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Document 52014DC0130

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bestandsaufnahme der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum

/* COM/2014/0130 final */

52014DC0130

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bestandsaufnahme der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum /* COM/2014/0130 final */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Bestandsaufnahme der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum

Einführung[1]

Anfang 2010 schlug die Kommission die EU-Strategie „Europa 2020“ für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum[2] vor. Ziel der Strategie war es, die Wettbewerbsfähigkeit der EU unter Wahrung ihres Modells der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und die Ressourceneffizienz der EU-Wirtschaft deutlich zu verbessern. Die EU nahm mit der Strategie „Europa 2020“ und der Förderung eines Wachstumsmodells, das sich nicht auf eine Steigerung des BIP beschränkt, eine Vorreiterrolle ein. Heute befürworten viele Einrichtungen ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum als entscheidenden Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung. 

Die Strategie „Europa 2020“ wurde zu einem Zeitpunkt entwickelt, als Europa mit seinem Wachstum und seiner Produktivität hinter anderen Industrieländern zurückblieb und das wirtschaftliche und soziale Umfeld sich im Gefolge der schlimmsten globalen Finanzkrise in der Geschichte der EU rasant verschlechterte. Sie baut auf den Lehren der bis 2010 laufenden Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung auf, die 2000 in die Wege geleitet und 2005 überarbeitet wurde. Im Grundlagendokument wurde deutlich darauf hingewiesen, dass es „auf kurze Sicht ... die wichtigste Aufgabe [sei], die Krise erfolgreich zu überwinden“, die EU jedoch ihre „strukturellen Schwächen in den Griff bekommen [und] über die kurzfristigen Aufgaben hinausdenken“ müsse. Weiter hieß es dort: „Wir brauchen eine Strategie, welche es uns ermöglicht, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen und die EU in eine intelligente, nachhaltige und integrative Wirtschaft zu verwandeln, die durch ein hohes Beschäftigungs- und Produktivitätsniveau sowie einen ausgeprägten sozialen Zusammenhalt gekennzeichnet ist“.[3]

Die Strategie war als Partnerschaft zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten konzipiert und legte den Schwerpunkt auf ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum mit einem eigenen System zur Umsetzung. Für die EU wurden fünf miteinander zusammenhängende Kernziele formuliert, die bis 2020 erreicht werden sollten und auf die Bereiche Beschäftigung, Forschung und Entwicklung (FuE), Klimawandel und Energie, Bildung sowie die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgerichtet waren. Die Ziele wurden nicht als erschöpfend betrachtet, sondern sollten Beispiele für die mit der Strategie verfolgten dynamischen Veränderungen liefern.

Um Fortschritte auf EU-Ebene zu beschleunigen, hat die Kommission sieben Leitinitiativen[4] entwickelt und diese an spezifische Arbeitsprogramme in Bereichen, die als wichtige Wachstumshebel betrachtet wurden, gekoppelt. Die Strategie dient der EU darüber hinaus als Handlungsrahmen in den Bereichen Binnenmarkt, EU-Haushalt 2014-2020 und externe EU-Politik.

Bei der Überarbeitung der Strategie Europa 2020 können die Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre und die Maßnahmen, die die EU in Reaktion darauf ergriffen hat, nicht ignoriert werden (siehe Kasten 1). Als die Finanzkrise sich stärker ausweitete und neue Formen annahm, wurde es für die EU immer wichtiger, den Teufelskreis zwischen steigender öffentlicher Verschuldung, sich verbreitender Instabilität auf den Finanzmärkten und niedrigen oder sogar negativen Wachstumsraten zu durchbrechen. Dies erforderte insbesondere im Euroraum sowohl kurzfristige als auch systemische Maßnahmen wie die Schaffung einer Darlehenskapazität für Länder in finanzieller Notlage und strengere Vorschriften für die wirtschaftspolitische Steuerung und eine strengere Beaufsichtigung und Regulierung des Finanzsektors.

Kasten 1. EU-Maßnahmen zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008-2013 Im November 2008 ergriff die Kommission mit dem Europäischen Konjunkturprogramm eine Initiative, um Investitionen in Infrastruktur und andere zentrale Sektoren zu stimulieren, und schlug den Mitgliedstaaten eine Koordinierung der nationalen Konjunkturpakete vor. Das Gesamtpaket belief sich auf rund 200 Mrd. EUR bzw. 1,5 % des EU-BIP. Auch die Vorschriften für staatliche Beihilfen und für die Verwendung von EU-Mitteln wurden angepasst, um die Bereitstellung öffentlicher Mittel zu vereinfachen. Da die Erholung nur von kurzer Dauer war und die Risiken einer echten Staatsanleihen-, Finanz- und Wirtschaftskrise zunahmen, wurden mehrere Entscheidungen getroffen, darunter - die Einrichtung eines Krisenbewältigungsmechanismus zur Minderung der Ansteckungsrisiken und der Gefahr finanzieller Instabilität in den Mitgliedstaaten. Im Mai 2010 wurden mit dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) zwei befristete Mechanismen der Krisenbewältigung geschaffen. Im Jahr 2012 beschlossen die Mitgliedstaaten des Euroraums, eine dauerhafte Lösung zu schaffen, und errichteten im Oktober 2013 mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) eine finanzielle „Brandmauer“ von 500 Mrd. EUR. Darlehen wurden Ländern in finanzieller Notlage gewährt; - eine ehrgeizige und umfassende Reform des Finanzsystems der EU. Die EU verschärfte die Aufsicht über die Finanzmärkte durch Schaffung eines Europäischen Finanzaufsichtssystem (ESFS), das sich aus drei sektorspezifischen Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) und dem für die Aufsicht auf der Makroebene zuständigen Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) zusammensetzt. Wichtige Schritte wurden auch in Richtung einer „Bankenunion“ mit einem einheitlichen zentralisierten Mechanismus für die Bankenaufsicht getan, der im November 2014 im Kraft tritt. Auch in der Frage der Umstrukturierung und Abwicklung ausfallender Banken kam man sich deutlich näher; - die deutliche Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU durch vollständige Integration der wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Überwachung im Rahmen des Europäischen Semesters für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik. Im Jahr 2011 wurde mit einem weiteren Gesetzespaket[5] ein neues Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht eingeführt, mit dem wirtschaftliche Ungleichgewichte vermieden und gegebenenfalls korrigiert werden sollten. Auch der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde gestärkt. Im Mai 2013 trat ein ergänzendes Paket von Verordnungen[6] in Kraft, das u. a. eine Prüfung der Haushaltsentwürfe der Mitgliedstaaten des Euroraums durch die Kommission vorsieht. Im Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) haben sich die unterzeichnenden Mitgliedstaaten des Euroraums (und einige Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums) dazu verpflichtet, die wichtigsten Grundsätze des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) in ihre nationale Rechtsordnung zu übernehmen. Im Dezember 2013 wurde ein neues Scoreboard mit Indikatoren zu Beschäftigung und sozialen Entwicklungen vom Rat genehmigt und in den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht integriert.

Eine Krise in der Größenordnung der letzten Jahre erforderte eine unmittelbare und starke politische Reaktion, um die längerfristigen Ziele der Strategie Europa 2020 zu ergänzen. Von den Jahreswachstumsberichten und den darin festgelegten Prioritäten für das Folgejahr bis hin zur Vorlage gezielter legislativer Vorschläge und der Abgabe länderspezifischer Vorgaben hat die Kommission einen Mix von Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors entwickelt und diesen mit Strategien zur Wiederbelebung der Konjunktur, mit Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung und mit Strukturreformen kombiniert, die genau auf die Besonderheiten der einzelnen Länder abgestimmt sind und die Wechselbeziehungen zwischen den Volkswirtschaften der EU widerspiegeln.

Um die Umsetzung der Strategie Europa 2020 auf nationaler Ebene zu überwachen und voranzubringen, wurden die Mitgliedstaaten ersucht, eigene Ziele festzulegen und in den nationalen Reformprogrammen detaillierte Einzelmaßnahmen zu beschreiben. Diese Programme werden im Rahmen des Europäischen Semesters für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik jährlich auf EU-Ebene geprüft. Konzipiert als Instrument zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU lief das erste Europäische Semester Anfang 2011 an und hat sich rasch als neuer jährlicher Planungszyklus der wirtschaftlichen Steuerung und Überwachung auf EU-Ebene etabliert (siehe unten und Anhang 1). Wie es dem partnerschaftlichen Ansatz entspricht, findet ein regelmäßiger Dialog mit dem Europäischen Parlament und dem Rat in seinen verschiedenen Zusammensetzungen statt.

Nach vier Jahren soll mit dieser Mitteilung nun Bilanz über die Strategie Europa 2020 gezogen werden.[7] Es wird erwartet, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung im März 2014 erste Gespräche führen wird. Die Kommission wird im Anschluss daran eine öffentliche Anhörung einleiten, um die Standpunkte aller Interessenträger einzuholen und in die Weiterentwicklung der Strategie für den Zeitraum 2015-2020 fließen zu lassen.

1.           Wo steht Europa vier Jahre später?

Im Jahr 2009 hat die europäische Wirtschaft mit einer Schrumpfung des BIP um 4,5 % ihren bis dahin wohl stärksten Rückschlag erlitten. Nach einer kurzlebigen Verlangsamung des wirtschaftlichen Abschwungs im Jahr 2010 setzte sich die negative Entwicklung in den Jahren 2011 und 2012 fort. Seit 2013 ist eine allmähliche Erholung zu beobachten, die vorerst anhalten dürfte, so dass in der EU wieder ein Wachstum des realen BIP von 1,5 % im Jahr 2014 und 2,0 %  im Jahr 2015 erwartet wird[8]. Dieser EU-Durchschnitt drückt ein Gesamtergebnis aus, das sich aus abweichenden Wachstumsverläufen und sehr unterschiedlichen Krisenerfahrungen in den Mitgliedstaaten zusammensetzt; einige Länder wurden besonders hart getroffen, andere haben diese Zeit besser überstanden.

