EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 15.7.2020
COM(2020) 312 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
AKTIONSPLAN FÜR
EINE FAIRE UND EINFACHE BESTEUERUNG ZUR UNTERSTÜTZUNG DER AUFBAUSTRATEGIE
1. Allgemeiner Hintergrund – Steuerpolitik der EU in Zeiten des Wandels
Die beispiellose COVID-19-Krise hat die Volkswirtschaften inner- und außerhalb der EU tief erschüttert. Die EU und ihre Organe, die Mitgliedstaaten, die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger sind in Zeiten des grundlegenden Wandels, geprägt von klima- und umweltbezogenen Herausforderungen, einer digitalen Revolution, wachsenden Ungleichheiten und einer geopolitischen Verschiebung, mit dieser gewaltigen Krise konfrontiert.
Die Kommission ist bestrebt, beim Übergang zu einer grüneren und stärker digitalisierten Welt, die mit den Grundsätzen unserer sozialen Marktwirtschaft vereinbar ist, die Führung zu übernehmen. Eine faire, effiziente und nachhaltige Besteuerung ist für die Verwirklichung dieser Ziele von zentraler Bedeutung: Die Steuerpolitik der EU muss so beschaffen sein, dass jeder – von Einzelpersonen bis zu Unternehmen – seinen gerechten Anteil zahlt. Gleichzeitig muss sie so gestaltet werden, dass Unternehmen und Bürger gleichermaßen in vollem Umfang von den Vorteilen des Binnenmarkts profitieren, grenzüberschreitend arbeiten und investieren, innovativ sein und Arbeitsplätze schaffen können. All dies muss mit der Schaffung wirksamer Anreize für nachhaltiges und klimafreundliches Verhalten, einschließlich nachhaltiger Investitionen, und der Einhaltung des Verursacherprinzips einhergehen.
Eine faire und effiziente Besteuerung wird in den kommenden Monaten und Jahren sogar noch an Bedeutung gewinnen, wenn die EU und die Weltgemeinschaft versuchen, sich von den Folgen der COVID-19-Krise zu erholen. In der Mitteilung der Kommission „Die Stunde Europas – Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen“ wurde hervorgehoben, dass die Kommission Steuerbetrug und sonstige unfaire Praktiken noch vehementer bekämpfen wird, um sicherzugehen, dass die Erholung im Zeichen der Solidarität und der Fairness steht. Dies wird den Mitgliedstaaten ermöglichen, die Steuereinnahmen zu erzielen, die sie benötigen, um die großen Herausforderungen der aktuellen Krise zu bewältigen. Die vorliegende Mitteilung kommt dieser Verpflichtung mit einem mit 25 Maßnahmen umfassenden „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung“ nach. Der Aktionsplan soll der zweifachen Herausforderung im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Krise gerecht werden: der Unterstützung einer raschen wirtschaftlichen Erholung und der Gewährleistung ausreichender öffentlicher Einnahmen in der EU. Im Aktionsplan werden
·Maßnahmen zum Abbau steuerlicher Hindernisse für Unternehmen im Binnenmarkt dargelegt. Steuervereinfachungen werden das Geschäftsumfeld verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigern und zum Wirtschaftswachstum beitragen;
·zahlreiche Initiativen angekündigt, die den Mitgliedstaaten dabei helfen werden, bestehende Steuervorschriften durchzusetzen und die Steuerehrlichkeit zu verbessern. Wir müssen gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten die Steuereinnahmen sichern können, die sie benötigen, um die Maßnahmen zur Bewältigung der großen Herausforderungen der gegenwärtigen Krise zu finanzieren, ohne die ohnehin schon stark von der Krise Betroffenen übermäßig zu belasten. Die Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung ist hierfür weiterhin von entscheidender Bedeutung. Dies sollte außerdem dazu beitragen, dass die Einnahmen für die nationalen Haushalte und für den EU-Haushalt auf gerechtere, geeignete, wirksame und effiziente Weise in den Mitgliedstaaten erhoben werden.
Dieser Aktionsplan ist ein Schlüsselelement einer umfassenden und ehrgeizigen steuerpolitischen Agenda der EU für die kommenden Jahre, die folgende wichtige Initiativen umfasst:
·Ein gut durchdachtes Steuersystem spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des ökologischen Wandels. Der Einsatz der Besteuerung als politisches Instrument wird dazu beitragen, bis 2050 Klimaneutralität und die anderen Umweltziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen.
Im Zuge dessen werden auch zusätzliche öffentliche Steuereinnahmen in die Staatshaushalte fließen, um intelligente Investitionen für einen ökologischen Wandel zu unterstützen. Umweltsteuern tragen dazu bei, die richtigen Preissignale zu senden und die richtigen Anreize für Hersteller, Nutzer und Verbraucher zu schaffen, um einen umweltfreundlicheren Konsum zu fördern und zu nachhaltigem Wachstum beizutragen. Sie können auch Möglichkeiten für Steuersenkungen in anderen Bereichen bieten, z. B. auf den Faktor Arbeit, und wenn die Einnahmen für einen angemessenen Sozialschutz gesichert sind, können sie eine Win-Win-Option für die Lösung von Umwelt- und Beschäftigungsproblemen darstellen.
·Eine tief greifende Reform des Körperschaftsteuersystems im Einklang mit unserer modernen und zunehmend digitalisierten Wirtschaft ist jetzt wichtiger denn je, um das Wachstum zu fördern und die erforderlichen Einnahmen durch die Anpassung der Besteuerungsrechte an die Wertschöpfung und die Festlegung einer effektiven Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen auf faire Weise zu generieren. Die Kommission unterstützt aktiv die Beratungen auf globaler Ebene der OECD und der G20 und ist bereit, tätig zu werden, wenn global keine Einigung erzielt wird. Sie wird vor Ende des Jahres im Nachgang zu den Diskussionen auf globaler Ebene in einem Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert die nächsten Schritte darlegen.
·Der weltweite Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung erfordert entschlossenes Handeln. Der Ausbruch von Covid-19 hat zu beispiellosen Maßnahmen auf nationaler Ebene und auf Unionsebene geführt, um die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten zu unterstützen und ihre wirtschaftliche Erholung zu fördern. Dazu gehören staatliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Liquidität und des Zugangs zu Finanzmitteln für Unternehmen, die vielfach den Unionsvorschriften für staatliche Beihilfen unterliegen. Mit der Unionsliste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (im Folgenden „EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete“) soll auf Bedrohungen für die Steuerbasis der EU-Mitgliedstaaten reagiert werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten, ihre finanzielle Unterstützung für Unternehmen in der Union davon abhängig zu machen, dass keine Verbindungen zwischen den Unternehmen und den auf der Unionsliste aufgeführten Ländern und Gebieten bestehen.
