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Document 52018DC0342

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Einführung der Unionszulassung von Biozidprodukten gemäß Artikel 42 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (Text with EEA relevance)

COM/2018/342 final

Brüssel, den 28.5.2018

COM(2018) 342 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Einführung der Unionszulassung von Biozidprodukten gemäß Artikel 42 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten

(Text with EEA relevance)


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Zahl und Art der Anträge auf Unionszulassung

3.Wirkstoffe und Produktarten, für die Anträge auf Unionszulassung eingereicht worden sind

4.Mitgliedstaaten, die die Anträge auf Unionszulassung bewerten

5.Status der Anträge auf Unionszulassung

6.Die Nutzung von Verfahren der Unionszulassung durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

7.Vorläufige Schlussfolgerungen

1.Einleitung

Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 1 , die seit dem 1. September 2013 gilt, legt die Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Verwendung von Biozidprodukten fest. Ziel dieser Verordnung ist es, das Funktionieren des Marktes für Biozidprodukte in der EU zu verbessern und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für Mensch und Umwelt zu gewährleisten. 2 Durch sie wurde die Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 3 aufgehoben.

Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 legt einen zweistufigen Ansatz fest, damit die vorgenannten Ziele erreicht werden. Wirkstoffe müssen in Anhang I dieser Verordnung aufgeführt sein (die sogenannten „Wirkstoffe mit geringem Risiko“) oder auf Unionsebene genehmigt und in eine Unionsliste genehmigter Wirkstoffe aufgenommen werden, bevor sie in Biozidprodukten verwendet werden dürfen. 4 Dann benötigen Biozidprodukte, die Wirkstoffe enthalten, eine nachstehend beschriebene Zulassung, bevor sie in Verkehr gebracht und verwendet werden dürfen.

Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 führte das Konzept der Biozidproduktfamilie gemäß Begriffsbestimmung in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe s der Verordnung ein. Dementsprechend kann eine Produktzulassung eine Gruppe ähnlicher Biozidprodukte einschließen. Dieses Konzept ermöglicht es dem Inhaber der Zulassung zudem, neue Produkte, die unter die Familie fallen, nach einem einfachen Meldeprozess gemäß Artikel 17 Absatz 6 der Verordnung in Verkehr zu bringen.

Artikel 17 Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 führte zudem die Möglichkeit der Zulassung von Biozidprodukten für dieselben oder unterschiedliche Unternehmen zu denselben Bedingungen ein. Näheres zu diesem Verfahren für sogenannte „gleiche Biozidprodukte“ ist durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission 5 festgelegt. Anträge gemäß dieser Verordnung stehen im Zusammenhang mit einem betreffenden Referenzprodukt, bei dem es sich um ein bereits zugelassenes Produkt handeln kann oder um ein Produkt, das einem Antrag im Kontext der in der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 festgelegten unterschiedlichen Zulassungsverfahren unterliegt, die im nachstehenden Absatz beschrieben sind.

Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 legt unterschiedliche Antragswege für die Zulassung von Biozidprodukten fest. 6 . Je nach den Eigenschaften des in dem Biozidprodukt verwendeten Wirkstoffs und den Zielmärkten in der Union können Antragsteller den geeignetsten Weg wählen:

- ein in Kapitel V (Artikel 25 bis 28) der Verordnung bezeichnetes vereinfachtes Zulassungsverfahren, das eine beschleunigte Zulassung von Produkten vorsieht, die nur Wirkstoffe mit geringem Risiko enthalten, die in Anhang I der Verordnung aufgeführt sind.

- ein in Kapitel VI (Artikel 29 bis 31) der Verordnung bezeichnetes Verfahren der nationalen Zulassung, das die Zulassung von Biozidprodukten, die Wirkstoffe (entweder in der Unionsliste oder in Anhang I der Verordnung) enthalten, in einem Mitgliedstaat vorsieht;

- die in Kapitel VII (Artikel 33 bis 39) der Verordnung bezeichnete gegenseitige Anerkennung nationaler Zulassungen in mehreren Mitgliedstaaten entweder gleichzeitig oder zeitlich nachfolgend;

- eine in Kapitel VIII (Artikel 41 bis 46) der Verordnung bezeichnete Unionszulassung 7 , die in allen Mitgliedstaaten gilt.

In der Richtlinie 98/8/EG, dem Vorgänger der Verordnung (EU) Nr. 528/2012, war die Möglichkeit einer Unionszulassung nicht vorgesehen. Gemäß Begriffsbestimmung in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe n der Verordnung wird eine Unionszulassung von der Kommission erteilt und hat das Ziel, die Bereitstellung bestimmter Biozidprodukte, für die in allen Mitgliedstaaten ähnliche Verwendungsbedingungen gelten, auf dem Markt in der gesamten Union zu erleichtern. Ob für ein Biozidprodukt in der gesamten Union ähnliche Verwendungsbedingungen gelten, kann von den Mitgliedstaaten, der ECHA und der Kommission bereits vor der förmlichen Einreichung des Antrags (d. h. in der sogenannten Phase vor der Antragstellung) gemäß der vereinbarten Anleitung der Union 8 bewertet werden. Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 legt fest, dass das Verfahren der Unionszulassung für Biozidprodukte, die unter Artikel 5 der Verordnung fallende Wirkstoffe enthalten (d. h. die die Ausschlusskriterien erfüllen), und diejenigen der Produktarten 14, 15, 17, 20 und 21 nicht möglich ist.

Die mit der Vorbereitung der Unterlagen verbundenen Kosten und die Zeit für die Erteilung einer Unionszulassung sind zwar in etwa ähnlich wie bei der alternativen Antragstellung auf zeitlich parallele gegenseitige Anerkennung, doch die Unionszulassung ermöglicht dem Zulassungsinhaber direkten Zugang zu den Märkten aller EU-Mitgliedstaaten.

