EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 30.11.2015
COM(2015) 591 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Bericht über das Funktionieren und die Wirkungsweise der Verordnung (EU) Nr. 1029/2012 zur Einführung autonomer Handelspräferenzen für Pakistan aufgrund der Flutkatastrophe
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Bericht über das Funktionieren und die Wirkungsweise der Verordnung (EU) Nr. 1029/2012 zur Einführung autonomer Handelspräferenzen für Pakistan aufgrund der Flutkatastrophe
1. Einführung
Im Rahmen der Reaktion der EU auf die verheerenden Überflutungen, die vom Juli bis zum September 2010 dauerten und weite Landstriche Pakistans betrafen, beauftragte der Europäische Rat in einer den Schlussfolgerungen vom 16. September 2010 beigefügten Erklärung zu Pakistan die Minister, sich dringend auf ein umfassendes Bündel kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmen zu verständigen, die zur Erholung und künftigen Entwicklung Pakistans beitragen würden; darin eingeschlossen sein sollten unter anderem ehrgeizige handelspolitische Maßnahmen, die für die Wirtschaftserholung und -wachstum maßgeblich waren.
Mit Erlass der Verordnung (EU) Nr. 1029/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Einführung autonomer Handelspräferenzen für Pakistan aufgrund der Flutkatastrophe (im Folgenden „Verordnung“) wurden Pakistan für 75 Erzeugnisse Handelspräferenzen gewährt. Aufgrund dieser Handelspräferenzen konnten 49 Erzeugnisse (nämlich diejenigen, die in Anhang I der Verordnung aufgeführt sind) ohne Zölle oder mengenmäßige Beschränkungen in die EU eingeführt werden, und 26 Erzeugnisse (nämlich diejenigen, die in Anhang II der Verordnung aufgeführt sind) konnten zum Zollsatz Null unter Geltung von mengenmäßigen Beschränkungen (Zollkontingenten) eingeführt werden.
2. Methodik
Die Analyse der Auswirkungen auf den Handel beruht hauptsächlich auf der Untersuchung der Entwicklung der Einfuhren der von den autonomen Handelspräferenzen umfassten Erzeugnisse aus Pakistan in die EU. Obgleich die Handelspräferenzen vom 15. November 2012 bis zum 31. Dezember 2013 gewährt wurden, liegt der Schwerpunkt der Analyse auf den durchschnittlichen Einfuhren im Kalenderjahr 2013, die mit denjenigen in den drei vorhergehenden Jahren (2010, 2011 und 2012) verglichen werden. Aufgrund der Datenverfügbarkeit und zwecks leichterer Vergleichbarkeit der Daten ist die Analyse auf Daten der EU mit 27 Mitgliedstaaten (EU-27) gestützt, denn der Beitritt Kroatiens erfolgte am 1. Juli 2013. Ebenfalls aus Gründen der Datenverfügbarkeit, -verlässlichkeit und vergleichbarkeit beruht die Analyse auf Daten, die wertmäßig und nicht mengenmäßig erfasst wurden. Die wichtigste Quelle für Daten über die Einfuhren aus Pakistan in die EU ist Eurostat (COMEXT). Die Analyse der Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Beschäftigung in der EU beruht hauptsächlich auf der Untersuchung der Produktions- und Beschäftigungsdaten und ist unter anderem auf die Prodcom-Daten von Eurostat (NACE Rev. 2.0) gestützt. Des Weiteren liegt der Schwerpunkt der Analyse auf der Textil- und der Bekleidungsbranche, da die meisten der von den autonomen Handelspräferenzen umfassten Erzeugnisse auf diese entfielen.
Im folgenden Text werden die autonomen Handelspräferenzen als „AHP“ und die unter die Verordnung fallenden Erzeugnisse entweder als „AHP-Positionen“ oder „AHP-Erzeugnisse“ oder gegebenenfalls als „Erzeugnisse nach Anhang I“ und „Erzeugnisse nach Anhang II“ bezeichnet. In den Tabellen, aber auch im folgenden Text wird hauptsächlich auf die Warencodes der Kombinierten Nomenklatur (KN) Bezug genommen. Die zu den KN-Codes gehörigen Bezeichnungen der Waren sind in den Anhängen der Verordnung zu finden.
3. Funktionieren der Verordnung – Verwaltung der Zollkontingente
Für die Erzeugnisse nach Anhang II galten Zollkontingente (ZK), die nach Artikel 3 der Verordnung nach den Artikeln 308a, 308b und 308c der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 verwaltet wurden. Aus Tabelle 10 im Anhang geht die Ausschöpfung der Zollkontingente hervor. Im Jahr 2013 wurde das zugewiesene Kontingent durch sieben Zolltarifpositionen (annähernd) ausgeschöpft: 2207 10 00, 4107 92 10, 6103 32 00, 6109 90 20, 6115 95 00, 6204 62 31 und 6403 99 93. Die Gesamtmenge der Einfuhren unter diesen Zolltarifpositionen (mit Ausnahme der Einfuhren unter der Zolltarifposition 2207 10 00) überschritt die ZK, jedoch erfolgten die das Zollkontingent überschreitenden Einfuhren (d. h. die nicht kontingentierten Einfuhren) in die EU entweder im Rahmen von Meistbegünstigungs- oder von APS-Zöllen. Bei den zollfreien Einfuhren unter der Zolltarifposition 6403 99 93 wurde das zugewiesene ZK offenbar geringfügig überschritten, nämlich um 1,5 Tonnen oder 0,06 % des ZK. Die durchschnittliche, gewichtete Ausschöpfungsquote der ZK belief sich im Jahr 2012 (15. November bis 31. Dezember) auf 11,3 % und im Jahr 2013 auf 76,8 %.