·Damit die Agenda der EU für eine faire Besteuerung in vollem Umfang umgesetzt werden kann, müssen alle verfügbaren politischen Hebel in Bewegung gesetzt werden. In diesem Zusammenhang wird die Kommission prüfen, wie die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgeschöpft werden können, die ermöglichen, Vorschläge zur Besteuerung im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu erlassen, wie Artikel 116 AEUV.
Neben diesen Leitinitiativen im Steuerbereich wird die EU-Steuerpolitik auch weiterhin Niederschlag in der umfassenderen Agenda der Kommission finden. So wird beispielsweise die Überarbeitung der Tabaksteuerrichtlinie und der Alkoholsteuerrichtlinien sowie der Bestimmung über den grenzüberschreitenden Erwerb durch Privatpersonen in der horizontalen Richtlinie über Verbrauchsteuern eingeleitet, um einen verstärkten Beitrag zu den Zielen der öffentlichen Gesundheit zu leisten und Steuerbetrug zu verhindern. Die Kommission wird außerdem ihre Agenda für eine faire, einfache und nachhaltige Besteuerung im Rahmen des Europäischen Semesters weiterverfolgen, in der die Besteuerung als ein Gestaltungsinstrument einer ganzheitlichen Agenda für einen sozial gerechten ökologischen Wandel vorgesehen ist, auch durch die Förderung einer umweltgerechten Haushaltsplanung. Darüber hinaus unterstützt die Kommission weiterhin die Umsetzung ihrer Agenda für eine faire und einfache Besteuerung durch ihre Programme zur technischen Unterstützung.
Steuerpaket für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie – Juli 2020
Dieses Steuerpaket setzt sich aus drei Elementen zusammen:
1.der vorliegenden Mitteilung zur Unterstützung der Aufbaustrategie, in der ein Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung dargelegt und eine Reihe künftiger Initiativen im Bereich der direkten und indirekten Steuern vorgestellt wird;
2.einem Legislativvorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, um
·einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten über Einkünfte/Umsätze, die von Verkäufern auf digitalen Plattformen erzielt werden einzuführen. Die Informationen werden den Steuerverwaltungen helfen zu prüfen, ob für auf digitalen Plattformen verdientes Geld angemessene Steuern entrichtet werden;
·die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden durch Präzisierung der bestehenden Vorschriften zu stärken;
3.der Mitteilung „Verantwortungsvolles Handeln imSteuerbereich in der EU und darüber hinaus“, in der die Fortschritte bei der Verbesserung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich in, aber auch außerhalb der EU überprüft und Bereiche mit Verbesserungsbedarf aufgezeigt werden. Wir müssen innerhalb der EU, aber auch global tätig werden. Zu den wichtigsten Aktionsbereichen gehören
·eine Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung,
·eine Überarbeitung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke,
·Verbesserungen zur Stärkung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich im Zusammenhang mit EU-Mitteln und eine bessere Koordinierung der Abwehrmaßnahmen der EU-Mitgliedstaaten,
·die Unterstützung von Partnern aus Entwicklungsländern bei der Verbesserung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich.
2. Wir haben schon viel erreicht – es muss aber noch mehr getan werden
2.1 Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung:
In den letzten Jahren hat die EU ihre Anstrengungen auf die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und mehr Transparenz konzentriert. Mehrere Gesetzesinitiativen, wie wegweisende Transparenzprojekte und Kooperationsprojekte der Mitgliedstaaten, haben es den Steuerpflichtigen weiter erschwert, Steuern zu vermeiden und zu hinterziehen. Konkrete Beispiele hierfür sind u. a. die Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung,
die Empfehlung der Kommission zur Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs von Steuerabkommen, Transparenzvorschriften für Steuervorbescheide
und die Einführung einer länderspezifischen Berichterstattung zwischen den Steuerbehörden
.
Die Steuerbehörden verfügen daher heute über ein breiteres Instrumentarium, um missbräuchliches Verhalten aufzudecken und zu bekämpfen und mit anderen Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten. Wie die Bewertungen des Rahmens für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden in der EU zeigen, sind der automatische Informationsaustausch und gemeinsame Maßnahmen der Mitgliedstaaten in der EU inzwischen gängige Praxis.
Die Steuerbehörden haben auch Zugang zu Informationen zur Bekämpfung der Geldwäsche erhalten.
Darüber hinaus müssen Steuervermeidungsmodelle dank der neuen EU-Vorschriften über potenziell aggressive Steuerplanungsmodelle jetzt gemeldet werden.
Mit dem ab 2021 geltenden Mehrwertsteuerpaket für den elektronischen Geschäftsverkehr
wird die Mehrwertsteuerbefreiung für Einfuhren von Waren mit einem Wert von bis zu 22 EUR abgeschafft, sodass für alle in die EU eingeführten Waren Mehrwertsteuer entrichtet werden muss, was die Möglichkeiten für Betrug verringern wird. Die Instrumente für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Mehrwertsteuer wurden ebenfalls gestärkt: Eurofisc
kann nun auf eigene Initiative mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und Europol zusammenarbeiten und Informationen austauschen. Die Steuerbehörden können mit den Zollbehörden Informationen über Einfuhren, die der Mehrwertsteuer unterliegen, und Zollbetrug
austauschen und gemeinsame Prüfungen unter aktiver Beteiligung ausländischer Steuerbeamter an behördlichen Ermittlungen durchführen.
Steuerbetrug und Steuerhinterziehung stellen jedoch weiter eine Bedrohung für gesunde öffentliche Finanzen dar. Der Verlust an Steuereinnahmen in der EU aufgrund internationaler Steuerhinterziehung durch Privatpersonen in Bezug auf Kapitalertrag-, Vermögen- und Erbschaftsteuern wurde im Jahr 2016 auf 46 Mrd. EUR geschätzt.
Die Mehrwertsteuerlücke (d. h. die Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Mehrwertsteuereinnahmen) wurde im Jahr 2017 auf 137 Mrd. EUR beziffert, einschließlich des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs, der sich auf 50 Mrd. EUR beläuft.
Die Kommission legte 2018 eine umfassende Überarbeitung des Mehrwertsteuersystems für den Handel innerhalb der Unionvor. Die Annahme dieses Vorschlags für die endgültige Mehrwertsteuerregelung würde durch die Abschaffung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen dazu beitragen, diese Lücke zu verkleinern und die Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern. Ebenso beläuft sich die Steuervermeidung durch Unternehmen in der EU mehreren Schätzungen zufolge auf mehr als 35 Mrd. EUR pro Jahr.
Diese beträchtlichen Mindereinnahmen sind umso problematischer, als die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 unweigerlich zu erheblich niedrigeren Steuereinnahmen führen werden. Darüber hinaus ist Mehrwertsteuerbetrug in einigen Fällen auch mit Zollbetrug verbunden. Das Minderaufkommen an Steuern untergräbt die gerechte Lastenverteilung zwischen den Steuerpflichtigen sowie die faire Bemessung der Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt. Beinahe 75 % der Europäer fordern mehr Maßnahmen auf EU-Ebene zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung.
