EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 14.12.2021
COM(2021) 891 final
2021/0428(COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen
{SEC(2021) 440 final} - {SWD(2021) 462 final} - {SWD(2021) 463 final}
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Der Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen (der „Schengen-Raum“) stellt eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration dar. In ihrer Mitteilung „Strategie für einen reibungslos funktionierenden und resilienten Schengen-Raum“ („Schengen-Strategie“) hob die Kommission hervor, dass die Grundlagen von Schengen Teil der DNA von Europa sind. Der Schengen-Raum umfasst ein Gebiet, in dem Bürger der Europäischen Union und Nicht-EU-Bürger, die sich rechtmäßig in diesem Gebiet aufhalten, sowie Waren und Dienstleistungen ohne Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen verkehren können. Schengen ist ein wesentlicher Bestandteil des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und ein Schlüsselelement für das Funktionieren des Binnenmarkts. Seine Errichtung hat der europäischen Gesellschaft erhebliche soziale und wirtschaftliche Vorteile gebracht.
In den letzten Jahren wurde er jedoch durch eine Reihe von Krisen und Herausforderungen wiederholt auf den Prüfstand gestellt. So hat die beispiellose Flüchtlingskrise des Jahres 2015 Schwachstellen beim Außengrenzenmanagement der Union offengelegt und gezeigt, dass das System des Migrationsmanagements nicht gut genug ausgestaltet war, um diesen Herausforderungen zu begegnen, was zur Folge hatte, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen eingeführt hat. Zudem wurden als Reaktion auf die anhaltende terroristische Bedrohung durch die Häufung von Anschlägen im europäischem Hoheitsgebiet wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen eingeführt. Und auch die COVID-19-Pandemie stellt eine noch nie dagewesene Herausforderung dar und ist seit einiger Zeit eine starke Belastung für den Schengen-Raum, sodass viele weitere Mitgliedstaaten wieder Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen eingeführt haben, was zeitweise das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes gefährdete. Diese Entwicklungen haben das Klima des Vertrauens, das zur Aufrechterhaltung eines Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen unerlässlich ist, untergraben.
Aus diesen Gründen erklärte die Kommission, dass es ihr ein Anliegen ist, das für das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums erforderliche Instrumentarium zu vervollständigen, um das System der Vorschriften wieder ins Gleichgewicht zu bringen und das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten wiederherzustellen und zu stärken. Eine solche Maßnahme, die den Schengen-Raum stärker und widerstandsfähiger machen soll, ist ein neuer Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 („Schengener Grenzkodex“). Dieser Vorschlag ist ein wichtiges Arbeitsergebnis, das im Rahmen des Fahrplans für ein neues Migrations- und Asylpaket zu erbringen ist. Sämtliche im neuen Migrations- und Asylpaket vorgeschlagenen Lösungen werden zu einem wirksamen Migrationsmanagement, einer engeren Zusammenarbeit, einer gerechten Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten und einem verbindlichen Solidaritätsrahmen beitragen und so den Schengen-Raum stärken.
Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums ist die einheitliche Anwendung der Vorschriften an den Außen- und an den Binnengrenzen. Hierfür sind Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten, wirksame Kontrollen an den Außengrenzen und alternative Maßnahmen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten erforderlich, um nach dem Ausbleiben der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen ein hohes Maß an Sicherheit im Schengen-Raum zu gewährleisten.
Der durch den Schengener Grenzkodex vorgegebene Rechtsrahmen bietet zwar Instrumente, um solche Herausforderungen zu bewältigen, wie sie in den letzten Jahren aufgetreten sind, allerdings besteht bei bestimmten Aspekten noch Verbesserungsbedarf, insbesondere was die Fähigkeit anlangt, auf schwerwiegende Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit einheitlich zu reagieren, was die Fähigkeit anlangt, Bedrohungslagen infolge der Instrumentalisierung von Migranten entgegenzuwirken, und was die Möglichkeiten anlangt, den Terrorismus und unerlaubte Migrationsbewegungen innerhalb des Hoheitsgebiets zu bekämpfen.
Angesichts der neu entstehenden Herausforderungen für den Schengen-Raum sind eine Reihe gezielter Änderungen der derzeitigen Vorschriften des Schengener Grenzkodexes erforderlich, und zwar sowohl in Bezug auf die Außen- und die Binnengrenzen als auch in Bezug auf die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten ausgeübten Befugnisse, ohne die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten in Frage zu stellen.
Dieser Vorschlag ist im Zusammenhang mit den laufenden Initiativen zur Verbesserung der gesamten Verwaltung des Schengen-Systems zu verstehen. Auf Grundlage der Arbeiten des 2020 eingerichteten Schengen-Forums wird die Kommission Anfang 2022 einen „Schengen-Statusbericht“ annehmen, in dem die Lage in Bezug auf das Ausbleiben der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen, die Ergebnisse der Schengen-Evaluierungen und der Stand der Umsetzung der Empfehlungen zusammenfassend dargelegt werden. Die Kommission wird diese Berichte in ein „Schengen-Scoreboard“ integrieren, um die Umsetzung der Schengen-Vorschriften in den verschiedenen Politikbereichen durchgängig zu bewerten und die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung etwaiger Herausforderungen besser zu unterstützen. Darüber hinaus hat die Kommission vorgeschlagen, den Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus zu überarbeiten, um ihn effizienter zu gestalten, strategischer auszurichten und besser für die Bewältigung neuer Gegebenheiten und Herausforderungen auszurüsten. Durch die Überarbeitung werden diejenigen Aspekte des Mechanismus verbessert, die den politischen Dialog über den Stand des Schengen-Regelwerks erleichtern sollen, wobei der Schwerpunkt auf den Bereichen liegen sollte, die das Funktionieren des Schengen-Raums als Ganzes gefährden könnten.
Außengrenzen
Ein hohes Maß an Vertrauen in ein solides Management der Außengrenzen ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Fortbestand von Schengen. Wie die Erfahrungen zeigen, die bis Ende 2021 gesammelt wurden, sollte das Außengrenzmanagement im Hinblick auf die folgenden zwei Aspekte verbessert werden:
·
Herausforderungen im Gesundheitsbereich
Der Ausbruch von COVID-19 hat gezeigt, dass die derzeitigen Vorschriften nicht ausreichen, um auf Krisensituationen zu reagieren, die durch Krankheiten mit epidemischem Potenzial hervorgerufen werden. Da sich COVID‑19 weltweit ausbreitete, waren Ad-hoc-Maßnahmen an den Außengrenzen erforderlich, um die grenzüberschreitende Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Im März 2020 schlug die Kommission vor, eine koordinierte Entscheidung über die Verhängung von Reisebeschränkungen für nicht notwendige Reisen aus Drittstaaten in den Schengen-Raum zu erlassen. Dies führte im Juni 2020 zur Annahme einer Empfehlung des Rates, die darauf abzielte, ein einheitliches Vorgehen zu unterstützen, wenn es darum geht, die Einreise von Personen aus Ländern mit einer äußerst problematischen epidemiologischen Lage in die Europäische Union zu beschränken. Allerdings haben die Mitgliedstaaten diese Empfehlung auf sehr unterschiedliche Weise umgesetzt, auch wenn sie sich untereinander auf eine Liste von Drittstaaten verständigten, für die die Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen aufgehoben werden konnte. Während sich eine begrenzte Anzahl von Mitgliedstaaten vollständig an die Länderliste gehalten hat, haben andere Mitgliedstaaten beschlossen, die Beschränkungen nur für einige oder sogar für keine der in der Liste aufgeführten Länder aufzuheben. Andere Mitgliedstaaten hoben die Beschränkungen für Drittstaaten auf, die überhaupt nicht auf der Liste standen, wodurch der gewünschte einheitliche Ansatz untergraben wurde. Deshalb ist ein neues Verfahren erforderlich, um eine einheitliche Vorgehensweise zu kodifizieren und die derzeit bestehenden Diskrepanzen zu vermeiden.
·Herausforderungen im Zusammenhang mit der Instrumentalisierung von Migranten
Wie in der Mitteilung der Kommission über die Reaktion auf die staatlich geförderte Instrumentalisierung von Migranten an der EU-Außengrenze, im von der Kommission am 29. September 2021 angenommenen neuen EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten (2021-2025) sowie im Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über Maßnahmen gegen Verkehrsunternehmen, die den Menschenhandel oder die Schleusung von Migranten im Zusammenhang mit der illegalen Einreise in das Gebiet der Europäischen Union erleichtern oder daran beteiligt sind, festgestellt wurde, ist die zunehmende Rolle staatlicher Akteure bei der künstlichen Herbeiführung und Erleichterung der irregulären Migration, wodurch Migrationsströme für politische Zwecken genutzt werden, um die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten zu destabilisieren, ein äußerst besorgniserregendes Phänomen.
Wie in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im Oktober 2021 zum Ausdruck gebracht wurde, sind die EU und die Mitgliedstaaten entschlossen, auf die wachsende Beteiligung staatlicher Akteure an der Erleichterung der irregulären Migration und der Ausnutzung von Menschen als Druckmittel an den Außengrenzen der EU zu reagieren. Der Europäische Rat hat angeregt, dass die Kommission Vorschläge für Änderungen des EU-Rechtsrahmens erstellt, die erforderlich sind, um dem Problem der Instrumentalisierung von Migranten entgegenzuwirken. Deshalb muss in einem ersten Schritt definiert werden, was unter dem Ausdruck „Instrumentalisierung“ zu verstehen ist. Darüber hinaus muss geklärt werden, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten im Rahmen des Schengener Grenzkodexes ergreifen können, um die gemeinsamen Außengrenzen der EU wirksam vor der Instrumentalisierung von Migranten für politische Zwecke zu schützen. Parallel dazu schlägt die Kommission zusätzliche Maßnahmen bezüglich des Besitzstands im Bereich Asyl und Rückkehr vor, mit denen weiter präzisiert werden soll, wie die Mitgliedstaaten reagieren können und sollten, wenn Migranten auf diese Weise instrumentalisiert werden, während sie gleichzeitig den uneingeschränkten Schutz der Rechte dieser Personen einschließlich des Rechts auf Asyl und des Schutzes vor Zurückweisung gewährleisten.
Entsprechend dem Schengener Grenzkodex liegen „Grenzkontrollen (...) nicht nur im Interesse des Mitgliedstaates, an dessen Außengrenzen sie erfolgen, sondern auch im Interesse sämtlicher Mitgliedstaaten, die die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft haben (...)(,) (und) sollten zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung und des Menschenhandels sowie zur Vorbeugung jeglicher Bedrohung der inneren Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit und der internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beitragen.“ Daher haben die Mitgliedstaaten mit Schengen-Außengrenzen zwangsläufig eine doppelte Verantwortung, und zwar gegenüber allen Personen, die in den Genuss der Möglichkeit kommen, zu reisen, ohne an den Binnengrenzen Kontrollen unterzogen zu werden, sowie gegenüber den eigenen Bürgern und Unternehmen. Der Schengener Grenzkodex enthält allgemeine Vorschriften für die Grenzübergangsstellen (Artikel 5) und für die Grenzüberwachung (Artikel 13), die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die oben genannten Ziele des Grenzmanagements zu erfüllen. Diese Vorschriften müssen allerdings verbessert werden, um der Verantwortung der Mitgliedstaaten mit Schengen-Außengrenzen gerecht zu werden und auf die neuen Herausforderungen zu reagieren, die sich aus dem Phänomen der Instrumentalisierung von Migranten ergeben.
Maßnahmen an den Binnengrenzen und innerhalb des Schengen-Gebiets
Der Kern des Schengen-Systems besteht im Wegfall der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen, wodurch alle Personen, die sich rechtmäßig in der Union aufhalten, uneingeschränkt in den Genuss der Möglichkeit kommen, zu reisen, ohne an den Binnengrenzen Grenzübertrittskontrollen unterzogen zu werden. Wie die Erfahrungen zeigen, die bis zum Herbst 2021 gesammelt wurden, müssen die folgenden Aspekte überprüft und verbessert werden, um den Schengen-Raum zu schützen:
·Reaktion auf Herausforderungen, die die Mehrheit der Mitgliedstaaten betreffen
Die Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen kann zwar eine legitime Maßnahme sein, um schwerwiegenden Bedrohungen der inneren Sicherheit und der öffentlichen Ordnung zu begegnen, insbesondere wenn eine schnelle Reaktion erforderlich ist (z. B. bei Terroranschlägen), allerdings können die geografische Reichweite und die Dauer dieser Grenzkontrollen die Freizügigkeit der Personen und den freien Warenverkehr erschweren. Selbst wenn Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen an und für sich das Recht auf Freizügigkeit nicht beeinträchtigen, erleichtert der Wegfall dieser Kontrollen in der Praxis dennoch den Personenverkehr. Die Auswirkungen der wiedereingeführten Grenzübertrittskontrollen manifestieren sich vor allem an den Binnengrenzen zu Land, da sie die vielfältigen wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen in den grenzüberschreitenden Regionen mit ihren 150 Millionen Einwohnern und rund 3,5 Millionen Menschen, die täglich die Binnengrenzen des Schengen-Raums überschreiten, beeinträchtigen. Die zahlreichen Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen, die 2020 wiedereingeführt wurden, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen, wirkten sich oft nachteilig auf die örtlichen Kapazitäten zur verlässlichen Erbringung wesentlicher Dienstleistungen auf beiden Seiten der Grenze aus. Außerdem beeinträchtigte die unzureichende Koordinierung der nationalen Maßnahmen, die als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie ergriffen wurden, den Verkehrssektor, da grenzüberschreitende Beförderungshandlungen begrenzt wurden, was häufig die Auswirkungen der ursprünglichen Krise verstärkte und die Unterbrechung der Lieferketten noch mehr verschlimmerte. Es bedarf eines neuen Verfahrens, um sicherzustellen, dass das Vorgehen bei Krisensituationen, die die Mehrheit der Mitgliedstaaten betreffen, besser koordiniert wird, während das Souveränitätsrecht der Mitgliedstaaten zur Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen in vollem Umfang gewahrt bleibt.
Aufbauend auf einer breiten Palette von Leitlinien und Empfehlungen, die für die COVID-19-Pandemie angenommen wurden, wie etwa das System der „Green Lane“-Grenzübergangsstellen, wird die Kommission auch die Notfallplanung für Schengen verbessern. Deshalb wird sie im Leitfaden für Grenzschutzbeamte Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen der wiedereingeführten Grenzübertrittskontrollen festlegen, damit er im Krisenfall zu einem selbstverständlichen Bezugsrahmen für Grenzschutzbeamte wird.
·Bessere Nutzung alternativer Maßnahmen
Die COVID-19-Pandemie, die Migrationskrise von 2015 und die zunehmenden terroristischen Bedrohungen haben den Schengen-Raum in den letzten Jahren auf den Prüfstand gestellt. Als Reaktion auf diese Herausforderungen beschlossen einige Mitgliedstaaten, an einigen oder allen ihrer Binnengrenzen wieder Grenzübertrittskontrollen einzuführen. Während solche Entscheidungen zunächst die Reaktion auf eindeutig identifizierbare Ereignisse darstellten und sich für einen bestimmten Zeitraum auf Empfehlungen des Rates stützen konnten, hat es nun den Anschein, dass sie zu einer dauerhaften Vorsichtsmaßnahme geworden sind.
Die seit langem bestehenden Kontrollen an den Binnengrenzen haben aufgezeigt, wo die Schwächen der Instrumente liegen, die der Union derzeit zur Verfügung stehen, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit von Kontrollen zu beurteilen, die seit längerem wieder durchgeführt werden. Daher sollten diejenigen Vorschriften, die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen als Mittel der letzten Wahl vorsehen, verbessert werden.
Gleichzeitig haben die lange durchgeführten Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass die Mitgliedstaaten nur in begrenztem Umfang auf alternative Maßnahmen zurückgreifen, die in vielen Fällen ausreichen können, um ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten, ohne dass die Wiedereinführung solcher Kontrollen erforderlich wäre.
Dies betrifft vor allem die Ausübung polizeilicher Befugnisse. In der Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2017 zu Polizeikontrollen und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Polizeibehörden wurde den Mitgliedstaaten nahegelegt, ihre polizeilichen Befugnisse besser zu nutzen und vorrangig auf Polizeikontrollen zurückzugreifen, bevor sie die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen beschließen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedrohungen der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit hat eine Reihe von Mitgliedstaaten in den letzten vier Jahren vermehrt Polizeikontrollen in Grenzgebieten durchgeführt. Einige dieser Fälle sind Beispiele für bewährte Vorgehensweisen im Umgang mit den anhaltenden und stärker werdenden Bedrohungen der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit. In der Tat können sich solche Kontrollen oft als ebenso wirksam oder als wirksamer erweisen als Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen, vor allem weil sie flexibler sind als statische Grenzkontrollen an bestimmten Grenzübergangsstellen und leichter an neue Bedrohungslagen angepasst werden können. Um sicherzustellen, dass das Potenzial dieser Maßnahmen voll ausgeschöpft wird, sollte ein Mitgliedstaat, der die Verlängerung wiedereingeführter Grenzkontrollen in Erwägung zieht, zunächst prüfen, ob die Grenzkontrollen durch solche alternativen Maßnahmen ersetzt werden können. Darüber hinaus haben die Erfahrungen mit der COVID-19-Pandemie deutlich gemacht, dass auch andere hoheitliche Befugnisse, die nicht zu den typischen Polizeibefugnissen zählen (z. B. Kontrollen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit), die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen überflüssig machen können. Deshalb sollte die Liste der alternativen Maßnahmen, die nicht mit Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gleichzusetzen sind, überprüft werden.
Die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit kann dazu beitragen, dass den Mitgliedstaaten mehr Alternativen zu den Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zur Verfügung stehen. Deshalb hat die Kommission am 8. Dezember 2021 Legislativvorschläge für einen EU-Kodex für die polizeiliche Zusammenarbeit angenommen. Der Kodex wird einen kohärenten EU-Rechtsrahmen bieten, der sicherstellt, dass die Strafverfolgungsbehörden einen angemessenen Zugang zu im Besitz anderer Mitgliedstaaten befindlichen Informationen haben, wenn sie diese für die Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus benötigen.
Schließlich rechtfertigt die Tatsache, dass an den Binnengrenzen aufgrund von unerlaubten Migrationsbewegungen weiterhin Grenzkontrollen durchgeführt werden, die Einführung von Änderungen, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, diesen Herausforderungen besser zu begegnen, ohne auf Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zurückgreifen zu müssen.
*
Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist es dringend erforderlich, die Probleme an den Außen- und an den Binnengrenzen des Schengen-Raums anzugehen, die sich auf Folgendes beziehen:
a)Maßnahmen an den Außengrenzen zur Abwehr von Bedrohungen, die sich aus schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Gesundheit ergeben, wie z. B. Pandemien, und um der Instrumentalisierung von Migranten zu begegnen;
b)Bedingungen für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen und die optimale Ausschöpfung des Potenzials anderer Maßnahmen, um ein hinreichend hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten, ohne an den Binnengrenzen auf Grenzkontrollen zurückgreifen zu müssen.
