden Artikels, ihr Vertreter oder die Person gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a nach Erhalt der Informationen gemäß Absatz 4 des vorliegenden Artikels einwilligen.

(6)   Die Weigerung der Antragsteller, ihrer Eltern, des verantwortlichen Erwachsenen gemäß Absatz 4 des vorliegenden Artikels oder der Person gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a, eine medizinische Untersuchung zur Bestimmung des Alters des Antragstellers durchführen zu lassen, hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden. Diese Weigerung darf lediglich als widerlegbare Vermutung dafür angesehen werden, dass der Antragsteller nicht minderjährig ist.

(7)   Ein Mitgliedstaat kann von anderen Mitgliedstaaten getroffene Entscheidungen zur Altersbestimmung anerkennen, wenn die Altersbestimmungen gemäß dem Unionsrecht durchgeführt wurden.

KAPITEL III

VERWALTUNGSVERFAHREN

ABSCHNITT I

Zugang zum Verfahren

Artikel 26

Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1)   Wenn ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, auch unbegleiteter Minderjähriger, einer zuständigen Behörde gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 gegenüber persönlich den Wunsch äußert, internationalen Schutz von einem Mitgliedstaat zu erhalten, gilt damit ein Antrag auf internationalen Schutz als gestellt.

Haben die Bediensteten der zuständigen Behörde bei einer Aussage Zweifel, ob diese als Antrag auf internationalen Schutz zu verstehen ist, so fragen sie die Person ausdrücklich, ob sie internationalen Schutz zu erhalten wünscht.

(2)   Die Behörden, die gemäß der Richtlinie (EU) 2024/1346 für die Unterbringungseinrichtungen zuständig sind, werden — soweit erforderlich — von der Stellung eines Antrags in Kenntnis gesetzt. Im Fall von Drittstaatsangehörigen, die einer Überprüfung gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2024/1356 unterzogen werden, haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, diesen Absatz erst nach Abschluss der Überprüfung anzuwenden.

Artikel 27

Registrierung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1)   Unbeschadet der Pflichten zur Erfassung und Übermittlung von Daten gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2024/1358 registrieren die für die Registrierung der Anträge zuständigen Behörden, die Behörden eines anderen Mitgliedstaats gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der vorliegenden Verordnung oder die von der Asylagentur eingesetzten Sachverständigen, die sie bei dieser Aufgabe unterstützen, einen Antrag umgehend, in jedem Fall jedoch innerhalb von fünf Tagen nach der Antragstellung. Zu diesem Zweck registrieren sie die folgenden Informationen gegebenenfalls auf der Grundlage des Überprüfungsformulars gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) 2024/1356:

a)

Name des Antragstellers, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeiten oder Staatenlosigkeit, Familienmitglieder im Sinne des Artikels 2 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2024/1351 und — im Fall von Minderjährigen — gegebenenfalls in einem Mitgliedstaat aufhältige Geschwister oder Verwandte im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 der genannten Verordnung und weitere personenbezogene Daten des Antragstellers, die für das Verfahren für den internationalen Schutz und für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats relevant sind;

b)

sofern vorhanden Art, Nummer und Gültigkeitsdauer etwaiger Identitäts- oder Reisedokumente des Antragstellers sowie das Ausstellungsland der betreffenden Dokumente und anderer vom Antragsteller vorgelegter Dokumente, die die zuständige Behörde für die Zwecke seiner Identifizierung, für das Verfahren für den internationalen Schutz und für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für relevant hält;

c)

Datum des Antrags, Ort der Antragstellung und Behörde, bei der der Antrag gestellt wurde;

d)

Aufenthaltsort oder Wohnsitz oder Anschrift des Antragstellers und, sofern vorhanden, eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse, unter denen der Antragsteller erreichbar ist.

Soweit die Mitgliedstaaten die Angaben gemäß Unterabsatz 1 Buchstaben a und b bereits vor der Antragstellung erhalten haben, werden diese nicht erneut verlangt.

(2)   Behauptet eine Person, dass sie keine Staatsangehörigkeit besitzt, so wird dieser Umstand bis zur Feststellung, ob die Person staatenlos ist, erkennbar registriert.

(3)   Wird ein Antrag bei einer mit der Entgegennahme von Anträgen auf internationalen Schutz betrauten Behörde gestellt, die nicht für die Registrierung der Anträge verantwortlich ist, so unterrichtet diese Behörde unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Arbeitstagen nach Antragstellung die für die Registrierung der Anträge zuständige Behörde. Die für die Registrierung der Anträge zuständige Behörde registriert den Antrag so schnell wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von fünf Tagen nachdem sie die Information erhalten hat.

(4)   Werden die Angaben von der Asylbehörde oder von einer anderen Behörde, die diese bei der Prüfung des Antrags unterstützt, erhoben, so können bei der Registrierung außerdem weitere, für die Prüfung des Antrags erforderliche Daten erhoben werden.

(5)   Stellt eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen innerhalb desselben Zeitraums einen Antrag, sodass es unmöglich ist, Anträge innerhalb der in den Absätzen 1 und 3 genannten Fristen zu registrieren, so wird der Antrag spätestens innerhalb von 15 Tagen, nachdem er gestellt wurde, registriert.

(6)   Unbeschadet des Rechts des Antragstellers, neue Umstände zur Unterstützung des Antrags vorzubringen, dürfen die zuständige Behörde oder die Behörden oder Sachverständigen, die gemäß Artikel 5 mit ihr zusammenarbeiten, bei Folgeanträgen, wenn die in Absatz 1 Buchstaben a, b und d und Absatz 2 genannten Angaben der zuständigen Behörde bereits zur Verfügung stehen, von der Erhebung dieser Daten absehen.

(7)   Im Fall von Drittstaatsangehörigen, die einer Überprüfung gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2024/1356 unterzogen werden, gelten die Absätze 1 bis 6 des vorliegenden Artikels erst nach Abschluss der Überprüfung.

Artikel 28

Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1)   Der Antragsteller reicht seinen Antrag bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wird, so schnell wie möglich, spätestens jedoch 21 Tage nach Registrierung des Antrags ein, es sei denn, Absatz 6 dieses Artikels findet Anwendung, sofern ihm effektiv Gelegenheit gegeben wurde, dies entsprechend diesem Artikel zu tun. Wird der Antrag nicht bei der Asylbehörde eingereicht, so setzt die zuständige Behörde die Asylbehörde unverzüglich von der Einreichung eines Antrags in Kenntnis.

(2)   Nach einer Überstellung gemäß Artikel 46 der Verordnung (EU) 2024/1351 reicht der Antragsteller den Antrag bei den zuständigen Behörden des zuständigen Mitgliedstaats so schnell wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von 21 Tagen nach dem Zeitpunkt ein, zu dem der Antragsteller bei den zuständigen Behörden des zuständigen Mitgliedstaats vorstellig wird.

(3)   Der Antrag ist persönlich zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort und — sofern mitgeteilt — zu einer bestimmten Uhrzeit einzureichen. Die zuständigen Behörden teilen dem Antragsteller diesen Zeitpunkt und Ort mit. Die zuständigen Behörden können dem Antragsteller eine Uhrzeit mitteilen.

Die Mitgliedstaaten können im nationalen Recht vorsehen, dass ein Antrag als persönlich eingereicht gilt, wenn sich die zuständige Behörde vergewissert hat, dass sich der Antragsteller zum Zeitpunkt der Registrierung oder Einreichung des Antrags physisch im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhält.

(4)   Abweichend von Absatz 3 können die Mitgliedstaaten im nationalen Recht vorsehen, dass der Antragsteller einen Antrag unter Verwendung eines Formblatts einreichen kann, beispielsweise wenn er aufgrund dauerhafter schwerwiegender Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, wie Freiheitsentzug oder langfristiger Krankenhausaufenthalt, nicht persönlich erscheinen kann. Der Antrag gilt als eingereicht, wenn der Antragsteller das Formblatt innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist einreicht und die zuständige Behörde zu dem Schluss kommt, dass die Voraussetzungen dieses Absatzes erfüllt sind. In diesem Fall läuft die Frist für die Prüfung des Antrags ab dem Tag des Eingangs des Formblatts bei der zuständigen Behörde.

(5)   Für die Zwecke des Absatzes 3 Unterabsatz 1 wird dem Antragsteller für den Fall, dass eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen innerhalb desselben Zeitraums einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, sodass es unmöglich ist, jedem Antragsteller innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist einen Termin zuzuweisen, ein Termin zur Einreichung seines Antrags spätestens zwei Monate nach Registrierung des Antrags zugewiesen.

(6)   Bei der Einreichung ihres Antrags müssen die Antragsteller so schnell wie möglich sämtliche in Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2024/1347 genannten, ihnen zur Verfügung stehenden Umstände und Unterlagen vorlegen, die zur Begründung ihres Antrags benötigt werden. Nach der Einreichung ihres Antrags und insbesondere anlässlich der persönlichen Anhörung dürfen die Antragsteller bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung über ihren Antrag im Verwaltungsverfahren ergeht, weitere für die Prüfung ihres Antrags relevante Umstände vorlegen.

Die Mitgliedstaaten können innerhalb dieses Zeitrahmens eine Frist für die Einreichung dieser zusätzlichen Umstände setzen, um deren Einhaltung sich der Antragsteller bemühen muss.

(7)   Die Mitgliedstaaten können den Zugang zu dem Verfahren so gestalten, dass Stellung, Registrierung und Einreichung gleichzeitig erfolgen. In diesen Fällen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Antragsteller die in Artikel 8 Absätze 2 bis 6 vorgesehenen Garantien wahrnehmen können. Wenn die Stellung, Registrierung oder Einreichung eines Antrags gleichzeitig erfolgt, muss es dem Antragsteller erlaubt sein, alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände und Unterlagen gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2024/1347, die zur Begründung seines Antrags erforderlich sind, bei der persönlichen Anhörung vorzulegen.

Außerdem dürfen die Antragsteller bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung über ihren Antrag im Verwaltungsverfahren ergeht, weitere für die Prüfung ihres Antrags relevante Umstände vorlegen. Die Mitgliedstaaten können innerhalb dieses Zeitrahmens eine Frist für die Einreichung dieser zusätzlichen Umstände setzen, um deren Einhaltung sich der Antragsteller bemühen muss.

Artikel 29

Dokumente für den Antragsteller

(1)   Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, übergeben dem Antragsteller bei der Registrierung des Antrags ein auf seinen Namen ausgestelltes Dokument, aus dem hervorgeht, dass ein Antrag gestellt und registriert wurde. Dieses Dokument bleibt bis zur Ausstellung des in Absatz 4 genannten Dokuments gültig.

Nach einer Überstellung gemäß Artikel 46 der Verordnung (EU) 2024/1351 übergeben die zuständigen Behörden des zuständigen Mitgliedstaats dem Antragsteller, wenn dieser sich ihnen gegenüber ausweist, ein auf seinen Namen ausgestelltes Dokument, aus dem hervorgeht, dass ein Antrag gestellt und registriert wurde und dass die Person überstellt wurde. Dieses Dokument bleibt bis zur Ausstellung des in Absatz 4 genannten Dokuments gültig.

(2)   Das Dokument nach Absatz 1 muss nicht ausgehändigt werden, wenn das in Absatz 4 genannte Dokument zum Zeitpunkt der Registrierung ausgestellt werden kann.

(3)   Das Dokument nach Absatz 1 wird bei der Ausstellung des in Absatz 4 genannten Dokuments eingezogen.

(4)   Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß Artikel 28 Absätze 1 und 2 eingereicht wird, stellen so schnell wie möglich nach der Einreichung des Antrags ein Dokument aus, das mindestens folgende Umstände enthält und erforderlichenfalls aktualisiert wird:

a)

Name des Antragstellers, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht und Staatsangehörigkeiten oder gegebenenfalls Staatenlosigkeit, ein Gesichtsbild des Antragstellers und Unterschrift des Antragstellers;

b)

ausstellende Behörde, Datum und Ort der Ausstellung und Gültigkeitsdauer des Dokuments;

c)

Status der Person als Antragsteller;

d)

Erklärung, dass der Antragsteller ein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats zum Zwecke der Prüfung seines Antrags hat, und Angabe, ob er sich im gesamten Hoheitsgebiet oder in einem Teilgebiet dieses Mitgliedstaats frei bewegen darf;

e)

Angabe, dass das Dokument kein Reisedokument ist und dass es dem Antragsteller nicht gestattet ist, ohne Genehmigung in einen anderen Mitgliedstaat zu reisen.

(5)   Die Ausstellung von in diesem Artikel genannten Dokumenten ist nicht erforderlich, wenn und solange sich der Antragsteller in Hafteinrichtungen oder Haftanstalten befindet.

Bei Entlassung aus der Hafteinrichtung oder der Haftanstalt wird dem Antragsteller das Dokument gemäß Absatz 1 oder 4 ausgehändigt. Wird dem Antragsteller bei der Entlassung das in Absatz 1 genannte Dokument ausgehändigt, so erhält er das in Absatz 4 genannte Dokument so schnell wie möglich.

(6)   Im Fall begleiteter Minderjähriger können die in diesem Artikel genannten Dokumente, die einem Elternteil oder dem nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen ausgestellt werden, gegebenenfalls auch den Minderjährigen abdecken.

(7)   Die in diesem Artikel genannten Dokumente müssen nicht als Identitätsnachweis dienen, sondern gelten als ausreichend für den Zweck, dass sich der Antragsteller während der Dauer des Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes gegenüber den nationalen Behörden ausweisen und seine Rechte in Anspruch nehmen kann.

(8)   Das in den Absätzen 1 und 4 genannte Dokument enthält das Datum der Registrierung des Antragstellers.

(9)   Das Dokument nach Absatz 4 hat eine Gültigkeit von bis zu 12 Monaten oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 in einen anderen Mitgliedstaat überstellt wird. Wird dieses Dokument von dem zuständigen Mitgliedstaat ausgestellt, so wird die Gültigkeit des Dokuments verlängert, um den Zeitraum abzudecken, in dem der Antragsteller zum Verbleib im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats berechtigt ist. Die Gültigkeitsdauer des Dokuments begründet kein Recht auf Verbleib, wenn dieses Recht im Sinne der vorliegenden Verordnung beendet oder ausgesetzt wurde.

Artikel 30

Zugang zum Verfahren in Hafteinrichtungen und an Grenzübergangsstellen

(1)   Gibt es Anzeichen dafür, dass Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die sich in Hafteinrichtungen oder an Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen, einschließlich Transitzonen, befinden, möglicherweise einen Antrag auf internationalen Schutz stellen möchten, so stellen die zuständigen Behörden nach Artikel 4 ihnen Informationen über die Möglichkeit hierzu zur Verfügung.

(2)   Stellt ein Antragsteller einen Antrag in einer Hafteinrichtung, einer Haftanstalt oder einer Grenzübergangsstelle an den Außengrenzen, einschließlich Transitzonen, so treffen die zuständigen Behörden nach Artikel 4 Vorkehrungen zur Bereitstellung von Dolmetschdiensten, soweit dies erforderlich ist, um den Zugang zum Verfahren für den internationalen Schutz zu erleichtern.

(3)   Organisationen und Personen, die nach nationalem Recht befugt sind, Beratungsleistungen und Auskunft zu erbringen, wird effektiver Zugang zu Antragstellern in Hafteinrichtungen und an Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen, einschließlich Transitzonen, gewährt. Dieser Zugang kann von einer vorherigen Vereinbarung mit den zuständigen Behörden abhängig gemacht werden.

Die Mitgliedstaaten dürfen nach nationalem Recht Beschränkungen des Zugangs nach Unterabsatz 1 verhängen, wenn sie für die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder die Verwaltung der Grenzübergangsstelle, einschließlich Transitzonen, oder Hafteinrichtung objektiv erforderlich sind und sofern der Zugang nicht erheblich behindert oder unmöglich gemacht wird.

Artikel 31

Anträge im Namen von Erwachsenen, die Unterstützung bei der Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit benötigen

(1)   Im Fall eines Erwachsenen, der Unterstützung bei der Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit nach nationalem Recht benötigt (im Folgenden „unterstützungsbedürftiger Erwachsener“), kann ein Erwachsener, der nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats für ihn verantwortlich ist, einen Antrag im Namen des unterstützungsbedürftigen Erwachsenen stellen und einreichen.

