EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 27.10.2022
COM(2022) 554 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Bewertung der mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Zusammenhang stehenden Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung für den Binnenmarkt
{SWD(2022) 344 final}
1.Einleitung
Die Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ (Financial Action Task Force – FATF) empfiehlt, dass Länder Risikobewertungen in jedem Sektor durchführen, der den Anforderungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterliegt. Sie sollten die Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erkennen, bewerten und verstehen und entsprechende Präventivmaßnahmen ergreifen.
In Anerkennung der Bedeutung eines länderübergreifenden Vorgehens bei der Risikoermittlung wird die Kommission in der Richtlinie (EU) 2015/849 (Vierte Geldwäscherichtlinie) in der durch die Richtlinie (EU) 2018/843 (Fünfte Geldwäscherichtlinie) geänderten Fassung (im Folgenden „Geldwäscherichtlinie“) beauftragt, eine Bewertung der spezifischen Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (im Folgenden auch „GW/TF“) für den Binnenmarkt durchzuführen, die mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Zusammenhang stehen.
Die Kommission hat ihre erste supranationale Risikobewertung (SNRA) im Jahr 2017 und die zweite im Jahr 2019 veröffentlicht. Die supranationale Risikobewertung der Kommission aus dem Jahr 2022 besteht aus zwei Dokumenten: aus dem vorliegenden Bericht und einer ausführlichen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, die zusammen eine umfassende Darstellung der Risiken in allen relevanten Bereichen sowie die erforderlichen Empfehlungen zu ihrer Bekämpfung enthalten.
Nach Artikel 6 Absatz 1 der Geldwäscherichtlinie muss die Kommission ihren Bericht alle zwei Jahre (oder bei Bedarf auch öfter) aktualisieren. Bei der aktuellen Risikobewertung, die sich durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie leicht verzögert hat, werden alle in früheren Risikobewertungen erfassten Sektoren neu bewertet und, sofern sich die Umstände nicht geändert haben, die im Bericht von 2019 enthaltenen Informationen aktualisiert und präzisiert. Für die Sektoren oder Produkte, bei denen relevante Veränderungen festgestellt worden sind, wurde infolge der Bewertung zudem eine Neuberechnung der Höhe der entsprechenden Risiken vorgenommen (z. B. für Kryptowerte und Online-Glücksspiele – zwei Sektoren, in denen das Risiko jetzt höher ist).
Wie bei den vorangegangenen Berichten werden auch in dieser dritten Ausgabe die aktuellen GW/TF-Risiken analysiert und umfassende Maßnahmen zu ihrer Bewältigung vorgeschlagen. Außerdem wird bewertet, inwieweit die Empfehlungen der Kommission für risikomindernde Maßnahmen aus dem Bericht von 2019 umgesetzt wurden, und es werden die verbleibenden Risiken bewertet. Der Bericht stützt sich auch auf die Arbeiten und das Verfahren zur Konsultation der Interessenträger, die zur Annahme des Aktionsplans der Kommission von 2020 und des im Jahr 2021 vorgeschlagenen Legislativpakets zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geführt haben.
Das Legislativpaket von 2021 ist Teil der Verpflichtung der Kommission, die Bürgerinnen und Bürger und das Finanzsystem der Union vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu schützen. Ziel des Legislativpakets ist es, die Aufdeckung verdächtiger Transaktionen und Aktivitäten zu erleichtern und die Schlupflöcher zu schließen, die Straftäter dazu nutzen, Erträge aus ihren Straftaten über das Finanzsystem zu waschen oder damit terroristische Aktivitäten zu finanzieren. Es wird als Kernstück der vorgeschlagenen risikomindernden Maßnahmen und als Mittel zur Lösung der Probleme angesehen, die als strukturell bedingt erkannt wurden und nicht allein durch die bisherigen Überprüfungen der EU-Vorschriften im Bereich der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung behoben werden können.
Im vorliegenden Bericht werden zudem die Risiken nach Prioritäten geordnet und geografische Faktoren in den Mittelpunkt gestellt, soweit dies möglich und relevant ist, wobei die Empfehlungen des Sonderberichts Nr. 13/2021 des Europäischen Rechnungshofs berücksichtigt werden.
Bei der Ausarbeitung des vorliegenden Berichts hat die Kommission eine breit angelegte Konsultation durchgeführt, an der möglichst viele relevante Interessenträger beteiligt wurden und bei der sie sich im Rahmen eines bilateralen und sektoralen Dialogs mit repräsentativen Organisationen auf EU-Ebene, nationalen Sachverständigen und Wissenschaftlern mit verschiedenen Sektoren befasst hat. Die von den Mitgliedstaaten erstellten nationalen Risikobewertungen und die neuesten Fachveröffentlichungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wurden gebührend berücksichtigt. Die Kommission hat auch andere EU-Agenturen und nationale Behörden konsultiert, z. B. Europol, die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) und die zentralen Meldestellen (Financial Intelligence Units – FIU) im Rahmen der Plattform der zentralen Meldestellen der EU. Diese Konsultationen fanden zwischen 2020 und 2022 statt.
1.1.Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Krise hat zu noch nie da gewesenen weltweiten Herausforderungen und wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Seit die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch von COVID-19 im März 2020 zur internationalen Pandemie erklärt hat, haben Regierungen auf der ganzen Welt verschiedene Maßnahmen ergriffen, um auf die Pandemie zu reagieren. Dazu gehörten Konjunkturprogramme, Sozialhilfeleistungen und Steuererleichterungen, aber auch verschiedene Formen von Lockdown- und Eindämmungsmaßnahmen wie Ausgangssperren, Schließung von Schulen, Einzelhandels- und Gaststättenbetrieben, Grenzschließungen und Reisebeschränkungen. Die noch nie da gewesenen Veränderungen im Verhalten des Einzelnen, die vorherrschende Unsicherheit und Angst sowie die staatlichen Einschränkungen haben zu einem veränderten kriminellen Verhalten geführt. Straftäter haben sich auch die öffentlichen Unterstützungsprogramme zunutze gemacht.
Durch die neuen Gegebenheiten hat sich das Geldwäscherisiko in vielen Wirtschaftszweigen und Geschäftsbereichen erhöht. Zu diesen Risiken gehören:
·Veruntreuung und Betrug mit Mitteln, die als finanzielle Maßnahmen zum Schutz der Volkswirtschaften vor den Auswirkungen der Pandemie gewährt wurden, oder mit anderen öffentlichen Mitteln, die im Zusammenhang mit der Pandemie gewährt wurden,
·Übernahme von Unternehmen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, durch Akteure mit unlauteren Absichten und kriminelle Vereinigungen,
·mehr Möglichkeiten für kriminelle Gruppen, Einnahmen aus dem Verkauf nicht zugelassener medizinischer Geräte und illegaler Arzneimittel und Impfstoffe – auch an Regierungen – zu erzielen,
·Cyberkriminalität, die unter Ausnutzung der zunehmenden Zahl von Online-Einkäufen begangen wird, auch durch die Verwendung betrügerischer Identitäten und
·Korruption von Beamten bei der Ergreifung von Sofortmaßnahmen, z. B. bei der Bestellung bestimmter medizinischer Güter, und die damit verbundene Vereinfachung der Vergabevorschriften.
Die Behörden innerhalb des Systems zur Bekämpfung von Geldwäsche, z. B. Aufsichtsbehörden, zentrale Meldestellen und Strafverfolgungsbehörden, mussten sich auf neue Formen der Ausübung ihrer Tätigkeiten einstellen, die ihre Mobilität und die persönliche Zusammenarbeit einschränkten. Dazu gehörten eingeschränkte oder eingestellte Vor-Ort-Kontrollen, Befragungen und Strafverfolgungsmissionen in anderen Ländern zur Bewertung von grenzüberschreitenden Transaktionen. In einigen Bereichen hat dies möglicherweise dazu geführt, dass die Aufgaben nicht mehr effizient erfüllt werden konnten. Durch die Einführung neuer Ermittlungsinstrumente und -verfahren, z. B. Online-Befragungen und -Prüfungen, wurden die Auswirkungen der staatlichen Maßnahmen auf die Aufsichts- und Ermittlungskapazitäten der zuständigen Behörden begrenzt.
Mehr als zwei Jahre nach Erklärung der Pandemie sind diese Entwicklungen noch immer spürbar, wenngleich ihre Auswirkungen aufgrund des gestiegenen Bewusstseins für diese kriminellen Bedrohungen geringer geworden sind, zumal die Bürgerinnen und Bürger im Großen und Ganzen zu ihrem Verhalten vor dem Ausbruch der Pandemie zurückgekehrt sind. Gleichwohl werden die Straftäter ihre Vorgehensweisen anpassen. In der Zwischenzeit können die in der EU operierenden kriminellen Strukturen noch von den durch die Pandemie ausgelösten Veränderungen profitieren und ihre Kapazitäten ausbauen.
1.2.Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine
Ab März 2014 hat die EU schrittweise restriktive Maßnahmen (Sanktionen) gegen Russland verhängt, zunächst als Reaktion auf die rechtswidrige Annexion der Krim und Sewastopols und die vorsätzliche Destabilisierung der Ukraine. Am 23. Februar 2022 weitete die EU die Sanktionen als Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Oblaste Donezk und Luhansk und die Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete aus. Ab dem 24. Februar 2022 hat die EU als Reaktion auf die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine die Sanktionen massiv ausgeweitet. Die EU setzte zahlreiche Personen und Einrichtungen auf die Sanktionsliste und ergriff beispiellose Maßnahmen mit dem Ziel, die wirtschaftliche Basis Russlands erheblich zu schwächen, dem Land wichtige Technologien und Märkte zu entziehen und seine Fähigkeit zur Kriegsführung deutlich einzuschränken.
Parallel dazu wurden – zusätzlich zu den bereits bestehenden Sanktionen – die EU-Sanktionen gegen Belarus als Reaktion auf die Beteiligung des Landes an der russischen Aggression gegen die Ukraine ausgeweitet. Dieses Sanktionspaket besteht aus einer Reihe von finanziellen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Maßnahmen.
