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Document 52021PC0735

Vorschlag für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES zur Ermächtigung Frankreichs, eine von den Artikeln 218 und 232 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen

COM/2021/735 final

Brüssel, den 1.12.2021

COM(2021) 735 final

2021/0388(NLE)

Vorschlag für einen

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung Frankreichs, eine von den Artikeln 218 und 232 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen


BEGRÜNDUNG

Gemäß Artikel 395 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 1 (im Folgenden „MwSt-Richtlinie“) kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von dieser Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehung oder -umgehung zu verhindern.

Frankreich beantragte mit einem bei der Kommission am 12. April 2021 registrierten Schreiben die Ermächtigung, von den Artikeln 218, 178 und 232 der MwSt-Richtlinie abzuweichen, um eine obligatorische elektronische Rechnungsstellung für alle im Hoheitsgebiet Frankreichs ansässigen Steuerpflichtigen vorschreiben zu können. Die Ermächtigung wurde für den Zeitraum vom 1. Dezember 2021 bis zum 31. Dezember 2028 beantragt.

Mit einem am 20. September 2021 bei der Kommission registrierten Schreiben beantragte Frankreich ferner, dass sich die Ermächtigung zur Abweichung nur auf die Artikel 218 und 232 der MwSt-Richtlinie beziehen und vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026 gelten solle.

Gemäß Artikel 395 Absatz 2 Unterabsatz 2 der MwSt-Richtlinie unterrichtete die Kommission die übrigen Mitgliedstaaten mit ihrem Schreiben vom 29. September 2021 über den Antrag Frankreichs. Mit Schreiben vom 30. September 2021 teilte die Kommission Frankreich mit, dass sie über alle für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Angaben verfügt.

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Frankreich beantragte eine abweichende Sondermaßnahme gemäß Artikel 395 der MwSt-Richtlinie, um eine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung für inländische Transaktionen zwischen allen im Hoheitsgebiet Frankreichs ansässigen Mehrwertsteuerpflichtigen auf der Grundlage des Artikels 153 des Haushaltsgesetzes für 2020 und des Artikels 195 des Haushaltsgesetzes für 2021 einführen zu können. Dies wird damit einhergehen, dass diese Steuerpflichtigen verpflichtet sind, bestimmte zusätzliche Daten an die Steuerbehörden zu übermitteln.

Frankreich ist der Auffassung, dass die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung die Betrugsbekämpfung und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessern wird. Zudem wird dadurch die Erfassung der Wirtschaftstätigkeit in Echtzeit verbessert, sodass die Wirtschaftspolitik so weit wie möglich an die wirtschaftliche Realität der Akteure angepasst werden kann. Durch die Vorerfassung der Steuererklärungen trägt diese Verpflichtung ferner zur Vereinfachung der Mehrwertsteuermeldepflichten der Unternehmen bei.

Gemäß Artikel 218 der MwSt-Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten als Rechnungen alle auf Papier oder elektronisch vorliegenden Dokumente oder Mitteilungen anerkennen. Frankreich würde daher gerne von diesem Artikel der MwSt-Richtlinie abweichen, damit nur elektronische Rechnungen in hybridem oder strukturiertem Format von der französischen Steuerverwaltung als Rechnungen anerkannt werden können.

Gemäß Artikel 232 der MwSt-Richtlinie unterliegt die Verwendung elektronischer Rechnungen der Zustimmung durch den Rechnungsempfänger. Die Einführung einer Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung in Frankreich erfordert daher eine Abweichung von diesem Artikel, sodass der Aussteller einer papierlosen Rechnung nicht mehr die Zustimmung des Rechnungsempfängers einholen muss.

Frankreich macht geltend, dass die Einführung einer allgemeinen Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung unter dem Gesichtspunkt der Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung Vorteile mit sich bringen und gleichzeitig die freiwillige Einhaltung der Steuergesetze erleichtern würde. Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung einhergehend mit der Übermittlung zusätzlicher Transaktionsdaten durch ein System, an dem zertifizierte private Plattformen und eine zentrale öffentliche Plattform beteiligt sind, wird es der Steuerverwaltung tatsächlich ermöglichen, die Übereinstimmung der angemeldeten und erhobenen Mehrwertsteuer mit den ausgestellten und empfangenen Rechnungen in Echtzeit zu prüfen. Daher werden die Kapazitäten der Verwaltung, Mehrwertsteuerbetrug zu verhindern und zu bekämpfen, erheblich verbessert.

Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung gilt nur für Transaktionen zwischen Steuerpflichtigen (B2B). Die Transaktionsdaten, an denen Endverbraucher beteiligt sind (B2C), werden über ein anderes System gemeldet. Im Fall eines innergemeinschaftlichen Erwerbs behalten die Steuerpflichtigen ihr Recht, Rechnungen in Papierform zu erhalten. Es sei darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung für Transaktionen zwischen Unternehmen und Behörden (B2G) in Frankreich zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 1. Januar 2020 schrittweise in Kraft getreten ist. Daher sind Unternehmen, die elektronische Rechnungen für B2G-Transaktionen bereits über die von der staatlichen Agentur für Finanzinformationstechnologie (Agence pour l'informatique financière de l'Etat, AIFE) entwickelte Plattform für elektronische Rechnungsstellung Chorus Pro ausgestellt haben, schon für die Ausweitung der Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf B2B-Transaktionen ausgestattet und vorbereitet. Frankreich macht geltend, dass die Mehrzahl der französischen Mehrwertsteuerpflichtigen bereits Rechnungen in elektronischer Form übermittelt oder erhält. Frankreich zufolge haben im Jahr 2017 nur 31 % der französischen Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten die Rechnungsstellung in Papierform genutzt, wobei dieser Anteil seit diesem Zeitpunkt wahrscheinlich zurückgegangen ist. Die Umstellung auf ein elektronisches Format führt zu einer dauerhaften Abschaffung des Papierformats bei der Bearbeitung von Rechnungen und somit zu erheblichen Einsparungen für die Unternehmen.

Frankreich ist der Auffassung, dass die elektronische Rechnungsstellung den Steuerpflichtigen Vorteile bringen wird, wie die Verkürzung von Zahlungsfristen für den Lieferanten, die Senkung der Druckkosten und Postgebühren, die Senkung der Kosten sowie Verringerung der Verzögerungen bei der Verarbeitung von Rechnungsdaten, die Senkung der Lagerkosten und die Senkung der Ausbildungs- und Systementwicklungskosten.

Frankreich sieht eine schrittweise Einführung der Verpflichtung vor, um den Übergang sowie Unterstützung für das neue System, angepasst an jede Art von Unternehmen, zu ermöglichen. Ab 2024 gilt für alle Unternehmen eine Verpflichtung, die elektronischen Rechnungen zu empfangen. Eine schrittweise Einführung der Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung ist entsprechend der Unternehmensgröße geplant: 2024 für große Unternehmen, 2025 für Unternehmen mit 250 bis 4 999 Beschäftigten und einem Umsatz von weniger als 1,5 Mrd. EUR und 2026 für kleine und mittlere Unternehmen und sehr kleine Unternehmen, einschließlich Steuerpflichtiger, die die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen gemäß Artikel 282 der MwSt-Richtlinie in Anspruch nehmen.

Um die Interoperabilität des Austauschs zu gewährleisten, sollten Plattformen, die sowohl private als auch öffentliche Dienstleistungen für die elektronische Rechnungsstellung erbringen, Steuerpflichtigen eine Mindestanzahl strukturierter oder hybrider Formate anbieten; dies erfolgt unbeschadet ihrer Freiheit, alternative Formate anzubieten.

In Anbetracht des weiten Geltungsbereichs dieser abweichenden Sondermaßnahme ist es wichtig, notwendige Folgemaßnahmen im Rahmen dieser abweichenden Sondermaßnahme sicherzustellen und insbesondere zu beobachten, wie sich diese Maßnahme auf die Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und -hinterziehung sowie auf die Steuerpflichtigen auswirken wird. Sollte Frankreich die abweichende Sondermaßnahme verlängern wollen, so muss es zusammen mit dem Antrag auf Verlängerung einen Bericht über das Funktionieren der Maßnahme vorlegen. Darin sollte die Wirksamkeit der Maßnahme bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und -hinterziehung sowie bei der Vereinfachung der Steuererhebung beurteilt werden. Der Bericht sollte auch eine Evaluierung der Auswirkungen der Maßnahme auf die Steuerpflichtigen enthalten, und zwar insbesondere unter dem Gesichtspunkt zunehmender Verwaltungslasten und Befolgungskosten.

