EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 22.12.2020
COM(2020) 851 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Stellungnahme der Kommission nach der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2020 zu den Verpflichtungen der Kommission im Bereich der Gegenseitigkeit bei der Visumpflicht und Bericht über den Sachstand
I. EINFÜHRUNG
In dieser Mitteilung wird der Standpunkt der Kommission für die Zwecke des Artikels 265 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nach der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2020 zu den „Verpflichtungen der Kommission im Bereich der Gegenseitigkeit bei der Visumpflicht gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) 2018/1806“ festgelegt. Außerdem werden die Entwicklungen bezüglich der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht mit den Vereinigten Staaten seit der Annahme der letzten Mitteilung im März 2020 erläutert, wobei die anhaltenden Bemühungen und das fortgesetzte Engagement der Kommission zur Regelung der derzeitigen Fälle fehlender Gegenseitigkeit – trotz der COVID-19-Pandemie – hervorgehoben werden.
Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2020 ist die Folgemaßnahme zu einer mündlichen Anfrage, die am 19. Oktober 2020 auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments erörtert wurde. In ihrer Antwort auf diese Anfrage bekräftigte die Kommission, dass sie sich vorrangig für die Verwirklichung der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht für alle Mitgliedstaaten einsetzt. In Bezug auf die Vereinigten Staaten erklärte die Kommission zudem, dass sie nach wie vor umfassend an einem ergebnisorientierten Prozess in enger Abstimmung mit den betroffenen Mitgliedstaaten beteiligt ist und die erreichten Ergebnisse zeigen, dass durch das derzeitige fortgesetzte Engagement und gemeinsame diplomatische Kontakte greifbare Fortschritte auf dem Weg zur vollständigen Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht erzielt werden können. In der Entschließung vertritt das Europäische Parlament die Auffassung, dass die Kommission rechtlich verpflichtet ist, bis zum 12. April 2016 „einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, mit dem die Befreiung der Staatsangehörigen von Drittländern, die die Visumpflicht für bestimmte EU-Mitgliedstaaten nicht aufgehoben haben, von der Visumpflicht vorübergehend ausgesetzt wird“. In der Praxis bezieht sich dies nur auf die Vereinigten Staaten, da die Staatsbürger Bulgariens, Kroatiens, Rumäniens und Zyperns nach wie vor ein Visum benötigen, wenn sie in die Vereinigten Staaten reisen. Ferner fordert das Parlament die Kommission auf der Grundlage von Artikel 265 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf, den erforderlichen delegierten Rechtsakt binnen zwei Monaten nach Annahme der Entschließung zu erlassen.
II. HINTERGRUND
Am 12. April 2016 legte die Kommission eine Mitteilung über Sachstand und mögliches Vorgehen in Bezug auf die Fälle fehlender Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Drittländern im Bereich der Visumpolitik
vor. In der Mitteilung wurde festgestellt, dass mit aktiver Unterstützung der Kommission für die allermeisten der in Bezug auf Drittländer mitgeteilten Fälle fehlender Gegenseitigkeit eine Lösung gefunden werden konnte.
Gleichzeitig wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Kommission, sofern die verbleibenden Drittländer die Visumpflicht nicht bis zum 12. April 2016 aufgehoben haben, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 vom 15. März 2001, geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1289/2013 vom 11. Dezember 2013, verpflichtet wäre, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, mit dem die Visumfreiheit für Staatsangehörige dieser Drittländer für einen Zeitraum von zwölf Monaten ausgesetzt wird.
In der Verordnung ist zudem vorgesehen, dass die Kommission die Auswirkungen einer Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht auf die Außenbeziehungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten berücksichtigt.
In der Mitteilung vom April 2016 wurden die Folgen und Auswirkungen der Aussetzung der Visumfreiheit für die Bürger und Unternehmen in der EU sowie für die Staatsangehörigen der betreffenden Drittländer bewertet und das Europäische Parlament und der Rat aufgefordert zu erörtern, wie am besten vorzugehen ist. Anschließend legte die Kommission sechs Folgemitteilungen vor: im Juli
und Dezember
2016, im Mai
und Dezember
2017, im Dezember 2018
und im März 2020
. In der letzten Mitteilung gab die Kommission einen Überblick über den Sachstand und das weitere Vorgehen in Bezug auf die fehlende Gegenseitigkeit im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, die noch stets die Staatsbürger Bulgariens, Kroatiens, Rumäniens und Zyperns betrifft; dabei handelt es sich um den einzigen verbleibenden Fall fehlender Gegenseitigkeit. Sie berichtete auch über die Fortschritte Polens, das im November 2019 dem Programm der Vereinigten Staaten für visumfreies Reisen beigetreten ist.