4. Wirkungsweise der Verordnung
4.1 Auswirkungen auf den Handel
Im Allgemeinen steht Pakistan unter den Handelspartnern der EU beim Gesamthandel an 47. Stelle, bei den Einfuhren an 44. Stelle und bei den Ausfuhren an 51. Stelle. Abbildung 1 gibt Aufschluss über die Entwicklung des bilateralen Handels während des vergangenen Jahrzehnts; dieser hat sich insgesamt positiv entwickelt. Im genannten Zeitraum verzeichnete die EU (nämlich in den Jahren von 2005 bis 2009) einen geringfügigen Handelsbilanzüberschuss, ab dem Jahr 2010 hingegen ein Handelsbilanzdefizit.
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Tabelle 1 zeigt die Gesamteinfuhren aus Pakistan in die EU-27, also die Einfuhren von AHP-Erzeugnissen und allen anderen Erzeugnissen (Gesamteinfuhren abzüglich der AHP-Einfuhren). Der Wert der Einfuhren von AHP-Erzeugnissen aus Pakistan in die EU belief sich im Jahr 2013 auf 1,5 Mrd. EUR und hatte damit im Vergleich zum durchschnittlichen Wert dieser Einfuhren im Zeitraum von 2010 bis 2012 um 348 Mio. EUR oder 31,5 % zugenommen. Da auf die Einfuhren von AHP-Erzeugnissen in die EU rund 33 % der Gesamteinfuhren aus Pakistan entfielen, könnte man sagen, dass die AHP-Einfuhren im Jahr 2013 erheblich zur Zunahme der Gesamteinfuhren aus Pakistan (nämlich um 9,4 %) beitrugen (die Einfuhren aller anderen Erzeugnisse außer den AHP-Erzeugnissen nahmen nur um 1,1 % zu).
Die Gesamteinfuhren von AHP-Erzeugnissen aus Pakistan in die EU entfielen fast zur Hälfte auf Erzeugnisse nach Anhang I und auf Erzeugnisse nach Anhang II. Im Durchschnitt nahmen die Einfuhren von Erzeugnissen nach Anhang II (mit 34 %) etwas mehr zu als die Einfuhren von Erzeugnissen nach Anhang I (mit 29 %), was hauptsächlich auf den erheblichen Anstieg der Einfuhr eines Erzeugnisses nach Anhang II (2207 10 00: Ethylalkohol, unvergällt) zurückzuführen war. Bleibt dieses Erzeugnis unberücksichtigt, so stiegen die Einfuhren von Erzeugnissen nach Anhang II durchschnittlich um 25 %.
Tabelle 1: Einfuhren aus Pakistan in die EU-27 (Angaben in Tausend EUR)
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Durchschnitt, 2010-2012
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2013
|
Änderung in EUR
|
Änderung in %
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AHP-Positionen in % der Gesamteinfuhren in den Jahren von 2010 bis 2012
|
AHP-Positionen in % der Gesamteinfuhren im Jahr 2013
|
Gesamteinfuhren aller Erzeugnisse
|
4 052 937
|
4 433 584
|
380 647
|
9,4 %
|
|
|
Einfuhren von AHP-Erzeugnissen
|
1 107 696
|
1 456 242
|
348 546
|
31,5 %
|
27,3 %
|
32,8 %
|
nach Anhang I
|
561 415
|
723 787
|
162 373
|
28,9 %
|
13,9 %
|
16,3 %
|
nach Anhang II
|
546 282
|
732 455
|
186 173
|
34,1 %
|
13,5 %
|
16,5 %
|
Alle anderen Erzeugnisse
|
2 945 241
|
2 977 342
|
32 101
|
1,1 %
|
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Quelle: Berechnungen auf der Grundlage von Comext-Daten von Eurostat.
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Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Ausschöpfung der AHP, d. h. über die Einfuhren, für die die AHP und andere zolltarifliche Maßnahmen tatsächlich in Anspruch genommen wurden. Hieraus geht hervor, dass die AHP im Durchschnitt für rund 65 % der auf AHP-Positionen entfallenden Einfuhren in Anspruch genommen wurden. Die Einfuhren im Wert von 942 Mio. EUR, für die die AHP in Anspruch genommen wurden, entsprachen 21 % der Gesamteinfuhren aus Pakistan in die EU im Jahr 2013.
Tabelle 2: Einfuhren von AHP-Erzeugnissen aus Pakistan in die EU-27 im Rahmen der verschiedenen zolltariflichen Maßnahmen
(Angaben in Tausend EUR)
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Durchschnitt, 2010-2012
|
2013
|
Auf die AHP-Einfuhren im Jahr 2013 entfallender Anteil
|
Auf die Gesamteinfuhren im Jahr 2013 entfallender Anteil
|
Gesamteinfuhren der unter AHP-Positionen fallenden Erzeugnisse
|
1 107 696
|
1 456 242
|
|
|
im Rahmen der AHP
|
21 0321
|
942 374
|
64,7 %
|
21,3 %
|
im Rahmen des APS
|
1 024 628
|
353 499
|
24,3 %
|
8,0 %
|
im Rahmen der Meistbegünstigung
|
76 058
|
160 369
|
11,0 %
|
3,6 %
|
1 Diese Angabe bezieht sich nur auf AHP, die vom 15. November bis zum 31. Dezember 2012 gewährt wurden.
Quelle: Berechnungen auf der Grundlage von Comext-Daten von Eurostat.
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Tabelle 3 enthält Angaben zu den Einfuhren in die EU vom Weltmarkt (Extra-EU-27) und aus Ländern mit ähnlichen Handelspräferenzen (d. h. aus Ländern, denen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU die vollständige Zollbefreiung gewährt worden war). Hieraus geht hervor, dass bei den unter die AHP-Positionen fallenden Einfuhren aus Pakistan im Durchschnitt ein besseres Ergebnis als bei den Gesamteinfuhren in die EU vom Weltmarkt erzielt wurde, jedoch ein schlechteres Ergebnis als bei den Einfuhren aus Ländern mit ähnlichen Handelspräferenzen. Eine plausible Erklärung für die (mit 66,2 %) starke Zunahme der Einfuhren aus begünstigten Ländern, die im Rahmen des APS die vollständige Zollbefreiung in Anspruch nahmen, ist die Reform der APS-Ursprungsregeln der EU (die geänderten Regeln gelten seit dem 1. Januar 2011), denn die EU lockerte diese Regeln, die unter anderem Textil- und Bekleidungserzeugnisse betrafen, für die am wenigsten entwickelten Länder erheblich. Am stärksten zugenommen haben die betreffenden Einfuhren aus Bangladesch, denn auf dieses Land entfielen rund 65 % der Einfuhren aus begünstigten Ländern, die im Rahmen des APS die vollständige Zollbefreiung in Anspruch nahmen.