Das Verfahren für die Unionszulassung lässt sich wie folgt kurz zusammenfassen: Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) erhält den Antrag, und nach dessen Bewertung durch eine bewertende zuständige Behörde eines Mitgliedstaats organisiert die ECHA eine Begutachtung unter Fachkollegen (Peer-Review-Prozess), in deren Ergebnis der Ausschuss für Biozidprodukte eine Stellungnahme abgibt. Diese Stellungnahme dient der Kommission als Entscheidungsgrundlage dafür, ob und unter welchen Bedingungen sie die Unionszulassung erteilt. Die ECHA berechnet Gebühren für die im Kontext von Verfahren der Unionszulassung erbrachten Dienstleistungen. Diese Gebühren sind in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 564/2013 der Kommission 9 festgelegt.

Artikel 42 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 führte eine Verpflichtung für die Kommission ein, dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 31. Dezember 2017 über die Unionszulassung von Biozidprodukten zu berichten:

„(3) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 31. Dezember 2017 einen Bericht über die Anwendung dieses Artikels vor. Dieser Bericht enthält eine Bewertung der für die Produktarten 14, 15, 17, 20 und 21 geltenden Ausnahme von der Unionszulassung.

Dem Bericht werden gegebenenfalls geeignete Vorschläge beigefügt, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren anzunehmen sind.“

Bis 31. Dezember 2017 ist noch keine Unionszulassung erteilt worden, da der regulatorische Prozess für die ersten Anträge auf Unionszulassung noch nicht abgeschlossen worden ist. Deshalb ist die Kommission nicht in der Lage, eine umfassende Analyse des Funktionierens der derzeitigen Bestimmungen in der Verordnung über die Unionszulassung, einschließlich der für die vorgenannten Produktarten 14, 15, 17, 20 und 21 geltenden Ausnahme von der Unionszulassung, vorzunehmen. Bevor fundierte Schlussfolgerungen gezogen und betreffende Änderungsvorschläge in Betracht gezogen werden können, müssen weitere Erfahrungen gesammelt werden.

Folglich bietet dieser Bericht einen faktischen Überblick über die bis 1. Oktober 2017 eingereichten Anträge auf Unionszulassung sowie einige vorläufige Schlussfolgerungen auf Grundlage der mit den bestehenden Anträgen auf Unionszulassung bislang gesammelten begrenzten Erfahrungen.

2.Zahl und Art der Anträge auf Unionszulassung 

Aus Tabelle 1 geht die Zahl der in den letzten drei Jahren eingereichten Anträge auf Unionszulassung hervor. Zum Ausdruck kommt darin, ob diese Anträge gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 oder gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission als „gleiche Biozidprodukte“ eingereicht wurden, sowie die Art der beantragten Zulassung (einzelnes Biozidprodukt oder Biozidproduktfamilie gemäß Begriffsbestimmung in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe r bzw. s der Verordnung (EU) Nr. 528/2012).

Tabelle 1: Zahl der eingereichten Anträge auf Unionszulassung, aufgeteilt nach Art des Verfahrens, Jahr der Einreichung und Art der beantragten Zulassung.

Jahr der Einreichung

2015

2016

2017

Art der beantragten Zulassung

Art der beantragten Zulassung

Art der beantragten Zulassung

Art des Verfahrens

Einzelnes

Biozid-

produkt

Biozid-
produkt-
familie

Einzelnes

Biozid-

produkt

Biozid-
produkt-
familie

Einzelnes

Biozid-

produkt

Biozid-
produkt-
familie

Summe nach Art des Verfahrens

Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012

0

12

5

12

5

36

70

Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

0

2

1

8

9

25

45

Zwischensumme nach Art der Zulassung / Jahr

0

14

6

20

14

61

SUMME

Summe nach Jahr

14

26

75

115

Der erste Antrag auf Unionszulassung wurde im September 2015 eingereicht. Bis Ende 2017 wurden insgesamt 115 Anträge auf Unionszulassungen eingereicht, davon 70 (60,9 %) gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012, während 45 (39,1 %) gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission eingereicht wurden. Was die Art der beantragten Zulassung angeht, betrafen 20 Anträge (17,4 %) einzelne Biozidprodukte, 95 (82,6 %) hingegen Biozidproduktfamilien. Diese letztere Zahl liegt deutlich über den Schätzwerten in einer 2015 von zwei Branchenverbänden durchgeführten Erhebung 10 , in der geschätzt wurde, dass 44 % der zur Einreichung in den nächsten Jahren vorgesehenen Anträge insgesamt Biozidproduktfamilien betreffen würden.

Aus den Zahlenangaben in Tabelle 1 geht ein Aufwärtstrend bei der Zahl der im Zeitablauf eingereichten Anträge hervor. Hauptsächlicher treibender Faktor für diesen Trend ist anscheinend die Frist für die Einreichung von Anträgen auf Produktzulassung, die gemäß Artikel 89 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 dem Datum der Genehmigung des betreffenden Wirkstoffs (der betreffenden Wirkstoffe) entspricht, der bzw. die in dem Biozidprodukt enthalten ist bzw. sind. Beispielsweise bringt die Zahl der im Jahr 2017 eingereichten Anträge die Fristen für bestimmte weithin verwendete Desinfektionsmittel (z. B. Wasserstoffperoxid oder Peressigsäure) zum Ausdruck. Der vorgenannte Aufwärtstrend kann auch als Anzeichen dafür gesehen werden, dass die Unionszulassung für Unternehmen mit Geschäftstätigkeit im Sektor Biozide attraktiver geworden ist, besonders bei der Zulassung von Biozidproduktfamilien. Interessant ist es deshalb, die Zahl der erhaltenen Anträge mit einigen in der Vergangenheit vorgenommenen Schätzungen zu vergleichen.

Aus den Tabellen 2 und 3 geht die Zahl der eingereichten Anträge im Vergleich zu den Schätzwerten hervor, die in der Hintergrundstudie für die Bewertung der Angemessenheit und der Auswirkungen des bestehenden Gebührenmodells für die Verordnung über Biozidprodukte und ihre mögliche Überarbeitung betrachtet wurden 11 .