Als die Strategie Europa 2020 im Jahr 2010 anlief, waren Ausmaß und Dauer der Krise noch nicht abzusehen. Deshalb wurden für das folgende Jahrzehnt verschiedene Szenarien betrachtet, angefangen von der  Rückkehr eines „starken“ Wachstums über die Annahme einer eher „schleppenden“ Erholung oder der Gefahr eines „verlorenen Jahrzehnts“. Viel hing von der Fähigkeit der EU ab, die Rezession des Jahres 2009 rasch und entschieden hinter sich zu lassen.[9]

Abbildung 1. Reales BIP der EU und des Euroraums im Zeitraum 2000-2020 (Index 2010 = 100)

Nach vier Jahren zeigt sich, dass der wahrscheinliche Wachstumspfad der EU in den Jahren 2010-2020 eher dem zweiten Szenario entsprechen wird (d. h. rund 1,3 % pro Jahr). Wie Abbildung 1 zu entnehmen ist, wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaftsleistung in der EU im Jahr 2014 das gleiche Niveau erreicht wie im Jahr 2008; die Verluste aus dem Abschwung werden nun durch die beginnende wirtschaftliche Erholung ausgeglichen. Die Auswirkungen der Krise zeigen sich jedoch nicht nur unmittelbar, sondern auch längerfristig: Europa hat bereits einen Wohlstandsverlust erlitten, und es hat Potenzial für künftiges Wachstum eingebüßt, da Stellen, Unternehmen und „Know-how“ für die Wirtschaft verloren gegangen sind.

Den aktuellen Prognosen[10] zufolge könnte das jährliche BIP-Wachstum in der EU während des Zeitraums 2014-2020 in der Größenordnung von 1,6 % liegen, verglichen mit 2,3 % im Zeitraum 2001-2007 (vor der Krise). Ausgedrückt als Pro-Kopf-BIP würde sich das durchschnittliche jährliche Wachstum in der EU im Zeitraum 2014-2020 somit im Bereich von 0,9 % bewegen, gegenüber 1,8 % im Zeitraum 2001-2007.

Ein erster und entscheidender Schritt für eine EU-Strategie zur Förderung des Wachstums nach der Krise besteht darin, ein genaues Verständnis der Gesamteffekte der Krise zu erlangen und sich auf eine gemeinsame Diagnose der aktuellen Situation Europas zu verständigen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Rückkehr zum Wachstumsmodell des vergangenen Jahrzehnts nicht nur illusorisch, sondern auch schädlich wäre:  Ungleichgewichte in den öffentlichen Finanzen, Immobilienblasen, zunehmende soziale Ungleichheit, Mängel hinsichtlich Unternehmertum und Innovation, dysfunktionale Finanzsysteme, wachsende Energieabhängigkeit, vielfältige Ressourcen- und Umweltbelastungen, Schwächen in der allgemeinen und beruflichen Bildung, leistungsschwache öffentliche Verwaltungen – all diese Probleme konnten in der Vergangenheit beobachtet werden, wurden jedoch nicht behoben und haben deshalb, als die volle Krise zuschlug, zum Zusammenbruch von Teilen unserer Volkswirtschaften beigetragen.

Über die BIP-Headline-Daten hinaus muss der Blick aber auch auf die zugrunde liegenden Trends und strukturellen Veränderungen gerichtet werden, die für die Wachstumsfähigkeit Europas eine wichtige Rolle spielen und mitunter etwas aus dem Blick geraten sind. Daraus ergibt sich auch die kritische Bedeutung des Verständnisses und der Förderung von Faktoren, die Fortschritte zur Verwirklichung der Ziele von Europa 2020 bewirken können.

1.1.        Die Auswirkungen der Krise

Die Tragfähigkeit der öffentlichen und privaten Finanzen ist gefährdet

Die Staatsdefizite beliefen sich in der EU auf durchschnittlich 6,5 % des BIP 2010, sollen bis 2015 jedoch auf 2,7 % zurückgehen.[11] Ermöglicht wird dies durch die massiven Anstrengungen  mehrerer Mitgliedstaaten, die diese insbesondere in den Jahren 2011 und 2012 unternommen haben, um ihre öffentlichen Finanzen wieder tragfähig zu machen[12]. Aufgrund der Kumulierung von Defiziten und des nachlassenden Wachstums hat die Staatsverschuldung jedoch deutlich zugenommen. Diese ist vom Vorkrisenstand von durchschnittlich 60 % auf 80 % im Jahr 2010 gestiegen und dürfte im Jahr 2015 89,5 % erreichen.[13] Da das Wachstum inzwischen wieder Fahrt aufnimmt und die Defizite zurückgehen, dürfte auch die Bruttoverschuldung der öffentlichen Haushalte ab 2015 sinken. Die Verbesserung der Qualität der öffentlichen Ausgaben, ein stärkeres Augenmerk auf der Effizienz der öffentlichen Verwaltungen und der Steuersysteme - einschließlich einer weiteren Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu einer Besteuerung von Verbrauch, Eigentum und Verschmutzung - werden eine zunehmend wichtige Rolle für die Sicherung und weitere Gestaltung des künftigen Wachstums- und Sozialmodells Europas spielen

Auch die private Verschuldung (Haushalte und Unternehmen) war in einigen Ländern bereits vor der Krise sehr hoch und ist in der Folge noch weiter angestiegen. Viele private Akteure haben erkannt, dass sie sich nun vorrangig um Entschuldung kümmern müssen, was jedoch die unangenehme Nebenwirkung hat, dass sich das Wachstum – vor allem vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur und der niedrigen Inflation – für einige Zeit verlangsamen könnte.

Trotz einer gewissen Stabilisierung des Finanzsektors bleibt der Zugang zu Finanzierung in einigen Teilen der EU problematisch.

Die Lage auf den Finanzmärkten hat sich in den letzten Monaten insgesamt gut entwickelt, was sich aber noch nicht in der Realwirtschaft niedergeschlagen hat; zudem bestehen weiterhin Schwachstellen im Finanzsektor. Nachdem die Kreditbedingungen seit 2008 in 24 aufeinanderfolgenden Quartalen immer restriktiver wurden, zeigen sich bei der Vergabe von Bankdarlehen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im ersten Quartal 2014 nun einige erste Anzeichen einer Lockerung.[14] Der Zugang zu einer Finanzierung bleibt jedoch in großen Teilen der EU problematisch und schwankt von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, was auf eine problematische Fragmentierung des Marktes hinweist.

Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Armut

Die Arbeitslosigkeit ist in Europa infolge der Krise stark gestiegen und erreichte nach 7,1 % im Jahr 2008 einen Höchstwert von 10,9 % im Jahr 2013. Da wirtschaftliche Erholung sich nicht unmittelbar in einem Nettobeschäftigungswachstum niederschlägt, wird davon ausgegangen, dass die Arbeitslosenquote in absehbarer Zukunft nur langsam wieder sinkt (10,4 % im Jahr 2015[15]).

Leider hat sich die Situation im Laufe der Zeit insgesamt verfestigt. Die Langzeitarbeitslosigkeit – d. h. die Anzahl derer, die länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sind, – stieg zwischen 2008 und 2012 um 2,1 Prozentpunkte von 2,6 % auf 4,7 %. Dies verdeutlicht den Anstieg der strukturellen Arbeitslosigkeit und hat insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Armut und soziale Ausgrenzung (siehe unten) weitreichende Folgen für das Reservoir an Arbeitskräften und das Wachstumspotenzial der Wirtschaft, aber auch auf das politische und soziale Gefüge der EU.

Zwischen den einzelnen Ländern und Regionen bestehen diesbezüglich deutliche Unterschiede: im Jahr 2013 reichte die Arbeitslosenquote von 5,0 % in Österreich bis zu 27,6 % in Griechenland. Betroffen sind alle Altersgruppen, besonders schwierig ist die Situation jedoch für Personen über 55 und für junge Menschen; die Jugendarbeitslosigkeit – der prozentuale Anteil der Arbeitslosen in der Altersgruppe von 15 bis 24 – lag in der EU im Jahr 2013 im Durchschnitt bei 23,3 % und stieg in Griechenland sogar auf 59,2 % und in Spanien auf 55,7 %. Der wachsende Anteil junger Schulabgänger ohne Arbeits- oder Lehrstelle - 13,2 % im Jahr 2012 - ist ein weiterer Grund zur Besorgnis.

Unterschiede in der EU

Signifikante Unterschiede gab es in der EU bereits vor der Krise; diese hat aufgrund ihres Ausmaßes jedoch einige im Laufe der Jahre akkumulierten Ungleichgewichte zu Tage gebracht und zu einer wachsenden Kluft zwischen den Mitgliedstaaten und oft auch innerhalb ein und desselben Lands geführt.  Zwar ist es in Zeiten extrem widriger Umstände besonders schwierig, zwischen konjunkturellen und strukturellen Trends zu unterscheiden, aber mittlerweile wird doch die Gefahr deutlich, dass wir mit einigen Auswirkungen der Krise auf längere Sicht zu tun haben werden. Dies gilt beispielsweise für die stärkeren Unterschiede, die innerhalb der EU in Bezug auf wirtschaftliche Lage und Leistungsfähigkeit bestehen. Diese zeigen sich auch bei der Prüfung der Fortschritte in Richtung der Ziele von Europa 2020.

1.2.        Langfristige Trends mit Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum

Hinter der Strategie „Europa 2020“ stand der Wille, die langfristigen Herausforderungen der EU anzugehen. Einige dieser Herausforderungen sind während der Krise besonders deutlich geworden, andere dagegen wurden aufgrund der vielen anderen drängenden Probleme auf der politischen Tagesordnung mitunter vernachlässigt. Die meisten der im Jahr 2010 festgestellten Probleme stellen sich auch heute noch, einige haben sich sogar verschlimmert.

Gesellschaftliche Veränderungen

Die Europäische Gesellschaft durchläuft aufgrund innerer und äußerer Einflüsse einen  Wandel, den jeder spürt: neue Formen des Lebens in der Stadt und auf dem Land, neue Konsum- und Mobilitätsmuster, neue, weniger traditionelle Formen des Familienlebens, wachsende Präsenz der Technik im täglichen Leben usw. Zwei Trends werden die Strategie Europa 2020 in besonderem Maße prägen.

Erstens die Alterung der europäischen Bevölkerung: diese schafft einen neuen Kontext, der Herausforderungen birgt und gleichzeitig Chancen bietet. Die Bevölkerungsalterung ist ein allmählicher, aber deutlich wahrnehmbarer Prozess: Der Altersmedian – d. h. der Mittelwert für die Altersverteilung  – stieg in Europa von 35,7 Jahren im Jahr 1992 auf 41,5 im Jahr 2012 und könnte bis zum Jahr 2050 bei 52,3 liegen. Die Anzahl der Personen im Alter von 65 Jahren und darüber wird sich in der EU von 1990 bis 2050 voraussichtlich verdoppeln.