Um die wirksame Umsetzung der EU-Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten gegen Personen und Unternehmen, die mit der russischen Aggression in Verbindung stehen, zu gewährleisten, hat die Kommission die Taskforce „Freeze and Seize“ eingerichtet. Ziel der Taskforce ist es, die Maßnahmen der Unionsorgane und der nationalen Behörden zu koordinieren und etwaige Probleme bei der Umsetzung der EU-Sanktionen zu lösen. Die Taskforce hat bereits deutliche Ergebnisse erzielt: Die Mitgliedstaaten haben Vermögenswerte in Höhe von fast 10 Mrd. EUR eingefroren, insgesamt 32 Mrd. EUR, wenn die Mittel der russischen Zentralbank einbezogen werden. Die umfassenden Auswirkungen der Sanktionen sind bereits in der russischen Wirtschaft spürbar. Die Taskforce soll auch den Austausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungen und Beschlagnahmungsmaßnahmen in Verbindung mit möglichen Straftaten im Zusammenhang mit den von den Sanktionen betroffenen Personen (einschließlich der Umgehung solcher Sanktionen) erleichtern. Ferner prüft die Taskforce Möglichkeiten zur Verwendung der beschlagnahmten Vermögenswerte zum Nutzen der ukrainischen Bevölkerung.
In der Empfehlung der Kommission vom 28. März 2022
zu Sofortmaßnahmen im Zusammenhang mit der russischen Invasion in die Ukraine in Bezug auf Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufgefordert, Einbürgerungen und Aufenthaltsgenehmigungen, die im Rahmen solcher Regelungen für russische und belarussische Staatsangehörige erteilt wurden, erneut zu prüfen, um sicherzustellen, dass diese Personen nicht auf der EU-Liste der Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen. Die Kommission empfahl außerdem, die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen im Rahmen von Investorenaufenthaltsregelungen für alle russischen und belarussischen Staatsangehörigen auszusetzen.
Laut einer kürzlich durchgeführten Studie, die mithilfe des vom Fonds für die innere Sicherheit (Polizei) finanzierten DATACROS-Tools durchgeführt wurde, gibt es in Europa fast 31 000 Unternehmen (vor allem in der Immobilien-, Bau- und Hotelbranche sowie im Finanz- und Energiesektor), bei denen die wirtschaftlichen Eigentümer aus Russland stammen. An 1400 dieser Unternehmen sind 33 Personen als wirtschaftliche Eigentümer (bis zu 5 %) beteiligt, gegen die unlängst Sanktionen verhängt wurden – die sogenannten Oligarchen. Einige Oligarchen können ihr Eigentum an oder ihre Kontrolle über Unternehmen durch in Drittländern eingetragene zwischengeschaltete Gesellschaften oder lokale nominelle Anteilseigner verschleiern.
Tatsächlich wiesen einige dieser Unternehmen bereits vor der Verhängung der Sanktionen Merkmale auf, die auf ein hohes Risiko hindeuteten: Sie sind in der Offshore-Leaks-Datenbank aufgeführt, weisen eine nicht gerechtfertigte Komplexität der Unternehmensstruktur auf, gründen auf undurchsichtigen Rechtsvereinbarungen oder unterhalten Verbindungen zu Rechtsgebieten mit hohem Risiko. Somit hätten die zuständigen Behörden und Aufsichtsbehörden bereits vor den jüngsten Ereignissen auf diese Unternehmen aufmerksam werden können (und müssen).
Vor diesem Hintergrund trägt das Ziel des EU-Rahmens zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die Integrität des EU-Finanzsystems zu schützen, auch zum Schutz von Freiheit, Recht und Sicherheit in Europa insgesamt bei. Die ordnungsgemäße Umsetzung der restriktiven EU-Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten erfordert auch die wirksame Durchsetzung der Vorschriften zum wirtschaftlichen Eigentum (d. h. Transparenz der Unternehmensregister und des Unternehmensbereichs), die Weiterentwicklung der Vernetzung verschiedener Register (Register der wirtschaftlichen Eigentümer, Unternehmensregister, Grundbücher), eine reibungslosere Zusammenarbeit zwischen den Behörden und einen besseren Informationsaustausch sowie die angemessene Aufdeckung und Überwachung von Vermögenswerten, die vor den Steuerbehörden verborgen werden. Die Gründung von Mantelgesellschaften bzw. Briefkastenfirmen ist relativ einfach, sodass diese weiterhin dazu genutzt werden, Hunderte von Millionen Euro durch undurchsichtige Transaktionen zu verschieben. Mithilfe von Briefkastenfirmen können Straftäter nicht nur Herkunft und Bestimmungsort von Geldern verbergen, sondern auch den tatsächlichen Nutznießer der Transaktion verschleiern. Die betreffenden Gelder können sowohl zur persönlichen Bereicherung als auch zur Destabilisierung ganzer Länder verwendet werden. Die Aufdeckung von Schwarzgeldströmen trägt also nicht nur zur Verteidigung der Demokratie und der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der EU bei, sondern hilft auch, den Einfluss von Autokratien zu bekämpfen.
Die Erörterungen im Rahmen der Taskforce „Freeze and Seize“ machen deutlich, wie schwierig es ist, die Vermögenswerte zu ermitteln, die von Oligarchen als wirtschaftliche Eigentümer kontrolliert werden, da die Eigentumsverhältnisse oft durch komplexe Rechtsstrukturen über verschiedene Rechtsordnungen hinweg verschleiert werden. Für die Durchsetzung von Sanktionen und die Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden stellt dies eine große Herausforderung dar. Daher ist es von größter Bedeutung, dass die Verhandlungen über das Paket zur Bekämpfung der Geldwäsche zügig vorangetrieben werden, damit den zuständigen Behörden Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer zur Verfügung stehen. In Anbetracht der Bedeutung der Register für die wirksame Umsetzung gezielter finanzieller Sanktionen ist es außerdem wichtig, dass die Mitgliedstaaten die Annahme der darin vorgeschlagenen Maßnahmen so weit wie möglich vorwegnehmen, um sicherzustellen, dass die Register der wirtschaftlichen Eigentümer ausreichend Informationen enthalten.
2.Ergebnisse der supranationalen Risikobewertung
In dieser dritten Ausgabe der supranationalen Risikobewertung analysiert die Kommission die Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, die 43 Produkte und Dienstleistungen, die in acht Kategorien eingeteilt sind, für den EU-Binnenmarkt darstellen können. Bei diesen Produkten und Dienstleistungen handelt es sich um diejenigen, die in der Geldwäscherichtlinie ermittelt wurden, neben einigen anderen, die für die Risikobewertung aufgrund ihres wahrgenommenen inhärenten Risikos relevant sind.
Diese 43 Produkte und Tätigkeiten wurden bereits in der zweiten supranationalen Risikobewertung von 2019 bewertet, die ihrerseits eine aktualisierte und erweiterte Fassung des ersten Berichts der Kommission von 2017 darstellt. Sie lassen sich in folgende Gruppen einteilen:
(1)Bargeldbezogene Produkte und Dienstleistungen (Bargeldkuriere, bargeldintensive Unternehmen, Banknoten mit hohem Wert, Barzahlungen und Geldautomaten in Privatbesitz)
(2)Finanzsektor (Einlagengeschäft, Anlagegeschäft für Kleinanleger und institutionelle Anleger, Firmenkunden- und Privatkundengeschäft, Crowdfunding, Währungsumtausch, E-Geld, legale und illegale Geldtransfers, Zahlungsdienste, virtuelle Währungen und andere virtuelle Vermögenswerte, Geschäftskredite, Verbraucherkredite und Kredite mit geringem Wert, Hypothekenkredite und durch Vermögenswerte gesicherte Kredite mit hohem Wert, Versicherungen (Lebens- und Nichtlebensversicherungen) und Schließfachverwaltungsdienste)
(3)Produkte und Dienstleistungen außerhalb des Finanzsektors (Rechtsvereinbarungen, hochwertige Güter und Vermögenswerte, Kuriere für Edelmetalle und Edelsteine, Immobilien, Dienstleistungen von Abschlussprüfern und juristische Dienstleistungen)
(4)Glücksspielsektor
(5)Organisationen ohne Erwerbszweck
(6)Profisport (Profifußball)
(7)Freizonen
(8)Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren
Diese Produkte und Dienstleistungen wurden vor dem Hintergrund des überarbeiteten EU-Rechtsrahmens zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und gegebenenfalls der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der Sanktionen gegen Russland und Belarus überprüft. Soweit sich die Umstände nicht geändert haben, wurden die Beschreibungen und Bewertungen der im Bericht von 2019 analysierten Produkte und Dienstleistungen nicht grundlegend geändert.
Daher werden in dieser Bewertung die Informationen des Berichts von 2019 aktualisiert, wobei mehrere Bereiche (wie virtuelle Währungen und Vermögenswerte sowie die Analyse des Finanzsektors und der Produkte außerhalb des Finanzsektors) verfeinert und gestrafft sowie Zahlen und Informationsquellen überarbeitet wurden.