Tabelle 2: Zahl der in den Jahren 2016 und 2017 eingereichten Anträge auf Unionszulassung im Vergleich zu den Schätzwerten für drei Szenarien (pessimistisches Szenario, Basisszenario und optimistisches Szenario).

2016

2017

Summe

Pessimistisches Szenario

16

27

43

Basisszenario

20

35

55

Optimistisches Szenario

23

54

77

Nur gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichte Anträge

17

41

58

Gesamtzahl der eingereichten Anträge, darunter auch Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

26

75

101

Tabelle 3: Zahl der in den Jahren 2016 und 2017 eingereichten Anträge auf Unionszulassung unter Berücksichtigung der Art der beantragten Zulassung im Vergleich zu den Schätzwerten für die drei Szenarien.

Anträge für einzelne Biozidprodukte

2016

2017

Summe

Pessimistisches Szenario

6

13

29

Basisszenario

10

16

26

Optimistisches Szenario

11

27

38

Nur gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichte Anträge

5

5

10

Gesamtzahl der eingereichten Anträge, darunter auch Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

6

9

15

Anträge für Biozidproduktfamilien

2016

2017

Summe

Pessimistisches Szenario

10

14

24

Basisszenario

10

19

29

Optimistisches Szenario

12

27

39

Nur gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichte Anträge

12

36

48

Gesamtzahl der eingereichten Anträge, darunter auch Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

20

61

81

Aus den Zahlenangaben in Tabelle 2 geht hervor, dass die Zahl der gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichten Anträge den Schätzwerten für das Basisszenario in der Studie ähnelt. Die Gesamtzahl der Anträge (d. h. einschließlich der Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission) liegt jedoch deutlich über den Schätzwerten im optimistischen Szenario.

Die Zahlenangaben in Tabelle 3 weisen zudem darauf hin, dass die Zahl der für einzelne Biozidprodukte eingereichten Anträge, auch wenn man die Gesamtzahl der Anträge (d. h. einschließlich der Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission) berücksichtigt, deutlich unter den Schätzwerten im pessimistischen Szenario liegt. Das Gegenteil trifft auf die Zahl der gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichten Anträge für Biozidproduktfamilien zu, die deutlich über den Schätzwerten im optimistischen Szenario liegt. Noch deutlicher werden diese Anhaltspunkte, wenn man die Gesamtzahl der Anträge (d. h. einschließlich der Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission) berücksichtigt, da die Zahl der Anträge doppelt so hoch ist wie die Schätzwerte im optimistischen Szenario.

Insgesamt geht aus den zur Verfügung stehenden Daten hervor, dass Antragsteller mit dem Verfahren der Unionszulassung hauptsächlich die Zulassung von Biozidproduktfamilien beantragen, die eine große Zahl bestehender (und/oder neuer) Produkte auf den Märkten von Mitgliedstaaten einschließen. Diese Feststellung steht auch im Einklang mit der im Jahr 2015 von den zwei Branchenverbänden durchgeführten Erhebung, die darauf hinwies, dass ca. 75 % der in Zukunft (ab jener Erhebung) voraussichtlich auf dem Markt verbleibenden Produkte für die Einteilung in Biozidproduktfamilien bestimmt waren.

Die Unionszulassung für eine Biozidproduktfamilie ist daher im Hinblick auf die erwarteten Kosteneinsparungen und den reduzierten Verwaltungsaufwand für Antragsteller zu den in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 564/2013 der Kommission festgelegten derzeitigen Gebührensätzen anscheinend attraktiv.

Ein weiterer möglicher Treiber für die Beantragung der Zulassung von Biozidproduktfamilien ist die im Jahr 2016 vorgenommene Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission 12 . Diese Änderung führte die Möglichkeit ein, von breiter zu enger gefassten Zulassungen (d. h. von einer Biozidproduktfamilie zu einer Teilmenge aus einem oder mehreren der in der Familie enthaltenen Einzelprodukte) oder Märkten (d. h. von der Unionszulassung zur nationalen Zulassung) überzugehen. In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in einem Mitgliedstaat ihre bestehenden Produkte durch Anträge auf nationale Zulassung eines gleichen Biozidprodukts eines Biozidprodukts, das zu einem Antrag auf Unionszulassung einer Biozidproduktfamilie gehört, unterstützen können. Bislang dienen 14 der im Jahr 2017 eingereichten Anträge auf Unionszulassung als Referenzprodukt für 135 Anträge, die gemäß Artikel 3 Absatz 1a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission bei zuständigen Behörden von Mitgliedstaaten eingereicht wurden.

3.Wirkstoffe und Produktarten, für die Anträge auf Unionszulassung eingereicht worden sind 

Aus Tabelle 4 gehen die Wirkstoffe und die betreffenden Produktarten hervor, für die Anträge auf Unionszulassung eingereicht worden sind.

Tabelle 4: Zahl der Anträge auf Unionszulassung, aufgeteilt nach Wirkstoff(en) und Produktart(en) gemäß Begriffsbestimmung in Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012.

Wirkstoff(e)

Produktart(en)

Summe

Jod

3

6

Jod (als PVP-Jod)

3

1

Jod und PVP-Jod

3, 4

4

Octansäure und Decansäure

4

1

Octansäure

4

1

2-Propanol

1, 2, 4

16

Wasserstoffperoxid

1, 2, 3, 4, 5

25

Glutaraldehyd13 und CMIT/MIT

2, 4

2

Glutaraldehyd 13

2, 4, 6, 11, 12

5

CMIT/MIT

2, 4, 6, 11, 12, 13

17

Peressigsäure

2, 3, 4, 5, 11, 12

30

2-Phenylphenol

6, 13

1

Clothianidin13 und Pyriproxyfen

18

2

Transfluthrin

18

1

Permethrin

18

2

Permethrin und S-Methopren

18

1

Summe

-

115

Aus Tabelle 5 geht die Verteilung der Anträge auf Unionszulassung nach den für das Verfahren der Unionszulassung in Frage kommenden Hauptgruppen von Produktarten hervor.