Die Bevölkerungsalterung hat weitreichende Auswirkungen auf die europäische Gesellschaft und Wirtschaft. Die demografische Entwicklung verlangt jetzt und in Zukunft eine positive Nettomigration. Der Wanderungssaldo liegt seit 1992 über dem natürlichen Bevölkerungswachstum (Differenz zwischen Geburten und Todesfällen) und macht in Europa mittlerweile zwei Drittel des Bevölkerungswachstums aus. Der demografische Belastungsquotient (Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und nicht Erwerbstätigen) wird von 1,32 % im Jahr 2010 voraussichtlich auf 1,47 % im Jahr 2030 steigen; der Altenquotient stellt beispiellose Herausforderungen an die Sozialsysteme, die sozial angemessen und finanziell nachhaltig sein müssen. Der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sinkt, und die Arbeitnehmer werden zunehmend älter. Dies wird sich auf das Wachstumspotenzial Europas negativ auswirken, es sei denn, die EU kann dafür sorgen, dass mehr Menschen arbeiten, dass sie produktiver und analog zum Anstieg der Lebenserwartung und der Anzahl der bei guter Gesundheit verbrachten Lebensjahre auch länger arbeiten.

Zweitens hat die Krise das schon seit langem bestehende Problem der Effizienz und Fairness des durch Wachstum geschaffenen und verteilten Wohlstands in den Vordergrund gerückt. Auch wenn BIP und Wohlstand insgesamt weiter wachsen, nehmen in Europa – wie in anderen entwickelten Ländern – seit Mitte der 1980er Jahre die Ungleichheiten zu. In der EU bestehen inzwischen große Ungleichheiten in der Einkommensverteilung: Die oberen 20 Prozent erzielten im Jahr 2012 ein Einkommen, das im Durchschnitt um den Faktor 5,1 über dem Einkommen der unteren 20 % lag. Dieser Faktor schwankte in der EU erheblich – von 3,5 in Slowenien und der Tschechischen Republik bis zu mehr als 6,0 in Griechenland, Rumänien, Lettland und Bulgarien und einem Höchstwert von 7,2 in Spanien. Die Krise dürfte zu einer weiteren Vertiefung der Ungleichheiten geführt und die Wirkung der Umverteilungssysteme weiter beschränkt haben. Die Frage der Verteilungsgerechtigkeit macht es nicht einfacher, die Herausforderungen, denen die europäischen Volkswirtschaften sich stellen müssen, zu meistern.

Globalisierung und Handel

Die EU ist der weltweit größte Exporteur und wichtigste Akteur des Warenhandels. Sie ist außerdem der weltweit größte Handelspartner für Dienstleistungen und hat diesbezüglich immer noch großes Wachstumspotenzial. Schätzungen zufolge werden in den nächsten 10 bis 15 Jahren 90 % des weltweiten Wachstums außerhalb der EU generiert. Deshalb liegt es in ihrem ureigensten Interesse, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen ihre starke Wettbewerbsfähigkeit erhalten, neue Märkte erschließen und aus diesen Wachstumsquellen Nutzen ziehen können.

Bei der Globalisierung geht es nicht nur um die Erleichterung von Handel und Austausch, sondern um die Teilnahme an globalen Wertschöpfungsketten und die Lieferung von Produkten, Dienstleistungen und Technologien, die kein einzelnes Land allein produzieren könnte. Gleichzeitig geht es darum, beginnend mit den EU-Nachbarstaaten geeignete Voraussetzungen für eine länderübergreifende ausgewogene Partnerschaft und Entwicklung zu schaffen.

Die Fähigkeit, sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen, muss ihren Ursprung im eigenen Heimatmarkt nehmen. Die EU profitiert erheblich von ihrer Integration in die Weltwirtschaft, wobei sie sich auf die solide Grundlage ihres Binnenmarkts stützen kann: Zwei Drittel des EU-Warenhandels erfolgen derzeit innerhalb der Grenzen der Europäischen Union. Der weltweite Erfolg europäischer Unternehmen im internationalen Handel spiegelt somit nicht nur nationale Stärken wider, sondern ist über die grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten auch Resultat der Einbindung von Lieferanten aus anderen EU-Ländern, die einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit leisten. Darüber hinaus gibt es Belege, dass international tätige KMU schneller wachsen und innovativer sind als solche, die sich auf lokale Märkte beschränken.

Die EU profitierte in der Krise auf direktem Wege vom Wachstumsmotor Handel und konnte ihre starke Position auf den Weltmärkten behaupten. 2015 dürfte die Wirtschaft der EU trotz der starken Abhängigkeit von Energieeinfuhren einen (um den innergemeinschaftlichen Handel bereinigten) Leistungsbilanzüberschuss von rund 1,5 % des BIP erzielen, während 2010 noch ein Defizit von 0,5 % des BIP verbucht wurde. Diese Entwicklung spiegelt auch die Tatsache wider, dass heute viele Mitgliedstaaten wieder wettbewerbsfähiger geworden sind und mehr exportieren.

Produktivitätsentwicklung und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)

Europa hinkte wachstumsmäßig in den letzten dreißig Jahren hinter anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften her, was großenteils auf das schwache Produktivitätswachstum zurückzuführen war. 1980 lag die Wirtschaftsleistung des Euroraums bei 90 % des US-amerikanischen Pro-Kopf-BIP, mittlerweile ist dieser Wert auf rund 70 %, in einigen Volkswirtschaften des Euroraums sogar auf unter 60 % gesunken[16]. Es wird häufig angeführt, dass gut kalibrierte und zeitlich auf den Bedarf der einzelnen Volkswirtschaften abgestimmte Reformen auf den Produkt-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkten erhebliche Produktivitätsgewinne bewirken könnten. Vorteile würden sich aufgrund des höheren Reformbedarfs sowie positiver Spillover-Effekte aus dem Kernbereich des Euroraums stärker in den Ländern der Peripherie einstellen. Maßgeblich für eine Steigerung der Produktivität sind ferner eine Verbesserung des Humankapitals, der Leistungsfähigkeit von Forschung und allgemeiner und beruflicher Bildung und der Innovationsfähigkeit. Europas Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird immer älter und ihr Anteil schrumpft; umso dringlicher sind Produktivitätsgewinne, um Wachstum zu generieren.

Moderne elektronische Kommunikations- und Online-Dienste wie elektronische Behördendienste (E-Government) sind bereits für sich genommen bedeutende Wirtschaftszweige, darüber hinaus aber auch wichtige Wachstums- und Produktivitätshebel für die gesamte Wirtschaft. Die niedrigen Investitionen und der geringe Einsatz von IKT in Europa erklären zu einem großen Teil die Produktivitätslücke zwischen der EU und den USA. Auch die EU-Investitionen in moderne Kommunikationsinfrastruktur weisen im Vergleich zu den wichtigsten Konkurrenten einen Rückstand insbesondere bei der Infrastruktur für mobile Kommunikation auf. Die durchschnittliche Datengeschwindigkeit im europäischen Mobilfunk ist lediglich halb so hoch wie in den USA[17] , und auf Europa entfallen nur 6 % der 4G-Mobilfunkteilnehmer weltweit. In Korea verfügen 58 % der Haushalte über Glasfaseranschlüsse, in Europa dagegen nur 5 %. 54 % der europäischen Haushalte haben Zugang zu Netzen der nächsten Generation mit Kapazitäten von 30 Mbps. In der neuen, datengestützten Wirtschaft sind europäische Unternehmen in der Wertschöpfungskette so gut wie nicht vorhanden.

Belastung der Ressourcen und der Umwelt

Der weltweite Verbrauch fossiler Brennstoffe stieg im Verlauf des 20. Jahrhunderts um das Zwölffache, die Gewinnung materieller Ressourcen sogar um den Faktor 34. In der EU verbraucht eine Person derzeit 15 Tonnen an Werkstoffen pro Jahr; fünf Tonnen werden zu Abfällen, die Hälfte davon landet auf einer Deponie. Unternehmen müssen steigende Kosten für wichtige Roh- und Mineralstoffe und Energie aufbringen; deren Knappheit und die Preisschwankungen haben schädliche Wirkung auf die Wirtschaft. Die Quellen für Mineralien, Metalle und Energie, die Bestände an Fisch, Holz, Wasser, fruchtbaren Böden, sauberer Luft, Biomasse und Biodiversität stehen ausnahmslos unter Druck, selbst die Stabilität des Klimasystems ist bedroht. Während die Nachfrage nach Lebensmitteln, Futtermitteln und Fasern bis 2050 um 70 % ansteigen könnte, haben sich 60 % der weltweit wichtigsten Ökosysteme, die zur Gewinnung dieser Ressourcen beitragen, qualitativ bereits verschlechtert oder werden nicht nachhaltig genutzt.[18] Wasserqualität und Luftverschmutzung verursachen in vielen Teilen Europas immer noch Probleme. Durch die nicht nachhaltige Nutzung werden fruchtbare Böden verbraucht. Die Bodenverarmung setzt sich fort, und grüne Infrastruktur wird nur suboptimal genutzt. Gleichzeitig bedroht die nicht nachhaltige Nutzung der Meere das zerbrechliche Gleichgewicht dieser Ökosysteme und beeinträchtigt damit zusammenhängende Wirtschaftszweige wie Fischerei und Fremdenverkehr.

Die Preise für Ressourcen liegen in unserem Wirtschaftssystem mitunter unter den tatsächlichen Kosten und bieten damit nach wie vor Anreize für eine ineffiziente Ressourcennutzung. Der Weltwirtschaftsrat für Nachhaltige Entwicklung schätzt, dass bis 2050 eine Steigerung der Ressourceneffizienz um das Vier- bis Zehnfache erforderlich ist und bereits bis 2020 erhebliche Verbesserungen benötigt werden. Die Förderung einer effizienteren Nutzung von Ressourcen ist aus wirtschaftlicher Sicht äußerst sinnvoll und dürfte zu Verbesserungen von Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität beitragen. Sie kann auch Beschäftigung und Wirtschaftswachstum beleben: Während der Krise haben sich Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz im Wohnungsbau als besonders hilfreich erwiesen, um die lokale Nachfrage nach lokale Arbeitsplätzen zu stimulieren und im Laufe der Zeit finanzielle Einsparungen zu erzielen.