In der Mitteilung vom März 2020 wurde darauf hingewiesen, dass die Umstände für die Umsetzung von Visumregelungen in der ganzen Welt außergewöhnlich sind, da viele Länder vermehrt visumbezogene Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ergriffen haben. Mit Wirkung vom 13. März 2020 verhängten die Vereinigten Staaten vorübergehende Reisebeschränkungen. Diese gelten für nicht unbedingt notwendige Reisen von Ausländern, die sich – ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit – vor ihrer Einreise in das Hoheitsgebiet der Vereinigten Staaten in den vorangegangenen 14 Tagen im Schengen-Raum aufgehalten oder diesen besucht haben.
Am 16. März wurden diese Beschränkungen auf Irland und das Vereinigte Königreich ausgeweitet.
Da diese Maßnahmen nicht auf der Staatsangehörigkeit der Reisenden, sondern auf der physischen Anwesenheit in einem Gebiet beruhen, sind sie nicht als Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht anzusehen.
Die Europäische Union unternahm ähnliche Schritte, um nicht unbedingt notwendige Einreisen in die Union zu beschränken.
III. JÜNGSTE ENTWICKLUNGEN
1.Überblick über die Kontakte zwischen der EU und den Vereinigten Staaten und die Folgemaßnahmen
Obwohl nach März 2020 keine physischen Treffen organisiert werden konnten, wurde die Frage der fehlenden Gegenseitigkeit in allen einschlägigen Videokonferenzen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten angesprochen. Sie stand insbesondere auf der Tagesordnung der Tagung der Justiz- und Innenminister der EU und der USA vom 28. Mai 2020. Außerdem wurde sie auf dem Treffen hochrangiger Beamter der EU und der USA aus dem Bereich Justiz und Inneres vom 15. September 2020 sowie auf den trilateralen Treffen (zwischen der Kommission, den Vereinigten Staaten und den betroffenen Mitgliedstaaten) vom 18./19. Juni 2020 und vom 10./11. Dezember 2020 eingehend erörtert.
Tagung der Justiz- und Innenminister der EU und der USA (Mai 2020)
Auf der Tagung der Justiz- und Innenminister der EU und der USA vom 28. Mai 2020 bekräftigten sowohl der kroatische Vorsitz des Rates der Europäischen Union als auch die Kommission, wie wichtig es ist, das US-Programm für visumfreies Reisen auf alle EU-Mitgliedstaaten auszuweiten. Zwar wurde auf die Fortschritte aufgrund der Aufnahme Polens in das Programm für visumfreies Reisen hingewiesen, die zeigen, dass die gemeinsamen pragmatischen fachlichen und diplomatischen Bemühungen Früchte tragen, doch wurde auch betont, dass die Befreiung von der Visumpflicht für die vier verbleibenden Mitgliedstaaten nach wie vor eine Priorität ist. Es bestand Einigkeit darüber, dass nur dann Fortschritte erzielt werden können, wenn das konstruktive Engagement auf der Grundlage der von den Vereinigten Staaten für jeden der vier betroffenen Mitgliedstaaten ausgearbeiteten maßgeschneiderten Arbeitspläne und die Orientierungshilfen im Hinblick auf die vollständige Einhaltung der Sicherheitsanforderungen des US-Programms für visumfreies Reisen fortgesetzt werden.
Trilaterales Treffen vom Juni 2020
Am 18./19. Juni 2020 fand ein trilaterales Videokonferenz-Treffen zum Thema Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht statt. An dem Treffen nahmen Vertreter der Vereinigten Staaten, der Kommission und der betroffenen Mitgliedstaaten Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Zypern teil. Das – trotz der Pandemie – fortgesetzte Engagement und die Aussetzung aller nicht unbedingt notwendigen Reisen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten hat gezeigt, wie wichtig die Frage der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht ist. Die Teilnehmer sondierten, wie die gemeinsame Arbeit vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie fortgesetzt werden kann, und erörterten die Fortschritte in Bezug auf die noch zu erfüllenden Sicherheitsanforderungen des US-Programms für visumfreies Reisen und die Visa-Ablehnungsquoten.