Es wird vorgeschlagen, die abweichende Sondermaßnahme vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026 zu genehmigen.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Artikel 218 der MwSt-Richtlinie misst Rechnungen auf Papier und elektronischen Rechnungen gleichen Wert bei, denn darin heißt es, dass die Mitgliedstaaten als Rechnung alle auf Papier oder elektronisch vorliegenden Dokumente oder Mitteilungen anerkennen. Nach Artikel 232 der MwSt-Richtlinie unterliegt die Verwendung elektronischer Rechnungen der Zustimmung durch den Rechnungsempfänger. Eine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung, wie sie in Frankreich geplant ist, würde in der Tat von diesen beiden Bestimmungen abweichen.

Die Ermächtigung hierzu kann gemäß Artikel 395 der MwSt-Richtlinie erteilt werden, der abweichende Sondermaßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung oder der Verhinderung von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zulässt. Frankreich hat die abweichende Sondermaßnahme beantragt, um Steuerbetrug und -hinterziehung zu bekämpfen und um die Steuererhebung zu vereinfachen. Den von Frankreich vorgelegten Informationen zufolge steht die Abweichung mit den bestehenden Vorschriften im Einklang.

Eine ähnliche Ermächtigung Italiens, von den Artikeln 218 und 232 der MwSt-Richtlinie abzuweichen, um die obligatorische elektronische Rechnungsstellung einzuführen, wurde mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2018/593 des Rates 2 erteilt.

Schließlich nahm die Kommission im Jahr 2020 die „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie 3 an. Eine der in diesem Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen ist die Vorlage eines Legislativvorschlags der Kommission zur Modernisierung der Mehrwertsteuermeldepflichten. In diesem Zusammenhang wird geprüft, ob die elektronische Rechnungsstellung weiter ausgebaut werden muss. Die abweichende Sondermaßnahme steht daher im Einklang mit den Zielen des Aktionsplans der Kommission. Eines der Ziele des künftigen Kommissionsvorschlags besteht darin, die bestehenden und künftigen Berichterstattungsmechanismen für inländische Transaktionen zu straffen, einschließlich des durch diese abweichende Sondermaßnahme genehmigten Verfahrens.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Artikel 395 der MwSt-Richtlinie

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

In Anbetracht der Bestimmung der MwSt-Richtlinie, auf die sich der Vorschlag stützt, findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung.

Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Der Beschluss ermächtigt einen Mitgliedstaat auf eigenen Antrag und stellt keine Verpflichtung dar.

Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung wird für die Steuerpflichtigen eine Reihe von Änderungen mit sich bringen. Diese Änderungen wurden jedoch von Frankreich antizipiert, und die Vorbereitungen sind bereits im Gange. Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung für B2G-Transaktionen führte dazu, dass viele Unternehmen bereits für die Ausweitung der Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf B2B-Transaktionen ausgestattet und vorbereitet sind.

Steuerpflichtige, die die Steuerbefreiung für KMU in Anspruch nehmen, fallen in den Geltungsbereich der Maßnahme. Die schrittweise Einführung der Maßnahme wird ihnen jedoch genügend Zeit zur Vorbereitung geben. Diesen Unternehmen steht es ferner frei, entweder eine private Plattform oder die von der AIFE betriebene öffentliche Rechnungsstellungsplattform (Chorus Pro) zu nutzen. Letztere bietet ein kostenloses Mindestangebot, das die Bearbeitung von PDF-Dokumenten (mit Datenabruf im strukturierten Format) und eine 10 Jahre lange Archivierung (entsprechend der gesetzlichen Dauer der Pflicht zur Archivierung zu kommerziellen Zwecken in Frankreich) umfasst. Den von Frankreich vorgelegten Daten zufolge werden die Einsparungen und Vorteile, die diese Steuerpflichtigen durch die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung haben werden, weitgehend die Neuinvestition, die sie für die Anpassung ihrer Systeme tätigen müssen, ausgleichen.