Tabelle 5: Zahl der Anträge auf Unionszulassung, aufgeteilt nach den Hauptgruppen von Produktart(en) gemäß Begriffsbestimmung in Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012.

Hauptgruppe

Zahl der Anträge (%)

Desinfektionsmittel (Produktarten 1 bis 5)

56 (48,7)

Schutzmittel (Produktarten 6 bis 13)

1 (0,8)

Desinfektionsmittel und Schutzmittel

52 (45,2)

Schädlingsbekämpfungsmittel (Produktarten 18 und 19)

6 (5,2)

Summe (%)

115 (100)

Die von den derzeitigen Anträgen betroffenen Produktarten stehen im Einklang mit den Bestimmungen in Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012, die die fortschreitende Zulassung unterschiedlicher Produktarten gemäß Unionszulassung festlegen. Die Hauptgruppe „Desinfektionsmittel“ macht fast die Hälfte der Anträge aus (48,7 %) 14 , gefolgt von Anträgen, die eine Kombination von Verwendungszwecken als Desinfektionsmittel und Schutzmittel beinhalten (45,2 %), und schließlich noch von Insektiziden (5,2 %), die Produktart 18 entsprechen. Bislang wurde noch kein Antrag auf Unionszulassung für Repellentien oder Lockmittel (Produktart 19) eingereicht.

Die meisten Anträge auf Unionszulassung (98 der insgesamt 115, d. h. 85 %) sind für mehrere Produktarten bestimmt. Dies ist besonders im Fall von Anträgen auf Zulassung von Biozidproduktfamilien von Bedeutung, wo entschieden werden muss, ob einige der Verwendungszwecke im Antrag als „ähnlich“ betrachtet werden können, wie die Begriffsbestimmung der Biozidproduktfamilie in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe s der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 dies verlangt.

Anträge auf Unionszulassung betreffen 16 Wirkstoffe, die 38 Kombinationen von Wirkstoff und Produktart darstellen. Bei ihnen allen handelt es sich um bestehende Wirkstoffe gemäß Begriffsbestimmung in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 528/2012. Keiner der Anträge betrifft einen neuen Wirkstoff gemäß Begriffsbestimmung in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 528/2012, während die Unionsliste genehmigter Wirkstoffe, die in Biozidprodukten verwendet werden dürfen, bereits acht neue Wirkstoffe enthält, die für das Verfahren der Unionszulassung in Frage kommen (d. h. neue Wirkstoffe, die die in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung genannten Ausschlusskriterien nicht erfüllen).

Diese in den Anträgen auf Unionszulassung enthaltenen 38 Kombinationen von Wirkstoff und Produktart machen 42,7 % der 89 Kombinationen aus, welche für die Unionszulassung in Frage kamen und für welche die Frist zur Beantragung einer Produktzulassung nach Artikel 89 Absatz 3 der Verordnung zwischen den 1. September 2013 und den 1. Oktober 2017 fiel. Die 16 Wirkstoffe machen 31 % der 52 genehmigten Wirkstoffe aus, die für die Unionszulassung während dieses Zeitraums in Frage kamen.

Als letzter Punkt wird angemerkt, dass nur zwei der 16 Wirkstoffe eines der in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b bis f der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 genannten Kriterien für einen zu ersetzenden Stoff erfüllen. Diese Feststellung steht im Einklang mit dem Ziel, zu verhindern, dass potenzielle Antragsteller Anträge auf Unionszulassung von Produkten einreichen, die Wirkstoffe enthalten, welche die Kriterien für einen zu ersetzenden Stoff erfüllen, wie in Erwägungsgrund 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 564/2013 der Kommission angegeben. Die zusätzliche Gebühr von 40 000 EUR, wenn die bewertende zuständige Behörde eine vergleichende Bewertung gemäß Artikel 23 der Verordnung durchführen muss, die auf nur fünf Jahre beschränkte Gültigkeit der Unionszulassung und das Fehlen von Gebührenermäßigungen für KMU haben anscheinend zum Erreichen des vorgenannten grundsatzpolitischen Ziels beigetragen.

4.Mitgliedstaaten, die die Anträge auf Unionszulassung bewerten 

In Tabelle 6 werden Angaben zu den Mitgliedstaaten gemacht, die in der Eigenschaft als die in den Artikeln 43 und 44 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 bezeichnete bewertende zuständige Behörde auftreten. Zu beachten ist, dass gemäß Artikel 4 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission die Rolle der bewertenden zuständigen Behörde für die gemäß diesem Verfahren eingereichten 45 Anträge der ECHA zugewiesen wird. Diese Rolle ist hauptsächlich auf die Validierung des Antrags beschränkt, da keine technische Bewertung des gleichen Biozidprodukts vorgenommen wird (d. h., sie basiert auf der von einem bewertenden Mitgliedstaat zuerst durchgeführten Bewertung des betreffenden Referenzprodukts).

Tabelle 6: Verteilung der gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichten 70 Anträge auf Unionszulassung im Hinblick auf den Mitgliedstaat in seiner Eigenschaft als bewertende zuständige Behörde.

Mitgliedstaat

Gesamt

Bewertungsgebühr für eine Biozidproduktfamilie (EUR) 15

Österreich

4

90 000,00

Belgien

3

30 000,00

Deutschland

7

90 000,00

Dänemark

2

54 690,00

Finnland

1

Grundgebühr von 54 000 EUR mit einer Höchstgebühr von 152 000,00 EUR je nach Komplexität des Antrags

Frankreich

3

80 000,00

Lettland

1

77 048,20

Niederlande

41

Grundgebühr von 40 000 EUR mit einer Gebühr in Stufen je nach Komplexität des Antrags

Vereinigtes Königreich

8

Nach der für den Antrag aufgewandten Zeit in Stunden

Summe

70

Aus den Angaben in Tabelle 6 geht hervor, dass sich die Bewertung der Anträge nicht ausgewogen auf die Mitgliedstaaten verteilt. 41 der 70 Anträge (58 %) werden von einem Mitgliedstaat (den Niederlanden) bewertet.