Tabelle 3: Einfuhren in die EU-27 vom Weltmarkt und aus begünstigten Ländern, die im Rahmen des APS die vollständige Zollbefreiung in Anspruch nahmen (Angaben in Tausend EUR)
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Durchschnitt,
2010-2012
|
2013
|
Änderung
|
Auf Pakistan entfallender Anteil in den Jahren von 2010 bis 2012
|
Auf Pakistan entfallender Anteil im Jahr 2013
|
Einfuhren vom Weltmarkt
|
Gesamteinfuhren
|
1 530 617 750
|
1 520 363 786
|
- 0,7 %
|
0,3 %
|
0,3 %
|
Einfuhren aller unter AHP-Positionen fallenden
|
17 431 666
|
18 238 834
|
4,6 %
|
6,4 %
|
8,0 %
|
Erzeugnisse
nach Anhang I
|
11 164 767
|
11 718 469
|
5,0 %
|
5,0 %
|
6,2 %
|
nach Anhang II
|
6 266 899
|
6 520 365
|
4,0 %
|
8,7 %
|
11,2 %
|
Einfuhren aus begünstigten Ländern, die im Rahmen des APS die vollständige Zollbefreiung in Anspruch nahmen
|
Einfuhren aller unter AHP-Positionen fallenden Erzeugnisse
|
994 127
|
1 652 269
|
66,2 %
|
|
|
nach Anhang I
|
188 428
|
333 394
|
76,9 %
|
|
|
nach Anhang II
|
805 699
|
1 318 875
|
63,7 %
|
|
|
Quelle: Berechnungen auf der Grundlage von Comext-Daten von Eurostat.
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Die Tabellen 11 bis 13 im Anhang enthalten eine tiefer (nach Abschnitt und Position) gegliederte Aufschlüsselung der Einfuhren im Rahmen der AHP. Eine nähere Prüfung dieser Tabellen und der vorstehend aufgeführten Tabellen ergibt folgendes Bild:
Der auf Pakistan entfallende Anteil an den Gesamteinfuhren in die EU vom Weltmarkt lag unverändert bei 0,3 %. Der auf Pakistan entfallende Anteil an Einfuhren von AHP-Erzeugnissen in die EU stieg insgesamt betrachtet von 6,4 % auf 8 % (siehe Tabelle 3). Bereits vor der Einführung der AHP entfiel auf Pakistan ein erheblicher Anteil an den Einfuhren bestimmter Erzeugnisse – so entfiel auf sechs AHP-Erzeugnisse ein Anteil an den Einfuhren von mehr als 50 % (siehe Tabelle 6). Im Jahr 2013 entfiel auf AHP-Erzeugnisse ein Anteil an den Einfuhren von mehr als 50 %.
Unvergällter Ethylalkohol (2207 10 00) ist dasjenige Erzeugnis, dessen Einfuhr mit Abstand am stärksten zunahm (nämlich um 441 %), was hauptsächlich auf den Umstand zurückzuführen ist, dass dieses Erzeugnis normalerweise nicht unter die APS fällt und hierauf ein Meistbegünstigungszoll (MBZ) von 19 EUR/Hektoliter erhoben wird (siehe die Tabellen 11 und 12 im Anhang). Die Einfuhren von unter die AHP fallendem, unvergälltem Ethylalkohol aus Pakistan waren durch ein Zollkontingent begrenzt. Im Abschnitt „Künstliche Filamente“ (Kapitel 54) war mit 85 % ebenfalls ein starker Anstieg zu verzeichnen, jedoch entfielen hierauf nur 1,7 % des Wertes der AHP-Einfuhren (siehe Tabelle 13 im Anhang).
Aus Tabelle 13 geht hervor, dass in dem Abschnitt, der gemessen am Wert der AHP-Gesamteinfuhren am bedeutendsten war, nämlich „Baumwolle“ (Kapitel 52), ein Anstieg der Einfuhren um 28,8 % zu verzeichnen war. Es sei angemerkt, dass Pakistan – nach der Türkei – der zweitgrößte Lieferant der EU von Baumwolle und Baumwollerzeugnissen ist. In den Abschnitten, die Bekleidung umfassen (Kapitel 61 und 62) und auf die zusammen rund 34 % der AHP-Einfuhren aus Pakistan entfielen, war eine Zunahme von 37,4 % bzw. 49,8 % zu verzeichnen. Die Einfuhren von AHP-Erzeugnissen, die in Kapitel 63 (andere Spinnstoffwaren) eingereiht sind, in die EU nahmen um 6,8 % zu.
Wie die Analyse der einzelnen, unter die AHP fallenden Zolltarifpositionen (siehe insbesondere Tabelle 12 im Anhang) ergab, folgten diese im Allgemeinen der Entwicklung der Einfuhren in die EU vom Weltmarkt, und in den meisten Fällen war es um die Einfuhren aus Pakistan besser oder schlechter bestellt, je nachdem, ob die Einfuhren zu- oder abnahmen. Unter 27 Zolltarifpositionen war eine Zunahme der Einfuhren um mehr als 40 % zu verzeichnen, und unter 10 Zolltarifpositionen hiervon um mehr als 80 %, während die Einfuhren unter 18 Zolltarifpositionen abnahmen, unter 12 Zolltarifpositionen hiervon um mehr als 20 %.
Wie aus Tabelle 12 hervorgeht, traf dies hauptsächlich auf Erzeugnisse zu, die in Kapitel 52 (Baumwolle) und in Kapitel 61 (Bekleidung aus Gewirken) eingereiht sind: Bei diesen nahmen die Einfuhren am stärksten zu. Gleichzeitig gingen die Einfuhren am stärksten bei bestimmten Baumwollerzeugnissen zurück. Rückläufig waren auch die Einfuhren der meisten Erzeugnisse, die in Kapitel 63 (andere Spinnstoffwaren) eingereiht sind.