2.2 Steuerverwaltung im digitalen Zeitalter
Weitere Maßnahmen auf EU-Ebene sind erforderlich, um die Steuerhinterziehung stärker zu bekämpfen und die Steuerverwaltungen dabei zu unterstützen, mit einer Wirtschaft im ständigen Wandel Schritt zu halten. Die digitale Wirtschaft und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle stellen die Steuerverwaltungen vor neue Herausforderungen. Darüber hinaus verfügen die Steuerbehörden auf nationaler Ebene nur über begrenzte Ressourcen, um die riesigen Datenmengen auszuwerten, die sie infolge der Umsetzung der in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen erheben.
Die Digitalisierung der Wirtschaft und der nationalen Behörden sollte auch als Chance verstanden werden. Der Einsatz digitaler Lösungen erleichtert den Steuerverwaltungen die Erfüllung ihrer Aufgaben und wird dazu beitragen, die Befolgungskosten sowohl für die Steuerverwaltungen als auch für die Unternehmen zu senken. Darüber hinaus ist die Datenanalyse für die Nutzung der wachsenden Menge erhobener Daten von entscheidender Bedeutung. Im Bereich des elektronischen Handels, in dem die Zoll- und Steuerbehörden über riesige Mengen an Daten und Informationssysteme verfügen werden, sind einschlägige Synergien zwischen Steuer- und Zollbehörden besonders wichtig. Die Digitalisierung ist auch ein Schlüsselfaktor, um den Meldeaufwand der Unternehmen, insbesondere KMU, zu verringern, unter anderem durch die Weiterverwendung von Informationen durch statistische Stellen.
Auf einer von der Kommission im Dezember 2019 veranstalteten Konferenz zum Thema „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ wurde deutlich, dass die Überlegungen in diesem Bereich vertieft werden müssen. Im Mittelpunkt dieser Reflexionen sollte die Frage stehen, wie die Steuerbehörden Technologien zur Bekämpfung von Steuerbetrug und zum Nutzen von Unternehmen einsetzen können und ob die derzeitigen Mehrwertsteuervorschriften an die Geschäftstätigkeit im digitalen Zeitalter angepasst sind.
2.3 Vereinfachung der EU-Steuerpolitik für einen wettbewerbsfähigen Binnenmarkt
Die EU hat auch bei der Vereinfachung der Steuersysteme Fortschritte erzielt. Neue Vorschriften wurden eingeführt, um eine schnellere und wirksamere Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten im Bereich der direkten Steuern zu gewährleisten, die durch die Auslegung und Anwendung von zwischen den Mitgliedstaaten abgeschlossenen Abkommen und Übereinkommen entstehen, die die Beseitigung der Doppelbesteuerung vorsehen.
Mit dem verabschiedeten Mehrwertsteuer-Paket für den elektronischen Geschäftsverkehr wurde eines der größten Hindernisse für kleine Unternehmen, die grenzüberschreitenden Handel treiben, beseitigt. Unternehmen, die Waren online an Verbraucher verkaufen, können ihren Mehrwertsteuerpflichten in der EU über ein benutzerfreundliches Online-Portal in ihrer eigenen Sprache nachkommen.
Auch auf EU-Ebene wurden Initiativen ergriffen, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Steuern – u. a. im Rahmen des Europäischen Semesters – als Instrument für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum einzusetzen. Die Kommission hat insbesondere unterstrichen, dass gerechte, wachstumsfreundliche Steuersysteme die private Investitionstätigkeit unterstützen und die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, die Beschäftigung begünstigen, Ungleichheiten abbauen und eine ökologisch widerstandsfähige Wirtschaft fördern können. Darüber hinaus kann eine Vereinfachung des Steuersystems dazu beitragen, wirtschaftliche Verzerrungen zu begrenzen und den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern. Die Annahme des Vorschlags zu Mehrwertsteuersätzen
, der derzeit im Rat erörtert wird, wird den Mitgliedstaaten die Flexibilität bieten, nach strengen Kriterien ihre eigenen Sätze festzulegen, die für die Überwindung der derzeitigen Krise erforderlich sind. Ebenso werden die Mitgliedstaaten dann in der Lage sein, ihre Mehrwertsteuerpolitik stärker mit den Umwelt- und Gesundheitszielen in Einklang zu bringen.
Die Befolgungskosten im Steuerbereich sind in der EU jedoch nach wie vor hoch. Insbesondere müssen wir junge und innovative Unternehmen unterstützen, die größere Probleme mit komplexen Verwaltungsverfahren haben als große multinationale Unternehmen. Die Befolgungskosten sind für kleine Unternehmen in der Regel wesentlich höher als für große.
Die Befolgungskosten im Steuerbereich machen bei großen Unternehmen schätzungsweise ca. 2 % und bei KMU rund 30 % der gezahlten Steuern aus.
Darüber hinaus schafft die Komplexität, die sich aus dem Flickenteppich von 27 verschiedenen Steuersystemen ergibt, nicht nur Schlupflöcher für Steuermissbrauch, sondern führt auch zu Unsicherheit bei redlichen Steuerpflichtigen, die einfach überfordert sind und dann versehentlich gegen die Vorschriften verstoßen.
Daher sind auch auf EU-Ebene Maßnahmen erforderlich, um ein einfacheres und moderneres Steuerumfeld zu schaffen. Dies würde vorschriftsmäßig handelnden Unternehmen dabei helfen, die Vorteile des Binnenmarkts zu nutzen und das Wirtschaftswachstum in der EU zu unterstützen. Wie in der jüngsten Mitteilung der Kommission über Hindernisse für den Binnenmarkt dargelegt wurde, bezeichnen Unternehmen die nationalen Vorschriften und Verfahren im Bereich der Besteuerung immer wieder als eines ihrer größten Hindernisse.
Diese Hindernisse beeinträchtigen insbesondere grenzüberschreitend tätige Unternehmen, da sie sich auf die unterschiedlichen nationalen Systeme und Verwaltungen einstellen müssen. Zu den von den Unternehmen aufgezeigten Hindernissen zählt eine Reihe von Fragen, die die Registrierung sowie die Meldepflichten sowohl in Bezug auf die Mehrwertsteuer als auch auf die Ertragsteuern für Unternehmen betreffen.
3. Neuer Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie
In dieser Mitteilung wird ein neuer, ausgewogener Ansatz dargelegt, der Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung mit Initiativen zur Vereinfachung des Lebens ehrlicher Steuerzahler kombiniert. Im Mittelpunkt dieses Aktionsplans steht der Steuerpflichtige. Die verschiedenen im Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen sind daher entlang der sogenannten „Taxpayer journey“ (Reise des Steuerpflichtigen) strukturiert. Die mit den verschiedenen Meilensteinen dieser Reise des Steuerpflichtigen verbundenen Maßnahmen werden als Weg der EU hin zur Erreichung des doppelten Ziels, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen und die Besteuerung einfach und leicht zu gestalten, beschrieben.