Tatsächlich räumt Artikel 43 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 dem Antragsteller das Recht ein, die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, die den Antrag bewerten wird, frei zu wählen, vorausgesetzt, es liegt eine schriftliche Bestätigung vor, dass sich diese zuständige Behörde dazu bereit erklärt. Die Wahl von Mitgliedstaaten durch die Antragsteller könnte durch unterschiedliche treibende Faktoren motiviert sein. Zu diesen Faktoren zählt der für die Bewertung des Antrags berechnete Gebührenbetrag und spielt anscheinend eine wichtige Rolle. Andere, nicht quantifizierbare Elemente wie die (vor der Einreichung des Antrags schriftlich zu bestätigende) Bereitschaft von Mitgliedstaaten, in der Eigenschaft als bewertende zuständige Behörde aufzutreten, könnten jedoch ebenso von Bedeutung sein.

Beachtet werden sollte, dass unterschiedliche Antragsteller ähnliche Anträge für die gleichen Kombinationen von Wirkstoff und Produktart bei unterschiedlichen bewertenden zuständigen Behörden eingereicht haben. Dadurch wurden intensive Koordinationsaktivitäten seitens der ECHA erforderlich, um die Bewertungen gegebenenfalls so weit wie möglich zu harmonisieren. Diese Tatsache weist darauf hin, dass die ECHA auch vor der Begutachtung unter Fachkollegen (Peer-Review-Prozess) im Hinblick auf die Koordination von Aktivitäten während der Bewertungsphase eine wesentliche Rolle spielen muss.

5.Status der Anträge auf Unionszulassung

Sämtliche bislang gemäß Artikel 43 der Verordnung eingereichten Anträge wurden als Anträge betrachtet, die Biozidprodukte mit ähnlichen Verwendungsbedingungen in der gesamten Union betreffen. Im Kontext der Phase vor der Antragstellung, in der diese Prüfung stattfindet, wird zudem geprüft, ob das Produkt in den Geltungsbereich der Verordnung fällt und ob es der (den) geeigneten Produktart(en) zugeordnet ist. Es wurde eine Frage zum Geltungsbereich aufgeworfen, die fünf Anträge für die gleiche Kombination von Wirkstoff und Produktart betraf. Nach einem förmlichen Ersuchen Deutschlands traf die Kommission eine Entscheidung gemäß Artikel 3 Absatz 3 16 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 und kam zu dem Schluss, dass die Produkte unter den Geltungsbereich der Verordnung fallen.

In Tabelle 7 wird ein Überblick über den Stand der eingereichten Anträge auf Unionszulassung nach den unterschiedlichen Verfahrensschritten gegeben, die in den Artikeln 43 und 44 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 genannt sind. Diese Verfahrensschritte sind:

·die Annahme des Antrags durch die ECHA;

·die Validierung und die Bewertung des Antrags durch die bewertende zuständige Behörde;

·die Begutachtung unter Fachkollegen seitens der ECHA, die dazu führt, dass die ECHA eine Stellungnahme verfasst; und

·die endgültige Entscheidung darüber, ob die Unionszulassung von der Kommission mit Hilfe von Durchführungsrechtsakten, die gemäß dem Prüfverfahren erlassen werden, erteilt werden kann.

In Bezug auf die gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission eingereichten Anträge verweist Tabelle 7 auf:

·die Annahme und die Validierung durch die ECHA;

·das Verfassen der Stellungnahme der ECHA; und

·die endgültige Entscheidung darüber, ob die Unionszulassung von der Kommission mit Hilfe von Durchführungsrechtsakten, die gemäß dem Prüfverfahren erlassen werden, erteilt werden kann.

Tabelle 7: Stand der eingereichten Anträge auf Unionszulassung nach den unterschiedlichen Verfahrensschritten, die in den Artikeln 43 und 44 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 oder in den Artikeln 4 und 6 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission genannt sind.

Verfahrensschritt

Art des Verfahrens

Annahme

Validierung

Bewertung

Begutachtung unter Fachkollegen - auf Ebene der ECHA

Entscheidung der Kommission

Summe

Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012

11

19

37

3

0

70

Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

10

15

20*

0

0

45

Summe

21

34

57

3

0

115

*Anträge, die bereits von der ECHA validiert wurden und bei denen die betreffenden Referenzprodukte gerade bewertet werden.    

Die Bewertungsphase ist bislang erst bei drei Anträgen abgeschlossen worden, und dieser begrenzte Probenumfang macht eine robuste Analyse der zur Verfügung stehenden Daten nicht möglich. Da aber bereits 40 Anträge von den bewertenden zuständigen Behörden bzw. 20 Anträge von der ECHA validiert worden sind, lässt sich das Funktionieren dieser Prozesse eingehender analysieren.

In Tabelle 8 werden Angaben zum Mindestwert, zum Höchstwert und zum Medianwert der Dauer des gesamten Validierungszeitraums (in Tagen) gemacht. Deshalb enthält dieser Zeitraum auch Aussetzungen der Validierung, um von den Antragstellern weitere Informationen gemäß Artikel 43 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 oder Artikel 4 Absatz 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission anzufordern.

Tabelle 8: Mindestwert, Höchstwert und Medianwert der Zeitdauer (in Tagen) für den Schritt der Validierung.