Insgesamt dürften sich die Zolleinbußen der EU infolge der AHP auf 84,6 Mio. EUR belaufen. Auf die Einfuhren von zehn Erzeugnissen, die unter die AHP fielen und die bezogen auf den Einfuhrwert zu den zehn wichtigsten zählten, entfielen 62 % der Zolleinbußen.
4.2 Auswirkungen auf die Produktion und die Arbeitsplätze in der EU
In diesem Abschnitt werden die etwaigen Auswirkungen der AHP auf die Wirtschaft in der EU untersucht; gemessen wird dies hauptsächlich anhand der EU-Produktion. Die Analyse stützt sich auf die Prodcom-Daten von Eurostat für dasjenige verarbeitende Gewerbe in der EU, das den AHP-Erzeugnissen schätzungsweise entspricht. Da die Prodcom-Daten jedoch nicht ganz vollständig sind (z. B. sind die tiefer gegliederten Daten einiger Mitgliedstaaten vertraulich) und da die achtstelligen Codes der Kombinierten Nomenklatur nicht in allen Fällen den einzelnen NACE-Codes entspricht, können die nachstehend aufgeführten Zahlen nur als Richtwerte angesehen werden, denn sie mussten aggregiert werden.
Aus Tabelle 4 gehen die Produktion in der EU-27 (Wert der abgesetzten Produktion) und die Beschäftigung (Gesamtzahl) im Jahr 2013 im verarbeitenden Gewerbe insgesamt (NACE-Abschnitt C.10 bis C.32), in der Textilbranche (NACE-Abschnitt C.13 und C.20.60), in der Bekleidungsbranche (NACE-Abschnitt C.14) und in der Leder- und Lederwarenbranche (NACE-Abschnitt C.15) hervor. Der Anteil der auf diese drei Teilsektoren entfallenden Produktion an der Gesamtproduktion im verarbeitenden Gewerbe kann als eher begrenzt angesehen werden, wohingegen der jeweilige Anteil dieser drei Teilsektoren an der Beschäftigung erheblicher ist.
Tabelle 4: Produktion und Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe in der EU-27 im Jahr 2013 (Angaben in Tausend)
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Produktion im verarbeitenden Gewerbe
|
Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe
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|
Wert (in EUR)
|
Anteil an der Gesamtproduktion
|
Anzahl
|
Anteil an der Gesamtbeschäftigung
|
Insgesamt
|
4 807 491 596
|
|
31 537
|
|
Textilien
|
67 574 110
|
1,4 %
|
688
|
2,2 %
|
Bekleidung
|
33 111 472
|
0,7 %
|
1 176
|
3,7 %
|
Leder
|
33 338 444
|
0,7 %
|
451
|
1,4 %
|
Quelle: Berechnungen auf der Grundlage von Prodcom-Daten und Beschäftigungsdaten von Eurostat
|
Tabelle 5 verdeutlicht die Veränderung der Produktion und der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe in der EU-27 im Zeitraum von 2010 bis 2013 im Vergleich zum jeweils vorhergehenden Jahr. Während die Produktion in den drei Teilsektoren in der EU-27 im Jahr 2013 zunahm, war die Beschäftigung – mit Ausnahme der Beschäftigung im Teilsektor „Leder“ rückläufig. Eine tiefer gegliederte Aufschlüsselung der EU-Produktion, die auf die AHP-Erzeugnisse entfallen dürfte, enthält Tabelle 14 im Anhang. Eine vergleichbare Aufschlüsselung für die Beschäftigung ist nicht möglich, da die Beschäftigungsdaten nur auf der zweistelligen Ebene der NACE-Abschnitte verfügbar sind.
Tabelle 5: Veränderung der Produktion und der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe in der EU-27 im Zeitraum von 2010 bis 2013
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Produktion
|
Beschäftigung
|
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2011-2010
|
2012-2011
|
2013-2012
|
2011-2010
|
2012-2011
|
2013-2012
|
Insgesamt
|
8,6 %
|
1,2 %
|
1,2 %
|
- 0,1 %
|
- 1,4 %
|
- 1,4 %
|
Textilien
|
6,8 %
|
-1,3 %
|
1,5 %
|
- 0,9 %
|
- 2,2 %
|
- 2,6 %
|
Bekleidung
|
- 2,1 %
|
1,2 %
|
6,0 %
|
- 4,4 %
|
- 2,9 %
|
- 4,5 %
|
Leder
|
17,2 %
|
-3,3 %
|
8,6 %
|
2,2 %
|
1,2 %
|
0,2 %
|
Quelle: Prodcom-Daten und Beschäftigungsdaten von Eurostat.
|
Tabelle 6 gibt Aufschluss über den EU-Markt (EU-27-Produktion plus Extra-EU-27-Gesamteinfuhren minus Extra-EU-27-Gesamtausfuhren), der den AHP-Erzeugnissen, welche unter den einzelnen KN-Abschnitten aufgeführt sind, auf die sich die Verordnung bezieht, und dem Anteil der AHP-Einfuhren aus Pakistan entsprechen dürfte.