2.1.Die wichtigsten in der supranationalen Risikobewertung untersuchten sektorbezogenen Risiken
2.1.1.Bargeld oder Bargeld gleichgestellte Mittel
Zwar sind Bargeldgeschäfte im Einzelhandel rückläufig, doch scheint die Nachfrage nach Euro-Banknoten zugenommen zu haben – eine Entwicklung, die als „Banknoten-Paradox“ bezeichnet wird und zeigt, dass Bargeld auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie ein beliebtes Wertaufbewahrungsmittel bleibt. Die kriminelle Wirtschaft stützt sich trotz aller neuen Facetten der Kriminalität auch weiterhin größtenteils auf Bargeld, wodurch die EU aufgrund der Anonymität und der relativen Leichtigkeit, mit der Bargeld und Bargeld gleichgestellte Mittel bewegt werden, erheblichen GW/TF-Risiken ausgesetzt ist. Die Straftäter sind bemüht, ihre Bargelderlöse gezielt an Orte zu bringen, an denen die Verwendung von Bargeld oder die Einschleusung in das Finanzsystem einfacher ist, d. h. in der Regel an Orte, an denen überwiegend Bargeld verwendet wird oder das Finanzsystem nur unzureichend beaufsichtigt wird. Bargeld kann auch in anonyme Vermögenswerte wie Guthabenkarten umgewandelt werden, die derzeit an den Grenzen nicht kontrolliert werden. In diesem Zusammenhang werden nur sehr wenige Fälle gemeldet, vermutlich weil es so schwierig ist, Bargeldgeschäfte aufzudecken. Die Verbreitung von Geldautomaten in Privatbesitz erhöht die Möglichkeiten für kriminelle Vereinigungen, ihre Gelder unbemerkt in das Finanzsystem einzuschleusen.
Mit dem geltenden Rechtsrahmen in der EU wurden die Möglichkeiten, große Summen rechtswidrig erwirtschafteter Barmittel in das Finanzsystem einzuschleusen, stark eingeschränkt. Durch die überarbeitete Verordnung über die Überwachung von Barmitteln, die seit Juni 2021 anwendbar ist, wurden der Umfang der Barmittelkontrollen an den EU-Grenzen sowie die Befugnisse der Behörden erweitert.
Derzeit haben 19 Mitgliedstaaten Obergrenzen für Barzahlungen entweder bereits eingeführt oder planen die Einführung, allerdings verzerren die unterschiedlichen Regelungen den Wettbewerb und können zu einer Verlagerung von Unternehmen in Mitgliedstaaten mit weniger strengen Vorschriften führen. Im Aktionsplan der Kommission für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wird die Einführung von Obergrenzen für hohe Barzahlungen als ein mögliches Mittel zur Minderung der GW/TF-Risiken genannt. Zu diesem Zweck ist im Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung eine Obergrenze für hohe Barzahlungen vorgesehen.
2.1.2.Finanzsektor
Wie in den vorangegangenen Berichten werden in dieser supranationalen Risikobewertung im Rahmen dieser Kategorie verschiedene Produkte und Sektoren (insgesamt 17), die Finanzdienstleistungen für Geschäfts- und Privatkunden erbringen, behandelt. In diesem Kapitel wird ein breites Spektrum von Branchen beleuchtet, darunter der Bankensektor, Investitionen, Versicherungen, Crowdfunding, E-Geld, (legale oder sonstige) Geldtransfers, Kryptowerte und Zahlungsdienste.
Die meisten der ermittelten Bedrohungen und Gefährdungen wurden bereits in den vorangegangenen supranationalen Risikobewertungen aufgezeigt und sind nach wie vor relevant. Im Finanzsektor beeinträchtigen das Fehlen klarer und kohärenter Vorschriften, die uneinheitliche Überwachung im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im gesamten Binnenmarkt sowie die unzureichende Koordinierung und der unzureichende Informationsaustausch zwischen den zentralen Meldestellen weiterhin die Fähigkeit der EU, die Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung richtig anzugehen. Zudem scheint es den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten oft schwerzufallen, den Sektor nach einem risikobasierten Ansatz zu beaufsichtigen.
Im Einklang mit der Stellungnahme der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde vom März 2021 wird in dieser supranationalen Risikobewertung davon ausgegangen, dass Kredit- und Zahlungsinstitute, Wechselstuben, E-Geld-Institute und Kreditanbieter (die keine Kreditinstitute sind) am stärksten durch Risiken gefährdet sind, die sich aus Schwachstellen in den Systemen und Kontrollen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergeben.
Die mit Kryptowerten verbundenen Risiken erfordern nicht nur ein hohes Maß an Verbraucher- und Anlegerschutz und Marktintegrität, sondern auch Maßnahmen gegen Marktmanipulation und zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Risiken für die Finanzstabilität und die Geldpolitik, die sich aus einer breiten Nutzung von Kryptowerten und auf der Distributed Ledger Technology (DLT) basierenden Lösungen auf den Finanzmärkten ergeben könnten, müssen ebenfalls erfasst werden.
Aufgrund ihrer Merkmale und Besonderheiten sind Investmentfonds dem Risiko der Geldwäsche von Erträgen aus Betrug, Steuerdelikten, Korruption und Bestechung ausgesetzt. Hinzu kommt, dass in diesem Sektor Kunden mit hohem Risiko betreut werden und dass die Transaktionen umfangreich, komplex und grenzüberschreitend sind. Die Transparenz in Bezug auf die wirtschaftlichen Eigentümer ist in einer Branche, die ein beträchtliches Vermögen verwaltet, nach wie vor suboptimal.
2.1.3.Nicht-Finanzsektor und Produkte außerhalb des Finanzsektors
In diesem Kapitel werden die rechtlichen Strukturen nach einem neuen Ansatz bewertet, der von früheren Berichten abweicht. Im Mittelpunkt stehen nun die wichtigsten Gefährdungen im Zusammenhang mit der Verschleierung des wirtschaftlichen Eigentümers (Trusts, Nominees und Gesellschaften) und nicht mehr bestimmte Zeitpunkte im Bestehen von Rechtsträgern und Rechtsvereinbarungen (Gründung, Geschäftstätigkeit und Beendigung). Außerdem werden der Markt für hochwertige Güter, Investitionen in Immobilien und Dienstleistungen von Buchhaltern, Abschlussprüfern, Beratern und Steuerberatern sowie juristische Dienstleistungen von Notaren und anderen unabhängigen Rechtsberatern berücksichtigt.
2.1.3.1. Nicht-Finanzsektor und Produkte außerhalb des Finanzsektors – Rechtsträger und Rechtsvereinbarungen
Um die Spuren von Finanztransaktionen zu verwischen, können Straftäter komplexe Strukturen unter Beteiligung von Unternehmen und Rechtsträgern entwickeln, häufig auch mit Briefkasten- und Scheinfirmen. Durch die Verwendung dieser rechtlichen Strukturen werden Bewegungen von illegal erwirtschafteten Erträgen als legitime Geschäftsvorgänge getarnt. Trusts und ähnliche Gestaltungen sorgen für Intransparenz und verbergen Vermögenswerte vor Strafverfolgungsbehörden und Vermögensabschöpfungsstellen. Mangelnde Zusammenarbeit und mangelnder Informationsaustausch zwischen den Behörden verschiedener Länder führen zu Schwachstellen, die von Straftätern mühelos ausgenutzt werden können, wenn sie gezielt nach Ländern suchen, in denen die Kontrollen zur Bekämpfung der Geldwäsche weniger wirksam sind.
Ergänzend zu solchen Strukturen können die von nominellen Geschäftsführern und Anteilseignern erbrachten Dienstleistungen zur Verschleierung des wirtschaftlichen Eigentümers ausgenutzt werden. So nehmen beispielsweise Straftäter und Personen, die nicht berechtigt sind, bestimmte Positionen in einem Unternehmen zu bekleiden, die Dienste förmlich ernannter Nominees in Anspruch, um ihre Identität zu verschleiern, Verbote zu umgehen und in Unternehmensunterlagen und -registern nicht erfasst zu werden.
2.1.3.2. Nicht-Finanzsektor und Produkte außerhalb des Finanzsektors – Hochwertige Güter
Hochwertige Güter wie Kunstwerke, Antiquitäten, Edelmetalle und Edelsteine sind Waren, die eine Wertübertragung ermöglichen. So können Straftäter Erträge aus illegalen Geschäften in hochwertige Vermögenswerte umwandeln, die relativ einfach und nahezu ohne behördliche Kontrolle über Grenzen hinweg verbracht und gelagert werden können. Der Wert von Vermögenswerten wie Kunstwerken und Antiquitäten ist oft subjektiv und schwer zu überprüfen oder zu vergleichen. Günstige Kunstwerke können daher zu einem stark überhöhten Preis an Mittäter verkauft werden, wobei eine Rechnung erstellt wird, die den Geldtransfer legitimiert.
Es gibt zahlreiche Berichte über Verbindungen zwischen dem Antiquitätenhandel und dem illegalen Handel mit Drogen, Wildtieren und Waffen, Geldwäsche und Steuerstraftaten sowie der Finanzierung von Kriegsgerät und Terrororganisationen; daher ist der illegale Handel mit Antiquitäten der schweren grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität zuzurechnen. Wie in der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021–2025 angekündigt, wird die Kommission Ende 2022 ihren Aktionsplan gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern verabschieden, der ein umfassendes politisches Konzept zur Unterbindung dieser Form der Kriminalität und zum Schutz von Kulturgütern vor Schäden durch Straftaten enthält.
2.1.3.3. Nicht-Finanzsektor und Produkte außerhalb des Finanzsektors – Dienstleister
Bei Dienstleistungsunternehmen besteht nach wie vor die Gefahr, dass sie von Gruppen des organisierten Verbrechens unterwandert werden oder in deren Besitz gelangen und von diesen dazu genutzt werden, illegal erwirtschaftete Erträge zu waschen. Dabei können die Straftäter sich deren Beratungsdienste und Fachwissen über die Schaffung und Verwaltung von Strukturen zunutze machen sowie die Möglichkeit, Unterlagen und Zusicherungen in Bezug auf die Geschäftsaktivitäten bereitzustellen. Das Ansehen, das mit bestimmten Berufen verbunden ist, macht sie ebenso wie die Nutzung von Kundenkonten zu attraktiven Zielen für Geldwäscher. Berufsangehörige können unwissentlich beteiligt sein, aber auch mit Straftätern zusammenarbeiten oder ihre Pflichten zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorsätzlich vernachlässigen.
Das Risiko ergibt sich aus der Mitwirkung dieser Berufsangehörigen an der Verwaltung der komplizierten Rechtsverhältnisse und der Unternehmen und Rechtsvereinbarungen, einschließlich der Mantel- und Offshore-Gesellschaften.