Art des Verfahrens

Zahl der validierten Anträge

Mindestwert

Höchstwert

Medianwert

Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012

40

30 Tage

541 Tage

198 Tage

Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

20

29 Tage

147 Tage

73 Tage

Was die von den bewertenden zuständigen Behörden für die Validierung der gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichten Anträge aufgewandte Zeit angeht, zeigt der Medianwert von 198 Tagen, dass die Hälfte von ihnen mehr als sechs Monate für die Validierung benötigt hat. Bei einigen Fällen dauerte die Validierung des Antrags länger als ein Jahr. Diese Feststellung ist ein Hinweis darauf, dass Anträge in erheblicher Zahl unvollständig waren und dass die bewertenden zuständigen Behörden die Validierung gemäß Artikel 43 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 aussetzen mussten. Der Medianwert für den Aussetzungszeitraum war 90 Tage, bei einem Höchstwert von bis zu 259 Tagen. Daraus geht hervor, dass der Aussetzungszeitraum bei der Hälfte der Anträge länger als der in Artikel 43 Absatz 4 der Verordnung genannte Zeitraum von 90 Tagen war, der im Regelfall nicht überschritten werden sollte. Als mögliche Korrekturmaßnahmen sollten die folgenden eingehender untersucht werden:

-    Auf Seiten der Antragsteller eine bessere Vorbereitung der Unterlagen und deren Prüfung auf Vollständigkeit, bevor der Antrag eingereicht wird. Die Kombination von Anträgen auf Zulassung von Biozidproduktfamilien, die unterschiedliche Produktarten betreffen, könnte eine Rolle bei der Komplexität der Unterlagen gespielt haben. Diesbezüglich könnten frühzeitig vor der Antragstellung durchgeführte Gespräche mit der bewertenden zuständigen Behörde sehr nützlich sein, um eine reibungslose Validierung des Antrags zu gewährleisten.

-    Auf Seiten der bewertenden zuständigen Behörden dürfte es zur Verkürzung der für die Validierung notwendigen Zeit beitragen, wenn die Vornahme von Bewertungen der Qualität oder Eignung der vorgelegten Daten bzw. Begründungen vermieden wird, wie in Artikel 43 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 angegeben. In gleicher Weise sollten während der Validierung angeforderte zusätzliche Angaben besser während der Bewertung angefordert werden.

Artikel 89 Absatz 3 sieht für die Zulassung bestehender Biozidprodukte gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 insgesamt drei Jahre vor. Deshalb ist eine rechtzeitige Validierung der Anträge unerlässlich, damit für die nachfolgenden und komplexeren Verfahrensschritte (Bewertung durch die bewertende zuständige Behörde, Begutachtung unter Fachkollegen seitens der ECHA und Zulassung durch die Kommission) möglichst viel Zeit bleibt.

Was die von der ECHA für die Validierung der gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission für „gleiche Biozidprodukte“ eingereichten Anträge aufgewandte Zeit betrifft, zeigt der Medianwert von 73 Tagen, dass die Hälfte von ihnen mehr als zwei Monate für die Validierung benötigt hat. Diese Feststellung ist ein Hinweis darauf, dass die in Artikel 4 Absatz 5 dieser Verordnung genannte Prüfung der vorgeschlagenen Unterschiede zwischen dem gleichen Produkt und dem betreffenden Referenzprodukt möglicherweise eine komplexe Aufgabe ist, besonders bei Biozidproduktfamilien. Zu beachten ist jedoch, dass Verzögerungen bei der Validierung dieser speziellen Anträge für „gleiche Biozidprodukte“ keine erheblichen Folgen haben, da sie so lange aufgeschoben werden, bis die Bewertung des Referenzprodukts abgeschlossen worden ist.

6.Die Nutzung von Verfahren der Unionszulassung durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) 

Tabelle 9 macht Angaben zum KMU-Anteil der Unternehmen, die Anträge auf Unionszulassung eingereicht haben.

Tabelle 9: Nutzung der Unionszulassung durch KMU.

Indikator

Summe

Zahl der KMU

% der KMU

Zahl der Antragsteller

48

10

20,8

Zahl der Anträge gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (alle)

70

10

14,3

Zahl der Anträge gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (als einzelnes Biozidprodukt)

10

4

40,0

Zahl der Anträge gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (als Biozidproduktfamilien)

60

6

10,0

Zahl der Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission

45

0

0

Bei ca. 21 % der Antragsteller, die Anträge auf Unionszulassung eingereicht haben, handelt es sich um KMU. Dieser Anteil ist deutlich niedriger als der geschätzte Gesamtanteil der KMU mit Geschäftstätigkeit im Sektor Biozide, welcher in der Studie für die Bewertung der Angemessenheit und der Auswirkungen des bestehenden Gebührenmodells für die Verordnung über Biozidprodukte und ihre mögliche Überarbeitung ausgewiesen wurde, wonach der Anteil der KMU je nach der anhand von Umsatz bzw. Mitarbeiterzahl bestimmten Größenklasse im Bereich von 73 bis 86 % liegt 17 .

Die Unionszulassung kann für jedes Unternehmen ein wesentliches Instrument sein, um die Bereitstellung von Biozidprodukten auf dem Markt in der gesamten Union zu erleichtern. Es ist offensichtlich, dass große Unternehmen im Vergleich zu KMU besser in der Lage sind, in einer größeren Zahl von Mitgliedstaaten präsent zu sein. Laut der im Kontext der vorgenannten Studie durchgeführten Erhebung wurde geschätzt, dass die Schwelle für die Entscheidung zugunsten der Unionszulassung darin bestand, durchschnittlich in mehr als 10 Mitgliedstaaten Umsätze zu erzielen. Viele KMU sind wegen ihrer Größe, bedingt durch ihren Fokus auf Nischenmärkte oder Sprachbarrieren, an einer Geschäftstätigkeit in nur einem oder wenigen Mitgliedstaaten interessiert 18 . Dies könnte eine Erklärung für die im Vergleich zu größeren Unternehmen niedrigere Zahl von KMU sein, die eine Unionszulassung beantragen.

Andererseits ermöglicht Artikel 3 Absatz 1a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission KMU nunmehr die Beantragung der nationalen Zulassung gleicher Biozidprodukte in Fällen, wo das betreffende Referenzprodukt Gegenstand eines Antrags auf Unionszulassung ist. Tatsächlich wurden bei zuständigen Behörden von Mitgliedstaaten bislang 135 Anträge unter Bezugnahme auf 14 Anträge auf Unionszulassung eingereicht. Dies kann eine besonders attraktive Möglichkeit für KMU sein und könnte zudem erklären, warum KMU keine Anträge für die gleichen Biozidprodukte auf Unionsebene eingereicht haben.