(2)   Der unterstützungsbedürftige Erwachsene muss bei der Einreichung des Antrags anwesend sein, es sei denn, er ist aus berechtigten Gründen nicht in der Lage, anwesend zu sein, oder der Antrag wird unter Verwendung eines Formblatts eingereicht, sofern diese Möglichkeit nach nationalem Recht besteht.

Artikel 32

Anträge im Namen begleiteter Minderjähriger

(1)   Ein begleiteter Minderjähriger hat das Recht, im eigenen Namen einen Antrag einzureichen, wenn er nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats rechts- und geschäftsfähig ist. Ist der begleitete Minderjährige nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats nicht rechts- und geschäftsfähig, so reicht ein Elternteil oder ein anderer Erwachsener, etwa eine gesetzlich bestimmte Betreuungsperson oder ein Vertreter der Kinderschutzdienste, der nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats für den Minderjährigen verantwortlich ist, den Antrag im Namen des Minderjährigen ein.

(2)   Im Fall eines begleiteten Minderjährigen, der gemäß dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats nicht rechts- und geschäftsfähig ist und der sich zum Zeitpunkt der Stellung oder Einreichung des Antrags auf internationalen Schutz durch den Elternteil oder einen anderen für ihn nach dem Recht oder der Praxis des betroffenen Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen im Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats befindet, insbesondere wenn dieser Minderjährige über keine andere rechtliche Möglichkeit für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats verfügt, gilt die Stellung und Einreichung eines Antrags durch einen Elternteil oder einen anderen Erwachsenen, der nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats für ihn verantwortlich ist, als Stellung und Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz im Namen des Minderjährigen.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, Unterabsatz 1 auch im Fall eines begleiteten Minderjährigen anzuwenden, der während des Verwaltungsverfahrens geboren wurde oder anwesend ist.

(3)   Reicht der für den begleiteten Minderjährigen verantwortliche Elternteil oder Erwachsene gemäß Absatz 2 den Antrag im Namen des Minderjährigen ein, so muss der Minderjährige bei der Einreichung des Antrags anwesend sein, es sei denn, er ist aus berechtigten Gründen nicht in der Lage, anwesend zu sein, oder der Antrag im Namen des Minderjährigen wird unter Verwendung eines Formblatts eingereicht, wenn diese Möglichkeit nach nationalem Recht besteht.

Artikel 33

Anträge unbegleiteter Minderjähriger

(1)   Ein unbegleiteter Minderjähriger hat das Recht, im eigenen Namen einen Antrag einzureichen, wenn er im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats rechts- und geschäftsfähig ist. Zu diesem Zweck wird der unbegleitete Minderjährige über das Alter der Rechts- und Geschäftsfähigkeit in dem Mitgliedstaat, der für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, unterrichtet. Ist der unbegleitete Minderjährige im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats nicht rechts- und geschäftsfähig, so reicht ein Vertreter oder eine Person gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a den Antrag in seinem Namen ein.

Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes gilt unbeschadet des Rechts unbegleiteter Minderjähriger auf Rechtsauskunft und auf Rechtsberatung und -vertretung gemäß den Artikeln 15 und 16.

(2)   Im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen, der im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats nicht rechts- und geschäftsfähig ist, wird der Antrag innerhalb der in Artikel 28 Absatz 1 genannten Frist unter Berücksichtigung des Kindeswohls eingereicht.

(3)   Reicht der Vertreter eines unbegleiteten Minderjährigen oder eine Person gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a den Antrag im Namen des Minderjährigen ein, so muss der Minderjährige bei der Einreichung des Antrags anwesend sein, es sei denn, er ist aus berechtigten Gründen nicht in der Lage, anwesend zu sein, oder der Antrag wird unter Verwendung eines Formblatts eingereicht, wenn diese Möglichkeit nach nationalem Recht besteht.

ABSCHNITT II

Prüfungsverfahren

Artikel 34

Prüfung von Anträgen

(1)   Die Asylbehörde prüft und entscheidet über Anträge auf internationalen Schutz unter Beachtung der Grundsätze und Garantien in Kapitel II.

(2)   Die Asylbehörde trifft ihre Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nach angemessener Prüfung seiner Zulässigkeit und Begründetheit. Die Asylbehörde prüft die Anträge objektiv, unparteiisch und einzelfallbezogen. Bei der Prüfung eines Antrags berücksichtigt die Asylbehörde Folgendes:

a)

die vom Antragsteller gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2024/1347 gemachten maßgeblichen Angaben und vorgelegten Unterlagen;

b)

sachdienliche, genaue und aktuelle Informationen über die Lage im Herkunftsland des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag, einschließlich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Herkunftslandes und der Weise, in der sie angewandt werden, aus einschlägigen und verfügbaren nationalen, unionseigenen und internationalen Quellen, einschließlich Kinderrechtsorganisationen, sowie — sofern verfügbar — der gemeinsamen Analyse der Lage in bestimmten Herkunftsländern und der Leitfäden gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/2303;

c)

bei Anwendung der Konzepte des ersten Asylstaats oder des sicheren Drittstaats sachdienliche, genaue und aktuelle Informationen über die Lage in dem Drittstaat, der zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag als erster Asylstaat oder sicherer Drittstaat betrachtet wird, einschließlich Informationen und Analysen zu sicheren Drittstaaten gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU) 2021/2303;

d)

die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Antragstellers, einschließlich Faktoren wie Hintergrund des Antragstellers, Alter, Geschlecht, Geschlechtsidentität und sexuelle Ausrichtung, um beurteilen zu können, ob in Anbetracht seiner persönlichen Umstände die Handlungen, denen er ausgesetzt war oder ausgesetzt sein könnte, einer Verfolgung oder einem sonstigen ernsthaften Schaden gleichzusetzen sind;

e)

die Frage, ob der Antragsteller die Aktivitäten, die er seit Verlassen des Herkunftslandes aufgenommen hat, ausschließlich oder hauptsächlich ausgeübt hat, um die für die Beantragung von internationalem Schutz erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, um beurteilen zu können, ob der Antragsteller im Fall einer Rückkehr in dieses Land aufgrund dieser Aktivitäten im Sinne des Artikels 5 der Verordnung (EU) 2024/1347 verfolgt werden oder ernsthaften Schaden erleiden würde;

f)

die Frage, ob vom Antragsteller vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er den Schutz eines anderen Staates in Anspruch nimmt, dessen Staatsangehörigkeit er für sich geltend machen könnte;

g)

vorausgesetzt die Verfolgung oder der ernsthafte Schaden geht nicht vom Staat oder von Vertretern des Staates aus, die Frage, ob die interne Schutzalternative gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2024/1347 Anwendung findet.

(3)   Die für die Prüfung der Anträge und die Entscheidung darüber zuständigen Mitarbeiter verfügen über angemessene Kenntnisse der im Bereich Asyl- und Flüchtlingsrecht anzuwendenden Standards und haben entsprechende Schulungen erhalten, einschließlich der einschlägigen Schulung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2021/2303. Die Mitarbeiter können in bestimmten, unter anderem medizinischen, kulturellen, religiösen, die psychische Gesundheit betreffenden und kinder- oder geschlechtsspezifischen Fragen, den Rat von Sachverständigen einholen, wann immer dies erforderlich ist. Erforderlichenfalls können sie gemäß Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2021/2303 Anfragen an die Asylagentur richten.

(4)   Falls dies notwendig ist, sind Unterlagen, die von der Asylbehörde als für die Prüfung der Anträge sachdienlich beurteilt werden, für die Zwecke dieser Prüfung zu übersetzen.

Die Übersetzung dieser relevanten Unterlagen oder von Teilen davon kann von anderen Stellen bereitgestellt und im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden. Der Antragsteller kann auf eigene Kosten für die Übersetzung weiterer Unterlagen Sorge tragen. Bei Folgeanträgen kann dem Antragsteller die Verantwortung für die Übersetzung der Unterlagen auferlegt werden.

(5)   Die Asylbehörde kann die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz vorziehen, insbesondere wenn

a)

sie der Ansicht ist, dass der Antrag wahrscheinlich begründet ist;

b)

beim Antragsteller besondere Bedürfnisse bei der Aufnahme im Sinne des Artikels 24 der Richtlinie (EU) 2024/1346 vorliegen oder er besondere Verfahrensgarantien gemäß den Artikeln 20 bis 23 der vorliegenden Verordnung benötigt; dies gilt insbesondere für unbegleitete Minderjährige;

c)

begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellen kann;

d)

es sich um einen Folgeantrag handelt;

e)

gegen den Antragsteller eine Entscheidung gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe e der Richtlinie (EU) 2024/1346 ergangen ist, er an Störungen der öffentlichen Ordnung beteiligt war oder kriminelle Handlungen begangen hat.

Artikel 35

Dauer des Prüfungsverfahrens

(1)   Die Prüfung zur Feststellung, ob ein Antrag gemäß Artikel 38 Absatz 1 Buchstaben a, b, c und d und Artikel 38 Absatz 2 unzulässig ist, wird so schnell wie möglich abgeschlossen, spätestens jedoch innerhalb von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags.

In dem Fall gemäß Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe e schließt die Asylbehörde die Prüfung innerhalb von zehn Arbeitstagen ab.

Der Antrag ist nicht allein deshalb als zulässig anzusehen, weil innerhalb der in diesem Absatz und in Absatz 2 genannten Fristen keine Entscheidung über die Unzulässigkeit ergangen ist.

(2)   Die Asylbehörde kann die Fristen gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 um höchstens zwei Monate verlängern, wenn

a)

eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen innerhalb desselben Zeitraums einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, was es unmöglich macht, das Zulässigkeitsverfahren innerhalb der festgelegten Fristen abzuschließen;

b)

es um komplexe Sachverhalte oder komplexe Rechtsfragen geht;

c)

die Verzögerung eindeutig und ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass der Antragsteller seinen Pflichten nach Artikel 9 nicht nachgekommen ist.

(3)   Die Asylbehörde schließt das beschleunigte Prüfungsverfahren so schnell wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach dem Tag der Einreichung des Antrags ab.

(4)   Die Asylbehörde stellt sicher, dass — unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung — das Verfahren zur Prüfung der Begründetheit, sofern es sich dabei nicht um ein beschleunigtes Prüfungsverfahren handelt, so schnell wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags abgeschlossen wird.

(5)   Die Asylbehörde kann die in Absatz 4 genannte Sechsmonatsfrist um höchstens sechs weitere Monate verlängern, wenn

a)

eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen innerhalb desselben Zeitraums einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, sodass es unmöglich ist, das Verfahren innerhalb der Sechsmonatsfrist abzuschließen;

b)

es um komplexe Sachverhalte oder komplexe Rechtsfragen geht;

c)

die Verzögerung eindeutig und ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass der Antragsteller seinen Pflichten nach Artikel 9 nicht nachgekommen ist.

(6)   Ist ein Antragsteller gemäß dem Überstellungsverfahren nach Maßgabe des Artikels 35 der Verordnung (EU) 2024/1351 zu behandeln, so beginnt die in Absatz 4 des vorliegenden Artikels festgelegte Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag gemäß Artikel 28 Absatz 2 eingereicht wurde.

(7)   Die Asylbehörde kann den Abschluss des Prüfungsverfahrens aufschieben, wenn von ihr aufgrund einer aller Voraussicht nach vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsland vernünftigerweise nicht angenommen werden kann, innerhalb der in Absatz 4 festgelegten Fristen zu entscheiden. In solchen Fällen geht die Asylbehörde wie folgt vor:

a)

sie überprüft mindestens alle vier Monate die Lage in diesem Herkunftsland;

b)

sie berücksichtigt gegebenenfalls die von der Asylagentur durchgeführten Überprüfungen der Lage in diesem Herkunftsland;

c)

sie unterrichtet die betroffenen Antragsteller so schnell wie möglich in einer Sprache, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie sie verstehen, über die Gründe der Aufschiebung.

Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission und die Asylagentur so schnell wie möglich über die Aufschiebung der Verfahren für dieses Herkunftsland. Die Asylbehörde schließt das Prüfungsverfahren in jedem Fall innerhalb von 21 Monaten nach der Einreichung des Antrags ab.

(8)   Die Mitgliedstaaten legen Fristen für den Abschluss des Prüfungsverfahrens für die Fälle fest, in denen ein Gericht die Entscheidung der Asylbehörde aufhebt und die Sache zurückverweist. Diese Fristen müssen kürzer sein als die in diesem Artikel festgelegten Fristen.

ABSCHNITT III

Entscheidungen über Anträge

Artikel 36

Entscheidungen über Anträge

(1)   Eine Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz wird dem Antragsteller schriftlich so schnell wie möglich gemäß dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats mitgeteilt. Wird der Antragsteller durch einen Vertreter oder einen Rechtsberater rechtlich vertreten, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung diesem statt dem Antragsteller mitteilen.

(2)   Wird ein Antrag als unzulässig, als unbegründet oder als offensichtlich unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den Status subsidiären Schutzes, als ausdrücklich zurückgenommen oder als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt, so sind die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung in der Entscheidung darzulegen.

(3)   Der Antragsteller wird schriftlich über das Ergebnis der Entscheidung und darüber unterrichtet, wie eine Entscheidung, mit der ein Antrag als unzulässig, als unbegründet oder als offensichtlich unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den Status subsidiären Schutzes oder als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wurde, angefochten werden kann. Diese Informationen können im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz erteilt werden. Wird der Antragsteller nicht von einem Rechtsberater unterstützt, so werden diese Informationen in einer Sprache erteilt, die der Antragsteller versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht.

(4)   Wird der Antragsteller von einem Rechtsberater unterstützt, der den Antragsteller rechtlich vertritt, so ist es gestattet, die Informationen gemäß Absatz 3 nur diesem Rechtsberater zur Verfügung zu stellen, ohne Übersetzung in eine Sprache, die der Antragsteller versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht. In diesem Fall wird dem Antragsteller schriftlich in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, zusammen mit allgemeinen Informationen darüber, wie die Entscheidung angefochten werden kann, informationshalber mitgeteilt, ob der internationale Schutz gewährt wird oder nicht.

(5)   Im Fall von Anträgen im Namen von Minderjährigen oder unterstützungsbedürftigen Erwachsenen, und wenn in allen Anträgen genau dieselben Gründe wie im Antrag des für diesen Minderjährigen oder unterstützungsbedürftigen Erwachsenen verantwortlichen Erwachsenen genannt werden, kann die Asylbehörde nach einer Bewertung jedes Antragstellers eine einzige Entscheidung für alle vom Antrag erfassten Personen treffen, es sei denn, dies hätte die Offenlegung bestimmter Umstände eines Antragstellers zur Folge, durch die dessen Interessen gefährdet werden könnten, insbesondere in Fällen, in denen es um geschlechtsspezifische Gewalt, Menschenhandel oder um Verfolgung aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität oder des Alters geht. In diesen Fällen ergeht eine gesonderte Entscheidung, die der betroffenen Person gemäß Absatz 1 mitgeteilt wird.

Artikel 37

Ablehnung eines Antrags und Erlass einer Rückkehrentscheidung

Wird ein Antrag als unzulässig, unbegründet oder offensichtlich unbegründet in Bezug auf sowohl die Flüchtlingseigenschaft als auch den Status subsidiären Schutzes oder als stillschweigend oder ausdrücklich zurückgenommen abgelehnt, so erlassen die Mitgliedstaaten eine Rückkehrentscheidung, mit der die Richtlinie 2008/115/EG eingehalten wird und die der Grundsatz der Nichtzurückweisung eingehalten wird. Wurde vor der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz bereits eine Rückkehrentscheidung oder eine andere Entscheidung über die Auferlegung der Rückkehrverpflichtung erlassen, so ist die Rückkehrentscheidung gemäß diesem Artikel nicht erforderlich. Die Rückkehrentscheidung wird als Teil der Entscheidung über die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz oder als gesonderte Entscheidung erlassen. Wird die Rückkehrentscheidung als gesonderte Entscheidung erlassen, so wird sie zeitgleich und zusammen mit der Entscheidung über die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz oder unverzüglich danach erlassen.