Unterschiede in der Anwendung der risikobasierten Aufsicht in einigen Sektoren in den Mitgliedstaaten, insbesondere wenn sie von Selbstverwaltungseinrichtungen durchgeführt wird, beeinträchtigen eine wirksame Prävention und die Fähigkeit, Missbrauch aufzudecken. Die geringe Anzahl von Meldungen verdächtiger Transaktionen oder Aktivitäten der meisten bestimmten Unternehmen und Berufsgruppen außerhalb des Finanzsektors (DNFBP) in den Mitgliedstaaten deutet darauf hin, dass Verdachtsfälle nicht wirksam aufgedeckt und gemeldet werden.
Der Immobiliensektor ist ebenfalls in erheblichem Maße dem Geldwäscherisiko ausgesetzt und besonders anfällig für Steuerdelikte. In einer Studie der Kommission wird geschätzt, dass in der EU ansässige Personen 1,4 Billionen EUR in Offshore-Immobilien halten. Komplexe Finanzierungsmethoden, Vermittler und die Verwendung von Unternehmensvehikeln erschweren die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers. Die Untersuchungen der FATF und der Egmont-Gruppe enthalten Beispiele für die Komplexität der Systeme, die zur Verschleierung der Herkunft der Gelder eingesetzt werden.
Wie aus den nationalen Risikobewertungen hervorgeht, profitieren die Dienstleister am meisten von Sensibilisierungsmaßnahmen, Schulungen und verstärkter Überwachung.
2.1.4.Gemeinsamkeiten zwischen dem Finanzsektor und dem Nicht-Finanzsektor (Rechtsträger und Rechtsvereinbarungen)
Schwachstellen im Bereich des wirtschaftlichen Eigentums stellen auch weiterhin eine erhebliche Bedrohung für das Finanzsystem dar. So bleibt die Anonymität eine kritische Schwachstelle im internationalen Finanzsystem, da Banken, Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden nicht in der Lage sind, die tatsächlichen Eigentümer von Unternehmen zeitnah zu ermitteln. Organismen für gemeinsame Anlagen sind in ähnlicher Weise gefährdet, da die Identität der Endanleger in der Regel nicht transparent ist und die Verwendung von Sammelkonten den Informationsaustausch zwischen den Vermittlern weiter erschwert.
Im Nicht-Finanzsektor sind Rechtsträger und Rechtsvereinbarungen bei Straftätern sehr beliebt, da sie die Anonymität fördern und die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer verschleiern. Zudem können sie für die Durchführung ihrer illegalen Aktivitäten genutzt werden, indem sie beispielsweise die Logistik oder den Transport illegaler Waren erleichtern.
In beiden Bereichen ist daher die Transparenz der wirtschaftlichen Eigentümer ein wesentliches Element. Um den Risiken im Zusammenhang mit der Anonymität zu begegnen, sind die in den letzten Jahren auf globaler Ebene und insbesondere in der EU, die in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle einnimmt, ergriffenen Initiativen zur Verbesserung der Transparenz von Unternehmen und zur Verhinderung ihres Missbrauchs durch Straftäter entscheidend. Die Einrichtung von Registern der wirtschaftlichen Eigentümer und die Verbesserung der Transparenz von Unternehmen sind nur einige Beispiele für die laufenden Bemühungen zur Bekämpfung der Nutzung von Briefkastenfirmen. Wenn nicht nur bekannt ist, wer ein Unternehmen tatsächlich kontrolliert, sondern auch, wie das Unternehmen kontrolliert wird, ergeben sich daraus Ermittlungsansätze und eine gezielte Risikobewertung, was eine frühzeitige Erkennung von Risiken und verborgenen Mustern ermöglicht, die bei einem herkömmlichen Ansatz nicht sichtbar wären.
2.1.5.Glücksspielsektor
Der Glücksspielsektor ist durch ein schnelles Wirtschaftswachstum und eine rasante technische Entwicklung gekennzeichnet. Insbesondere der Online-Sektor verzeichnete während und nach der COVID-19-Pandemie ein starkes Wachstum. In diesem Zusammenhang berichteten mehrere zuständige Behörden, dass die Risiken, die von Online-Glücksspielen ausgehen, seit der Veröffentlichung der letzten supranationalen Risikobewertung im Jahr 2019 weiter gestiegen sind.
In dieser Bewertung werden zum ersten Mal die in Videospielen verwendeten umtauschbaren Token den Kryptowerten gleichgestellt. Aus diesem Grund sollten die Bedrohungen, die sich durch diese Token ergeben, analog zu den Bedrohungen durch Kryptowerte bewertet werden.
Kasinos sind von Natur aus mit einem hohen Risiko behaftet; ihre Berücksichtigung im EU-Rahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung seit 2005 hat jedoch zur Minderung der GW/TF-Risiken beigetragen. In Verbindung mit Lotterien und Spielautomaten (außerhalb von Kasinos) bestehen mäßige GW/TF-Risiken. Bei Lotterien gibt es gewisse Kontrollen, insbesondere im Hinblick auf die mit hohen Gewinnen verbundenen Risiken. Bei herkömmlichem Bingo wird das GW/TF-Risiko aufgrund der relativ geringen Einsätze und Gewinne als gering eingeschätzt.
2.1.6.Sammlung und Transfers finanzieller Mittel über Organisationen ohne Erwerbszweck
Im vorliegenden Bericht werden die Kategorien von Organisationen ohne Erwerbszweck (Non-profit organisations – im Folgenden „NPO“) erfasst, die in der Empfehlung der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ definiert werden. Dieses Risikoszenario bezieht sich auf die Sammlung und den Transfer finanzieller Mittel über NPO innerhalb des Binnenmarktes sowie auf die Sammlung finanzieller Mittel für den Transfer in Drittländer und aus Drittländern.
Die Heterogenität des NPO-Sektors und seiner Teilsektoren stellt eine Herausforderung für die Risikobewertung dar. Art und Umfang der Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung können je nach Finanzierungsquellen, Auszahlungsmethoden und -kanälen sowie Empfängern der Mittel unterschiedlich ausfallen. NPO, die humanitäre Hilfe leisten, sind in der Regel in Konflikt- oder Krisengebieten tätig, in denen sich mitunter auch bewaffnete Gruppen oder als Terroristen bezeichnete Personen aufhalten können. Durch die Risikominderung seitens der Finanzinstitute besteht für diese NPO die Gefahr der finanziellen Ausgrenzung, die sich durch den schwierigen Zugang zu herkömmlichen Bankdienstleistungen weiter erhöht.
NPO sind mittlerweile stärker sensibilisiert für die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, und so ist bei den gut etablierten Organisationen eine Zunahme der Investitionen in Compliance- und Audit-Funktionen festzustellen. Die Mitgliedstaaten könnten enger mit dem Finanzsektor zusammenarbeiten und ihn mehr einbinden, um den Zugang von NPO zu regulierten Kanälen zu erleichtern.
In fast allen Mitgliedstaaten gibt es irgendeine Form der Aufsicht, sei es durch Regulierungsbehörden für NPO, die Steuerbehörden oder andere Arten von Aufsichtsbehörden. Die Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden für die Registrierung und den Zugang zu Finanzdienstleistungen sind strenger geworden, was die Attraktivität von NPO für die Terrorismusfinanzierung verringern könnte.
2.1.7.Profisport
Wie viele andere Branchen wird auch der Sport von Straftätern genutzt, um Geld zu waschen und um illegale Erträge zu erwirtschaften. Fußball, die bei Weitem beliebteste Sportart der Welt, ist zu diesem Zweck natürlich besonders geeignet. Wie in der Kunstbranche sind die Beweggründe von Straftätern in der Sportbranche nicht immer wirtschaftlicher Natur. Soziales Prestige, der Kontakt zu Prominenten und die Aussicht, mit wichtigen Persönlichkeiten in Kontakt zu kommen, können ebenfalls einen Anreiz für kriminelle Investitionen darstellen.
Die COVID-19-Pandemie hat sich verheerend auf die Vereinsfinanzen ausgewirkt und zu mehreren sich verstärkenden Entwicklungen geführt, die für den Sportsektor ein höheres Risiko darstellen könnten. Aufgrund unzureichender Ressourcen und Schulungen ist der Sportsektor nach wie vor anfällig für Geldwäsche und – in weit geringerem Maße – auch für Terrorismusfinanzierung. Zwar wurden die Kontrollen durch den eigenen Rechtsrahmen des Sektors verstärkt, doch ist dieser Rahmen allein nicht ausreichend. Transparenz auf allen Ebenen, von Spielertransfers bis hin zu den Eigentumsverhältnissen der Vereine, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Verringerung des Risikos in diesem Sektor.
2.1.8.Freihandelszonen
Freihandelszonen bergen nach wie vor ein hohes Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, da sie sowohl im Hinblick auf den Zoll als auch auf die Besteuerung eine Reihe von Vorteilen bieten. Hierdurch könnten sie leichter zu Vortaten oder Missbrauch verleiten. Obwohl die bewerteten Risiken für alle Freizonen und in geringerem Maße auch für Zolllager gelten, potenzieren sie sich bei hochwertigen Gütern, die in Freihäfen gelagert werden. In einem Forschungsbericht wird unter Hinweis auf das rasche Wachstum des Marktes für hochwertige Kunstgegenstände und die räumliche Ausdehnung von Lagern für Luxusgüter darauf hingewiesen, dass sich Freihäfen für Luxusgüter als neue Akteure im globalen System der Steuervermeidung und -kriminalität etablieren.
Freihandelszonen können weiterhin ein Risiko in Bezug auf Fälschungen darstellen, da Fälscher in ihnen Seefracht anlanden, anpassen oder Ladungen oder damit verbundene Unterlagen anderweitig manipulieren können und die betreffenden Produkte anschließend ohne Einschreiten des Zolls wieder exportieren und so die Art und den ursprünglichen Lieferanten der Waren verschleiern können.
