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Document 52020DC0590

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen – neuer Aktionsplan

COM/2020/590 final

Brüssel, den 24.9.2020

COM(2020) 590 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen – neuer Aktionsplan


EINLEITUNG

In ihrer Rede zur Eröffnung der Plenartagung des Europäischen Parlaments erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „Vollenden wir endlich die Kapitalmarktunion!“ In diesem Aktionsplan werden die wichtigsten Maßnahmen zur Erfüllung dieser Verpflichtung dargelegt.

Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten haben wiederholt ihre Unterstützung für eine Kapitalmarktunion zum Ausdruck gebracht. Im Dezember 2019 einigten sich die Mitgliedstaaten auf Schlussfolgerungen des Rates 1 zur Vertiefung der Kapitalmarktunion. In seinem Initiativbericht (INI) vom September 2020 2 fordert das Europäische Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit entschlossenen Maßnahmen die Kapitalmarktunion zu verwirklichen.

Der erste Aktionsplan zur Kapitalmarktunion 3 wurde von der Kommission 2015 angenommen. Seither hat die EU durchaus erfolgreich die entsprechenden Bausteine an die richtige Stelle gesetzt. Die Vertiefung der Kapitalmarktunion ist jedoch ein komplexes Unterfangen und lässt sich nicht durch eine einzelne Maßnahme verwirklichen. Fortschritte sind nur möglich, wenn man in allen Bereichen, in denen es nach wie vor Hindernisse für den freien Kapitalverkehr gibt, kontinuierlich weiterarbeitet. Es bleibt noch viel zu tun, und jetzt sollte dabei mehr Ehrgeiz gezeigt werden.

Mehr denn je ist starke politische Unterstützung vonnöten. Durch die Kapitalmarktunion kann sich die EU schneller von der COVID-19-Pandemie erholen. Darüber hinaus kann die Kapitalmarktunion auch die erforderlichen Mittel bereitstellen, um den europäischen Grünen Deal 4 umzusetzen, Europa für das digitale Zeitalter zu rüsten und die sozialen Herausforderungen in der EU zu bewältigen. Damit dies gelingt, bedarf es eines starken politischen Willens, die zur Verwirklichung der Kapitalmarktunion erforderlichen Maßnahmen zu unterstützen. Die EU-Organe können die gewünschten Ergebnisse jedoch nicht allein erzielen; die mit der Kapitalmarktunion angestrebten Ziele können nur dann verwirklicht werden, wenn die Marktteilnehmer sowie alle Bürgerinnen und Bürger in Europa die damit verbundenen Chancen auch nutzen.

Im November 2019 brachte die Kommission 28 hochrangige Führungskräfte aus der Industrie, Sachverständige, Verbrauchervertreter und Wissenschaftler zu einem hochrangigen Forum zur Kapitalmarktunion zusammen. Im Juni 2020 veröffentlichte das Forum seinen Abschlussbericht 5 . Er enthält 17 Empfehlungen an die Kommission und die Mitgliedstaaten, wie sich die Kapitalmarktunion voranbringen lässt. Durch die Aufforderung, zu diesem Abschlussbericht Rückmeldung zu geben, erhielt die Kommission Stellungnahmen eines breiteren Spektrums von Interessenträgern. Diese Beiträge wurden von der Kommission bei der Ausarbeitung der in diesem Aktionsplan vorgestellten Maßnahmen berücksichtigt.

I.KAPITALMARKTUNION: WARUM UND WARUM JETZT?

Worum geht es bei der Kapitalmarktunion?

Die Kapitalmarktunion ist das Vorhaben der EU, in der gesamten EU einen echten Binnenmarkt für Kapital zu schaffen. Ziel ist es, dass Investitionen und Ersparnisse in sämtliche Mitgliedstaaten fließen, sodass sie Bürgerinnen und Bürgern, Investoren und Unternehmen zugutekommen, unabhängig davon, wo diese angesiedelt sind. Ein uneingeschränkt funktionierender integrierter Kapitalmarkt wird es der EU-Wirtschaft ermöglichen, nachhaltig zu wachsen und wettbewerbsfähiger zu sein. Ein wirtschaftlich stärkeres Europa wird seinen Bürgerinnen und Bürgern besser dienen und der EU zu mehr Gewicht auf globaler Ebene verhelfen.

Die Kapitalmarktunion ist für die Verwirklichung aller zentralen wirtschaftspolitischen Ziele der EU von entscheidender Bedeutung: den Aufbau nach der COVID-19-Krise, eine inklusive und widerstandsfähige Wirtschaft, die allen dient, den Übergang zu einer digitalen und nachhaltigen Wirtschaft sowie strategisch offene Autonomie in einem zunehmend komplexen weltwirtschaftlichen Kontext. Um diese Ziele zu erreichen, sind massive Investitionen erforderlich, die öffentliche Gelder und herkömmliche Finanzierungen durch Bankkredite allein nicht leisten können. Nur gut funktionierende, tiefe und integrierte Kapitalmärkte können das Maß an Unterstützung bieten, das erforderlich ist, um sich von der Krise zu erholen und den Übergang anzutreiben. Die Kapitalmarktunion ist kein Selbstzweck, sondern die Grundlage für Fortschritte bei den wichtigsten Prioritäten der Europäischen Union.

Angesichts der durch COVID-19 ausgelösten Krise ist die Kapitalmarktunion noch dringender geworden. Öffentliche Unterstützung und Bankkredite haben den privaten Haushalten und den Unternehmen geholfen, den infolge von Abriegelungsmaßnahmen entstandenen kurzfristigen Liquiditätsengpass zu überwinden. Um auf mittlere und längere Sicht solvent bleiben zu können, benötigen die Unternehmen jedoch eine stabilere Finanzierungsstruktur. Die EU-Industrie und insbesondere die KMU als Rückgrat unserer Wirtschaft brauchen mehr Kapital, um sich vom wirtschaftlichen Schock zu erholen und widerstandsfähiger zu werden.

Der Aufbau der Kapitalmarktunion braucht Zeit. Die Bestrebungen zur Schaffung eines Binnenmarkts für Kapital begannen mit den Römischen Verträgen, dieses Ziel wurde jedoch noch nicht erreicht. Der Aktionsplan von 2015 enthält einige der Maßnahmen, die zur Schaffung einer Kapitalmarktunion erforderlich sind. Viele dieser Maßnahmen wurden inzwischen vereinbart und werden derzeit umgesetzt. Dies reicht allerdings noch nicht aus. Bei einigen kontroversen Fragen kam man bisher nur langsam voran. In vielen Bereichen, darunter Aufsichts-, Steuer- und Insolvenzvorschriften, bestehen nach wie vor erhebliche Hindernisse für eine gut funktionierende Kapitalmarktunion. Diese Hindernisse gehen auf Geschichte, Gepflogenheiten und kulturelle Unterschiede zurück. Sie sind tief verwurzelt und es wird Zeit brauchen, sie anzugehen.

Mit einer einzelnen Maßnahme ist die Kapitalmarktunion nicht zu vollenden. Fortschritte lassen sich nur erzielen, wenn man in allen Bereichen, in denen nach wie vor Hindernisse für den freien Kapitalverkehr bestehen, Schritt für Schritt vorangeht. Dies erfordert Engagement und Entschlossenheit aller Beteiligten. Da der Aufbau der Kapitalmarktunion ein schrittweiser Prozess ist, der auf vielen kleinen, aber wichtigen Veränderungen beruht, ist es wichtig, die Gesamtvision der Kapitalmarktunion nicht aus den Augen zu verlieren.

Die Vision der Kapitalmarktunion

Die Kapitalmarktunion sollte allen Europäerinnen und Europäern, ganz gleich wo sie leben und arbeiten, einen Mehrwert bringen. Sie sollte den Bürgerinnen und Bürgern in den kleineren Mitgliedstaaten die Vorteile bringen, die in den größeren Finanzzentren bereits genutzt werden. Unternehmen, gerade auch kleine und mittlere Unternehmen, sollten Zugang zu Finanzmitteln haben und Investoren sollten in die Lage versetzt werden, in Projekte in der gesamten EU zu investieren. Kapital sollte dorthin fließen, wo es am meisten bewirken und zur Erfüllung langfristiger gesellschaftlicher Bedürfnisse beitragen kann, insbesondere im Hinblick auf den ökologischen und digitalen Wandel. Die Marktteilnehmer sollten von wettbewerbsorientierten transparenten Märkten profitieren. Der Zugang zu Informationen und Infrastruktur sollte effizient und diskriminierungsfrei sein.

Die Verbraucher sollten in Bezug auf ihre Spareinlagen und Investitionen mehr Wahlmöglichkeiten haben und gut informiert werden, auch über Nachhaltigkeitsaspekte. Unabhängig davon, wo sie sich befinden, sollten Verbraucher angemessenen Schutz genießen. Die Wahl von Finanzprodukten und -dienstleistungen sollte nicht von Traditionen oder Marktmacht abhängen, sondern das Ergebnis einer auf Wettbewerb gegründeten Entscheidung sein. Grenzüberschreitende Investitionen sollten weder explizit noch implizit behindert werden. Hemmnisse aufgrund nationaler Unterschiede bei den Rechtsvorschriften und der Rechtsdurchsetzung, Besteuerung und Aufsicht sollten abgebaut werden und den freien Kapitalverkehr nicht behindern. Investitionsentscheidungen sollten sich nach einem einheitlichen Regelwerk richten – nach ein und demselben Regelwerk, das unmittelbar und in gleicher Weise für alle Marktteilnehmer unabhängig von ihrem Standort gilt. 

Warum ist die Kapitalmarktunion jetzt wichtiger denn je?

1.Wirtschaftliche Erholung

Oberste Priorität der EU ist es heute, sich von der beispiellosen Wirtschaftskrise zu erholen, die durch den COVID-19-Ausbruch verursacht wurde. Die Kommission hat „Next Generation EU“ 6 vorgeschlagen – ein flankierendes Soforthilfeinstrument, mit dem unmittelbar durch die Coronavirus-Pandemie entstandene Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft abgefedert, die Erholung angekurbelt und eine bessere, grünere Zukunft für die nächste Generation vorbereitet werden sollen. Darüber hinaus haben die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten außerordentliche Maßnahmen ergriffen und öffentliche Mittel in noch nie da gewesenem Umfang bereitgestellt, um die Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu bewältigen, Arbeitsplätze und Einkommen der Menschen zu schützen und Unternehmen über Engpässe hinwegzuhelfen. Die Banken haben ihre Kreditvergabe an Unternehmen im Großen und Ganzen aufrechterhalten. Diese Finanzierung – auch wenn sie für die kurzfristige Erholung Europas unabdingbar ist – wird jedoch nicht ausreichen, zieht man den Umfang des Finanzierungsbedarfs und dessen voraussichtliches Anhalten in Betracht. Die Marktfinanzierung wird die Lebensader sein, durch die die Erholung und das künftige Wachstum auf lange Sicht genährt werden. 

Die Kapitalmarktunion ist auch für den Europäischen Aufbauplan von Bedeutung. Damit die Kommission die erforderlichen Finanzmittel für die EU beschaffen kann, werden tiefe und liquide Kapitalmärkte benötigt. Gleichzeitig bietet dieses große Emissionsvolumen eine Chance für das Finanzsystem der EU: Auf Euro lautende Finanzinstrumente weltweit für mehr Anleger und Emittenten attraktiv, wodurch die internationale Rolle des Euro gestärkt wird.

Auch Staaten, Regionen und Kommunen werden tiefe und liquide Märkte brauchen, um die Mittel zu beschaffen, die sie benötigen, um die Wirtschaft zu unterstützen, in öffentliche Infrastruktur zu investieren und die sozialen Bedürfnisse, die sich aus der Krise ergeben, zu bewältigen.