Die abweichende Sondermaßnahme ist auch zeitlich begrenzt; zudem ist ein Bericht über das Funktionieren und die Wirksamkeit der Maßnahme auszuarbeiten, sollte Frankreich die abweichende Sondermaßnahme verlängern wollen. 

Daher ist die Sondermaßnahme dem angestrebten Ziel – Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Vereinfachung der Steuererhebung – angemessen.

Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Durchführungsbeschluss des Rates

Gemäß Artikel 395 der MwSt-Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten nur dann von den gemeinsamen Mehrwertsteuervorschriften abweichen, wenn der Rat sie hierzu auf Vorschlag der Kommission einstimmig ermächtigt. Ein Durchführungsbeschluss des Rates ist das am besten geeignete Instrument, da er an einzelne Mitgliedstaaten gerichtet werden kann.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Folgenabschätzung

Die obligatorische elektronische Rechnungsstellung wird sich sowohl auf die Steuerverwaltung als auch auf die Steuerpflichtigen auswirken.

Frankreich geht davon aus, dass die obligatorische elektronische Rechnungsstellung dazu beitragen wird, Steuerhinterziehung, einschließlich unbeabsichtigter Steuerhinterziehung aufgrund in der Steuererklärung zu gering oder gar nicht ausgewiesener Steuer, und generell die Nichtabführung der Mehrwertsteuer , zu bekämpfen. Neben der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs werden durch die Verfügbarkeit von Informationen über Handelsgeschäfte Aussagen zur Intensität der Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen ermöglicht. Daher wird die Analyse der Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen gestärkt und damit einhergehend werden ungewöhnliche Transaktionen aufgedeckt, die mögliche Verringerungen der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen oder versteckte Gewinnausschüttungen verschleiern könnten. Darüber hinaus wird das System die Erhebung der Transaktionsdaten der Steuerpflichtigen in Echtzeit ermöglichen. Diese Daten können in wirtschaftliche Analysen einfließen, die beispielsweise vom INSEE (Nationales Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien) oder der Generaldirektion Schatzamt (DG Trésor) durchgeführt werden, damit eine möglichst genaue Ausrichtung der staatlichen Maßnahmen sichergestellt werden kann.

Frankreich macht geltend, dass die elektronische Rechnungsstellung den Unternehmen erhebliche Vorteile im Hinblick auf die Digitalisierung und die Verringerung des Verwaltungsaufwands bringen wird, während gleichzeitig Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen im Interesse der Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Zudem würden dadurch Einsparungen erzielt, da die Gesamtkosten für die Ausstellung einer elektronischen Rechnung von der Generalinspektion für Finanzen – im Vergleich zu mehr als zehn Euro für eine Rechnung auf Papier – auf weniger als einen Euro geschätzt wird.

Die zu erwartenden Einsparungen werden, je nachdem, ob die Unternehmen die elektronische Rechnungsstellung bereits nutzen, unterschiedlicher Art sein. Für Unternehmen, die die elektronische Rechnungsstellung noch nicht verwenden, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, werden sich die Einsparungen auf etwa 10 EUR pro empfangene Rechnung belaufen. Für Steuerpflichtige, die diese bereits umfassend nutzen, insbesondere Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten, wird die Maßnahme die Bearbeitung ihrer Rechnungsstellung verbessern, da die derzeit elektronisch ausgetauschten Rechnungen größtenteils immer noch als PDF-Dokument vorliegen und dadurch weiterhin Bearbeitungskosten verursachen.

Angesichts dieser Tatsachen würde sich der Gewinn für die Unternehmen mindestens auf rund 4,5 Mrd. EUR pro Jahr belaufen. Rund 1,5 Millionen kleine Unternehmen stellen Rechnungen nur in Papierform aus. Da diese Unternehmen weniger als 2000 Rechnungen pro Jahr ausstellen (65 % von ihnen stellen weniger als 500 Rechnungen pro Jahr aus), wird das Volumen der betreffenden Rechnungen auf 450 Mio. geschätzt. Durch die Abschaffung von Papierrechnungen würden die Bearbeitungskosten in Höhe von 10 EUR pro Rechnung eingespart, was zu einem Gewinn von insgesamt 4,5 Mrd. EUR für diese Unternehmen führen würde.