Die Regulierung der Freizonen in der EU kann noch verbessert werden. Im Vorschlag der Kommission zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung, der im Juli 2021 angenommen wurde, wird der Kreis der Verpflichteten präzisiert. Die Kommission führt derzeit eine Bewertung der Freizonen in der EU durch. Neben anderen Analysen werden in dieser Bewertung die Vorteile und Kosten von Freizonen, einschließlich des Risikos eines möglichen Missbrauchs, sowohl im Zoll- als auch im Steuerbereich bewertet.
2.1.9.Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren
Durch Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren sollen Investitionen in ein Land gelockt werden, indem Staatsbürgerschafts- oder Aufenthaltsrechte im Gegenzug für vorher festgelegte Zahlungen oder Investitionen in dem betreffenden Land gewährt werden. Solche Regelungen sind attraktiv, da sie das Reisen und die Abwicklung von Geschäften erleichtern, können aber auch für Geldwäsche, Steuerkriminalität und Korruption missbraucht werden und zudem Sicherheitsrisiken bergen. Eine doppelte Staatsangehörigkeit kann die Verschiebung von illegal erwirtschafteten Erträgen und die Verschleierung von Vermögenswerten vor den zuständigen Behörden erleichtern. Des Weiteren können ein Mangel an Transparenz und Unzulänglichkeiten bei der Verwaltung der Regelungen Anlass zu Besorgnis geben.
Im Oktober 2020 ergriff die Kommission Maßnahmen in Bezug auf die drei Mitgliedstaaten, die zu diesem Zeitpunkt Regelungen zur Unionsbürgerschaft für Investoren anwandten, da sie befürchtete, dass diese Mitgliedstaaten ihren unionsrechtlichen Verpflichtungen im Hinblick auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und das Konzept der Unionsbürgerschaft nicht nachkommen würden. Aufgrund des Charakters der Unionsbürgerschaft und der damit verbundenen Rechte sind solche Regelungen nicht auf den Mitgliedstaat beschränkt, in dem ein Investor eingebürgert wird, sondern betreffen alle Mitgliedstaaten und die EU insgesamt. Die Kommission hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verleihung der Staatsangehörigkeit und damit der Unionsbürgerschaft als Gegenleistung für im Voraus festgelegte Zahlungen oder Investitionen und ohne eine echte Verbindung zwischen dem betreffenden Mitgliedstaat und dem Investor die Integrität der Unionsbürgerschaft sowie den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit untergräbt.
Nur ein Mitgliedstaat wendet weiterhin eine Staatsbürgerschaftsregelung für Investoren an. Die Kommission hat ihr Vertragsverletzungsverfahren gegen diesen Mitgliedstaat im April 2022 fortgesetzt.
Allerdings werden in 19 Mitgliedstaaten Aufenthaltsregelungen für Investoren angeboten.
Im Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung wird festgelegt, dass Anbieter, die im Namen von Drittstaatsangehörigen im Kontext von Aufenthaltsregelungen (Programmen für „goldene Visa“) tätig sind, als Verpflichtete gelten. Akteure, die an Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren beteiligt sind, werden in dem Vorschlag nicht berücksichtigt, da die Kommission Bedenken hinsichtlich deren Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht hat.
Die Risiken solcher Regelungen wurden vor Kurzem im Zusammenhang mit der russischen Aggression gegen die Ukraine hervorgehoben, da Staatsangehörige, gegen die Sanktionen verhängt wurden oder die den Krieg gegen die Ukraine in erheblichem Maße unterstützen, möglicherweise die EU-Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltsgenehmigungen in den Mitgliedstaaten erworben haben. Da die Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren gegen das EU-Recht verstoßen, hat die Kommission die Mitgliedstaaten dringend aufgefordert, ihre entsprechenden Regelungen unverzüglich aufzuheben. Außerdem hat sie die Mitgliedstaaten aufgefordert, dafür zu sorgen, dass diese Regelungen einer strengen Kontrolle unterzogen werden.
Im Rahmen der Maßnahmen zur Eindämmung der Risiken von Aufenthaltsregelungen für Investoren hat die Kommission am 27. April 2022 auch einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige angenommen. Der Vorschlag enthält unter anderem Vorschriften, die verhindern sollen, dass Investoren aus Drittländern missbräuchlich den Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in der EU erwerben. Zu diesem Zweck umfasst der Vorschlag eine Bestimmung zur Verschärfung der Kontrollen des Wohnsitzerfordernisses, insbesondere im Hinblick auf Anträge auf Erteilung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in der EU, die von Personen gestellt werden, die einen Aufenthaltstitel besitzen und/oder besaßen, der aufgrund einer Investition jeglicher Art in einem Mitgliedstaat erteilt wurde.
3.Risikomindernde Maßnahmen
3.1.Risikomindernde Maßnahmen im Rahmen der Fünften Geldwäscherichtlinie
Die Fünfte Geldwäscherichtlinie, die bis Januar 2020 umgesetzt werden musste, gab der EU Instrumente an die Hand, mit denen eine Nutzung ihres Finanzsystems für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effektiver verhindert werden kann, insbesondere durch:
·die Erhöhung der Transparenz durch öffentliche Register über wirtschaftliche Eigentümer für Unternehmen und öffentlich zugängliche Register für Trusts und andere Rechtsvereinbarungen,
·die Einschränkung der Anonymität, die virtuelle Währungen, E-Wallet-Anbieter und Guthabenkarten bieten,
·die Erweiterung der Kriterien für die Bewertung von Ländern mit hohem Risiko und die Verbesserung der Sicherungsmaßnahmen für Finanztransaktionen in und aus diesen Ländern,
·die obligatorische Einrichtung von zentralen Bankkontenregistern oder Abrufsystemen in den Mitgliedstaaten,
·die Verbesserung der Zusammenarbeit der für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Aufsichtsbehörden und des Informationsaustauschs zwischen diesen Behörden und mit den Aufsichtsbehörden und der Europäischen Zentralbank.
Diese Maßnahmen dürften dazu beitragen, die Risiken in allen Sektoren und bei allen Produkten weiter zu verringern. Die Kommission überprüft derzeit die Einhaltung der neuen Vorschriften und wird 2022 einen Umsetzungsbericht veröffentlichen.
3.2.Auf EU-Ebene bereits getroffene oder in der Einführung befindliche risikomindernde Maßnahmen
3.2.1.Legislative Maßnahmen
Die meisten der in den beiden vorangegangenen supranationalen Risikobewertungen genannten legislativen Maßnahmen wurden bereits verabschiedet, insbesondere:
·die Fünfte Geldwäscherichtlinie,
·die neue Verordnung über die Überwachung von Barmitteln,
·die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von Geldwäsche,
·die Verordnung über das Verbringen und die Einfuhr von Kulturgütern,
·die Richtlinie über den Zugang zu Finanz- und sonstigen Informationen,
·die Überarbeitung der Verordnungen über die Europäischen Aufsichtsbehörden,
·die Annahme der Richtlinie (EU) 2019/2177, mit der die Richtlinie betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) und die Vierte Geldwäscherichtlinie geändert werden, und
·die Annahme der Fünften Eigenkapitalrichtlinie, mit der die Hindernisse für die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden und den für die Bekämpfung von Geldwäsche/Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden beseitigt werden.
3.2.2.Die Legislativvorschläge
Wie in Abschnitt 1 („Einleitung“) erwähnt, legte die Kommission am 20. Juli 2021 ein Paket mit vier Legislativvorschlägen zur Stärkung der EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vor:
·eine Verordnung zur Errichtung einer neuen EU-Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (im Folgenden „Verordnung zur Errichtung der AMLA“),
·eine Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit unmittelbar geltenden Vorschriften – auch für die Bereiche Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden und wirtschaftliches Eigentum (im Folgenden „Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“),
·eine sechste Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (im Folgenden „Sechste Geldwäscherichtlinie“), die die bestehende Richtlinie (EU) 2015/849 (die Vierte Geldwäscherichtlinie in der durch die Fünfte Geldwäscherichtlinie geänderten Fassung) ersetzt und Bestimmungen enthält, die in nationales Recht umgesetzt werden, wie etwa Vorschriften für die nationalen Aufsichtsbehörden und die zentralen Meldestellen in den Mitgliedstaaten und
·eine Überarbeitung der Verordnung von 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers zur Rückverfolgung von Transfers von Kryptowerten (Verordnung (EU) 2015/847) („Geldtransferverordnung“).
Die vorgeschlagene Verordnung über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung soll das Kernstück eines „einheitlichen EU-Regelwerks“ für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bilden. Sie würde die Mindestvorschriften der derzeit geltenden EU-Richtlinien zur Bekämpfung der Geldwäsche durch detaillierte und unmittelbar anwendbare Bestimmungen ersetzen. Zu den wichtigsten Punkten, die in dem Vorschlag erfasst werden, gehören: die Verpflichtungen, die Einrichtungen auferlegt werden, die zur Verhinderung von Geldwäsche verpflichtet sind (im Folgenden „Verpflichtete“), die Transparenz von Angaben über Personen, die Eigentümer solcher Einrichtungen sind oder Kunden solcher Einrichtungen kontrollieren, und der Missbrauch anonymer Instrumente (etwa von Kryptowerten). Mit der Verordnung würden die Liste der Verpflichteten auf alle Anbieter von Krypto-Dienstleistungen ausgeweitet – wie von der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ (FATF) empfohlen – und die Anforderungen in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum unionsweit vereinheitlicht. Außerdem sollen Bargeldgeschäfte eingeschränkt werden, indem eine Obergrenze von 10 000 EUR für die Annahme oder Ausführung von Barzahlungen durch Personen, die mit Waren handeln oder Dienstleistungen erbringen, festgelegt wird. Die Verordnung würde zudem das Vorgehen der EU gegenüber Drittländern vereinheitlichen, die in ihren Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strategische Mängel aufweisen.