Die Kapitalmarktunion ist auch von entscheidender Bedeutung, um private Investitionen in Unternehmen zu mobilisieren und die öffentliche Unterstützung zu ergänzen. Sie bringt eine Vielzahl von Finanzierungsalternativen mit sich, reduziert die Abhängigkeit von einer einzigen Finanzierungsquelle oder einem einzigen Geldgeber und verringert die Finanzierungslücke. Unternehmen jeder Größe – insbesondere KMU – benötigen solide marktbasierte Finanzierungsquellen. Dies galt bereits vor COVID-19, wird aber für die Erholung noch wichtiger sein, wenn die Kreditvergabe der Banken möglicherweise nicht mehr ausreicht. COVID-19 dürfte zur Umstrukturierung vieler Unternehmen führen. Unzureichende und inadäquate Finanzierung sowie mangelndes Eigenkapital in der Finanzierungsstruktur schwächen die Unternehmen und werden die Erholung verlangsamen, was Europa im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften mit stärker diversifizierten Finanzierungsstrukturen benachteiligt.

Schließlich ist die Kapitalmarktunion von entscheidender Bedeutung, um die Widerstandsfähigkeit gegen künftige asymmetrische Schocks, die nur wenige Mitgliedstaaten betreffen, zu stärken. Durch die Schaffung solider Grundlagen für eine bessere und geografisch stärker gestreute private Risikoteilung unterstützt die Kapitalmarktunion das Funktionieren der Bankenunion und der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Vollendung der Bankenunion wird auch eine raschere Integration der europäischen Kapitalmärkte fördern.

2.Ökologische Wende und digitale Transformation

Um die Notsituationen in den Bereichen Klima und biologische Vielfalt zu bewältigen und umfassenderen ökologischen Herausforderungen die Stirn zu bieten, sind enorme Investitionen erforderlich, die mithilfe der Kapitalmarktunion mobilisiert und in die richtigen Bahnen gelenkt werden können. Der europäische Grüne Deal ist die neue Wachstumsstrategie der EU und der Fahrplan zur nachhaltigen Ausrichtung der EU-Wirtschaft. Schätzungen zufolge werden gegenüber dem letzten Jahrzehnt alljährlich zusätzliche 350 Mrd. EUR an energiebezogenen Investitionen erforderlich sein, um das Ziel zu erreichen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % 7 zu senken. Mit dem Investitionsplan für den europäischen Grünen Deal sollen nachhaltige Investitionen angeschoben werden. Doch öffentliche Mittel allein werden nicht ausreichen, um diesen Finanzierungsbedarf zu decken. Um die nötigen Mittel zu mobilisieren und zu gewährleisten, dass Nachhaltigkeitsaspekte konsequent in Finanzierungsentscheidungen einbezogen werden, braucht es einen effizienten Binnenmarkt für Kapital. Die Kommission wird eine neue Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen vorlegen, um die privaten Investitionen in nachhaltige Projekte und Tätigkeiten zu erhöhen. Aufbauend auf tiefen Kapitalmärkten wird diese Strategie die im europäischen Grünen Deal vorgesehenen Maßnahmen zur Bewältigung von Klima- und Umweltrisiken und zur Integration dieser Risiken in das EU-Finanzsystem unterstützen.

Auch die Digitalisierung wird weiterhin erhebliche private Investitionen erfordern, wenn die Wirtschaft der EU weltweit wettbewerbsfähig bleiben soll. Wie bereits in der EU-Strategie zur „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“ dargelegt, brauchen innovative Unternehmen Finanzmittel, die nur von den Kapitalmärkten bereitgestellt werden können. Das hat unter anderem damit zu tun, dass viele dieser Unternehmen nicht über die für Bankdarlehen erforderlichen physischen Sicherheiten verfügen. Dies erhöht die Dringlichkeit einer Vertiefung der Kapitalmarktunion. Den technologischen Fortschritt zu meistern ist auch für den Finanzsektor der EU von entscheidender Bedeutung, damit er nicht nur effizienter werden, den Zugang zu Kapital verbessern und den Menschen in Europa besser zu Diensten sein, sondern auch weltweit wettbewerbsfähig bleiben kann. Die Kommission arbeitet an einer Vorlage zum Thema Strategie zur Digitalisierung des Finanzsektors 8 , die darauf abzielt, das Potenzial der digitalen Finanzierung im Hinblick auf Innovation und Wettbewerb zu nutzen und gleichzeitig Risiken zu mindern.

KMU müssen bei ihren Anstrengungen zur Verwirklichung der Ziele des grünen und digitalen Wandels unterstützt werden. Die Kapitalmarktunion wird die Möglichkeiten für KMU, Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten, verbessern und somit dazu beitragen, die in der KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa 9 vom März 2020 genannten Zielsetzungen zu erreichen.

Die Strategien für die Kapitalmarktunion, das nachhaltige Finanzwesen, die Digitalisierung des Finanzsektors und die KMU verstärken sich gegenseitig. Sie sind ein bereichsübergreifendes Maßnahmenpaket zur Stärkung der europäischen Wirtschaft, zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit sowie zum besseren Nutzen der Bürger und Unternehmen in Europa.

3.Eine inklusivere Wirtschaft

Die Kapitalmarktunion ist ferner wichtig, um Inklusion und Widerstandsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft zu steigern. Um die Wirtschaft in den Dienst der Menschen stellen zu können, bedarf es integrierter Kapitalmärkte und angemessener Anreize, die Investitionen in sozial und ökologisch nachhaltige Tätigkeiten fördern. Tiefe und integrierte Märkte erleichtern eine effiziente Kapitalallokation und spielen in Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen eine nützliche Rolle. Sie fördern Wachstum und Beschäftigung und tragen somit zum Wohlstand der Menschen bei.

Die Kapitalmarktunion kann auch die Herausforderungen der Bevölkerungsalterung in Europa bewältigen helfen. Starke marktbasierte Altersvorsorgesysteme können die gesetzliche Altersversorgung ergänzen und den Bedürfnissen alternder Bevölkerungen besser gerecht werden, vorausgesetzt, sie sind breit angelegt und inklusiv gestaltet. Sie würden so zu einem angemessenen und nachhaltigen Alterseinkommen beitragen. Je entwickelter die Kapitalmärkte sind, desto leichter haben die Menschen Zugang zu Finanzprodukten und Lösungen, die ihren Bedürfnissen und Präferenzen entsprechen. Ziel der Kapitalmarktunion ist es, die Kapitalmärkte in den Dienst der Menschen zu stellen und diesen sowohl nachhaltige Investitionsmöglichkeiten als auch einen starken Anlegerschutz zu bieten.

Die Strategie zur Förderung der Investitionen von Kleinanlegern, die die Kommission im ersten Halbjahr 2022 vorlegen wird, sollte sich auf die Interessen der einzelnen Anleger konzentrieren. Damit soll sichergestellt werden, dass Kleinanleger die Kapitalmärkte in vollem Umfang nutzen können und dass die Vorschriften über alle Rechtsinstrumente hinweg kohärent sind. Einem Einzelinvestor sollte Folgendes zugutekommen: i) angemessener Schutz, ii) unvoreingenommene Beratung und faire Behandlung, iii) offene Märkte mit einer Vielzahl wettbewerbsfähiger kosteneffizienter Finanzdienstleistungen und -produkte sowie iv) transparente, vergleichbare und verständliche Produktinformationen. Die EU-Rechtsvorschriften sollten zukunftsorientiert sein und den aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie dem steigenden Bedarf an Altersvorsorge Rechnung tragen.

4.Globale Wettbewerbsfähigkeit und offene strategische Autonomie der EU

In einer Kapitalmarktunion können kleinere Kapitalmärkte zu größeren, stärker entwickelten Kapitalmärkten aufschließen und lokale Unternehmen sich zu globalen Akteuren entwickeln. Eine Kapitalmarktunion birgt die Möglichkeit, die europäische Wirtschaft innovativer und wettbewerbsfähiger zu gestalten, sodass diese sich unmittelbar dem weltweiten Wettbewerb stellen kann. Größere und stärker integrierte Märkte tragen dazu bei, die EU insgesamt zu einem größeren und tieferen Kapitalmarkt zu machen. Dies kommt inländischen Investoren zugute und erhöht die Attraktivität des EU-Kapitalmarkts für ausländische Investoren. Nicht nur große Unternehmen, die bereits auf den Weltmärkten tätig sind, werden davon begünstigt. Die Kapitalmarktunion bietet auch kleinen lokalen Unternehmen mit vielversprechenden Geschäftsmodellen erhebliche Chancen. Solche Unternehmen können auf diese Weise globale Investoren anziehen und das Kapital erhalten, das erforderlich ist, um zu expandieren und die Bekanntheit ihrer Marke zu steigern. Ein großer und wirklich integrierter Binnenmarkt für Kapital, untermauert durch angemessene Steuervorschriften 10 , wird die Grundlage bilden, auf der EU-Finanzunternehmen wachsen und sich konsolidieren können, um tatsächlich weltweit wettbewerbsfähig zu werden.

Eine Kapitalmarktunion ist Voraussetzung für eine stärkere internationale Rolle des Euro und für Europas offene strategische Autonomie. Eine weithin für internationale Transaktionen genutzte Währung braucht große, liquide, tiefe und dynamische inländische Finanzmärkte, die sich auf eine glaubwürdige und nachhaltige Geld-, Fiskal- und Regulierungspolitik stützen. Ein dynamischer, integrierter und tiefer Kapitalmarkt wird Europa für globale Investoren attraktiver machen und den Zufluss ausländischen Kapitals fördern. Er wird das Gewicht auf Euro lautender Wertpapiere im weltweiten Finanzgeschäft erhöhen und die Widerstandsfähigkeit der Marktinfrastrukturen in der EU stärken.

Der Brexit wirkt sich erheblich auf die Kapitalmarktunion aus. Er verschärft die Notwendigkeit gut funktionierender und integrierter Kapitalmärkte für die EU weiter. Die EU-Kapitalmärkte bestehen aus mehreren Finanzzentren unterschiedlicher Größe und Spezialisierung. Ein verbessertes einheitliches Regelwerk und eine wirksame Aufsicht werden entscheidend sein, um Aufsichtsarbitrage, die Wahl des günstigsten Gerichtsstands und einen Unterbietungswettbewerb bei den aufsichtlichen Vorschriften zu verhindern.

Der Einfluss der EU auf die Gestaltung internationaler Regeln und Standards hängt auch von der Entwicklung starker Inlandsmärkte ab. Die EU muss ihre eigene kritische Marktinfrastruktur und die entsprechenden Dienste entwickeln. Gut entwickelte Märkte sind eine notwendige Voraussetzung für die finanzielle und wirtschaftliche Autonomie der EU. Dies geht Hand in Hand mit der Förderung einer stärkeren internationalen Rolle des Euro. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die EU den weltweiten Finanzmärkten gegenüber offen bleibt, um Investoren anzuwerben und die globale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu fördern.

II. MAẞNAHMEN

Die Kommission hat die im Aktionsplan zur Kapitalmarktunion von 2015 und in der Halbzeitbilanz des Aktionsplans 11 2017 angekündigten Maßnahmen weitgehend umgesetzt. Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten einigten sich auf 12 von 13 Legislativvorschlägen, wobei allerdings nicht bei allen das von der Kommission vorgeschlagene ehrgeizige Niveau der Zielsetzungen beibehalten wurde.

Gleichzeitig bestehen nach wie vor einige Hindernisse für einen Binnenmarkt, die – auch nachdem alle bereits vorgeschlagenen Legislativmaßnahmen Anwendung finden – weiter vorhanden sein werden. Daher muss das ursprüngliche Maßnahmenpaket zur Kapitalmarktunion durch neue Maßnahmen ergänzt werden, darunter solche zur Bewältigung der neu aufgetretenen Herausforderungen. Der Übergang zu einer Kapitalmarktunion stellt nach wie vor eine langfristige EU-weite Strukturreform dar, die Zeit, Mühe, Ressourcen und – vor allem – beharrliches politisches Engagement erfordert.