Artikel 38

Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags

(1)   Die Asylbehörde kann die Zulässigkeit eines Antrags gemäß den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II prüfen, und sie kann nach nationalem Recht befugt sein, einen Antrag, auf den einer der folgenden Gründe zutrifft, als unzulässig abzulehnen:

a)

Ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, wird gemäß Artikel 58 als erster Asylstaat des Antragstellers betrachtet, es sei denn, es ist eindeutig, dass der Antragsteller in dieses Land nicht übernommen oder nicht rückübernommen wird;

b)

ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, wird gemäß Artikel 59 als ein für den Antragsteller sicherer Drittstaat betrachtet, es sei denn, es ist eindeutig, dass der Antragsteller in dieses Land nicht übernommen oder nicht rückübernommen wird;

c)

ein anderer Mitgliedstaat als der den Antrag prüfende Mitgliedstaat hat dem Antragsteller internationalen Schutz gewährt;

d)

ein internationales Strafgericht hat eine sichere Überstellung des Antragstellers in einen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat angeordnet oder ergreift eindeutig Maßnahmen in diesem Sinne, es sei denn, es sind neue relevante Umstände eingetreten, die vom Gericht nicht berücksichtigt wurden, oder es war rechtlich nicht möglich, vor diesem internationalen Strafgericht Umstände geltend zu machen, die in Bezug auf international anerkannte Menschenrechtsnormen relevant sind;

e)

gegen den betreffenden Antragsteller ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Artikel 6 der Richtlinie 2008/115/EG ergangen, und er hat seinen Antrag erst nach Ablauf von sieben Arbeitstagen ab dem Tag, an dem er die Rückkehrentscheidung erhalten hat, gestellt, vorausgesetzt, er wurde über die Folgen eines innerhalb dieser Frist nicht gestellten Antrags unterrichtet und seit Ablauf dieser Frist sind keine neuen relevanten Umstände eingetreten.

(2)   Die Asylbehörde lehnt einen Antrag als unzulässig ab, wenn der Antrag ein Folgeantrag ist, bei dem keine neuen Umstände gemäß Artikel 55 Absätze 3 und 5 zu der Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2024/1347 als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, oder in Bezug auf den zuvor angewandten Grund für die Unzulässigkeit des Antrags zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind.

Artikel 39

Entscheidung über die Begründetheit eines Antrags

(1)   Ein Antrag wird nicht auf Begründetheit geprüft, wenn

a)

ein anderer Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 zuständig ist;

b)

ein Antrag gemäß Artikel 38 als unzulässig abgelehnt wurde, oder

c)

ein Antrag — unbeschadet Artikel 40 Absatz 2 und Artikel 41 Absatz 5 — ausdrücklich oder stillschweigend zurückgenommen wurde.

(2)   Bei der Prüfung der Begründetheit eines Antrags entscheidet die Asylbehörde, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling erfüllt; ist dies nicht der Fall, muss sie feststellen, ob der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 hat.

(3)   Die Asylbehörde lehnt einen Antrag als unbegründet ab, wenn sie festgestellt hat, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 nicht erfüllt.

(4)   Der Asylbehörde kann nach nationalem Recht gestattet werden, einen unbegründeten Antrag für offensichtlich unbegründet zu erklären, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung einer der in Artikel 42 Absätze 1 und 3 aufgeführten Umstände vorliegt.

Artikel 40

Ausdrückliche Rücknahme von Anträgen

(1)   Ein Antragsteller kann seinen Antrag aus eigener Initiative zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens zurücknehmen. Der Antrag wird vom Antragsteller persönlich schriftlich zurückgenommen, oder von seinem Rechtsberater, der seine rechtliche Vertretung ausübt, nach Maßgabe des nationalen Rechts abgegeben.

(2)   Die zuständigen Behörden unterrichten den Antragsteller zum Zeitpunkt der Rücknahme des Antrags in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, gemäß Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe c über alle verfahrensrechtlichen Folgen dieser Rücknahme.

(3)   Findet die ausdrückliche Rücknahme vor einer anderen zuständigen Behörde als der Asylbehörde statt, so unterrichtet diese Behörde die Asylbehörde über diese Rücknahme. Die Asylbehörde erlässt eine Entscheidung, mit der erklärt wird, dass der Antrag ausdrücklich zurückgenommen wurde. Diese Entscheidung ist endgültig und kann nicht mit einem Rechtsbehelf gemäß Kapitel V dieser Verordnung angefochten werden.

(4)   Hat die Asylbehörde in der Phase, in der der Antrag vom Antragsteller ausdrücklich zurückgenommen wurde, bereits festgestellt, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 nicht erfüllt, so kann sie trotzdem die Entscheidung treffen, den Antrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abzulehnen.

Artikel 41

Stillschweigende Rücknahme von Anträgen

(1)   Ein Antrag wird für stillschweigend zurückgenommen erklärt, wenn

a)

der Antragsteller seinen Antrag ohne rechtfertigenden Grund nicht gemäß Artikel 28 eingereicht hat, obwohl er die tatsächliche Gelegenheit dazu hatte;

b)

der Antragsteller die Zusammenarbeit verweigert, indem er die Informationen gemäß Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben a und b nicht angibt oder seine biometrischen Daten nicht erfassen lässt;

c)

der Antragsteller sich weigert, seine Anschrift anzugeben, wenn er eine hat, es sei denn, die zuständigen Behörden stellen eine Unterkunft bereit;

d)

der Antragsteller ohne rechtfertigenden Grund nicht an einer persönlichen Anhörung teilgenommen hat, obwohl er gemäß Artikel 13 dazu verpflichtet war, oder ohne rechtfertigenden Grund die Beantwortung von Fragen während der Anhörung insoweit abgelehnt hat, als dadurch das Ergebnis der Anhörung nicht ausreicht, um über die Begründetheit des Antrags zu entscheiden;

e)

der Antragsteller seinen Meldepflichten gemäß Artikel 9 Absatz 4 wiederholt nicht nachgekommen ist oder der zuständigen Behörde oder den Justizbehörden nicht weiterhin zur Verfügung steht, es sei denn, er kann nachweisen, dass diese Nichtverfügbarkeit auf bestimmte Umstände zurückzuführen ist, die sich seinem Einfluss entziehen;

f)

der Antragsteller den Antrag in einem anderen als dem in Artikel 17 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2024/1351 vorgesehenen Mitgliedstaat eingereicht hat und sich bis zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats oder gegebenenfalls bis zur Durchführung des Überstellungsverfahrens nicht im vorgesehenen Mitgliedstaat aufhält.

(2)   Handelt es sich bei der Behörde, die prüft, ob der Antrag stillschweigend zurückgenommen wurde, um eine andere zuständige Behörde als die Asylbehörde, und ist diese Behörde der Auffassung, dass der Antrag als stillschweigend zurückgenommen zu betrachten ist, so unterrichtet diese Behörde die Asylbehörde entsprechend. Die Asylbehörde erlässt eine Entscheidung, mit der erklärt wird, dass der Antrag stillschweigend zurückgenommen wurde.

(3)   Ist der Antragsteller anwesend, so unterrichtet die zuständige Behörde ihn zum Zeitpunkt der Rücknahme in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, gemäß Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe c über alle verfahrensrechtlichen Folgen dieser Rücknahme.

(4)   Die zuständige Behörde kann das Verfahren aussetzen, um dem Antragsteller die Möglichkeit zu geben, Unterlassungen oder Handlungen gemäß Absatz 1 zu begründen oder zu berichtigen, bevor eine Entscheidung ergeht, mit der der Antrag für stillschweigend zurückgenommen erklärt wird.

(5)   Ein Antrag kann als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn die Asylbehörde in der Phase, in der der Antrag stillschweigend zurückgenommen wurde, bereits festgestellt hat, dass der Antragsteller nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 erfüllt.

ABSCHNITT IV

Besondere Verfahren

Artikel 42

Beschleunigtes Prüfungsverfahren

(1)   Unbeschadet des Artikels 21 Absatz 2 beschleunigt die Asylbehörde gemäß den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II die Prüfung der Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz, wenn

a)

der Antragsteller bei der Einreichung seines Antrags und der Darlegung der Tatsachen nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung der Frage, ob er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 anzuerkennen ist, nicht von Belang sind;

b)

der Antragsteller eindeutig unstimmige oder widersprüchliche, eindeutig falsche oder offensichtlich unwahrscheinliche Angaben oder Angaben, die im Widerspruch zu einschlägigen und verfügbaren Herkunftslandinformationen stehen, gemacht hat, sodass die Begründung für seine Behauptung, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 anzuerkennen ist, offensichtlich nicht überzeugend ist;

c)

davon ausgegangen wird, dass der Antragsteller — nachdem ihm die uneingeschränkte Gelegenheit gegeben wurde, triftige Gründe vorzubringen — die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten — insbesondere über seine Identität oder Staatsangehörigkeit –, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, vorsätzlich getäuscht hat, oder es eindeutige Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller ein Identitäts- oder Reisedokument mutwillig vernichtet oder beseitigt hat, um die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit zu verhindern;

d)

der Antragsteller den Antrag nur stellt, um die Vollstreckung einer Entscheidung über seine Abschiebung aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verzögern, zu vereiteln oder zu vereiteln;

e)

ein Drittstaat als sicheres Herkunftsland für den Antragsteller im Sinne dieser Verordnung angesehen werden kann;

f)

es triftige Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung der Mitgliedstaaten darstellt, oder der Antragsteller aus schwerwiegenden Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsweise ausgewiesen wurde;

g)

es sich um einen Folgeantrag handelt, der nicht unzulässig ist;

h)

der Antragsteller unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist oder seinen Aufenthalt unrechtmäßig verlängert hat und es ohne triftigen Grund versäumt hat, zum angesichts der Umstände seiner Einreise frühestmöglichen Zeitpunkt bei den zuständigen Behörden vorstellig zu werden oder einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen;

i)

der Antragsteller rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist und es ohne triftigen Grund versäumt hat, zum angesichts der Gründe für seinen Antrag frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen; dies gilt unbeschadet des aus Nachfluchtgründen entstehenden Bedarfs an internationalem Schutz; oder

j)

der Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzt oder — bei Staatenlosen — seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat hatte, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen der Asylbehörde, mit denen internationaler Schutz gewährt wird, nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten unionsweit im Jahresdurchschnitt 20 % oder weniger beträgt, es sei denn, die Asylbehörde gelangt zu der Einschätzung, dass in dem betreffenden Drittstaat seit Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten eine erhebliche Änderung eingetreten ist oder dass der Antragsteller einer Personengruppe angehört, bei der der Anteil von 20 % oder weniger nicht als repräsentativ für ihren Schutzbedarf angesehen werden kann, wobei unter anderem den erheblichen Unterschieden zwischen einer erstinstanzlichen und einer unanfechtbaren Entscheidung Rechnung getragen wird.

Hat die Asylagentur zu einem Herkunftsland einen Leitfaden nach Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/2303 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass sich in dem betreffenden Drittstaat seit der Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten eine wesentliche Änderung ergeben hat, so ziehen die Mitgliedstaaten den genannten Leitfaden als Referenz für die Anwendung von Unterabsatz 1 Buchstabe j des vorliegenden Absatzes heran.

(2)   Ist die Asylbehörde der Ansicht, dass die Prüfung des Antrags Sach- oder Rechtsfragen umfasst, die zu komplex sind, um im Rahmen eines beschleunigten Prüfungsverfahrens geprüft zu werden, so kann sie die Prüfung der Begründetheit gemäß Artikel 35 Absatz 4 und Artikel 39 fortsetzen. In diesem Fall wird der betreffende Antragsteller über die Änderung des Verfahrens informiert.

(3)   Das beschleunigte Prüfungsverfahren darf nur auf unbegleitete Minderjährige angewendet werden, wenn

a)

der Antragsteller aus einem Drittstaat kommt, der als sicheres Herkunftsland im Sinne dieser Verordnung angesehen werden kann;

b)

es triftige Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellt, oder der Antragsteller aus schwerwiegenden Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsweise ausgewiesen wurde;

c)

es sich um einen Folgeantrag handelt, der nicht unzulässig ist;

d)

davon ausgegangen wird, dass der Antragsteller — nachdem ihm die uneingeschränkte Gelegenheit gegeben wurde, triftige Gründe vorzubringen — die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten — insbesondere über seine Identität oder Staatsangehörigkeit –, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, vorsätzlich getäuscht hat, oder es eindeutige Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller ein Identitäts- oder Reisedokument mutwillig vernichtet oder beseitigt hat, um die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit zu verhindern; oder

e)

der Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzt oder — bei Staatenlosen — seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat hatte, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen der Asylbehörde, mit denen internationaler Schutz gewährt wird, nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten unionsweit im Jahresdurchschnitt 20 % oder weniger beträgt, es sei denn, die Asylbehörde gelangt zu der Einschätzung, dass in dem betreffenden Drittstaat seit Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten eine wesentliche Änderung eingetreten ist oder dass der Antragsteller einer Personengruppe angehört, bei der der Anteil von 20 % oder weniger nicht als repräsentativ für ihren Schutzbedarf angesehen werden kann, wobei unter anderem den erheblichen Unterschieden zwischen einer erstinstanzlichen und einer unanfechtbaren Entscheidung Rechnung getragen wird.

Hat die Asylagentur zu einem Herkunftsland einen Leitfaden nach Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/2303 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass sich in dem betreffenden Drittstaat seit der Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten eine wesentliche Änderung ergeben hat, so ziehen die Mitgliedstaaten den genannten Leitfaden als Referenz für die Anwendung von Unterabsatz 1 Buchstabe e des vorliegenden Absatzes heran.

Artikel 43

Voraussetzungen für das Asylverfahren an der Grenze

(1)   Im Anschluss an die gegebenenfalls nach der Verordnung (EU) 2024/1356 durchgeführte Überprüfung und sofern dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten noch nicht gestattet wurde, kann der Antrag, wenn er von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellt wurde, der die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) 2016/399 nicht erfüllt, von einem Mitgliedstaat im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II im Rahmen eines Grenzverfahrens geprüft werden. Das Grenzverfahren kann durchgeführt werden:

a)

nach Stellung eines Antrags an einer Außengrenzübergangsstelle oder in einer Transitzone;

b)

nach einem Aufgriff im Zusammenhang mit einem unbefugten Überschreiten der Außengrenze;

c)

nach einer Ausschiffung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz;

d)

nach Übernahme der Person gemäß Artikel 67 Absatz 11 der Verordnung (EU) 2024/1351.

(2)   Unbeschadet des Artikels 51 Absatz 2 und des Artikels 53 Absatz 2 darf Antragstellern, die dem Grenzverfahren unterliegen, die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats nicht gestattet werden. Jede von den Mitgliedstaaten getroffene Maßnahme, um die unerlaubte Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu verhindern, muss im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2024/1346 stehen.

(3)   Abweichend von Artikel 51 Absatz 2 Unterabsatz 1 letzter Satz wird dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats nicht gestattet, wenn

a)

der Antragsteller zum Verbleib im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe a oder c nicht berechtigt ist;

b)

der Antragsteller zum Verbleib im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 68 nicht berechtigt ist und er seinen weiteren Verbleib für die Zwecke eines Rechtsbehelfsverfahrens nicht fristgerecht beantragt hat;

c)

der Antragsteller zum Verbleib im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 68 nicht berechtigt ist und ein Gericht entschieden hat, dass er bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens nicht im Mitgliedstaat verbleiben darf.

Ist gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung nach Maßgabe der Richtlinie 2008/115/EG oder eine Einreiseverweigerung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) 2016/399 ergangen, so findet in den Fällen nach Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes Artikel 4 der Verordnung (EU) 2024/1349 Anwendung.

(4)   Unbeschadet des in Artikel 14 der Verordnung (EU) 2021/2303 festgelegten Überwachungsmechanismus und in Ergänzung dazu sieht jeder Mitgliedstaat einen Mechanismus zur Überwachung der Einhaltung der Grundrechte im Zusammenhang mit dem Grenzverfahren vor, der den Kriterien gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) 2024/1356 entspricht.

Artikel 44

Entscheidungen im Rahmen des Asylverfahrens an der Grenze

(1)   Wird ein Verfahren an der Grenze durchgeführt, so kann über Folgendes entschieden werden:

a)

die Unzulässigkeit eines Antrags gemäß Artikel 38;

b)

die Begründetheit eines Antrags, wenn einer der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstaben a bis g und Buchstabe j und Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe b aufgeführten Umstände vorliegt.