Die Kommission schlug vor, die Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit direkten Aufsichtsbefugnissen auszustatten. Die Behörde sollte im Jahr 2024 ihre Arbeit aufnehmen können. Die Behörde sollte mit der Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse beginnen, sobald die Sechste Geldwäscherichtlinie umgesetzt ist und die neuen Vorschriften in Kraft treten.
Das Legislativpaket wird derzeit vom Europäischen Parlament und vom Rat erörtert, und die Kommission hofft auf ein zügiges Gesetzgebungsverfahren.
3.2.3.Weitere Unterstützungsmaßnahmen
Die Europäische Kommission setzt ihre Arbeiten in folgenden Bereichen fort:
·Bessere Sammlung statistischer Daten. Seit Januar 2020 ist die Kommission gemäß Artikel 44 der Geldwäscherichtlinie verpflichtet, nationale Statistiken über die Wirksamkeit der Systeme der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu erheben und anschließend darüber zu berichten. Außerdem soll eine Methode zur Erfassung und Schätzung des quantitativen Umfangs der Geldwäsche entwickelt werden.
·Schulungen für Personen, für deren Tätigkeiten der Grundsatz des Privilegs der Angehörigen von Rechtsberufen gilt. Die Kommission hat Erläuterungen und Informationen aus der Praxis bereitgestellt, um diesen Personen dabei zu helfen, Verhaltensweisen zu erkennen, die mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung in Zusammenhang stehen könnten, und aufzuzeigen, wie sie in solchen Fällen vorzugehen haben. Im Zeitraum 2020 bis 2022 wird ein von der EU finanziertes Projekt zur Schulung von Rechtsanwälten durchgeführt.
·Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu GW/TF-Risiken.
·Weitere Überwachung von Geldfälschung und deren möglichen Verbindungen zur Geldwäsche. Über das Programm Pericles IV werden der Austausch von Personal sowie Seminare, Schulungen und Studien für Vollzugs- und Justizbehörden, Banken und andere an der Bekämpfung von Euro-Fälschungen beteiligte Personen gefördert. Die Maßnahmen können in der Eurozone, in EU-Ländern außerhalb der Eurozone und in Drittländern durchgeführt werden.
4.Empfehlungen und Folgemaßnahmen
Nach der Bewertung der Risiken im Lichte des aktualisierten Rechtsrahmens und der in ihrem Legislativpaket vorgelegten Vorschläge kommt die Kommission zu dem Schluss, dass auf EU-Ebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen werden sollte, damit Folgendes berücksichtigt wird:
·der Umfang der GW/TF-Risiken,
·die Notwendigkeit von Maßnahmen auf EU-Ebene oder Maßnahmenempfehlungen an die Mitgliedstaaten (Subsidiarität),
·die Notwendigkeit der Empfehlung rechtlicher und sonstiger Maßnahmen (Verhältnismäßigkeit) und
·die Auswirkungen auf Datenschutz und Grundrechte.
Außerdem hat die Kommission berücksichtigt, ob mögliche missbräuchliche oder falsche Auslegungen ihrer Empfehlungen verhindert werden müssen, die zu einer Risikominderung führen könnten, d. h., dass einerseits ganze Kundenkategorien ausgeschlossen und Kundenbeziehungen beendigt werden, anderseits die in einem bestimmten Sektor bestehenden Risiken aber doch nicht vollständig und angemessen berücksichtigt würden. Dies kann dazu führen, dass Kunden keinen Zugang zum Finanzsystem haben. Gemäß der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde kann die Risikominderung ein legitimes Instrument des Risikomanagements, aber auch in einigen Fällen ein Zeichen für ein ineffektives Risikomanagement im Bereich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit schwerwiegenden Folgen sein.
In den folgenden Abschnitten werden daher Empfehlungen sowohl auf EU-Ebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten ausgesprochen, wobei auch die Fortschritte bei der Umsetzung der in früheren supranationalen Risikobewertungen ausgesprochenen Empfehlungen weiterverfolgt werden.
4.1.Empfehlungen für die Europäischen Aufsichtsbehörden
4.1.1.Die Aufforderung der Europäischen Kommission zur Stellungnahme zur Festlegung des Anwendungsbereichs und des verfügenden Teils einer zu erlassenden Verordnung im Bereich der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Im März 2020 ersuchten die Kommissionsdienststellen die EBA um eine Stellungnahme zu den Bereichen, in denen die Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verschärft werden könnten. Die EBA gab ihre Stellungnahme am 10. September 2020 ab.
Die EBA empfahl der Kommission, eine Harmonisierung von Aspekten des derzeitigen EU-Rahmens für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorzuschlagen, bei denen unterschiedliche nationale Vorschriften zu erheblichen negativen Auswirkungen geführt haben, wie z. B. Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden, interne Kontrollsysteme, aufsichtliche Risikobewertungen, Zusammenarbeit und Durchsetzung. Die EBA schlug ferner vor, dass die EU Aspekte ihres Rechtsrahmens in Fällen, in denen Gefährdungen aufgedeckt werden, stärken sollte, insbesondere in Bezug auf die Befugnisse der Aufsichtsbehörden für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und die Meldepflichten.
Auch die Liste der Verpflichteten sollte erweitert und präzisiert werden, insbesondere im Hinblick auf Anbieter von Krypto-Dienstleistungen, Wertpapierfirmen und Investmentfonds. Sie schlug außerdem vor, die Bestimmungen in den sektorbezogenen Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen (insbesondere Zahlungsdienste, Finanzdienstleistungen und Einlagensicherungssysteme) zu klären, um sicherzustellen, dass sie mit den Zielen der EU in Bezug auf Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung vereinbar sind.
Dieser Beitrag ist in die Legislativvorschläge der Kommission eingeflossen.
4.1.2.Weiterverfolgung der Empfehlungen der supranationalen Risikobewertung von 2019
Im Bericht von 2019 empfahl die Kommission den Europäischen Aufsichtsbehörden, dass sie:
·aktualisierte Leitlinien zur internen Governance vorlegen, um die Erwartungen an die Aufgaben der Beauftragten für die Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (im Folgenden „Geldwäschebeauftragte“) in Finanzinstituten noch besser zu verdeutlichen.
Daraufhin hat die EBA Leitlinien zur Rolle und zu den Aufgaben des Geldwäschebeauftragten entwickelt. In diesen Leitlinien werden die Rolle, die Aufgaben und die Zuständigkeiten der Geldwäschebeauftragten und des Leitungsorgans sowie deren Zusammenwirken, auch auf Gruppenebene, festgelegt. Sie gelten für alle Akteure des Finanzsektors, die in den Anwendungsbereich der Geldwäscherichtlinie fallen.
4.2.Empfehlungen für Aufsichtsbehörden außerhalb des Finanzsektors
Die vorliegende Bewertung hat ergeben, dass die zuvor im Nicht-Finanzsektor festgestellten Bedrohungen und Gefährdungen im Großen und Ganzen fortbestehen. Die Kommission wiederholt daher die in der vorherigen supranationalen Risikobewertung ausgesprochenen Empfehlungen an die Selbstverwaltungseinrichtungen, insbesondere die Empfehlung, die Anzahl der themenbezogenen Prüfungen und Berichte zu erhöhen und weiterhin Schulungen durchzuführen, um zu einem besseren Verständnis der Risiken und der Verpflichtungen hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beizutragen.
4.3.Empfehlungen an die Mitgliedstaaten (nationale Behörden und/oder nationale Aufsichtsbehörden)
4.3.1.Weiterverfolgung der Empfehlungen der supranationalen Risikobewertung von 2019
Wenn Mitgliedstaaten beschließen, keine der Empfehlungen zu übernehmen, müssen sie nach Artikel 6 Absatz 4 der Geldwäscherichtlinie die Kommission über ihre Entscheidung unterrichten und ihre Entscheidung begründen (Grundsatz „Befolgen oder erläutern“). Bezüglich der Empfehlungen von 2019 hat bisher kein Mitgliedstaat eine entsprechende Mitteilung gemacht.
Es sei darauf hingewiesen dass die rechtlichen Verpflichtungen aus der Fünften Geldwäscherichtlinie frühere Empfehlungen entweder teilweise oder ganz ersetzen, insbesondere was die erhöhte Transparenz bezüglich der wirtschaftlichen Eigentümer, niedrigere Schwellenwerte für die Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden in einigen Sektoren oder die Erweiterung der Liste der Verpflichteten angeht.
Im folgenden Abschnitt werden einige grundlegende Aspekte der Empfehlungen der Kommission erläutert.
(1)Umfang der nationalen Risikobewertungen
In früheren Berichten wurden Unternehmen mit hohem Bargeldumsatz und Barzahlungen im Allgemeinen, der NPO-Sektor und E-Geld-Produkte als die Bereiche benannt, die die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Risikobewertungen berücksichtigen und für die sie geeignete risikomindernde Maßnahmen festlegen sollten.
Die Kommission hat zu diesem Zweck bis dato von 25 Mitgliedstaaten die aktuellsten nationalen Risikobewertungen erhalten. Die anderen Mitgliedstaaten werden gebeten, diese im Anschluss an diese Empfehlung schnellstmöglich vorzulegen.
Mit dem vorliegenden Bericht werden die nationalen Behörden an ihre Verpflichtung erinnert, ihre Risikobewertung auf dem neuesten Stand zu halten. In diesem Bericht wird auch die Empfehlung aus dem Jahr 2019 beibehalten, und alle Mitgliedstaaten werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass in ihren nationalen Risikobewertungen die mit den genannten Produkten und Sektoren verbundenen Risiken berücksichtigt und geeignete risikomindernde Maßnahmen ergriffen werden.