Ziele und Hauptelemente des Vorschlags
Die Einzelziele des Vorschlags sind:
a)Die einheitliche Anwendung von Maßnahmen an den Außengrenzen im Fall der Bedrohung der öffentlichen Gesundheit
Mit dem Vorschlag soll ein neuer Mechanismus geschaffen werden, der es dem Rat ermöglicht, rechtzeitig einen verbindlichen Rechtsakt zur Verhängung vorübergehender Reisebeschränkungen an den Außengrenzen als Reaktion auf solche Bedrohungen anzunehmen. Dank diesem Mechanismus werden Reisebeschränkungen in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden, solange die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit in der Union andauert. Der Vorschlag legt in umfassender Weise alle erforderlichen Bestandteile des Rechtsakts fest, der vom Rat in Form eines Durchführungsrechtsakts anzunehmen ist. Dementsprechend sollten in einem solchen Rechtsakt sämtliche Personengruppen aufgeführt werden, die von Reisebeschränkungen ausgenommen sind, selbst wenn sie aus nicht unbedingt notwendigen Gründen reisen, und/oder –— auf Grundlage objektiver Indikatoren — alle Gebiete oder Drittstaaten angegeben werden, aus denen Reisen besonderen Maßnahmen, z. B. Reisebeschränkungen, unterworfen werden können. Ferner sollten darin alle zusätzlichen Bedingungen festgelegt werden, die Reisenden auferlegt werden müssen, um das Reisen sicher zu machen. Im Einklang mit den Verpflichtungen aus dem Unionsrecht und dem Völkerrecht sollte Unionsbürgern, Drittstaatsangehörigen und ihren jeweiligen Familienmitgliedern, die aufgrund von Übereinkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits in den Genuss eines Rechts auf Freizügigkeit kommen, das dem der Unionsbürger gleichwertig ist, stets die Einreise in die Union gestattet werden. Aufenthaltsberechtigten Personen sollte stets die Rückkehr in die Union gestattet werden. Darüber hinaus sollte im Rechtsakt eine Mindestliste der Kategorien von Reisenden festgelegt werden, die für die Ausübung wichtiger Funktionen oder zur Erfüllung eines wesentlichen Bedarfs als notwendig erachtet werden, und somit nicht unter die Maßnahmen dieses Rechtsakts fallen sollten. Diese Liste sollte insbesondere den internationalen Verpflichtungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten, das Reisen zu gestatten, Rechnung tragen, während es den einzelnen Beschlüssen des Rates überlassen bleibt, je nach spezifischer Bedrohungslage gegebenenfalls zusätzliche Kategorien unbedingt notwendiger Reisen festzulegen. Mit dem Rechtsakt könnte auch der Mechanismus einer Notbremse geschaffen werden, der es ermöglicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, falls sich die epidemiologische Lage in einer oder mehreren Regionen dramatisch verschlechtert.
b) Reaktion auf die Instrumentalisierung von Migranten an den Außengrenzen
Der Vorschlag zielt darauf ab, der Instrumentalisierung von Migranten entgegenzuwirken, wenn ein Akteur in einem Drittstaat Menschen benutzt, um die Union oder ihre Mitgliedstaaten zu destabilisieren. In Artikel 2 des Vorschlags wird definiert, was unter dem Begriff „Instrumentalisierung“ zu verstehen ist. Darüber hinaus sollte durch die vorgeschlagene Änderung der Artikel 5 und 13 klargestellt werden, welche Maßnahmen an den Grenzübergangsstellen und im Rahmen der Grenzüberwachung zur Verfügung stehen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern und auf diese zu reagieren, wenn die Mitgliedstaaten der ersten Einreise einem solchen Druck aus einem Drittstaat ausgesetzt sind. Zusätzlich soll mit einem neuen Vorschlag für außerordentliche Asyl- und Rückführungsverfahren die Kohärenz mit diesem Ansatz sichergestellt werden, indem Bestimmungen eingeführt werden, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um auf humane, geordnete und würdevolle Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der humanitären Grundsätze mit der Ankunft von Personen umzugehen, die von einem Drittstaat instrumentalisiert werden.
c) Erstellung einer Notfallplanung für Schengen für den Fall einer Bedrohung, von der die Mehrheit der Mitgliedstaaten gleichzeitig betroffen ist
Mit dem Vorschlag soll ein neuer Mechanismus geschaffen werden, der es ermöglicht, auf Probleme, die die Mehrheit der Mitgliedstaaten gleichzeitig betreffen und somit das Funktionieren des Schengen-Raums insgesamt gefährden, auf europäischer Ebene zu reagieren. Dieser neue Mechanismus sollte den bestehenden Mechanismus für anhaltende schwerwiegende Mängel an den Außengrenzen vervollständigen, der derzeit in Artikel 29 des Schengener Grenzkodex verankert ist. Das Recht der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr zu ergreifen, sollte durch diesen Mechanismus uneingeschränkt gewahrt werden und er sollte dem Rat die Möglichkeit einräumen, auf Grundlage eines Vorschlags der Kommission die Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen in einigen oder allen von der festgestellten Bedrohung betroffenen Mitgliedstaaten zu genehmigen, um so einen kohärenten Rahmen für den Einsatz von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen durch die Mitgliedstaaten zu schaffen und geeignete Maßnahmen zur Eindämmung ihrer negativen Folgen festzulegen. Auf Vorschlag der Kommission kann eine solche Genehmigung jeweils bis zu sechs Monate verlängert werden, solange festgestellt wird, dass die Gefahr fortbesteht. Ist die Kommission der Auffassung, dass es nicht angemessen wäre, die Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen zu genehmigen, sollte sie stattdessen eine Empfehlung annehmen, in der sie die Maßnahmen benennt, die zur Abwehr der Bedrohung besser geeignet erscheinen als solche Kontrollen oder die solche Kontrollen ergänzen können.
d)Verfahrensgarantien bei unilateraler Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen
Um sicherzustellen, dass Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen das Mittel der letzten Wahl bleiben, wird in dem Vorschlag die Liste der Kriterien dargelegt und erweitert, die ein Mitgliedstaat bei seiner Entscheidung über die vorübergehende Wiedereinführung solcher Kontrollen zu bewerten hat. Zu diesen Kriterien zählen die Angemessenheit der Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen und die Auswirkungen, die eine solche Maßnahme aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Freizügigkeit der Personen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen sowie auf die grenzüberschreitenden Regionen hat. Wenn ein Mitgliedstaat beschließt, die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen zur Abwehr von vorhersehbaren Bedrohungen zu verlängern, sollte in einer solchen Bewertung außerdem geprüft werden, ob alternative Maßnahmen angebracht sind und eingesetzt werden können, etwa verhältnismäßige Kontrollen, die im Rahmen der rechtmäßigen Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch die zuständigen Behörden in der Grenzregion vorgenommen werden, die Anwendung des Verfahrens zur Ablehnung von Drittstaatsangehörigen, die die Binnengrenze überschreiten, sowie im Unionsrecht vorgesehene Formen der polizeilichen Zusammenarbeit. Darüber hinaus sollte eine Risikobewertung durchgeführt werden, wenn die Verlängerungen zur Abwehr vorhersehbarer Bedrohungen den Zeitraum von sechs Monaten überschreiten. Wie bisher können die Kommission und jeder andere Mitgliedstaat jederzeit eine Stellungnahme zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der wiedereingeführten Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen abgeben. Wenn die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen während eines Zeitraums von insgesamt 18 Monaten durchgeführt wurden, ist die Kommission dazu verpflichtet, eine Stellungnahme zur Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit dieser Kontrollen abzugeben und einen Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten in die Wege zu leiten.
Um der Beobachtung Rechnung zu tragen, dass bestimmte Bedrohungslagen über längere Zeit hinweg bestehen bleiben können, wird die Möglichkeit zur Verlängerung der Grenzkontrollen in diesen Fällen auf einen Höchstzeitraum von insgesamt zwei Jahren ausgeweitet. In dem Vorschlag wird jedoch berücksichtigt, dass die Mitgliedstaaten es für notwendig erachten könnten, die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen über diesen Zeitraum hinaus beizubehalten. In solchen Fällen sollte der betreffende Mitgliedstaat die Kommission davon in Kenntnis setzen und in seiner neuen Meldung begründen, weshalb die Bedrohung weiterhin besteht, und zwar einschließlich einer Risikobewertung und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Kommission, die für die Grenzübertrittskontrollen mit 18-monatiger Dauer abgegeben wurde. In einem solchen Fall gibt die Kommission im Nachgang zur vorstehenden Begründung eine weitere Stellungnahme ab.
Ferner sollten die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet bleiben, dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission nach Aufhebung der Kontrollen einen Bericht über die Wiedereinführung der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen vorzulegen, um eine nachträgliche Analyse zu ermöglichen. Werden die Grenzübertrittskontrollen länger als sechs Monate beibehalten, sollte ein solcher Bericht nach zwölf Monaten und danach jedes Jahr vorgelegt werden, solange die Kontrollen durchgeführt werden.
e)Umsetzung von Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen der Kontrollen und von spezifischen Schutzgarantien für grenzüberschreitende Regionen im Fall der Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen
Der Vorschlag sieht auch vor, dass stets Schutzmaßnahmen getroffen werden sollten, um die negativen Auswirkungen der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen einzudämmen, falls ihre Wiedereinführung unvermeidlich ist, insbesondere um die Folgen dieser Kontrollen für das Funktionieren der grenzüberschreitenden Regionen sowie für den Verkehr und damit auch für den Binnenmarkt zu begrenzen. Beispiele für solche Eindämmungsmaßnahmen, die bei der Wiedereinführung von Grenzkontrollen eingehalten werden sollten, sind insbesondere in den Leitlinien und Empfehlungen enthalten, die 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise erstellt wurden.
f) Verstärkter Einsatz alternativer Maßnahmen zur Abwehr der festgestellten Bedrohungen anstelle der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen
Mit dem Vorschlag soll unter Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit ein hohes Maß an Sicherheit im Schengen-Raum gewährleistet werden. Deshalb wird in dem Vorschlag deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, in Grenzgebieten anstelle von Grenzübertrittskontrollen verstärkt auf andere Arten der Kontrolle zurückzugreifen. Diese Kontrollen müssen nicht unbedingt von Polizeibehörden durchgeführt werden, sondern können auch durch alle anderen Behörden vorgenommen werden, die nach nationalem Recht dazu ermächtigt sind, hoheitliche Befugnisse auszuüben. In jedem Fall müssen die zuständigen Behörden die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Schutzgarantien für die Ausübung der polizeilichen Befugnisse beachten, und zwar insbesondere indem sie den Rahmen schaffen, der für die Befugnis dieser Behörden zur Durchführung von Identitätskontrollen erforderlich ist und zu dem auch Orientierungshilfen oder Leitlinien für den Ermessensspielraum gehören, über den diese Behörden bei der Ausübung dieser Befugnis in der Praxis verfügen, damit gewährleistet ist, dass diese Kontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen erlangen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung solcher Orientierungshilfen sicherstellen, dass die zuständigen Behörden ihren Ermessenspielraum unter uneingeschränkter Einhaltung der Grundrechte, vor allem des Diskriminierungsverbots, ausüben.
Um den Mitgliedstaaten weitere Mittel für die Ergreifung von alternativen Maßnahmen zur Eindämmung des Problems der unerlaubten Reisebewegungen irregulärer Migranten an die Hand zu geben, sieht der Vorschlag die Möglichkeit vor, irreguläre Migranten an einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, wenn es eindeutige Hinweise darauf gibt, dass die an den Binnengrenzen im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit aufgegriffene Person gerade aus dem jeweiligen anderen Mitgliedstaat eingetroffen ist (z. B. Registrierung in Eurodac durch den betreffenden Mitgliedstaat oder dort kürzlich ausgestellte Rechnungen). Mit Blick auf die Initiative vom 8. Dezember 2021 zur grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit soll mit diesem neuen Verfahren der Einsatz gemeinsamer Patrouillen als Instrument gefördert werden, das die vereinfachte Überstellung von Personen ermöglicht, die an den Binnengrenzen aufgegriffen wurden. Der Vorschlag sieht auch die Aufhebung der Stillhalteklausel vor, die für die bestehenden bilateralen Abkommen und Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten in diesem Bereich gilt, auf die in Artikel 6 Absatz 3 der Rückführungsrichtlinie Bezug genommen wird, und legt die Bedingungen fest, unter denen irreguläre Migranten derzeit rücküberstellt werden können, wenn sie in einem Mitgliedstaat aufgegriffen werden, in dem sie sich illegal aufhalten. Er enthält ferner die gezielte Änderung von Artikel 6 Absatz 3 der Rückführungsrichtlinie, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, auf bilateraler Ebene wirksamere Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen zu errichten, mit denen die Herausforderungen im Zusammenhang mit unerlaubten Migrationsbewegungen angegangen werden können. Die Änderung würde die Mitgliedstaaten auch dazu verpflichten, diese Abkommen und Vereinbarungen der Kommission zu melden. Darüber hinaus ist die Kommission bereit, auf Grundlage der Überprüfung bestehender Abkommen eine bilaterale Modellvereinbarung für die Hauptklauseln derartiger Rechtsakte auszuarbeiten, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, einen wirksamen Rechtsakt für den Umgang mit unerlaubten Migrationsbewegungen zu errichten.
Mit dem Vorschlag werden auch Hindernisse für einen umfassenderen Einsatz von Kontroll- und Überwachungstechnologien beseitigt und es wird klargestellt, dass der Schengener Grenzkodex die Verwendung von Passagierdaten wie Fluggastdatensätzen und vorab übermittelten Fluggastdaten für Flüge im Schengen-Raum nicht ausschließt, falls dies nach geltendem Recht zulässig ist.
•Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich
Wie weiter oben bereits ausgeführt, steht diese Initiative im Einklang mit den Maßnahmen der Schengen-Strategie.
Der Vorschlag leistet aufgrund der reformierten Berichtspflichten, die der Kommission hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Schengen-Raums zugewiesen werden, einen Beitrag zu den Grundsätzen der Verwaltung des Schengen-Systems und zielt darauf ab, den politischen Dialog, die Überwachungsmaßnahmen und die Rechtsdurchsetzung zu verbessern. Somit ist er ein integraler Bestandteil der Verwaltungsstruktur des Schengen-Systems, wie sie in der Schengen-Strategie vom 2. Juni 2021 dargelegt wird. Die vorstehende Berichterstattungspflicht wird künftig durch den jährlichen Schengen-Statusbericht erfüllt, der auch den Bericht enthalten wird, der gemäß Artikel 20 der Verordnung über den Schengen-Evaluierungsmechanismus vorzulegen ist.
Mit dem Schengen-Evaluierungs- und -Überwachungsmechanismus wird ein Peer-to-Peer-Instrument bereitgestellt, das den Aufbau gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten unterstützt und die ordnungsgemäße und wirksame Umsetzung des Schengener Rechtsrahmens gewährleistet. Schwachstellen und mangelnde Umsetzung in einem Mitgliedstaat wirken sich möglicherweise auf alle Mitgliedstaaten aus und können somit den Schengen-Raum gefährden. Deshalb ist ein zweckmäßiger Mechanismus erforderlich, der ein stärkeres und widerstandsfähigeres Schengen-System gewährleistet. Um dies zu erreichen, hat die Kommission am 2. Juni 2021 die Reform des Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus verabschiedet, die derzeit im Rat erörtert wird.
Der Schengen-Statusbericht sollte jährlich im Schengen-Forum erörtert werden, das die Kommission eingerichtet hat, um einen regelmäßigen und strukturierten politischen Dialog zwischen den Akteuren zu fördern, die einen Beitrag zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Schengen-Raums leisten. In diese Beratungen sollten die zuständigen nationalen Behörden auf nationaler und regionaler Ebene eingebunden werden, um konkretere Formen der Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und so das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums zu unterstützen. Das erste Schengen-Forum fand am 30. November 2020 statt, das zweite am 17. Mai 2021, und zwar mit der Teilnahme von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und von Innenministern.
Gemäß Artikel 33 des Schengener Grenzkodex wird der Schengen-Statusbericht dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt. Diese Organe sollten daher die Schlussfolgerungen, die aus dem Bericht zu ziehen sind, berücksichtigen und sich dabei auf die Diskussionen, die im Schengen-Forum geführt wurden, stützen.
Der Vorschlag ergänzt die Vorschriften über die Kontrollen an den Außengrenzen als Grundvoraussetzung für den Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen. Er leistet einen Beitrag zur wirksamen Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements durch die Europäische Grenz- und Küstenwache. Er wird auch in den nächsten mehrjährigen strategischen Politikzyklus einfließen, mit dem der strategische Rahmen für die Steuerung des integrierten europäischen Grenzmanagements festgelegt werden soll, indem Regelungslücken zwischen den Bereichen Grenzschutz, Sicherheit, Rückkehr und Migration geschlossen werden und gleichzeitig der Schutz der Grundrechte gewährleistet wird. Wie in der Schengen-Strategie angekündigt, wird die Kommission Anfang 2022 ein Strategiepapier annehmen, das die Grundlage für eine Konsultation des Europäischen Parlaments und des Rates zum integrierten europäischen Grenzmanagement bilden soll.
Das neue Verfahren an den Außengrenzen, das im Fall einer Infektionskrankheit mit epidemischem Potenzial anzuwenden ist, wenn dies vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten oder von der Kommission unter Einschaltung der EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) festgestellt wurde, dürfte die Union besser auf künftige Pandemien vorbereiten und dient somit einem der Ziele der Grenzkontrollen, nämlich der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Es wird die Lücke schließen, die entsteht, wenn die derzeit geltende Empfehlung (EU) 2020/912 zur vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU und möglichen Aufhebung dieser Beschränkung keine Gültigkeit mehr besitzt. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Empfehlung 2020/912 des Rates als Teil der gemeinsamen Reaktion auf die COVID-19-Pandemie angenommen wurde, was bedeutet, dass sie ab dem Zeitpunkt der Annahme der Verordnung, auf die sich dieser Vorschlag bezieht, außer Kraft treten sollte. Das neue Verfahren sollte die Verfahren in vollem Umfang berücksichtigen, die mit der geplanten Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren begründet werden, insbesondere wenn das Vorliegen einer Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit bestätigt wurde, und dem überarbeiteten Mandat des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten uneingeschränkt Rechnung tragen.
Was die Maßnahmen betrifft, mit denen die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen unterstützt werden sollen, der Instrumentalisierung von Migranten durch Drittstaaten entgegenzuwirken, so stützt sich der Vorschlag auf die bestehenden Vorschriften für die Grenzüberwachung und Grenzkontrollen an den Außengrenzen, die im Schengener Grenzkodex festgelegt sind.
Der Vorschlag greift eine Reihe von Entschließungen des Europäischen Parlaments auf und knüpft an die folgenden Empfehlungen an, die die Kommission 2017 angenommen hat, um den Weg für die Aufhebung der lang andauernden Kontrollen an den Binnengrenzen zu ebnen: die Empfehlung vom 12. Mai 2017 zu verhältnismäßigen Polizeikontrollen und zur polizeilichen Zusammenarbeit im Schengen-Raum und die Empfehlung vom 3. Oktober 2017 zur Durchführung der Bestimmungen des Schengener Grenzkodexes über die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen im Schengen-Raum.
Der vorliegende Vorschlag tritt an die Stelle des von der Kommission im Jahr 2017 angenommenen Vorschlags zur Änderung des Schengener Grenzkodex, der zurückgezogen wird. Wie in der Schengen-Strategie dargelegt, fand die Initiative aus dem Jahr 2017 nicht die Unterstützung, die erforderlich gewesen wäre, damit die Verhandlungen zwischen den gesetzgebenden Organen erfolgreich fortgesetzt werden konnten, obwohl sich die Interessenträger darüber einig waren, dass die Thematik der Kontrollen an den Binnengrenzen angegangen werden muss; die Initiative sollte somit zurückgezogen werden.
Der Vorschlag greift die Verfahrensgarantien auf, die in den Verhandlungen im Jahr 2017 allgemeine Unterstützung fanden, etwa die Verpflichtung, die Risikobewertung zusammen mit der Meldung von Kontrollen an den Binnengrenzen vorzulegen, wenn es sich um eine vorhersehbare Bedrohung handelt. Parallel zu den verstärkten Schutzvorschriften werden die Fristen für die Wiedereinführung oder Verlängerung der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen durch den Vorschlag optimiert und vereinheitlicht. Insbesondere wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, solche Kontrollen auf insgesamt bis zu zwei Jahre zu verlängern. In Ausnahmefällen können die Grenzkontrollen über diesen Zeitraum hinaus verlängert werden, was jedoch eine erneute Meldung des Mitgliedstaates erforderlich macht, in der unter Berücksichtigung der nach dem 18-Monats-Zeitraum abgegebenen Stellungnahme der Kommission begründet wird, weshalb die Bedrohungslage weiterhin besteht. Darüber hinaus sieht der Vorschlag das Eingreifen des Rates vor, wenn eine Bedrohung tatsächlich die europäische Dimension erreicht hat und die Mehrheit der Mitgliedstaaten gleichzeitig davon betroffen ist. Somit begründet er ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Souveränitätsrecht der Mitgliedstaaten, Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen einzuführen, und dem Erfordernis, der Langlebigkeit bestimmter Bedrohungen Rechnung zu tragen, einerseits und andererseits der Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Wiedereinführung solcher Kontrollen in koordinierter Weise und unter Berücksichtigung angemessener Schutzgarantien erfolgt.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Der Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodexes ist ein Teil des Arbeitsprogramms der Kommission für das Jahr 2021.
Der Vorschlag lässt das Recht auf Freizügigkeit der Unionsbürger im Sinne von Artikel 20 Absatz 1 AEUV, das Recht auf Freizügigkeit der Drittstaatsangehörigen, die aufgrund von Übereinkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits ein Recht auf freien Personenverkehr genießen, das dem der Unionsbürger gleichwertig ist, sowie das Recht auf Freizügigkeit ihrer jeweiligen Familienangehörigen unberührt. Dies gilt sowohl für die bezüglich der Außengrenzen vorgeschlagenen Maßnahmen, bei denen das Recht dieser Personengruppe auf Rückkehr in ihre Heimat auch dann garantiert ist, wenn bei nicht unbedingt erforderlichen Reisen Beschränkungen für die Einreise in die Union verhängt wurden, als auch bezüglich der für die Binnengrenzen vorgeschlagenen Maßnahmen, bei denen die Verpflichtung zur Durchführung einer Folgenabschätzung im Hinblick auf die Auswirkungen, die die getroffenen Maßnahmen auf die Freizügigkeit der Personen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen haben, gestärkt wird. Dieser Vorschlag berührt in keiner Weise die Rechte der Unionsbürger, die in der Richtlinie 2004/38/EG verankert sind.