Mit diesem neuen Aktionsplan legt die Kommission eine Liste von Maßnahmen dar, die entscheidende Fortschritte bei der Vollendung der Kapitalmarktunion ermöglichen sollen. Dabei fließen die von der Kommission am 24. Juli vorgeschlagenen Maßnahmen ein, mit denen die Kapitalmärkte zur wirtschaftlichen Erholung beitragen sollen.

Die Kommission verpflichtet sich zu 16 Maßnahmen, um die drei Hauptziele zu erreichen:

(1)Unterstützung einer grünen, digitalen, inklusiven und resilienten wirtschaftlichen Erholung durch einen besseren Finanzierungszugang für europäische Unternehmen;

(2)Gestaltung der EU als noch sichererer Platz für die langfristige Spar- und Anlagetätigkeit der Menschen;

(3)Integration der nationalen Kapitalmärkte in einen echten Binnenmarkt.

Der Anhang dieser Mitteilung enthält weitere Informationen zu den eher technischen Einzelheiten der nachstehend beschriebenen Maßnahmen.

1.Maßnahmen zur Unterstützung einer grünen, digitalen, inklusiven und resilienten wirtschaftlichen Erholung durch einen besseren Finanzierungszugang für Unternehmen

Die Stärke der wirtschaftlichen Erholung nach COVID-19 wird entscheidend davon abhängen, ob ausreichende Finanzmittel für EU-Unternehmen zur Verfügung stehen. Die europäischen Banken sind nun besser kapitalisiert als vor der letzten Finanzkrise. Darüber hinaus hat die EU Maßnahmen vorgeschlagen, damit die Banken besser in der Lage sind, Mittel an Unternehmen und Haushalte weiterzuleiten. Der Unternehmenssektor wird jedoch mit einem höheren Schuldenstand in den Aufschwung eintreten und mehr Eigenkapitalinvestitionen benötigen. Das hohe Niveau der inländischen Ersparnisse und die Offenheit des EU-Finanzsystems für globale Investoren dürften dazu beitragen, dass diese Mittel bereitgestellt werden.

Die Finanzierung von Unternehmen durch Anleihen und privates Beteiligungskapital hat in den letzten Jahren ergänzend zur Kreditvergabe der Banken immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dies ist auch den Maßnahmen zu verdanken, die im Rahmen des ersten Aktionsplans zur Kapitalmarktunion ergriffen wurden. Dennoch ist der Zugang zu bestimmten Formen der Finanzierung, wie etwa der öffentlichen Beteiligungsfinanzierung, nach wie vor begrenzt. Die in diesem Aktionsplan vorgeschlagenen neuen Maßnahmen zielen darauf ab, die Nutzung der Marktfinanzierung weiter zu erleichtern und den Unternehmen dabei zu helfen, alle verfügbaren Finanzierungsquellen zu nutzen.

Um Unternehmen für grenzüberschreitend tätige Anleger sichtbarer zu machen, die nationalen Kapitalmärkte besser zu integrieren und den Zugang der Unternehmen zu Marktfinanzierungen zu erleichtern, muss das rechtliche Umfeld ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Bereitstellung relevanter Informationen über Investitionsmöglichkeiten für Anleger einerseits und der Minimierung der Belastung der Unternehmen bei der Meldung dieser Informationen andererseits aufweisen.

Die Kommission wird sich mit dem Mangel an zugänglichen und vergleichbaren Unternehmensdaten für Investoren befassen. Der fragmentierte Zugang zu verstreuten Unternehmensinformationen und der Mangel an Unternehmensratings halten grenzüberschreitende und globale Investitionen ab und benachteiligen insbesondere kleinere nationale Kapitalmärkte. Ein nahtloser EU-weiter Zugang zu Unternehmensdaten in vergleichbaren digitalen Formaten wird die Kosten für die Informationssuche für grenzüberschreitend tätige Investoren senken und die Anlegerbasis für Unternehmen erweitern. Gleichzeitig wird ein solcher Zugang zu einer besseren Integration kleinerer lokaler Kapitalmärkte beitragen und die Erholung unterstützen. Die betreffenden Informationen sollten die Bedürfnisse der Anleger und die Interessen eines breiteren Nutzerspektrums abbilden. Somit sollte dies auch die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit nachhaltigkeitsbezogener Daten verbessern, mehr Investitionen in nachhaltige Tätigkeiten lenken und zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals beitragen.

Maßnahme 1: Die Kommission wird die Einrichtung einer EU-weiten Plattform (eines einheitlichen europäischen Zugangspunkts) vorschlagen, womit Anleger einen nahtlosen Zugang zu finanz- und nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensinformationen erhalten.

Eine Börsennotierung ist insbesondere für KMU zu umständlich und kostspielig. Eine gezielte Vereinfachung der bestehenden Vorschriften für die Börsennotierung wird die Befolgungskosten für KMU senken und ein erhebliches Hindernis beseitigen, das diese davon abhält, sich öffentliche Märkte zu erschließen. Der hohe Verwaltungsaufwand sowie die hohen Kosten für die Notierung und Einhaltung der Börsenvorschriften halten viele Unternehmen vom Zugang zu öffentlichen Märkten ab. Dies schränkt das Spektrum der verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen ein, die expandieren und wachsen wollen. Dieser Sachverhalt wird erst recht in der Zeit nach der Krise relevant, in der insbesondere kleinere Unternehmen ungehinderten Zugang zu Beteiligungskapital haben müssen. Aufbauend auf den bereits im Rahmen des ersten Aktionsplans zur Kapitalmarktunion ergriffenen Maßnahmen zur weiteren Förderung der KMU-Wachstumsmärkte wird eine gut abgestimmte Vereinfachung der bestehenden Vorschriften eine angemessenere Behandlung von KMU ermöglichen, ohne die Marktintegrität und den Anlegerschutz zu beeinträchtigen.

Maßnahme 2: Um den Zugang kleiner und innovativer Unternehmen zu Finanzmitteln zu fördern und zu diversifizieren, wird sich die Kommission um eine Vereinfachung der Notierungsvorschriften für öffentliche Märkte bemühen.

Ergänzend zu ihrer Maßnahme im Bereich der Notierungsvorschriften wird die Kommission weiterhin an der Einrichtung eines Fonds für den Börsengang von KMU (des „KMU-IPO-Fonds“) arbeiten, um kleinen und schnell wachsenden Unternehmen, insbesondere in Sektoren von strategischer Bedeutung für die EU, die Kapitalbeschaffung und die Finanzierung ihres Wachstums zu erleichtern. Die COVID-19-Krise hat die wirtschaftliche Landschaft in der EU einschneidend verändert, weshalb mehr Ehrgeiz an den Tag gelegt werden sollte, um die Finanzierung kleinerer Unternehmen und innovativer Scale-ups zu unterstützen. Dies macht es umso dringender erforderlich, einen ambitionierten KMU-IPO-Fonds zu schaffen.

Darüber hinaus wird die Kommission ihre Arbeit zur Unterstützung der Entwicklung lokaler öffentlicher Märkte fortsetzen und dazu insbesondere prüfen, wie Aktienindizes die Liquidität von KMU-Eigenkapitalwerten unterstützen könnten.

Zudem ist es erforderlich, Anlagevehikel zu unterstützen, mit denen Finanzmittel in langfristige Investitionsvorhaben gelenkt werden. Europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) sind spezielle Anlagevehikel, die – im Interesse eines „grünen“ Wachstums – solche langfristigen Finanzierungen für nicht börsennotierte Unternehmen, börsennotierte KMU sowie nachhaltige Vorhaben in den Bereichen Energieversorgung, Verkehr und soziale Infrastruktur bereitstellen. Da es derzeit nur sehr wenige solcher europaweiter Fonds gibt, sollten Änderungen am Rechtsrahmen in Betracht gezogen werden, um ihre Einrichtung zu erleichtern. Änderungen des Rechtsrahmens und eine Verstärkung der Anreize zur Nutzung der ELTIF-Fondsstruktur könnten die Einrichtung europaweiter langfristiger Investmentfonds unterstützen und so letztlich mehr Finanzmittel, auch von Kleinanlegern, in die Realwirtschaft der EU lenken.

Maßnahme 3: Die Kommission wird den Rechtsrahmen für europäische langfristige Investmentfonds 12 überprüfen, damit mehr langfristige Finanzmittel in Unternehmen und Infrastrukturvorhaben gelenkt werden – insbesondere solche, die zu einem intelligenten, nachhaltigen und inklusiven Wachstum beitragen.

Eine wieder stärkere Ausrichtung der Finanzierungsstrukturen auf Eigenkapital sollte dazu beitragen, die EU-Unternehmen auf eine strukturell solide Grundlage zu stellen und eine allzu große Abhängigkeit von Fremdkapital, die später zu Finanzierungsproblemen der Unternehmen führen könnte, zu verhindern. Die Unternehmensverschuldung war vor der Krise bereits hoch, und die COVID-19-Pandemie hat zu Umsatzeinbußen und einem weiteren Anwachsen der Schulden geführt. Die Unternehmen müssen daher ihre Eigenkapitalposition verbessern. Insbesondere für schnell wachsende, innovative Unternehmen in frühen Entwicklungsphasen und Scale-ups, die in weltweiten Wettbewerb treten wollen, ist Eigenkapital von großer Bedeutung. Auch bei der Förderung der Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft spielt Eigenkapital eine wichtige Rolle, da Vorhaben mit Nachhaltigkeitszielen über einen langen Zeitraum hinweg finanziert werden müssen. Zudem sollte die Verschuldungsfreundlichkeit der Besteuerung angegangen werden, um unangemessene steuerliche Anreize für die Kreditfinanzierung zu beseitigen.

Anreize für verstärkte langfristige Investitionen institutioneller Anleger werden dazu beitragen, dass die Eigenkapitalfinanzierung im Unternehmenssektor wieder stärker an Bedeutung gewinnt. Versicherungen zählen zu den größten institutionellen Anlegern. Sie haben sich jedoch in den letzten 15 Jahren zunehmend aus Investitionen in langfristige Vermögenswerte zurückgezogen und investieren nach wie vor nur in begrenztem Umfang in die Realwirtschaft und Infrastruktur. Versicherungen könnten sich verstärkt an langfristigen Investitionen, insbesondere in Eigenkapital, beteiligen, wenn sichergestellt wird, dass der Aufsichtsrahmen der Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts angemessen Rechnung trägt und die Auswirkungen kurzfristiger Marktturbulenzen auf die Solvabilität von Versicherungsunternehmen in Grenzen hält. Auch die Rolle von Banken als institutionelle Anleger kann weiter gestärkt werden, wenn es ihnen erleichtert wird, zu investieren und die mit ihrer großen Kundenbasis verbundenen Möglichkeiten zu nutzen. Banken und Wertpapierfirmen sollten in der Lage sein, in Eigenkapital von Unternehmen zu investieren und als „Market Maker“ aufzutreten (oder die Liquidität zu stützen), und gleichzeitig einer angemessenen aufsichtsrechtlichen Behandlung unterliegen.

Maßnahme 4: Die Kommission will regulatorische Hindernisse für langfristige Investitionen von Versicherungen beseitigen, ohne dass dabei die Finanzstabilität und der Schutz der Versicherungsnehmer beeinträchtigt werden. Ein weiteres Ziel ist es, eine angemessene aufsichtliche Behandlung langfristiger Investitionen von Banken in KMU-Eigenkapital sicherzustellen. Zudem wird sie Möglichkeiten prüfen, Market-Making-Tätigkeiten von Banken und anderen Finanzunternehmen zu fördern.