Tabelle 6: EU-27-Markt, bezogen auf die AHP-Erzeugnisse und die anteiligen Einfuhren aus Pakistan und aufgeschlüsselt nach KN-Abschnitt
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KN-Abschnitt
|
EU-27-Markt, bezogen auf die AHP-Erzeugnisse
(in Mrd. EUR)
|
AHP-Einfuhren aus Pakistan, ausgedrückt als Anteil am EU-Markt
|
|
2010
|
2011
|
2012
|
2013
|
2010
|
2011
|
2012
|
2013
|
07 Gemüse und Pflanzen, die zu Ernährungszwecken verwendet werden
|
157
|
148
|
159
|
169
|
2,7 %
|
3,2 %
|
6,9 %
|
3,6 %
|
22 Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten und Essig
|
2 255
|
2 639
|
3 124
|
3 178
|
0,1 %
|
0,7 %
|
0,3 %
|
1,7 %
|
41 Rohe Häute, Felle und Leder
|
1 214
|
1 547
|
1 186
|
1 400
|
1,3 %
|
1,4 %
|
1,7 %
|
1,6 %
|
42 Lederwaren
|
486
|
523
|
466
|
473
|
15,4 %
|
16,8 %
|
19,3 %
|
20,2 %
|
52 Baumwolle
|
2 796
|
3 260
|
2 801
|
3 142
|
10,5 %
|
11,5 %
|
9,7 %
|
12,8 %
|
54 Synthetische oder künstliche Filamente
|
1 456
|
1 851
|
1 906
|
1 599
|
1,0 %
|
0,7 %
|
0,6 %
|
1,6 %
|
55 Synthetische oder künstliche Spinnfasern
|
578
|
706
|
613
|
616
|
8,1 %
|
7,7 %
|
7,4 %
|
11,2 %
|
61 Kleidung, aus Gewirken oder Gestricken
|
14 471
|
14 917
|
14 407
|
14 566
|
1,1 %
|
1,3 %
|
1,3 %
|
1,7 %
|
62 Kleidung, ausgenommen aus Gewirken oder Gestricken
|
4,327
|
4 434
|
3 790
|
3 906
|
3,4 %
|
3,9 %
|
4,6 %
|
6,3 %
|
63 Andere konfektionierte Spinnstoffwaren
|
6 826
|
7 120
|
5 108
|
5 134
|
3,3 %
|
3,5 %
|
4,6 %
|
4,9 %
|
64 Schuhe
|
9 317
|
9 871
|
9 630
|
9 889
|
0,3 %
|
0,3 %
|
0,3 %
|
0,3 %
|
Quelle: Berechnungen auf der Grundlage von Comext- und Prodcom-Daten von Eurostat.
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Es ist schwierig, die etwaigen Auswirkungen der AHP-Einfuhren aus Pakistan von einer Reihe anderer Faktoren zu isolieren, die sich möglicherweise auf die Produktion, die Beschäftigung und die Märkte in der EU auswirkten etwa die schwache wirtschaftliche Entwicklung in mehreren Mitgliedstaaten der EU, Wechselkurse, Konjunkturzyklen, Verbrauchervertrauen, Zinssätze usw. Daher ist es schwierig, die Frage, ob sich die AHP-Einfuhren aus Pakistan in die EU auf die Produktion und die Beschäftigung in der EU ausgewirkt haben, genau zu beantworten insbesondere was einzelne Sektoren oder Erzeugnisse betrifft. Gleichwohl könnte es sein, dass sich die AHP-Einfuhren aus Pakistan möglicherweise nachteilig auf die Produktion in der EU auswirkten, sofern Umstände wie die folgenden gegeben waren:
eine starke Zunahme der Einfuhren aus Pakistan von AHP-Erzeugnissen in die EU
eine starke Zunahme des Anteils am Binnenmarkt der EU, der auf die AHP-Einfuhren aus Pakistan entfiel, sodass es sich um einen großen Anteil handelte
ein negatives Wachstum der Produktion in der EU
ein großer Anteil der EU-Produktion, der direkt mit den AHP-Einfuhren im Zusammenhang stand
Tabelle 7 gibt Aufschluss über diese Faktoren, die auf der zweistelligen Ebene der NACE-Abschnitte dargestellt sind („EU-AHP-Produktion“ bezieht sich auf die Produktion in der EU, die mit den AHP-Erzeugnissen im Zusammenhang stand). Eine Analyse der in Tabelle 7 enthaltenen Zahlen führt offenbar nicht zu eindeutigen Schlussfolgerungen, da auf keinen der Abschnitte alle Umstände zutreffen.
Die Entwicklung in Abschnitten wie etwa „Künstliche Filamente“ (Kapitel 54), „Synthetische oder künstliche Spinnfasern“ (Kapitel 55) und „Bekleidung aus Geweben“ (Kapitel 62) könnte so gedeutet werden, dass die Einfuhren von AHP-Erzeugnissen aus Pakistan offenbar stark zugenommen haben und die EU-Produktion rückläufig war. Allerdings ist der auf Kapitel 54 entfallende Marktanteil der AHP-Einfuhren begrenzt. Der auf die Kapitel 55 und 62 entfallende Anteil der betroffenen EU-Produktion ist ebenfalls begrenzt, und obwohl bei dem Anteil der AHP-Einfuhren in den EU-Markt ein gewisser Anstieg zu verzeichnen war, wenn man das Jahr 2013 mit dem Jahr 2012 vergleicht, so kann dieser doch als gering betrachtet werden.
Unter Kapitel 42 „Lederwaren“ war eine Zunahme der EU-Produktion zu verzeichnen, obwohl der Anteil der AHP-Einfuhren in den EU-Markt relativ hoch war. Allerdings könnte die Zunahme der Einfuhren von AHP-Erzeugnissen, die in Kapitel 42 eingereiht sind, als weniger signifikant betrachtet werden (die AHP-Einfuhren waren durch ein Zollkontingent beschränkt).
Insgesamt kann offenbar der Schluss gezogen werden, dass die Auswirkungen der AHP-Einfuhren aus Pakistan auf die EU-Produktion begrenzt waren. Wahrscheinlich haben die AHP-Einfuhren dazu beigetragen, dass die Konkurrenz durch Einfuhren im EU-Markt zunahm, insbesondere bei den Warenabschnitten, bei denen Pakistan bereits zu den Hauptlieferanten der betreffenden Erzeugnisse in die EU zählte. Jedoch muss dieser mögliche Beitrag zur Konkurrenz durch Einfuhren im Verhältnis zu der viel deutlicheren Zunahme der Einfuhren aus begünstigten Ländern, die im Rahmen des APS die vollständige Zollbefreiung in Anspruch nahmen, gesehen werden.