Der Vorschlag trägt zur Erhöhung der Sicherheit im Schengen-Raum bei, indem er klarstellt, welche Maßnahmen den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, um trotz der Abschaffung der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Der Vorschlag schließt sich an die Annahme eines Pakets zur polizeilichen Zusammenarbeit am 8. Dezember 2021 an, das einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit, einen Vorschlag für eine Richtlinie über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und einen Vorschlag für eine Verordnung über den automatisierten Datenaustausch im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit („Prüm II“) umfasst. Ziel dieser Vorschläge ist es, die zwei wichtigsten Aspekte der polizeilichen Zusammenarbeit zu stärken, und zwar den Informationsaustausch und die operative polizeiliche Zusammenarbeit. Dies wird die alternativen Maßnahmen, die den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, verbessern und somit die Notwendigkeit zur Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen verringern.
Das neue Verfahren für die Überstellung irregulärer Migranten, die im Rahmen der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit an den Binnengrenzen aufgegriffen werden, und der Vorschlag für die gezielte Änderung von Artikel 6 Absatz 3 der Rückführungsrichtlinie dienen dem Schutz des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen. Deshalb lässt der Vorschlag die Rückführungsrichtlinie unberührt und hat auch keinen Einfluss auf ihren doppelten Nutzen als ein Instrument zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und zur Unterstützung des reibungslosen Funktionierens eines Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen. Unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte der betreffenden Personen hat das Ziel der tatsächlichen Abschiebung irregulärer Migranten aus dem Schengen-Raum in Drittstaaten Vorrang und die Mitgliedstaaten sollten stets bemüht sein, irreguläre Migranten in einen Drittstaat zurückzuführen, und die Person nicht in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen. Außerdem können Migranten nach der neuen Ausnahmeregelung nur in den Mitgliedstaat zurückgeschickt werden, von dem aus sie die Grenze nachgewiesenermaßen unrechtmäßig überschritten haben. Jede weitere Rückführung in andere Mitgliedstaaten wird nach wie vor durch bestehende und noch zu schließende bilaterale Abkommen und Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten geregelt.
Der Vorschlag steht voll und ganz im Einklang mit dem Besitzstand im Asylbereich, und zwar sowohl was die vorgeschlagenen Maßnahmen gegen die Instrumentalisierung von Migranten an den Außengrenzen anlangt, als auch was das vorgeschlagene neue Verfahren für den Umgang mit unerlaubten Reisebewegungen irregulärer Migranten betrifft. Bei der Verfolgung der Ziele dieses neuen Verfahrens können sich die Mitgliedstaaten auf den Vorschlag zur Änderung der Eurodac-Verordnung sowie auf den Screening-Vorschlag stützen, wobei die in diesen Rechtsakten vorgesehenen Grundrechte und spezifischen Garantien in vollem Umfang gewahrt werden.
Der Vorschlag trägt der Verkehrspolitik der EU und insbesondere dem Verkehrskonzept der „Green Lanes“ Rechnung, die eingeführt wurden, um die Lieferketten aufrechtzuerhalten und die Mobilität der Beschäftigten im Verkehrssektor in der COVID-19-Pandemie zu erleichtern. Der bald zu erwartende Notfallplan für das Verkehrswesen wird weitere Hinweise für den Umgang mit Krisensituationen im Verkehrssektor enthalten.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 77 Absatz 2 Buchstaben b und e, und auf Artikel 79 Absatz 2 Buchstabe c AEUV.
Mit dem Vorschlag wird die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) geändert, insbesondere Titel II über die Vorschriften für die Außengrenzen und Titel III über die Anwendung der Vorschriften an den Binnengrenzen.
Des Weiteren wird mit dem Vorschlag die Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Hinblick auf Ausnahmen von der Verpflichtung zum Erlass einer Rückkehrentscheidung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen geändert.
•Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Maßnahmen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts fallen gemäß Artikel 4 Absatz 2 AEUV in die geteilte Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten. Daher ist das in Artikel 5 Absatz 3 EUV festgelegte Subsidiaritätsprinzip anwendbar, demzufolge die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.
Die Ziele dieses Vorschlags können von den Mitgliedstaaten allein nicht in ausreichendem Maße erreicht werden, sondern lassen sich besser auf Ebene der Union verwirklichen. Denn sie betreffen Personenkontrollen an den Außengrenzen, die eine unabdingbare Voraussetzung für den Raum ohne Binnengrenzkontrollen sind. Darüber hinaus machen die Integrität des Schengen-Raums ebenso wie die Notwendigkeit, einheitliche Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit zu gewährleisten, im gesamten Schengen-Raum ein kohärentes Konzept für vertrauensbildende Maßnahmen an den Außengrenzen erforderlich, wozu auch Beschränkungen nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU und die Reaktion auf die Instrumentalisierung von Migranten durch die Behörden von Drittstaaten zählen.
Der Wegfall jeglicher Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wird durch einen der Gründungsverträge garantiert, und zwar durch Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe e AEUV. Die Mitgliedstaaten haben zwar weiterhin das Recht, Maßnahmen zur Gewährleistung der inneren Sicherheit und der öffentlichen Ordnung zu ergreifen und somit das in Artikel 72 AEUV garantierte Recht auszuüben, selbst wenn dies die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen bedeutet, die Vorschriften für eine solche vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen sind allerdings im Schengener Grenzkodex niedergelegt, um sicherzustellen, dass nur unter strengen Bedingungen auf dieses Mittel zurückgegriffen wird. Daher erfordern sämtliche Änderungen der Bedingungen für die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen Rechtsvorschriften, die von der EU erlassen werden.
Das Ziel, eine Notfallplanung für den Schengen-Raum einzuführen, einschließlich spezifischer Maßnahmen an den Binnengrenzen, um einer Bedrohung zu begegnen, von der die Mehrheit der Mitgliedstaaten gleichzeitig betroffen ist, und die negativen Auswirkungen der Grenzkontrollen abzufedern, wenn sie unvermeidbar geworden sind, kann von den Mitgliedstaaten allein nicht hinreichend verwirklicht werden und ist besser auf Unionsebene zu erreichen.
Folglich kann die Union die vorgeschlagenen Maßnahmen im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip erlassen.
•Verhältnismäßigkeit
Gemäß dem in Artikel 5 Absatz 4 EUV verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen Art und Ausmaß einer Maßnahme auf das festgestellte Problem abgestimmt sein. Alle in dieser Gesetzgebungsinitiative angesprochenen Probleme erfordern auf die eine oder andere Weise legislative Maßnahmen auf Unionsebene, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, diesen Problemen wirksam zu begegnen.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Abwehr einer Bedrohung der öffentlichen Gesundheit an den Außengrenzen orientieren sich am derzeit geltenden Rechtsrahmen, der in der Empfehlung (EU) 2020/912 des Rates dargelegt ist. Um ihre Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, wird mit dem vorgeschlagenen Verfahren ein Rahmen geschaffen, der es ermöglicht, erforderlichenfalls die Bedingungen, zu denen Beschränkungen eingeführt werden könnten, sowie ihren Anwendungsbereich und die dazugehörigen Schutzgarantien festzulegen, insbesondere in Bezug auf EU-Bürger und andere Personen, die nach dem Unionsrecht Freizügigkeit genießen, und/oder in Bezug auf Drittstaatsangehörige, die eine wichtige Funktion ausüben.
Die Maßnahmen, die vorgeschlagen wurden, um der Instrumentalisierung von Migranten zu begegnen, sind eine Ergänzung der bestehenden Bestimmungen über Kontrollen an den Grenzübergangsstellen und über die Grenzüberwachung. Sie tragen den Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich des Grenzmanagements in vollem Umfang Rechnung. Sie spiegeln auch die Zuständigkeiten der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache hinsichtlich der Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Pflicht zum Schutz der Außengrenzen uneingeschränkt wider.
Die auf die Binnengrenzen bezogenen Änderungen verbessern das Gleichgewicht zwischen den Kontrollen, die im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Befugnisse in den Grenzgebieten durchgeführt werden können, und der Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden die Bedingungen präzisiert, unter denen die Mitgliedstaaten Kontrollen in den Grenzgebieten durchführen können, ohne dass die Gefahr besteht, dass diese mit Grenzkontrollen verwechselt werden können. Mit ihnen wird ein neues Verfahren für irreguläre Migranten vorgeschlagen, die in den Binnengrenzgebieten aufgegriffen werden, um so gegen unerlaubte Migrationsbewegungen vorzugehen, ohne auf Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zurückgreifen zu müssen. Damit wird es den bestehenden Rechtsrahmen ergänzen, der die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen ermöglichte. Das neue Verfahren gilt ausschließlich für Aufgriffe an den Binnengrenzen, wenn irreguläre Migranten im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit der Polizeibehörden festgehalten werden, insbesondere im Zuge von gemeinsamen Patrouillen, da durch diese gemeinsamen Einsätze sichergestellt wird, dass beide beteiligten Mitgliedstaaten hinsichtlich der Aufgreifung des irregulären Migranten über denselben Informationsstand verfügen. Unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit räumt der Vorschlag den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, ihre bilaterale Zusammenarbeit bei unerlaubten Migrationsbewegungen zu regeln, während gleichzeitig die in der Rückführungsrichtlinie festgelegten Ziele der EU-Rückkehrpolitik eingehalten werden. Mit dem Vorschlag wird die Stillhalteklausel für bestehende bilaterale Abkommen und Vereinbarungen im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 der Rückführungsrichtlinie aufgehoben, um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, die Inhalte dieser Rechtsakte auf den aktuellen Stand zu bringen. Die Mitgliedstaaten haben hierbei nach wie vor volle Handlungsfreiheit, sollten die Kommission jedoch von allen solchen neuen/geänderten Abkommen und Vereinbarungen in Kenntnis setzen. Die Kommission ist gerne dazu bereit, die Mitgliedstaaten zu unterstützen, indem sie eine bilaterale Modellvereinbarung ausarbeitet, die sich auf die Klauseln stützt, die derzeit als bewährte Vorgehensweisen zur Verhinderung von unerlaubten Migrationsbewegungen angesehen werden, und die dem „Handbuch zum Thema Rückkehr/Rückführung“ als Anhang beigefügt werden könnte.
In dem Vorschlag wird das Souveränitätsrecht der Mitgliedstaaten auf Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen ohne Einschränkung anerkannt, insbesondere wenn dringender Handlungsbedarf besteht, wie z. B. im Fall einer Bedrohung, die das Funktionieren des Schengen-Raums insgesamt gefährdet und daher eine europäische Reaktion erfordert. Schließlich werden die Garantien zum Schutz vor diskretionären Verlängerungen der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen aufgrund des bloßen Fortbestehens einer Bedrohung gestärkt, indem die Mitteilungspflichten mit zunehmender Dauer der Durchführung der Kontrollen verschärft werden, vor allem was die Zweckdienlichkeit alternativer Maßnahmen anbelangt.
Im Vorschlag wird an dem Ansatz festgehalten, wonach Kontrollen an den Binnengrenzen nur so lange wie nötig durchgeführt werden dürfen, d. h. sie sollten aufgehoben werden, sobald andere Maßnahmen als Reaktion auf die festgestellte Bedrohung getroffen werden können. Dementsprechend sind die Mitgliedstaaten und die Kommission gemeinsam für die Einhaltung der festgelegten Fristen verantwortlich. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere eine Beschreibung der festgestellten Bedrohungen vorlegen, die die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen rechtfertigen, und auch eine Risikobewertung einreichen, wenn Grenzkontrollen zur Abwehr einer vorhersehbaren Bedrohung verlängert werden. Des Weiteren sollten sie in jedem Einzelfall prüfen, ob es sich bei der anhaltenden Bedrohung um dieselbe Bedrohung handelt, die eine Verlängerung der Grenzkontrollen rechtfertigt, oder ob es sich um eine neue Bedrohung handelt, die eine neue Meldung erforderlich macht. Sowohl bei der Wiedereinführung als auch bei anschließenden Verlängerungen der Grenzkontrollen sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, eine Analyse vorzulegen, aus der hervorgeht, dass solche Kontrollen notwendig und verhältnismäßig sind, und in der insbesondere dargelegt wird, inwiefern die Kontrollen an den Binnengrenzen für die Abwehr der Bedrohung geeignet sind, und welche Auswirkungen sie auf die Freizügigkeit der Personen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen sowie auf das Funktionieren der grenzüberschreitenden Regionen haben. Bei jeder Verlängerung zur Abwehr vorhersehbarer Bedrohungen sollte der Mitgliedstaat nachweisen, dass die Beibehaltung der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen notwendig ist, indem er eine Abschätzung dessen vorlegt, ob die mit einer solchen Verlängerung verfolgten Ziele nicht auch durch alternative Maßnahmen erreicht werden könnten. Darüber hinaus sollte eine Risikobewertung erforderlich sein, wenn Grenzkontrollen zur Abwehr vorhersehbarer Bedrohungen über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus verlängert werden. Die Kommission und jeder Mitgliedstaat können ihre Bedenken hinsichtlich der Durchführung von Grenzkontrollen in einer Stellungnahme zu deren Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck bringen. Bei Grenzkontrollen, die während eines Zeitraums von mehr als 18 Monaten durchgeführt werden, sollte eine solche Stellungnahme der Kommission zwingend erforderlich sein. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen kann im Rahmen von Konsultationen erörtert werden, die die Kommission auf eigene Veranlassung oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates durchführt, um zu klären, wie zweckmäßig die beabsichtigte Wiedereinführung von Grenzkontrollen ist, ob geeignete alternative Maßnahmen ergriffen werden können, wie die Zusammenarbeit bei den Grenzkontrollen gestaltet werden kann und welche Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen zu treffen sind. Wie bisher wäre eine solche Konsultation zwingend erforderlich, wenn die Kommission oder ein Mitgliedstaat eine Stellungnahme abgegeben hat. Schließlich übernehmen die Kommission und der Rat bei Bedrohungen mit einer europäischen Dimension die Verantwortung dafür, dass die Kontrollen an den Binnengrenzen nur so lange wie nötig beibehalten werden, ohne dabei absolute Fristen zu setzen.
•Wahl des Instruments
Der Vorschlag hat die Änderung einer Verordnung und die daraus folgende Änderung der Rückführungsrichtlinie zum Gegenstand. Da sich die wesentlichen Aspekte des Vorschlags auf die bestehenden Vorschriften des Titels II des Schengener Grenzkodexes über die Kontrollen an den Außengrenzen und seines Titels III über die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen beziehen und letztere auch Gegenstand der vorliegenden Verordnung sind, stellt eine Verordnung den einzigen angemessenen Rechtsakt dar.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
•Konsultation der Interessenträger
Wie in Anhang 2 der Folgenabschätzung zu diesem Vorschlag dargelegt, fand zwischen November 2020 und Februar 2021 eine Konsultation der Interessenträger statt, an der in erster Linie über das Schengen-Forum und über themenspezifische Workshops angesprochene Interessenträger teilnahmen, wobei letztere nach Themen und nach beteiligten Akteuren untergliedert waren. An der Konsultation nahmen Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, Beförderungsunternehmen und Nichtregierungsorganisationen teil.
Zusätzlich wurde eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Sie wurde am 19. Januar 2021 veröffentlicht, die Frist für die Einreichung von Beiträgen endete am 16. März 2021.
Außerdem machte die Kommission die Folgenabschätzung in der Anfangsphase vier Wochen lang auf ihrer Website öffentlich zugänglich und erhielt daraufhin Rückmeldungen aus Frankreich, Kroatien, der Ukraine und von einem anonymen Teilnehmer.
•Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Der Vorschlag stützt sich auf die Erkenntnisse der Studie der GD REGIO mit dem Titel „The effects of COVID-19 induced border closures on cross-border regions - An empirical report covering the period March to June 2020“ (Die Auswirkungen von COVID-19-bedingten Grenzschließungen auf grenzüberschreitende Regionen - Ein empirischer Bericht für den Zeitraum März bis Juni 2020) und der „20 case studies covering the period March to June 2020“ (20 Fallstudien für den Zeitraum März bis Juni 2020).
Darüber hinaus stützte sich die Kommission auf die vom Europäischen Parlament erstellten Studien über die Kosten der Nichtanwendung des Schengen-Besitzstands, die Meldungen der Mitgliedstaaten der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen und die Reaktionen der Öffentlichkeit, die in den an die Kommission gerichteten Schreiben zum Ausdruck gebracht wurden.
•Folgenabschätzung
Im Einklang mit ihrer Politik der „besseren Rechtsetzung“ hat die Kommission eine Folgenabschätzung durchgeführt. In der Folgenabschätzung wurden die folgenden drei politischen Handlungsoptionen einer Analyse unterzogen:
Option 1 – Nicht zwingende Rechtsvorschriften: Bei dieser Option wurde untersucht, inwiefern der Erlass nicht zwingender Rechtsvorschriften, die auf den Lehren aus der COVID-19-Krise und aus anderen Krisensituationen aufbauen, den Einsatz alternativer Maßnahmen anstelle der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen fördert. Damit knüpft sie an einen früheren Ansatz der Kommission an, den diese in ihrer Mitteilung „Zurück zu Schengen - ein Fahrplan“ aus dem Jahr 2016 dargelegt hat, und orientiert sich an der „Empfehlung zu verhältnismäßigen Polizeikontrollen und zur polizeilichen Zusammenarbeit im Schengen-Raum“. Bei dieser Option wurde auch geprüft, inwiefern nicht zwingende Rechtsvorschriften in Krisensituationen eine bessere Koordinierung der Maßnahmen an den Außengrenzen ermöglichen.
Die einzelnen Ziele sollten durch eine Mitteilung über die Zukunft von Schengen (die sogenannte Schengen-Strategie) und gegebenenfalls durch die Aktualisierung der einschlägigen Empfehlungen (insbesondere der Empfehlung aus dem Jahr 2017 zu verhältnismäßigen Polizeikontrollen) umgesetzt werden.
Option 2 – Gemischte Option (gezielte Änderung des Schengener Grenzkodexes in Verbindung mit nicht zwingenden Rechtsvorschriften:) Mit dieser Option sollte der Kritik der Bürger, des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten an den derzeit seit langem bestehenden Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen Rechnung getragen werden. Darüber hinaus könnte sie als Reaktion auf eine Forderung der akademischen Kreise angesehen werden. Mit dieser Option dürfte sichergestellt werden, dass sich Personen im Schengen-Raum ohne unnötige Hemmnisse frei bewegen können, da die Zahl der Fälle, in denen wieder Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen eingeführt werden können, begrenzt ist. Was die Maßnahmen an den Außengrenzen anlangt, so wurde unter Berücksichtigung der Leitlinien und Empfehlungen, die als Reaktion auf COVID-19 angenommen wurden, vorgeschlagen, Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen zu entwickeln, die berücksichtigt werden müssten, wenn die Wiedereinführung von Grenzkontrollen unvermeidlich ist. Darüber hinaus war diese Option mit der Verabschiedung einer klaren Rechtsgrundlage für die Verhängung und Aufhebung eines „Einreiseverbots“ in die EU zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Gesundheit verbunden, um bei einer Bedrohung der öffentlichen Gesundheit für ein einheitliches Vorgehen an den Außengrenzen zu sorgen. Im vorliegenden Vorschlag werden die Lösungen übernommen, die im Rahmen dieser Option entwickelt wurden.
Option 3 – Gemischte Option (tiefergreifendere Änderung des Schengener Grenzkodexes in Verbindung mit nicht zwingenden Rechtsvorschriften): Bei dieser Option wurde der grenzfreie Schengen-Raum als einheitliches Gebilde angesehen, das nicht durch Entscheidungen einzelner Mitgliedstaaten zerstückelt werden darf. Deshalb stützt sie sich auf den Vorschlag, die festgestellten Herausforderungen ausschließlich auf EU-Ebene anzugehen, indem vorgeschrieben wird, dass jede Entscheidung über die Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen der vorherigen Genehmigung eines der EU-Organe bedarf, oder indem die Möglichkeit der Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen gänzlich abgeschafft wird.
Was die Ergreifung von Maßnahmen an den Außengrenzen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Gesundheit betrifft, so weichen die Maßnahmen, die zur Eindämmung der negativen Folgen vorgeschlagen werden, nicht von denen der Option 2 ab (d. h. neue Beschränkungen nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU, die bei einer Bedrohung der öffentlichen Gesundheit verhängt werden können).
Ergebnis der Folgenabschätzung: Auf Grundlage der Feststellungen, die im Bericht über die Folgenabschätzung getroffen wurden, wird Option 2 (gemischter Ansatz) als die vorteilhafteste Option angesehen. Diese Entscheidung spiegelt die Tatsache wider, dass diese Option unter den Gesichtspunkten der Wirksamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit die beste Gesamtbewertung erzielt hat. Sie berücksichtigt die Erfahrungen, die in der Vergangenheit gewonnen wurden, und ist gleichzeitig ambitioniert genug. Sie trägt den Standpunkten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Bedeutung von Grenzübertrittskontrollen bei der Abwehr ernsthafter Bedrohungen Rechnung und berücksichtigt gleichzeitig die berechtigten Erwartungen der EU-Bürger und anderer Personen, die durch den Wegfall der Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen Vorteile haben, in Bezug auf die Erhaltung des Schengen-Raums, da dieser den Personen- und den Warenverkehr aufgrund des Ausbleibens der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen erleichtert.