(2)Wirtschaftliche Eigentümer
Ein hohes Maß an Transparenz bei den Angaben zum wirtschaftlichen Eigentümer ist von entscheidender Bedeutung für die Bekämpfung des Missbrauchs von Rechtsträgern. Wenn Angaben zum wirtschaftlichen Eigentümer der Öffentlichkeit zugänglich sind, wird eine bessere Kontrolle der Informationen durch die Zivilgesellschaft (einschließlich Presse und zivilgesellschaftlichen Organisationen) ermöglicht und das Vertrauen in die Integrität des Finanzsystems gestärkt. Das Vertrauen der Anleger und der breiten Öffentlichkeit in die Finanzmärkte hängt zum Teil von der Existenz einer präzisen Offenlegungspflicht ab, die für Transparenz in Bezug auf die wirtschaftlichen Eigentümer und die Kontrollstrukturen der Unternehmen sorgt.
Aus diesen Gründen wurde im Bericht von 2019 die Empfehlung aus dem Jahr 2017 an die Mitgliedstaaten beibehalten, sicherzustellen, dass Angaben zu den wirtschaftlichen Eigentümern von Rechtsträgern und Rechtsvereinbarungen angemessen, exakt und aktuell sind. Es sollten insbesondere Instrumente entwickelt werden, die gewährleisten, dass im Rahmen der Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer festgestellt wird. Außerdem sollten die Sektoren, in denen aufgrund undurchsichtiger Regelungen über die wirtschaftlichen Eigentümer die größten Risiken bestehen, wirksam überwacht und beaufsichtigt werden.
Solange die öffentlichen Register nicht vollständig umgesetzt wurden und die Schwierigkeiten beim Zugang zu Informationen fortbestehen, stellen Schwarzgeldströme ein echtes Risiko für die gesamte EU dar. Daher wird im vorliegenden Bericht die Empfehlung aus dem Jahr 2019 beibehalten und die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die in der Geldwäscherichtlinie festgelegten Bestimmungen über die Register der wirtschaftlichen Eigentümer vollständig umzusetzen.
Die Kommission prüft derzeit im Rahmen ihrer horizontalen Bewertung der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie die Umsetzung der nationalen Register der wirtschaftlichen Eigentümer mittels spezieller Fragebogen und verfolgt aufmerksam die Entwicklungen dieses Kernelements des EU-Rechtsrahmens für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Ferner sollten die Mitgliedstaaten angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine so weit wie möglich die Annahme der im Paket zur Bekämpfung der Geldwäsche vorgeschlagenen Maßnahmen vorwegnehmen, um sicherzustellen, dass die Register der wirtschaftlichen Eigentümer umfassende Informationen enthalten.
(3)Angemessene Ressourcen für Aufsichtsbehörden im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und zentrale Meldestellen
Nach Artikel 32 der Geldwäscherichtlinie müssen die Mitgliedstaaten ihre zentralen Meldestellen mit angemessenen finanziellen, personellen und technischen Mitteln ausstatten, sodass sie ihre Aufgaben erfüllen können. Der Bericht über die Bewertung aktueller Fälle von mutmaßlicher Geldwäsche unter Beteiligung von Kreditinstituten aus der EU hat jedoch bereits gezeigt, dass viele Aufsichtsbehörden personell stark unterbesetzt waren. Auch im Bericht der EBA über die Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung für den EU-Finanzsektor wurde auf diesen Mangel hingewiesen.
Im vorliegenden Bericht wird die Empfehlung beibehalten, dass die Mitgliedstaaten ihre Bemühungen in diesem Bereich intensivieren und nachweisen müssen, dass die für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden ihre Aufgaben vollumfänglich erfüllen können.
(4)Zunahme der Prüfungen vor Ort durch Aufsichtsbehörden
Im Bericht von 2019 wurde die Empfehlung aus dem Jahr 2017 an die Mitgliedstaaten beibehalten, eine ausreichende Anzahl von Prüfungen vor Ort sowohl im Finanz- als auch im Nicht-Finanzsektor durchzuführen.
Zwischen den Mitgliedstaaten gibt es nach wie vor große Unterschiede; verschiedene Mitgliedstaaten gaben in ihren nationalen Risikobewertungen an, dass sie regelmäßig themenbezogene aufsichtliche Prüfungen durchführen, andere, dass sie eine allgemeine Risikobewertung vornehmen.
In Bezug auf den Finanzsektor sollten die zentralen Meldestellen, die Aufsichtsbehörden und andere für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständige Behörden weiterhin Prüfungen vor Ort durchführen, die in Bezug auf Häufigkeit und Intensität den festgestellten GW/TF-Risiken angemessen sind. Diese Prüfungen vor Ort müssen sich auf spezifische operative GW/TF-Risiken konzentrieren, je nach den besonderen Gefährdungen, die mit einem Produkt oder einem Dienst verbunden sind. Insbesondere ist Folgendes zu beachten:
·Aus der Stellungnahme der EBA zu den GW/TF-Risiken geht hervor, dass Kreditinstitute am stärksten in die Aufsichtstätigkeit einbezogen werden. Im vorliegenden Bericht wird es auch als notwendig erachtet, dass die zuständigen Behörden das Management des GW/TF-Risikos durch die Kreditinstitute genau überwachen und erforderlichenfalls ihre Aufsichtsbemühungen verstärken, indem sie die Institute, die die größten GW/TF-Risiken aufweisen, intensiver überwachen.
·Die Kontrollen im Bereich der Zahlungsinstitute, die erhebliche inhärente Risiken aufweisen, werden immer noch als schlecht oder sehr schlecht bewertet. Im vorliegenden Bericht wird im Einklang mit der Stellungnahme der EBA eine verstärkte Vor-Ort-Aufsicht des Sektors empfohlen.
·Bei E-Geld-Instituten ist eine umfassende Prüfung vor Ort nicht in jedem Fall erforderlich. Stattdessen werden beispielsweise themenbezogene Prüfungen vor Ort empfohlen, um sicherzustellen, dass eine ausreichend große Zahl von Instituten von der Aufsicht erfasst wird.
·Wertpapierfirmen sind ebenfalls ein Sektor, für den mehrere Behörden angaben, dass sie im Berichtszeitraum keine Prüfungen außerhalb vor Ort oder anderswo durchgeführt haben. Daher sollte geprüft werden, ob der Anteil der vor Ort durchgeführten Prüfungen angesichts der festgestellten Risiken erhöht werden sollte.
In Bezug auf den Nicht-Finanzsektor werden die Mitgliedstaaten im vorliegenden Bericht aufgefordert, dafür zu sorgen, dass ihre zentralen Meldestellen, Aufsichtsbehörden (sofern vorhanden) und andere für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständige Behörden ausreichend unangekündigte Stichprobenkontrollen durchführen, insbesondere bei Händlern hochwertiger Waren, Gewerbetreibenden der Immobilienbranche und Antiquitätenhändlern.
(5)Themenbezogene Prüfungen durch die zentralen Meldestellen, Aufsichtsbehörden und andere für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständige Behörden
In früheren Berichten wurde empfohlen, dass die Aufsichtsbehörden ein besseres Verständnis der Risiken für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in bestimmten Geschäftsfeldern entwickeln. Aus den der Kommission vorliegenden Informationen geht hervor, dass dies nur bis zu einem gewissen Grad geschehen ist. Es ist auch hervorzuheben, dass es in bestimmten Sektoren (wie bei Kunst und Antiquitäten) keine speziellen Aufsichtsbehörden gibt.
Die zuständigen Behörden sollten im Bereich des Währungsumtauschs (Wechselstuben) themenbezogene Prüfungen in Betracht ziehen, um ein umfassendes Verständnis der Risiken und der Qualität der Bemühungen um Risikominderung in diesem Sektor zu entwickeln.
Im vorliegenden Bericht wird die Empfehlung beibehalten, dass die Mitgliedstaaten weiterhin sicherstellen, dass die zentralen Meldestellen, die Aufsichtsbehörden (sofern vorhanden) und andere für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständige Behörden themenbezogene Prüfungen durchführen.
(6)Eine Ausweitung der Liste der Verpflichteten
In der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde der Geltungsbereich der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung um folgende Verpflichtete erweitert: Dienstleister, die virtuelle Währungen in Fiatgeld und umgekehrt tauschen und Anbieter von elektronischen Geldbörsen, Personen, die mit Kunstwerken handeln (sofern sich der Wert einer Transaktion oder einer Reihe verbundener Transaktionen auf 10 000 EUR oder mehr beläuft), Abschlussprüfer, externe Buchprüfer und Steuerberater sowie jede andere Person, die als wesentliche geschäftliche oder gewerbliche Tätigkeit materielle Hilfe, Unterstützung oder Beratung im Hinblick auf Steuerangelegenheiten leistet, Immobilienmakler, auch in ihrer Tätigkeit bei der Vermietung von Immobilien, aber nur in Bezug auf Transaktionen, bei denen sich die monatliche Miete auf 10 000 EUR oder mehr beläuft. Eine Überprüfung der von den meisten Mitgliedstaaten durchgeführten nationalen Risikobewertungen und Umsetzungsmaßnahmen zeigt, dass diese risikomindernde Maßnahme im Allgemeinen befolgt wurde.
Im vorliegenden Bericht wird die Empfehlung beibehalten, ein besonderes Augenmerk auf besonders gefährdete Berufsgruppen zu richten: Immobilienmakler, Kunst- und Antiquitätenhändler und bestimmte Händler hochwertiger Waren, sofern sie Barzahlungen oberhalb eines bestimmten Schwellenwerts annehmen, Plattformen zum Handel mit virtuellen Währungen und Anbieter von elektronischen Geldbörsen.
(7)Angemessene Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden bei gelegentlichen Transaktionen
In ihrem Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung schlägt die Kommission vor, dass die Verpflichteten die Sorgfaltspflichten nicht bei Kunden anwenden müssen, die gelegentliche oder verbundene Transaktionen unterhalb eines bestimmten Werts tätigen, es sei denn, es besteht ein Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung. Während für die meisten gelegentlichen Transaktionen der Schwellenwert von 10 000 EUR gilt, sollten für Verpflichtete in Branchen oder bei Transaktionen, die ein höheres Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beinhalten, schon ab niedrigeren Transaktionsschwellenwerten Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden greifen.