Tabelle 7: Veränderung der Einfuhren, des Markts und der Produktion sowie der hierauf entfallenden Anteile, bezogen auf die AHP-Erzeugnisse
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KN-Abschnitt
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Veränderung der AHP- Einfuhren aus Pakistan im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012
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Anteil der AHP-Einfuhren aus Pakistan am EU-Markt im Jahr 2012
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Anteil der AHP-Einfuhren aus Pakistan am EU-Markt im Jahr 2013
|
Veränderung der EU-Produktion im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012
|
Anteil der EU-AHP-Produktion an den einzelnen NACE-Abschnitten im Jahr 2013
|
07 Gemüse und Pflanzen, die zu Ernährungszwecken verwendet werden
|
- 10,0 %
|
6,9 %
|
3,6 %
|
8,3 %
|
|
22 Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten und Essig
|
441,3 %
|
0,3 %
|
1,7 %
|
- 2,6 %
|
|
41 Rohe Häute, Felle und Leder
|
12,7 %
|
1,7 %
|
1,6 %
|
10,9 %
|
9,2 %
|
42 Lederwaren
|
13,2 %
|
19,3 %
|
20,2 %
|
- 8,3 %
|
0,8 %
|
52 Baumwolle
|
28,8 %
|
9,7 %
|
12,8 %
|
2,7 %
|
3,3 %
|
54 Synthetische oder künstliche Filamente
|
85,0 %
|
0,6 %
|
1,6 %
|
- 20,8 %
|
1,8 %
|
55 Synthetische oder künstliche Spinnfasern
|
40,9 %
|
7,4 %
|
11,2 %
|
- 3,2 %
|
0,7 %
|
61 Kleidung, aus Gewirken oder Gestricken
|
37,4 %
|
1,3 %
|
1,7 %
|
7,2 %
|
12,5 %
|
62 Kleidung, ausgenommen aus Gewirken oder Gestricken
|
49,8 %
|
4,6 %
|
6,3 %
|
- 22,9 %
|
3,8 %
|
63 Andere konfektionierte Spinnstoffwaren
|
6,8 %
|
4,6 %
|
4,9 %
|
- 0,2 %
|
11,0 %
|
64 Schuhe
|
14,0 %
|
0,3 %
|
0,3 %
|
7,0 %
|
60,7 %
|
Quelle: Berechnungen auf der Grundlage von Comext- und Prodcom-Daten von Eurostat.
|
4.3 Auswirkungen in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Beseitigung der Armut und die nachhaltige Entwicklung in Pakistan
Die durch den Monsun verursachten Überflutungen, von denen Pakistan im Zeitraum von Juli bis September 2010 heimgesucht wurde, dürften die schlimmste Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes gewesen sein. Quellen der Vereinten Nationen zufolge waren etwa 20 Millionen Menschen und 20 % des pakistanischen Staatsgebiets (mindestens 160 000 Quadratkilometer, was der Größe von Bulgarien und der Slowakei zusammen entspricht) von der Flutkatastrophe betroffen; bis zu 12 Millionen Menschen benötigten daraufhin humanitäre Soforthilfe.
Laut den Schätzungen in einer ersten Schadens- und Bedarfsbewertung, die von der Weltbank, der asiatischen Entwicklungsbank und der Regierung von Pakistan erstellt worden war, verursachten die Überflutungen direkte und indirekte Schäden in Höhe von 10 Mrd. USD, und die Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen zur Beseitigung dieser Schäden würden Kosten in Höhe von 8,7 bis 10,8 Mrd. USD verursachen (was 5,8 % des BIP bzw. 4,5 bis 5,3 % des BIP entsprach). Hätte man die Kosten des Wiederaufbaus auf drei Jahre verteilt und sie ausschließlich von der pakistanischen Regierung tragen lassen, so hätten sie rund 8 bis 11 % der Gesamtaufwendungen zulasten des Bundeshaushalts der Jahre 2010 und 2011 ausgemacht.
Mit 50 % der geschätzten Schadenskosten war die Landwirtschaft der am schlimmsten betroffene Sektor. Insbesondere waren der Reis- und der Baumwollanbau geschädigt (in den am schlimmsten betroffenen Provinzen Sindh und Punjab werden fast 100 % der pakistanischen Baumwolle angebaut). Den Einschätzungen in der Schadens- und Bedarfsbewertung zufolge war die Industrie kaum direkt betroffen. Gleichwohl ging man davon aus, dass sie durch die Verluste bei der Baumwolle, beim Zuckerrohr und bei anderen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen in erheblichem Maße indirekt betroffen sein würde. Es war davon auszugehen, dass die Textilbranche, auf die rund ein Drittel der Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe entfiel, aufgrund des Verlustes von 2 Mio. Baumwollballen von einem akuten Mangel an diesem Vorleistungsgut betroffen sein würde.
In Bezug auf die Gesamtwirtschaft von Pakistan hieß es in der Schadens- und Bedarfsbewertung, dass sich die Überflutungen des Jahres 2010 im erheblichen Maße nachteilig auf die Geschwindigkeit des realen BIP-Wachstums, die Inflation, die Größe des Haushaltsdefizits und die Zahlungsbilanz auswirken dürfte. Bereits vor den Überflutungen hatte es wachsende Besorgnis wegen der Konjunktur in Pakistan gegeben, denn die Wirtschaft des Landes hatte sich immer noch nicht von den externen und internen Störungen in den Jahren 2007 und 2008 erholt (siehe Tabelle 8).