Trotz der anhaltenden COVID-19-bedingten Reisebeschränkungen und der weltweiten Aussetzung der meisten Visumdienstleistungen der USA seit März planten die Vertreter der Vereinigten Staaten keine Änderung der Berechnungsmethode, auf deren Grundlage die Visa-Ablehnungsquoten für das Haushaltsjahr 2020 festgelegt werden. Die Quote der abgelehnten Visa ist eine wichtige rechtliche Vorgabe für jedes Land, das sich um den Beitritt zum US-Programm für visumfreies Reisen bemüht.
Was die noch nicht erfüllten Sicherheitsanforderungen des US-Programms für visumfreies Reisen anbelangt, so fand eine zweite Runde von Beratungen über die 2019 von den Vereinigten Staaten für die vier betroffenen Mitgliedstaaten bereitgestellten maßgeschneiderten Arbeitspläne statt. Die Diskussion auf der Grundlage konkreter länderspezifischer Arbeitspläne wurde von den betroffenen Mitgliedstaaten als Verbesserung gegenüber dem vorherigen Ansatz erachtet, der auf einer allgemeineren Bewertung der Sicherheitsanforderungen beruhte. Da die Arbeitspläne Leitlinien enthalten, die auf die einzelnen Mitgliedstaaten abgestimmt sind, können diese ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, die noch ausstehenden Anforderungen zu erfüllen. Wie in der Mitteilung vom März 2020 erläutert, enthalten die Pläne in der Tat vorgeschlagene Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen zu ergreifen sind. Die Arbeitspläne wurden während des trilateralen Treffens überprüft und ihre Umsetzung bewertet, wobei alle vier Mitgliedstaaten bei einer Reihe von Arbeitsschwerpunkten Fortschritte nachweisen konnten. Dazu gehören die Umsetzung von Vereinbarungen über den Informationsaustausch (insbesondere des Abkommens über die Verhütung und Bekämpfung schwerer Kriminalität) – unter Verwendung der von den Vereinigten Staaten zur Verfügung gestellten Informationen für ein verstärktes Screening und intensivere Terrorismusbekämpfungsmaßnahmen – sowie ein höheres Maß an nationalen Screening-Kapazitäten. Die Vereinigten Staaten erkannten zwar die Fortschritte an, wiesen aber erneut darauf hin, dass sich ihre Bewertung auf einen ganzheitlichen Ansatz stützt und sie noch nicht alle erforderlichen Abkommen als vollständig umgesetzt ansehen.
Als Ergebnis des Treffens verpflichteten sich alle vier Mitgliedstaaten, die Arbeit an verschiedenen Schwerpunkten ihrer jeweiligen Arbeitspläne fortzusetzen. Die Vereinigten Staaten verpflichteten sich, die jeweiligen Arbeitspläne weiter zu überprüfen und kontinuierlich Rückmeldung zu geben.
Trilaterales Treffen vom Dezember 2020
Am 10. und 11. Dezember 2020 fand ein weiteres trilaterales Treffen im Rahmen einer Videokonferenz statt. Zweck dieses Treffens war es herauszustellen, dass das Engagement trotz der anhaltenden weltweiten Pandemie fortgesetzt wird. Die Visa-Ablehnungsquoten für das Haushaltsjahr 2020 waren noch nicht öffentlich zugänglich, die US-Behörden betonten aber, dass der im Jahr 2020 verzeichnete Rückgang sich auch in einem drastischen Rückgang der Visumanträge manifestiert hat.
Im Mittelpunkt des Treffens standen daher die Sicherheitsanforderungen; so wurden die von den US-Behörden für jeden der betroffenen Mitgliedstaaten bereitgestellten maßgeschneiderten Arbeitspläne im Rahmen einer dritten Beratungsrunde erörtert. Alle Mitgliedstaaten wiesen bei einer Reihe von Arbeitsschwerpunkten weitere Fortschritte nach. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Integrität der nationalen Systeme für die Ausstellung von Reisepässen verbessert werden muss; dies gilt in unterschiedlichem Maße für die vier betroffenen Mitgliedstaaten. Dabei ging es um Regelungen, die eine raschere Erlangung der Staatsbürgerschaft und eine zügigere Bearbeitung von Betrugsfällen in den Passämtern, wobei es sich um einen als besonders besorgniserregend eingestuften Aspekt handelt, ermöglichen.