Sowohl in der vorgenannten Studie als auch in Branchenerhebungen wiesen Unternehmen (allgemein) auf die Bedeutung hin, die der nach Erteilung einer Unionszulassung zu entrichtenden Jahresgebühr bei ihrer Wahl zwischen der Unionszulassung oder der nationalen Zulassung mit anschließender gegenseitiger Anerkennung zukommt. Dieser Aspekt, zusammen mit der fehlenden Möglichkeit, die betreffenden Gebühren in mehreren Raten zu entrichten, könnte ebenfalls eine Rolle mit Auswirkungen auf die Zahl der von KMU eingereichten Anträge auf Unionszulassung gespielt haben.

Zwar ist die Zahl der Anträge gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 auf Unionszulassung einzelner Biozidprodukte gering (10), doch der Anteil der von KMU eingereichten Anträge (40 %) ist höher als der Anteil bei den Anträgen auf Zulassung von Biozidproduktfamilien (10 %). Diese Erkenntnis könnte dadurch bedingt sein, dass die Produktportfolios von KMU im Vergleich zu größeren Unternehmen weniger umfangreich sind. Sie könnte aber auch darauf hinweisen, dass einige KMU ihre Fähigkeiten möglicherweise noch ausbauen müssen oder weiteren Gebrauch von der Hilfe externer Beratungen machen müssen, um die komplexeren Unterlagen für die Zulassung von Biozidproduktfamilien vorzubereiten und Unterstützung dafür zu leisten. Es muss noch weiter analysiert werden, inwiefern die von der Kommission erarbeitete Anleitung 19 zur Unterstützung von KMU, und besonders die Praxisanleitung zu Konsortien, diesbezüglich positive Auswirkungen haben und die Zahl der von KMU in Zukunft eingereichten Anträge auf Unionszulassung steigern wird.

7.Vorläufige Schlussfolgerungen

Die Zahl der gemäß Artikel 43 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereichten Anträge ist vergleichbar mit dem Schätzwert des Basisszenarios in der Studie für die Bewertung der Angemessenheit und der Auswirkungen des bestehenden Gebührenmodells für die Verordnung über Biozidprodukte. Die Gesamtzahl der eingereichten Anträge (d. h. einschließlich der Anträge gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission) liegt jedoch deutlich über den Schätzwerten im optimistischen Szenario dieser Studie. Zudem zeigt der Trend bei der Antragstellung auf Unionszulassung in den letzten Jahren, dass das Verfahren zunehmend genutzt wird.

Diese Erkenntnis weist anscheinend darauf hin, dass die Unionszulassung zu den in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 564/2013 der Kommission festgelegten derzeitigen Gebührensätzen attraktiv ist, besonders im Hinblick auf Biozidproduktfamilien. Eine vollumfängliche Einschätzung des Erfolgs dieses Verfahrens wird jedoch erst einige Jahre nach der tatsächlichen Ausstellung von Unionszulassungen möglich sein. Die Entscheidungsfindung zu den ersten vier Anträgen ist zwar in der Endphase, doch bislang ist noch keine Unionszulassung erteilt worden.

Bei den von den derzeitigen Anträgen eingeschlossenen Produktarten handelt es sich hauptsächlich um Desinfektionsmittel (48,7 %), gefolgt von Anträgen, die eine Kombination von Verwendungszwecken als Desinfektionsmittel und Schutzmittel beinhalten (45,2 %). Deshalb scheint die Unionszulassung auf die Bedürfnisse von Antragstellern, den ganzen Markt der Union für weithin verwendete Biozidprodukte, für die in der gesamten EU ähnliche Verwendungsbedingungen gelten, zu erfüllen.

Bei allen 16 in den Anträgen enthaltenen Wirkstoffen handelt es sich um genehmigte bestehende Wirkstoffe gemäß Begriffsbestimmung in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben e und d der Verordnung (EU) Nr. 528/2012. Nur zwei dieser 16 Wirkstoffe erfüllen eines der in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b bis f der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 genannten Kriterien für einen zu ersetzenden Stoff. Diese Feststellung steht im Einklang mit dem Ziel der Verhinderung von Anträgen auf Unionszulassung für Produkte, die Wirkstoffe enthalten, welche die Kriterien für einen zu ersetzenden Stoff erfüllen.

Antragsteller beantragen mit dem Verfahren der Unionszulassung hauptsächlich die Zulassung von Biozidproduktfamilien (82,6 % der Anträge), die eine große Zahl bestehender Produkte auf den Märkten der Mitgliedstaaten einschließen. In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Anträge auf Unionszulassung zudem für mehrere Produktarten bestimmt sind (85 %), kann den bewertenden zuständigen Behörden die rechtzeitige Validierung und Bewertung der Anträge in gewissem Maße erschwert sein.

Nach der Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission dienen Anträge auf Unionszulassung als Referenzprodukte für nationale Anträge gemäß Artikel 3 Absatz 1a dieser Verordnung (bislang 135). Dies wird Antragstellern, und besonders KMU, bei der Erlangung der Zulassung für ihre bestehenden Produkte auf der Ebene von Mitgliedstaaten helfen.

Die Wahl der bewertenden zuständigen Behörde durch die Antragsteller ist nicht ausgewogen auf die Mitgliedstaaten verteilt, und 58 % der Anträge werden heute von nur einem Mitgliedstaat bewertet. Die treibenden Faktoren für die Wahl von Mitgliedstaaten durch die Antragsteller sollten eingehender untersucht werden, um eine ausgewogenere Verteilung der Arbeitslast auf die Mitgliedstaaten zu erreichen.