Tabelle 8: Wachstumsraten der Wirtschaft in Pakistan (Angaben in Prozent, Juli-Juni)
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Anteil am BIP
|
2009-2010
|
2010-2011
|
2011-2012
|
2012-2013
|
2013-2014
|
BIP
|
|
2,6
|
3,6
|
3,8
|
3,7
|
4,0
|
Landwirtschaft
|
21,2
|
0,2
|
2,0
|
3,6
|
2,7
|
2,7
|
Baumwollentkörnungsbranche
|
0,6
|
7,3
|
- 8,5
|
13,8
|
- 2,9
|
- 1,3
|
Industrie
|
20,4
|
3,4
|
4,5
|
2,6
|
4,5
|
3,6
|
Verarbeitendes Gewerbe
|
13,4
|
1,4
|
2,5
|
2,1
|
4,6
|
4,5
|
Dienstleistungen
|
58,4
|
3,2
|
3,9
|
4,4
|
5,1
|
4,4
|
Quelle: Statistisches Amt von Pakistan (Pakistan Bureau of Statistics), Konjunkturumfrage 2014-2015 (Pakistan Economic Survey 2014-15)
|
Die EU reagierte im Wesentlichen mit humanitärer Hilfe auf die Überflutungen. Mit den zugesagten Mitteln in Höhe von mehr als 423 Mio. EUR (150 Mio. EUR zulasten des Haushalts der EU und 273 Mio. EUR zulasten der Haushalte von Mitgliedstaaten der EU) leistete die EU den größten Beitrag zur humanitären Hilfe in dieser Krise. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats vom 16. September 2010 und im Nachgang zu der bereitgestellten humanitären Hilfe in beträchtlicher Höhe regte die EU außerdem ein Bündel an Maßnahmen für die baldige Erholung an. Die Regierung von Pakistan teilte der internationalen Gemeinschaft, auch der EU, jedoch mit, dass sie beschlossen hatte, selbst die volle Verantwortung für die Rehabilitation und den Wiederaufbau nach den Überflutungen zu übernehmen. Zusätzlich zur humanitären Hilfe der EU stellte die Europäische Kommission einen Betrag in Höhe von 225 Mio. EUR für die Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des Mehrjahresrichtprogramms für Pakistan im Zeitraum von 2011 bis 2013 bereit. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der Entwicklung des ländlichen Raums und auf dem Bildungswesen. Wo immer dies möglich und gerechtfertigt war, wurden im Rahmen dieser Programme in Absprache mit der Regierung von Pakistan die Folgen der Überflutungen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund sollte mit den AHP die wirtschaftliche Erholung in Pakistan mittel- bis langfristig gefördert werden, indem zusätzliche Ausfuhren aus Pakistan in die EU generiert werden. Als ein möglicher Anhaltspunkt dafür, welche Kosten dem EU-Haushalt durch diese zusätzlichen Ausfuhren entstanden sind, könnten die Zolleinbußen in Höhe von 84,6 Mio. EUR betrachtet werden.
Tabelle 9 enthält Angaben zu bestimmten Indikatoren für die wirtschaftliche und menschliche Entwicklung in Pakistan im Vergleich zu Südasien und zu Ländern im unteren Bereich des mittleren Einkommensniveaus. Hieraus geht hervor, dass in Pakistan zwar die meisten Indikatoren in die richtige Richtung weisen, das Land jedoch hinter den Nachbarländern in Südasien und anderen Ländern im unteren Bereich des mittleren Einkommensniveaus (LMIC) zurückgeblieben ist. Dies belegt auch der Index der menschlichen Entwicklung (HDI) in Pakistan, der im Jahr 2013 einen Wert von 0,537 aufwies, sodass das Land in der Gruppe der Länder mit einer niedrigen menschlichen Entwicklung rangiert und unter dem Durchschnitt der Länder in Südasien von 0,588 liegt. Insgesamt betrachtet stand Pakistan in dem 183 Länder umfassenden Index der menschlichen Entwicklung an 146. Stelle.
Tabelle 9: Entwicklungsindikatoren für Pakistan, die südasiatischen Länder und die Länder im unteren Bereich des mittleren Einkommensniveaus (LMIC)
|
|
Pakistan
|
Südasien
|
LMIC
|
|
2010
|
2013
|
2010
|
2013
|
2010
|
2013
|
BIP-Wachstum (jährlich, in %)
|
1,6
|
4,4
|
9,1
|
6,6
|
7,6
|
5,8
|
Pro-Kopf-BIP (zu konstanten Preisen seit 2005, in USD)
|
748
|
790
|
940
|
1,077
|
1,139
|
1,273
|
Wachstum des Pro-Kopf-BIP (jährlich, in %)
|
- 0,2
|
2,7
|
7,7
|
5,2
|
6,0
|
4,3
|
Pro-Kopf-BNE, KKP (zu konstanten Preisen seit 2011, in internationalen USD)
|
4 380,2
|
4 679,9
|
4 259,1
|
4 866,0
|
5 239,6
|
5 859,0
|
Handel (in % des BIP)
|
32,9
|
33,1
|
46,3
|
50,7
|
56,9
|
58,4
|
Nettozuströme ausländischer Direktinvestitionen (in % des BIP)
|
1,1
|
0,6
|
1,5
|
1,4
|
2,2
|
2,1
|
Bevölkerungswachstum (jährlich, in %)
|
1,8
|
1,7
|
1,3
|
1,3
|
1,5
|
1,5
|
Lebenserwartung bei der Geburt, insgesamt (in Jahren)
|
66,1
|
66,6
|
66,1
|
66,9
|
65,7
|
66,4
|
Alphabetisierungsrate, Erwachsene insgesamt (in % der Personen ab einem Alter von 15 Jahren)
|
55,4
|
|
61,4
|
|
70,6
|
|
Armutsquote (Anteil der Bevölkerung mit 1,25 USD pro Tag (KKP) in %)
|
12,7
|
|
29,0
|
|
25,2
|
|
Armutsquote (Anteil der Bevölkerung mit 2 USD pro Tag (KKP) in %)
|
50,7
|
|
64,7
|
|
54,5
|
|
Grundschulabschlussquote, insgesamt (in % der betreffenden Altersgruppe)
|
66,9
|
73,1
|
90,5
|
|
91,2
|
|
Grundschulbesuchsquote (in % , brutto)
|
94,8
|
92,1
|
110,4
|
|
105,7
|
|
Quelle Weltbank, Weltentwicklungsindikatoren
|
In dem von der Internationalen Arbeitsorganisation erarbeiteten, jüngsten Länderprofil für Pakistan, in dem es um menschenwürdige Arbeit geht, wird insbesondere im Hinblick auf die Beschäftigung ein umfassender Überblick über die Situation und die Entwicklung in Pakistan gegeben, die (soweit Daten verfügbar waren) anhand der zehn untersuchen Indikatoren für menschenwürdige Arbeit gemessen wurden. In Bezug auf die meisten Indikatoren, für die eine Bewertung abgegeben werden konnte, war festzustellen, dass Pakistan im Zeitraum von 2001 bis 2013 Fortschritte erzielt hat, und zwar sowohl was die Situation von Männern als auch was die Situation von Frauen betrifft. Jedoch bestehen nach wie vor teilweise beträchtliche geschlechtsbedingte Ungleichheiten, die Frauen benachteiligen. Tabelle 15 veranschaulicht die Entwicklung der Zahl der Beschäftigten und die Beschäftigungsquote (Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter) in Pakistan und seinen Provinzen; hieraus geht hervor, dass die Beschäftigungsquoten leicht rückläufig sind. Tabelle 16 im Anhang gibt Aufschluss über das monatliche Realeinkommen in Pakistan und seinen Provinzen.