Was die wirtschaftlichen Auswirkungen anbelangt, so dürfte insbesondere der neue Mechanismus der Notfallplanung, der die Reaktion auf Krisensituationen, die mehrere oder alle Mitgliedstaaten betreffen, auf die EU-Ebene verlagert und den Einsatz von alternativen Maßnahmen sowie gegebenenfalls von Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen der Kontrollen fördert, die Wahrnehmung der Freizügigkeit erleichtern und/oder die negativen Auswirkungen, die die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen auf den Binnenmarkt haben, eindämmen. Damit kann diese Option einen Beitrag dazu leisten, den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Kontrollen an den Binnengrenzen entgegenzuwirken, sodass sie einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen haben könnte. Auch die Möglichkeit, Reisebeschränkungen für nicht unbedingt notwendige Reisen zur Abwehr von Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit zu verhängen, die EU-weit an den Außengrenzen umgesetzt werden, könnte einen Beitrag hierzu leisten, da ein möglicher Grund für die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen entfällt.
Des Weiteren hat diese Option dank der Notfallplanung für den Schengen-Raum und aufgrund der verbesserten Ansätze in Bezug auf Grenzübertrittskontrollen als die „Maßnahme als letztes Mittel“, die den Einsatz solcher Kontrollen an den Binnengrenzen aller Wahrscheinlichkeit nach begrenzen dürften, positive gesellschaftliche Auswirkungen.
Diese bevorzugte Option hat keine messbaren Umweltauswirkungen zur Folge.
Andererseits kann es möglich sein, dass diese Option relativ gesehen die größten direkten Auswirkungen auf die Verwaltung hat. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Möglichkeit der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen bestehen bleibt und neue Verpflichtungen hinzukommen, etwa eine Risikobewertung, eine standardisierte Meldung der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen und die Verpflichtung, regelmäßig darüber Bericht zu erstatten. Da die Maßnahmen dieser Option jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass insgesamt weniger auf Grenzübertrittskontrollen zurückgegriffen wird, dürfte sich der zusätzliche Verwaltungsaufwand in Grenzen halten.
Zu den Maßnahmen, die vorgeschlagen werden, um der Instrumentalisierung von Migranten entgegenzuwirken, wurde keine spezifische Analyse durchgeführt, da der Vorschlag in diesem Bereich darauf abzielt, die geltenden Vorschriften zu präzisieren.
Am 19. April 2021 legte die Kommission die Folgenabschätzung dem Ausschuss für Regulierungskontrolle vor. Dieser gab eine positive Stellungnahme ab, die mit Anmerkungen versehen war. Diese betrafen i) das Fehlen ausreichender Belege für die Stärken und Schwächen der derzeitigen Hauptmaßnahmen des Schengener Grenzkodexes, ii) die vage Beschreibung der politischen Handlungsoptionen und der Umsetzungsalternativen und iii) die nicht gründlich genug ausgearbeitete Analyse der Auswirkungen. Um diesen Anmerkungen Rechnung zu tragen, ergänzte die Kommission im gesamten Bericht insbesondere die quantitativen Daten und die Informationen zu den Standpunkten der Interessenträger, um die Argumente für die Vorteile der Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen qualitativ zu untermauern. Sie legte die Defizite, mit denen die Vorgehensweise im Jahr 2020 aus Sicht des Schengen-Systems behaftet war, deutlicher dar, denn die Integrierte EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR) konzentrierte sich zunächst auf die Gesundheitsaspekte, bevor sie sich mit anderen Gesichtspunkten wie den Grenzkontrollen befasste; des Weiteren hob die Kommission hervor, dass Grenzkontrollen zwar ein wirksames Instrument sein können, ihr schrittweiser Abbau jedoch erhebliche Probleme mit sich bringt, und zeigte detaillierter auf, dass alternative Maßnahmen weniger kostspielig sind als Grenzkontrollen, aber oft dasselbe Ergebnis erzielen. Darüber hinaus hat die Kommission die verschiedenen Optionen, die in Betracht gezogen wurden, ausführlicher beschrieben. Schließlich wurden zusätzliche, detailliertere Informationen über die Zielsetzung des vorherigen Vorschlags aus dem Jahr 2017, über die Erkenntnisse, die bei den Verhandlungen über diesen Vorschlag gewonnenen wurden, und über die neue Sicht der Dinge, die sich aus der COVID-19-Krise ergeben hat, hinzugefügt. Weitere Informationen darüber, wie sich die Empfehlungen des Ausschusses für Regulierungskontrolle in der Folgenabschätzung widerspiegeln, finden sich in Anhang I unter Punkt 3 der Folgenabschätzung.
•Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung
Gemäß dem Programm der Kommission zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) sollten alle Initiativen zur Änderung bestehender EU-Rechtsvorschriften darauf ausgerichtet sein, die erklärten politischen Ziele einfacher auszugestalten, und es ermöglichen, sie kostenwirksamer zu erreichen (d. h. unnötige Regulierungskosten zu reduzieren).
Die Analyse der Auswirkungen legt nahe, dass die bevorzugte Option dazu beitragen dürfte, die Ressourcenallokation im Krisenfall zu optimieren und die Kosten für die Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen zu limitieren. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die neue Verpflichtung zur Durchführung einer Risikobewertung, das neue Musterformular zur Meldung der Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die Berichterstattungspflichten und neue Aufgaben im Zusammenhang mit der Nutzung alternativer Maßnahmen dazu führen können, dass der Aufwand, den die Mitgliedstaaten betreiben müssen, sich nicht verringert und in einigen Fällen sogar erhöht wird.
Für die Unionsorgane würden zusätzliche Verpflichtungen entstehen. Dabei geht es darum, Kapazitäten zu schaffen, um auf EU-Ebene fundierte Entscheidungen zu treffen, wenn an den EU-Außengrenzen Beschränkungen für nicht unbedingt notwendige Reisen in die EU verhängt werden sollen, aber auch um im Bedarfsfall eine Notfallplanung zu erstellen. Für die Einrichtungen und Agenturen der EU sind keine größeren Auswirkungen zu erwarten, auch wenn die Instrumentalisierung der irregulären Migration zu einer stärkeren Inanspruchnahme der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache führen könnte, um die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dieser Herausforderung zu unterstützen, wobei die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache zu beachten wären.
Insgesamt dürften sich die Kosten, die durch diese zusätzlichen Aufgaben verursacht werden, angesichts der erheblichen positiven Auswirkungen auf die Bewältigung von Krisensituationen, die das gesamte Funktionieren des Schengen-Raums gefährden, in Grenzen halten.
•Grundrechte
Die vorgeschlagene Änderung steht im Einklang mit den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechten und Grundsätzen, insbesondere mit den Rechten auf Freizügigkeit und auf Aufenthaltsfreiheit (Artikel 45) sowie mit dem Recht auf Asyl (Artikel 18) und dem Grundsatz der Nichtzurückweisung (Artikel 19). Die Garantien der Artikel 3, 4 und 7 des Schengener Grenzkodexes gelten weiterhin, auch in Bezug auf die Maßnahmen, die ergriffen werden, um der Instrumentalisierung von Migranten durch Drittstaaten entgegenzuwirken. Was die vorgeschlagenen Maßnahmen gegen die Instrumentalisierung von Migranten anbelangt, so hält es die Kommission außerdem für notwendig, dass die Mitgliedstaaten die Meinungs- und Medienfreiheit sowie die Vereinigungsfreiheit zivilgesellschaftlicher Organisationen achten.
Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen sollen Probleme angegangen werden, die sich derzeit auf folgende Rechte auswirken: i) das Recht auf Achtung des Familienlebens von Personen, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, ii) das Recht, in jedem Mitgliedstaat zu arbeiten, das Niederlassungsrecht auszuüben und Dienstleistungen zu erbringen, iii) das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, und iv) das Recht auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten.
Auch wenn es sich nicht vermeiden lässt, dass Beschränkungen für nicht unbedingt notwendige Reisen in die EU grundsätzlich einige der oben genannten Rechte beeinträchtigen, werden die vorgeschlagenen Maßnahmen diese Auswirkungen nicht verstärken, da sie die Regelungen widerspiegeln, die derzeit auf Grundlage der Empfehlung 2020/912 des Rates in Kraft sind und somit bei einer Bedrohung der öffentlichen Gesundheit als notwendig und verhältnismäßig angesehen werden.
Die derzeitigen, seit langem bestehenden Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen und der diskretionäre Einsatz solcher Kontrollen als Vorsichtsmaßnahme, insbesondere zu Beginn der COVID-19-Pandemie, hatten erhebliche Auswirkungen auf die oben genannten Grundrechte. Es kann möglich sein, dass die Maßnahmen, die bezüglich der Binnengrenzen vorgeschlagen wurden, diese Auswirkungen lediglich verringern.
Was die Nutzung alternativer Maßnahmen anlangt, für die sich der Vorschlag ausspricht, gelten die Schutzgarantien, die sich aus den derzeitigen Antidiskriminierungsverpflichtungen nach EU-Recht und nach nationalem Recht, insbesondere aus Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ergeben und auf die Artikel 4 und Artikel 7 Absatz 2 des Schengener Grenzkodexes ebenfalls ausdrücklich hinweisen, in vollem Umfang, um das Racial Profiling und andere illegale Praktiken zu unterbinden. Die Vorschriften für das Schengen-System könnten durch verbesserte Überwachungsmaßnahmen, z. B. im Rahmen der Schengen-Evaluierungen, einen Beitrag hierzu leisten.
Was das Recht auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten betrifft, die durch Überwachungs- und Kontrolltechnologien stärker beeinträchtigt werden könnten, so werden alle vorgeschlagenen Maßnahmen den geltenden Datenschutzvorschriften der EU unterworfen. Das nationale Recht wird die Grundlage für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten bilden. In diesem Sinne ist bei allen Optionen ein angemessenes Schutzniveau für die Bürger gewährleistet, wobei das nationale Recht der Mitgliedstaaten die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten mithilfe derartiger Technologien bildet.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Die vorgeschlagene Änderung hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union.
5.WEITERE ANGABEN
•Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Die Evaluierung der gezielten Änderung des Schengener Grenzkodexes als Reaktion auf die Bedrohungen des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen wird von den Informationen abhängig sein, die von den Mitgliedstaaten zu übermitteln sind.
Tabelle 11 der Folgenabschätzung enthält eine nicht erschöpfende Liste quantitativer Indikatoren, die vorgeschlagen werden, um die Erreichung der in der Folgenabschätzung genannten politischen Ziele zu überwachen. Anhand dieser Indikatoren lässt sich in der Praxis erkennen und definieren, wie erfolgreich die politischen Optionen sind. Da die vorgeschlagene Option jedoch auf die Bewältigung von Ausnahmesituationen bezogen ist, kann keine regelmäßige Messung der Indikatoren durchgeführt werden.
Zudem verhindert diese Unwägbarkeit die Festlegung fester quantitativer Ziele.
Die Website der Kommission <
https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/borders-and-visas/schengen/reintroduction-border-control_en
>, auf der die Öffentlichkeit über die aktuellen Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen informiert wird, bleibt das wichtigste Informationsmittel, mit dem die Lage an den Binnengrenzen verfolgt und bewertet werden kann. Da sich die Rechtsgrundlage ausschließlich auf Maßnahmen an den Binnengrenzen bezieht, kann die Kommission kein gesondertes Instrument für die Nutzung alternativer Maßnahmen wie etwa Polizeikontrollen in den Grenzgebieten entwickeln. Die Bedingungen für den Einsatz alternativer Maßnahmen an den Binnengrenzen (Polizeikontrollen/neue Technologien) werden allerdings der Überwachung im Rahmen des Schengen-Evaluierungsmechanismus unterliegen, einschließlich etwaiger Vor-Ort-Kontrollen an den Binnengrenzen und Vertragsverletzungsverfahren.
•Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Der Vorschlag besteht aus vier Artikeln. Mit Artikel 1 werden Änderungen am Schengener Grenzkodex vorgenommen. Artikel 2 sieht eine Änderung der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vor, um i) dem neuen Verfahren Rechnung zu tragen, das in den Schengener Grenzkodex aufgenommen werden soll und das es ermöglicht, irreguläre Migranten, die an den Binnengrenzen im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit der Polizeibehörden aufgegriffen werden, sofort an den benachbarten Mitgliedstaat zu überstellen; ii) die Stillhalteklausel aus Artikel 6 Absatz 3 der Rückführungsrichtlinie zu streichen und iii) die Mitgliedstaaten dazu zu verpflichten, der Kommission alle entsprechenden neuen Vereinbarungen/Abkommen bzw. sämtliche Änderungen an bestehenden Vereinbarungen/Abkommen mitzuteilen. Artikel 3 legt die Frist für die Umsetzung der Änderung der Rückführungsrichtlinie in nationales Recht fest. Artikel 4 regelt die Bedingungen für das Inkrafttreten und das Wirksamwerden der Verordnung.
Artikel 1: Änderungen des Schengener Grenzkodexes:
Artikel 2 des Schengener Grenzkodexes wird dahingehend modifiziert, dass die Definition des Begriffs „Grenzüberwachung“ geändert wird und die erforderlichen Definitionen für Begriffe wie „Instrumentalisierung von Migranten“, „notwendige Reisen“ und „nicht unbedingt notwendige Reisen“, die erstmalig im Schengener Grenzkodex verwendet werden, sowie für den Begriff „Verkehrszentren“ aufgenommen werden. Diese Definitionen werden hinzugefügt, damit die Verantwortung der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen für die Durchführung der Grenzüberwachung, einschließlich präventiver Maßnahmen, besser zum Ausdruck gebracht wird.
Artikel 5 wird geändert, um klarzustellen, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten an ihren Grenzübergangsstellen ergreifen können, wenn sie mit der Instrumentalisierung von Migranten konfrontiert sind.
Artikel 13 wird geändert, um klarzustellen, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten bei der Überwachung der Außengrenzen hinsichtlich der Instrumentalisierung von Migranten ergreifen können, und um die Sachverhalte zu präzisieren, die sich aus Artikel 5 ergeben.
In Artikel 21 wird der Buchstabe a eingefügt, um eine Rechtsgrundlage für die einheitliche Anwendung von Beschränkungen nicht unbedingt notwendiger Reisen in die Europäische Union zu schaffen, die an den Außengrenzen verhängt werden können, wenn eine Krankheit mit epidemischem Potenzial ausgebrochen ist. Mit diesem Artikel wird dem Rat die Befugnis übertragen, auf Grundlage eines Vorschlags der Kommission eine entsprechende Durchführungsverordnung zu erlassen. Er legt alle notwendigen Rahmenbedingungen für eine solche Entscheidung fest und enthält Schutzvorschriften für EU-Bürger, langfristig aufenthaltsberechtigte Personen und Personen, die eine wichtige Funktion ausüben.
Artikel 23 wird geändert, um klarzustellen, welche Arten von Kontrollen in den Grenzgebieten zulässig sind. Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird ausgeführt, dass Kontrollen, die in Grenzgebieten unter Einsatz von Kontroll- und Überwachungstechnologien durchgeführt werden, nicht dieselbe Wirkung entfalten wie Grenzkontrollen. Des Weiteren sollte auch die Überprüfung der Fluggastdaten von Personen, die im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen reisen, anhand einschlägiger Datenbanken aus Sicht des Schengener Grenzkodexes zulässig sein, sofern dies nach geltendem Recht möglich ist.
Mit dem neuen Buchstaben a wird in Artikel 23 ein Verfahren eingeführt, das es ermöglicht, irreguläre Migranten, die im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit der Polizei an den Binnengrenzen aufgegriffen werden, an die Mitgliedstaaten zu überstellen, aus denen sie unmittelbar eingereist sind. Er ergänzt die Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie als flankierende Maßnahme, die für den Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen unerlässlich ist. Er räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Personen, die nicht einreise- oder aufenthaltsberechtigt sind, zu überstellen, und verpflichtet sie gleichzeitig, solche Personen zu übernehmen, die im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit der Polizei, z. B. auf gemeinsamen Polizeipatrouillen, an den Binnengrenzen aufgegriffen werden, sofern es eindeutige Hinweise darauf gibt, dass die betreffende Person die Binnengrenze nur kurze Zeit vorher überschritten hat. Solche Hinweise können darin bestehen, dass gültige Dokumente fehlen, die die Identität der Person oder das Recht auf Aufenthalt im jeweiligen Mitgliedstaat bescheinigen, dass die Person von einem anderen Mitgliedstaat in Eurodac registriert wurde oder dass Rechnungen jüngeren Datums aufgefunden werden, die im jeweils anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurden. Die Neufassung dieses Artikels und der neue Anhang XII des Schengener Grenzkodexes legen das Verfahren fest, das in diesen Fällen anwendbar ist.
Der geänderte Artikel 24 stellt angesichts der an Artikel 23 vorgenommenen Änderungen klar, dass der Einsatz von Kontroll- und Überwachungstechnologien an Grenzübergangsstellen zu Lande neben Sicherheitsmaßnahmen auch Geschwindigkeitsbegrenzungen oder andere Hindernisse an Straßenübergangsstellen an den Binnengrenzen rechtfertigen kann.
Artikel 25 schafft einen allgemeinen Rechtsrahmen für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen. Er enthält Beispiele für die Art der Bedrohung, die zur einseitigen Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen führen kann, und die Umstände, unter denen die Kontrollen an den Binnengrenzen verlängert werden können.
In Artikel 25 Buchstabe a wird festgelegt, welches Verfahren für die einseitige Wiedereinführung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen durch die Mitgliedstaaten zur Abwehr von unvorhersehbaren und von vorhersehbaren Ereignissen anzuwenden ist.
In Artikel 26 werden die Kriterien erläutert, die von den Mitgliedstaaten bei der nachträglichen Meldung von Kontrollen an den Binnengrenzen zu berücksichtigen und einzubeziehen sind. Neu ist in diesem Zusammenhang, dass die Auswirkungen auf grenzüberschreitende Regionen aufgenommen wurden. In dem Artikel werden voneinander abweichende Anforderungen für Fälle der erstmaligen Wiedereinführung von Grenzkontrollen und für Fälle der Verlängerung von Grenzkontrollen zur Abwehr von vorhersehbaren Bedrohungen festgelegt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Bedingungen für die Beibehaltung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit zunehmender Dauer verschärft werden müssen. Des Weiteren wird mit diesem Artikel das Konzept der Eindämmungsmaßnahmen eingeführt, durch die die Auswirkungen der Wiedereinführung von Grenzkontrollen gemildert werden können und die entsprechend angewandt werden sollten.
Artikel 27 wird durch eine neue Vorschrift ersetzt, die die Meldung der vorübergehenden Wiedereinführung oder der Verlängerung von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen zum Gegenstand hat. Außerdem wird darin die Verpflichtung verankert, eine Risikobewertung vorzulegen, wenn die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen zur Abwehr einer vorhersehbaren Bedrohung verlängert werden sollen.
In Artikel 27 Buchstabe a wird klargestellt, wann Konsultationen zwischen der Kommission und den betreffenden Mitgliedstaaten durchgeführt werden sollten und unter welchen Umständen eine Stellungnahme zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit von Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen abgegeben werden könnte oder sollte.
Artikel 28 wird durch eine neue Vorschrift ersetzt, mit der ein spezifischer Schutzmechanismus für den Schengen-Raum eingeführt wird, der greifen soll, wenn eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit die Mehrheit der Mitgliedstaaten gleichzeitig betrifft und das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist. Mit diesem Artikel wird dem Rat die Befugnis übertragen, auf Vorschlag der Kommission einen Durchführungsbeschluss zu erlassen, der eine koordinierte Vorgehensweise zur Abwehr der in der Mehrheit der Mitgliedstaaten gleichzeitig festgestellten schwerwiegenden Bedrohung vorsieht und an die Stelle etwaiger nationaler Maßnahmen tritt. Auf Vorschlag der Kommission muss der Beschluss des Rates regelmäßig dahingehend überprüft werden, ob die ergriffenen Maßnahmen verlängert, geändert oder aufgehoben werden sollen.
Artikel 31 wird geändert, um allgemeine Regeln für die Unterrichtung des Europäischen Parlaments und des Rates festzulegen, die für alle vier Mechanismen gelten.
Artikel 33 wird dahingehend geändert, dass die Verpflichtung, über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen Bericht zu erstatten, von der Tatsache abgekoppelt wird, dass diese Kontrollen aufgehoben wurden. Er enthält auch weitere Angaben zu den Punkten, die im Jahresbericht der Kommission über das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und über die diesbezügliche Zusammenarbeit mit den Agenturen enthalten sein müssen.