Der Plan umfasst 25 Maßnahmen (siehe Anhang), die die Kommission bis 2024 vorschlagen und umsetzen wird. Die dargelegten möglichen Gesetzgebungsänderungen sind von den Ergebnissen einer Folgenabschätzung abhängig, die sich auch auf die Grundrechte und insbesondere das Recht auf Schutz personenbezogener Daten erstreckt und gegebenenfalls ausgearbeitet wird, um die verschiedenen politischen Optionen entsprechend den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung zu bewerten.
3.1 Registrierung
Eine wirksame und effiziente Registrierung ist der erste Schritt, um sicherzustellen, dass die Steuerpflichtigen ihren gerechten Beitrag zum Steueraufkommen leisten.
Die Steuerpflichtigen werden innerhalb der EU anhand einer Steuer-Identifikationsnummer (TIN) identifiziert.
Mehrwertsteuerpflichtige Steuerzahler werden anhand einer Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer identifiziert. Die Datenbanken mit den Daten der Steuerpflichtigen müssen auf dem neuesten Stand gehalten werden: Die Steuerpflichtigen müssen den Steuerbehörden alle erforderlichen Angaben mitteilen. Im Falle von Änderungen (z. B. wenn ein Steuerpflichtiger dauerhaft in einen anderen Mitgliedstaat umzieht) müssen die Registrierungsangaben aktualisiert werden.
Die Registrierung sollte aus Effizienzgründen so einfach wie möglich gestaltet sein. Der Erhalt von TINs und/oder Mehrwertsteuernummern sollte nicht aufwendig sein. Wenn Steuerpflichtige in einen anderen Mitgliedstaat ziehen, um dort zu arbeiten oder ein Unternehmen zu gründen, muss das Verfahren zur Aktualisierung der Register der Steuerpflichtigen reibungslos funktionieren, um den Verwaltungsaufwand für die Steuerpflichtigen so gering wie möglich zu halten. Wenn Steuerpflichtige gegenüber einer anderen Steuerverwaltung als ihrer eigenen ihren steuerlichen Ansässigkeitsstatus, d. h., wo sie als Steuerpflichtige registriert sind, nachzuweisen haben, muss das Verfahren einfach sein.
Zur Vereinfachung der Steuerregistrierung für die Steuerpflichtigen wird die Kommission folgende Maßnahmen ergreifen:
Im Zeitraum 2022/2023
1.Selbst nach der Umsetzung des Mehrwertsteuer-Pakets für den elektronischen Geschäftsverkehr müssen Steuerpflichtige, die in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat registriert sind, zusätzliche Mehrwertsteuerregistrierungen in den Mitgliedstaaten beantragen, in denen sie nicht ansässig sind, aber bestimmte steuerbare Umsätze bewirken. Die Kommission wird eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie vorschlagen, um dem Ziel einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung in der EU, mit der überall in der Union Dienstleistungen erbracht und/oder Waren verkaufen werden können, näher zu kommen.
2.„Ein Europa für das digitale Zeitalter“ ist eine der sechs obersten Prioritäten der Kommission. Konkret ist die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung eines der Ziele des eGovernment-Aktionsplans der Kommission.
Zur Erreichung dieses Ziels ist es wichtig, die effiziente Nutzung der Daten der Steuerpflichtigen unter voller Einhaltung der EU-Datenschutzvorschriften zu gewährleisten. Wie die jüngste Bewertung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der direkten Besteuerung durch die Kommission gezeigt hat, besteht noch Spielraum, um die Qualität und die Nutzung von Steuerdaten zu verbessern.
Die Kommission wird im Rahmen eines Pilotprojekts bewerten, welche digitale(n) Lösung(en) wie genutzt werden kann (können), um neue digitale Dienste für Steuerpflichtige zu schaffen und die Arbeit der Steuerverwaltungen auf Unionsebene besser zu unterstützen. Die Kommission wird eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vorlegen, in der über die Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Pilotprojekts berichtet wird.
3.2 Meldung
Die Steuerpflichtigen halten die Steuerverwaltungen regelmäßig über ihre Steuerschuld auf dem Laufenden und erfüllen damit mehrere Informationspflichten. Um eine möglichst effiziente Meldung durch die Steuerpflichtigen zu gewährleisten, müssen die Steuererklärungen einfach gehalten sein, sind die erforderlichen Angaben auf ein Mindestmaß zu beschränken und sollten die Verfahren und Systeme, mit denen die Steuerpflichtigen Steuererklärungen bei den Steuerverwaltungen einreichen können, unkompliziert sein. Die Steuererklärungen sollten so weit wie möglich vorausgefüllt werden. Die eGovernment-Grundsätze sollten auch für Steuerdaten gelten, insbesondere im Hinblick auf die Meldung. Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes sollten die Steuerpflichtigen Informationen nur einmal über digitale, sichere und inklusive elektronische Dienste einer einzigen Anlaufstelle übermitteln müssen. Bei der Weiterverwendung solcher Informationen, z. B. durch statistische Stellen, sollten angemessene Vertraulichkeitsregelungen eingehalten werden.
Ein wirksames Meldesystem beruht auf der freiwilligen Einhaltung der Vorschriften durch die Steuerpflichtigen. Die Steuerverwaltungen sind darauf angewiesen, dass ihnen die Steuerpflichtigen korrekte Informationen über ihr steuerpflichtiges Einkommen und ihre Steuertatbestände übermitteln. Maßnahmen zur Förderung und Aufrechterhaltung der freiwilligen Einhaltung der Vorschriften und zur Stärkung des Vertrauens zwischen den Steuerbehörden und den Steuerpflichtigen können die Wirksamkeit des Meldesystems erhöhen.
Die Meldung durch die Steuerpflichtigen wird durch Meldungen durch Dritte wie Arbeitgeber, Finanzinstitute und zunehmend auch andere Steuerverwaltungen unterstützt und ergänzt.
Die Kommission wird folgende Maßnahmen ergreifen, um Meldungen durch die Unternehmen zu vereinfachen und die Richtigkeit der gemeldeten Informationen zu gewährleisten:
Im Zeitraum 2020/2021
3.Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine Initiative zur Erleichterung und Förderung der Steuerehrlichkeit von Unternehmen – einen „Cooperative Compliance“-Rahmen der EU – vorbereiten, der auf mehr Zusammenarbeit, Vertrauen und Transparenz zwischen den Steuerverwaltungen beruht. Die Initiative sollte einen klaren Rahmen für einen präventiven Dialog zwischen den Steuerverwaltungen im Hinblick auf die gemeinsame Lösung grenzübergreifender Steuerfragen im Bereich der Körperschaftsteuer bieten. Sie würde sowohl KMU als auch größere Unternehmen abdecken, wenn auch mit einem unterschiedlichen Schwerpunkt, um ihren jeweiligen Gegebenheiten besser gerecht zu werden. Das Programm würde bestehende nationale und internationale „Cooperative Compliance“-Programme ergänzen. Die Kommission bereitet zusammen mit Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten die Einleitung nichtlegislativer Pilotprojekte für KMU und größere Unternehmen im Jahr 2021 vor.