1.3.        Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele von Europa 2020

Vor diesem Hintergrund zeigt sich bei der Verwirklichung der Ziele von Europa 2020 zwangsläufig ein gemischtes Bild (siehe Anhang 2). Die Krise hat eindeutig Wirkung hinterlassen, was sich insbesondere an der Arbeitslosenquote und am Ausmaß der Armut ablesen lässt. Auch bei der Verwirklichung anderer Ziele ist die EU infolge der Krise langsamer vorangekommen. Eine Ausnahme bildet die hierdurch bewirkte Verringerung der Treibhausgas-Emissionen. Verschärft hat sich das zunehmende Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten in vielen Bereichen wie Beschäftigung oder Forschung und Entwicklung. Auch das unterschiedliche Ausmaß, mit dem diese Strategie in der EU in Politik umgesetzt wurde, hat sich auf die Fortschritte ausgewirkt.

Positivere strukturelle Trends waren trotz der Krise die Steigerung des Bildungsniveaus, die Entwicklung eines nachhaltigeren Energiemixes und die Senkung der Kohlenstoffintensität der Wirtschaft. Die in einigen Ländern relativ widerstandsfähige Beschäftigungsquote während der Krise kann, wenn man die zuvor erzielten Fortschritte mitberücksichtigt, als Zeichen für gegenüber früheren Zeiten leistungsfähigere Arbeitsmärkte gedeutet werden. 

Im nachstehenden Abschnitt werden die wichtigsten Entwicklungen in den fünf Zielbereichen zusammengefasst.

Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20-64-jährigen auf mindestens 75 %,

Die Beschäftigungsquote der EU lag 2012 bei 68,4 %. 2010 hatte sie bei 68,5 % gelegen. Ihren Spitzenwert hatte sie 2008 mit 70,3 % erreicht. Nach den jüngsten Entwicklungen dürfte sie 2020 bei rund 72 % liegen. Würden die nationalen Zielvorgaben erreicht, läge sie mit 74 % knapp unter dem Ziel für 2020.

Die Lage in den Mitgliedstaaten ergibt ein sehr heterogenes Bild. Schweden und Deutschland weisen hohe Beschäftigungsquoten auf und nähern sich ihren nationalen Zielvorgaben an. Am weitesten entfernt von ihren Zielen sind Spanien, Griechenland, Bulgarien und Ungarn. Mehrheitlich haben die in der Beschäftigungspolitik erfolgreichsten Länder seit 2000 merkliche Fortschritte erzielt. Demgegenüber hatten die meisten Mitgliedstaaten, die derzeit die niedrigsten Beschäftigungsquoten aufweisen, zwischen 2000 und 2012 unter starken Beschäftigungsrückgängen zu leiden. Bei der Beschäftigungslage sind auch regionale Unterschiede festzustellen, woran deutlich wird, dass Angebot und Nachfrage nicht immer übereinstimmen und die geografische Mobilität innerhalb der EU begrenzt ist.  Viele Mitgliedstaaten haben allerdings während der Krise mit Arbeitsmarktreformen begonnen, die die Arbeitsmärkte für die Zukunft widerstandsfähiger machen, auch wenn die Ergebnisse erst im Laufe der Zeit sichtbar werden.

Um das 75 %-Ziel zu erreichen, müssten 16 Millionen Frauen und Männer zusätzlich eine Stelle finden. Zwar wird dem Arbeitsmarkt ein großer Anteil an jungen und gut ausgebildeten Menschen zur Verfügung stehen, aber zur Erfüllung der Zielvorgabe müsste auch auf ein Arbeitskräftepotenzial zurückgegriffen werden, das zum Großteil aus Frauen, älteren Menschen und bislang inaktiven Erwachsenen, auch Migranten, besteht. Die beiden letztgenannten Personengruppen sind in der Regel weniger gut ausgebildet als der Durchschnitt der Erwerbsbevölkerung. Ihre Aktivierung könnte sich als schwieriger erweisen, und sie würden wahrscheinlich den Anteil der geringer Qualifizierten in der Erwerbsbevölkerung erhöhen, obwohl alle Anzeichen dafür sprechen, dass sich die Nachfrage nach Arbeitskräften künftig auf gut qualifizierte Arbeitskräfte konzentriert. Zur Verwirklichung der Beschäftigungsziele ist daher eine aktive Arbeitsmarktpolitik, kombiniert mit Strategien für lebenslanges Lernen und einer umfassenden Integrationspolitik, weiterhin unverzichtbar.

Anhebung der öffentlichen und privaten Investitionen in Forschung und Entwicklung auf 3 % des BIP

Angesichts des aktuellen Stands von 2,06 % des BIP (2012) und der geringen Fortschritte dürfte das für 2020 gesetzte 3 %-Ziel kaum erreicht werden. Den Prognosen zufolge dürften sich die FuE-Investitionen bis 2020 auf 2,2 % erhöhen. Würden die nationalen Zielvorgaben erreicht, könnte sich dieser Anteil auf 2,6 % belaufen.

Seit 2000 sind in den meisten Mitgliedstaaten die Forschungs- und Entwicklungsausgaben der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft gestiegen (mit wenigen Ausnahmen wie Kroatien, Luxemburg, das Vereinigte Königreich und Schweden). Estland verzeichnete zwischen 2000 und 2012 den raschesten Zuwachs; seine FuE-Aufwendungen liegen inzwischen über dem EU-Durchschnitt.

Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber 1990, Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energieendverbrauch auf 20 % sowie Steigerung der Energieeffizienz um 20 %.

Diese Ziele sind bis 2020 weitgehend erreichbar. Fortschritte sind bereits spürbar:

§ Die Treibhausgasemissionen konnten bereits bis 2012 um 18 % gesenkt werden. Die Klima- und die Energiepolitik verzeichnen Fortschritte, wobei die nachlassende Wirtschaftstätigkeit signifikant zur Senkung der Treibhausgasemissionen beigetragen hat. Trotz der augenblicklichen Konjunkturerholung können dank struktureller Verbesserungen bis 2020 weitere Fortschritte erwartet werden, die zu einem Emissionsrückgang um 24 % gegenüber 1990 führen könnten. Damit würde die Zielvorgabe sogar übertroffen.[19] Den nationalen Projektionen zufolge würden die nationalen Ziele in 13 Mitgliedstaaten mit der derzeitigen Politik bis 2020 nicht erreicht.

§ Der Anteil der erneuerbaren Energien, der 2000 noch bei 7,5 % lag[20], erreichte 2012 bereits 14,4 %[21]. Die Zielvorgabe für 2020 von 20 % ist in Reichweite und könnte sogar übertroffen werden (rund 21 %). Damit wäre die EU weltweit Vorreiterin bei Investitionen in erneuerbare Energien. Beispielsweise entfielen Ende 2012 44 % des weltweit produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) auf Kraftwerke in der EU.

§ Der primäre Energieverbrauch fiel zwischen dem Höchststand von 2006 und 2012 um rund 8 %. Eine weitere Senkung um 6,3 % wäre erforderlich, um das für 2020 gesetzte Ziel zu erreichen. Der Rückgang des Energieverbrauchs ist größtenteils eine Konsequenz der verlangsamten Wirtschaftsentwicklung, so dass das Wiederanziehen der Konjunktur Fortschritten in Richtung auf dieses Ziel Grenzen setzen könnte. Allerdings gibt es auch einige strukturelle Veränderungen. Die Energieintensität der EU-Wirtschaft hat sich von 1995 bis 2011 um 24 % verringert, in der Industrie nahm sie um ca. 30 % ab.

Insgesamt  gesehen werden über die kurzfristigen Krisenfolgen Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen in der EU stetig voneinander abgekoppelt: das BIP der EU nahm zwischen 1990 und 2012 um 45 % zu, wohingegen die Emissionen um 18 % zurückgingen.

Reduzierung der Schulabbrecherquote auf weniger als 10 % und Steigerung des Anteils der Bevölkerung im Alter zwischen 30 und 34 mit abgeschlossenem Hochschulstudium auf mindestens 40 %

Diese Zielvorgaben können bis 2020 weitgehend erreicht werden:

§ Der Anteil der frühen Schulabgänger ging von 15,7 % (2005) auf 12,7 % (2012) zurück, wobei die Hälfte der Mitgliedstaaten ihr einschlägiges Ziel bereits ganz oder nahezu erreicht hat. Zwar kann dieser Rückgang teilweise auf ein schwierigeres Beschäftigungsumfeld zurückzuführen sein, es gibt aber auch Anzeichen für strukturelle Verbesserungen, und diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen, wenn auch in einem langsameren Tempo.

§ Der Anteil junger Menschen mit einem Hochschulabschluss hat von 27,9 % (2005) auf 35,7 % (2012) zugenommen. Trotz der Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten ist diese Entwicklung auch struktureller Art, und die Zielvorgabe für 2020 dürfte erreicht werden.

Verringerung der Anzahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, um mindestens 20 Millionen

Die Anzahl der Menschen, die in der EU von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind (Menschen, die von finanzieller Not bedroht sind, unter materieller Armut leiden oder in Arbeitslosenhaushalten leben), wuchs von 114 Millionen im Jahr 2009[22] auf 124 Millionen im Jahr 2012.

Die EU hat sich somit von ihrer Zielvorgabe entfernt, nach der die Zahl 2020 bei 96,4 Millionen Menschen liegen müsste, und nichts deutet auf eine rasche Änderung zum Besseren. Die Zahl der von Armut Bedrohten könnte um 2020 immer noch bei 100 Millionen liegen. Die Lage hat sich in bestimmten Mitgliedstaaten besonders verschlimmert, was vor allem auf einen Anstieg der Anzahl der Menschen in besonders schwerer materieller Armut und des Anteils der Arbeitslosenhaushalte zurückzuführen ist. Die Krise hat die Notwendigkeit funktionierender sozialer Netze aufgezeigt.

2.           Hat die Strategie Europa 2020 funktioniert?

Ob und inwieweit die Strategie „Europa 2020“ bei den oben geschilderten Entwicklungen eine Rolle gespielt hat, ist noch zu prüfen. Die im weiteren Jahresverlauf vorgesehene öffentliche Konsultation wird entsprechende Fakten und Einsichten zur Bestandsaufnahme beitragen. Allerdings können schon jetzt einige vorläufige Lehren im Hinblick auf die wichtigsten Merkmale der Strategie gezogen werden.

2.1.        Die Rolle von Zielvorgaben

Die fünf Kernziele von 2010 wurden als ehrgeizige, aber für die EU erreichbare politische Ziele vorgegeben. Die einschlägigen Indikatoren dienen auch der Aufspürung von Trends über Mitgliedstaaten hinweg. Über die quantifizierbaren Folgen hinaus tragen sie aber auch zu einer Änderung von Qualität und Art des europäischen Wachstumsmodells bei. Wie oben dargelegt, ergibt die Bestandsaufnahme ein gemischtes Bild.