Daher wird im vorliegenden Bericht wie schon im Jahr 2019 den Mitgliedstaaten empfohlen, Kriterien festzulegen, mit denen sichergestellt wird, dass die für Geschäftsbeziehungen geltenden Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden nicht umgangen werden.
(8)Angemessene Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden bei Schließfachverwaltungsdiensten und ähnlichen Diensten
Angesichts der festgestellten zunehmenden Tendenz, dass diese Dienste von kriminellen Vereinigungen zum Verstecken von Erlösen aus Straftaten genutzt werden, wird im vorliegenden Bericht die Empfehlung beibehalten, dass die Mitgliedstaaten bei Schließfachverwaltungsdiensten und ähnlichen Diensten ein angemessenes Maß an Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden sicherstellen.
(9)Regelmäßige Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden und Verpflichteten
In früheren Berichten wurde eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden und den Verpflichteten empfohlen, um die Aufdeckung verdächtiger Transaktionen zu vereinfachen, die Anzahl und die Qualität der Meldungen verdächtiger Transaktionen zu erhöhen und Leitlinien für Risiken, Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden und Meldepflichten bereitzustellen. In mehreren Sektoren wurde nach wie vor der Mangel an Rückmeldungen zu ihren Meldungen über verdächtige Transaktionen als Problem genannt: Dies betraf insbesondere den Glücksspielsektor, Steuerberater, Abschlussprüfer, externe Buchprüfer, Notare und andere selbstständige Angehörige von rechtsberatenden Berufen sowie Geld- oder Finanztransferdienste.
In diesem Bericht wird eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden, den zentralen Meldestellen, den Strafverfolgungsbehörden und dem Privatsektor empfohlen. In einigen Mitgliedstaaten wurden öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) eingerichtet, um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu verbessern und zur Verbesserung der Meldung verdächtiger Transaktionen beizutragen. Einige ÖPP beinhalten auch den Austausch von taktischen Informationen zur Unterstützung laufender Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden. Durch den Informationsaustausch können die Verpflichteten ihre Überwachungssysteme weiter anpassen, um neuen Typologien und Risiken Rechnung zu tragen.
(10)Sonderschulungen und laufende Schulungen für Verpflichtete
Die meisten Mitgliedstaaten geben an, dass die empfohlenen Schulungen durchgeführt wurden und dass für die verschiedenen Sektoren Leitlinien zu den Verpflichtungen im Bereich Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung herausgegeben wurden.
Im vorliegenden Bericht wird die Empfehlung beibehalten, weitere Schulungen zu organisieren, insbesondere in Bezug auf in der supranationalen Risikobewertung genannte Verpflichtete mit besonderem Risiko.
(11)Jahresberichte von zuständigen Behörden/Selbstverwaltungseinrichtungen über die Tätigkeiten der Verpflichteten zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in ihrem Zuständigkeitsbereich
Aus den nationalen Risikobewertungen geht hervor, dass die Aufsichtstätigkeit der Selbstverwaltungseinrichtungen noch nicht sehr weit fortgeschritten ist, wobei die Vorschriften in unterschiedlichem Maße eingehalten werden und es daher an detaillierten Statistiken mangelt. Der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung enthält Bestimmungen, die es den Verpflichteten erleichtern sollen, ihren Meldepflichten nachzukommen, und die eine effizientere Analyse und Zusammenarbeit der zentralen Meldestellen ermöglichen. Im Vergleich zur Fünften Geldwäscherichtlinie sorgt der Verordnungsvorschlag für mehr Kohärenz, da Selbstverwaltungseinrichtungen, wenn die Aufsicht von ihnen geleistet wird, der Überwachung durch eine staatliche Behörde unterliegen.
Der vorliegende Bericht behält die vorherige Empfehlung bei und enthält die Aufforderung an die Selbstverwaltungseinrichtungen, bei der Aufsicht im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eine proaktivere Rolle einzunehmen.
4.4.Risikoanalyse nach Produkt/Dienst – spezifische Empfehlungen
Neben den genannten Empfehlungen sind folgende produkt-/sektorspezifische Maßnahmen erforderlich:
4.4.1.Bargeld oder Bargeld gleichgestellte Mittel
·In ihren nationalen Risikobewertungen sollten die Mitgliedstaaten die Risiken berücksichtigen, die von Barzahlungen in großer Höhe und bargeldintensiven Geschäften ausgehen, und geeignete risikomindernde Maßnahmen ergreifen.
4.4.2.Finanzsektor
·Es ist unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten ihre Register der wirtschaftlichen Eigentümer weiterentwickeln und verbessern, um die Durchführung solider Kontrollen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden zu unterstützen.
·Die Mitgliedstaaten sollten die Überwachungs- und Aufdeckungssysteme für Produkte mit höheren Terrorismusfinanzierungsrisiken verbessern.
·Die Mitgliedstaaten sollten ihre themenbezogenen Prüfungen fortsetzen und sich je nach Sektor/Produkt auf verschiedene Bereiche konzentrieren. Bei in einschlägigen Unternehmen durchgeführten Prüfungen vor Ort in einem bestimmten Sektor ist es effizienter, Risikobereiche auszuwählen, als eine Prüfung des gesamten Unternehmens vorzunehmen. Dadurch erhalten die Aufsichtsbehörden einen klaren Überblick über die bewährten Verfahren und die gravierendsten Mängel.
·Bereitstellung von Schulungen und Erläuterungen zu Risikofaktoren wie Geschäftsbeziehungen oder -transaktionen ohne persönliche Kontakte, professionellen Offshore-Vermittlern/-Kunden und komplexen Unternehmensstrukturen/Mantelstrukturen.
4.4.3.Nicht-Finanzsektor und Produkte außerhalb des Finanzsektors – Bestimmte Unternehmen und Berufe außerhalb des Finanzsektors
·Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die zuständigen Behörden/Selbstverwaltungseinrichtungen Schulungen und Erläuterungen zu Risikofaktoren bereitstellen, die sich auf Geschäftsbeziehungen ohne persönliche Kontakte sowie auf professionelle Offshore-Vermittler, -Kunden und -Rechtsgebiete und auf komplexe Unternehmensstrukturen/Mantelstrukturen konzentrieren.
·Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Selbstverwaltungseinrichtungen/zuständigen Behörden themenbezogene Prüfungen in Bezug auf die Einhaltung der Pflichten zur Feststellung der Identität der wirtschaftlichen Eigentümer durchführen.
·Die zuständigen Behörden/Selbstverwaltungseinrichtungen sollten den Mitgliedstaaten Jahresberichte über die Tätigkeiten zur Bewertung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten der Verpflichteten bei der Feststellung der Kundenidentität vorlegen, die auch die Pflichten zur Feststellung der Identität der wirtschaftlichen Eigentümer, Verdachtsmeldungen und interne Kontrollen umfassen.
·Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Dienstleister, die Unternehmen über Kapitalstruktur, industrielle Strategie und damit verbundene Angelegenheiten beraten und Beratungen und Dienstleistungen in Verbindung mit Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen anbieten, ihre Pflichten in Bezug auf wirtschaftliche Eigentümer einhalten.
4.4.4.Glücksspielsektor
·Die zuständigen Behörden sollten Programme einführen, mit denen die Akteure des Online-Glücksspielsektors für die neuen Risikofaktoren in diesem Bereich sensibilisiert werden, etwa die Verwendung von anonymem E-Geld oder von virtuellen Währungen und das Auftreten nicht zugelassener Anbieter von Online-Spielen. Rückmeldungen der zentralen Meldestellen zur Qualität der Verdachtsmeldungen würden zur Verbesserung der Berichterstattung und der Nutzung der übermittelten Informationen beitragen.
·Zusätzlich zu den Schulungen sollten die Mitgliedstaaten für geeignete Schulungen sorgen, bei denen angemessene Risikobewertungen relevanter Produkte/Geschäftsmodelle für Mitarbeiter, das mit der Überprüfung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften befasste Personal und Anbieter von Wettspielen im Mittelpunkt stehen.
4.4.5.Sammlung und Transfers finanzieller Mittel über eine Organisation ohne Erwerbszweck
·Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Organisationen ohne Erwerbszweck stärker in die nationalen Risikobewertungen einbezogen werden, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Risikominderung durch Finanzinstitute.
·Die Mitgliedstaaten sollten Programme entwickeln, die über das Risiko informieren bzw. dafür sensibilisieren, dass Organisationen ohne Erwerbszweck missbraucht werden können, und diesen Organisationen Aufklärungsmaterial zur Verfügung stellen.
4.4.6.Profifußball, Freihäfen, Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren
·Profifußball – Die Mitgliedstaaten sollten prüfen, für welche Akteure die Pflicht, verdächtige Transaktionen zu melden, gelten sollte und welche Anforderungen an die Kontrolle und Registrierung der Herkunft der Kontoinhaber und Begünstigten gelten sollten.
·Freihäfen – Die Mitgliedstaaten sollten unabhängig und regelmäßig prüfen, ob genehmigte Freihafenbetreiber ihrer Pflicht zur Bekämpfung von Geldwäsche nachkommen, und eine angemessene und einheitliche Umsetzung der Verfahren zur Geldwäschebekämpfung und der bereits gesetzlich vorgesehenen Aufsicht gewährleisten.
·Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren – Die Mitgliedstaaten sollten die Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren abschaffen und die GW/TF-Risiken bei ihren Aufenthaltsregelungen für Investoren gründlich bewerten.
5.Schlussfolgerungen
Die Kommission wird die Umsetzung der Empfehlungen dieser supranationalen Risikobewertung weiterhin überwachen und unter Berücksichtigung etwaiger Änderungen am derzeitigen EU-Rechtsrahmen im Regelfall bis 2024 erneut Bericht erstatten. Im Zuge dessen wird auch bewertet werden, inwiefern die auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene durchgeführten Maßnahmen die Risikogröße beeinflussen.