Der geänderte Artikel 39 des Schengener Grenzkodexes ergänzt Artikel 2 dieses Verordnungsvorschlags und sieht vor, dass die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet sind, der Kommission die grenzüberschreitenden Regionen mitzuteilen, damit der räumliche Geltungsbereich etwaiger Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen der Binnengrenzkontrollen festgelegt werden kann, die durch eine Durchführungsverordnung nach Artikel 28 zu treffen sind; des Weiteren begründet er eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, die Kommission davon in Kenntnis zu setzen, welche Gebiete bei der Abschätzung der Auswirkungen gemäß Artikel 26 des Schengener Grenzkodexes zu berücksichtigen sind.
Damit die Interessen der grenzüberschreitenden Regionen besser berücksichtigt werden können, wenn die Artikel 26 und 28 des Schengener Grenzkodexes zur Anwendung gelangen, verpflichtet der in Artikel 42 neu hinzugefügte Buchstabe b die Mitgliedstaaten dazu, der Kommission die ausgewiesenen grenzüberschreitenden Regionen mitzuteilen.
2021/0428 (COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absatz 2 Buchstaben b und e sowie Artikel 79 Absatz 2 Buchstabe c,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Nach Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) bildet die Union einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Kontrollen an den Binnengrenzen, in dem – in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität – der freie Personenverkehr gewährleistet ist.
(2)Die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 („Schengener Grenzkodex“) regelt den Personenverkehr in den und aus dem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen (der „Schengen-Raum“) sowie zwischen den Mitgliedstaaten, die am Schengen-Raum teilnehmen.
(3)In den letzten Jahren war der Schengen-Raum mit noch nie dagewesenen Herausforderungen konfrontiert, die ihrer Natur nach nicht auf das Gebiet eines einzelnen Mitgliedstaates begrenzt waren. Diese Herausforderungen haben deutlich gemacht, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit im Schengen-Raum eine gemeinsame Verantwortung ist, die ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen der Mitgliedstaaten sowie auf Unionsebene erfordert. Sie machten ferner deutlich, dass die bestehenden Regeln für das Funktionieren des Schengen-Raums an den Außen- und an den Binnengrenzen Lücken aufweisen und dass ein stärkerer und robusterer Rahmen geschaffen werden muss, der eine wirksamere Reaktion auf die Herausforderungen ermöglicht, mit denen der Schengen-Raum konfrontiert ist.
(4)Grenzkontrollen an den Außengrenzen liegen nicht nur im Interesse des Mitgliedstaates, an dessen Außengrenzen sie erfolgen, sondern entsprechen den Interessen sämtlicher Mitgliedstaaten, die die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft haben, sowie der Union als Ganzes. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, bei ihrem Außengrenzenmanagement hohe Standards einzuhalten, unter anderem durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Grenzschutzbeamten, Polizei, Zoll und anderen einschlägigen Behörden. Die Union leistet aktive Unterstützung durch die Bereitstellung von Finanzmitteln über die Agenturen, insbesondere durch die Europäische Grenz- und Küstenwache und die Betreuung des Schengen-Evaluierungsmechanismus. Die Vorschriften, die für den Schutz der Außengrenzen gelten, müssen verschärft werden, um besser auf neue Herausforderungen reagieren zu können, die in jüngster Zeit dort entstanden sind.
(5)Durch die COVID-19-Pandemie wurde deutlich, dass die Union besser darauf vorbereitet sein muss, auf Krisensituationen an den Außengrenzen zu reagieren, die durch Krankheiten mit epidemischem Potenzial verursacht werden, die die öffentliche Gesundheit gefährden. Sie hat aufgezeigt, dass Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit einheitliche Regeln im Hinblick auf Beschränkungen für die Einreise von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union erforderlich machen können. Wenn inkohärente und voneinander abweichende Maßnahmen für die Außengrenzen erlassen werden, um solchen Bedrohungen zu begegnen, wirkt sich dies negativ auf das Funktionieren des gesamten Schengen-Raums aus, es beeinträchtigt die Planbarkeit von Reisen aus Drittstaaten und reduziert die zwischenmenschlichen Kontakte mit Personen aus diesen Ländern. Damit der Schengen-Raum in Zukunft für Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit von vergleichbarem Ausmaß gewappnet ist, muss ein neuer Mechanismus geschaffen werden, der die rechtzeitige Ergreifung und Aufhebung koordinierter Maßnahmen auf Unionsebene ermöglichen sollte. Das neue Verfahren an den Außengrenzen sollte im Fall einer Infektionskrankheit mit epidemischem Potenzial angewandt werden, die vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten oder von der Kommission als solche eingestuft wurde. Dieser Mechanismus sollte die Verfahren ergänzen, die gemäß dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahreneingeführt werden sollen, insbesondere wenn das Vorliegen einer Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit bestätigt wurde, und das überarbeitete Mandat des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten vervollständigen.
(6)In diesem Mechanismus sollte vorgesehen sein, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission eine Verordnung erlässt, in der Reisebeschränkungen, insbesondere Einreisebeschränkungen und alle sonstigen Maßnahmen, die für die Einreise in die Europäische Union erforderlich sind, sowie die Bedingungen für ihre Aufhebung festgelegt werden. Da solche Maßnahmen, die das Recht auf Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten betreffen, aus politischer Sicht problematisch sind, sollten dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit er eine solche Verordnung auf Vorschlag der Kommission erlassen kann.
(7)Wichtig ist, dass im Einklang mit den geltenden Verpflichtungen aus dem Unionsrecht und dem Völkerrecht Unionsbürgern, Drittstaatsangehörigen und ihren jeweiligen Familienmitgliedern, die aufgrund von Übereinkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits ein Recht auf Freizügigkeit genießen, das dem der Unionsbürger gleichwertig ist, stets die Einreise in die Union gestattet werden sollte. Auch in den Mitgliedstaaten ansässigen Personen sollte stets die Rückkehr in die Union gestattet werden. Der Rechtsakt sollte alle Bestimmungen enthalten, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Reisebeschränkungen wirksam, zielgerichtet, und nicht diskriminierend sind und in einem angemessenen Verhältnis zur sich verändernden epidemiologischen Lage stehen. Gegebenenfalls sollte darin aufgeführt werden, welche Kategorien von Reisenden von den Einreisebeschränkungen ausgenommen werden sollten. Zusätzlich oder alternativ dazu sollte in dem Rechtsakt festgelegt werden, aus welchen Gebieten oder Drittstaaten Reisen besonderen Maßnahmen unterworfen werden können, und zwar auf der Grundlage einer objektiven Methodik und objektiver Kriterien, zu denen insbesondere die epidemiologische Lage zählen sollten. In dem Rechtsakt könnten die Bedingungen festgelegt werden, unter denen Reisen erlaubt werden können, etwa Tests, Quarantäne, Selbstisolierung oder andere geeignete Maßnahmen, wie z. B. die Verpflichtung zur Ausfüllung eines Reiseformulars oder eines anderen Hilfsmittels zur Kontaktnachverfolgung, wobei insbesondere alle Systeme der Union zu berücksichtigen wären, die entwickelt wurden, um das Reisen unter sicheren Bedingungen zu erleichtern, wie etwa digitale Zertifizierungssysteme. Gegebenenfalls könnte mit dem Rechtsakt auch ein Mechanismus errichtet werden, der es ermöglicht, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn sich die epidemiologische Lage in einem oder mehreren Gebieten dramatisch verschlechtert.
(8)Außerdem müssen die Bestimmungen und Schutzvorschriften des Unionsrechts gestärkt werden, damit die Mitgliedstaaten rasch handeln können, um Fällen der Instrumentalisierung von Migranten entgegenzuwirken. Hierunter ist eine Situation zu verstehen, in der ein Drittstaat irreguläre Migrationsströme in die Union herbeiführt, indem er die Ankunft von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten aktiv fördert oder erleichtert, und solche Handlungen die Absicht erkennen lassen, die Union als Ganzes oder einen ihrer Mitgliedstaaten destabilisieren zu wollen, und geeignet sind, wesentliche Funktionen des Staates, insbesondere seine territoriale Integrität, die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung und den Schutz seiner nationalen Sicherheit, zu gefährden.
(9)Die Instrumentalisierung von Migranten kann sich sowohl auf Fälle beziehen, in denen ein Drittstaat die irreguläre Einreise von Angehörigen anderer Drittstaaten in sein eigenes Hoheitsgebiet aktiv gefördert oder erleichtert hat, damit diese an die Außengrenze der EU gelangen, als auch auf Fälle, in denen irreguläre Reisen von Angehörigen anderer Drittstaaten, die sich bereits im instrumentalisierenden Drittstaat aufhalten, aktiv gefördert und erleichtert werden. Sie kann zudem die Verhängung von Zwangsmaßnahmen umfassen, mit denen die Drittstaatsangehörigen daran gehindert werden sollen, die Grenzgebiete des instrumentalisierenden Drittlandes in keiner anderen Richtung zu verlassen als über einen Mitgliedstaat.
(10)Die Union sollte sämtliche Hebel ihres Instrumentariums an diplomatischen, finanziellen und operativen Maßnahmen in Bewegung setzen, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen, die sich mit der Instrumentalisierung von Migranten konfrontiert sehen. Diplomatische Bemühungen der Union oder des betreffenden Mitgliedstaates sollten als erstes Mittel der Wahl zur Bekämpfung dieses Phänomens eingesetzt werden. Gegebenenfalls können sie durch die Verhängung von restriktiven Maßnahmen durch die Union flankiert werden.
(11)Parallel zu diesen Maßnahmen müssen zusätzlich die geltenden Vorschriften für die Kontrollen an den Außengrenzen und die Grenzüberwachung weiter optimiert werden. Um die Mitgliedstaaten, die mit einer Instrumentalisierung von Migranten konfrontiert sind, weiter zu unterstützen, ergänzt die Verordnung (EU) XXX/XXX die Vorschriften über Grenzkontrollen, indem sie spezifische Maßnahmen im Bereich Asyl und Rückkehr vorsieht, und zwar unter Wahrung der Grundrechte der betreffenden Personen und insbesondere durch die Gewährleistung des Rechts auf Asyl sowie durch die Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung durch die Agenturen der Vereinten Nationen und durch andere einschlägige Organisationen.
(12)Insbesondere sollte es dem betreffenden Mitgliedstaat im Fall einer Instrumentalisierung von Migranten erforderlichenfalls möglich sein, den Grenzverkehr durch die Schließung einiger Grenzübergangsstellen auf ein Minimum zu beschränken, während er gleichzeitig einen echten und wirksamen Zugang zu Verfahren des internationalen Schutzes gewährleistet. Bei einem solchen Beschluss sollte berücksichtigt werden, ob der Europäische Rat anerkannt hat, dass die Union oder einer oder mehrere ihrer Mitgliedstaaten mit einer Instrumentalisierung von Migranten konfrontiert sind. Darüber hinaus sollten bei solchen Beschränkungen die Rechte von Unionsbürgern, Drittstaatsangehörigen, die gemäß einer internationalen Vereinbarung das Recht auf Freizügigkeit genießen, und Drittstaatsangehörigen, die nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht langfristig aufenthaltsberechtigt sind oder Inhaber eines Visums für einen längerfristigen Aufenthalt sind, sowie die Rechte ihrer jeweiligen Familienangehörigen uneingeschränkt berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollten solche Beschränkungen in einer Weise angewandt werden, die die Einhaltung der Verpflichtungen hinsichtlich des Zugangs zu internationalem Schutz, insbesondere des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, gewährleistet.
(13)Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der operativen Aspekte des Managements der Außengrenzen, einschließlich des Informationsaustauschs, der Bereitstellung von Ausrüstung, des Kapazitätsaufbaus und Schulungen für nationale Grenzschutzbeamte, gezielter Informationen und Risikoanalysen sowie der Entsendung der ständigen Reserve. Das neue Mandat der Agentur bietet beträchtliche Möglichkeiten für die Unterstützung von Grenzkontrollen, u. a. Screening- und Rückführungsmaßnahmen, die Einleitung von Soforteinsätzen zu Grenzsicherungszwecken und/oder von Rückführungseinsätzen auf Ersuchen und im Hoheitsgebiet des betreffenden Einsatzmitgliedstaates.
(14)Nach Artikel 41 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1896 ist der Exekutivdirektor der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache dazu verpflichtet, einem Mitgliedstaat zu empfehlen, die Agentur um die Einleitung, Durchführung oder Anpassung von Unterstützungsmaßnahmen zu ersuchen, um Bedrohungen und Herausforderungen zu begegnen, die an den Außengrenzen festgestellt wurden, wenn die in der vorstehenden Vorschrift festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Insbesondere in Fällen, in denen die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache eine spezielle Schwachstellenbeurteilung im Zusammenhang mit der Instrumentalisierung von Migranten durchgeführt hat, könnte die Notwendigkeit der Unterstützung durch die Agentur zutage treten. Auf Grundlage der Ergebnisse einer solchen Schwachstellenbeurteilung oder wenn die Lage an einem oder mehreren Abschnitten der Außengrenze als kritisch eingestuft wurde, sollte der Exekutivdirektor dem Mitgliedstaat gemäß Artikel 41 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1896 empfehlen, die Agentur um die Einleitung, Durchführung oder Anpassung von Unterstützungsmaßnahmen zu ersuchen, dabei jedoch die maßgeblichen Kriterien in den Notfallplänen des betreffenden Mitgliedstaates, die Risikoanalyse der Agentur und die Analyseschicht des europäischen Lagebilds berücksichtigen. Diese Befugnis des Exekutivdirektors hat keinen Einfluss auf Unterstützungsmaßnahmen allgemeiner Natur, die die Agentur den Mitgliedstaaten gegebenenfalls erbringt.
(15)Darüber hinaus sollte der betreffende Mitgliedstaat im Fall einer Instrumentalisierung von Migranten die Grenzkontrollen verstärken, erforderlichenfalls auch durch zusätzliche Maßnahmen zur Verhinderung des illegalen Grenzübertritts und durch den Einsatz zusätzlicher Ressourcen und technischer Mittel, um das unerlaubte Überschreiten der Grenze zu unterbinden. Zu diesen technischen Mitteln könnten moderne Technologien wie Drohnen und Bewegungssensoren sowie mobile Einheiten zählen. Der Einsatz von derartigen technischen Mitteln, insbesondere von Technologien, mit denen personenbezogene Daten gesammelt werden können, muss auf klar definierten Bestimmungen des nationalen Rechts beruhen und in Übereinstimmung mit diesen erfolgen.
(16)Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, in delegierten Rechtsakten, die gemäß der vorliegenden Verordnung erlassen werden, geeignete Regeln für die Grenzüberwachung festzulegen, insbesondere für die neuen Technologien, die die Mitgliedstaaten als spezifische Reaktion auf Fälle der Instrumentalisierung von Migranten einsetzen können, wobei die Art der jeweiligen Grenze (Land-, See- oder Luftgrenze), die Risikoeinstufungen der einzelnen Außengrenzabschnitte gemäß Artikel 34 der Verordnung (EU) 2019/1896 und andere maßgebliche Faktoren berücksichtigt werden müssten.
(17)In einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen sollten die Menschen frei und sicher zwischen den Mitgliedstaaten verkehren können. In diesem Zusammenhang sei klargestellt, dass das Verbot der Kontrollen an den Binnengrenzen die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt lässt, in ihrem Hoheitsgebiet, also auch an ihren Binnengrenzen, Kontrollen durchzuführen, die anderen Zwecken als der Grenzkontrolle dienen. Insbesondere sollte darauf hingewiesen werden, dass es den zuständigen nationalen Behörden, einschließlich der Gesundheits- und Strafverfolgungsbehörden, grundsätzlich freisteht, im Rahmen der Ausübung ihrer im nationalen Recht vorgesehenen hoheitlichen Befugnisse Kontrollen durchzuführen.
(18)Das Verbot der Kontrollen an den Binnengrenzen erstreckt sich zwar auch auf Kontrollen mit gleicher Wirkung, allerdings sollten die von den zuständigen Behörden durchgeführten Kontrollen nicht als den Grenzkontrollen gleichwertig angesehen werden, wenn sie nicht das Ziel haben, den Grenzverkehr zu kontrollieren, wenn sie sich auf allgemeine Informationen und Erfahrungen der zuständigen Behörden im Zusammenhang mit einer möglichen Bedrohung der inneren Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung stützen, unter anderem wenn sie darauf ausgerichtet sind, den irregulären Aufenthalt und grenzüberschreitende Straftaten im Zusammenhang mit der irregulären Migration zu bekämpfen, wenn sie so gestaltet und durchgeführt werden, dass sie sich unmissverständlich von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterscheiden, wenn sie an Verkehrsknotenpunkten wie Häfen, Bahnhöfen, Busbahnhöfen und Flughäfen oder direkt in den Personenbeförderungsmitteln durchgeführt werden und wenn sie auf einer Risikoanalyse beruhen.
(19)Auch wenn irreguläre Migrationsströme per se nicht als Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit angesehen werden sollten, können sie zusätzliche Maßnahmen erforderlich machen, damit das Funktionieren des Schengen-Raums gewährleistet ist.
(20)Die Bekämpfung des unrechtmäßigen Aufenthalts und der grenzüberschreitenden Kriminalität, die mit der irregulären Migration verbunden ist, wie Menschenhandel, Schleusung von Migranten, Dokumentenbetrug und andere Arten grenzüberschreitender Straftaten, könnte insbesondere Maßnahmen umfassen, die die Überprüfung der Identität, der Staatsangehörigkeit und des Aufenthaltsstatus von Personen gestatten, solange diese Überprüfungen nicht systematisch erfolgen und auf der Grundlage einer Risikoanalyse durchgeführt werden.
(21)Der Einsatz moderner Technologien zur Überwachung der Verkehrsflüsse, insbesondere auf Autobahnen und sonstigen von den Mitgliedstaaten vorgegebenen Hauptverkehrsstraßen, kann dazu beitragen, Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit zu bekämpfen. Das Verbot der Kontrollen an den Binnengrenzen sollte nicht so verstanden werden, dass es die rechtmäßige Ausübung der polizeilichen oder sonstigen hoheitlichen Befugnisse zur Durchführung von Kontrollen in den Binnengrenzgebieten ausschließt. Dazu gehören auch Kontrollen, bei denen Kontroll- und Überwachungstechnologien eingesetzt werden, die in dem betreffenden Gebiet allgemein üblich sind oder die auf einer Risikobewertung beruhen, die zum Schutz der inneren Sicherheit erstellt wurde. Daher sollte der Einsatz solcher Technologien bei Kontrollen nicht als mit Grenzkontrollen gleichwertig angesehen werden.
(22)Um die Wirksamkeit solcher Technologien zu gewährleisten, sollte es möglich sein, an den Straßenübergangsstellen angemessene Geschwindigkeitsbegrenzungen einzurichten.
(23)Das Verbot der Kontrollen an den Binnengrenzen sollte die Durchführung von Kontrollen, die in anderen Rechtsakten des Unionsrechts vorgesehen sind, nicht einschränken. Die in dieser Verordnung vorgesehenen Vorschriften sollten daher die geltenden Regelungen für die Abfrage von Angaben über die beförderten Personen in den einschlägigen Datenbanken vor der Ankunft unberührt lassen.
(24)Es muss sichergestellt werden, dass die von den Mitgliedstaaten in Ausübung ihrer nationalen Zuständigkeiten durchgeführten Kontrollen weiterhin in vollem Umfang mit einem Raum, der frei von Kontrollen an den Binnengrenzen ist, vereinbar sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Bedingungen für die Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Mitgliedstaaten in einem Grenzgebiet umso strenger und detaillierter geregelt und begrenzt werden, je mehr Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die von den Mitgliedstaaten in ihren Grenzgebieten durchgeführten Kontrollen eine den Grenzkontrollen gleichwertige Wirkung haben, und zwar unter Berücksichtigung des Ziels dieser Kontrollen, ihres räumlichen Geltungsbereichs und möglicher Unterschiede zu den im übrigen Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates durchgeführten Kontrollen.
(25)Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um in einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen gegen unerlaubte Migrationsbewegungen illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vorzugehen. Um das Funktionieren des Schengen-Raums zu stärken, sollten die Mitgliedstaaten zusätzliche Maßnahmen ergreifen können, um irregulären Migrationsbewegungen zwischen den Mitgliedstaaten entgegenzuwirken und den illegalen Aufenthalt zu bekämpfen. Wenn die nationalen Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaates im Rahmen der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit illegal aufhältige Drittstaatsangehörige an den Binnengrenzen aufgreifen, sollten diese Behörden die Möglichkeit haben, diesen Personen das Recht auf Einreise in ihr Hoheitsgebiet oder auf Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet zu verweigern und sie in den Mitgliedstaat zu überstellen, aus dem sie eingereist sind. Der Mitgliedstaat, aus dem die Person unmittelbar eingereist ist, sollte seinerseits dazu verpflichtet sein, den aufgegriffenen Drittstaatsangehörigen zu übernehmen.