Mit ihrer breiten Kundenbasis könnten Banken bei der Bereitstellung von Finanzmitteln für Unternehmen – über die herkömmliche Kreditvergabe oder Eigenkapitalbeteiligung hinaus – eine noch größere Rolle spielen. Sind Banken nicht in der Lage oder bereit, einen Kredit zu vergeben, könnten sie KMU stattdessen an alternative Geldgeber verweisen. Derzeit sind Banken verpflichtet, Gründe anzugeben, wenn sie einem KMU einen Kredit verweigern und das betreffende Unternehmen eine Begründung verlangt. Würde die Bank das KMU proaktiv an alternative Geldgeber verweisen, so würde dies den Unternehmen die Kosten der Suche nach Alternativen ersparen und das Bewusstsein für die verschiedenen Möglichkeiten einer marktbasierten Finanzierung allgemein fördern. Entsprechende Regelungen könnten sich auf die Maßnahmen stützen, die im Rahmen des vorangegangenen Aktionsplans für die Kapitalmarktunion bereits getroffen wurden, um die Rückmeldungen gegenüber KMU bei der Ablehnung von Kreditanträgen zu verbessern.

Maßnahme 5: Die Kommission wird prüfen, ob es möglich und sinnvoll wäre, Banken zu verpflichten, KMU, deren Kreditantrag sie abgelehnt haben, an alternative Geldgeber zu verweisen.

Mithilfe der Kapitalmärkte können Banken auch ihre Kapazitäten für die Kreditvergabe an Unternehmen erweitern. Banken können einige ihrer Kredite an institutionelle Anleger abstoßen, indem sie sie in handelbare Wertpapiere umwandeln. Diese Verbriefung von Kreditforderungen ermöglicht es Banken, Kreditrisiken zu übertragen und so Kapital für die Kreditvergabe an Unternehmen freizusetzen. Besonders relevant ist dies während der wirtschaftlichen Erholungsphase, wenn Banken unter Druck stehen, Kredite (insbesondere an KMU) zu vergeben und somit ihre Bilanzen auszuweiten. Zudem könnte eine „grüne Verbriefung“ Finanzierungen für die Umstellung auf eine umweltfreundliche Wirtschaft mobilisieren. Da bei der Verbriefung Finanzinstrumente geschaffen werden, mit denen Vermögenswerte gebündelt werden, bieten sich dadurch auch erhebliche Diversifizierungsvorteile für die Anleger. Da die letzte Finanzkrise durch überhitzte und übermäßig komplexe Verbriefungsmärkte mitverursacht wurde, müsste dies jedoch angemessen reguliert werden. Die Kommission hat vor Kurzem gezielte Änderungen an den Verbriefungsvorschriften vorgeschlagen, um es den Banken zu ermöglichen, ihre Kreditvergabe auszuweiten und notleidende Risikopositionen aus ihren Bilanzen zu entfernen. Auf dieser Grundlage könnten weitere Anpassungen der Rechtsvorschriften dazu beitragen, die Kreditvergabe mithilfe der EU-Verbriefungsmärkte zu fördern und gleichzeitig die Finanzstabilität in der EU zu wahren.

Maßnahme 6: Im Interesse einer Erweiterung des Verbriefungsmarktes in der EU wird die Kommission den derzeitigen Aufsichtsrahmen für die Verbriefung überprüfen, um die Kreditvergabe von Banken an Unternehmen und insbesondere KMU zu fördern. 13

2.Gestaltung der EU als noch sichererer Platz für die langfristige Spar- und Anlagetätigkeit der Menschen

Die Sparquote der privaten Haushalte in Europa zählt zu den höchsten weltweit. Die Teilnahme von Kleinanlegern an den Kapitalmärkten ist im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften jedoch noch immer sehr gering. Den Unternehmen in der EU – und der EU-Wirtschaft ganz allgemein – entgehen somit dringend benötigte langfristige Investitionen. Da mit Ersparnissen niedrige oder sogar negative Realzinsen erzielt werden, liegt dies auch nicht im Interesse der Anleger selbst. Kleinanleger, die dennoch in die EU-Kapitalmärkte investieren, müssten in vielen Fällen eigentlich eine höhere Rendite erzielen, als dies derzeit der Fall ist. Derzeit profitieren Kleinanleger nicht ausreichend von den Investitionsmöglichkeiten, die sich ihnen mit den Kapitalmärkten bieten; somit sind sie auch nicht in der Lage, damit ihre Versorgung im Alter sicherzustellen.

Der Rechtsrahmen sollte die Grundlage für eine faire Rendite für Kleinanleger bilden; zudem sollte er dazu beitragen, ihr Vertrauen in die Kapitalmärkte zu stärken, und ihre Teilnahme an den Kapitalmärkten fördern. Eine verstärkte Teilnahme von Kleinanlegern an den Kapitalmärkten würde das Ziel unterstützen, langfristige Ersparnis in Unternehmen zu lenken, deren Finanzierungszugang zu verbessern und die wirtschaftliche Erholung sowie den grünen und digitalen Wandel beschleunigen.

Die Pandemie und die damit verbundene Volatilität der Aktienmärkte haben das Vertrauen von Kleinanlegern beeinträchtigt und wirken sich somit auch auf langfristige Investitionen aus. Risikoscheue Haushalte setzen wieder verstärkt auf Bankeinlagen. Da der steigende Druck auf die öffentlichen Haushalte auch die langfristige Tragfähigkeit der gesetzlichen Altersversorgungssysteme beeinträchtigt, wird die Nutzung privat finanzierter Altersvorsorgesysteme jedoch immer wichtiger.

Für die geringe Teilnahme von Kleinanlegern an den Kapitalmärkte gibt es mehrere Gründe. Ähnliche Anlageprodukte sind oft schlecht vergleichbar, da sie unterschiedlichen Rechtsvorschriften und somit auch unterschiedlichen Offenlegungsbestimmungen unterliegen, sodass Kleinanleger oft nicht in der Lage sind, fundierte Anlageentscheidungen zu treffen. Gleichzeitig sind die Systeme für den Vertrieb an Kleinanleger hinsichtlich ihrer Struktur und Merkmale derzeit oft nicht ausreichend wettbewerbsfähig und kosteneffizient.

Um bei den persönlichen Finanzen die richtigen Entscheidungen treffen zu können, ist Finanzwissen unverzichtbar, über das viele Menschen aber noch nicht ausreichend verfügen. Ein solides Finanzwissen ist die Grundlage für gute finanzielle Entscheidungen und finanzielles Wohlergehen. Wer über ausreichend Finanzwissen verfügt, ist auch besser in der Lage, die Möglichkeiten zu nutzen, die die Kapitalmärkte etwa im Bereich der nachhaltigen Investitionen bieten.

Maßnahme 7: Die Kommission wird eine Machbarkeitsstudie zur Entwicklung eines europäischen Finanzbildungsrahmens durchführen. Zudem wird sie prüfen, ob die Mitgliedstaaten in die Pflicht genommen werden könnten, Maßnahmen zur Vermittlung von Finanzwissen zu fördern, insbesondere mit Blick auf verantwortliche und langfristige Investitionen.

Finanzwissen ist für fundierte Entscheidungen von entscheidender Bedeutung; gleichzeitig sollten Kleinanleger jedoch auch angemessen vor der Komplexität des Finanzsystems geschützt werden. In den EU-Vorschriften sind bereits Schutzmechanismen für Anleger enthalten, die etwa die Veröffentlichung von Informationen zu Finanzprodukten betreffen. Die nach den verschiedenen Vorschriften vorzulegenden Unterlagen werden jedoch oft als lang, komplex, schwer verständlich, irreführend und widersprüchlich empfunden und sind somit keine ideale Grundlage für die Investitionsentscheidungen von Kleinanlegern.

Gleichzeitig können diese Unterlagen ein Überangebot an Informationen für erfahrene Anleger enthalten, die diese Informationen und Schutzmechanismen möglicherweise nicht in demselben Maß benötigen wie unerfahrene Anleger. Für Finanzdienstleister ist die Erstellung dieser Unterlagen zudem oft unnötig aufwendig. Darüber hinaus könnten die Anreize der Produkthersteller für die Vertreiber zu Interessenkonflikten führen, die die Qualität und Objektivität der Finanzberater trotz der bestehenden Schutzmechanismen beeinträchtigen.

Finanzberater spielen als „Gatekeeper“ für das Finanzsystem eine entscheidende Rolle. Nach wie vor sind die Voraussetzungen in den einzelnen Mitgliedstaaten jedoch noch immer ganz unterschiedlich, was die Qualifikationen, Kenntnisse und Fähigkeiten betrifft, die die Berater aufweisen müssen. Um das Risiko von unlauteren Verkaufspraktiken, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte, zu verringern, das Vertrauen von Kleinanlegern in die Beratung zu erhöhen und für faire Wettbewerbsbedingungen für die Marktteilnehmer zu sorgen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten Beratungsleistungen erbringen, sollten bestimmte Standards für die berufliche Praxis der Berater festgelegt bzw. weiter verbessert werden.

Maßnahme 8: Die Kommission wird die geltenden Vorschriften im Bereich der Anreize und der Offenlegung prüfen und erforderlichenfalls Änderungen am bestehenden Rechtsrahmen für Kleinanleger vorschlagen, damit sie eine faire Beratung sowie klare und vergleichbare Produktinformationen erhalten. Zudem wird sie Möglichkeiten vorschlagen, das Überangebot an Informationen für erfahrene Kleinanleger zu verringern, sofern diese dabei ausreichend geschützt bleiben. Darüber hinaus wird sie sich darum bemühen, das berufliche Qualifikationsniveau von Beratern in der EU zu verbessern, und prüfen, ob ein EU-weites Label für Finanzberater eingeführt werden könnte.

Die Bevölkerung der EU altert. 14 Mit steigender Lebenserwartung müssen die Menschen zunehmend langfristig investieren, um höhere nachhaltige Renditen zu erzielen und sich für ihren Ruhestand ein angemessenes zusätzliches Einkommen zu sichern. Als neue europaweite Option für die Altersvorsorge ist das Paneuropäische Private Pensionsprodukt (PEPP) bereits ein großer Schritt in diese Richtung. Indem sie die bestehenden Monitoring-Instrumente durch detailliertere Informationen über betriebliche Altersvorsorgeprogramme ergänzen, werden „Pension Dashboards“ – Übersichten über die Altersversorgungssysteme – den Mitgliedstaaten einen umfassenderen Überblick über die Angemessenheit ihrer Altersversorgungssysteme vermitteln und sie zur Behebung von Mängeln sowie zum Austausch über empfehlenswerte Verfahren anregen. „Tracking-Systeme“ mit Informationen über die individuellen Rentenansprüche werden den Bürgerinnen und Bürgern – hinsichtlich ihrer Ansprüche aus sämtlichen Altersvorsorgesystemen, an denen sie beteiligt sind, und aus allen langfristigen Investitionen – einen Überblick über ihr Einkommen im Ruhestand vermitteln. Die Menschen sollten ermutigt werden, ihre Altersversorgung aus staatlichen Systemen durch lebenslange Sparhaltung und Investitionen zu ergänzen und auch betriebliche Altersvorsorgesysteme aktiver zu nutzen. Dies sollte es ihnen ermöglichen, für ein angemesseneres Einkommen im Ruhestand zu sorgen und gleichzeitig zur Finanzierung des langfristigen Wachstums der Realwirtschaft sowie zu deren grünem und digitalem Wandel beizutragen.

Maßnahme 9:  Die Kommission wird „Pension Dashboards“ – Übersichten über die Altersversorgung – entwickeln, um das Monitoring hinsichtlich der Angemessenheit der Altersversorgung in den Mitgliedstaaten zu erleichtern. Zudem wird sie empfehlenswerte Verfahren für die Einrichtung nationaler Systeme erarbeiten, die es den Bürgerinnen und Bürgern in Europa ermöglichen, die Entwicklung ihrer Rentenansprüche zu verfolgen. Schließlich wird sie eine Studie über die Verfahren für die automatische Mitgliedschaft in betrieblichen Altersvorsorgesystemen in Auftrag geben und möglicherweise auch andere Verfahren zur Förderung der Beteiligung an der betrieblichen Altersvorsorge analysieren, um für alle Mitgliedstaaten empfehlenswerte Verfahren für diese Systeme zu erarbeiten.