Die Verwendung von Zielen und Indikatoren wird auf der EU-Ebene regelmäßig diskutiert. Besonderes Augenmerk wurde diesem Aspekt im Zusammenhang mit den Arbeiten an einer Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung durch die EU und einer Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) zuteil. Die Kommission hat über die Bandbreite der auf EU-Ebene verwendeten und verfügbaren Indikatoren berichtet.

Die Kernziele der Strategie Europa 2020 weisen mehrere ihnen selbst innewohnende Beschränkungen auf:

Die Ziele sind nicht erschöpfend. Auf der EU-Ebene sind viele quantifizierte Ziele und Indikatoren zur Erfolgskontrolle über Zeiträume, Länder und Politikbereiche vorhanden. Zu den besonders intensiv diskutierten Schlüsselindikatoren zählen beispielsweise jene zur Bewertung der öffentlichen Haushalte gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Zur Unterstützung der Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte wurden im Rahmen des entsprechenden Verfahrens auch ein Indikatoren-Scoreboard und ein Scoreboard mit wichtigen Indikatoren zu Beschäftigung und sozialen Entwicklungen erstellt. Zielvorgaben, auf die sich die jeweiligen Fachräte im Laufe der Jahre geeinigt haben, existieren auch in verschiedenen Politikbereichen, beispielsweise zur Reichweite des Breitband-Internets im Rahmen der Leitinitiative „Digitale Agenda für Europa“. Der Trend geht somit in Richtung auf eine Erweiterung und Aktualisierung des Indikatorenkatalogs. Allerdings liegt die Herausforderung – wie im Falle der Lissabon-Strategie –darin, eine Verwässerung der Prioritäten zu vermeiden und die Konzentration auf das Wesentliche beizubehalten. Die Ziele sind politisch verbindlich. Anders als im Stabilitäts- und Wachstumspakt oder auch im neuen Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht, wo in den Rechtsgrundlagen Referenz- oder Schwellenwerte und sogar Sanktionsfolgen festgelegt werden, sind die Zielvorgaben der Strategie „Europa 2020“ im wesentlichen politischer Natur. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen: das Emissions-Ziel und die Zielvorgabe zum Anteil erneuerbarer Energien. Beide Ziele werden von rechtlich verbindlichen Rahmenvorschriften auf EU-Ebene unterlegt, wozu auch die entsprechenden bis 2020 zu erreichenden nationalen Zielvorgaben gehören. Der politische Charakter der Zielvorgaben trägt der wesentlichen Rolle Rechnung, die den Mitgliedstaaten entsprechend dem Grundsatz der Subsidiarität bei der Umsetzung der Strategie zukommt. So war es beispielsweise schwierig, sich auf EU-Ebene auf Bildungsziele zu einigen. Auch eine Einigung auf einen gemeinsamen Indikator zur Zielvorgabe einer Verringerung der Anzahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, erwies sich als unmöglich, so dass gemeinhin ein Indikator mit drei Komponenten verwendet wird. Nach wie vor ist eine qualitative Bewertung notwendig. Jede Zielvorgabe hat Grenzen. Beim FuE-Ziel handelt es sich in erster Linie um eine „Input“-Vorgabe, dem Anteil der öffentlichen und privaten Forschungsaufwendungen am BIP. Deswegen hat der Europäische Rat nach einem ergänzenden Indikator verlangt, mit dem auch die Innovationsleistung gemessen wird. Daran arbeitet die Kommission gerade.[23] Die Beschäftigungs- und Bildungsziele wiederum sagen nicht viel über die Qualität der geschaffenen Arbeitsplätze oder die Qualität und Angemessenheit der tatsächlich erreichten Qualifikationen aus. Darüber hinaus verbergen europäische und nationale Durchschnittswerte häufig ganz erhebliche Unterschiede nach Alter, Geschlecht oder Region. Ergänzende Indikatoren, detailliertere Analysen und qualitative Angaben sind daher für die Interpretation der Ziele und der tatsächlichen Lage in den Mitgliedstaaten wichtig. Es sollte auch nicht außer Acht gelassen werden, dass einige Ziele – wie die Bildungsziele –eher direkt vom Staat beeinflusst werden können, wohingegen andere – wie der Beschäftigungsstand oder die FuE-Aufwendungen –allgemeinere wirtschaftliche Trends widerspiegeln.

Die Kernziele weisen jedoch mehrere klare Vorteile auf:

Sie versinnbildlichen den dynamischen Wandel, den die Strategie „Europa 2020“ bewirken will. Der EU mangelt es nicht an Indikatoren. Die gegenwärtigen Zielvorgaben haben allerdings eine gewisse Konzentration auf die drei Dimensionen der auf ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum ausgerichteten Strategie ermöglicht. Die Ziele verweisen auf die längerfristige Richtung, mit der Europas Zukunft gesichert werden soll, und dienen der Politik als Orientierungshilfen. Außerdem sind sie eng miteinander verknüpft und bedingen sich gegenseitig: Fortschritte in der einen Dimension tragen zu Fortschritten in anderen Dimensionen bei. Die Ziele dienen als Eckpfeiler der Politik. Wie aus dem Anhang hervorgeht, haben die Mitgliedstaaten die EU-Ziele dazu genutzt, auf nationaler Ebene eigene Zielvorgaben festzulegen. Diese nationalen Ziele ermöglichen, auch wenn sie mit unterschiedlichem Engagement verfolgt und publik gemacht wurden, transparente Quervergleiche über Sachgebiete und Länder hinweg. So haben einige Mitgliedstaaten (Belgien, Tschechische Republik, Deutschland, Spanien, Frankreich, Litauen) beispielsweise in Ergänzung zum allgemeinen Beschäftigungsziel nationale Ziele nach dem Geschlecht eingeführt und geben eine Beschäftigungsquote für Frauen vor. Allerdings sind die nationalen Ziele nicht ambitioniert genug, um kumulativ das jeweilige EU-Ziel zu erreichen. Die nationalen Ziele erleichtern ferner die Bewertung und Erörterung der Fortschritte auf EU-Ebene. So wurden sie beispielsweise in den Analysen herangezogen, die zur Unterlegung der länderspezifischen Empfehlungen dienen, und flossen in die Gespräche über die Programmprioritäten des Europäischen Struktur- und Investitionsfonds 2014-2020 ein (siehe unten). Die Ziele lassen sich leicht kontrollieren, da die entsprechenden Fakten und Zahlen sowie die zahlreichen einschlägigen Indikatoren über Eurostat, das statistische Amt der EU, leicht zugänglich sind. Die Erfahrungen anderer internationaler Organisationen wie der OECD mit ihren Arbeiten zur „Lebensqualität“ oder den PISA-Studien zum Bildungsstand oder der Weltbank mit ihren Untersuchungen zu unternehmerischen Rahmenbedingungen zeigen ebenfalls, dass themenspezifische Analysen wirksame Kommunikationsinstrumente sind.

Die Ziele stellen keinen Selbstzweck dar. Trotz aller Mängel tragen die Kernziele von „Europa 2020“ dazu bei, die Umsetzung der Strategie mit ihren unterschiedlichen Aspekten zu messen und zu lenken und so den politischen Fokus auf nationaler wie auch auf EU-Ebene zu steuern.

2.2.        Die Rolle der Leitinitiativen und der einschlägigen Instrumente auf EU-Ebene

Die 2010 vorgestellten Leitinitiativen fungierten als Mini-Arbeitsprogramme in den Schlüsselbereichen der Strategie. Sie beinhalten spezifische Maßnahmen für die europäische und die nationale Ebene nach thematischen Bereichen (siehe Anhang 3). Die meisten anfangs in Betracht gezogenen Initiativen wurden inzwischen von der Kommission vorgelegt und zu einem guten Teil angenommen. Allerdings ist es zu früh für eine Bewertung ihrer Folgemaßnahmen und Wirkung.

Die Kommission hat wichtige politische und gesetzgeberische Initiativen in ihrem jährlichen Arbeitsprogramm vorgelegt und mit den anderen Organen erörtert, so dass naturgemäß bis zur Annahme und Durchführung einige Zeit verging. Ferner wurden Soft-Law-Initiativen, gegebenenfalls flankiert von Finanzierungsmaßnahmen der EU, oft in enger Zusammenarbeit mit Fachministerien und Interessenträgern ausgearbeitet, die vor Ort unmittelbarere Wirkung entfacht haben dürften.  Während des Konsultationszeitraums wird die Kommission bestrebt sein, aussagekräftige Fakten in Bezug auf ihre Wirkung zu sammeln.

Neben ihrer Katalysatorrolle auf EU-Ebene haben die Leitinitiativen weiteres bewirkt.

Sie haben zum Erfahrungsaustausch und zur Bündelung des Fachwissens auf der EU-Ebene u.a. durch die Vernetzung und die Datenerfassung beigetragen. So wurde beispielsweise ein eigenes Verfahren entwickelt, um die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung des europäischen Forschungsraums zu messen. Die jährliche „Digitale Versammlung“ aller Interessenträger, der jährliche Anzeiger zur Digitalen Agenda und die verstärkte Konzentration auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit als politische Querschnittsaufgabe sind weitere Beispiele Sie haben im Zeitraum 2007-2013 als Richtschnur für die Verwendung von EU-Mitteln gedient und den Rahmen für die Konzeption der EU-Fonds des Zeitraums 2014-2020 vorgegeben. Ein Beispiel bilden die von der Kommission im Januar 2012 angeregten Aktionsteams, mit denen von der zunehmenden Jugendarbeitslosigkeit besonders betroffene Mitgliedstaaten bei der Umwidmung der erhaltenen EU-Gelder unterstützt werden sollten. Zu erwähnen wären ferner der neue, integrierte Ansatz des Erasmus+ -Programms und das neue Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020, bei dem der Schwerpunkt auf wissenschaftlicher Exzellenz, industrieller Führung und der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen liegt, wodurch die in den Leitinitiativen vorgesehenen Ziele der Innovationspartnerschaften ergänzt werden. Zudem wurde im Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung eine besondere Förderung von Investitionen in emissionsarme Wirtschaftstätigkeiten eingeführt. Viele dieser Partnerschaften haben politische Aktionen auf regionaler und nationaler Ebene ausgelöst oder inspiriert, mit denen EU-Initiativen, z.B. in Bereichen wie elektronische Kommunikation oder Forschung und Innovation, ergänzt wurden. So tragen beispielsweise die Strategien zur intelligenten Spezialisierung auf nationaler und regionaler Ebene zum Wachstum vor Ort bei. Mehr als 20 Mitgliedstaaten sowie zahlreiche Regionen haben Programme zur Digitalen Agenda ins Leben gerufen.