(26)Das Verfahren, mit dem ein Mitgliedstaat illegal aufhältige Drittstaatsangehörige in den Mitgliedstaat rücküberstellen kann, aus dem diese direkt eingereist sind, sollte zügig vonstattengehen, aber bestimmten Schutzgarantien unterstellt sein und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und des in Artikel 21 der Grundrechtecharta verankerten Grundsatzes der Nichtdiskriminierung durchgeführt werden, um das Racial Profiling zu verhindern. Die Behörden sollten die Möglichkeit haben, die den Behörden unmittelbar vorliegenden einschlägigen Informationen über die Reisebewegungen der betreffenden Personen zu überprüfen. Zu diesen Informationen können objektive Indizien gehören, die den Behörden die Schlussfolgerung erlauben, dass die Person vor kurzem aus einem anderen Mitgliedstaat eingereist ist, wie etwa der Besitz von Dokumenten, insbesondere Quittungen oder Rechnungen, die belegen, dass sich die betreffende Person vor kurzem noch in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten hat. Drittstaatsangehörigen, die dem Verfahren der Überstellung unterliegen, sollte eine schriftliche, mit Gründen versehene Entscheidung ausgehändigt werden. Die Entscheidung sollte zwar sofort vollstreckbar sein, doch sollte dem Drittstaatsangehörigen ein wirksamer Rechtsbehelf zur Anfechtung oder Überprüfung der Rücküberstellungsentscheidung offenstehen. Dieser Rechtsbehelf sollte allerdings keine aufschiebende Wirkung haben.
(27)Das in dieser Verordnung vorgesehene Überstellungsverfahren sollte die bestehende Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt lassen, irregulär aufhältige Drittstaatsangehörige im Einklang mit bilateralen Abkommen oder Vereinbarungen nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2008/115/EG („Rückführungsrichtlinie“) rückzuführen, wenn diese Personen nicht in der Nähe der Binnengrenzen aufgegriffen wurden. Um die Anwendung solcher Rechtsakte zu erleichtern und den angestrebten Schutz des Raums ohne Binnengrenzen zu vervollständigen, sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden, neue Abkommen oder Vereinbarungen zu schließen und bestehende zu aktualisieren. Solche Änderungen oder Aktualisierungen sowie neue Abkommen und Vereinbarungen sollten der Kommission gemeldet werden. Hat ein Mitgliedstaat einen Drittstaatsangehörigen nach dem in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren oder auf Grundlage eines bilateralen Abkommens bzw. einer bilateralen Vereinbarung rückübernommen, so sollte der betreffende Mitgliedstaat verpflichtet sein, eine Rückkehrentscheidung gemäß der Rückführungsrichtlinie zu erlassen. Daher ist es erforderlich, Artikel 6 Absatz 3 der Rückführungsrichtlinie gezielt zu ändern, um die Kohärenz zwischen den in dieser Verordnung vorgesehenen neuen Verfahren und den bestehenden Vorschriften für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen zu gewährleisten.
(28)In Ausnahmefällen kann es zur Abwehr von Bedrohungen für den Schengen-Raum erforderlich sein, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen an den Binnengrenzen ergreifen. Die Mitgliedstaaten haben weiterhin die Befugnis, darüber zu entscheiden, ob die vorübergehende Wiedereinführung oder die Verlängerung von Grenzkontrollen erforderlich ist. Die geltenden Vorschriften sehen die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen vor, wenn in einem einzelnen Mitgliedstaat für einen begrenzten Zeitraum eine ernsthafte Bedrohung der inneren Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung besteht. Insbesondere der Terrorismus und die organisierte Kriminalität, schwere Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder internationale Großereignisse mit hohem Bekanntheitsgrad wie Sport- und Handelsveranstaltungen oder politische Ereignisse können zu einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit werden.
(29)Eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit kann auch dann eintreten, wenn irreguläre Migranten in großem Umfang unerlaubt zwischen den Mitgliedstaaten verkehren und dadurch die Ressourcen und Kapazitäten der zuständigen nationalen Dienste insgesamt unter Druck geraten, sodass die anderen in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, um adäquat auf diesen Zustrom und diese Migrationsbewegungen zu reagieren. In diesem Zusammenhang sollten sich die Mitgliedstaaten auf objektive und quantifizierte Berichte über unerlaubte Migrationsbewegungen stützen können, wenn solche Berichte verfügbar sind und insbesondere wenn sie regelmäßig von den zuständigen Agenturen der Union im Einklang mit ihren jeweiligen Mandaten erstellt werden. Ein Mitgliedstaat sollte die Möglichkeit haben, bei der Risikobewertung die von den Agenturen zur Verfügung gestellten Informationen zu verwenden, um den außergewöhnlichen Charakter der festgestellten Bedrohung nachzuweisen, die durch unerlaubte Migrationsbewegungen verursacht wurde, und es so zu rechtfertigen, dass er aus diesem Grund wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen eingeführt hat.
(30)Während Maßnahmen auf Unionsebene für den Fall vorgesehen sind, dass eine Bedrohungslage auf anhaltende schwerwiegende Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen zurückzuführen ist, gibt es keinen unionsweiten Mechanismus, der für die Fälle gelten würde, in denen sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten mit einer schwerwiegenden Bedrohung der inneren Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung im Schengen-Raum konfrontiert sieht, durch die das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums gefährdet ist. Diese Lücke sollte durch die Einführung eines neuen Schutzmechanismus für den Schengen-Raum geschlossen werden, der koordinierte Lösungen zum Schutz der Interessen der Personen möglich macht, die berechtigt sind, die Vorteile des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen wahrzunehmen, indem die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen maximiert wird und gleichzeitig ihre negativen Nebenwirkungen auf ein Minimum begrenzt werden.
(31)Der neue Schutzmechanismus für den Schengen-Raum sollte es dem Rat ermöglichen, auf Vorschlag der Kommission einen Beschluss zur Genehmigung der Wiedereinführung oder Verlängerung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zu erlassen, wenn dies durch eine besondere Bedrohungslage gerechtfertigt ist, die anhand der Meldungen einzelner Mitgliedstaaten oder aufgrund von anderen Informationen, insbesondere der Risikobewertung, die eingereicht werden muss, wenn Grenzkontrollen an den Binnengrenzen über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus verlängert werden, festgestellt wurde. Da ein solcher Beschluss, der die Möglichkeit der Mitgliedstaaten regelt, unter bestimmten Umständen Kontrollen an den Binnengrenzen wiedereinzuführen oder zu verlängern, politisch heikel ist, sollten die Durchführungsbefugnisse für seinen Erlass dem Rat übertragen werden, der sich dabei auf einen Vorschlag der Kommission stützt.
(32)Bei der Entscheidung, ob die Wiedereinführung oder Verlängerung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen durch die Mitgliedstaaten gerechtfertigt ist, sollte der Rat berücksichtigen, inwiefern andere Maßnahmen zur Verfügung stehen, die ein hohes Maß an Sicherheit im Hoheitsgebiet gewährleisten könnten, wie etwa verstärkte Kontrollen in den Gebieten an den Binnengrenzen durch die zuständigen Behörden. Für den Fall, dass die Verlängerung der Kontrollen nicht als gerechtfertigt angesehen wird, sollte die Kommission stattdessen die Durchführung anderer Maßnahmen empfehlen, die als geeignetere Reaktion auf die festgestellte Bedrohung betrachtet werden.
(33)Die Einführung des neuen Schutzmechanismus für den Schengen-Raum sollte das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lassen, in Übereinstimmung mit dieser Verordnung zuvor auf unilaterale Maßnahmen zurückzugreifen, wenn die Situation dies erfordert. Sobald der Rechtsakt der Union jedoch angenommen ist, sollte er die einzige Grundlage für eine koordinierte Reaktion auf die festgestellte Bedrohung bilden.
(34)Damit die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gewährleistet wird, sollte der Beschluss des Rates für einen begrenzten Zeitraum von bis zu sechs Monaten gelten und vorbehaltlich seiner regelmäßigen Überprüfung auf Vorschlag der Kommission verlängert werden können, sofern festgestellt wird, dass die Bedrohungslage andauert. Der Erstbeschluss sollte eine Bewertung der erwarteten Auswirkungen der erlassenen Maßnahmen, einschließlich ihrer nachteiligen Nebenfolgen, beinhalten, damit beurteilt werden kann, ob die Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen gerechtfertigt sind oder ob stattdessen weniger restriktive Maßnahmen wirksam angewandt werden könnten. Bei Folgebeschlüssen sollte berücksichtigt werden, wie sich die festgestellte Bedrohungslage verändert hat. Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission und die jeweils anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen gemäß dem Beschluss des Rates unterrichten.
(35)Die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen sollte auch in den Fällen möglich bleiben, in denen sich schwerwiegende Mängel beim Management der Außengrenzen nicht beheben lassen und so das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist. Zeiträume, in denen Mitgliedstaaten wegen der Dringlichkeit der Lage Grenzkontrollen eingeführt haben oder für die der Rat die Wiedereinführung solcher Kontrollen durch Beschluss empfohlen hat, weil eine erhebliche Anzahl von Mitgliedstaaten einer Bedrohung ausgesetzt ist, sollten nicht in den Zweijahreszeitraum eingerechnet werden, der für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wegen schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen gilt.
(36)Wenn an den Binnengrenzen wieder Grenzkontrollen eingeführt werden, sei es aufgrund von unilateralen Beschlüssen der Mitgliedstaaten oder auf Unionsebene, hat dies schwerwiegende Auswirkungen auf das Funktionieren des Schengen-Raums. Um sicherzustellen, dass die Entscheidung zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen nur getroffen wird, wenn dies als letztes Mittel unumgänglich ist, sollte eine solche Entscheidung zur vorübergehenden Wiedereinführung oder Verlängerung solcher Kontrollen auf gemeinsamen Kriterien beruhen, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Kontrollen gelegt werden sollte. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen Schutzvorschriften unterworfen wird, die mit zunehmender Dauer der Kontrollen stärker werden.
(37)In erster Linie sollten die Mitgliedstaaten prüfen, ob Grenzkontrollen an den Binnengrenzen angesichts der Art der festgestellten schwerwiegenden Bedrohung angemessen sind. Dabei sollten die Mitgliedstaaten vor allem einschätzen und berücksichtigen, wie sich die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen auf die Freizügigkeit der Personen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen sowie auf die Funktionsfähigkeit der grenzüberschreitenden Regionen auswirken könnten. Diese Einschätzung sollte ein integraler Bestandteil der Meldung sein, die die Mitgliedstaaten der Kommission übermitteln müssen. Wenn Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wegen vorhersehbarer Ereignisse über den Anfangszeitraum von sechs Monaten hinaus verlängert werden sollen, sollte der Mitgliedstaat auch prüfen, ob alternative Maßnahmen – etwa verhältnismäßige Kontrollen aufgrund von polizeilichen oder anderen hoheitlichen Befugnissen oder im Wege der im Unionsrecht vorgesehenen Formen der polizeilichen Zusammenarbeit – geeignet sind, dieselben Ziele zu erreichen wie Kontrollen an den Binnengrenzen, oder ob die Möglichkeit besteht, das Verfahren der Rücküberstellung zur Anwendung zu bringen.
(38)Um die negativen Folgen der Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen so gering wie möglich zu halten, sollte jede Entscheidung zur Wiedereinführung solcher Kontrollen von Maßnahmen zur Eindämmung ihrer negativen Folgen begleitet werden, wenn dies erforderlich ist. Dazu sollten Maßnahmen zur Gewährleistung der reibungslosen Durchfuhr von Waren und des störungsfreien Grenzübertritts von Seeleuten und von Beschäftigten im Transportwesen durch die Einrichtung sogenannter „Green Lanes“ gehören. Um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Freizügigkeit der Personen zu gewährleisten, deren Tätigkeiten für die Aufrechterhaltung der Versorgungsketten oder für die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung sein können, sollten die Mitgliedstaaten darüber hinaus die bestehenden Leitlinien für Grenzgänger zur Anwendung bringen. Vor diesem Hintergrund sollten die Vorschriften für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen den Leitlinien und Empfehlungen Rechnung tragen, die während der COVID-19-Pandemie als solides Netz zur Absicherung des Binnenmarkts verabschiedet wurden, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten darauf zurückgreifen, wenn Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen der wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen angebracht sind. Insbesondere sollten Maßnahmen festgelegt werden, die das kontinuierliche Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten und die Interessen der grenzüberschreitenden Regionen und der Zwillingsstädte schützen, wie etwa Genehmigungen oder Ausnahmeregelungen für die Einwohner der grenzüberschreitenden Regionen.
(39)Der Meldung, die von den Mitgliedstaaten zu übermitteln ist, sollte eine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, wenn es darum geht, die Einhaltung der Kriterien und Bedingungen für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen zu beurteilen. Um die Vergleichbarkeit der Informationen zu gewährleisten, sollte die Kommission in einem Durchführungsrechtsakt ein Musterformular für die Meldung der Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen verabschieden. Vorbehaltlich des Funktionierens angemessener und sicherer Kanäle der polizeilichen Zusammenarbeit sollten die Mitgliedstaaten das Recht haben, die in der Meldung enthaltenen Informationen ganz oder teilweise mit einer Geheimhaltungsstufe zu versehen.
(40)Um sicherzustellen, dass Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wirklich nur als das Mittel der letzten Wahl und nur so lange wie nötig durchgeführt werden, und um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Kontrollen zur Abwehr von vorhersehbaren Bedrohungen beurteilen zu können, sollten die Mitgliedstaaten eine Risikobewertung erstellen, die der Kommission vorzulegen ist, wenn Kontrollen an den Binnengrenzen zur Abwehr von vorhersehbaren Bedrohungen über den Anfangszeitraum von sechs Monaten hinaus verlängert werden. Die Mitgliedstaaten müssen insbesondere darlegen, welches Ausmaß die festgestellte schwerwiegende Bedrohung hat, wie sich die Bedrohungslage verändert hat, wie lange die festgestellte schwerwiegende Bedrohung voraussichtlich andauern wird, welche Abschnitte der Binnengrenzen betroffen sein könnten und welche Maßnahmen sie getroffen haben, um sich mit den anderen Mitgliedstaaten abzustimmen, die von diesen Maßnahmen betroffen sind oder betroffen sein könnten.
(41) Die Kommission sollte berechtigt sein, auf Grundlage der eingegangenen Meldung zusätzliche Informationen anzufordern, auch zur Risikobewertung und zu den Maßnahmen, die für die Zusammenarbeit und Koordinierung mit den von der geplanten Verlängerung der Binnengrenzkontrollen betroffenen Mitgliedstaaten vorgesehen sind. Entspricht die Meldung nicht den Mindestanforderungen, sollte die Kommission die Meldung mit dem betreffenden Mitgliedstaat erörtern und zusätzliche Informationen anfordern oder um eine erneute Einreichung der Meldung bitten.
(42)Um zu gewährleisten, dass die Maßnahmen, die den Reiseverkehr ohne Kontrollen an den Binnengrenzen betreffen, hinreichend transparent sind, sollten die Mitgliedstaaten auch das Europäische Parlament und den Rat über die wichtigsten Aspekte der geplanten Wiedereinführung von Grenzkontrollen informieren. In begründeten Fällen können die Mitgliedstaaten diese Informationen auch mit einer Geheimhaltungsstufe versehen. Artikel 33 des Schengener Grenzkodexes sieht vor, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat jedes Jahr einen Bericht über das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen („Schengen-Statusbericht“) vorlegt, in dem auf Grundlage der von den zuständigen Agenturen zur Verfügung gestellten Informationen und anhand der Analyse der Daten aus den einschlägigen Informationssystemen insbesondere auf die Lage bezüglich der unerlaubten Reisebewegungen von Drittstaatsangehörigen eingegangen wird. Darin sollte auch bewertet werden, ob die Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Berichtszeitraum notwendig und verhältnismäßig war. Durch den Schengen-Statusbericht werden auch die Berichterstattungspflichten abgedeckt werden, die sich aus Artikel 20 des Schengen-Evaluierungsmechanismus ergeben.
(43)Der Mechanismus für die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen in Situationen von großer Dringlichkeit oder zur Abwehr von vorhersehbaren Bedrohungen sollte der Kommission die Möglichkeit einräumen, Konsultationen zwischen den Mitgliedstaaten durchzuführen, auch auf Ersuchen eines jeden Mitgliedstaates. Die zuständigen Agenturen der Union sollten in diesen Prozess eingebunden werden, damit sie gegebenenfalls ihre Fachkompetenz einbringen können. Bei diesen Konsultationen sollten die Durchführungsmodalitäten der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen, ihr zeitlicher Rahmen, mögliche Maßnahmen zur Eindämmung ihrer negativen Folgen sowie die Möglichkeiten der Anwendung alternativer Maßnahmen geprüft werden. Solche Konsultationen sollten zwingend vorgeschrieben sein, wenn die Kommission oder ein Mitgliedstaat in einer Stellungnahme Bedenken hinsichtlich der Wiedereinführung von Grenzkontrollen geäußert hat.
(44)Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten weiterhin etwaige Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Entscheidung eines Mitgliedstaates äußern können, aus dringenden Gründen oder zur Abwehr einer vorhersehbaren Bedrohung wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen einzuführen Wenn Kontrollen an den Binnengrenzen zur Abwehr von vorhersehbaren Bedrohungen wiedereingeführt und über einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten hinaus verlängert werden, sollte die Kommission zur Abgabe einer Stellungnahme über die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Kontrollen verpflichtet sein. Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Beibehaltung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren rechtfertigen, sollte die Kommission eine weitere Stellungnahme abgeben. Eine solche Stellungnahme hat keine Auswirkungen auf die Durchsetzungsmaßnahmen, einschließlich Vertragsverletzungsverfahren, die die Kommission jederzeit gegen einen Mitgliedstaat ergreifen kann, wenn dieser seinen Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nicht nachkommt. Wenn eine Stellungnahme abgegeben wird, sollte die Kommission Konsultationen mit den betreffenden Mitgliedstaaten in die Wege leiten.
(45)Die Mitgliedstaaten sollten dazu verpflichtet bleiben, dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission nach Aufhebung der Kontrollen einen Bericht über die Wiedereinführung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen vorzulegen, um eine nachträgliche Analyse des Beschlusses zur vorübergehenden Wiedereinführung dieser Kontrollen zu ermöglichen. Werden die Kontrollen über längere Zeiträume hinweg beibehalten, sollte ein solcher Bericht auch nach zwölf Monaten und danach jedes Jahr vorgelegt werden, wenn Kontrollen ausnahmsweise aufrechterhalten werden, und zwar so lange, wie die Kontrollen durchgeführt werden. In dem Bericht sollten insbesondere die Erst- und die Folgebewertung der Notwendigkeit der Kontrollen an den Binnengrenzen sowie die Einhaltung der Kriterien für ihre Wiedereinführung dargelegt werden. Die Kommission sollte in einem Durchführungsrechtsakt ein Musterformular festlegen und online zur Verfügung stellen.
(46)Bei der Umsetzung dieser Verordnung dürfen die Mitgliedstaaten niemanden aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung diskriminieren.
(47)Die zuständigen Behörden machen von ihren Befugnissen Gebrauch, um Kontrollen in ihrem Hoheitsgebiet durchzuführen, und wenden die einschlägigen Verfahren unter uneingeschränkter Wahrung der Datenschutzvorschriften des Unionsrechts an. Für die Zwecke der vorliegenden Verordnung gelten die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates oder die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen nationalen Behörden.
(48)Ziel dieser Verordnung ist es, das Funktionieren des Schengen-Raums zu verbessern. Dieses Ziel kann von den Mitgliedstaaten allein nicht erreicht werden. Deshalb ist eine Änderung der gemeinsamen Vorschriften auf Unionsebene erforderlich. Die Union kann somit im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(49)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Verordnung angenommen hat, ob es sie in nationales Recht umsetzt.
(50)Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates nicht beteiligt; Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(51)Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates genannten Bereich fallen.
(52)Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates genannten Bereich gehören.
(53)Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates genannten Bereich gehören.
(54)Diese Verordnung gilt unbeschadet der Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG.
(55)Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind.