(2)   Übersteigt die Zahl der Antragsteller die in Artikel 47 Absatz 1 genannte Zahl, und zum Zweck der Feststellung, bei wem ein Verfahren an der Grenze gemäß Artikel 42 Absatz 1 Buchstaben c, f oder i oder Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe b anzuwenden ist, wird den folgenden Kategorien von Anträgen Vorrang eingeräumt:

a)

Anträge bestimmter Drittstaatsangehöriger oder — bei Staatenlosen — von Personen, die ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Drittstaat hatten, bei denen im Fall einer ablehnenden Entscheidung eine größere Aussicht auf eine Rückkehr in ihr Herkunftsland, in den Staat ihres vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, in einen sicheren Drittstaat oder in einen ersten Asylstaat im Sinne dieser Verordnung besteht;

b)

Anträge bestimmter Drittstaatsangehöriger oder — bei Staatenlosen — von Personen, die ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Drittstaat hatten, bei denen aus schwerwiegenden Gründen davon ausgegangen wird, dass sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung eines Mitgliedstaats darstellen;

c)

unbeschadet des Buchstabens b Anträge bestimmter Drittstaatsangehöriger oder — bei Staatenlosen — von Personen, die ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Drittstaat hatten, bei denen es sich nicht um Minderjährige und deren Familienangehörige handelt.

(3)   Wird das Verfahren an der Grenze auf Minderjährige und ihre Familienangehörigen angewandt, so werden ihre Anträge vorrangig geprüft.

Die Mitgliedstaaten können außerdem die Anträge bestimmter Drittstaatsangehöriger oder — bei Staatenlosen — von Personen, die ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Drittstaat hatten, vorrangig prüfen, bei denen im Fall einer ablehnenden Entscheidung eine größere Aussicht auf eine Rückkehr in ihr Herkunftsland, in den Staat ihres vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, in einen sicheren Drittstaat oder in einen ersten Asylstaat im Sinne dieser Verordnung besteht.

Artikel 45

Verpflichtende Anwendung des Asylverfahrens an der Grenze

(1)   In den in Artikel 43 Absatz 1 genannten Fällen, in denen einer der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstaben c, f oder j aufgeführten Umstände vorliegt, prüfen die Mitgliedstaaten einen Antrag im Verfahren an der Grenze.

(2)   Liegen die Umstände gemäß Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe f vor, so ergreifen die Mitgliedstaaten unbeschadet des Artikels 54 angemessene Maßnahmen, um die Einheit der Familie im Rahmen des Verfahrens an der Grenze so weit wie möglich zu wahren.

(3)   Für die Zwecke des Absatzes 2 und zur Wahrung der Einheit der Familie sind unter der Bezeichnung „Familienangehörige des Antragstellers“ die folgenden Mitglieder der Familie des Antragstellers, die sich im Zusammenhang mit dem Antrag auf internationalen Schutz in demselben Mitgliedstaat aufhalten, zu verstehen, sofern die Familie bereits vor der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bestanden hat:

a)

der Ehegatte des Antragstellers oder sein nicht verheirateter Partner, der mit ihm eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare verheirateten Paaren gleichgestellt sind,

b)

die minderjährigen Kinder von Paaren gemäß Buchstabe a oder des Antragstellers, sofern diese nicht verheiratet sind, gleichgültig, ob es sich nach nationalem Recht um eheliche oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt,

c)

bei einem minderjährigen und unverheirateten Antragsteller der Vater, die Mutter oder ein anderer Erwachsener, der nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des Mitgliedstaats, in dem der Erwachsene sich aufhält, für den Minderjährigen verantwortlich ist,

d)

bei einem minderjährigen und unverheirateten Antragsteller das oder die Geschwister des Antragstellers, sofern sie unverheiratet und minderjährig sind.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Ziffern b, c und d gilt ein Minderjähriger auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung als unverheiratet, sofern seine Ehe insbesondere hinsichtlich der Ehemündigkeit nicht im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats hätte geschlossen werden könnte.

(4)   Hat die Kommission auf der Grundlage der im Rahmen der gemäß den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) 2021/2303 durchgeführten Überwachung Grund zu der Annahme, dass ein Mitgliedstaat die in Artikel 54 Absatz 2 festgelegten Anforderungen nicht erfüllt, so empfiehlt sie unverzüglich die Aussetzung der Anwendung des Verfahrens an der Grenze auf Familien mit Minderjährigen gemäß Artikel 53 Absatz 2 Buchstabe b. Die Kommission veröffentlicht diese Empfehlung.

Der betreffende Mitgliedstaat trägt der Empfehlung der Kommission in Bezug auf seine Pflichten nach Artikel 53 Absatz 2 Buchstabe b und im Hinblick auf die Behebung der festgestellten Mängel weitestgehend Rechnung, um die vollständige Einhaltung der Anforderungen des Artikels 54 Absatz 2 sicherzustellen. Der betreffende Mitgliedstaat teilt der Kommission die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um dieser Empfehlung nachzukommen.

Artikel 46

Die angemessene Kapazität auf Unionsebene

Die angemessene Kapazität auf Unionsebene wird mit 30 000 angesetzt.

Artikel 47

Die angemessene Kapazität eines Mitgliedstaats

(1)   Die Kommission berechnet im Wege von Durchführungsrechtsakten die Zahl, die der jeweils angemessenen Kapazität der einzelnen Mitgliedstaaten entspricht, indem sie die in Absatz 4 festgelegte Formel anwendet.

Unbeschadet des Absatzes 3 legt die Kommission auch im Wege von Durchführungsrechtsakten die Höchstzahl der Anträge fest, die ein Mitgliedstaat jährlich im Verfahren an der Grenze prüfen muss. Diese Höchstzahl beträgt ab dem 12. Juni 2026 das Zweifache der Zahl, die sich aus der Anwendung der in Absatz 4 festgelegten Formel ergibt, ab dem 13. Juni 2027 das Dreifache der Zahl, die sich aus der Anwendung der in Absatz 4 festgelegten Formel ergibt, und ab dem 13. Juni 2028 das Vierfache der Zahl, die sich aus der Anwendung der in Absatz 4 festgelegten Formel ergibt.

(2)   Wird die angemessene Kapazität eines Mitgliedstaats gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 erreicht, so ist dieser Mitgliedstaat in den in Artikel 43 Absatz 1 genannten Fällen nicht mehr verpflichtet, Verfahren an der Grenze durchzuführen, sofern die Umstände nach Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe j zutreffen.

(3)   Hat ein Mitgliedstaat die Höchstzahl der Anträge gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 geprüft, so ist dieser Mitgliedstaat in den in Artikel 43 Absatz 1 genannten Fällen nicht mehr verpflichtet, Verfahren an der Grenze durchzuführen, sofern die Umstände nach Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe c oder j zutreffen. Der Mitgliedstaat prüft dennoch weiterhin im Verfahren an der Grenze Anträge von Drittstaatsangehörigen, auf die die in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe f und Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe b genannten Umstände zutreffen.

(4)   Die Zahl gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 wird berechnet, indem die in Artikel 46 genannte Zahl mit der Summe der irregulären Überschreitungen der Außengrenze, der Ankünfte nach Such- und Rettungseinsätzen und der Zurückweisungen an der Außengrenze in dem betreffenden Mitgliedstaat in den letzten drei Jahren multipliziert und die daraus resultierende Zahl durch die Summe der irregulären Überschreitungen der Außengrenze, der Ankünfte nach Such- und Rettungseinsätzen und der Zurückweisungen an der Außengrenze in der Union insgesamt im selben Zeitraum nach den aktuellsten verfügbaren Frontex- und Eurostat-Daten geteilt wird.

(5)   Der erste Durchführungsrechtsakt gemäß Absatz 1 wird von der Kommission bis zum 12. August 2024 erlassen; danach wird ein Durchführungsrechtsakt alle drei Jahre am 15. Oktober erlassen.

Nach dem Erlass eines Durchführungsrechtsakts durch die Kommission gemäß Absatz 1 stellt jeder Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten nach dem Erlass des folgenden und aller weiteren Durchführungsrechtsakte sicher, dass er über die darin festgelegte angemessene Kapazität verfügt. Für die Zwecke des ersten Durchführungsrechtsakts stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass sie vor dem 12. Juni 2026 über die in diesem Durchführungsrechtsakt festgelegte angemessene Kapazität verfügen.

Artikel 48

Maßnahme bei Erreichen der angemessenen Kapazität eines Mitgliedstaats

(1)   Wenn die Zahl der Antragsteller, die in einem Mitgliedstaat dem Asylverfahren an der Grenze unterliegen, zu einem beliebigen Zeitpunkt in Kombination mit der Zahl der Personen, die einem gemäß der Verordnung (EU) 2024/1349 eingerichteten Rückkehrverfahren an der Grenze oder gegebenenfalls einem gleichwertigen, nach nationalem Recht eingerichteten Rückkehrverfahren an der Grenze unterliegen, die im Durchführungsrechtsakt der Kommission gemäß Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 1 für diesen Mitgliedstaat festgelegte Zahl erreicht oder übersteigt, kann dieser Mitgliedstaat der Kommission diesen Umstand mitteilen.

(2)   Unterrichtet ein Mitgliedstaat die Kommission gemäß Absatz 1, so muss dieser Mitgliedstaat abweichend von Artikel 45 Absatz 1 ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Antragsteller, die in diesem Mitgliedstaat dem Verfahren an der Grenze unterliegen, die in Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 1 genannte Zahl erreicht oder übersteigt, in einem Verfahren an der Grenze nicht mehr die Anträge der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe j genannten Antragsteller prüfen.

(3)   Die Maßnahme nach Absatz 2 wird je nach Zu- und Abnahme angewandt, und der betreffende Mitgliedstaat ist verpflichtet, Anträge von Antragstellern nach Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe j in einem Verfahren an der Grenze wieder zu prüfen, sobald die Zahl der Antragsteller, die in diesem Mitgliedstaat zu einem bestimmten Zeitpunkt dem Verfahren an der Grenze unterliegen, niedriger ist als die in Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 1 genannte Zahl.

(4)   Die Maßnahme nach Absatz 2 kann von einem Mitgliedstaat für den Rest des Kalenderjahres ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Mitteilung gemäß Absatz 1 erfolgt ist, angewandt werden.

Artikel 49

Mitteilung eines Mitgliedstaats bei Erreichen der angemessenen Kapazität

(1)   Die Mitteilung gemäß Artikel 48 muss folgende Angaben beinhalten:

a)

die Zahl der Antragsteller, die zum Zeitpunkt der Mitteilung in dem betreffenden Mitgliedstaat dem Asylverfahren an der Grenze, einem gemäß der Verordnung (EU) 2024/1349 eingerichteten Rückkehrverfahren an der Grenze oder gegebenenfalls einem gleichwertigen, nach nationalem Recht eingerichteten Rückkehrverfahren an der Grenze unterliegen;

b)

die Maßnahme gemäß Artikel 48, die der betreffende Mitgliedstaat anzuwenden oder weiter anzuwenden beabsichtigt;

c)

eine fundierte Begründung der Absicht des betreffenden Mitgliedstaats, in der beschrieben wird, wie der Rückgriff auf die fragliche Maßnahme zur Bewältigung der Situation beitragen könnte und gegebenenfalls welche andere Maßnahmen der betreffende Mitgliedstaat auf nationaler Ebene ergriffen hat oder zu ergreifen beabsichtigt, um die Situation zu verbessern, einschließlich der in Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2024/1351 genannten Maßnahmen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können gegebenenfalls die Kommission gemäß Artikel 48 dieser Verordnung im Rahmen der Mitteilung gemäß den Artikeln 58 und 59 der Verordnung (EU) 2024/1351 unterrichten.

(3)   Unterrichtet ein Mitgliedstaat die Kommission gemäß Artikel 48, so informiert der betreffende Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten entsprechend.

(4)   Ein Mitgliedstaat, der die Maßnahme nach Artikel 48 anwendet, unterrichtet die Kommission monatlich über Folgendes:

a)

die Zahl der Antragsteller, die zum betreffenden Zeitpunkt dem Verfahren an der Grenze in diesem Mitgliedstaat unterliegen;

b)

die Zu- und Abnahme der Zahl der Personen, die Verfahren an der Grenze unterliegen, für jede Woche des betreffenden Monats;

c)

die Zahl der für die Prüfung der Anträge im Verfahren an der Grenze zuständigen Bediensteten;

d)

die durchschnittliche Dauer der Prüfung während des Verwaltungsverfahrens; und

e)

die durchschnittliche Dauer der von einem Gericht durchgeführten Prüfung eines Antrags auf Verbleib bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.

Die Kommission überwacht die Anwendung der Maßnahme gemäß Artikel 48 dieser Verordnung und überprüft zu diesem Zweck die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen. Die Kommission nimmt in dem in Artikel 9 der Verordnung (EU) 2024/1351 genannten Bericht eine Bewertung der Anwendung der in Artikel 48 der vorliegenden Verordnung genannten Maßnahme in jedem Mitgliedstaat vor.

Artikel 50

Mitteilung eines Mitgliedstaats bei Erreichen der jährlichen Höchstzahl an Anträgen

Wenn die Zahl der Anträge, die in einem Mitgliedstaat innerhalb eines Kalenderjahres im Verfahren an der Grenze geprüft wurden, die Höchstzahl der Anträge, die für diesen Mitgliedstaat in dem in Artikel 47 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakt festgelegt sind, erreicht oder übersteigt, kann dieser Mitgliedstaat dies der Kommission mitteilen.

Hat der Mitgliedstaat die Kommission gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels unterrichtet, so prüft die Kommission unverzüglich die von dem betreffenden Mitgliedstaat übermittelten Angaben, um sich zu vergewissern, dass der betreffende Mitgliedstaat seit Beginn des Kalenderjahres im Verfahren an der Grenze eine Anzahl an Anträgen geprüft hat, die die Zahl, die für diesen Mitgliedstaat in dem in Artikel 47 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakt festgelegt ist, erreicht oder übersteigt.

Nach Abschluss der Überprüfung gestattet die Kommission im Wege eines Durchführungsrechtsakts dem betreffenden Mitgliedstaat, Anträge von Antragstellern gemäß Artikel 42 Absatz 1 Buchstaben c und j im Verfahren an der Grenze nicht zu prüfen.

Diese Erlaubnis entbindet den Mitgliedstaat nicht von der Verpflichtung, Anträge von Antragstellern gemäß Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe f und Artikel 42 Absatz 5 Buchstabe b im Verfahren an der Grenze zu prüfen.

Artikel 51

Fristen

(1)   Abweichend von Artikel 28 dieser Verordnung sind Anträge, die einem Verfahren an der Grenze unterliegen, spätestens fünf Tage nach der erstmaligen Registrierung oder — im Falle einer Überstellung gemäß Artikel 67 Absatz 11 der Verordnung (EU) 2024/1351 — fünf Tage nach der Ankunft des so überstellten Antragstellers im Übernahmemitgliedstaat einzureichen, sofern dem Antragsteller effektiv Gelegenheit dazu gegeben wird. Die Nichteinhaltung der Frist von fünf Tagen berührt nicht die weitere Anwendung des Verfahrens an der Grenze.

(2)   Die Dauer des Verfahrens an der Grenze muss so kurz wie möglich sein, zugleich aber eine vollständige und faire Prüfung der Ansprüche ermöglichen. Unbeschadet des Unterabsatzes 3 dieses Absatzes beträgt die Dauer des Verfahrens an der Grenze höchstens zwölf Wochen ab dem Zeitpunkt der Registrierung des Antrags, bis der Antragsteller kein Recht auf Verbleib mehr hat und ihm der Verbleib nicht länger gestattet ist. Nach diesem Zeitraum ist dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu gestatten, es sei denn, Artikel 4 der Verordnung (EU) 2024/1349 findet Anwendung.

Die Mitgliedstaaten legen abweichend von Artikel 35 Bestimmungen über die Dauer des Prüfungsverfahrens, der Prüfung eines gemäß Artikel 68 Absätze 4 und 5 eingereichten Antrags auf Verbleib durch ein Gericht und gegebenenfalls des Rechtsbehelfsverfahrens fest. Mit der festgelegten Dauer wird sichergestellt, dass alle diese Verfahrensschritte innerhalb von zwölf Wochen nach Registrierung des Antrags abgeschlossen werden.