Frankreich zufolge werden bei dieser Bewertung die Vorteile im Hinblick auf die Sicherung von Transaktionsströmen und die Verkürzung der Zahlungsfristen nicht berücksichtigt, was sich nach Angaben der Beobachtungsstelle für Zahlungsfristen auf den Cashflow der Steuerpflichtigen, insbesondere der kleinen Unternehmen, mit etwa 15 Mrd. EUR pro Jahr auswirkt.

Da die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Software erheblich sein können, wird keine Verpflichtung zur Installation von Abrechnungssoftware auferlegt. Frankreich räumt Steuerpflichtigen die Möglichkeit ein, ihre Rechnungen entweder direkt an die öffentliche Plattform zu übermitteln, die sie an die jeweiligen Empfänger weiterleitet, oder an private Plattformen, die die Übermittlung der Rechnungen an die Steuerverwaltung und das empfangende Unternehmen übernehmen, damit zusätzliche Kosten vermieden werden. Ferner wird die Steuerverwaltung, um die Zugangskosten für kleine und mittlere Unternehmen möglichst gering zu halten, die Möglichkeit bieten, für einen bestimmten Zeitraum eine PDF-Datei zur Erstellung einer elektronischen Rechnung enzureichen.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Die Maßnahme hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die MwSt-Eigenmittel der Union.

2021/0388 (NLE)

Vorschlag für einen

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung Frankreichs, eine von den Artikeln 218 und 232 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 4 , insbesondere auf Artikel 395 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Frankreich beantragte mit den bei der Kommission am 12. April 2021 und am 20. September 2021 registrierten Schreiben die Ermächtigung, eine von den Artikeln 218 und 232 der Richtlinie 2006/112/EG abweichende Sondermaßnahme (im Folgenden „Sondermaßnahme“) einzuführen, um eine obligatorische elektronische Rechnungsstellung für alle im Hoheitsgebiet Frankreichs ansässigen Mehrwertsteuerpflichtigen einführen zu können. Diese Verpflichtung würde für Rechnungen, die bei Transaktionen zwischen Steuerpflichtigen ausgestellt wurden, gelten. Die Ermächtigung wurde für einen Zeitraum vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026 beantragt.

(2)Mit den Schreiben vom 29. September 2021 leitete die Kommission den Antrag Frankreichs an die anderen Mitgliedstaaten weiter. Mit Schreiben vom 30. September 2021 teilte die Kommission Frankreich mit, dass sie über alle für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Angaben verfügt.

(3)Frankreich macht geltend, dass die Einführung einer allgemeinen Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung Vorteile bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und -hinterziehung mit sich bringen würde. Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung einhergehend mit der Übermittlung zusätzlicher Transaktionsdaten würde es der Steuerverwaltung ermöglichen, die Übereinstimmung der angemeldeten und erhobenen Mehrwertsteuer mit den ausgestellten und empfangenen Rechnungen in Echtzeit zu prüfen. wodurch die Kapazitäten der Verwaltung, Mehrwertsteuerbetrug zu verhindern und zu bekämpfen, verbessert würde. Zudem würde dadurch auch die Erfassung der Wirtschaftstätigkeit in Echtzeit verbessert, sodass die Wirtschaftspolitik so weit wie möglich an die wirtschaftliche Realität der Akteure angepasst werden kann.

(4)Frankreich ist der Auffassung, dass die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung die freiwillige Einhaltung der Steuergesetze erleichtern würde. Durch die Vorerfassung der Steuererklärungen würde diese Verpflichtung ferner zur Vereinfachung der Mehrwertsteuermeldepflichten der Steuerpflichtigen beitragen. Die elektronische Rechnungsstellung würde den Steuerpflichtigen andere Vorteile bringen, wie die Verkürzung von Zahlungsfristen, die Senkung der Druckkosten und Postgebühren, die Senkung der Kosten sowie Verringerung der Verzögerungen bei der Verarbeitung von Rechnungsdaten oder die Senkung der Lagerkosten. Die Einsparungen und Vorteile, die die Steuerpflichtigen durch die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung hätten, würden weitgehend die Neuinvestition, die sie für die Anpassung ihrer Systeme benötigen, ausgleichen.