3.Integration der nationalen Kapitalmärkte in einen echten Binnenmarkt

Der Umfang der Kapitalmärkte in Europa wird der Bedeutung der europäischen Wirtschaft nicht gerecht, und die Rolle des Euro als internationale Währung birgt noch großes Entwicklungspotenzial. Zudem sind die europäischen Kapitalmärkte noch immer in nationale Märkte zersplittert. Die Vorteile einer Integration – insbesondere der Zugang zu einer breiten Anlegerbasis – bleiben den Akteuren auf kleineren lokalen Märkten somit vorenthalten. Da die Vorteile größerer Märkte noch immer nicht vollständig erschlossen sind, sind die Finanzakteure in der EU gegenüber den Akteuren in anderen Teilen der Welt auch noch immer benachteiligt. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU führt zu einer Neuansiedlung von Teilen der Finanzbranche und somit zu einer Finanzarchitektur mit mehreren Zentren. Es ist daher unverzichtbar, für einen optimalen Informations- und Kapitalfluss in der gesamten EU zu sorgen.

Mit den in diesem Abschnitt angekündigten Maßnahmen möchte die Kommission zentrale verbleibende Hindernisse für die Marktintegration angehen. Auf der Grundlage der Fortschritte im Rahmen des vorangegangenen Aktionsplan sollen mit diesen Maßnahmen Hindernisse abgebaut werden, die sich durch Rechtsvorschriften oder lang etablierte nationale Verfahren ergeben. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Besteuerung, Insolvenzen von Nichtbanken und Gesellschaftsrecht. In diesen Bereichen schlägt die Kommission gezielte Maßnahmen in Bezug auf die wichtigsten Barrieren vor, die zu einer Fragmentierung der Märkte führen und grenzübergreifende Investitionen erschweren.

Die Besteuerung kann ein ernsthaftes Hindernis für grenzübergreifende Investitionen darstellen. Um die Belastung durch steuerliche Schwierigkeiten bei grenzübergreifenden Investitionen zu verringern, ist es jedoch nicht unbedingt erforderlich, die Steuervorschriften oder -sätze zu harmonisieren. Erhebliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Besteuerung gehen auf divergierende, aufwendige, langwierige und betrugsanfällige Erstattungsverfahren für die bei grenzübergreifenden Investitionen einbehaltenen Steuern zurück. Diese Verfahren sind mit erheblichen Kosten verbunden, die Anleger von grenzübergreifenden Investitionen abhalten können, wenn sowohl im Mitgliedstaat der Investition als auch im Mitgliedstaat des Anlegers Steuern auf die Rendite der Investition zu zahlen sind und erst nachträglich – nach einem langwierigen und kostspieligen Verfahren – erstattet werden. Das bestehende OECD-System TRACE (Treaty Relief and Compliance Enhancement) 15 und weitere EU-Initiativen in diesem Bereich, wie der Code of Conduct on Withholding Tax (Verhaltenskodex zur Quellensteuer), geben bereits Anhaltspunkte für die mögliche Gestaltung eines Mechanismus, mit dem Steuererstattungen beschleunigt und erleichtert werden könnten.

Maßnahme 10: Zur Senkung der Kosten für grenzübergreifend tätige Anleger und als Maßnahme gegen Steuerbetrug wird die Kommission ein gemeinsames und standardisiertes EU-weites System für Quellensteuererleichterungen an der Quelle vorschlagen.

Ein weiteres lange bestehendes strukturelles Hindernis für grenzübergreifende Investitionen sind die enormen Unterschiede zwischen den nationalen Insolvenzregelungen. Aufgrund unterschiedlicher und mitunter ineffizienter nationaler Regelungen sind grenzübergreifend tätige Anleger nur schlecht in der Lage, Dauer und Ergebnis von Beitreibungsverfahren im Falle einer Insolvenz abzuschätzen, sodass Risiken, insbesondere bei Schuldtiteln, auch nur schwer angemessen bewertet werden können. Eine gezielte Harmonisierung bestimmter Bereiche der nationalen Insolvenzregelungen oder ihre Konvergenz könnten daher die Rechtssicherheit erhöhen. Zudem würde es eine regelmäßige Überwachung der Effizienz der nationalen Insolvenzregelungen den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Insolvenzregelungen mit denen anderer Mitgliedstaaten zu vergleichen, und sie dazu anregen, diese bei festgestellten Schwächen zu reformieren. Die Ergebnisse der Überwachung könnten auch in das Verfahren für das Europäische Semester einfließen.

Maßnahme 11: Damit Anleger die Ergebnisse von Insolvenzverfahren besser abschätzen können, wird die Kommission eine Initiative mit Legislativmaßnahmen oder nicht legislativen Maßnahmen einleiten, um für ein Mindestmaß an Harmonisierung oder eine verstärkte Konvergenz in gezielten Bereichen des Insolvenzrechts für Nichtbanken zu sorgen. Zudem wird die Kommission zusammen mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde Möglichkeiten prüfen, die Datenmeldung zu verbessern, um eine regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit der nationalen Regelungen für die Darlehensvollstreckung sicherzustellen.

Immer mehr Menschen in Europa – insbesondere junge Menschen – wollen mitreden, wenn es darum geht, wie Unternehmen geführt werden, , insbesondere bei Fragen der Nachhaltigkeit. Die Mitwirkung der Aktionäre muss daher erleichtert werden, indem die Stimmrechtsabgabe für alle Investoren vereinfacht und Kapitalmaßnahmen effizienter werden, insbesondere im grenzübergreifenden Kontext. Aufgrund der Unterschiede im nationalen Gesellschaftsrecht sind viele grenzübergreifend tätige Anleger – insbesondere Kleinanleger – nicht in der Lage, ihr Stimmrecht auszuüben. Die Durchführung komplexer und unterschiedlicher Kapitalmaßnahmen ist mit unnötigen Schwierigkeiten und Kosten verbunden, beispielsweise wenn es um die Organisation von Hauptversammlungen oder die Übermittlung von Informationen zwischen Emittenten und Anlegern geht. Gezielte Gesetzesänderungen in Kombination mit der Nutzung neuer digitaler Technologien sollten dazu beitragen, dies zu verbessern.

Maßnahme 12: Zur Unterstützung der grenzübergreifenden Mitwirkung von Investoren wird die Kommission in Betracht ziehen, den Begriff „Aktionär“ auf EU-Ebene zu definieren und die Vorschriften für die Interaktionen zwischen Anlegern, Intermediären und Emittenten noch besser zu klären und zu harmonisieren. Zudem wird sie mögliche nationale Hindernisse für die Nutzung digitaler Technologien in diesem Bereich prüfen.

Die Nachhandelslandschaft ist in Europa noch immer entlang nationaler Grenzen fragmentiert, wodurch grenzübergreifende Investitionen erschwert werden. Änderungen der Vorschriften für grenzübergreifende Abrechnungsdienste von Zentralverwahrern und ein funktionierender grenzüberschreitender Pass-Mechanismus könnten dazu beitragen, die Nachhandelslandschaft stärker zu integrieren. Durch den zunehmenden Wettbewerb zwischen den Anbietern von Abrechnungsdiensten würden auch die Kosten für die Anleger und Unternehmen bei grenzüberschreitenden Transaktionen gesenkt und grenzübergreifende Investitionen erleichtert.

Maßnahme 13: Die Kommission wird Änderungen an den Vorschriften in Betracht ziehen, um die grenzübergreifende Erbringung von Abrechnungsdiensten in der EU zu verbessern.

Voraussetzung für einen echten Binnenmarkt ist auch ein umfassenderer Gesamtüberblick über den Handel in der EU. Ein konsolidierter Datenticker soll daher konsolidierte Daten zu Preisen und Volumen des Wertpapierhandels in der EU liefern und so die Preistransparenz über die einzelnen Handelsplätze hinweg verbessern. Zudem würde er den Wettbewerb zwischen den Handelsplätzen verstärken. Zusammen mit dem einheitlichen Zugangspunkt für Unternehmensdaten (Maßnahme 1) hätten die Anleger so europaweit Zugang zu erheblich besseren Informationen.

Maßnahme 14: Die Kommission wird vorschlagen, einen wirksamen und umfassenden konsolidierten Nachhandels-Datenticker für Eigenkapitalinstrumente und eigenkapitalähnliche Instrumente einzurichten.

Das Vertrauen der Anleger in die Vorschriften zum Schutz ihrer grenzübergreifenden Investitionen sowie in eine wirksame Durchsetzung dieser Vorschriften ist für ihre Bereitschaft, in anderen Mitgliedstaaten zu investieren, von entscheidender Bedeutung. Die durch die Aufhebung der EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen 16 ausgelöste Debatte hat gezeigt, wie wichtig es ist, das System für den Schutz und die Erleichterung von Investitionen innerhalb der Europäischen Union zu überprüfen.  Wenn grenzüberschreitend tätige Investoren eine der durch das Unionsrecht garantierten Grundfreiheiten in Anspruch nehmen, profitieren sie von dem im EU-Recht vorgesehenen Schutz, einschließlich der EU-Grundrechtecharta. Die Vorschriften für den Schutz grenzübergreifender Investitionen sollten daher so weit wie möglich verbessert, modernisiert und harmonisiert werden, um grenzübergreifende Investitionen innerhalb der EU noch stärker zu fördern. Ein kohärenterer Investitionsschutz gegenüber Maßnahmen einzelner Staaten fördert den freien Fluss von Investitionen in ganz Europa und unterstützt die Finanzierung der wirtschaftlichen Erholung, insbesondere in Ländern, die von der Krise am stärksten betroffen sind und daher den größten Investitionsbedarf haben. Auch bessere Streitbeilegungsmechanismen auf nationaler und EU-Ebene und weitere Maßnahmen wie z. B. die Erhebung von Informationen zu den gesetzlichen Rechten von Anlegern können grenzübergreifende Investitionen erleichtern.

Maßnahme 15: Die Kommission wird eine Stärkung des Rahmens für den Schutz und die Erleichterung von Investitionen in der EU vorschlagen.

Auch eine wirklich integrierte und konvergente Aufsicht ist für wirklich gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung für eine gut funktionierende Kapitalmarktunion. Besonders relevant ist dies für die Zeit nach dem Brexit, in der es in der EU mehrere Finanzzentren geben wird. Es ist daher unverzichtbar, die Kapitalmarktaufsicht schrittweise stärker zu integrieren. In einem Binnenmarkt wirkt sich ein Versagen der nationalen Aufsicht weit über die Grenzen eines einzelnen Mitgliedstaats aus. Die nationalen sowie die europäischen Aufsichtsbehörden müssen über geeignete Instrumente, Kompetenzen und Befugnisse verfügen, um komplexe Wertschöpfungsketten und Konzernstrukturen zu beaufsichtigen und mögliche Betrugs- oder Missbrauchsfälle zu untersuchen, insbesondere was börsennotierte Unternehmen und die Verantwortlichkeiten der Abschlussprüfer betrifft. Der Übergang zu einer konvergenteren und stärker integrierten EU-Aufsicht sollte mit der Arbeit an einem besseren einheitlichen Regelwerk für die Kapitalmärkte – gemeinsamen Regeln, die in der ganzen EU unmittelbar anwendbar sind – beginnen; anschließend sollte geprüft werden, wie durch die Zusammenarbeit der nationalen Behörden und der ESMA sichergestellt werden kann, dass die nationale Aufsicht auch der europäischen Dimension des Marktes Rechnung trägt.