Die zur Verfügung stehenden Informationen über die Validierung der Anträge durch die bewertenden zuständigen Behörden weisen darauf hin, dass ein erheblicher Anteil der Anträge unvollständig war und der Übermittlung von weiteren Angaben bedurfte. Die Hauptgründe, die zu dieser Situation geführt haben, sowie mögliche Korrekturmaßnahmen müssen eingehender untersucht werden, sowohl auf Seiten der Antragsteller als auch auf Seiten der bewertenden zuständigen Behörden. In dieser Hinsicht sollte die richtige Planung von frühzeitig vor der Antragstellung durchgeführten Gesprächen zwischen dem Antragsteller und der bewertenden zuständigen Behörde weiter gefördert werden.

Bei ca. 21 % der Antragsteller, die Anträge auf Unionszulassung eingereicht haben, handelt es sich um KMU. Die Tatsache, dass ein erheblicher Anteil der KMU möglicherweise in nur wenigen Mitgliedstaaten an einer Geschäftstätigkeit interessiert ist, kann dabei eine Rolle spielen. Einige andere Faktoren wie die Fähigkeit von KMU, Unterlagen vorzubereiten und Belege beizubringen, die Rolle der Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission, die Höhe der Ermäßigung der an die ECHA zu entrichtenden Gebühren oder die Möglichkeit der Einführung eines Systems zur Gebührenzahlung in Raten sollten eingehender betrachtet werden, um ihre Auswirkungen auf die Zahl der von KMU eingereichten Anträge besser zu verstehen.

Die Kommission wird eine umfassendere Bewertung des Verfahrens der Unionszulassung in ihren zusammenfassenden Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 gemäß Artikel 65 Absatz 4 dieser Verordnung aufnehmen. Der zusammenfassende Bericht wird auf den der Kommission von Mitgliedstaaten unterbreiteten Berichten über die Durchführung der Verordnung in ihrem Hoheitsgebiet basieren, die gemäß Artikel 65 Absatz 3 der Verordnung bis zum 30. Juni 2020 vorzulegen sind.

(1)      Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1).
(2)      Zusätzliche Angaben zur Verordnung (EU) Nr. 528/2012 stehen zur Verfügung unter https://ec.europa.eu/health/biocides/regulation_en sowie https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation/understanding-bpr .  
(3)      Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (ABl. L 123 vom 24.4.1998, S. 1).
(4)      Zusätzliche Angaben zur Genehmigung von Wirkstoffen für die Verwendung in Biozidprodukten stehen zur Verfügung unter https://ec.europa.eu/health/biocides/active_substances_en sowie unter https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation/approval-of-active-substances .
(5)      Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission zur Festlegung eines Verfahrens für die Zulassung gleicher Biozidprodukte gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 125 vom 7.5.2013, S. 4).
(6)      Zusätzliche Angaben zur Zulassung von Biozidprodukten stehen zur Verfügung unter https://ec.europa.eu/health/biocides/biocidal_products_en sowie unter https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation/authorisation-of-biocidal-products .
(7)      Zusätzliche Angaben zur Unionszulassung stehen zur Verfügung unter https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation/authorisation-of-biocidal-products/union-authorisation .
(8)      CA-Feb13-Doc.5.1.e – Final on the definition of similar conditions of use across the Union (zur Begriffsbestimmung von ähnlichen Verwendungsbedingungen in der gesamten Union), verfügbar unter https://circabc.europa.eu/w/browse/c39eb3a0-628a-4626-97ca-a86cfe492917 .
(9)      Durchführungsverordnung (EU) Nr. 564/2013 der Kommission vom 18. Juni 2013 über die an die Europäische Chemikalienagentur zu entrichtenden Gebühren und Abgaben gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167, 19.6.2013, S. 17).
(10) Erhebung von A.I.S.E. und EBPF zum BPR Impact on Biocidal Products and Innovation (Auswirkungen der Verordnung über Biozidprodukte auf Biozidprodukte und Innovation) - 2015, verfügbar unter https://www.aise.eu/documents/document/20160212173604-aise_ebpf_survey_bpr_2015_-_report.pdf .  
(11) Ecorys, 15. April 2016. Verfügbar unter: https://echa.europa.eu/documents/10162/2200151/mb_25_2016_bpr_fee_model_en.pdf/2eaaeec2-4b6e-448f-91ad-d9181b11b938  
(12) Durchführungsverordnung (EU) 2016/1802 der Kommission vom 11. Oktober 2016 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission zur Festlegung eines Verfahrens für die Zulassung gleicher Biozidprodukte gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 275, 12.10.2016, S. 34).
(13)      Wirkstoffe, die die Kriterien für einen zu ersetzenden Stoff gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 erfüllen. Für diese Anträge ist eine vergleichende Bewertung gemäß Artikel 23 der Verordnung durchzuführen.
(14)      Zu beachten ist, dass Desinfektionsmittel, wie in der Branchenerhebung von 2015 zum Ausdruck gebracht, die größte Gruppe von Produktarten darstellen.
(15)      Diese Zahlenangaben basieren auf den in Anhang 3 des Ecorys-Berichts gemachten Angaben sowie aktualisierten Angaben von den betreffenden Mitgliedstaaten. In Belgien und den Niederlanden gelten ab 1. Januar 2018 neue Gebühren (BE: 50 000 EUR + 500 EUR je Produkt; NL: 45 000 EUR + Gebühr in Stufen je nach Komplexität des Antrags).
(16) Durchführungsbeschluss (EU) 2016/904 der Kommission vom 8. Juni 2016 gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über 2-Propanol-haltige Produkte für die Handdesinfektion (ABl. L 152, 9.6.2016, S. 45).
(17)      Siehe die auf Seite 78 des Ecorys-Berichts gemachten Angaben, auf die in Fußnote 10 verwiesen wird.
(18)    Dieses Argument wurde von den betreffenden akkreditierten Stakeholder-Organisationen im Sektor Biozide (EBPF-Cefic, Aise und UEAPME) vorgebracht und ist der Hauptbeweggrund für die im Jahr 2016 vorgenommene Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 414/2013 der Kommission.
(19) Verfügbar unter https://echa.europa.eu/de/practical-guides/bpr-practical-guides .
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