Zwar geben diese Angaben im gewissen Umfang Aufschluss über die Entwicklung der Beschäftigungssituation und der sozialen Bedingungen in Pakistan, spezifischere Daten, z. B. über die Beschäftigung und die Löhne in der Textilbranche, waren jedoch weder auf nationaler noch auf Provinzebene verfügbar. Gleichwohl spielt die Textilbranche eine wichtige Rolle in der Wirtschaft Pakistans. Nach Angaben des pakistanischen Finanzministeriums entfallen auf die Textilbranche rund 8 % des BIP, 46 % des verarbeitenden Gewerbes und 38 % der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe, und sie trägt 50 bis 60 % zu den gesamten Ausfuhrerlösen des Landes bei.
Obwohl die Wirtschaft Pakistans nach wie vor mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist, unter anderem aufgrund anhaltender, umfangreicher Stromengpässe und einer instabilen Sicherheitslage, hat sie sich als widerstandsfähig erwiesen, und es gab in jüngster Zeit sogar Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung (siehe Tabelle 8). Jedoch ist es schwierig, konkrete Schlussfolgerungen in Bezug auf die etwaigen Auswirkungen der AHP auf das Wachstum, die Arbeitsplätze und die Armutsbeseitigung in Pakistan zu ziehen. Neue, einschlägige Daten, die eine tiefer gegliederte Analyse ermöglichen würden, sind nicht verfügbar. Vor allem dürfte es schwierig sein, die etwaigen Auswirkungen der AHP von den anderen externen und internen Faktoren zu isolieren, die Auswirkungen auf das Wachstum, die Beschäftigung und die nachhaltige Entwicklung in Pakistan haben. Unter Berücksichtigung des auf die EU entfallenden Anteils der weltweiten Ausfuhren aus Pakistan, insbesondere der Ausfuhren an Textilien und Bekleidung, sowie der relativen Bedeutung der Textilbranche für die Wirtschaft Pakistans und auch für die Beschäftigungslage, könnte es dennoch sein, dass mit den AHP ein Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung geleistet worden ist. Dies wird offenbar im gewissen Umfang durch die Tatsache untermauert, dass die Einfuhren aus Pakistan in die EU insgesamt und in den wichtigsten Exportsektoren im Jahr 2012 rückläufig waren oder stagnierten, nachdem sie sich in den Jahren 2007 und 2008 von der Finanzkrise erholt hatten, und im Jahr 2013 wieder zunahmen (siehe Abbildung 4).
5. Fazit
Die Pakistan gewährten AHP waren Teil eines Bündels von Maßnahmen, mit dem die EU Pakistan dabei zu unterstützen suchte, sich kurz- mittel- und langfristig von den verheerenden Folgen der schlimmsten Überschwemmungen in der Geschichte des Landes zu erholen. Vor diesem noch nie dagewesenen Hintergrund wurde mit den AHP das Ziel verfolgt, die Ausfuhren aus Pakistan anzukurbeln, um so einen Beitrag zur künftigen Wirtschaftsentwicklung zu leisten; zu diesem Zweck wurde eine zeitlich begrenzte Senkung der Zölle auf wichtige Einfuhren aus Pakistan eingeräumt, die den Binnenmarkt der Union nur in begrenztem Umfang beeinträchtigen dürfte.
Es gibt Hinweise darauf, dass das mit den AHP verfolgte Ziel, die wirtschaftliche Erholung Pakistans zu unterstützen, erreicht wurde. Die verfügbaren Daten weisen ferner darauf hin, dass die Auswirkungen auf die EU-Produktion offenbar beschränkt waren. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass die Einfuhren von AHP-Erzeugnissen aus Pakistan dazu beigetragen haben, den Wettbewerb im EU-Markt zu verschärfen, insbesondere in bestimmten Sektoren, in denen Pakistan ohnehin zu den Hauptlieferanten für den EU-Markt zählte. Jedoch hat die deutlichere Zunahme der Einfuhren von AHP-Erzeugnissen aus begünstigten Ländern, die im Rahmen des APS die vollständige Zollbefreiung in Anspruch nahmen, wahrscheinlich noch stärker dazu beigetragen, den Einfuhrwettbewerb zu verschärfen. Gleichwohl ist es nicht möglich, konkrete Schlussfolgerungen in Bezug auf die Frage zu ziehen, wie sich die AHP etwaig auf die Wirtschaft oder die Arbeitsplätze in der EU oder auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Armutsbeseitigung und die nachhaltige Entwicklung in Pakistan ausgewirkt haben. Dies ist im Wesentlichen auf die Schwierigkeit zurückzuführen, die etwaigen Auswirkungen der AHP von anderen wichtigen Faktoren wie etwa der allgemeinen Wirtschaftslage in der EU und in Pakistan, Konjunkturzyklen, Wechselkursen, Maßnahmen und Programmen der Politik für die Industrie und die Beschäftigung usw. zu isolieren. Das Fehlen spezifischer, relevanter Daten, insbesondere über die Beschäftigung und die Löhne in Pakistan, war ein weiterer, begrenzender Faktor.