Im Zeitraum 2022/2023
4.Die Mitgliedstaaten nutzen bereits neue Technologien, um schnellere und/oder detailliertere Informationen über inländische Umsätze zu erhalten. Die ergriffenen Maßnahmen unterscheiden sich jedoch von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, was den Aufwand für grenzüberschreitend tätige Unternehmen erheblich erhöht. Die Kommission wird einen Legislativvorschlag zur Modernisierung der Mehrwertsteuermeldepflichten vorlegen. Damit sollte ein schnellerer – möglicherweise in Echtzeit – und detaillierterer Informationsaustausch über Mehrwertsteuer auf Umsätze innerhalb der EU gewährleistet werden und gleichzeitig sollten die Mechanismen, die auf inländische Umsätze angewandt werden können, gestrafft werden. In diesem Zusammenhang wird geprüft, ob die elektronische Rechnungsstellung weiter ausgebaut werden muss.
5.Die Kommission wird eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie vorschlagen, um den Zuständigkeitsbereich der einzigen Mehrwertsteueranlaufstelle auszuweiten, die seit 2015 für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer auf Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronische Dienstleistungen
besteht und 2021 im Rahmen des Mehrwertsteuer-Pakets für den elektronischen Geschäftsverkehr auf Fernverkäufe von Waren und andere Dienstleistungen als Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronische Dienstleistungen ausgedehnt werden soll. Mit dieser Maßnahme sollen alle übrigen Umsätze zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C), die bisher nicht abgedeckt waren, eingeschlossen werden. Die Steuerpflichtigen sollten dann in der Lage sein, alle B2C-Umsätze in der EU im Rahmen einer einzigen Mehrwertsteuererklärung zu melden, die in dem Mitgliedstaat der Niederlassung abzugeben ist. In diesem Zusammenhang wird die Möglichkeit geprüft, die verpflichtende Nutzung der einzigen Anlaufstelle für die Einfuhr vorzusehen, und der für ihre Nutzung festgelegte Schwellenwert wird ebenfalls einer Überprüfung unterzogen.
3.3 Entrichtung
Die Entrichtung der geschuldeten Steuern ist ein entscheidender Schritt im Besteuerungsprozess. Von den Steuerpflichtigen wird erwartet, dass sie ihre Steuern fristgerecht und vollständig entrichten. Die meisten Steuerpflichtigen tun dies und zahlen freiwillig den zu entrichtenden Betrag. Damit die Entrichtung möglichst effizient erfolgt, sollten die Steuerverwaltungen die elektronischen Zahlungsverfahren ausweiten, die den Steuerpflichtigen zur Verfügung stehen. So ist es beispielsweise in einigen Mitgliedstaaten möglich, eine Reihe von Steuern auch über eine Smartphone-App zu bezahlen.
Mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen und Arbeitgeber oder andere Vertreter und Intermediäre, die Steuern im Namen des Steuerpflichtigen entrichten, sollten ebenfalls von elektronischen Diensten und Vereinfachungen profitieren. Die Einfachheit der Entrichtung ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von Bedeutung, die meist unverhältnismäßig höhere Befolgungskosten zu tragen haben.
Die Steuerverwaltungen sollten zur Verbesserung der Einhaltung der Vorschriften bei der Entrichtung von Steuern neue Wege der Zusammenarbeit mit den Steuerpflichtigen beschreiten, beispielsweise durch einen verhaltensorientierten Ansatz oder Cooperative Compliance.
Der geschuldete Steuerbetrag sollte von Anfang an korrekt sein, um zu vermeiden, dass die Steuerpflichtigen eine Erstattung beantragen und darauf warten müssen. Erstattungen brauchen Zeit und sind betrugsanfällig. Wenn Erstattungen erwartet werden, sollten die Steuerverwaltungen diese so schnell wie möglich bearbeiten, um zu vermeiden, dass die Steuerpflichtigen lange warten müssen und unter Liquiditätsproblemen leiden.
Die Kommission wird folgende Maßnahmen ergreifen, um die Effizienz der Verfahren zur Entrichtung der Steuern in der EU zu erhöhen:
Im Zeitraum 2020/2021
6.Die Kommission wird Empfehlungen zur Verbesserung der Unterstützung bei der Beitreibung nicht entrichteter Steuern vorlegen. In diesen Empfehlungen wird auch auf die erforderliche Achtung der Rechte der Steuerpflichtigen eingegangen. In dem Bericht über die Anwendung der Regelungen über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung der Effizienz und Wirksamkeit der Beitreibungsamtshilfe ihre internen Steuerbeitreibungssysteme stärken und ausreichende Mittel für die Bearbeitung von Ersuchen um Amtshilfe bei der Beitreibung bereitstellen sollten. Sie kam ferner zu dem Schluss, dass die Verbesserung verschiedener Aspekte der Funktionsweise des Systems der Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuern (gemäß der Richtlinie 2010/24) noch geprüft werden kann. Der neue Bericht der Kommission wird Folgemaßnahmen zu den vorstehenden Schlussfolgerungen enthalten.
Im Zeitraum 2022/2023
7.Die Steuerpflichtigen sollten klar und im Voraus wissen, wo sie Steuern entrichten müssen. Die Kommission wird Rechtsvorschriften vorschlagen, um klarzustellen, wo in der EU grenzüberschreitend tätige Steuerpflichtige als steuerlich ansässig zu betrachten sind. Die Mitgliedstaaten ziehen für die Bestimmung des steuerlichen Ansässigkeitsstatus nach wie vor unterschiedliche und vielfältige Kriterien heran, was die Gefahr einer Doppelbesteuerung (oder einer doppelten Nichtbesteuerung) birgt. Mit dieser Initiative soll eine einheitlichere Bestimmung der Steueransässigkeit im Binnenmarkt sichergestellt werden.
8.Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Unternehmensbesteuerung ist eine Priorität der Kommission. Trotz der im Zeitraum 2016–2019
ergriffenen Maßnahmen bestehen weiterhin steuerliche Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen.
Die Kommission wird eine Gesetzgebungsinitiative zur Einführung eines gemeinsamen, standardisierten EU-weiten Systems für Quellensteuererleichterungen an der Quelle vorschlagen, das von einem Mechanismus für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen flankiert wird. Darüber hinaus wird die Kommission prüfen, ob Bedarf für Informationsaustausch und Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden und den Finanzmarktaufsichtsbehörden besteht.
Die in Betracht gezogenen Optionen umfassen sowohl legislative als auch nichtlegislative Maßnahmen und tragen der OECD-Initiative TRACE (Treaty Relief and Compliance Enhancement) Rechnung.
Ziel ist es, zum einem die Befolgungskosten im Steuerbereich für grenzüberschreitend tätige Anleger erheblich zu senken und zum anderen Steuerhinterziehung zu verhindern.