Maßnahme 16: Die Kommission wird an der Entwicklung eines besseren einheitlichen Regelwerks für die Kapitalmärkte arbeiten. Dazu wird sie prüfen, ob die EU-Vorschriften weiter harmonisiert werden sollten, und die Fortschritte bei der Erreichung einer größeren aufsichtlichen Konvergenz überwachen. Sie wird im 4. Quartal 2021 eine Bilanz der Ergebnisse ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen für eine stärkere aufsichtliche Koordinierung oder eine unmittelbare Aufsicht durch die Europäischen Aufsichtsbehörden vorschlagen. 

Darüber hinaus wird die Kommission die Folgen des Wirecard-Falls für die Regulierung und Aufsicht der EU-Kapitalmärkte gründlich prüfen und Maßnahmen treffen, um etwaige festgestellte Mängel im EU-Rechtsrahmen zu beheben.

SCHLUSSFOLGERUNG 

Die Schaffung der Kapitalmarktunion ist für die Unterstützung einer resilienten und inklusiven wirtschaftlichen Erholung sowie des grünen und digitalen Wandels von entscheidender Bedeutung. Sie ist ein langfristiges Projekt, das kontinuierliches und entschlossenes Handeln erfordert. Um beim Aufbau der Kapitalmarktunion voranzukommen, müssen Hindernisse überwunden werden, die sich durch nationale Unterschiede, fest verwurzelte Gewohnheiten und rechtliche Traditionen ergeben. Die Kapitalmarktunion lässt sich nicht in einem Streich aufbauen. Deshalb konzentriert sich dieser Aktionsplan nicht auf eine einzelne Priorität, sondern zeigt vielmehr eine Reihe von Bereichen auf, in denen rasches Handeln erforderlich ist und strukturelle Herausforderungen bewältigt werden müssen.

Die EU hat bei der Umsetzung des ersten Aktionsplans für die Kapitalmarktunion erhebliche Fortschritte erzielt: Die meisten Legislativvorschläge sind vereinbart, und die nichtlegislativen Maßnahmen sind abgeschlossen. Der Nutzen dieser Maßnahmen in der Praxis ist noch nicht vollständig messbar, aber das Fundament wurde gelegt. Die in diesem Aktionsplan angekündigten Maßnahmen werden zu weiteren Veränderungen des EU-Finanzsystems führen und zur Bewältigung der bevorstehenden politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen beitragen. Für sich betrachtet ist jede Maßnahme nur ein weiterer Baustein – ein weiterer Schritt in Bereichen, in denen Fortschritte bisher nur langsam erzielt wurden oder in denen für die Umsetzung der Kapitalmarktunion weitere Anstrengungen erforderlich sind. Insgesamt bringen die Maßnahmen die EU aber ihrer Vision für die Kapitalmarktunion näher: einem EU-weiten Binnenmarkt für Kapital, der allen Menschen in Europa nutzt, unabhängig davon, wo sie leben und arbeiten.

Voraussetzung hierfür ist die Unterstützung durch das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten auf höchster Ebene sowie durch Sachverständige in den Behörden. Eine weitere Bedingung ist eine gute Anwendung der Maßnahmen durch die Marktteilnehmer. Die EU kann Instrumente anbieten und geeignete Rahmenbedingungen schaffen, aber es liegt vor allem an den nationalen Behörden, sie in die Praxis umzusetzen, und es ist Sache der privaten Akteure, die Initiative zu ergreifen, geschäftliche Möglichkeiten zu nutzen und Innovationen zu erzeugen.

Die Kommission wird in Kürze mit der Arbeit an den Maßnahmen dieses Aktionsplans beginnen und dazu öffentliche Konsultationen zum Rechtsrahmen für langfristige europäische Investmentfonds und für Insolvenzen von Nichtbanken einleiten.

Bei der Arbeit an den Maßnahmen wird die Kommission die Grundsätze einer besseren Rechtsetzung und das Ziel der Vereinfachung („One-in-one-out“-Grundsatz) vollständig einhalten und weiterhin auf inklusive Gespräche achten, damit die Meinungen aller Akteure ausreichend gehört werden. Zudem beabsichtigt sie, Änderungen an den Rechtsvorschriften nicht isoliert, sondern vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Erfordernisse zu betrachten. Da der Weg zur Umsetzung der Kapitalmarktunion nun abgesteckt ist und sich die Auswirkungen des ersten Aktionsplans auch in den Daten zeigen dürften, wird die Kommission darüber hinaus die Entwicklung der Kapitalmärkte in der EU auf der Grundlage gezielter Indikatoren überwachen, um die regelmäßige Berichterstattung über die Fortschritte bei den Legislativmaßnahmen zu ergänzen.

(1)

Schlussfolgerungen des Rates zur Vertiefung der Kapitalmarktunion (5. Dezember 2019) – 14815/19.

(2)

Bericht des Europäischen Parlaments, „Further development of the Capital Markets Union (CMU): improving access to capital market finance, in particular by SMEs, and further enabling retail investor participation“, 2020/2036(INI).

(3)

 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion“ (COM(2015) 468 final).

(4)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019) 640 final).

(5)

  Abschlussbericht des hochrangigen Forums zur Kapitalmarktunion „A new vision for Europe’s capital markets“   https://ec.europa.eu/info/files/200610-cmu-high-level-forum-final-report_en .

(6)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Die Stunde Europas – Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen“ (COM/2020/456/final).

(7)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Mehr Ehrgeiz für das Klimaziel Europas bis 2030“ (COM(2020) 562 final).

(8)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Strategie zur Digitalisierung des Finanzsektors in Europa“ (COM(2020) 591 final).

(9)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“, (COM(2020) 103 final).

(10)

Die Kommission wird 2021 einen Legislativvorschlag zur Aktualisierung der Mehrwertsteuervorschriften für Finanzdienstleistungen annehmen.

(11)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Halbzeitbilanz des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion (COM(2017) 292 final).

(12)

Verordnung (EU) 2015/760 über europäische langfristige Investmentfonds.

(13)

Zusätzlich zur Stärkung der Verbriefungsmärkte wird die Kommission weiterhin die Möglichkeit der Einführung eines Finanzinstruments mit doppeltem Rückgriff unter der Bezeichnung „Europäische besicherte Anleihe“ (ESN – European Secured Note) prüfen. Gemäß der Richtlinie (EU) 2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Emission gedeckter Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über gedeckte Schuldverschreibungen wird sie dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 8. Juli 2024 einen Bericht vorlegen.

(14)

  Siehe Bericht der Europäischen Kommission über die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung, 2020 .

(15)

  https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/aboutthetracegroup.htm

(16)

https://ec.europa.eu/info/publication/200505-bilateral-investment-treaties-agreement_de

Top

Brüssel, den 24.9.2020

COM(2020) 590 final

ANHANG

der

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen – neuer Aktionsplan


Anhang 1: Liste der Maßnahmen und vorläufige Zeitplanung

I.Maßnahmen zur Unterstützung einer grünen, digitalen, inklusiven und resilienten wirtschaftlichen Erholung durch besseren Finanzierungszugang für Unternehmen

Maßnahme 1: Mehr Sichtbarkeit der Unternehmen für grenzüberschreitend tätige Anleger

Die Kommission wird im 3. Quartal 2021 einen Legislativvorschlag zur Einrichtung eines einheitlichen europäischen Zugangspunkts (European Single Access Point, kurz: ESAP) annehmen. Diese Plattform wird einen nahtlosen EU-weiten Zugang zu allen relevanten Informationen (einschließlich Finanz- und nachhaltigkeitsbezogener Informationen) eröffnen, die von Unternehmen, insbesondere auch von Finanzunternehmen, offengelegt werden.

Q3 2021

Die betreffenden Informationen sollten die Bedürfnisse der Anleger und die Interessen eines breiteren Nutzerspektrums, insbesondere auch der Finanzintermediäre und der Zivilgesellschaft, abbilden. Deswegen sollte diese Plattform auch die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von nachhaltigkeitsbezogenen Daten verbessern, mehr Investitionen in nachhaltige Tätigkeiten lenken und zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals 1 beitragen.

Die Plattform wird auf dem Pilotprojekt Europäisches Finanztransparenzportal 2 (EFTG) aufbauen und das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern 3 (BRIS) ergänzen, dessen Funktionen jedoch unverändert lassen. Der Legislativvorschlag wird eine Verschlankung der EU-Rechtsvorschriften 4 zur Offenlegung von Unternehmensdaten mit sich bringen. Die Plattform wird so weit wie möglich auf der bestehenden IT-Infrastruktur der EU und der Mitgliedstaaten (Datenbanken, Register) aufbauen, um zusätzlichen Meldeaufwand für die Unternehmen zu vermeiden. Alle Informationen werden in vergleichbaren Digitalformaten bereitgestellt. Über den Umfang der Informationsinhalte sowie das Governance- und Geschäftsmodell der Plattform muss noch entschieden werden.

Maßnahme 2: Leichterer Zugang zu öffentlichen Märkten

Damit kleine und innovative Unternehmen einen besseren und diversifizierteren Finanzierungszugang erhalten, wird die Kommission bis zum 4. Quartal 2021 prüfen, ob die Vorschriften für die Notierung an öffentlichen Märkten (sowohl an den KMU-Wachstumsmärkten als auch an geregelten Märkten) weiter vereinfacht werden könnten.

Q4 2021

Im Fokus dieser Bewertung stehen insbesondere: i) die Angemessenheit und Konsistenz der KMU-Definition in der gesamten Finanzmarktgesetzgebung, ii) eine mögliche Vereinfachung der Marktmissbrauchsregelung und iii) die möglichen Vorteile einer Einführung von Übergangsbestimmungen für Erstemittenten an geregelten Märkten und KMU-Wachstumsmärkten.

Maßnahme 3: Förderung von langfristigen Anlagevehikeln

Die Kommission wird bis zum 3. Quartal 2021 einen Vorschlag zur Überarbeitung der ELTIF-Verordnung 5 annehmen, der auf den Ergebnissen einer öffentlichen Konsultation von 2020 nebst Folgenabschätzung aufbauen wird.

Q3 2021

Bei der Überarbeitung wird unter anderem Folgendes in den Blick genommen: i) Rücknahmepolitik und Laufzeit von ELTIF; ii) Umfang, in dem ELTIF in der EU vertrieben werden; iii) Angemessenheit von Investitionsbeschränkungen für Kleinanleger und iv) Aktualisierungsbedarf in Bezug auf die Liste zulässiger Vermögenswerte und Investitionen sowie die Diversifizierungsvorschriften, die Portfoliozusammensetzung und die Barkredit-Obergrenzen.

Maßnahme 4: Mehr Langfrist- und Eigenkapitalfinanzierungen durch institutionelle Anleger

A.Im Rahmen der Überprüfung von Solvabilität II 6 wird die Kommission bis zum 3. Quartal 2021 bewerten, ob der Rechtsrahmen geändert werden könnte, um langfristige Investitionen von Versicherungsunternehmen stärker zu fördern, ohne die Finanzstabilität und den Schutz der Versicherungsnehmer zu beeinträchtigen. 

Q3 2021

Bei der Überprüfung von Solvabilität II wird es insbesondere um die Angemessenheit der Kriterien für die Anrechnungsfähigkeit langfristiger Beteiligungen, die Berechnung der Risikomarge und die Bewertung der Verbindlichkeiten von Versicherern gehen, mit dem Ziel, sowohl unerwünschtes prozyklisches Verhalten zu vermeiden als auch der Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts besser Rechnung zu tragen.

B.Im Zuge ihrer Arbeiten zur Umsetzung von Basel III wird die Kommission bei der Überarbeitung der Eigenkapitalverordnung 7 /-richtlinie 8 (die bis zum 1. Quartal 2021 angenommen werden soll) die bei Basel III vorgesehene Flexibilität nutzen, um eine angemessene aufsichtliche Behandlung langfristiger KMU-Beteiligungsinvestitionen von Banken sicherzustellen.

Q1 2021

Mit der CRR/CRD-Überarbeitung soll vermieden werden, dass die Umsetzung von Basel III unerwünschte Auswirkungen auf die Investitionen der Banken in langfristige KMU-Beteiligungen sowie auf die Market-Making-Tätigkeit von Banken und Wertpapierfirmen mit sich bringt.