Die Zwölfwochenfrist kann auf 16 Wochen verlängert werden, wenn der Mitgliedstaat, in den die Person gemäß Artikel 67 Absatz 11 der Verordnung (EU) 2024/1351 überstellt wird, das Verfahren an der Grenze anwendet.

Artikel 52

Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und Übernahme

(1)   Sind die Voraussetzungen für das Verfahren an der Grenze erfüllt, so entscheiden die Mitgliedstaaten unbeschadet der in Artikel 51 Absatz 2 dieser Verordnung festgelegten Fristen das Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) 2024/1351 an den Standorten durchzuführen, an denen das Verfahren an der Grenze durchgeführt wird.

(2)   Sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens an der Grenze in dem Mitgliedstaat, aus dem der Antragsteller überstellt wird, erfüllt, so kann der Mitgliedstaat, in den der Antragsteller gemäß Artikel 67 Absatz 11 der Verordnung (EU) 2024/1351 überstellt wird, unbeschadet der in Artikel 51 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung festgelegten Fristen das Verfahren an der Grenze anwenden.

Artikel 53

Ausnahmen vom Asylverfahren an der Grenze

(1)   Das Verfahren an der Grenze wird bei unbegleiteten Minderjährigen nur unter den in Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe b genannten Umständen angewandt. Bestehen Zweifel hinsichtlich des Alters des Antragstellers, so nehmen die zuständigen Behörden umgehend eine Altersbestimmung gemäß Artikel 25 vor.

(2)   Die Mitgliedstaaten führen das Verfahren an der Grenze nicht durch oder beenden das Verfahren zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens, wenn

a)

die Asylbehörde der Auffassung ist, dass die Gründe für die Ablehnung eines Antrags als unzulässig oder für die Anwendung des beschleunigten Prüfungsverfahrens nicht oder nicht mehr gegeben sind;

b)

Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme, einschließlich Minderjährigen, gemäß Kapitel IV der Richtlinie (EU) 2024/1346 an den in Artikel 54 genannten Standorten nicht die erforderliche Unterstützung bereitgestellt werden kann;

c)

Antragstellern, die besondere Verfahrensgarantien benötigen, an den in Artikel 54 genannten Standorten nicht die erforderliche Unterstützung bereitgestellt werden kann;

d)

es einschlägige medizinische Gründe, einschließlich Gründen der psychischen Gesundheit, für die Nichtanwendung des Verfahrens an der Grenze gibt;

e)

die in den Artikeln 10 bis 13 der Richtlinie (EU) 2024/1346 festgelegten Garantien und Bedingungen für den Haft nicht oder nicht mehr erfüllt sind und der Antragsteller dem Verfahren an der Grenze nicht ohne Rückgriff auf Haft unterzogen werden kann.

In den Fällen nach Unterabsatz 1 dieses Absatzes gestattet die zuständige Behörde dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats und wendet das entsprechende Verfahren nach Kapitel III an.

Artikel 54

Standorte für die Durchführung des Asylverfahrens an der Grenze

(1)   Während der Prüfung von Anträgen, die einem Verfahren an der Grenze unterliegen, schreiben die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2024/1346 und unbeschadet des Artikels 10 dieser Richtlinie den Antragstellern vor, dass sie sich grundsätzlich an der Außengrenze oder in der Nähe der Außengrenze oder in den Transitzonen oder an anderen bestimmten Standorten innerhalb ihres Hoheitsgebiets aufhalten müssen, wobei den besonderen geografischen Gegebenheiten dieses Mitgliedstaats in vollem Umfang Rechnung getragen wird.

(2)   Unbeschadet des Artikels 47 stellen die Mitgliedstaaten — nach Prüfung des Kindeswohls — sicher, dass Familien mit Minderjährigen in Unterbringungseinrichtungen untergebracht werden, die ihren Bedürfnissen entsprechen, und sie gewährleisten einen im Hinblick auf die körperliche, geistige, seelische, moralische und gesellschaftliche Entwicklung des Minderjährigen angemessenen Lebensstandard unter uneingeschränkter Achtung der Anforderungen des Kapitels IV der Richtlinie (EU) 2024/1346.

(3)   Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission bis zum 11. April 2026 die Standorte mit, an denen das Verfahren an der Grenze durchgeführt wird, auch bei Anwendung von Artikel 45. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Kapazitäten an diesen Standorten für die Prüfung der Anträge nach Artikel 45 ausreichen. Änderungen der Standorte, an denen das Verfahren an der Grenze durchgeführt wird, werden der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach den Änderungen mitgeteilt.

(4)   Das Erfordernis des Aufenthalts an einem bestimmten Standort gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 wird nicht als Genehmigung für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats und den dortigen Verbleib betrachtet.

(5)   Muss ein Antragsteller, der dem Verfahren an der Grenze unterliegt, für die Zwecke eines solchen Verfahrens zur Asylbehörde oder zu einem zuständigen Gericht erster Instanz verbracht werden oder zum Zweck einer medizinischen Behandlung verbracht werden, so stellt eine solche Reise als solche keine Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dar.

Artikel 55

Folgeanträge

(1)   Ein Antrag, der gestellt wird, wenn über einen früheren Antrag desselben Antragstellers noch keine unanfechtbare Entscheidung ergangen ist, gilt als weitere Angabe und nicht als neuer Antrag.

Diese weitere Angabe wird in dem zuständigen Mitgliedstaat im Rahmen der laufenden Prüfung im Verwaltungsverfahren oder im Rahmen eines laufenden Rechtsbehelfsverfahrens geprüft, sofern das zuständige Gericht die der weiteren Angabe zugrunde liegenden Umstände berücksichtigen kann.

(2)   Jeder weitere Antrag, der in einem Mitgliedstaat gestellt wird, nachdem über einen früheren Antrag desselben Antragstellers eine unanfechtbare Entscheidung ergangen ist, wird als Folgeantrag betrachtet und von dem zuständigen Mitgliedstaat geprüft.

(3)   Ein Folgeantrag unterliegt einer ersten Prüfung, bei der die Asylbehörde feststellt, ob neue Umstände zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind,

a)

durch die die Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 anzuerkennen ist, erheblich erhöht wird, oder

b)

die im Zusammenhang mit einem zuvor geltend gemachten Unzulässigkeitsgrund stehen, wenn der erste Antrag als unzulässig abgelehnt wurde.

(4)   Die erste Prüfung wird auf der Grundlage schriftlicher Angaben oder einer persönlichen Anhörung unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II durchgeführt. Insbesondere kann die persönliche Anhörung entfallen, wenn aus den schriftlichen Angaben eindeutig hervorgeht, dass der Antrag keine neuen Umstände gemäß Absatz 3 enthält.

(5)   Die vom Antragsteller vorgebrachten Umstände gelten nur dann als neu, wenn der Antragsteller ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage war, diese Umstände im Rahmen des früheren Antrags vorzubringen. Umstände, die der Antragsteller früher hätte vorbringen können, müssen nicht berücksichtigt werden, es sei denn, sie erhöhen erheblich die Wahrscheinlichkeit, dass der Antrag nicht unzulässig ist oder dass der Antragsteller Anspruch auf internationalen Schutz hat, oder wenn der frühere Antrag ohne Prüfung der Begründetheit als stillschweigend zurückgenommen gemäß Artikel 41 abgelehnt wurde.

(6)   Sind neue Umstände gemäß Absatz 3 vom Antragsteller vorgebracht worden oder zutage getreten, so wird der Antrag weiter auf seine Begründetheit geprüft, es sei denn, der Antrag kann aus einem anderen in Artikel 38 Absatz 1 genannten Grund als unzulässig betrachtet werden.

(7)   Sind keine neuen Umstände gemäß Absatz 3 vom Antragsteller vorgebracht worden oder zutage getreten, so wird der Antrag gemäß Artikel 38 Absatz 2 als unzulässig abgelehnt.

Artikel 56

Ausnahmen vom Recht auf Verbleib bei Folgeanträgen

Unbeschadet des Grundsatzes der Nichtzurückweisung können die Mitgliedstaaten eine Ausnahme vom Recht auf Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet machen und von Artikel 68 Absatz 5 abweichen, wenn

a)

ein erster Folgeantrag nur zu dem Zweck eingereicht worden ist, die Vollstreckung einer Entscheidung zu verzögern oder zu vereiteln, die zur unverzüglichen Abschiebung des Antragstellers aus dem betreffenden Mitgliedstaat führen würde, und nicht weiter gemäß Artikel 55 Absatz 7 geprüft wird; oder

b)

nach einer unanfechtbaren Entscheidung, mit der ein erster Folgeantrag als unzulässig oder als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, ein zweiter oder weiterer Folgeantrag in einem Mitgliedstaat gestellt wurde.

ABSCHNITT V

Konzepte des sicheren Staats

Artikel 57

Der Begriff des wirksamen Schutzes

(1)   Ein Drittstaat, der die Genfer Konvention innerhalb der von diesem Drittstaat getroffenen und gemäß der Konvention zulässigen Ausnahmeregelungen oder Vorbehalte ratifiziert hat und achtet, gilt als Land, das einen wirksamen Schutz gewährleistet. Im Fall geografischer Vorbehalte des Drittstaats wird das Bestehen eines Schutzes für Personen, die nicht unter die Genfer Konvention fallen, anhand der in Absatz 2 genannten Kriterien beurteilt.

(2)   In anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen wird nur dann davon ausgegangen, dass der Drittstaat einen wirksamen Schutz gewährleistet, wenn mindestens die folgenden Kriterien erfüllt sind:

a)

die in Absatz 1 genannten Personen dürfen im Hoheitsgebiet des betreffenden Drittstaats verbleiben,

b)

die in Absatz 1 genannten Personen haben Zugang zu ausreichenden Existenzmitteln zur Sicherung eines der Gesamtsituation des aufnehmenden Drittstaats angemessenen Lebensstandards,

c)

die in Absatz 1 genannten Personen haben unter den in diesem Drittstaat allgemein vorgesehenen Bedingungen Zugang zu Gesundheitsversorgung und unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten,

d)

die in Absatz 1 genannten Personen haben unter den in diesem Drittstaat allgemein vorgesehenen Bedingungen Zugang zu Bildung und

e)

wirksamer Schutz ist so lange verfügbar, bis eine dauerhafte Lösung gefunden werden kann.

Artikel 58

Begriff des ersten Asylstaats

(1)   Ein Drittstaat kann nur dann als erster Asylstaat für einen Antragsteller betrachtet werden, wenn in diesem Staat

a)

der Antragsteller vor seiner Reise in die Union gemäß der Genfer Konvention wirksamen Schutz im Sinne von Artikel 57 Absatz 1 oder wirksamen Schutz im Sinne von Artikel 57 Absatz 2 genossen hat und er diesen Schutz weiterhin in Anspruch nehmen kann;

b)

Leben und Freiheit des Antragstellers nicht aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung gefährdet werden;

c)

für den Antragsteller keine tatsächliche Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15 der Verordnung (EU) 2024/1347 zu erleiden;

d)

der Antragsteller gemäß der Genfer Konvention vor Zurückweisung und vor Abschiebung geschützt ist, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Recht auf Schutz vor Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe darstellen.

(2)   Das Konzept des ersten Asylstaats kann nur dann angewandt werden, wenn der Antragsteller im Rahmen einer Einzelfallprüfung keine Umstände vorbringen kann, die begründen, warum das Konzept des ersten Asylstaats auf ihn nicht anwendbar ist.

(3)   Ein Drittstaat kann nur dann als erster Asylstaat für einen unbegleiteten Minderjährigen angesehen werden, wenn dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft und wenn den Behörden der Mitgliedstaaten von den Behörden des betreffenden Drittstaats versichert wurde, dass sie den unbegleiteten Minderjährigen betreuen werden und dass er unverzüglich wirksamen Schutz im Sinne des Artikels 57 haben wird.

(4)   Wird ein Antrag infolge der Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats als unzulässig abgelehnt, ergreift die Asylbehörde folgende Maßnahmen:

a)

sie unterrichtet den Antragsteller gemäß Artikel 36 und

b)

sie händigt ihm ein Dokument aus, in dem die Behörden des Drittstaats in der Sprache des betreffenden Landes darüber unterrichtet werden, dass der Antrag aufgrund der Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats nicht in der Sache geprüft wurde.

(5)   Ist der betreffende Drittstaat nicht bereit, den Antragsteller in sein Hoheitsgebiet wiederaufzunehmen, oder antwortet er nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist, so erhält der Antragsteller unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II und Kapitel III Abschnitt I Zugang zu dem Verfahren.

Artikel 59

Das Konzept des sicheren Drittstaats

(1)   Ein Drittstaat darf nur dann als sicherer Drittstaat bestimmt werden, wenn in diesem Staat

a)

für Nichtstaatsangehörige keine Gefährdung von Leben und Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung besteht;

b)

für Nichtstaatsangehörige keine tatsächliche Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15 der Verordnung (EU) 2024/1347 zu erleiden;

c)

Nichtstaatsangehörige gemäß der Genfer Konvention vor Zurückweisung und vor Abschiebung geschützt sind, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Recht auf Schutz vor Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe darstellen;

d)

die Möglichkeit besteht, wirksamen Schutz im Sinne von Artikel 57 zu beantragen und, falls die Bedingungen erfüllt sind, zu erhalten.

(2)   Ein Drittstaat kann sowohl auf Unionsebene als auch auf nationaler Ebene unter Ausnahme bestimmter Teile seines Hoheitsgebiets oder eindeutig identifizierbarer Personengruppen als sicherer Drittstaat benannt werden.

(3)   Zur Beurteilung der Frage, ob ein Drittstaat als sicherer Drittstaat gemäß dieser Verordnung bestimmt werden kann, werden verschiedene einschlägige und verfügbare Informationsquellen, einschließlich Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur, des Europäischen Auswärtigen Dienstes, des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Europarats und anderer einschlägiger internationaler Organisationen, herangezogen.

(4)   Das Konzept des sicheren Drittstaats kann in folgenden Fällen zur Anwendung kommen:

a)

wenn ein Drittstaat gemäß Artikel 60 oder 64 auf Unionsebene oder nationaler Ebene als sicherer Drittstaat bestimmt wurde oder

b)

in Bezug auf einen bestimmten Antragsteller, wenn der Staat auf Unionsebene oder nationaler Ebene nicht als sicherer Drittstaat bestimmt wurde, sofern die in Absatz 1 genannten Bedingungen in Bezug auf diesen Antragsteller erfüllt sind.

(5)   Das Konzept des sicheren Drittstaats darf nur zur Anwendung kommen, wenn

a)

der Antragsteller im Rahmen einer Einzelfallprüfung keine Umstände vorbringen kann, die begründen, warum das Konzept des sicheren Drittstaats auf ihn nicht anwendbar ist;

b)

eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Drittstaat besteht, aufgrund deren es sinnvoll wäre, dass er sich in diesen Staat begibt.

(6)   Ein Drittstaat darf nur dann als sicherer Drittstaat für einen unbegleiteten Minderjährigen angesehen werden, wenn dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft und wenn den Behörden der Mitgliedstaaten von den Behörden des betreffenden Drittstaats versichert wurde, dass sie den unbegleiteten Minderjährigen betreuen werden und dass er unverzüglich Zugang zu wirksamem Schutz im Sinne des Artikels 57 haben wird.

(7)   Haben die Union und ein Drittstaat gemeinsam eine Übereinkunft gemäß Artikel 218 AEUV getroffen, dass im Rahmen jener Übereinkunft aufgenommene Migranten nach den einschlägigen internationalen Standards und unter uneingeschränkter Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung geschützt werden, so kann unbeschadet der Absätze 5 und 6 davon ausgegangen werden, dass die Bedingungen dieses Artikels in Bezug auf den Status als sicherer Drittstaat erfüllt sind.

(8)   Wird ein Antrag infolge der Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats als unzulässig abgelehnt, ergreift die Asylbehörde folgende Maßnahmen:

a)

Sie unterrichtet den Antragsteller gemäß Artikel 36 und

b)

händigt ihm ein Dokument aus, in dem die Behörden des Drittstaats in der Sprache des betreffenden Landes darüber unterrichtet werden, dass der Antrag aufgrund der Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats nicht in der Sache geprüft wurde.