Die Ziele und Mittel der Strategie „Europa 2020“ wurden nicht nur über die Leitinitiativen vorangebracht, sondern auch über drei Grundpfeiler der EU-Politik:

Der europäische Binnenmarkt mit seinen mehr als 500 Millionen Verbrauchern bleibt der mächtigste Wachstumshebel auf EU-Ebene. Zur besseren Ausschöpfung seines Potenzials wurden neue Anläufe unternommen. In den Binnenmarktakten I und II wurden 24 Maßnahmen in Bereichen wie digitaler Wirtschaft, Energie, Verkehr, öffentlichem Auftragswesen und Verbraucherschutz angeregt, die inzwischen vom Gesetzgeber verabschiedet wurden oder kurz vor ihrer Annahme stehen. Die Fortschritte und etwaiger Handlungsbedarf werden mittels eines jährlichen Berichts über den Stand der Binnenmarktintegration identifiziert. Auch die Wettbewerbspolitik hat die Binnenmarktziele unterstützt. Strategische Überlegungen und Konsultationsverfahren sind in Bereichen wie der langfristigen Finanzierung der Wirtschaft im Gange.  Obwohl der EU-Haushalt nur rund 1 % des EU-BIP ausmacht, kann er als wichtiger Wachstumsmotor fungieren. Der neue Finanzrahmen für 2014-2020 ist eng an die Prioritäten der Strategie „Europa 2020“ angelehnt, wie an der Umgestaltung der EU-Programme und der Wahl der Prioritäten für EU-Investitionen in den Mitgliedstaaten sowie auch an der Konditionalität der EU-Hilfen deutlich wird.  Die außenpolitische Agenda der EU birgt erhebliches Wachstums- und Beschäftigungspotenzial, auch wenn die innen- und die außenpolitische Agenda noch besser miteinander verknüpft und das einheitliche Auftreten nach außen verstärkt werden könnten. Der Handel ist dank der Außennachfrage und der umfangreichen EU-Agenda zu einer wichtigen Triebfeder für Wachstum und Beschäftigung geworden Die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten und Japan dürften in weitreichende Abkommen münden und beträchtlichen wirtschaftlichen Nutzen entfalten. Auf Gebieten wie Entwicklungspolitik, weltweite Normen, Katastrophenvorbeugung oder Bekämpfung des Klimawandels war und bleibt die EU ein aktiver Partner auf der Weltbühne, der für seine Ziele, Werte und Interessen einsteht.

2.3.        Die Rolle des Europäischen Semesters

Seit der Annahme der Strategie Europa 2020 wurde die wirtschaftspolitische Steuerung der EU erheblich gefestigt (siehe Kasten 1). Das Europäische Semester wurde zu einem entscheidenden Faktor für das Zusammenwirken der EU und der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Reformen. Die mit ihm erfolgende wirtschaftspolitische Koordinierung gewährleistet, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik und ihre Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung koordinieren.

Die wichtigsten Schritte des Europäischen Semesters werden in Anhang 1 beschrieben: der Zyklus beginnt jedes Jahr mit dem Jahreswachstumsbericht der Kommission, in dem die Prioritäten für die EU dargelegt werden. Diese fließen in die Gespräche der Mitgliedstaaten im Vorfeld der Frühjahrstagung des Europäischen Rates und in die Ausarbeitung der von ihnen im April vorzulegenden nationalen Reform- oder Stabilitäts- und Konvergenzprogramme ein. Die Bewertung dieser Programme durch die Kommission findet ihren Niederschlag in den länderspezifischen Empfehlungen, die anschließend vom Rat und vom Europäischen Rat bekräftigt werden. Auch das Europäische Parlament ist an diesem Prozess aktiv beteiligt, beispielsweise mit der Debatte über die wirtschaftspolitischen Prioritäten in seiner „parlamentarischen Woche“ Anfang Januar und in den regelmäßigen wirtschaftspolitischen Dialogen mit wichtigen Akteuren der EU- und der nationalen Ebene. Auch die Beteiligung der Sozialpartner am Europäischen Semester wurde gestärkt.[24]

Die Ziele der Strategie Europa 2020 werden im Rahmen des Europäischen Semesters erörtert und in seinen Fahrplan eingebettet: sie fließen in die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts ein. Sie prägen die Analyse, die den jährlichen länderspezifischen Empfehlungen zugrunde liegt. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, bei der Vorlage ihrer nationalen Programme über die Fortschritte bei der Verwirklichung ihrer Ziele zu berichten.

Einige erste Erfolge sind bereits erkennbar:

Das Europäische Semester bietet einen glaubwürdigen Rahmen für die Durchführung der Politik. Wie aus dem Jahreswachstumsbericht 2014 hervorgeht, zeitigen die jährlichen länderspezifischen Empfehlungen im Hinblick auf politische Reformen bereits erste Auswirkungen.[25] Die Verknüpfung der EU-Prioritäten mit den länderspezifischen Empfehlungen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Berücksichtigung der Besonderheiten eines jeden Mitgliedstaates. Gemeinsame Ziele geben zwar die Richtung vor und erleichtern Fortschritte auf einem gemeinsamen Reform- und Modernisierungskurs, die EU verfolgt aber keineswegs ein Einheitskonzept, sondern möchte allen Mitgliedstaaten auch im Hinblick auf die zeitliche Staffelung von Maßnahmen maßgeschneiderte Orientierungshilfen geben. Das Europäische Semester gewährleistet eine integrierte Kontrolle und trägt dazu bei, wirtschafts- und haushaltspolitische Prioritäten miteinander in Einklang zu bringen. Es unterstreicht die Bedeutung der Wiederherstellung und Bewahrung gesunder Staatsfinanzen und der Freisetzung des wirtschaftlichen Wachstumspotenzials und ermöglicht dabei die Berücksichtigung europäischer und länderspezifischer Gesichtspunkte. Das Semester hat zu einer Intensivierung der Kontakte zwischen europäischer und nationaler Ebene, zu einem engeren Zusammenwirken der Mitgliedstaaten und damit letztendlich zu einem besseren Zusammenhalt der EU beigetragen. Zeitplan und Verfahren des Europäischen Semesters wurden verfeinert und nehmen nunmehr feste Gestalt an. Das Semester ermöglicht  frühzeitige, faktengestützte Erörterungen auf EU-Ebene (bevor auf nationaler Ebene Entscheidungen fallen) und eine regelmäßige Fortschrittskontrolle (mit Orientierungshilfen möglichen Sanktionen, falls Korrekturmaßnahmen erforderlich werden). Die EU-Ebene hat ihre Analyse- und Kontrollkapazitäten ausgebaut. Die neue EU-Ordnungspolitik stützt sich auf eine solidere und besser integrierte Faktenbasis. Gemeinsame Analyserahmen, Indikatoren und Politikevaluierungen werden besser genutzt. Die Erfahrungen der Länder, die sich in einem makroökonomischen Anpassungsprogramm und damit formal außerhalb der Verfahren des Europäischen Semesters befinden, stellen ein extremes, jedoch  überaus aussagekräftiges Beispiel dar. Die Kommission und viele Mitgliedstaaten mussten erhebliche Ressourcen auch vor Ort bereitstellen, um diese Mitgliedstaaten unmittelbar und konkret mit Politikberatung und technischer Hilfe auf der administrativen Ebene zu unterstützen. Daran wird deutlich, in welchem Ausmaß gemeinsame Expertise innerhalb der EU mobilisiert werden kann. Immer noch werden Vorschläge erörtert, wie die Architektur der WWU vervollständigt werden könnte, beispielsweise ein Mechanismus zur Erleichterung der Vorab-Koordinierung großer wirtschaftspolitischer Reformvorhaben mit möglicherweise erheblichen Rückwirkungen auf andere Mitgliedstaaten oder gemeinsam vereinbarte vertragliche Regelungen mit zugehörigen Solidaritätsmechanismen (d.h. finanzielle Anreize).

Dabei sollten auch anfängliche Herausforderungen und Einschränkungen nicht übersehen werden.

Die Dringlichkeit einer Reaktion auf die Krise machte es mitunter nicht leicht, kurzfristigen Handlungsbedarf mit längerfristigen Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Es liegt in der Natur der länderspezifischen Empfehlungen, dass sie sich auf ausgewählte Themenfelder und konkrete Schritte, die innerhalb des Folgejahres unternommen werden müssen, beschränken, wobei jedem bewusst ist, dass nicht alle Dinge gleichzeitig erledigt werden können. Dennoch sollten diese Schritte auch von einer klaren Vorstellung über die längerfristige Richtung flankiert werden. In einer Reihe von Fällen wird in den länderspezifischen Empfehlungen von 2013 die Notwendigkeit betont, bestimmte wachstumsfördernde Ausgaben beizubehalten, ohne Abstriche an den Haushaltszielen vorzunehmen. Angesichts der Erholung Europas von der Krise sollte die Tagesordnung nicht länger von Dringlichkeitsmaßnahmen geprägt werden. Um zu funktionieren, bedarf das Semester - beispielsweise bei der Umsetzung der Empfehlungen - nicht nur des Engagements aller Mitgliedstaaten. Alle EU-Akteure müssen die Fähigkeit mitbringen, diese Angelegenheiten als Sache von gemeinsamem Interesse zu behandeln und eine nachdrückliche multilaterale Kontrolle zu gewährleisten. In diesem Sinne sollte die Rolle der beteiligten Akteure noch deutlicher herausgestellt werden. Beispielsweise hat der Rat in seinen verschiedenen Zusammensetzungen den gegenseitigen Erfahrungsaustausch und die multilaterale Kontrolle verbessert. Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Strategie bleibt die aktive Einbeziehung aller Akteure – Regierungen, Parlamente, Gebietskörperschaften, Sozialpartner und sonstige Interessenträger – und ihre Einbindung in die Verantwortung. In vielen Mitgliedstaaten kann die Einbindung der verschiedenen Akteure in die Umsetzung der Strategie weiter verbessert werden. Hierzu sollte die Rolle der nationalen Reformprogramme überprüft werden. Auf der europäischen Ebene haben der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen die Umsetzung der Strategie „Europa 2020“ besonders aktiv begleitet und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten, auch auf regionaler und lokaler Ebene, angestoßen. In ihrer Mitwirkung kommt die Beteiligung der verschiedenen Staatsebenen an der EU-Politik gut zum Vorschein. Zudem hat die Kommission ihre Vertretungen in den Mitgliedstaaten verstärkt, um die Abstimmung mit den Behörden und Interessenträgern zu intensivieren. Die Multiplikation von Verfahren, Dokumenten und rechtlichen Schritten auf EU-Ebene kann zu einer Überfrachtung und Verwässerung des Verfahrens führen. Auch eine Änderung des Zeitplans kann der Eigenverantwortung bestimmter Akteure abträglich sein. In den kommenden Jahren wird es darauf ankommen, den institutionellen und administrativen Unterbau des Europäischen Semesters zu konsolidieren, gleichzeitig aber dafür zu sorgen, dass es sich weiterhin um einen politischen und zielgerichteten (und nicht um einen bürokratischen) Prozess handelt.