(56)Die Verordnung (EU) 2016/399 und die Richtlinie 2008/115/EG sollten daher entsprechend geändert werden —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Die Verordnung (EU) 2016/399 wird wie folgt geändert:
1.Artikel 2 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 12 erhält folgende Fassung:
„12. ‚Grenzüberwachung‘ die Überwachung der Grenzen zwischen Grenzübergangsstellen und von Grenzübergangsstellen außerhalb bestimmter Öffnungszeiten, einschließlich vorbeugender Maßnahmen zur Aufdeckung und Verhinderung unbefugter Grenzübertritte oder der Umgehung von Grenzübertrittskontrollen;“
b) Die folgenden Nummern 27 bis 30 werden angefügt:
„27. ‚Instrumentalisierung von Migranten‘ eine Situation, in der ein Drittstaat irreguläre Migrationsströme in die EU entstehen lässt, indem er Reisen von Drittstaatsangehörigen an die Außengrenzen, in sein Hoheitsgebiet oder aus seinem Hoheitsgebiet und weiter an die betreffenden Außengrenzen aktiv fördert oder erleichtert, wenn diese Handlungen auf die Absicht eines Drittstaats hindeuten, die Union oder einen Mitgliedstaat zu destabilisieren, wenn die Art dieser Handlungen wesentliche Funktionen des betreffenden Mitgliedstaats, einschließlich seiner territorialen Unversehrtheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder des Schutzes seiner nationalen Sicherheit, gefährden könnte;
28. ‚unbedingt notwendige Reisen‘ Reisen im Zusammenhang mit der Ausübung einer wichtigen Funktion oder aus zwingend notwendigen Gründen unter Berücksichtigung geltender internationaler Verpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten, die in Anhang XI aufgeführt sind;
29. ‚nicht unbedingt notwendige Reisen‘ Reisen zu anderen Zwecken als unbedingt notwendige Reisen;
30. ‚Verkehrsknotenpunkte‘ Flughäfen, See- oder Flusshäfen sowie Bahn- oder Busbahnhöfe.“
2.In Artikel 5 wird folgender neuer Absatz 4 angefügt:
„(4) Im Falle einer Instrumentalisierung von Migranten können die Mitgliedstaaten die Zahl der gemäß Absatz 1 mitgeteilten Grenzübergangsstellen oder deren Öffnungszeiten beschränken, wenn die Umstände dies erfordern.
Alle gemäß Unterabsatz 1 erlassenen Beschränkungen werden in einer Weise umgesetzt, die verhältnismäßig ist und den Rechten folgender Personen in vollem Umfang Rechnung trägt:
a)
Personen, die nach dem Unionsrecht Anspruch auf freien Personenverkehr haben;
b)
langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates und Personen, die ihr Aufenthaltsrecht aus anderen Rechtsvorschriften der Union oder nationalen Rechtsvorschriften ableiten oder Inhaber eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt sind, sowie ihre Familienangehörigen;
c)
Drittstaatsangehörige, die um internationalen Schutz nachsuchen.“
3.Artikel 13 erhält folgende Fassung:
„Artikel 13
Grenzüberwachung
(1)Die Grenzüberwachung dient insbesondere der Aufdeckung und Verhinderung des unbefugten Grenzübertritts, der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und der Veranlassung von Maßnahmen gegen Personen, die die Grenze unerlaubt überschreiten.
Personen, die eine Grenze unerlaubt überschritten haben und die über kein Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates verfügen, sind aufzugreifen und Verfahren zu unterziehen, die mit der Richtlinie 2008/115/EG in Einklang stehen.
(2)Die Grenzschutzbeamten setzen zur Grenzüberwachung stationär postierte oder mobile Kräfte ein.
Diese Überwachung wird in einer Weise durchgeführt, dass Personen daran gehindert und davon abgehalten werden, die Grenze unbefugt zwischen Grenzübergangsstellen zu überschreiten und die Kontrollen an den Grenzübergangsstellen zu umgehen.
(3)Die Überwachung zwischen den Grenzübergangsstellen erfolgt durch Grenzschutzbeamte, deren Anzahl und Methoden bestehenden oder vorhergesehenen Gefahren und Bedrohungen anzupassen sind. Sie erfolgt unter häufigem, nicht vorhersehbarem Wechsel der Überwachungszeiten und unter Einsatz anderer Methoden oder Techniken, sodass unbefugte Grenzübertritte effektiv entdeckt oder verhindert werden.
(4)Zur Durchführung der Überwachung werden stationär postierte oder mobile Kräfte eingesetzt, die ihre Aufgaben in Form von Bestreifung oder Postierung überwiegend an erkannten oder vermuteten Schwachstellen mit dem Ziel erfüllen, unbefugte Grenzübertritte zu verhindern oder Personen aufzugreifen, die die Grenze unbefugt überschreiten. Die Überwachung kann auch durch Verwendung technischer Mittel – einschließlich elektronischer Mittel, Ausrüstung und Überwachungssysteme – erfolgen.
(5)Im Falle einer Instrumentalisierung von Migranten intensiviert der betreffende Mitgliedstaat die Grenzüberwachung nach Bedarf, um die erhöhte Bedrohung zu bewältigen. Insbesondere verstärkt der Mitgliedstaat gegebenenfalls die Ressourcen und technischen Mittel, um unbefugte Grenzübertritte zu verhindern.
Diese technischen Mittel können moderne Technologien, einschließlich Drohnen und Bewegungssensoren sowie mobile Einheiten, umfassen, um unbefugte Grenzübertritte in die Union zu verhindern.
(6)Unbeschadet der Unterstützung, die die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache den Mitgliedstaaten leisten kann, kann die Agentur im Falle einer Instrumentalisierung von Migranten eine Schwachstellenbeurteilung gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 32 der Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates durchführen, um dem betreffenden Mitgliedstaat die erforderliche Unterstützung zu leisten.
Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Beurteilung, einer anderen einschlägigen Schwachstellenbeurteilung oder der Einstufung des betreffenden Grenzabschnitts als kritisch im Sinne des Artikels 35 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2019/1896 richtet der Exekutivdirektor der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache gemäß Artikel 41 Absatz 1 der genannten Verordnung Empfehlungen an alle betroffenen Mitgliedstaaten.
(7)Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte nach Artikel 37 für zusätzliche Überwachungsmaßnahmen, einschließlich der Entwicklung von Standards für die Grenzüberwachung, insbesondere den Einsatz von Kontroll- und Überwachungstechnologien an den Außengrenzen, zu erlassen, wobei die Art der Grenzen, die Einstufung der einzelnen Außengrenzabschnitte gemäß Artikel 34 der Verordnung (EU) 2019/1896 und andere einschlägige Faktoren zu berücksichtigen sind.“
4.Kapitel V erhält folgende Überschrift: „Bestimmte Maßnahmen in Bezug auf die Außengrenzen“
In Kapitel V wird folgender Artikel 21a eingefügt:
„Artikel 21a
Beschränkungen für Reisen in die Europäische Union
(1)Dieser Artikel findet Anwendung in Situationen, in denen das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten oder die Kommission in einem oder mehreren Drittstaaten das Auftreten einer Infektionskrankheit mit epidemischem Potenzial im Sinne der einschlägigen Instrumente der Weltgesundheitsorganisation feststellt.
(2)Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission eine Durchführungsverordnung erlassen, die vorübergehende Beschränkungen für Reisen in die Mitgliedstaaten vorsieht.
Diese vorübergehenden Reisebeschränkungen können Beschränkungen der Einreise in die Mitgliedstaaten und andere Maßnahmen umfassen, die für den Schutz der öffentlichen Gesundheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen als notwendig erachtet werden, beispielsweise Tests, Quarantäne und Selbstisolierung.
(3)Folgende Personengruppen sind unabhängig vom Zweck ihrer Reise von den Einreisebeschränkungen ausgenommen:
a)Personen, die nach dem Unionsrecht Anspruch auf freien Personenverkehr haben;
b)langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates und Personen, die ihr Aufenthaltsrecht aus anderen Rechtsvorschriften der Union oder nationalen Rechtsvorschriften ableiten oder Inhaber eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt sind, sowie ihre Familienangehörigen.
(4) In der in Absatz 1 genannten Durchführungsverordnung wird gegebenenfalls Folgendes festgelegt:
a)alle Gruppen von Personen, die nicht unbedingt notwendige Reisen unternehmen, die von allen Reisebeschränkungen auszunehmen sind;
b)alle geografischen Gebiete oder Drittstaaten, aus denen nicht unbedingt notwendige Reisen Beschränkungen oder Ausnahmen von Beschränkungen unterliegen können, unter Berücksichtigung der besonderen Situation der betreffenden Gebiete oder Länder auf der Grundlage objektiver Methoden und Kriterien, einschließlich insbesondere der epidemiologischen Lage;
c)die Bedingungen, unter denen nicht unbedingt notwendige Reisen gemäß den Buchstaben a und b Beschränkungen unterliegen oder von Beschränkungen ausgenommen werden können, einschließlich der Nachweise, die zur Begründung der Ausnahme vorzulegen sind, und der Bedingungen in Bezug auf Dauer und Art des Aufenthalts in den unter Buchstabe b genannten Gebieten oder Ländern;
d)die Bedingungen, unter denen ausnahmsweise Reisebeschränkungen für Personen, die unbedingt notwendige Reisen durchführen, verhängt werden können, wenn sich die epidemiologische Lage rasch verschlechtert und insbesondere wenn eine besorgniserregende Variante oder eine Variante unter Beobachtung festgestellt wurde.
(5) Beschränkungen für unbedingt notwendige Reisen gemäß Absatz 4 Buchstabe d dürfen keine Einreisebeschränkungen für die in Anhang XI Ziffer i und Ziffern iv bis viii aufgeführten Reisenden umfassen.“
5.Artikel 23 erhält folgende Fassung:
„Artikel 23
Ausübung hoheitlicher Befugnisse
Das Ausbleiben der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen berührt nicht:
a)die Ausübung polizeilicher oder anderer hoheitlicher Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet, einschließlich ihren Binnengrenzgebieten, nach Maßgabe des nationalen Rechts, sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat.
Die Ausübung ihrer Befugnisse durch die zuständigen Behörden darf insbesondere dann nicht der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden, wenn die Maßnahmen
i)keine Grenzkontrollen zum Ziel haben;
ii)auf allgemeinen Informationen und Erfahrungen der zuständigen Behörden in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung beruhen und insbesondere darauf abzielen,
–die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen;
–irregulären Aufenthalten im Zusammenhang mit irregulärer Migration entgegenzuwirken; oder
–die Ausbreitung einer vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten festgestellten Infektionskrankheit mit epidemischem Potenzial einzudämmen;
iii)in einer Weise konzipiert sind und durchgeführt werden, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterscheidet, auch wenn sie an Verkehrsknotenpunkten oder direkt an Bord von Personenverkehrsdiensten durchgeführt werden und wenn sie auf Risikoanalysen beruhen;
iv)gegebenenfalls auf der Grundlage von im Hoheitsgebiet allgemein eingesetzten Kontroll- und Überwachungstechnologien zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Ordnung gemäß Ziffer ii durchgeführt werden;
b)die Möglichkeit eines Mitgliedstaats zur Durchführung von Sicherheitskontrollen bei Personen an Verkehrsknotenpunkten durch die zuständigen Behörden nach Maßgabe des nationalen Rechts oder durch die Beförderungsunternehmer, sofern diese Kontrollen auch bei Personen vorgenommen werden, die Reisen innerhalb des Mitgliedstaats unternehmen;
c)die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, in ihren Rechtsvorschriften die Verpflichtung zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen vorzusehen;
d)die Möglichkeit eines Mitgliedstaats, die Verpflichtung für Drittstaatsangehörige, ihre Anwesenheit in seinem Hoheitsgebiet gemäß Artikel 22 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (im Folgenden „Schengener Durchführungsübereinkommen“) zu melden, gesetzlich vorzuschreiben;
e)die von den zuständigen Behörden nach geltendem Recht zu Sicherheitszwecken durchgeführten Abgleiche von Angaben über die beförderten Personen mit einschlägigen Datenbanken über Reisende im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen.“
6.Folgender Artikel 23a wird eingefügt:
„Artikel 23a
Verfahren zur Überstellung von an den Binnengrenzen aufgegriffenen Personen
(1) Dieser Artikel findet Anwendung auf den Aufgriff eines Drittstaatsangehörigen in der Nähe der Binnengrenzen, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a)Der betreffende Drittstaatsangehörige erfüllt die Einreisevoraussetzungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 nicht oder nicht mehr;
b)der Drittstaatsangehörige fällt nicht unter die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a;
c)der Drittstaatsangehörige wird im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit der Polizei, insbesondere im Zuge gemeinsamer Polizeipatrouillen, aufgegriffen;
d)auf der Grundlage von den aufgreifenden Behörden unmittelbar zur Verfügung stehenden Informationen, einschließlich Aussagen der betreffenden Person, Identitäts-, Reise- oder sonstigen Dokumenten im Besitz dieser Person oder Ergebnissen von Abfragen in einschlägigen nationalen Datenbanken und Datenbanken der Union, gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass der Drittstaatsangehörige direkt aus einem anderen Mitgliedstaat eingetroffen ist.
(2) Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats können auf der Grundlage der Feststellung, dass der betreffende Drittstaatsangehörige nicht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats berechtigt ist, beschließen, die Person gemäß dem Verfahren in Anhang XII unverzüglich in den Mitgliedstaat zu überstellen, aus dem die Person eingereist ist oder dies versucht hat.
(3)Wendet ein Mitgliedstaat das in Absatz 2 genannte Verfahren an, so ist der übernehmende Mitgliedstaat verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den betreffenden Drittstaatsangehörigen gemäß den Verfahren in Anhang XII aufzunehmen.
(4)Ab dem [ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung] und danach jährlich übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission die gemäß Anhang XII Nummer 3 aufgezeichneten Daten über die Anwendung der Absätze 1, 2 und 3.“
7.Artikel 24 Absatz 1 erhält folgende Fassung:
„Die Mitgliedstaaten beseitigen alle Hindernisse für den flüssigen Verkehr an den Straßenübergängen der Binnengrenzen, insbesondere Geschwindigkeitsbeschränkungen, die nicht ausschließlich auf Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit beruhen oder für den Einsatz der in Artikel 23 Buchstabe a Ziffer iv genannten Technologien erforderlich sind.“
8.Artikel 25 erhält folgende Fassung:
„Artikel 25
Allgemeiner Rahmen für die vorübergehende Wiedereinführung oder Verlängerung von Kontrollen an den Binnengrenzen
(1)Ist im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit in einem Mitgliedstaat ernsthaft bedroht, so ist diesem Mitgliedstaat unter außergewöhnlichen Umständen die Wiedereinführung von Kontrollen an allen oder bestimmten Abschnitten seiner Binnengrenzen gestattet.
Eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit kann insbesondere als gegeben erachtet werden bei
a)Aktivitäten im Zusammenhang mit Terrorismus oder organisierter Kriminalität;
b)einer gravierenden Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit;
c)einer Situation, in der eine sehr hohe Zahl unerlaubter Migrationsbewegungen von Drittstaatsangehörigen zwischen den Mitgliedstaaten stattfindet, die das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet;
d)großen oder prominenten internationalen Veranstaltungen wie Sport-, Handels- oder politischen Veranstaltungen.
(2)Grenzkontrollen gemäß den Artikeln 25a und 28 können nur dann eingeführt werden, wenn ein Mitgliedstaat festgestellt hat, dass eine solche Maßnahme unter Berücksichtigung der in Artikel 26 Absatz 1 genannten Kriterien und, falls diese Kontrollen verlängert werden, auch der in Artikel 26 Absatz 2 genannten Kriterien erforderlich und verhältnismäßig ist. Grenzkontrollen können auch gemäß Artikel 29 unter Berücksichtigung der in Artikel 30 genannten Kriterien wieder eingeführt werden.
In allen Fällen werden Kontrollen an den Binnengrenzen nur als letztes Mittel wiedereingeführt. Die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen darf in Umfang und Dauer nicht über das Maß hinausgehen, das zur Bewältigung der festgestellten ernsthaften Bedrohung unbedingt erforderlich ist.
(3)Hält dieselbe Bedrohung weiter an, so können die Kontrollen an den Binnengrenzen gemäß Artikel 25a, 28 oder 29 verlängert werden.
Dieselbe Bedrohung gilt als gegeben, wenn die Begründung des Mitgliedstaats für die Verlängerung der Grenzkontrollen auf der Feststellung beruht, dass dieselbe Bedrohung, die die ursprüngliche Wiedereinführung der Grenzkontrollen gerechtfertigt hatte, weiterhin besteht.“
9.Ein neuer Artikel 25a wird nach Artikel 25 eingefügt:
„Artikel 25a
Verfahren für Fälle, die Maßnahmen aufgrund unvorhersehbarer oder vorhersehbarer Ereignisse erfordern
(1)Ist aufgrund einer unvorhersehbaren ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in einem Mitgliedstaat sofortiges Handeln erforderlich, so kann der Mitgliedstaat in Ausnahmefällen sofort wieder Kontrollen an den Binnengrenzen einführen.
(2)Der Mitgliedstaat unterrichtet gleichzeitig mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach Absatz 1 die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten von der Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Einklang mit Artikel 27 Absatz 1.
(3)Für die Zwecke des Absatzes 1 können Kontrollen an den Binnengrenzen für einen begrenzten Zeitraum von bis zu einem Monat sofort wieder eingeführt werden. Hält die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit über diesen Zeitraum hinaus an, so kann der Mitgliedstaat die Kontrollen an den Binnengrenzen für weitere Zeiträume bis zu einer Dauer von höchstens drei Monaten verlängern.
(4)Ist eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in einem Mitgliedstaat vorhersehbar, so teilt der Mitgliedstaat dies der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 27 Absatz 1 spätestens vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung der Grenzkontrollen oder innerhalb einer kürzeren Frist mit, wenn die Umstände, welche die Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, weniger als vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung bekannt werden.
(5)Für die Zwecke des Absatzes 4 und unbeschadet des Artikels 27a Absatz 4 können Kontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten wieder eingeführt werden. Dauert die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit über diesen Zeitraum hinaus an, so kann der Mitgliedstaat die Kontrollen an den Binnengrenzen für verlängerbare Zeiträume von bis zu sechs Monaten verlängern.
Eine Verlängerung ist der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 27 und innerhalb der in Absatz 4 genannten Fristen mitzuteilen. Vorbehaltlich des Artikels 27a Absatz 5 darf die Höchstdauer der Kontrollen an den Binnengrenzen zwei Jahre nicht überschreiten.
(6)Der in Absatz 5 genannte Zeitraum schließt die in Absatz 3 genannten Zeiträume nicht ein.“
10.Artikel 26 erhält folgende Fassung:
„Artikel 26
Kriterien für die vorübergehende Wiedereinführung und Verlängerung von Kontrollen an den Binnengrenzen
(1)Zur Feststellung, ob die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Einklang mit Artikel 25 erforderlich und verhältnismäßig ist, berücksichtigt ein Mitgliedstaat insbesondere:
a)die Geeignetheit der Maßnahme der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen angesichts der Art der ermittelten ernsthaften Bedrohung und insbesondere, ob mit der Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit voraussichtlich angemessen begegnet werden kann;
b) die voraussichtlichen Auswirkungen dieser Maßnahme:
–auf den Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und
–das Funktionieren der Grenzregionen unter Berücksichtigung der engen sozialen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen ihnen.
(2)Beschließt ein Mitgliedstaat nach Artikel 25a Absatz 5, die Kontrollen an den Binnengrenzen zu verlängern, so bewertet er zudem eingehend, ob die Ziele einer solchen Verlängerung erreicht werden könnten durch:
a)alternative Maßnahmen wie verhältnismäßige Kontrollen im Rahmen der rechtmäßigen Ausübung der Befugnisse nach Artikel 23 Buchstabe a;
b)das in Artikel 23a genannte Verfahren;
c)Formen der polizeilichen Zusammenarbeit nach Unionsrecht, darunter zu Angelegenheiten wie gemeinsame Patrouillen, gemeinsame Aktionen, gemeinsame Ermittlungsgruppen, grenzüberschreitende Nacheile oder grenzüberschreitende Observation.
(3)Wurden Kontrollen an den Binnengrenzen wieder eingeführt oder verlängert, so stellen die betroffenen Mitgliedstaaten gegebenenfalls sicher, dass diese mit geeigneten Maßnahmen einhergehen, um die Auswirkungen der Wiedereinführung von Grenzkontrollen auf Personen und den Güterverkehr unter besonderer Berücksichtigung der Grenzregionen zu mindern.“
11.Artikel 27 erhält folgende Fassung:
„Artikel 27
Mitteilung über die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen und Risikoanalyse
(1)Die Mitteilung eines Mitgliedstaats über die Wiedereinführung oder Verlängerung von Kontrollen an den Binnengrenzen enthält folgende Angaben:
a)die Gründe für die Wiedereinführung oder Verlängerung, einschließlich sämtlicher sachdienlichen Daten zu den Ereignissen, die eine ernsthafte Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit darstellen;
b)den Umfang der geplanten Wiedereinführung oder Verlängerung mit Angabe des Abschnitts/der Abschnitte der Binnengrenzen, an dem/denen die Kontrollen wieder eingeführt oder verlängert werden sollen;
c)die Bezeichnung der zugelassenen Grenzübergangsstellen;
d)den Zeitpunkt und die Dauer der geplanten Wiedereinführung oder Verlängerung;
e)Überlegungen hinsichtlich der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit nach Artikel 26 Absatz 1 bzw. im Fall einer Verlängerung nach Artikel 26 Absatz 2;
f)gegebenenfalls die von den anderen Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen.