(9)   Ist der betreffende Drittstaat nicht bereit, den Antragsteller in sein Hoheitsgebiet aufzunehmen oder wiederaufzunehmen, so erhält der Antragsteller unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II und Kapitel III Abschnitt I Zugang zu dem Verfahren.

Artikel 60

Bestimmung sicherer Drittstaaten auf Unionsebene

(1)   Drittstaaten werden gemäß den in Artikel 59 Absatz 1 festgelegten Bedingungen auf Unionsebene als sichere Drittstaaten bestimmt.

(2)   Die Kommission überprüft die Lage in den Drittstaaten, die als sichere Drittstaaten benannt wurden, mit Unterstützung der Asylagentur und auf Grundlage der Informationsquellen gemäß Artikel 59 Absatz 3.

(3)   Die Asylagentur stellt der Kommission auf deren Ersuchen Informationen und Analysen zu bestimmten Drittstaaten, die für eine Bestimmung als sichere Drittstaaten in Frage kommen könnten, zur Verfügung. Die Kommission prüft unverzüglich jedes Ersuchen eines Mitgliedstaats, um zu beurteilen, ob ein Drittstaat auf Unionsebene als sicherer Drittstaat bestimmt werden könnte.

(4)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 74 delegierte Rechtsakte zur Aussetzung der Bestimmung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene unter den in Artikel 63 festgelegten Bedingungen zu erlassen.

Artikel 61

Das Konzept des sicheren Herkunftslands

(1)   Ein Drittstaat kann gemäß der vorliegenden Verordnung nur dann als sicheres Herkunftsland bestimmt werden, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort keine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Verordnung (EU) 2024/1347 stattfindet und keine tatsächliche Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15 der genannten Verordnung zu erleiden.

(2)   Ein Drittstaat kann sowohl auf Unionseben als auch auf nationaler Ebene unter Ausnahme bestimmter Teile seines Hoheitsgebiets oder eindeutig identifizierbarer Personengruppen als sicheres Herkunftsland bestimmt werden.

(3)   Zur Beurteilung der Frage, ob ein Drittstaat ein sicheres Herkunftsland gemäß der vorliegenden Verordnung ist, werden verschiedene einschlägige und verfügbare Informationsquellen, einschließlich Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur, des Europäischen Auswärtigen Dienstes, des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen und anderer einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen, wobei der gemeinsamen Analyse der Informationen über die Herkunftsstaaten gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/2303, sofern verfügbar, Rechnung getragen wird.

(4)   Bei der Beurteilung gemäß Absatz 3 wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden geboten wird durch

a)

die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b)

die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der genannten Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c)

das Fehlen von Ausweisungen, Abschiebungen oder Auslieferungen eigener Staatsbürger in einen Drittstaat, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde;

d)

eine Regelung, die bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten wirksame Rechtsbehelfe gewährleistet.

(5)   Das Konzept des sicheren Herkunftslands kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn

a)

der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte;

b)

der Antragsteller nicht zu einer Personengruppe gehört, für die bei der Bestimmung des Drittstaats als sicheres Herkunftsland eine Ausnahme gemacht wurde;

c)

der Antragsteller im Rahmen einer Einzelfallprüfung keine Umstände vorbringen kann, die begründen, warum das Konzept des sicheren Herkunftslands auf ihn nicht anwendbar ist.

Artikel 62

Bestimmung sicherer Herkunftsländer auf Unionsebene

(1)   Drittstaaten werden gemäß den in Artikel 61 festgelegten Bedingungen auf Unionsebene als sichere Herkunftsländer bestimmt.

(2)   Die Kommission überprüft die Lage in den Drittstaaten, die als sichere Herkunftsländer bestimmt wurden, mit Unterstützung der Asylagentur und auf Grundlage der Informationsquellen gemäß Artikel 61 Absatz 3.

(3)   Die Asylagentur stellt der Kommission auf deren Ersuchen Informationen und Analysen zu bestimmten Drittstaaten, die für eine Bestimmung als sichere Herkunftsländer auf Unionsebene in Frage kommen könnten, zur Verfügung. Die Kommission prüft unverzüglich jedes Ersuchen eines Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob ein Drittstaat auf Unionsebene als sicheres Herkunftsland bestimmt werden könnte.

(4)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 74 delegierte Rechtsakte zur Aussetzung der Bestimmung eines Drittstaats als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene unter den in Artikel 63 festgelegten Bedingungen zu erlassen.

Artikel 63

Vorübergehende Entfernung oder Streichung der Bestimmung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene

(1)   Im Fall wesentlicher Änderungen der Lage in einem auf Unionsebene als sicheren Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland bestimmten Drittstaat prüft die Kommission im Rahmen einer substanziierten Bewertung, ob das Drittland die in Artikel 59 oder 61 aufgeführten Bedingungen weiterhin erfüllt; ist die Kommission der Auffassung, dass diese Bedingungen nicht mehr erfüllt sind, so erlässt sie gemäß Artikel 74 einen delegierten Rechtsakt zur Aufhebung der Bestimmung dieses Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene für einen Zeitraum von sechs Monaten.

(2)   Die Kommission prüft die Lage in dem in Absatz 1 genannten Drittstaat fortlaufend und berücksichtigt dabei unter anderem die von den Mitgliedstaaten und der Asylagentur übermittelten Angaben zu späteren Änderungen der Situation in diesem Drittstaat.

(3)   Hat die Kommission gemäß Absatz 1 einen delegierten Rechtsakt zur Aufhebung der Bestimmung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene erlassen, so legt sie innerhalb von drei Monaten nach dem Erlass dieses delegierten Rechtsakts gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren einen Vorschlag zur Änderung der vorliegenden Verordnung vor, um die Bestimmung dieses Drittstaat als sicheren Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene zu streichen.

(4)   Hat die Kommission innerhalb von drei Monaten nach dem Erlass des delegierten Rechtsakts gemäß Absatz 1 keinen Vorschlag gemäß Absatz 3 vorgelegt, so wird der delegierte Rechtsakt zur Aufhebung der Bestimmung des Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene unwirksam. Legt die Kommission einen solchen Vorschlag innerhalb von drei Monaten nach dem Erlass des delegierten Rechtsakts gemäß Absatz 1 vor, so wird ihr die Befugnis übertragen, auf der Grundlage einer substanziierten Bewertung die Geltungsdauer des delegierten Rechtsakts um einen Zeitraum von sechs Monaten zu verlängern und diese Verlängerung gegebenenfalls einmal zu erneuern.

(5)   Wird der von der Kommission vorgelegte Vorschlag zur Streichung der Bestimmung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene nicht innerhalb von 15 Monaten nach Vorlage des Vorschlags durch die Kommission angenommen, so wird unbeschadet des Absatzes 4 die Aufhebung der Bestimmung des Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene unwirksam.

Artikel 64

Bestimmung von Drittstaaten als sichere Drittstaaten oder sichere Herkunftsländer auf nationaler Ebene

(1)   Die Mitgliedstaaten können Rechtsvorschriften beibehalten oder erlassen, die es gestatten, zum Zweck der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zusätzlich zu den auf Unionsebene bestimmten sicheren Drittstaaten oder sicheren Herkunftsländern auf nationaler Ebene sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsländer zu bestimmen.

(2)   Wurde die Bestimmung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland gemäß Artikel 63 Absatz 1 gestrichen, so benennen die Mitgliedstaaten dieses Land nicht als sicheren Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf nationaler Ebene.

(3)   Wurde die Bestimmung eines Drittstaat als sicherer Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf Unionsebene nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren aufgehoben, so kann ein Mitgliedstaat die Kommission über seine Auffassung in Kenntnis setzen, dass dieser Drittstaat aufgrund einer Änderung seiner Lage die Bedingungen nach Artikel 59 Absatz 1 und Artikel 61 wieder erfüllt.

Die Mitteilung beinhaltet eine substanziierte Bewertung, in der nachgewiesen wird, dass der Drittstaat die Bedingungen gemäß Artikel 59 Absatz 1 und Artikel 61 erfüllt, und in der die Änderungen der Lage des Drittstaats erläutert werden, aufgrund deren jener Staat diese Bedingungen erneut erfüllt.

Nach der Mitteilung fordert die Kommission die Asylagentur auf, ihr Informationen und Analysen zur Lage in dem Drittstaat vorzulegen.

Der mitteilende Mitgliedstaat kann diesen Drittstaat nur als sicheren Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf nationaler Ebene benennen, sofern die Kommission keine Einwände gegen diese Bestimmung hat.

Das Einwandsrecht der Kommission ist auf einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt begrenzt, zu dem die Bestimmung dieses Drittstaats als sicherer Drittstaat oder sicheres Herkunftsland auf Unionsebene gestrichen wurde. Etwaige Einwände der Kommission werden innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Tag der Mitteilung des Mitgliedstaats und nach gebührender Überprüfung der Lage in diesem Drittstaat unter Berücksichtigung der in Artikel 59 Absatz 1 und Artikel 61 dieser Verordnung genannten Bedingungen erhoben.

Ist die Kommission der Auffassung, dass diese Bedingungen erfüllt sind, kann sie nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren einen Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung, um diesen Drittstaat als sicheren Drittstaat odersicheres Herkunftsland auf Unionsebene zu bestimmen, vorlegen.

(4)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und der Asylagentur bis zum 12. Juni 2026 und unmittelbar nach jeder Bestimmung oder Änderung an den Bestimmungen mit, welche Drittstaaten auf nationaler Ebene als sichere Drittstaaten oder als sichere Herkunftsländer bestimmt wurden. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die Asylagentur einmal im Jahr über die anderen sicheren Drittstaaten, auf die das Konzept im Zusammenhang mit bestimmten Antragstellern gemäß Artikel 59 Absatz 4 Buchstabe b angewandt wird.

KAPITEL IV

VERFAHREN ZUM ENTZUG DES INTERNATIONALEN SCHUTZES

Artikel 65

Entzug des internationalen Schutzes

Die Asylbehörde oder, sofern dies im nationalen Recht bestimmt ist, ein zuständiges Gericht, leitet die Prüfung zum Entzug des internationalen Schutzes eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen ein, wenn neue Umstände oder Erkenntnisse zutage treten, die darauf hindeuten, dass Gründe zur Überprüfung bestehen, ob er Anspruch auf internationalen Schutz hat, insbesondere in den Fällen gemäß Artikel 14 und 19 der Verordnung (EU) 2024/1347.

Artikel 66

Verfahrensvorschriften für den Entzug des internationalen Schutzes

(1)   Leitet die Asylbehörde oder, wenn dies im nationalen Recht vorgesehen ist, ein zuständiges Gericht die Überprüfung zum Entzug des internationalen Schutzes eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen ein, so verfügt die betreffende Person über folgende Garantien:

a)

sie wird schriftlich darüber, dass ihre Anerkennung des internationalen Schutzes überprüft wird, und über die Gründe für diese Überprüfung unterrichtet;

b)

sie wird über ihre Verpflichtung zur uneingeschränkten Zusammenarbeit mit der Asylbehörde und anderen zuständigen Behörden unterrichtet, insbesondere darüber, dass sie verpflichtet ist, eine schriftliche Erklärung abzugeben und zu einer persönlichen Anhörung oder einer Verhandlung zu erscheinen und Fragen zu beantworten;

c)

sie wird darüber unterrichtet, welche Folgen es hat, wenn sie nicht mit der Asylbehörde und anderen zuständigen Behörden zusammenarbeitet, und dass die Nichtabgabe der schriftlichen Erklärung und das Nichterscheinen bei der persönlichen Anhörung oder Verhandlung ohne hinreichende Begründung die Asylbehörde oder das zuständige Gericht nicht daran hindert, eine Entscheidung über den Entzug des internationalen Schutzes zu treffen; und

d)

sie erhält Gelegenheit, in einer schriftlichen Erklärung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem sie die unter Buchstabe a genannten Informationen erhält, und in einer persönlichen Anhörung oder einer Verhandlung zu einem von der Asylbehörde oder, wenn dies im nationalen Recht vorgesehen ist, dem zuständigen Gericht festgelegten Zeitpunkt Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihr den internationalen Schutz abzuerkennen.

(2)   Für die Zwecke des Absatzes 1 holt die Asylbehörde oder das zuständige Gericht

a)

sachdienliche, genaue und aktuelle Informationen aus einschlägigen und verfügbaren nationalen, unionseigenen und internationalen Quellen ein und trägt der gemeinsamen Analyse der Lage in einem bestimmten Herkunftsland und den Leitfäden gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/2303, sofern verfügbar, Rechnung und

b)

holt keine Informationen von den Akteuren, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt haben, in einer Weise ein, die diesen Akteuren die Tatsache zur Kenntnis bringen würde, dass es sich bei der betreffenden Person um eine Person handelt, der internationaler Schutz gewährt wurde, deren Status überprüft wird.

(3)   Die Entscheidung, den internationalen Schutz abzuerkennen, ergeht schriftlich und so schnell wie möglich. Die Entscheidung enthält eine sachliche und rechtliche Begründung für die Aberkennung, und eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung darüber, wie die Entscheidung angefochten werden kann, und über die entsprechenden Fristen.

(4)   Wenn die Asylbehörde oder, sofern dies im nationalen Recht bestimmt ist, ein zuständiges Gericht, die Entscheidung getroffen hat, den internationalen Schutz abzuerkennen, kommen die Artikel 6, 17, 18 und 19 entsprechend zur Anwendung.

(5)   Kooperiert der Drittstaatsangehörige oder Staatenlose nicht, indem er ohne hinreichende Begründung keine schriftliche Erklärung abgibt, bei der persönlichen Anhörung oder Verhandlung nicht erscheint oder Fragen nicht beantwortet, so hindert die Nichtabgabe der schriftlichen Erklärung oder das Nichterscheinen bei der persönlichen Anhörung oder Verhandlung die Asylbehörde oder das zuständige Gericht nicht daran, eine Entscheidung über den Entzug des internationalen Schutzes zu treffen. Diese Verweigerung der Zusammenarbeit darf lediglich als widerlegbare Vermutung, dass der Drittstaatsangehörige oder Staatenlose keinen internationalen Schutz mehr in Anspruch nehmen möchte, angesehen werden.

(6)   Das Verfahren nach diesem Artikel findet keine Anwendung, wenn der Drittstaatsangehörige oder Staatenlose

a)

eindeutig auf seine Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz verzichtet,

b)

die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erworben hat oder

c)

nachträglich in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz erhalten hat.

Die Mitgliedstaaten schließen die unter diesen Absatz fallenden Fälle im Einklang mit ihrem nationalen Recht ab. Dieser Abschluss muss nicht in Form einer Entscheidung erfolgen, er ist jedoch zumindest in der Akte des Antragstellers unter Angabe der Rechtsgrundlage zu vermerken.

KAPITEL V

RECHTSBEHELFSVERFAHREN

Artikel 67

Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf

(1)   Die Antragsteller und Personen, denen der internationale Schutz entzogen wurde, haben gemäß den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II hinsichtlich eines Rechtsbehelfs das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht gegen

a)

eine Entscheidung, mit der ihr Antrag als unzulässig abgelehnt wird;

b)

eine Entscheidung, mit der ihr Antrag sowohl in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft als auch den Status subsidiären Schutzes als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wird;

c)

eine Entscheidung, mit der ihr Antrag als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wird;

d)

eine Entscheidung zum Entzug des internationalen Schutzes;

e)

eine Rückkehrentscheidung gemäß Artikel 37 dieser Verordnung.

Abweichend von Unterabsatz 1 Buchstabe d des vorliegenden Absatzes können die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht bestimmen, dass in den in Artikel 66 Absatz 6 genannten Fällen kein Rechtsbehelf eingelegt werden kann.

Wird eine Rückkehrentscheidung als Teil einer damit zusammenhängenden Entscheidung nach Unterabsatz 1 Buchstabe a, b, c oder d erlassen, so wird die Rückkehrentscheidung zusammen mit der damit zusammenhängenden Entscheidung bei demselben Gericht, innerhalb desselben Gerichtsverfahrens und innerhalb derselben Fristen angefochten. Wird eine Rückkehrentscheidung als gesonderte Entscheidung gemäß Artikel 37 erlassen, so kann sie in gesonderten Gerichtsverfahren angefochten werden. Die Fristen für diese gesonderten Gerichtsverfahren dürfen die in Absatz 7 des vorliegenden Artikels genannten Fristen nicht überschreiten.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 haben Personen, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, das Recht, gegen eine Entscheidung, ihren Antrag in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft als unbegründet zu betrachten, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

(3)   Ein wirksamer Rechtsbehelf gemäß Absatz 1 sieht eine umfassende Ex-nunc-Prüfung zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht vor, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt und bei der gegebenenfalls auch das Bedürfnis nach internationalem Schutz gemäß der Verordnung (EU) 2024/1347 beurteilt wird.