Daher ist zu begrüßen, dass die Überprüfung des Europäischen Semesters und die Überprüfung der Strategie „Europa 2020“ in diesem Jahr zeitlich zusammenfallen.

Schlussfolgerung

Die Gründe, die zur Annahme der Strategie Europa 2020 geführt haben, sind auch 2014 unverändert gültig. 

Über viele Jahrzehnte war die EU gleichbedeutend mit immer tieferer wirtschaftlicher Integration und einer zunehmenden Verflechtung der Güter-, Dienstleistungs-, Arbeits- und Finanzmärkte. Dies hat zu einer Annäherung der Einkommen und des Lebensstandards über Ländergrenzen hinweg geführt, so dass die EU teilweise als eine weltweit einzigartige „Konvergenzmaschine“[26] dargestellt wurde. Dieser Konvergenzprozess hat sich verlangsamt und unter dem Druck der Krise in Teilen Europas sogar ins Gegenteil verkehrt.

Die EU ist im Begriff, die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seit einer Generation hinter sich zu lassen. Sie muss ihre Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum festigen, um den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden und ihre Rolle in der Welt zu wahren. Die Zeit für eine Überprüfung der Strategie ist günstig, um die politischen Prioritäten für das Nachkrisen-Europa in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts festzulegen.

Die in dieser Mitteilung enthaltene Analyse zeigt, dass die EU mit den Zielvorgaben und Leitinitiativen der Strategie „Europa 2020“ gemischte Erfahrungen gesammelt hat. Die EU liegt auf Kurs, ihre Bildungs-, Klima- und Energieziele nahezu oder zur Gänze zu erreichen, jedoch nicht die Beschäftigungs-, Forschungs- und Entwicklungs- oder Armutsziele. Dennoch haben die EU-Ziele durch ihre bloße Existenz zur Konzentration auf längerfristige, grundlegende Faktoren beigetragen, die für die Zukunft von Gesellschaft und Wirtschaft in der EU von zentraler Bedeutung sind. Auch die Formulierung dieser Ziele auf nationaler Ebene hat dazu beigetragen, einige ungünstige Entwicklungen hervorzuheben, wie den zunehmenden Abstand zwischen den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Mitgliedstaaten und das wachsende Gefälle zwischen einzelnen Regionen innerhalb von Ländergrenzen und über sie hinweg. Die Krise hat auch die zunehmende Ungleichheit der Wohlstands- und Einkommensverteilung deutlich gemacht. Die Erfahrungen haben auch gezeigt, dass das aktive Engagement und Mitwirken von Regionen und Städten – die für die Umsetzung eines Großteils der EU-Politik vor Ort Verantwortung tragen – bei der Verwirklichung der Ziele von „Europa 2020“ von entscheidender Bedeutung sind. Diese Herausforderungen müssen in die Überprüfung und Aktualisierung der Strategie einfließen.

Die im jährlichen Rhythmus des Europäischen Semesters stattfindende wirtschaftspolitische Steuerung der EU wurde in den letzten Jahren beträchtlich intensiviert und ist zu einem potenziell wirksamen Instrument zur Verfolgung der Nachkrisen-Prioritäten geworden, die zur Erreichung der Ziele der Strategie „Europa 2020“ erforderlich sein werden. Wichtige EU-Instrumente wie der Mehrjahres-Finanzrahmen 2014-2020 und verschiedene Programme berücksichtigen bereits die Lehren aus dem Europäischen Semester und sind auf die Ziele der Strategie zugeschnitten. Damit bieten sie eine Grundlage, auf der die europäische wie die nationale Politik künftig aufbauen kann.

In dieser Mitteilung hat die Kommission dargelegt, wie sie das im Zuge der Strategie „Europa 2020“ bisher Erreichte bewertet. In vielerlei Hinsicht hat sie den bisherigen Zeitraum genutzt, um die Grundlagen für Erfolge zu legen, die in den kommenden Jahren sichtbar werden dürften. Sie hat auch versucht darzulegen, inwieweit die anvisierten Ergebnisse durch die Krise beeinflusst wurden.

Allerdings möchte sie zum jetzigen Zeitpunkt keine politischen Schlussfolgerungen ziehen und auch keine politischen Empfehlungen abgeben. Angesichts des Ausmaßes der Veränderungen, die die EU, die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Zuge der Krise durchlebt haben, hält die Kommission eine EU-weite Konsultation sämtlicher Interessenträger für erforderlich, um herauszuarbeiten, welche Lehren aus diesen Erfahrungen gezogen werden sollen und welche Faktoren die nächsten Etappen die Wachstumsstrategie der EU in der Nachkrisenzeit prägen sollten. Die Kommission wird auf der Grundlage der in dieser Mitteilung vorgenommenen Analyse eine öffentliche Konsultation durchführen und sämtliche Interessenten zur Stellungnahme auffordern. Anschließend wird sie Anfang 2015 Vorschläge unterbreiten, wie die Strategie künftig ausgestaltet werden sollte.

[1]               Soweit nichts anderes angegeben ist, stammen die in dieser Mitteilung angegebenen Zahlen von Eurostat, dem statistischen Amt der EU, und EU-Durchschnittswerte verweisen auf die EU28.

[2]               Kommissionsmitteilung KOM(2010)2020 vom 3. März 2010. Die Gesamtstrategie und ihre Ziele wurden vom Europäischen Parlament erörtert und auf den Tagungen des Europäischen Rates im März und Juni 2010 gebilligt. Näheres unter: http://ec.europa.eu/europe2020/index_de.htm

[3]               KOM(2010)2020 vom 3. März 2010.

[4]               „Digitale Agenda für Europa“, „Innovationsunion“, „Jugend in Bewegung“, „Ressourcenschonendes Europa“, „Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung“, „Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten“, „Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut“.

[5]               ABl.  L 306 vom 23. November 2011.

[6]               ABl.  L 140 vom 27. Mai 2013.

[7]               Weitere Informationen zu den Zielen und Leitinitiativen von Europa 2020 finden sich im Anhang.

[8]               Zu aktuellen, detaillierten Daten, siehe Winterprognosen der Kommission 2014 European Economy 2/2014.

[9]                Siehe Präsentation von J. M. Barroso auf dem informellen Europäischen Rat vom 11. Februar 2010, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/europe2020/documents/documents-and-reports/subject/europe-2020-presentations/index_de.htm

[10]             Zu aktuellen, detaillierten Daten, siehe Winterprognosen der Kommission 2014 European Economy 2/2014.

[11]             Zu aktuellen, detaillierten Daten, siehe Winterprognosen der Kommission 2014 European Economy 2/2014.

[12]             COM(2013) 800.

[13]             Zu aktuellen, detaillierten Daten, siehe Winterprognosen der Kommission 2014 European Economy 2/2014.

[14]             Europäische Zentralbank, Bank Lending Survey, Januar 2014.

[15]             Zu aktuellen, detaillierten Daten, siehe Winterprognosen der Kommission 2014 European Economy 2/2014.

[16]             IWF, „Jobs and Growth: supporting European Recovery“ (2014).

[17]             „The state of the Internet“, Akamai (Q4 2012), Cisco VNI Mobile forecast (2013).

[18]             COM(2011) 571.

[19]             Im Januar 2014 hat die Kommission einen energie- und klimapolitischen Rahmen bis 2030 angenommen. Zu den wichtigsten Zielen im neuen energie- und klimapolitischen Rahmen (COM(2014) 15) zählen eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 40 % unter den Stand von 1990, ein verbindliches EU-weites Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 27 % und die Wiederaufnahme einer ambitionierten Energieeffizienz-Politik.

[20]             Von der europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie.

[21]             EurObserv'ER.

[22] Daten für die EU-27.

[23]             COM(2013) 624.

[24]             COM (2013) 690, Stärkung der sozialen Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion, 2.10.2013.

[25]             COM(2013) 800.

[26]             Weltbank, „Golden growth – restoring the lustre of the European economic model“, 2012.

Anhang I: Wesentliche Schritte im Rahmen des Europäischen Semesters

Anhang II: Überblick über die Fortschritte bei der Verwirklichung der Europa-2020-Ziele

Hintergrund:

Für jedes Europa-2020-Ziel wird in diesem Anhang Folgendes geprüft:

§ Die bisherigen Fortschritte auf EU-Ebene und mögliche Szenarien bis 2020

§ Die neuesten verfügbare Daten zu den Leistungen auf nationaler Ebene und den nationalen Zielen für 2020

§ Die Entwicklung der Leistungen der einzelnen Länder, nach Möglichkeit unter Bezugnahme auf verschiedene internationale Vergleichsdaten.

Die Grafiken basieren auf den neuesten verfügbaren Daten (Februar 2014). Sofern nicht anders angegeben, entspricht der EU-Durchschnitt dem Durchschnitt der EU-28.