Eine Mitteilung kann von zwei oder mehr Mitgliedstaaten gemeinsam erfolgen.
Die Mitteilung erfolgt im Einklang mit einem Muster, das von der Kommission im Wege eines Durchführungsrechtsakts festzulegen und online zur Verfügung zu stellen ist. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 38 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
(2)Wurden Grenzkontrollen nach Artikel 25a Absatz 4 über einen Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt, so ist jeder weiteren Mitteilung über die Verlängerung dieser Kontrollen eine Risikoanalyse beizufügen. In der Risikoanalyse sind der Umfang und die voraussichtliche Entwicklung der ermittelten ernsthaften Bedrohung darzulegen, insbesondere wie lange die ernsthafte Bedrohung voraussichtlich dauern wird und welche Abschnitte der Binnengrenzen betroffen sein können, sowie Informationen über Koordinierungsmaßnahmen mit anderen Mitgliedstaaten, die von diesen Maßnahmen betroffen sind oder voraussichtlich betroffen sein werden.
(3)Bezieht sich die Wiedereinführung oder Verlängerung der Grenzkontrollen auf eine sehr hohe Zahl unerlaubter Migrationsbewegungen nach Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe b, so sind in der Risikoanalyse auch der Umfang und die Tendenzen solcher unerlaubten Migrationsbewegungen, einschließlich Informationen der einschlägigen EU-Agenturen im Einklang mit ihren jeweiligen Mandaten und Datenanalysen aus einschlägigen Informationssystemen, anzugeben.
(4)Der betroffene Mitgliedstaat übermittelt auf Ersuchen der Kommission alle weiteren Informationen, einschließlich über Koordinierungsmaßnahmen mit den Mitgliedstaaten, die von der geplanten Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen betroffen sind, sowie weitere Informationen, die erforderlich sind, um die mögliche Nutzung von Maßnahmen nach den Artikeln 23 und 23a zu prüfen.
(5)Der Mitgliedstaat, der eine Mitteilung nach Absatz 1 oder 2 macht, kann, sofern dies erforderlich ist und seinem nationalen Recht entspricht, beschließen, die übermittelten Informationen ganz oder teilweise als Verschlusssache einzustufen.
Diese Einstufung schließt den Zugang zu Informationen über geeignete und sichere Kanäle der polizeilichen Zusammenarbeit durch andere von der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen betroffenen Mitgliedstaaten nicht aus.“
12.Folgender Artikel 27 a wird eingefügt:
„Artikel 27 a
Konsultation der Mitgliedstaaten und Stellungnahme der Kommission
(1)Nach Eingang der nach Artikel 27 Absatz 1 übermittelten Mitteilung kann die Kommission gegebenenfalls einen Konsultationsprozess einrichten, gegebenenfalls einschließlich gemeinsamer Sitzungen zwischen dem Mitgliedstaat, der die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen plant, den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere jenen, die von diesen Maßnahmen unmittelbar betroffen sind, und den einschlägigen Agenturen der Union.
Die Konsultation betrifft insbesondere die festgestellte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit, die Bedeutung der beabsichtigten Wiedereinführung von Grenzkontrollen unter Berücksichtigung der Geeignetheit alternativer Maßnahmen, sowie die Möglichkeiten zur Gewährleistung einer gegenseitigen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den wieder eingeführten Grenzkontrollen.
Der Mitgliedstaat, der die Wiedereinführung oder Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen plant, trägt den Ergebnissen dieser Konsultation bei der Durchführung der Kontrollen an den Binnengrenzen weitestgehend Rechnung.
(2)Nach Eingang von Mitteilungen, die im Zusammenhang mit der Wiedereinführung oder Verlängerung von Kontrollen an den Binnengrenzen übermittelt werden, gibt die Kommission oder jeder andere Mitgliedstaat unbeschadet des Artikels 72 AEUV eine Stellungnahme ab, wenn sie aufgrund der in der Mitteilung und Risikoanalyse enthaltenen Informationen oder aufgrund anderer erhaltener Informationen Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit oder Verhältnismäßigkeit der geplanten Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen haben.
(3)Nach Eingang von Mitteilungen im Zusammenhang mit einer Verlängerung von Kontrollen an den Binnengrenzen nach Artikel 25a Absatz 4, die zur Fortsetzung der Kontrollen an den Binnengrenzen über eine Dauer von insgesamt 18 Monaten führen, gibt die Kommission eine Stellungnahme zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Kontrollen an den Binnengrenzen ab.
(4)Wird eine Stellungnahme nach Absatz 2 oder 3 abgegeben, so kann die Kommission einen Konsultationsprozess einrichten, um die Stellungnahme mit den Mitgliedstaaten zu erörtern. Die Kommission leitet diesen Prozess ein, wenn sie oder ein Mitgliedstaat in der Stellungnahme Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit oder Verhältnismäßigkeit der wieder eingeführten Kontrollen an den Binnengrenzen äußert.
(5)Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass eine außergewöhnliche Situation vorliegt, die Kontrollen an den Binnengrenzen über die in Artikel 25 Absatz 5 genannte Höchstdauer hinaus rechtfertigt, so teilt er dies der Kommission im Einklang mit Artikel 27 Absatz 2 mit. In der neuen Mitteilung des Mitgliedstaats muss die anhaltende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Kommission nach Absatz 3 begründet werden. Die Kommission gibt eine nachbereitende Stellungnahme ab.“
13.Artikel 28 erhält folgende Fassung:
„Artikel 28
Spezifischer Mechanismus, wenn eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet
(1)Stellt die Kommission fest, dass dieselbe ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit die Mehrheit der Mitgliedstaaten betrifft und damit das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet, kann sie dem Rat einen Vorschlag für den Erlass eines Durchführungsbeschlusses zur Genehmigung der Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Mitgliedstaaten unterbreiten, wenn die in den Artikeln 23 und 23a genannten Maßnahmen nicht ausreichen, um der Bedrohung zu begegnen.
(2)Der Beschluss erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs Monaten und kann auf Vorschlag der Kommission unter Berücksichtigung der in Absatz 5 genannten Prüfung um weitere Zeiträume von bis zu sechs Monaten verlängert werden, solange die Bedrohung andauert.
(3)Führt ein Mitgliedstaat aufgrund der Bedrohung nach Absatz 1 Grenzkontrollen ein bzw. verlängert diese, so unterliegen diese Kontrollen ab dem Inkrafttreten des Beschlusses des Rates diesem Beschluss.
(4)Der Beschluss des Rates nach Absatz 1 bezieht sich auch auf geeignete risikomindernde Maßnahmen, die auf nationaler Ebene und Unionsebene festgelegt werden, um die Auswirkungen der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu minimieren.
(5)Die Kommission überprüft die Entwicklung der festgestellten Bedrohung sowie die Auswirkungen der im Einklang mit dem Beschluss des Rates nach Absatz 1 erlassenen Maßnahmen mit Blick darauf, ob die Maßnahmen weiterhin gerechtfertigt sind.
(6)Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten im Rat unverzüglich über eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Einklang mit dem in Absatz 1 genannten Beschluss.
(7)Die Kommission kann eine Empfehlung mit anderen als den in den Artikeln 23 und 23a genannten Maßnahmen unterbreiten, die die Kontrollen an den Binnengrenzen ergänzen oder geeigneter sein könnten, der festgestellten Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit nach Absatz 1 zu begegnen.“
14.Artikel 31 wird wie folgt geändert:
a)Artikel 31 wird Absatz 1;
b)folgender Absatz 2 wird angefügt:
„(2)
Teilt ein Mitgliedstaat der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mit, dass er im Einklang mit Artikel 27 Absatz 1 wieder Kontrollen an den Binnengrenzen einführt, so informiert er gleichzeitig das Europäische Parlament und den Rat über Folgendes:
a)Einzelheiten zu den Binnengrenzen, an denen wieder Kontrollen eingeführt werden sollen;
b)die Gründe für die geplante Wiedereinführung;
c)die Bezeichnung der zugelassenen Grenzübergangsstellen;
d)den Zeitpunkt und die Dauer der geplanten Wiedereinführung;
e)gegebenenfalls die von den anderen Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen.
(3) Diese Informationen können von den Mitgliedstaaten nach Artikel 27 Absatz 4 als Verschlusssache eingestuft werden.
Die Mitgliedstaaten sind in berechtigten Fällen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nicht verpflichtet, alle in Absatz 2 genannten Informationen anzugeben.
Die Einstufung als Verschlusssache schließt nicht aus, dass die Kommission dem Europäischen Parlament Informationen zur Verfügung stellt. Die Übermittlung und Behandlung der dem Europäischen Parlament nach diesem Artikel übermittelten Informationen und Dokumente erfolgt gemäß den Regeln für die Weiterleitung und Behandlung von Verschlusssachen, die zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission gelten.“
15.Artikel 33 erhält folgende Fassung:
„Artikel 33
Bericht über die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen
(1)Innerhalb von vier Wochen nach Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen legen die Mitgliedstaaten, die die Kontrollen an den Binnengrenzen durchgeführt haben, dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission einen Bericht über die Wiedereinführung bzw. die Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen vor.
(2)Werden Grenzkontrollen nach Artikel 25a Absatz 5 verlängert, so übermittelt der betroffene Mitgliedstaat unbeschadet des Absatzes 1 nach Ablauf von 12 Monaten und danach alle 12 Monate einen Bericht, wenn die Grenzkontrollen ausnahmsweise aufrechterhalten werden.
(3)In dem Bericht gilt es insbesondere, die erste Bewertung und die Folgebewertung der Erforderlichkeit der Grenzkontrollen und die Einhaltung der in Artikel 26 genannten Kriterien, die Durchführung der Kontrollen, die praktische Zusammenarbeit mit den benachbarten Mitgliedstaaten, die Auswirkungen auf den freien Personenverkehr und die Wirksamkeit der Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen, einschließlich einer Ex-post-Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen, darzulegen.
(4)Die Kommission legt ein einheitliches Format für diesen Bericht fest und stellt es online zur Verfügung.
(5)Die Kommission kann eine Stellungnahme zu dieser Ex-post-Bewertung der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an einer oder mehreren Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen abgeben.
(6)Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens einmal im Jahr einen Bericht über das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen (der sogenannte ‚Schengen-Statusbericht‘) vor. Der Bericht enthält eine Liste aller Beschlüsse zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Laufe des betreffenden Jahres. Er enthält zudem Informationen über Tendenzen innerhalb des Schengen-Raums bezüglich unerlaubter Migrationsbewegungen von Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung von verfügbaren Informationen einschlägiger Agenturen der Union, Datenanalysen einschlägiger Informationssysteme und einer Bewertung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Berichtszeitraum.“
16.In Artikel 39 Absatz 1 wird folgender Buchstabe h angefügt:
„h)Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche lokalen Verwaltungsgebiete als Grenzregionen gelten, sowie etwaige diesbezügliche Änderungen.“
17.Folgender Artikel 42b wird eingefügt:
„Artikel 42b
Mitteilung von Grenzregionen
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission spätestens [zwei Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung] die Gebiete ihres Hoheitsgebiets mit, die als Grenzregionen gelten.
Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über etwaige diesbezügliche Änderungen.“
18.Folgender Anhang XI wird angefügt:
„ANHANG XI
Unbedingt notwendige Reisen
Das Reisen in Ausübung einer wichtigen Funktion oder aus zwingend notwendigen Gründen im Sinne von Artikel 2 Nummer 23 umfasst folgende Funktionen oder Gründe:
i)Gesundheitspersonal, Gesundheitsforscher und Altenpflegepersonal;
ii)Grenzgänger;
iii)Transportpersonal;
iv)Diplomaten, Personal internationaler Organisationen, von internationalen Organisationen eingeladene Personen, deren Anwesenheit für das reibungslose Funktionieren dieser Organisationen erforderlich ist, militärisches Personal, humanitäre Helfer und Katastrophenschutzkräfte in Ausübung ihrer Tätigkeit;
v)Passagiere im Transitverkehr;
vi)Passagiere, die aus zwingenden familiären Gründen reisen;
vii)Seeleute;
viii)Personen, die internationalen Schutz oder Schutz aus anderen humanitären Gründen benötigen.“
19.Es wird ein neuer Anhang XII angefügt:
„ANHANG XII
TEIL A
Verfahren zur Überstellung von an den Binnengrenzen aufgegriffenen Personen
(1)Die Gründe für die Feststellung, dass eine Person nicht zum Aufenthalt berechtigt ist, werden in den Entscheidungen aufgeführt. Die Entscheidungen sind unmittelbar wirksam.
(2)Die Entscheidung wird unter Verwendung eines von der zuständigen nationalen Behörde ausgefüllten Standardformulars nach Teil B erlassen.
Das ausgefüllte Standardformular wird dem betreffenden Drittstaatsangehörigen vorgelegt, der den Empfang der Entscheidung durch seine Unterschrift auf diesem Standardformular bestätigt und eine Kopie des unterzeichneten Formulars erhält.
Verweigert der Drittstaatsangehörige die Unterzeichnung des Standardformulars, so vermerkt die zuständige Behörde dies im Feld „Bemerkungen“ des Formulars.
(3)Wenn die nationalen Behörden eine Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung verfügen, erfassen sie die folgenden Daten:
a)die Identität und die Staatsangehörigkeit des betreffenden Drittstaatsangehörigen, soweit diese von ihnen festgestellt werden können,
b)die Angaben des Ausweisdokuments, soweit vorhanden,
c)soweit vorhanden: Kopien aller Dokumente oder Daten betreffend die Identität und die Staatsangehörigkeit des betreffenden Drittstaatsangehörigen in Verbindung mit den Daten der einschlägigen nationalen Datenbanken und Datenbanken der Union,
d)die Verweigerungsgründe,
e)das Datum der Verweigerungsverfügung,
f)den Mitgliedstaat, in den der betreffende Drittstaatsangehörige überstellt wurde.
(4)In Bezug auf Einreise- oder Aufenthaltsverweigerungen erfassen die nationalen Behörden die folgenden Daten:
a)Zahl der Personen, denen die Einreise verweigert wurde,
b)Zahl der Personen, denen der Aufenthalt verweigert wurde,
c)Zahl der überstellten Personen,
d)Überstellungsmitgliedstaaten,
e)soweit bekannt: die Staatsangehörigkeiten der aufgegriffenen Drittstaatsangehörigen,
f)Gründe für die Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung,
g)Art der Grenze nach Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399, an der die Drittstaatsangehörigen überstellt wurden.
(5)Personen, denen die Einreise oder der Aufenthalt verweigert wird, steht ein Rechtsmittel zu. Die Verfahren für die Einlegung des Rechtsmittels bestimmen sich nach nationalem Recht. Dem Drittstaatsangehörigen werden in einer Sprache, die er versteht oder bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht, schriftliche Angaben zu Kontaktstellen gemacht, die ihn über eine rechtliche Vertretung, die entsprechend dem nationalen Recht in seinem Namen vorgehen kann, unterrichten können. Die Einlegung eines solchen Rechtsmittels hat keine aufschiebende Wirkung.
(6)Die nach nationalem Recht befugten Behörden stellen sicher, dass Drittstaatsangehörige, denen die Einreise oder der Aufenthalt verweigert wird, unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden an die zuständigen Behörden des benachbarten Mitgliedstaats überstellt werden. Die nach nationalem Recht befugten Behörden des benachbarten Mitgliedstaats arbeiten zu diesem Zweck mit den Behörden des Mitgliedstaats zusammen.
(7)Wurde der Drittstaatsangehörige, gegen den eine Entscheidung nach Absatz 1 erging, von einem Beförderungsunternehmer an die Außengrenze verbracht, so kann die örtlich zuständige Behörde
a)den Beförderungsunternehmer anweisen, den Drittstaatsangehörigen unverzüglich in den Mitgliedstaat zu befördern, aus dem er verbracht wurde,
b)bis zur Durchführung des Weitertransports unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten nach Maßgabe des nationalen Rechts geeignete Maßnahmen treffen, um die unerlaubte Einreise von Drittstaatsangehörigen, denen die Einreise verweigert wurde, zu verhindern.
TEIL B
Standardformular für die Überstellung von an den Binnengrenzen aufgegriffenen Personen
Name des Staates
Staatsemblem (Name der Dienststelle)
____________________________
________________________________________________________________________(1)
ÜBERSTELLUNG AN DER BINNENGRENZE
Am ___________________(Datum) um ___________(Uhrzeit) in ___________________________________________(Ort – bitte die Art der nächstgelegenen Binnengrenze oder sonstige relevante Informationen im Zusammenhang mit dem Aufgriff durch eine gemeinsame Patrouille angeben)
ist dem Unterzeichnenden __________________________________________________________________________________ die folgende Person vorgeführt worden:
Personenbezogene Daten (sofern verfügbar)
Nachname ____________________________________________________ Vorname _______________________________________
Geburtsdatum____________________________ Geburtsort ____________________________________________ Geschlecht _______
Staatsangehörigkeit _____________________________________ wohnhaft in _______________________________________________
Art des Identitätsdokuments _____________________________________________ Nummer_________________________________
Ausgestellt in _____________________________________________ am _______________________________________
Visum-Nr. (falls vorhanden) ________________________ Art _________________ erteilt von ________________________________________________
Gültig von ________________________ bis ________________________
Gültigkeitsdauer ________ Tage: __________________________________________________________________
Er/sie kam aus _________________________ mit __________________(benutztes Transportmittel, z.B. Flugnummer, angeben) und wird hiermit davon in Kenntnis gesetzt, dass er/sie nicht zum Aufenthalt in diesem Staat berechtigt ist und gemäß _______________________________ (genaue Angabe der geltenden nationalen Rechtsvorschriften) nach ______________________ überstellt wird.
Die Aufenthaltsverweigerung ist dadurch begründet, dass er/sie:
□ (A) kein gültiges Reisedokument besitzt
□ (B) ein falsches, gefälschtes oder verfälschtes Reisedokument mit sich führt
□ (C) kein gültiges Visum oder keinen gültigen Aufenthaltstitel besitzt
□ (D) ein falsches, gefälschtes oder verfälschtes Visum oder einen falschen, gefälschten oder verfälschten Aufenthaltstitel mit sich führt
□ (E) nicht die erforderlichen Dokumente zum Nachweis von Aufenthaltszweck und -bedingungen vorweisen kann.
Folgende(s) Dokument(e) wurde(n) nicht vorgelegt: ___________________________________________________________________
□ (F) sich bereits 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgehalten hat
□ (G) nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Verhältnis zur Dauer und zu den Umständen des Aufenthalts oder für die Rückkehr in das Herkunfts- oder Durchreiseland verfügt
□ (H) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist:
□ im SIS
□ im nationalen Verzeichnis
□ (I) eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines oder mehrerer der Mitgliedstaaten der Europäischen Union darstellt (Jeder Staat muss Angaben zu den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften für diese Überstellung machen.)
Bemerkungen
□ Er/sie hat die Unterzeichnung dieses Formulars verweigert.
Die betroffene Person
Der Kontrollbeamte
Der/die Betroffene kann nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften Rechtsmittel gegen die verfügte Aufenthaltsverweigerung einlegen. Dem/der Betroffenen wird eine Kopie dieses Dokuments ausgehändigt. (Jeder Staat muss in Bezug auf das Rechtsmittel Angaben zu den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren machen.)
|
Artikel 2
Änderung der Richtlinie 2008/115/EG
(1) Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2008/115/EG erhält folgende Fassung:
„(3) Die Mitgliedstaaten können davon absehen, eine Rückkehrentscheidung gegen einen illegal in ihrem Gebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen zu erlassen, wenn diese Person nach dem in Artikel 23a der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates* festgelegten Verfahren oder aufgrund von bilateralen Abkommen oder Vereinbarungen von einem anderen Mitgliedstaat wieder aufgenommen wird.
Der Mitgliedstaat, der den betreffenden Drittstaatsangehörigen gemäß Unterabsatz 1 wieder aufgenommen hat, erlässt eine Rückkehrentscheidung gemäß Absatz 1. In solchen Fällen findet die in Unterabsatz 1 genannte Ausnahmeregelung keine Anwendung.
Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission unverzüglich über alle bestehenden und neuen bilateralen Abkommen oder Vereinbarungen und melden etwaige Änderungen.
* Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1).“
Artikel 3
Umsetzung der Änderung der Richtlinie 2008/115/EG
(2) Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens am [6 Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung] die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um Artikel 2 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.
Sie wenden diese Vorschriften ab dem [6 Monate nach Inkrafttreten] an.
Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf Artikel 2 dieser Verordnung Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
Artikel 4
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 1 Nummer 6 gilt jedoch ab dem [Datum, ab dem die Änderung nach Artikel 2 in den Mitgliedstaaten anwendbar ist].
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen zu Straßburg am […]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Der Präsident /// Die Präsidentin
Der Präsident /// Die Präsidentin