3.4 Überprüfung, Überwachung und Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden
Faire Besteuerung ist ein Grundpfeiler des europäischen Sozialmodells zum Wohle von Unternehmen und Bürgern. Zu ihrer Gewährleistung wird von den Steuerpflichtigen erwartet, dass sie ihre Steuererklärungen abgeben und ihre Steuern fristgerecht entrichten. Die meisten von ihnen tun dies auch, und die Steuerverwaltungen sollten von der Vermutung der Ehrlichkeit und Befolgung der Vorschriften ausgehen. Bedauerlicherweise halten sich einige Steuerpflichtige nicht an die Spielregeln. Die Steuerverwaltungen sind verpflichtet, die steuerlichen Angelegenheiten der Steuerpflichtigen zu kontrollieren sowie Überprüfungen und in einigen Fällen Außenprüfungen durchzuführen.
Überprüfungen erhalten das Vertrauen in die Fairness des Steuersystems aufrecht, sorgen für gleiche Wettbewerbsbedingungen im Steuerbereich und verhindern, dass ehrliche Steuerpflichtige am Ende mehr zahlen, weil andere sich nicht an die Vorschriften halten und nicht ihren gerechten Beitrag zum Steueraufkommen leisten. Darüber hinaus kann eine wirksame Steuerkontrolle von künftigen Verstößen abschrecken.
Zur effizienten und wirksamen Durchführung von Steuerkontrollen sollten sich die Steuerverwaltungen auf Risikomanagementtechniken stützen, um sie besser auf die richtigen Gruppen von Steuerpflichtigen auszurichten. Die Überprüfungen sollten auf einem breiten Spektrum von Informationsquellen beruhen, insbesondere – im Falle grenzüberschreitend tätiger Steuerpflichtiger – auf im Wege des Informationsaustauschs aus anderen Mitgliedstaaten und Drittländern erhaltenen Informationen.
Die Kommission wird eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um die Überprüfungsverfahren zu straffen, die Ausrichtung der Kontrollen zu verbessern und das Eurofisc-Netzwerk weiterzuentwickeln:
9.Eurofisc 2.0 – im Zeitraum 2022/2023
✓Die Kommission wird möglicherweise im Wege einer Gesetzgebungsinitiative zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vorschlagen, im Rahmen von Eurofisc eine echte EU-Fähigkeit zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs bei grenzüberschreitenden Umsätzen zu schaffen. Diese Plattform von Experten für Mehrwertsteuerbetrugsbekämpfung aus den Steuerverwaltungen wurde 2018 mit einem neuen rechtlichen Mandat ausgestattet, das eine gemeinsame Verarbeitung von Daten auf EU-Ebene erlaubt. Damit kann das Überprüfungsverfahren, das auf verschiedene Steuergebiete aufgeteilt ist, nun innerhalb von Eurofisc gestrafft werden. Die Kommission wird anhand von Maßnahmen sicherstellen, dass Eurofisc, dem mehr Daten und Instrumente zur Verfügung stehen, in ein solches EU-fähiges Eurofisc umgewandelt werden kann.
✓Neben der Steigerung der Effizienz von Eurofisc sollten auch die Verbindungen zu anderen einschlägigen EU-Einrichtungen und Behörden der Mitgliedstaaten verstärkt werden. Eurofisc sollte nicht nur für Mehrwertsteuerwecke, sondern auch beispielsweise für Finanzmarktbehörden
, den Zoll, OLAF und Europol zu einem Knotenpunkt der EU für Steuerinformationen werden. Einen gewissen Austausch gibt es bereits, der auf Unionsebene jedoch gestrafft und gestärkt, strukturiert und möglicherweise aktiv unterstützt werden muss. Bei der Umwandlung wird auch einer Ausweitung des Anwendungsbereichs von Eurofisc Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang sollte die von Eurofisc bereitgestellte Kapazität dem Bereich der direkten Besteuerung zugutekommen.
✓Die Steuerverwaltungen würden von der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen innerhalb des EU-fähigen Eurofisc-Netzwerks profitieren, die allen Mitgliedstaaten automatisiert zur Verfügung stehen. Innerhalb des EU-fähigen Eurofisc-Netzwerks könnte gemeinsam das erforderliche Fachwissen entwickelt werden, um auf neue Betrugsmuster zu reagieren, die sich aus veränderten Geschäftsmodellen ergeben. Auf diese Weise käme eine gemeinsame Investition auf EU-Ebene allen Mitgliedstaaten unabhängig von ihren Ressourcen und Kapazitäten unmittelbar zugute.
Darüber hinaus wird die Kommission folgende Maßnahmen ergreifen, um die Kapazitäten der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zur Durchsetzung der bestehenden Steuervorschriften zu verbessern:
Im Zeitraum 2020/2021
10.Das Aufkommen von alternativen Zahlungs- und Investitionsmitteln – wie Kryptowerten und E-Geld – droht die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte bei der Steuertransparenz zu untergraben und birgt erhebliche Steuerhinterziehungsrisiken. Im Jahr 2021 wird die Kommission die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden aktualisieren, um ihren Anwendungsbereich auf eine sich weiterentwickelnde Wirtschaft auszudehnen und den Rahmen für die Verwaltungszusammenarbeit zu stärken.
11.Das Europäische Parlament hat die Einrichtung einer EU-Steuerbeobachtungsstelle als vorbereitende Maßnahme im Anschluss an das EU-Pilotprojekt zur fairen Besteuerung eingeleitet. Eine vom Europäischen Parlament finanzierte vorbereitende Maßnahme kann eine Laufzeit von bis zu drei aufeinanderfolgenden Jahren haben. Die Kommission hat kürzlich eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht. Die Aufgaben der EU-Beobachtungsstelle für Steuern werden darin bestehen, Trends in Bezug auf Ausmaß und Umfang von Steuermissbrauch zu überwachen und zu beziffern und damit einen weiteren Beitrag zu einer faktengestützten Politikgestaltung zu leisten und eine europaweite Debatte über internationale Steuerfragen anzuregen.
Im Zeitraum 2022/2023
12.Die Überprüfung grenzüberschreitender Umsätze muss verstärkt werden, um die Mehrwertsteuereinnahmen zu sichern. Der bloße Austausch von Informationen oder Warnungen zwischen den Mitgliedstaaten, wie dies heute vorwiegend der Fall ist, ist angesichts des Umfangs der Umsätze, insbesondere mit der 2021 in Kraft tretenden Änderung der Mehrwertsteuervorschriften für den elektronischen Handel, nicht zweckmäßig. Die Kommission wird prüfen, wie von einem manuellen Austausch auf einen automatisierten Datenaustausch über elektronische Systeme umgestellt werden kann, wie dies bereits jetzt beim Austausch von Zolldaten über Einfuhren aus Drittländern der Fall ist, und wird gegebenenfalls einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vorlegen.