(4)   Für eine Verhandlung vor dem zuständigen Gericht wird Antragstellern, Personen, denen der internationale Schutz entzogen wurde, und Personen, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, ein Dolmetscher zur Seite gestellt, wenn eine solche Verhandlung stattfindet und andernfalls keine angemessene Verständigung gewährleistet werden kann.

(5)   Hält das Gericht es für erforderlich, so sorgt es für die Übersetzung der einschlägigen Schriftstücke, die noch nicht gemäß Artikel 34 Absatz 4 übersetzt worden sind. Alternativ können Übersetzungen dieser Schriftstücke von anderen Stellen zur Verfügung gestellt und im Einklang mit dem nationalen Recht aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden.

Ein Antragsteller, eine Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, und eine Person, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, kann auf eigene Kosten für die Übersetzung weiterer Dokumente sorgen.

(6)   Wenn die Schriftstücke — in dem Fall, dass die Vorlage der Übersetzung dem Antragsteller obliegt — nicht innerhalb der vom Gericht festgelegten Frist vorgelegt werden, oder wenn die Schriftstücke — in dem Fall, dass die Vorlage der Übersetzung dem Gericht obliegt — nicht so rechtzeitig vorgelegt werden, dass das Gericht ihre Übersetzung sicherstellen kann, so kann das Gericht die Berücksichtigung dieser Unterlagen verweigern.

(7)   Die Mitgliedstaaten legen für Antragsteller, Personen, denen der internationale Schutz entzogen wurde, und Personen, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, folgende Fristen für das Einlegen von Rechtsbehelfen gegen die in Absatz 1 genannten Entscheidungen in ihrem nationalen Recht fest:

a)

mindestens fünf Tage und höchstens zehn Tage im Fall einer Entscheidung, mit der ein Antrag als unzulässig, stillschweigend zurückgenommen, unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wird, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung einer der in Artikel 42 Absatz 1 oder Absatz 3 genannten Umstände zutrifft;

b)

mindestens zwei Wochen und höchstens ein Monat in allen anderen Fällen.

(8)   Die Fristen nach Absatz 7 beginnen ab dem Tag, an dem die Entscheidung der Asylbehörde oder, sofern dies im nationalen Recht bestimmt ist, eines zuständigen Gerichts, dem Antragsteller, der Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, der Person, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, oder seinem oder ihrem Vertreter oder Rechtsberater, der seine Rechtsvertretung ausübt, mitgeteilt wird. Das Mitteilungsverfahren wird im nationalen Recht festgelegt.

Artikel 68

Aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs

(1)   Die Wirkungen einer Rückkehrentscheidung werden automatisch ausgesetzt, solange ein Antragsteller oder eine Person, der der internationale Schutz aberkannt wurde, nach diesem Artikel ein Recht auf Verbleib hat oder ihm oder ihr der Verbleib gestattet ist.

(2)   Antragsteller und Personen, denen der internationale Schutz entzogen wurde, haben das Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bis zum Ablauf der Frist, innerhalb deren sie ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem erstinstanzlichen Gericht ausüben können und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.

(3)   Unbeschadet des Grundsatzes der Nichtzurückweisung haben der Antragsteller und die Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, kein Recht auf Verbleib nach Absatz 2, wenn die zuständige Behörde eine der folgenden Entscheidungen getroffen hat:

a)

eine Entscheidung, mit der ein Antrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wird, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung

i)

der Antragsteller einer beschleunigten Prüfung gemäß Artikel 42 Absatz 1 oder 3 unterliegt;

ii)

der Antragsteller dem Verfahren an der Grenze unterliegt, es sei denn, der Antragsteller ist ein unbegleiteter Minderjähriger;

b)

eine Entscheidung, mit der ein Antrag gemäß Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe a, d oder e oder Artikel 38 Absatz 2 als unzulässig abgelehnt wird, es sei denn, der Antragsteller ist ein unbegleiteter Minderjähriger, der dem Verfahren an der Grenze unterliegt;

c)

eine Entscheidung, mit der ein Antrag als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wird;

d)

eine Entscheidung, mit der ein Folgeantrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wird; oder

e)

eine Entscheidung, mit der der internationale Schutz gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b, d oder e oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2024/1347 entzogen wird.

(4)   In den in Absatz 3 genannten Fällen ist das Gericht befugt, auf Antrag des Antragstellers oder der Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, nach sowohl sachlicher als auch rechtlicher Prüfung zu entscheiden, ob dem Antragsteller oder der Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, gestattet werden sollte, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verbleiben. Das zuständige Gericht ist nach nationalem Recht befugt, in dieser Angelegenheit von Amts wegen zu entscheiden.

(5)   Für die Zwecke des Absatzes 4 gelten folgende Bedingungen, falls angesichts von Amts wegen getroffener Entscheidungen relevant:

a)

Der Antragsteller oder die Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, verfügt ab dem Tag, an dem ihm oder ihr die Entscheidung mitgeteilt wurde, über eine Frist von mindestens fünf Tagen, um einen Antrag auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu stellen;

b)

für eine Verhandlung vor dem zuständigen Gericht wird dem Antragsteller oder der Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, ein Dolmetscher zur Seite gestellt, wenn andernfalls keine angemessene Verständigung gewährleistet werden kann;

c)

dem Antragsteller oder der Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, wird auf Antrag unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 17 gewährt;

d)

der Antragsteller oder die Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, wird nicht aus dem Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats abgeschoben:

i)

bis zum Ablauf der Frist für die Stellung eines Antrags auf Verbleib bei Gericht;

ii)

bis zur Entscheidung des Gerichts, ob der Antragsteller oder die Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, im Hoheitsgebiet verbleiben darf, wenn der Antragsteller oder die Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, fristgerecht einen Antrag auf Verbleib gestellt hat;

e)

der Antragsteller oder der Person, der der internationale Schutz entzogen wird, wird rechtzeitig ordnungsgemäß über seine Rechte gemäß diesem Absatz unterrichtet.

(6)   Bei Folgeanträgen können die Mitgliedstaaten abweichend von Absatz 5 Buchstabe d im nationalen Recht vorsehen, dass der Antragsteller unbeschadet der Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nicht zum Verbleib berechtigt ist, wenn der Rechtsbehelf ihrer Auffassung nach lediglich eingelegt wurde, um die Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung, die zur unverzüglichen Abschiebung des Antragstellers aus dem Mitgliedstaat führen würde, zu verzögern oder zu vereiteln.

(7)   Ein Antragsteller oder eine Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, der oder die einen weiteren Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über einen ersten oder einen weiteren Rechtsbehelf einlegt, hat kein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, es sei denn, das Gericht erlaubt auf Antrag des Antragstellers oder der Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, oder von Amts wegen, wenn der Grundsatz der Nichtzurückweisung geltend gemacht wurde, dem Antragsteller oder Person, der der internationale Schutz entzogen wurde, zu bleiben.

Artikel 69

Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens in erster Instanz

Unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung eines Rechtsbehelfs legen die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht angemessene Fristen fest, innerhalb deren das Gericht Entscheidungen gemäß Artikel 67 Absatz 1 prüfen muss.

KAPITEL VI

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 70

Anfechtung durch die Behörden

Die Möglichkeit der Behörden, behördliche oder gerichtliche Entscheidungen nach Maßgabe des nationalen Rechts anzufechten, bleibt von dieser Verordnung unberührt.

Artikel 71

Zusammenarbeit

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontaktstelle für die unter diese Verordnung fallenden Angelegenheiten und teilt deren Anschrift der Kommission mit. Die Kommission leitet diese Angaben an die übrigen Mitgliedstaaten weiter.

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen in Abstimmung mit der Kommission alle zweckdienlichen Vorkehrungen für eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden sowie zwischen diesen zuständigen Behörden und der Asylagentur.

(3)   Wenn die Mitgliedstaaten von den Maßnahmen nach Artikel 13 Absatz 6, Artikel 27 Absatz 5, Artikel 28 Absatz 5 und Artikel 35 Absätze 2 und 5 Gebrauch machen, unterrichten sie die Kommission und die Asylagentur hierüber, sobald die Gründe für die Anwendung dieser außergewöhnlichen Maßnahmen nicht mehr bestehen, mindestens aber jährlich. Diese Informationen enthalten möglichst Angaben zum Prozentanteil der Anträge, auf die Ausnahmen angewendet wurden, an der Gesamtzahl der in dem betreffenden Zeitraum bearbeiteten Anträge.

Artikel 72

Aufbewahrung der Daten

(1)   Die Mitgliedstaaten speichern die in den Artikeln 14, 27 und 28 genannten Daten für zehn Jahre ab dem Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz. Nach Ablauf dieses Zeitraums oder — sofern die Daten eine Person betreffen, die vor Ablauf dieses Zeitraums die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erworben hat — sobald der Mitgliedstaat Kenntnis davon erhält, dass die betreffende Person die Staatsangehörigkeit erworben hat, werden die Daten gelöscht.

(2)   Alle Daten werden unter Einhaltung der Verordnung (EU) 2016/679 einschließlich der Grundsätze der Zweckbindung und der Speicherbegrenzung gespeichert.

Artikel 73

Berechnung der Fristen

Sofern nichts anderes bestimmt ist, werden die in dieser Verordnung vorgeschriebenen Fristen wie folgt berechnet:

a)

Eine nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessene Frist wird ab dem Zeitpunkt berechnet, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird. Der Tag selbst, an dem dieses Ereignis eintritt oder diese Handlung vorgenommen wird, wird nicht als in den betreffenden Zeitraum fallend gezählt.

b)

Eine nach Wochen oder Monaten bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche beziehungsweise im letzten Monat dieselbe Bezeichnung beziehungsweise dieselbe Zahl des Monats wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten bemessenen Frist im letzten Monat der Frist der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist am letzten Tag dieses letzten Monats um Mitternacht.

c)

Eine Frist umfasst die Samstage, die Sonntage und alle gesetzlichen Feiertage in dem betreffenden Mitgliedstaat; endet eine Frist an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so gilt der nächste Arbeitstag als letzter Tag der Frist.

Artikel 74

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß den Artikeln 60, 62 und 63 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 11. Juni 2024 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß den Artikeln 60, 62 und 63 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (22) enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß den Artikel 60, 62 oder 63 erlassen wurden, treten nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 75

Übergangsmaßnahmen

Bis zum 12. September 2024 legt die Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den einschlägigen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union dem Rat einen gemeinsamen Durchführungsplan vor, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten angemessen darauf vorbereitet sind, diese Verordnung bis zum 1. Juli 2026 durchzuführen, wobei sie die etwaigen ermittelten Lücken und erforderlichen operativen Schritte bewertet, und setzt das Europäische Parlament davon in Kenntnis.

Auf der Grundlage des gemeinsamen Durchführungsplans gemäß Absatz 1 erstellt jeder Mitgliedstaat bis zum 12. Dezember 2024 mit Unterstützung der Kommission und der einschlägigen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union einen nationalen Durchführungsplan, in dem die Maßnahmen und der Zeitplan für deren Durchführung festgelegt sind. Jeder Mitgliedstaat schließt die Durchführung seines Plans bis zum 1. Juli 2026 ab.

Für die Zwecke der Durchführung dieses Artikels können die Mitgliedstaaten auf die Unterstützung der einschlägigen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zurückgreifen, und aus den Unionsfonds kann den Mitgliedstaaten im Einklang mit den für diese Einrichtungen und sonstigen Stellen und Fonds geltenden Rechtsakten finanzielle Unterstützung gewährt werden.

Die Kommission überwacht sorgfältig die Durchführung der nationalen Durchführungspläne.

Artikel 76

Finanzielle Unterstützung

Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Einrichtung unentgeltlicher Rechtsauskunft und Schaffung angemessener Kapazitäten für die Durchführung des Verfahrens an der Grenze gemäß dieser Verordnung kommen für eine finanzielle Unterstützung aus den Fonds, die im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 zur Verfügung stehen, in Betracht.

Artikel 77

Überwachung und Bewertung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 13. Juni 2028 und danach alle fünf Jahre Bericht über die Anwendung dieser Verordnung in den Mitgliedstaaten und schlägt gegebenenfalls Änderungen vor.

Auf Ersuchen der Kommission übermitteln ihr die Mitgliedstaaten die für die Ausarbeitung ihres Berichts erforderlichen Informationen spätestens neun Monate vor Ablauf dieser Frist.

Bis zum 12. Juni 2027 und danach alle drei Jahre bewertet die Kommission, ob die Zahlen nach Artikel 46 und Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 2 und die Ausnahmen vom Asylverfahren an der Grenze angesichts der allgemeinen Migrationslage in der Union weiterhin angemessen sind, und schlägt gegebenenfalls gezielte Änderungen vor.

Bis zum 12. Juni 2025 überprüft die Kommission das Konzept des sicheren Drittstaats und schlägt gegebenenfalls gezielte Änderungen vor.

Artikel 78

Aufhebung

(1)   Die Richtlinie 2013/32/EU wird unbeschadet des Artikels 79 Absatz 3 mit Wirkung ab dem in Artikel 79 Absatz 2 genannten Zeitpunkt aufgehoben.

(2)   Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang zu lesen.

(3)   Soweit die Richtlinie 2005/85/EG des Rates (23) für Mitgliedstaaten, die nicht durch die Richtlinie 2013/32/EU gebunden sind, weiterhin verbindlich war, wird die Richtlinie 2005/85/EG mit Wirkung ab dem Zeitpunkt aufgehoben, zu dem diese Mitgliedstaaten durch die vorliegende Verordnung gebunden sind. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung.

Artikel 79

Inkrafttreten und Geltung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Diese Verordnung gilt ab dem 12. Juni 2026.

(3)   Diese Verordnung gilt für das Verfahren für die Zuerkennung des internationalen Schutzes in Bezug auf Anträge, die ab dem 12. Juni 2026 eingereicht werden. Anträge auf internationalen Schutz, die vor diesem Tag eingereicht wurden, unterliegen der Richtlinie 2013/32/EU. Diese Verordnung gilt für das Verfahren zum Entzug des internationalen Schutzes, wenn die Überprüfung zum Entzug des internationalen Schutzes ab dem 12. Juni 2026 begonnen wurde. Wurde die Überprüfung zum Entzug des internationalen Schutzes vor dem 12. Juni 2026 begonnen, so unterliegt das Verfahren zum Entzug des internationalen Schutzes der Richtlinie 2013/32/EU.

(4)   Für Mitgliedstaaten, die nicht durch die Richtlinie 2013/32/EU gebunden sind, gelten Bezugnahmen darauf in Absatz 3 als Bezugnahmen auf die Richtlinie 2005/85/EG.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Brüssel am 14. Mai 2024.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

H. LAHBIB


(1)   ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 97 und ABl. C 155 vom 30.4.2021, S. 64.

(2)   ABl. C 207 vom 30.6.2017, S. 67 und ABl. C 175 vom 7.5.2021, S. 32.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 10. April 2024 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 14. Mai 2024.

(4)  Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).

(5)  Verordnung (EU) 2021/2303 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2021 über die Asylagentur der Europäischen Union und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 (ABl. L 468 vom 30.12.2021, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) 2024/1347 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes sowie zur Änderung der Richtlinie 2003/109/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L, 2024/1347, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1347/oj).

(7)  Verordnung (EU) 2021/1147 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (ABl. L 251 vom 15.7.2021, S. 1).

(8)  Richtlinie (EU) 2024/1346 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L, 2024/1346, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1346/oj).

(9)  Verordnung (EU) 2024/1351 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 über Asyl- und Migrationsmanagement, zur Änderung der Verordnungen (EU) 2021/1147 und (EU) 2021/1060 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (ABl. L, 2024/1351, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1351/oj).

(10)  Verordnung (EU) 2024/1358 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich biometrischer Daten zur effektiven Anwendung der Verordnungen (EU) 2024/1351 und (EU) 2024/1350 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2001/55/EG sowie zur Feststellung der Identität illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger und Staatenloser und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten, zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/818 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L, 2024/1358, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1358/oj).