Maßnahme 5: Hinweis von KMU auf alternative Geldgeber

Um den Finanzierungszugang für KMU zu erleichtern, wird die Kommission bis zum 4. Quartal 2021 prüfen, ob ein System eingerichtet werden könnte und sollte, das Banken in die Pflicht nimmt, KMU, deren Kreditantrag sie abgelehnt haben, an alternative Geldgeber weiterzuverweisen.

Q4 2021

Im Rahmen der Durchführbarkeitsstudie soll die Wirksamkeit entsprechender bestehender Regelungen der Banken untersucht werden. Die Kommission wird auch prüfen, ob es sinnvoll wäre, alternative Finanzierungsplattformen umgekehrt zu verpflichten, abgelehnte KMU an Banken zu verweisen, und ob Eigenkapitalgeber, Matchmaking-Plattformen und spezialisierte Beratungsplattformen ebenfalls in entsprechende Systeme einbezogen werden sollten.

Maßnahme 6: Erleichterung der Kreditvergabe von Banken an die Realwirtschaft

Um den Verbriefungsmarkt in der EU zu vergrößern, wird die Kommission bis zum 4. Quartal 2021 eine umfassende Überprüfung des EU-Verbriefungsrahmens 9 durchführen, bei der sowohl einfache, transparente und standardisierte (STS-Verbriefungen) als auch Nicht-STS-Verbriefungen in den Blick genommen werden. 10

Q4 2021

Ziel der Überprüfung ist eine Stärkung der Rolle von Verbriefungen als Instrument, das den Banken im Post-COVID-19-Umfeld eine nachhaltige und stabile Finanzierung der Realwirtschaft mit besonderem Fokus auf KMU und dem Übergang zu einer grünen Wirtschaft ermöglicht. Besondere Aufmerksamkeit wird der Frage gelten, inwieweit der derzeitige Rahmen das tatsächliche Risiko sowohl von STS- als auch von Nicht-STS-Verbriefungen angemessen widerzuspiegeln vermag, insbesondere auch der Angemessenheit der Offenlegungspflichten, dem Verfahren für die Anerkennung der Übertragung signifikanter Risiken und der aufsichtlichen Behandlung von Bar- und synthetischen Verbriefungen, unter Wahrung der Finanzstabilität der EU.



II.Gestaltung der EU als noch sichererer Platz für die langfristige Spar- und Anlagetätigkeit der Menschen

Maßnahme 7: Mehr Handlungskompetenz für Bürgerinnen und Bürger durch Finanzbildung

A.Um unter Behörden und privatwirtschaftlichen Einrichtungen ein gemeinsames Verständnis von Finanzkompetenz zu fördern und eine Grundlage für die Entwicklung von Finanzkompetenz in verschiedenen Anwendungen und Situationen zu schaffen, plant die Kommission bis zum 2. Quartal 2021 eine Machbarkeitsstudie für die Entwicklung eines europäischen Finanzbildungsrahmens, der auf den bestehenden einschlägigen Rahmenwerken aufbaut.

Q2 2021

Damit soll für Behörden und privatwirtschaftliche Einrichtungen in der EU eine gemeinsame konzeptionelle Grundlage geschaffen werden, um Strategien sowie Lernanwendungen und -materialien zur Verbesserung der Finanzkompetenz des Einzelnen zu entwickeln. Dabei wird auf bestehenden einschlägigen Rahmenwerken aufgebaut und dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung getragen.

B.Die Kommission wird prüfen, ob es angemessen ist, den in Artikel 6 der Hypothekarkreditrichtlinie 11 verankerten Grundsatz auf die einschlägigen sektoralen Rechtsvorschriften auszuweiten, d. h. auf die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente 12 (MiFID), die Versicherungsvertriebsrichtlinie 13 (IDD), die Verordnung über ein Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt 14 (PEPP), die Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren 15 (OGAW) und die Verordnung über verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte 16  (PRIIP). Diese Prüfung erfolgt – sofern eine Folgenabschätzung dafür spricht – mit Blick auf den Vorschlag eines horizontalen Omnibus-Rechtsakts, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, formale, nichtformale und/oder informelle Lernangebote zu fördern, die die Vermittlung von Finanzwissen an Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere im Hinblick auf verantwortliches Investieren, unterstützen.

Q1 2022

Mit dieser Maßnahme soll auf der in der Hypothekarkreditrichtlinie vorgesehenen Präzedenzregelung aufgebaut werden, indem die Mitgliedstaaten auch in anderen sektoralen Rechtsakten (MiFID II, IDD, PEPP, OGAW, PRIIP) verpflichtet werden, Lernangebote zu fördern, die die Vermittlung von Finanzwissen an Verbraucher im Hinblick auf verantwortliches Investieren unterstützen, sofern eine Folgenabschätzung dafür spricht und unter uneingeschränkter Achtung des Subsidiaritätsprinzips.

 

Maßnahme 8: Stärkung des Kleinanlegervertrauens in die Kapitalmärkte

 

A.Die Kommission wird die geltenden Vorschriften im Bereich Anreize und Offenlegung bewerten und erforderlichenfalls eine Änderung des bestehenden Rechtsrahmens vorschlagen, um sicherzustellen, dass Kleinanleger eine faire und angemessene Beratung sowie klare und vergleichbare Produktinformationen erhalten.

Q1 2022

Im Bereich des Vertriebs werden bei der Bewertung unter anderem mögliche Maßnahmen erwogen, um i) die in der IDD enthaltenen Anlegerschutzvorschriften an die im Rahmen der MiFID II geltenden Standards anzugleichen; ii) die Vertreibenden zur Kundeninformation über die Existenz von Produkten Dritter anzuhalten; iii) Anreize den Kunden gegenüber transparenter zu machen und iv) spezielle Meldepflichten für die Vertreiber von Kleinanlegerprodukten einzuführen, um eine aufsichtliche Kontrolle zu ermöglichen. Im Bereich der Offenlegung gilt das Augenmerk besonders einer besseren Einbindung der Verbraucher sowie der digitalen Bereitstellung und Interaktion mit Schlüsselinformationen, die Vergleiche, Interaktion und kundenspezifische Anpassungen ermöglichen. Dies sollte auch Verbesserungen bei der Offenlegung nachhaltigkeitsbezogener Informationen umfassen, die die Nutzung nachhaltiger Produkte durch Kleinanleger vorantreiben würden. Die Kommission wird die Bewertung bis zum 1. Quartal 2022 abschließen.

Die Kommission wird sodann die erforderlichen Gesetzesänderungen vorschlagen, um etwaige Interessenkonflikte, die aus der Zahlung von Anreizen an Vertreibende erwachsen, sowie Schwachstellen im derzeitigen Offenlegungsrahmen anzugehen und namentlich eine bessere Angleichung zwischen IDD, MiFID II und PRIIP zu erreichen. Wenn eine Folgenabschätzung dafür spricht, werden diese Änderungen in die IDD, die MiFID II und PRIIP übernommen.

B.Die Kommission wird bis zum 4. Quartal 2021/1. Quartal 2022 einen Legislativvorschlag zur Änderung der MiFID II vorlegen, um den Bürokratieaufwand und die Informationspflichten für bestimmte Kleinanleger zu verringern. Dabei geprüft werden sollen auch die gegenwärtige Anlegerkategorisierung als Klein- bzw. professionelle Anleger oder auch die Einführung einer neuen Kategorie „qualifizierte Anleger“.

Q4 2021 / Q1 2022

Mit dieser Maßnahme soll die Anlegerkategorisierung im Rahmen der MiFID II verbessert werden, um den Bürokratieaufwand für Unternehmen zu verringern und Entlastungen bei unnötigen Schutz- und Informationsanforderungen für bestimmte Anleger zu schaffen, die derzeit als Kleinanleger eingestuft werden, bei Finanzmärkten und -produkten aber durchaus bewandert sind. Dem vorausgehen wird eine Folgenabschätzung.



C.Wenn die Folgenabschätzung im Zusammenhang mit der bis zum 1. Quartal 2023 anstehenden Überarbeitung der IDD und der bis zum 4. Quartal 2021 anstehenden Überarbeitung der MiFID II dafür spricht, wird die Kommission eine Zertifizierungspflicht für Finanzberater einführen; mit dem entsprechenden Zertifikat können diese nachweisen, dass sie über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse und Qualifikationen verfügen und sich regelmäßig fortbilden. Damit soll ein zufriedenstellendes Leistungsniveau bei Finanzberatern aufrechterhalten werden.

Darüber hinaus wird die Kommission bis zum 1. Quartal 2022 prüfen, ob ein EU-weites Label für Finanzberater eingeführt werden könnte, mit dem der Zertifizierungspflicht Genüge getan werden könnte.

Q1 2023

Q4 2021

Q1 2022

Diese Maßnahmen werden gleiche Wettbewerbsbedingungen für Finanzberater sicherstellen und die Qualität der Finanzberatung in der EU, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte, weiter verbessern.

Maßnahme 9: Unterstützung für die Altersvorsorge der Menschen

A.Damit besser beobachtet werden kann, wie es sich in den Mitgliedstaaten mit der Angemessenheit der Altersversorgung verhält, will die Kommission relevante Daten und Methoden für die Erarbeitung von „Pension Dashboards“, d. h. Übersichten über die Altersversorgung, ermitteln.

B.Damit leichter auf individuelle Altersversorgungsdaten zugegriffen werden kann und den Menschen in höherem Maße bewusst wird, mit welchem Einkommen sie im Alter rechnen können, will die Kommission empfehlenswerte Verfahren für die Einrichtung nationaler „Tracking-Systeme“ erarbeiten, mit denen die Entwicklung der individuellen Rentenansprüche verfolgt werden kann.

Q4 2021

Q4 2021

Die Kommission wird bis zum 4. Quartal 2020 eine Empfehlung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) anfordern, um i) in Erfahrung zu bringen, welche Daten von betrieblichen Altersversorgungseinrichtungen gemeldet werden müssten, damit „Pension Dashboards“ mit Indikatoren erstellt werden können, und ii) den Input der EIOPA zur Erarbeitung empfehlenswerter Verfahren für die Einrichtung nationaler Tracking-Systeme einzuholen. Die fachliche Empfehlung der EIOPA muss bis zum 4. Quartal 2021 abgegeben werden.

C.Die Kommission wird eine Studie über die Verfahren für die automatische Mitgliedschaft in betrieblichen Altersvorsorgesystemen in Auftrag geben und möglicherweise auch andere Verfahren zur Förderung der Beteiligung an der betrieblichen Altersvorsorge analysieren, um für alle Mitgliedstaaten empfehlenswerte Verfahren für diese Systeme zu erarbeiten.

Q3 2020

Die Kommission wird im 3. Quartal 2020 eine Studie über bestehende Verfahren für die automatische Mitgliedschaft in betrieblichen Altersvorsorgesystemen in Auftrag geben, um empfehlenswerte Verfahren zu erarbeiten. Bei der automatischen Mitgliedschaft nehmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer automatisch an der betrieblichen Altersvorsorge teil, sofern sie nicht aktiv austreten.

III.Integration der nationalen Kapitalmärkte in einen echten Binnenmarkt

Maßnahme 10: Verringerung des steuerlichen Aufwands bei grenzüberschreitenden Investitionen

Um steuerbedingte Kosten für grenzüberschreitende Anleger zu senken und Steuerbetrug zu verhindern, wird die Kommission bis zum 4. Quartal2022 – wenn die Folgenabschätzung dafür spricht und in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten – eine Gesetzgebungsinitiative vorlegen und weitere Wege für die Einführung eines gemeinsamen, standardisierten EU-weiten Systems für Quellensteuererleichterungen an der Quelle erkunden.