13.Darüber hinaus würden die den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden neuen Technologien ehrlichen Unternehmen, die sich an die Mehrwertsteuervorschriften halten wollen, den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr erleichtern. Die Steuerbehörden würden ihre Kontrollen nach einem risikobasierten Ansatz stärker auf die Steuerpflichtigen konzentrieren, die die Vorschriften nicht befolgen, während ehrliche Steuerpflichtige mit weniger Betriebsunterbrechungen zu rechnen hätten. Darüber hinaus würde eine moderne Steuerverwaltung zur Koordinierung der Überprüfungen auf EU-Ebene auch ehrlichen Unternehmen das Leben erleichtern. Die Kommission wird auch prüfen, wie diese grenzüberschreitenden Ermittlungen verstärkt werden können, und gegebenenfalls einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vorlegen.
14.Engerer Dialog mit internationalen Partnern: Für das Funktionieren der Steuerpolitik der EU bedarf es oft einer wirksamen Zusammenarbeit mit Drittländern: In einer globalen Wirtschaft müssen nicht nur die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, auch die Kooperation mit Drittländern ist vonnöten. Die Kommission wird – beginnend mit einigen der wichtigsten Handelspartner der EU – konkret vorschlagen, das Verfahren zur Aushandlung von Übereinkünften über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer mit einschlägigen Drittländern (ähnlich der Übereinkunft zwischen der EU und Norwegen) einzuleiten. Ziel ist es, eine faire und effiziente Steuerverwaltung zu gewährleisten.
3.5 Streitigkeiten
Die Besteuerung beruht auf freiwilliger Einhaltung der Vorschriften und sollte so weit wie möglich auf einer kooperativen, positiven und harmonischen Beziehung zwischen Steuerpflichtigen und Steuerverwaltungen gründen. Doch die Realität entspricht nicht immer diesem Ideal, und manchmal sind Steuerpflichtige und Steuerverwaltungen unterschiedlicher Meinung.
Vorrangiges Ziel wäre es, der Möglichkeit von Streitigkeiten vorzubeugen und Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen zu schaffen.
Kommt es jedoch zu einer Streitigkeit, sollten die Steuerpflichtigen die Möglichkeit haben, eventuelle Missverständnisse auszuräumen oder zu klären, um eine Eskalation der Streitigkeit zu vermeiden.
Streitigkeiten, insbesondere gerichtliche, sind kostspielig und zeitaufwendig. Solche Streitigkeiten sollten idealerweise vermieden werden. Sollte dies nicht möglich sein, können die Kosten für Steuerpflichtige und Steuerverwaltungen durch eine rasche Beilegung auf ein Minimum beschränkt werden. Einige Interessenträger haben sich in diesem Zusammenhang bereits für ein stärkeres Eingreifen auf EU-Ebene ausgesprochen, insbesondere im Bereich der Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten.
Die Kommission wird folgende Maßnahmen ergreifen, um Streitigkeiten zu vermeiden oder so effizient wie möglich beizulegen:
Im Zeitraum 2020/2021
15.Überwachung in Bezug auf die Richtlinie über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten. Die Kommission wird die Umsetzung und die Überwachung der Wirksamkeit der Richtlinie über Streitbeilegungsverfahren in Bezug auf Streitigkeiten weiterverfolgen, die die Auslegung oder Anwendung von Abkommen und Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten zur Beseitigung der Doppelbesteuerung betreffen. Sie wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten weiterhin an der Einrichtung eines ständigen Gremiums für die Streitbeilegung, eines sogenannten Ständigen Ausschusses, arbeiten, für den die Rechtsgrundlage bereits in der Richtlinie (EU) 2017/1852 vorgesehen ist. Der Ständige Ausschuss soll einen Beitrag zur Wirksamkeit der Streitbeilegung zwischen den Mitgliedstaaten leisten.
Im Zeitraum 2022/2023
16.Vermeidung und Beilegung von mehrwertsteuerlichen Streitigkeiten. Mechanismen zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Umsetzung der Mehrwertsteuerrichtlinie bedarf es in allen Phasen des Lebenszyklus von mehrwertsteuerpflichtigen Umsätzen, um die Mehrwertsteuergrundsätze der Rechtssicherheit, Neutralität und Fairness zu gewährleisten. Die Kommission wird alle möglichen Optionen prüfen und gegebenenfalls einen Gesetzgebungsvorschlag über einen Mechanismus zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten im Bereich der Mehrwertsteuer vorlegen.
3.6 Vereinfachung der Steuervorschriften der EU für mehr Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt
Die oben dargelegten Maßnahmen konzentrieren sich auf die Steuerverwaltung und die Umsetzung der Steuervorschriften in der täglichen Praxis. Dem allein durch die Straffung der Steuerverwaltung Erreichbaren sind jedoch Grenzen gesetzt. Damit die Steuerpflichtigen profitieren, ist es wichtig, die Vorschriften zu vereinfachen.
Die Steuerpolitik ist ungeachtet der Maßnahmen zur Vereinfachung, die die Steuerverwaltungen ergreifen können, weiterhin oft sehr kompliziert zu vollziehen und einzuhalten. Die meisten Steuerpflichtigen wollen ihren gerechten Beitrag zum Steueraufkommen leisten. Bedauerlicherweise kann die Komplexität der Steuervorschriften in einigen Fällen jedoch entmutigend auf sie wirken.
Die bestehenden Rechtsvorschriften müssen in bestimmten Bereichen aktualisiert und vereinfacht werden, um die Besteuerung einfacher und unkompliziert zu gestalten. Ein wesentlicher Vorteil wird die Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen EU-Unternehmen und Wettbewerbern außerhalb der EU sein. Darüber hinaus muss die Übereinstimmung mit wichtigen politischen Zielen wie dem europäischen Grünen Deal sichergestellt werden. Es ist auch wichtig, dass die Steuerpflichtigen ihre Rechte kennen.
Die Kommission wird die folgenden Maßnahmen ergreifen, um das Leben der im Binnenmarkt tätigen Steuerpflichtigen zu vereinfachen:
Im Zeitraum 2020/2021
17.Charta der Rechte der Steuerpflichtigen. Die Kommission wird eine Mitteilung mit einer Bestandsaufnahme der bestehenden Rechte der Steuerzahler im Rahmen des EU-Rechts zusammen mit einer Empfehlung an die Mitgliedstaaten veröffentlichen, um die Umsetzung der Rechte der Steuerzahler zu erleichtern und die steuerlichen Pflichten zu vereinfachen.
18.Aktualisierung der Mehrwertsteuervorschriften für Finanzdienstleistungen. Die in der Mehrwertsteuerrichtlinie festgelegte Befreiung für Finanzdienstleistungen stammt aus dem Jahr 1977, als die Mehrwertsteuervorschriften erstmals eingeführt wurden. Die Kommission wird einen Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung dieser veralteten Bestimmungen vorlegen. Bei der Modernisierung wird dem Aufschwung der digitalen Wirtschaft (FinTech-Unternehmen) und der zunehmenden Auslagerung von Vorleistungen durch Finanz- und Versicherungsunternehmen sowie der Struktur dieses Wirtschaftszweigs Rechnung getragen. Der Vorschlag sollte gleiche Wettbewerbsbedingungen in der Union gewährleisten und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen Rechnung tragen.