(11)  Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3.10.2003, S. 12).

(12)  Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77).

(13)  Verordnung (EU) 2024/1349 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Festlegung eines Rückkehrverfahrens an der Grenze und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/1148 (ABl. L, 2024/1349, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1349/oj).

(14)  Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (ABl. L 295 vom 14.11.2019, S. 1).

(15)  Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1).

(16)  Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98).

(17)  Verordnung (EU) 2024/1356 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Einführung der Überprüfung von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/817 (ABl. L, 2024/1356, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1356/oj).

(18)   ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(19)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(20)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(21)  Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1).

(22)   ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(23)  Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 vom 13.12.2005, S. 13).


ANHANG

Entsprechungstabelle

Richtlinie 2013/32/EU

Diese Verordnung

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstaben b, c und d

Artikel 3Absätze 12, 13 und 14

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 3 Absatz 8

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 3 Absatz 16

Artikel 2 Buchstaben g und h

Artikel 3 Absätze 1 und 2

Artikel 2 Buchstabe i

Artikel 3 Absatz 5

Artikel 2 Buchstaben j und k

Artikel 3 Absätze 3 und 4

Artikel 2 Buchstaben l undm

Artikel 3 Absätze 6 und 7

Artikel 2 Buchstabe n

Artikel 2 Buchstaben o, p und q

Artikel 3 Absätze 17, 18 und 19

Artikel 3 Absätze 9, 10, 11, 15 und 20

Artikel 3Absatz 1

Artikel 2Absatz 1

Artikel 3 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 2

Artikel 3 Absatz 3

Artikel 2 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 1

Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 7

Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 4 Absatz 6

Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 4 Absätze 3 und 5

Artikel 4 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 8

Artikel 4 Absatz 4

Artikel 4 Absatz 5

Artikel 5

Artikel 5

Artikel 26

Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 27 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 1

Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 4 Absatz 4 und Artikel 27 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 4 Absatz 2

Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben a bis d und Unterabsatz 2

Artikel 27 Absätze 2, 4, 6 und 7

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 28 Absatz 1 und Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 28 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 28 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 4

Artikel 28 Absatz 4

Artikel 28 Absätze 5, 6 und 7

Artikel 6 Absatz 5

Artikel 27 Absatz 5

Artikel 29

Artikel 7

Artikel 31 und 32

Artikel 7 Absatz 1

Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 31 Absatz 1

Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 31 Absatz 2

Artikel 7 Absatz 3

Artikel 32 Absatz 1

Artikel 32 Absätze 2 und 3

Artikel 7 Absätze 4 und 5

Artikel 7 Absatz 5

Artikel 33

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 30 Absatz 1 und Artikel 30 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 30 Absatz 3

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 10 Absätze 1 und Absatz 2

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 10 Absatz 3,und Artikel 10 Absatz 4 Buchstaben a und b

Artikel 9 Absatz 3

Artikel 10 Absatz 5

Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c

Artikel 10 Absatz 1

Artikel 10 Absatz 2

Artikel 39 Absatz 2

Artikel 10 Absatz 3

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 34 Absatz 2 Buchstaben c bis g

Artikel 10 Absatz 3 Buchstaben c und d

Artikel 34 Absatz 3

Artikel 10 Absatz 4

Artikel 10 Absatz 5

Artikel 34 Absatz 4

Artikel 11 Absatz 1

Artikel 36 Absatz 1

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 36 Absätze 2 und 3

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 11 Absatz 3

Artikel 36 Absatz 3

Artikel 36 Absatz 4

Artikel 12 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstaben b, c, e und Unterabsatz 2

Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstaben a und d

Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 3

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 8 Absatz 4

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 8 Absatz 5

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e

Artikel 8 Absatz 6

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe f

Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe f

Artikel 8 Absatz 7

Artikel 12 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 13 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstaben a, b, d, e, g und h

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 9 Absatz 4

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe f

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe c und Artikel 9 Absatz 3

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe d

Artikel 9 Absatz 5

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe e

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f

Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 11 Absatz 1, Artikel 12 Absatz 1 und Artikel 13 Absatz 6, Satz 1

Artikel 11 Absatz 2

Artikel 13 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 13 Absatz 6

Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 13 Absatz 2

Artikel 14 Absatz 1, Unterabsatz 4

Artikel 22 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 13 Absatz 11

Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 13 Absatz 11 Buchstabe a

Artikel 13 Absätze 8 und 10

Artikel 13 Absatz 11 Unterabsatz 1 Buchstaben b, d, e und Unterabsatz 3

Artikel 13 Absatz 13 Unterabsatz 1

Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 13 Absatz 11 Unterabsatz 1 Buchstabe c

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 13 Absatz 11 Unterabsatz 2

Artikel 14 Absatz 3

Artikel 13 Absatz 14

Artikel 14 Absatz 4

Artikel 13 Absatz 11 Unterabsatz 2

Artikel 14 Absatz 5

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 15 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 2

Artikel 13 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 3

Artikel 13 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 13 Absatz 7 Buchstabe a

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 13 Absatz 9

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c

Artikel 13 Absätze 5 und 9

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe d

Artikel 13 Absatz 7 Buchstabe b

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe e

Artikel 22 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 13 Absatz 8

Artikel 13 Absatz 10

Artikel 13 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 4

Artikel 16

Artikel 12 Absatz 2

Artikel 17 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 1

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 14 Absatz 2

Artikel 17 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 14 Absätze 3 und 4

Artikel 17 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 14 Absatz 5

Artikel 17 Absatz 4

Artikel 14 Absatz 4

Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1

Artikel 14 Absatz 6 Unterabsatz 1

Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 2

Artikel 14 Absatz 5 Unterabsatz 2

Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 3

Artikel 18 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 24 Absatz 1

Artikel 18 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 24 Absätze 5 und 6

Artikel 18 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 24 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 24 Absatz 2, Unterabsätze 1 und 3

Artikel 24 Absätze 5 und 6

Artikel 18 Absatz 2

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 18 Absatz 3

Artikel 24 Absatz 4

Artikel 19

Artikel 16

Artikel 20 Absatz 1

Artikel 17 Absatz 1

Artikel 20 Absatz 2

Artikel 15 Absatz 3

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 20 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe c und d

Artikel 20 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 17 Absatz 3

Artikel 20 Absatz 3 Unterabsatz 3

Artikel 19 Absatz 2

Artikel 20 Absatz 4

Artikel 21 Absatz 1

Artikel 19 Absatz 1

Artikel 21 Absatz 2

Artikel 21 Absatz 3

Artikel 19 Absatz 2

Artikel 21 Absatz 4

Artikel 19 Absatz 4

Artikel 21 Absatz 5

Artikel 19 Absatz 5

Artikel 19 Absatz 3

Artikel 22 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 1

Artikel 15 Absätze 2 und 4

Artikel 22 Absatz 2

Artikel 19 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 1

Artikel 18 Absätze 1 und 2

Artikel 23 Absatz 2

Artikel 18 Absatz 3

Artikel 23 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 13 Absatz 4

Artikel 23 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 13 Absatz 13 Unterabsatz 3

Artikel 23 Absatz 4 Unterabsatz 1

Artikel 23 Absatz 4 Unterabsatz 2

Artikel 13 Absatz 12

Artikel 23 Absatz 4 Unterabsatz 3

Artikel 13 Absatz 13 Unterabsatz 2

Artikel 24 Absatz 1

Artikel 20 Absatz 1

Artikel 24 Absatz 2

Artikel 20 Absatz 1

Artikel 20 Absatz 2, Absätze 4 und 5

Artikel 20 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 21 Absätze 1 und Absatz 2

Artikel 24 Absatz 4

Artikel 20 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 23 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 2, Unterabsatz 4

Artikel 23 Absätze 3 und 4

Artikel 23 Absatz 5 Unterabsatz 1 Buchstaben b und c und Unterabsatz 2

Artikel 23 Absätze 6 und 7

Artikel 25 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a

Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstaben a und b und Unterabsatz 2, Artikel 23 Absatz 5 Unterabsatz 1 Buchstabe a und Artikel 23 Absatz 9

Artikel 25 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b

Artikel 23Absatz 8

Artikel 25 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 23 Absatz 8 Unterabsatz 3

Artikel 23 Absatz 10

Artikel 25 Absatz 2

Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 3

Artikel 22 Absätze 2 und 3

Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 22 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 23 Absatz 5

Artikel 25 Absatz 4

Artikel 25 Absatz 5

Artikel 25

Artikel 25 Absatz 5 Unterabsatz 1

Artikel 25 Absätze 1und 3

Artikel 25 Absatz 5 Unterabsatz 2

Artikel 25 Absatz 4

Artikel 25 Absatz 5 Unterabsatz 3 Buchstabe a

Artikel 25 Absatz 4

Artikel 25 Absatz 5 Unterabsatz 3 Buchstabe b

Artikel 25 Absatz 5

Artikel 25 Absatz 5 Unterabsatz 3 Buchstabe c

Artikel 25 Absatz 5 Unterabsatz 4

Artikel 25 Absatz 6

Artikel 25 Absatz 7

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 1

Artikel 22 Absatz 1

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a

Artikel 42 Absatz 3

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer i

Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer ii

Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe c

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii

Artikel 42 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 42 Absatz 3 Buchstaben d und e

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b

Artikel 53 Absatz 1

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Ziffer i

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Ziffer ii

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Ziffer iii

Artikel 53 Absatz 1

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Ziffer iv

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Ziffer v

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Ziffer vi

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe b Satz 2

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe c

Artikel 59 Absätze 5 und 6

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe d

Artikel 26

Artikel 27 Absatz 1

Artikel 40 Absätze 1 und 3

Artikel 40 Absätze 2 und 4

Artikel 27 Absatz 2

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 41 Absatz 5

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe b

Artikel 41 Absatz 1 Buchstaben e und f

Artikel 41 Absatz 1 Buchstaben a, b und c

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 41 Absätze 2, 3 und 4

Artikel 28 Absatz 2

Artikel 28 Absatz 3

Artikel 29

Artikel 6

Artikel 30

Artikel 7 Absatz 2

Artikel 31 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 34 Absatz 3

Artikel 34 Absatz 4

Artikel 35

Artikel 35 Absatz 1

Artikel 35 Absatz 2

Artikel 35 Absatz 3

Artikel 31 Absatz 2

Artikel 35 Absatz 4

Artikel 31 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 35 Absatz 4

Artikel 31 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 35 Absatz 5

Artikel 31 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe a

Artikel 35 Absatz 5 Buchstabe b

Artikel 31 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe b

Artikel 35 Absatz 5 Buchstabe a

Artikel 31 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe c

Artikel 35 Absatz 5 Buchstabe c

Artikel 31 Absatz 3, Unterabsatz 4

Artikel 31 Absatz 4

Artikel 35 Absatz 7

Artikel 31 Absatz 5

Artikel 35 Absatz 7 Unterabsatz 2

Artikel 31 Absatz 6

Artikel 31 Absatz 7

Artikel 34 Absatz 5

Artikel 31 Absatz 8

Artikel 42 Absatz 1

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe a

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe b

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe e

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe c

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe d

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe e

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe f

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe g

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe g

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe h

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe i

Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe j

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe f

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe i

Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe j

Artikel 31 Absatz 9

Artikel 35 Absatz 3

Artikel 42 Absatz 2

Artikel 42 Absatz 3

Artikel 42 Absatz 4

Artikel 32 Absatz 1

Artikel 39 Absatz 3

Artikel 32 Absatz 2

Artikel 39 Absatz 4

Artikel 33 Absatz 1

Artikel 39 Absatz 1

Artikel 33 Absatz 2

Artikel 38 Absatz 1

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe d

Artikel 38 Absatz 2

Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe e

Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe e

Artikel 34 Absatz 1

Artikels 11 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 13 Absatz 6

Artikel 57

Artikel 35 Unterabsatz 1

Artikel 58 Absatz 1

Artikel 35 Unterabsatz 2

Artikel 58 Absatz 2

Artikel 58 Absatz 3

Artikel 58 Absatz 4

Artikel 58 Absatz 5

Artikel 60

Artikel 36 Absatz 1

Artikel 61 Absatz 5

Artikel 61 Absatz 1

Artikel 61 Absatz 2

Artikel 61 Absatz 3

Artikel 61 Absatz 4

Artikel 36 Absatz 2

Artikel 62

Artikel 63

Artikel 37 Absatz 1

Artikel 64 Absatz 1

Artikel 37 Absatz 2

Artikel 37 Absatz 3

Artikel 64 Absatz 2

Artikel 64 Absatz 3

Artikel 37 Absatz 4

Artikel 64 Absatz 4

Artikel 38 Absatz 1

Artikel 59 Absatz 1

Artikel 59 Absatz 2

Artikel 59 Absatz 3

Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 59 Absatz 5 Buchstabe b

Artikel 59 Absatz 4

Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 59 Absatz 5

Artikel 59 Absatz 6

Artikel 59 Absatz 7

Artikel 38 Absatz 3

Artikel 59 Absatz 8

Artikel 38 Absatz 4

Artikel 59 Absatz 9

Artikel 38 Absatz 5

Artikel 64 Absatz 4

Artikel 39

Artikel 40 Absatz 1

Artikel 55 Absatz 1

Artikel 55 Absatz 2

Artikel 40 Absatz 2

Artikel 55 Absatz 3

Artikel 40 Absatz 3

Artikel 55 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 55 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 55 Absatz 4

Artikel 40 Absatz 4

Artikel 55 Absatz 5

Artikel 55 Absatz 6

Artikel 40 Absatz 5

Artikel 55 Absatz 7

Artikel 40 Absatz 6

Artikel 40 Absatz 7

Artikel 41

Artikel 56

Artikel 41 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a

Artikel 56 Buchstabe a

Artikel 41 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b

Artikel 56 Buchstabe b

Artikel 41 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 56 Satz 1

Artikel 41 Absatz 2

Artikel 42

Artikel 42 Absatz 1

Artikel 55 Absatz 4

Artikel 42 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a

Artikel 42 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe b

Artikel 55 Absatz 4

Artikel 42 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 42 Absatz 3

Artikel 43

Artikel 43 bis 54

Artikel 44

Artikel 65

Artikel 45

Artikel 66

Artikel 45 Absatz 1

Artikel 66 Absatz 1

Artikel 45 Absatz 2

Artikel 66 Absatz 2

Artikel 45 Absatz 3

Artikel 66 Absatz 3

Artikel 45 Absatz 4

Artikel 66 Absatz 4

Artikel 66 Absatz 5

Artikel 45 Absatz 5

Artikel 66 Absatz 6

Artikel 46

Artikel 67

Artikel 46 Absatz 1

Artikel 67 Absatz 1

Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i

Artikel 67 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii

Artikel 67 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iii

Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iv

Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 67 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 46 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 67 Absatz 2

Artikel 46 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 46 Absatz 3

Artikel 67 Absatz 3

Artikel 67 Absatz 4

Artikel 67 Absatz 5

Artikel 46 Absatz 4 Unterabsatz 1

Artikel 67 Absatz 6

Artikel 46 Absatz 4 Unterabsatz 2

Artikel 68

Artikel 68 Absatz 1

Artikel 46 Absatz 5

Artikel 68 Absatz 2

Artikel 46 Absatz 6

Artikel 68 Absätze 3 und 4

Artikel 46 Absatz 6 Buchstabe a

Artikel 68 Absatz 3 Buchstabe a Ziffern i und ii

Artikel 46 Absatz 6 Buchstabe b

Artikel 68 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 46 Absatz 6 Buchstabe c

Artikel 46 Absatz 6 Buchstabe d

Artikel 68 Absatz 3 Buchstaben c und e

Artikel 46 Absatz 7

Artikel 68 Absätze 4 und 5

Artikel 46 Absatz 8

Artikel 68 Absatz 5 Buchstabe d Ziffern i und ii

Artikel 46 Absatz 9

Artikel 46 Absatz 10

Artikel 69

Artikel 46 Absatz 11

Artikel 47

Artikel 70

Artikel 48

Artikel 7 Absatz 1

Artikel 49

Artikel 71

Artikel 72

Artikel 73

Artikel 74

Artikel 75

Artikel 76

Artikel 50

Artikel 77

Artikel 51

Artikel 52

Artikel 53

Artikel 78

Artikel 54

Artikel 79

Artikel 55


ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1348/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)


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