Q4 2022

Dabei werden das OECD-Projekt TRACE 17 (Treaty Relief and Compliance Enhancement) und andere EU-Initiativen, wie der Verhaltenskodex zur Quellenbesteuerung, berücksichtigt.  18

Maßnahme 11: Mehr Berechenbarkeit bei den Ergebnissen grenzüberschreitender Investitionen mit Blick auf Insolvenzverfahren

A.Damit die Konsequenzen von Insolvenzverfahren berechenbarer werden, wird die Kommission bis Mitte 2022 einen legislativen oder nichtlegislativen Vorstoß zur Mindestharmonisierung oder stärkeren Konvergenz in bestimmten zentralen Bereichen der Insolvenz von Nichtbanken unternehmen.

Q2 2022

Gegenstand des Vorstoßes für ein legislatives oder nichtlegislatives Instrument könnten eine Definition der Insolvenzverfahrensauslöser, die Forderungsrangfolge (Interessenausgleich zwischen verschiedenen Gläubigerarten, insbesondere auch zwischen gesicherten/ungesicherten Insolvenzgläubigern) und weitere zentrale Punkte wie Anfechtungsklagen oder das Aufspüren von Vermögenswerten sein. Dabei werden die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation sowie die Empfehlungen einer Expertengruppe und die Gespräche mit den Mitgliedstaaten berücksichtigt. Außerdem wird eine Folgenabschätzung durchgeführt.

B.Damit die Wirksamkeit der nationalen Regelungen für die Darlehensvollstreckung regelmäßig überprüft werden können, werden die Kommission und die EBA bis zum 1. Quartal 2021 die Möglichkeit rechtlicher Änderungen an den Melderahmen prüfen. Dies könnte dann im 4. Quartal 2022 zu rechtlichen Änderungen führen.

Q1 2021

Q4 2022

Aufbauend auf den Erfahrungen aus dem im Rahmen des ersten Aktionsplans zur Kapitalmarktunion durchgeführten Benchmarking der nationalen Rahmenregelungen für die Darlehensvollstreckung 19 (einschließlich Insolvenz) werden die Kommission und die EBA die Möglichkeit rechtlicher Änderungen an den Melderahmen prüfen. Dies würde der EBA die Möglichkeit geben, die Kommission regelmäßig über die Wirksamkeit der Darlehensvollstreckung in den Mitgliedstaaten auf den neuesten Stand zu bringen, ohne dass sich der Meldeaufwand unverhältnismäßig erhöhen würde. Gegebenenfalls würden im 4. Quartal 2022 etwaige Gesetzesänderungen vorgeschlagen.

Maßnahme 12: Leichtere Mitwirkung von Aktionären

Um insbesondere die grenzüberschreitende Mitwirkung von Investoren zu erleichtern, wird die Kommission Folgendes prüfen: i) ob eine EU-weit harmonisierte Definition des Begriffs „Aktionär“ eingeführt werden könnte, und ii) ob und wie die Vorschriften für die Interaktion zwischen Anlegern, Intermediären und Emittenten in Bezug auf die Stimmrechtsausübung und Kapitalmaßnahmenbearbeitung weiter präzisiert und harmonisiert werden können. Die Kommission wird auch etwaige nationale Hindernisse für die Nutzung neuer digitaler Technologien in diesem Bereich prüfen.

Q3 2023

Q4 2021

Diese Bewertung erfolgt im Rahmen der Evaluierung der Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie 2 20 (SRD 2) durch die Kommission, die bis zum 3. Quartal 2023 veröffentlicht werden soll. Nach jetzigem Stand und gebührender Berücksichtigung der Marktentwicklungen nach dem Inkrafttreten der SRD 2 und der zugehörigen Durchführungsverordnung 21 im September 2020 will die Kommission insbesondere Folgendes untersuchen:

·die Erteilung und den Nachweis von Berechtigungen und den Nachweisstichtag,

·die Berechtigungsbestätigung und die Abgleichverpflichtung,

·die Daten- und Fristenabfolge,

·etwaige nationale Zusatzanforderungen (insbesondere Vollmachtserfordernisse für die Stimmrechtsausübung) und

·die Kommunikation zwischen Emittenten und Zentralverwahrern hinsichtlich Zeitpunkt, Inhalt und Format.

Besonderes Augenmerk gilt Wirksamkeits- und Effizienzerwägungen sowie Aspekten der Rechtssicherheit.

Die Kommission wird außerdem bis zum 4. Quartal 2021 prüfen, ob nationale Regulierungshemmnisse für die Nutzung neuer digitaler Technologien bestehen, die die Kommunikation zwischen Emittenten und Aktionären effizienter machen und die Identifizierung der Aktionäre durch die Emittenten oder die Teilnahme von Aktionären an Hauptversammlungen und ihre Stimmabgabe erleichtern könnten.

Maßnahme 13: Ausbau grenzüberschreitender Abrechnungsdienste

Um die grenzüberschreitende Erbringung von Abrechnungsdiensten in der EU ohne Schaden für die Finanzstabilität zu verbessern, wird die Kommission die Vorschriften für ein breites Themenspektrum überprüfen, darunter: i) die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen durch Zentralverwahrer auf Basis eines Europäischen Zentralverwahrer-Passes und ii) die Verfahren und Bedingungen, nach denen Zentralverwahrer ermächtigt wurden, Kreditinstitute zu benennen oder selbst bankartige Nebendienstleistungen zu erbringen.

Q4 2021

Erreicht werden soll dies durch eine gezielte Überprüfung der Zentralverwahrer-Verordnung 22 bis zum 4. Quartal 2021. Diese Überprüfung ist in der Verordnung vorgeschrieben und wird durch eine Folgenabschätzung untermauert.

Vor der Annahme des Legislativvorschlags bis zum 4. Quartal 2020 wird die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Verordnung vorlegen. Dieser Bericht wird eine breit angelegte Konsultation sämtlicher Interessenträger, einschließlich der Mitgliedstaaten und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), widerspiegeln.

Maßnahme 14: Konsolidierter Datenticker

Damit ein Gesamtbild des EU-weiten Handels entstehen kann und um den Wettbewerb zwischen den Handelsplätzen zu verbessern, wird die Kommission legislative Änderungen vorschlagen, die die Schaffung eines wirksamen und umfassenden konsolidierten Nachhandelsdatentickers für Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Finanzinstrumente unterstützen.

 

Q4 2021

Die Kommission wird dafür Sorge tragen, dass der Datenticker von umfassender Reichweite und die Datenqualität ausreichend ist, um den Marktteilnehmern einen Mehrwert zu bieten, wobei den Einrichtungs- und Nutzungskosten Rechnung getragen wird.

Maßnahme 15: Schutz und Erleichterung von Investitionen

Die Kommission wird eine Stärkung des Rahmens für den Schutz und die Erleichterung von Investitionen in der EU vorschlagen.

Q2 2021

Diese Maßnahme soll auf drei Säulen ruhen:

I)materiellrechtlichen Vorschriften, die einen kohärenten und berechenbaren Schutz von Intra-EU-Investitionen gewährleisten;

II)einer besseren Durchsetzung dieser Vorschriften, indem die Wirksamkeit der Streitbeilegungsmechanismen auf nationaler und/oder EU-Ebene bei gleichzeitiger Gewährleistung des Zugangs zu den nationalen Gerichten erhöht wird;

III)spezifische Investitionserleichterungsmaßnahmen, z. B. die Bündelung von Informationen über die Rechte und Möglichkeiten von Investoren an einem einheitlichen Zugangspunkt (z. B. dem Portal „InvestEU“ 23 ) und Förderung von Mechanismen zur vorbeugenden Problemlösung durch Interessenträger sowie gütliche Streitbeilegung.

Maßnahme 16: Aufsicht

Die Kommission wird an der Entwicklung eines besseren einheitlichen Regelwerks für die Kapitalmärkte arbeiten. Dazu wird sie prüfen, ob die EU-Vorschriften weiter harmonisiert werden sollten, und die Fortschritte bei der Erreichung einer größeren aufsichtlichen Konvergenz überwachen. Im 4. Quartal 2021 wird sie eine Bilanz des bereits Erreichten ziehen und erwägen, ob Maßnahmen für eine stärkere Koordinierung der Aufsicht oder eine direkte Beaufsichtigung durch die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) vorgeschlagen werden sollten.

Die Kommission prüft außerdem sorgfältig, was der Wirecard-Fall für die Regulierung und Beaufsichtigung der EU-Kapitalmärkte bedeuten könnte, und wird etwaige ermittelte Schwachstellen im EU-Rechtsrahmen umgehend und entschieden beseitigen.

Q4 2021

Unter uneingeschränkter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips wird die Kommission systematisch bewerten, ob eine weitere Harmonisierung der EU-Vorschriften angezeigt ist. Ein verbessertes einheitliches Regelwerk und eine wirksame Beaufsichtigung würden die Wettbewerbsgleichheit für die Marktteilnehmer verbessern und zu einem fairen Wettbewerb zwischen ihnen beitragen. 

Bei anstehenden Überprüfungen sektoraler Rechtsvorschriften wird die Kommission auch über die Wirksamkeit der Konvergenzbefugnisse der ESA nachdenken, um etwaige Lücken oder Bereiche zu ermitteln, in denen verstärkte Befugnisse die Kapitalmarktunion befördern würden. Sie wird auch prüfen, ob die Konvergenzbefugnisse im bestehenden Governance-Rahmen wirksam genutzt werden. Schließlich wird die Kommission sorgfältig prüfen, ob die Konvergenz der Aufsichtspraktiken weit genug vorangekommen ist, damit die Kapitalmarktunion gedeihen kann. Sollte es Hinweise darauf geben, dass die Aufsichtsstrukturen dem gewünschten Maß an Marktintegration nicht genügen, wird bei künftigen Überprüfungen, von denen die nächste Ende 2021 ansteht, über eine stärkere Aufsichtskoordinierung oder eine direkte Beaufsichtigung durch die ESA nachgedacht werden.

Die Kommission prüft außerdem sorgfältig, was der Wirecard-Fall für die Regulierung und Beaufsichtigung des EU-Kapitalmarkts bedeutet. Sie wird den Ergebnissen der laufenden Untersuchungen Rechnung tragen. Nach den derzeit verfügbaren Informationen der Kommission wirft der Zusammenbruch von Wirecard Fragen nach der Wirksamkeit der Unternehmensführung von Wirecard, der externen Abschlussprüfung und der Überwachung von Finanzinformationen auf.

(1)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Der europäische Grüne Deal (COM(2019) 640 final).

(2)

  https://eftg.eu/

(3)

https://e-justice.europa.eu/content_business_registers_at_european_level-105-de.do

(4)

Insbesondere der Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG) und der Richtlinie über die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen (Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen).

(5)

 Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über europäische langfristige Investmentfonds.

(6)

Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit.

(7)

Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012.

(8)

Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG.

(9)

 Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012.

(10)

Zusätzlich zur Stärkung der Verbriefungsmärkte wird die Kommission weiterhin die Möglichkeit der Einführung eines Finanzinstruments mit doppeltem Rückgriff unter der Bezeichnung „Europäische besicherte Anleihe“ (ESN – European Secured Note) prüfen. Gemäß der Richtlinie (EU) 2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Emission gedeckter Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über gedeckte Schuldverschreibungen wird sie dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 8. Juli 2024 einen Bericht vorlegen.

(11)

 Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(12)

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU.

(13)

Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb.

(14)

Verordnung (EU) 2019/1238 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über ein Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt.

(15)

Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren.

(16)

Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte.

(17)

 http://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/treaty-relief-and-compliance-enhancement-trace.htm

(18)

https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/code_of_conduct_on_witholding_tax.pdf

(19)

 https://ec.europa.eu/info/publications/191203-study-loan-enforcement-laws_de

(20)

Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre.

(21)

Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 der Kommission vom 3. September 2018.

(22)

 Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012.

(23)

 https://ec.europa.eu/eipp/desktop/en/index.html?2nd-language=de

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