Im Rahmen des Treffens referierten Vertreter der Kommissionsdienststellen über das Europäische Reiseinformations- und ‑genehmigungssystem (ETIAS) und generell die Interoperabilität der Informationssysteme für Migration und Sicherheit, um die US-Behörden für diesen Bereich, für den EU-Vorschriften gelten, zu sensibilisieren.
Als Ergebnis des Treffens verpflichteten sich alle vier Mitgliedstaaten, die vorgeschlagenen Maßnahmen der Arbeitspläne weiter durchzuführen. Die Vereinigten Staaten verpflichteten sich, erforderlichenfalls die jeweiligen Arbeitspläne unter Berücksichtigung der bereits ergriffenen Maßnahmen zu präzisieren. Die Kommission verpflichtete sich, anschließend andere horizontale Aspekte anzugehen, für die EU-Vorschriften gelten.
2.US-Programm für visumfreies Reisen und Entwicklungen
Visa-Ablehnungsquote
Wie in der Mitteilung vom März 2020 dargelegt, war die Visa-Ablehnungsquote für 2019 für alle vier betroffenen Mitgliedstaaten rückläufig, sodass einige von ihnen den gesetzlich vorgeschriebenen Schwellenwert von 3 % fast erreicht haben. Zypern hat nach wie vor eine Quote von unter 3 %, für Kroatien sank die Quote auf 4 %, und Bulgarien und Rumänien verzeichneten erstmals Quoten von unter 10 % (Bulgarien 9,75 % und Rumänien 9,11 %). Die Visa-Ablehnungsquoten für das im September abgelaufene Haushaltsjahr 2020 liegen noch nicht vor.
Sicherheitsanforderungen
Wie bereits erwähnt, haben Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Zypern das Abkommen über die Verhütung und Bekämpfung schwerer Kriminalität mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet und ratifiziert und an dessen Umsetzung gearbeitet, die laut den Behörden der Vereinigten Staaten noch nicht vollständig erfolgt ist.
Die Arbeiten zur Erfüllung der allgemeinen Sicherheitsanforderungen werden auf der Grundlage der Arbeitspläne fortgesetzt, die von den US-Behörden individuell auf jeden betroffenen Mitgliedstaat zugeschnitten wurden (siehe Abschnitt II.2). Das nächste trilaterale Treffen, das im Frühjahr 2021 stattfinden soll, wird sich auf die Fortschritte bei den in den Arbeitsplänen genannten Maßnahmen konzentrieren.
3.Derzeitiger politischer Kontext in den Vereinigten Staaten und bilaterale Beziehungen zwischen der EU und den USA
Nach den Präsidentschafts-, Kongress-, Staats- und Kommunalwahlen vom 3. November 2020 hat für die US-Regierung nun eine Übergangsphase begonnen. Diese Phase dauert bis zur Amtseinführung, die für den 20. Januar 2021 anberaumt ist. Dies bedeutet, dass von der amtierenden Regierung keine zukunftsorientierten politischen Entscheidungen zu erwarten sind, auch nicht über die Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht. Das politische Engagement wird nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten und seines Kabinetts wieder aufgenommen.
Am 2. Dezember 2020 veröffentlichte die Kommission zusammen mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst eine Gemeinsame Mitteilung mit dem Titel „Eine neue EU-US-Agenda für den globalen Wandel“. In der Gemeinsamen Mitteilung wird ein Vorschlag für eine neue, zukunftsorientierte transatlantische Agenda unterbreitet, eine positive politische Botschaft an die künftige US-Regierung gerichtet, auf die Bedeutung einer Erneuerung unserer transatlantischen Partnerschaft hingewiesen und daran erinnert, dass die transatlantischen Beziehungen für die Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks ein wesentlicher Bestandteil ihrer Gesellschaften, Identitäten, Volkswirtschaften und ihres persönlichen Lebens sind.
Wie in der Gemeinsamen Mitteilung dargelegt, bietet der Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten eine einmalige Chance, eine neue transatlantische Agenda für globale Zusammenarbeit festzulegen. Eines der Leitprinzipien einer solchen Partnerschaft sollte darin bestehen, gemeinsam an Lösungen für bilaterale Differenzen zu arbeiten, die unseren gemeinsamen Werten Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang wird es wichtig sein, die Haltung der künftigen US-Regierung in Fragen der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht zu bewerten.