19.Umwandlung des Status des Mehrwertsteuerausschusses. Der Mehrwertsteuerausschuss ist derzeit ein beratender Ausschuss ohne Befugnisse im Verfahren zur Annahme der Durchführungsmaßnahmen, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission zusammensetzt. Die Kommission wird eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie vorschlagen, um den Mehrwertsteuerausschuss in einen „Komitologieausschuss“ umzuwandeln, der mit qualifizierter Mehrheit die Annahme von Durchführungsrechtsakten durch die Kommission überwachen würde. Die Übertragung bestimmter Durchführungsbefugnisse auf die Kommission, die der Kontrolle dieses Ausschusses unterliegt, dürfte die Effizienz des Entscheidungsprozesses im Bereich der Mehrwertsteuer erhöhen. Dies sollte zu einer einheitlicheren Anwendung der Mehrwertsteuervorschriften der EU beitragen, die in mehreren Mitgliedstaaten wirtschaftlich tätigen Steuerpflichtigen zugute kommt. Auf dem Gebiet der indirekten Steuern werden Ausschussverfahren bereits im Bereich der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und Verbrauchsteuern angewandt. Der genaue Umfang dieser Durchführungsbefugnisse müsste festgelegt werden.
20.Die Kommission wird im Jahr 2021 eine Konferenz über Datenanalyse und digitale Lösungen ausrichten. Bei diesem „Big Tax Data“-Gipfel soll eine Bestandsaufnahme der interessantesten und innovativsten Ideen von Steuerfachleuten, Statistikern und nationalen Behörden sowie aus Wirtschaft und Wissenschaft vorgenommen werden, die die Nutzung von Technologien für eine intelligentere Besteuerung und die Vermeidung von unnötigem Meldeaufwand für Unternehmen betreffen. Diese Veranstaltung bietet eine Plattform für alle Interessenträger, um ihre Bedürfnisse und Erwartungen in Bezug auf die Nutzung der Datenanalyse und anderer digitaler Lösungen im Bereich der Besteuerung zur Sprache zu bringen. In diesem Rahmen wird es auch Gelegenheit für den Austausch bewährter Verfahren geben.
21.Die Kommission wird eine Sachverständigengruppe für Verrechnungspreise einrichten, die pragmatische, nichtlegislative Lösungen für praktische Probleme erarbeiten soll, die sich aus für die EU relevanten Verrechnungspreispraktiken ergeben. Die Gruppe wird so strukturiert sein, dass sie sowohl Beiträgen der Mitgliedstaaten als auch von Interessenträgern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft Rechnung trägt. Eine solche Sachverständigengruppe wird die Rechtssicherheit in Steuerangelegenheiten erhöhen und gleichzeitig das Risiko der Doppelbesteuerung verringern.
Im Zeitraum 2022/2023
22.Überarbeitung der Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reisebüros. Die Mehrwertsteuerrichtlinie enthält Sonderregelungen für Reisebüros und Reiseveranstalter, die innerhalb der Union nicht einheitlich angewandt werden. Die derzeitigen Vorschriften führen auch zu einer gewissen Wettbewerbsverzerrung zwischen in der EU ansässigen und nicht in der EU ansässigen Reisebüros, die Reisen in der EU veranstalten. Die Digitalisierung verschärft das Problem. Die Kommission wird auf der Grundlage der Ergebnisse der laufenden Bewertung eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie vorschlagen, um die Sonderregelung zu vereinfachen und unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Reisebranche gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU zu gewährleisten.
23.Anpassung des Mehrwertsteuerrahmenwerks an die Plattformwirtschaft. Die rasche Entwicklung der Plattformwirtschaft wirft Fragen hinsichtlich der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Umsätzen zwischen Nutzern auf, die über Plattformen vermittelt werden (sind die Personen, die auf den Plattformen Dienstleistungen oder Waren anbieten, mehrwertsteuerpflichtig oder nicht?), Sowie von Dienstleistungen, die von den Plattformen erbracht werden (um welche Art von Dienstleistung handelt es sich?). Die Kommission wird einen Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie vorlegen, der Klarheit und Rechtssicherheit für die beteiligten Akteure schaffen dürfte. Außerdem wird geprüft, welche Rolle Plattformen bei der Sicherung der Steuererhebung spielen könnten.
24.Ökologischere Besteuerung des Personenverkehrs Die Mehrwertsteuerrichtlinie enthält derzeit mehrere Steuerbefreiungen für den Bereich des Personenverkehrs. Einige dieser Steuerbefreiungen betreffen nur bestimmte Arten des Personenverkehrs. Dies führt beispielsweise dazu, dass der internationale Personenluft- und -seeverkehr de facto nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Die Kommission wird einen Gesetzgebungsvorschlag zur Überprüfung dieser Steuerbefreiungen vorlegen, um sicherzustellen, dass sie mit den Zielen des europäischen Grünen Deals in Einklang stehen. Die Überprüfung würde auch die Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften in Bezug auf den Ort der Besteuerung von Personenverkehrsleistungen umfassen.
25.Paket zum elektronischen Geschäftsverkehr für Verbrauchsteuern Die derzeitigen Vorschriften machen den Fernverkauf verbrauchsteuerpflichtiger Waren aufgrund der hohen regulatorischen Last und der hohen Kosten für die Wirtschaftsbeteiligten praktisch unmöglich. Die Kommission wird nach Möglichkeiten suchen, diese Regeln zu vereinfachen, um Betrug und Wettbewerbsverzerrungen zwischen online-basierten Wirtschaftsbeteiligten und solchen mit Ladengeschäften so gering wie möglich zu halten. Erforderlichenfalls wird ein Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Richtlinie des Rates über das allgemeine Verbrauchsteuersystemvorgelegt.
4. Schlussfolgerung
Die Kommission legt in einer Zeit beispielloser Herausforderungen zur Unterstützung der Aufbaustrategie diesen ehrgeizigen Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung vor. Die Kommission hat alle verfügbaren politischen Hebel in Bewegung gesetzt und wird dies auch weiterhin tun, um zu einer raschen wirtschaftlichen Erholung beizutragen und gleichzeitig den Übergang der EU zu einer grünen, digitalen und faireren sozialen Marktwirtschaft zu gestalten. Die steuerpolitische Agenda der EU ist und bleibt ein zentraler Faktor dieses Übergangs.
Die Kommission fordert das Europäische Parlament, den Rat, aber auch andere Interessenträger wie NRO, Gewerkschaften und Unternehmen auf, sich auf konstruktive und inklusive Art und Weise aktiv einzubringen, damit sich dieser Aktionsplan in konkreten Initiativen zum Wohle von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Mitgliedstaaten der EU niederschlägt.