(5)In Anbetracht des weiten Geltungsbereichs und der Neuheit dieser Sondermaßnahme ist es wichtig, die Auswirkungen der Sondermaßnahme auf die Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und -hinterziehung sowie auf die Steuerpflichtigen zu bewerten. Falls Frankreich die Verlängerung der Sondermaßnahme für erforderlich halten sollte, sollte es deshalb der Kommission zusammen mit dem Antrag auf Verlängerung einen Bericht vorlegen, in dem die Wirksamkeit der Sondermaßnahme bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und -hinterziehung sowie bei der Vereinfachung der Steuererhebung bewertet wird.

(6)Diese Sondermaßnahme sollte das Recht von Steuerpflichtigen auf Erhalt von Rechnungen in Papierform im Fall eines innergemeinschaftlichen Erwerbs nicht beeinträchtigen.

(7)Die beantragte Sondermaßnahme sollte befristet werden, damit beurteilt werden kann, ob die Sondermaßnahme im Hinblick auf ihre Ziele angemessen und wirksam ist.

(8)Die Sondermaßnahme steht daher in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel, da sie befristet ist und schrittweise eingeführt wird. Ab 2024 soll für alle Unternehmen eine Verpflichtung, elektronische Rechnungen zu empfangen, gelten. Die Verpflichtung zur Ausstellung elektronischer Rechnungen soll 2024 für große Unternehmen, 2025 für Unternehmen mit 250 bis 4 999 Beschäftigten und einem Umsatz von weniger als 1,5 Mrd. EUR und 2026 für kleine und mittlere Unternehmen, einschließlich Steuerpflichtiger, die die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen gemäß Artikel 282 der Richtlinie 2006/112/EG in Anspruch nehmen, gelten. Darüber hinaus birgt die Sondermaßnahme nicht die Gefahr der Verlagerung von Steuerbetrug in andere Sektoren oder Mitgliedstaaten.

(9)Die Sondermaßnahme wird keine negativen Auswirkungen auf den Gesamtbetrag der auf der Stufe des Endverbrauchs erhobenen Steuer und keine nachteiligen Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel der Union haben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 218 der Richtlinie 2006/112/EG wird Frankreich ermächtigt, Rechnungen, die von im französischen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen in Form von Dokumenten oder Mitteilungen ausgestellt wurden, nur dann zu akzeptieren, wenn diese Dokumente oder Mitteilungen elektronisch übermittelt werden.

Artikel 2

Abweichend von Artikel 232 der Richtlinie 2006/112/EG wird Frankreich ermächtigt, eine Bestimmung zu erlassen, wonach die Verwendung elektronischer Rechnungen, die von im französischen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellt wurden, nicht der Zustimmung des Rechnungsempfängers unterliegt.

Artikel 3

Frankreich teilt der Kommission die nationalen Maßnahmen zur Durchführung der abweichenden Sondermaßnahmen gemäß den Artikeln 1 und 2 mit.

Artikel 4

Dieser Beschluss gilt vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026.

Sollte Frankreich die Verlängerung der in den Artikeln 1 und 2 genannten abweichenden Sondermaßnahmen für erforderlich halten, so legt Frankreich der Kommission zusammen mit dem Antrag auf Verlängerung einen Bericht vor, in dem die Wirksamkeit der in Artikel 3 genannten nationalen Maßnahmen bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und -hinterziehung sowie bei der Vereinfachung der Steuererhebung bewertet wird. In diesem Bericht ist zu evaluieren, wie sich diese Maßnahmen auf die Steuerpflichtigen auswirken und ob sie insbesondere zu einer Zunahme von Verwaltungslasten und -kosten führen.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Französische Republik gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident /// Die Präsidentin

(1)    ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.
(2)    ABl. L 99 vom 19.4.2018, S. 14.
(3)     https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2020-07/2020_tax_package_tax_action_plan_de.pdf  
(4)    ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.
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