IV. WEITERES VORGEHEN UND SCHLUSSFOLGERUNGEN
Die Kommission bekräftigt erneut ihre Absicht, die vier betroffenen Mitgliedstaaten weiterhin aktiv zu unterstützen, um ihnen dabei zu helfen, die Anforderungen des US-Programms für visumfreies Reisen zu erfüllen.
Die anstehenden fachlichen und politischen Treffen (in trilateralen und bilateralen Formaten) werden Gelegenheit bieten, die Dynamik aufrechtzuerhalten. Das nächste für Frühjahr 2021 geplante reguläre trilaterale Treffen dürfte die technischen Arbeiten auf der Grundlage der von den Vereinigten Staaten für jeden der vier verbleibenden Mitgliedstaaten bereitgestellten Arbeitspläne voranbringen und es diesen Mitgliedstaaten ermöglichen, die Sicherheitsanforderungen des US-Programms für visumfreies Reisen weiter zu erfüllen.
Im Rahmen des nächsten Treffens hochrangiger Beamter der EU und der USA aus dem Bereich Justiz und Inneres, das voraussichtlich Anfang Frühjahr 2021 stattfinden wird, sowie im Rahmen der für Sommer 2021 in Portugal geplanten Tagung der Justiz- und Innenminister der EU und der USA werden die erzielten Fortschritte bewertet werden können.
Die Kommission setzt sich weiterhin vorrangig für die vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht für alle Mitgliedstaaten ein. Sie wird auch künftig mit den Vereinigten Staaten und den betroffenen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um auf der Grundlage der durch die Gemeinsame Mitteilung über eine neue EU-US-Agenda für den globalen Wandel geschaffenen Dynamik auf die vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht hinzuarbeiten. Angesichts der Aufnahme Polens in das Programm der Vereinigten Staaten für visumfreies Reisen, der außergewöhnlichen Umstände infolge der COVID-19-Pandemie – die sich negativ auf das Reisen und insgesamt auf die Umsetzung von Visumregelungen in der ganzen Welt ausgewirkt hat – und der kontinuierlichen Fortschritte der betroffenen Mitgliedstaaten bleibt die Kommission derzeit bei ihrem Standpunkt, dass – solange nachhaltige Fortschritte erzielt werden – Zusammenarbeit und gemeinsame diplomatische Bemühungen, die die Kommission eng mit den betroffenen Mitgliedstaaten abstimmt, nach wie vor die beste Lösung sind. Es ist festzuhalten, dass sich die betroffenen Mitgliedstaaten darauf verständigt haben, den Dialog mit den Vereinigten Staaten durch eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten fortzusetzen und Ergebnisse zu erzielen, und dass keiner von ihnen die Kommission ersucht hat, den delegierten Rechtsakt zur vorübergehenden Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht für US-Staatsangehörige zu erlassen.
Die Kommission berücksichtigt ferner, dass die Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht für Staatsangehörige der Vereinigten Staaten erhebliche negative Auswirkungen in zahlreichen Politikbereichen und Sektoren hätte sowie die transatlantische Zusammenarbeit und unsere Außenbeziehungen zu einem strategischen Partner beeinträchtigen würde. Eine solche Aussetzung könnte auch das visumfreie Reisen in die Vereinigten Staaten für alle anderen EU-Bürger gefährden, wenn die Vereinigten Staaten – die wiederholt darauf hingewiesen hatten, dass die bloße Annahme eines delegierten Rechtsakts zur Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht für die Bürger der Vereinigten Staaten durch die Kommission sofort zu Vergeltungsmaßnahmen seitens der Vereinigten Staaten und zur Wiedereinführung der Visumpflicht für alle EU-Bürger führen würde – tatsächlich mit entsprechenden Folgemaßnahmen reagieren würden.
Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass die Annahme eines delegierten Rechtsakts zur vorübergehenden Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht für Staatsangehörige der Vereinigten Staaten besonders zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv wäre und nicht bestmöglich dazu beitragen würde, das Ziel des visumfreien Reisens in die Vereinigten Staaten für alle EU-Bürger zu erreichen.
Die Kommission wird auch künftig eng mit dem Europäischen Parlament und dem Rat zusammenarbeiten, um die vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht zu erreichen, und das Europäische Parlament und den Rat über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Sie wird dem Europäischen Parlament und dem Rat bis Dezember 2021 über die weiteren Entwicklungen Bericht erstatten.