Die detaillierten Daten mit weiteren Variablen werden regelmäßig aktualisiert und sind auf der Website von Eurostat abrufbar: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/europe_2020_indicators/headline_indicators

Zusätzliche Informationen und Einzelheiten zu den Zielen sind verfügbar unter: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/europe_2020_indicators/headline_indicators/targets

Ein vollständiger Bericht in englischer Sprache mit weiteren Erläuterungen der Methodik und Statistik wurde im Herbst 2013 erstellt und ist abrufbar unter: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-02-13-238/EN/KS-02-13-238-EN.PDF

EUROPA-2020-ZIEL FÜR BESCHÄFTIGUNG

Erhöhung der Erwerbsquote der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren auf mindestens 75 %

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

In den letzten Jahren stagnierte die Erwerbsquote in der EU und hinkt somit weiter hinter dem Europa-2020-Ziel her, die Erwerbsquote der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren bis zum Jahr 2020 auf 75 % zu erhöhen. Nach einer stetigen Aufwärtsentwicklung im Zeitraum von 2000 bis 2008, in dem die Erwerbsquote von 66,6 %[1] auf 70,3 % anstieg, fiel die Quote in der EU 2009 infolge der wirtschaftlichen Talfahrt auf 68,9 %. 2010 sank die Erwerbsquote weiter auf 68,5 %, konnte sich allerdings seitdem weitgehend auf diesem Niveau stabilisieren. Mit 68,4 % im Jahr 2012 liegt die Erwerbsquote in der EU derzeit 6,6 Prozentpunkte unter den angestrebten 75 %. Diese Entwicklung ist auf die negativen Auswirkungen der Krise, auf den notwendigen zeitlichen Vorlauf, bis Verbesserungen auf den Arbeitsmärkten wirksam werden und auf die träge Umsetzung der Arbeitsmarktreformen in einigen Mitgliedstaaten zurückzuführen.

Um die angestrebte Erwerbsquote bis zum Jahr 2020 zu erreichen, sind signifikante Fortschritte vonnöten, insbesondere bei den Maßnahmen, die eine Rückkehr zu mehr Wachstum und Beschäftigung bewirken sollen. Angesichts des derzeitigen Stands und des für die kommenden Jahre erwarteten geringfügigen Zuwachses der Erwerbsquote lässt sich das Europa-2020-Ziel wohl nicht verwirklichen. 2020 dürfte die Erwerbsquote bei 71,8 % liegen. Die EU müsste rund 16 Millionen Menschen zusätzlich in Arbeit bringen, um ihr Ziel bis 2020 zu erreichen.

Erwerbsquote in der EU in den Jahren 2000*, 2012 und 2020 (Anteil der Erwerbstätigen, Altersgruppe 20-64)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Ausgehend von den aktuellen Zusagen könnte die Erwerbsquote in der EU bis 2020 bei 71,8 % liegen.

* 2000 und 2001: Daten für die EU-27.

** Schätzungen auf der Grundlage der Herbstprognose der Kommission 2013 für 2014-2015 unter Annahme eines Beschäftigungswachstums wie im Zeitraum 2014-2015 und unter Berücksichtigung einer Verringerung der Zahl der Erwerbstätigen innerhalb von zehn Jahren um 1,0 %.

*** Das VK hat kein Ziel festgelegt; die Projektion für die EU basiert auf einer Quote von 75 % für das VK im Jahr 2020.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Die meisten Mitgliedstaaten sind weit von ihrem Europa-2020-Ziel entfernt. Die von den Mitgliedstaaten festgelegten beschäftigungspolitischen Zielvorgaben für 2020 reichen von 59 % bzw. 62,9 % für Kroatien und Malta (wobei Malta sein Ziel bereits erreicht hat) bis 80 % für Dänemark, die Niederlande und Schweden. In Schweden und Deutschland lag die Erwerbsquote 2012 bei 79,4 % bzw. 76,7 %, so dass diese Länder auf gutem Wege sind, ihre Ziele von 80 % bzw. 77 % umzusetzen. Am größten fällt die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlen und dem nationalen Europa-2020-Ziel in Spanien, Griechenland, Bulgarien und Ungarn aus, wo die Lücke über 10 Prozentpunkte ausmacht. Dies lässt Zweifel aufkommen, ob die Länder ihre Ziele bis 2020 verwirklichen können. Was die erzielten Fortschritte anbelangt, so haben Deutschland und Österreich mit ihren hohen Erwerbsquoten und einem relativ starken Wachstum seit 2000 am besten abgeschnitten. Am anderen Ende der Skala stehen Griechenland, Spanien, Kroatien, Rumänien und Irland, die drastische Einbrüche der Beschäftigtenzahlen verzeichnen mussten und deren Erwerbsquote im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten nach wie vor gering ist.

Erwerbsquoten in den EU-Mitgliedstaaten

(Anteil der Erwerbstätigen, Altersgruppe 20-64)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: 2012 lag die Erwerbsquote in der EU bei 68,4 % (Europa-2020-Ziel: 75 %).

* Das VK hat kein Ziel festgelegt. SE: Ziel deutlich über 80 %. IE: 69-71 % (Annahme: 70 %); IT: 67-69 % (Annahme: 68 %); CY: 75-77 % (Annahme: 76 %); AT: 77-78 % (Annahme: 77,5 %).

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2000 je Land

Fortschritte von 2000 bis 2012 (Änderung in Prozentpunkten)*

Fortschritte von 2000 bis 2012 (Änderung in Prozentpunkten)*

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Im Zeitraum von 2000 bis 2012 stieg die Erwerbsquote in der EU insgesamt um 1,8 Prozentpunkte an (x-Achse) und lag im Jahr 2012 bei 68,4 % (y-Achse).

* 2000: Daten für die EU-27; HR: 2002-2012.

Das Leistungsgefälle zwischen den Mitgliedstaaten wächst und in den südeuropäischen Mitgliedstaaten bestehen nach wie vor regionale Diskrepanzen. Im Jahr 2012 reichten die Erwerbsquoten von 55,3 % in Griechenland bis 79,4 % in Schweden, so dass die Differenz zwischen dem Höchst- und dem Tiefstwert 24,1 Prozentpunkte betrug. Dies ist mit der Situation im Jahr 2000 vergleichbar, als zwischen der besten Leistung (78 %, Dänemark) und der schwächsten Leistung (55,3 %, Bulgarien) 22,7 Prozentpunkte lagen. Im Allgemeinen weisen die nord- und mitteleuropäischen Länder höhere Erwerbsquoten als die süd- und osteuropäischen Mitgliedstaaten auf. Darüber hinaus bestehen in den süd- und osteuropäischen Ländern bei den Erwerbsquoten deutliche Diskrepanzen auf regionaler Ebene. In den nord- und mitteleuropäischen Ländern sind keine größeren regionalen Unterschiede festzustellen und es werden durchweg hohe Erwerbsquoten erreicht.

EUROPA-2020-ZIEL FÜR FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG

Investition von 3 % des BIP in Forschung und Entwicklung

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) sind in der EU in jüngster Zeit leicht angestiegen, bleiben aber weiterhin unter dem angestrebten Europa-2020-Ziel von 3 %. Das auf EU-Ebene festgelegte FuE-Ziel wird anhand der FuE-Intensität, d. h. der Bruttoinlandsausgaben des öffentlichen und des privaten Sektors für FuE in Prozent des BIP bzw. des in FuE investierten Anteils des BIP, gemessen. Öffentliche Mittel für FuE sind ein direktes Maß für die Anstrengungen von staatlicher Seite, FuE-Aktivitäten zu unterstützen. Die Beobachtung der FuE-Finanzierung durch private Mittel ermöglicht, die Wirksamkeit von Strategien zu bewerten, mit denen private FuE-Investitionen eingeworben und gefördert werden sollen und die Entwicklung und das Wachstum wissensintensiver Unternehmen einzuschätzen. Nachdem von 2000 bis 2007 keine Veränderung zu verzeichnen war und die Bruttoinlandsausgaben für FuE in der EU bei rund 1,85 % verharrten, stiegen die Aufwendungen 2009 auf 2,01 % des BIP an und sind seitdem lediglich moderat weitergewachsen. Mit einem BIP-Anteil von 2,06 % im Jahr 2012 liegen die Bruttoinlandsausgaben für FuE in der EU fast 1 Prozentpunkt unter dem 3 %-Ziel und außerdem merklich unter dem in den Vereinigten Staaten in FuE investierten BIP-Anteil.

Die jüngsten Fortschritte auf dem Weg zum 3 %-Ziel sind in erster Linie den Strategien auf EU- und auf nationaler Ebene zuzurechnen. Sie zielen darauf ab, private Investitionen in FuE zu fördern (insbesondere durch eine größere Hebelwirkung durch öffentliche Mittel, verbesserte Rahmenbedingungen und fiskalische Anreize) und sollen vor dem Hintergrund der Krise im Einklang mit dem Grundsatz der wachstumsfreundlichen Haushaltskonsolidierung die öffentlichen Investitionen in FuE  schützen und steigern. Im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern ist Europas FuE-Investitionslücke in erster Linie den niedrigen privaten Investitionen zuzuschreiben.

Unter den derzeitigen Bedingungen wird das Europa-2020-Ziel für FuE wahrscheinlich nicht bis 2020 verwirklicht. Nach den aktuellen Projektionen und unter der Annahme, dass die laufenden Reformen und finanziellen Anstrengungen fortgesetzt werden, dürften die Bruttoinlandsausgaben für FuE, ausgedrückt in Prozent des BIP, bis 2020 unter der 3 %-Schwelle bleiben. Um das 3 %-Ziel zu erreichen, müsste sich die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der FuE-Ausgaben in der EU im Vergleich zum Zeitraum von 2007 bis 2012 verdoppeln. Für eine schnellere Annäherung an das 3 %-Ziel sind raschere strukturelle Anpassungen in Richtung stärker wissensorientierter Wirtschaftsaktivitäten erforderlich.

Bruttoinlandsausgaben für FuE in der EU in den Jahren 2000, 2012 und 2020, ausgedrückt in % des BIP

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Ausgehend von den aktuellen Zusagen könnten die FuE-Investitionen in der EU bis 2020 bei 2,2 % liegen.

* Szenario auf der Grundlage einer Fortsetzung der laufenden Reformen und finanziellen Anstrengungen.

**CZ und VK haben keine Ziele festgelegt: Die Zahlen für 2020 beruhen auf Schätzungen der Kommissionsdienststellen.

***Das EU-Ziel umfasst FuE-Aufwendungen zwischenstaatlicher Forschungsinfrastrukturen, die nicht in den FuE-Aufwendungen der Mitgliedstaaten enthalten sind.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Die Ambitionen und Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der Europa-2020-Ziele fallen heterogen aus. Die nationalen FuE-Zielvorgaben veranschaulichen, dass die Mitgliedstaaten unterschiedlich anspruchsvolle Ziele verfolgen: Finnland und Schweden, die bereits die höchste FuE-Intensität in der EU aufweisen, haben mit Investitionen in Höhe von 4 % des BIP bis 2020 die ehrgeizigsten Zielmarken festgelegt. Zypern und Griechenland haben sich mit 0,50 % bzw. 0,67 % die niedrigsten Ziele gesteckt. Andere Länder haben erreichbare, aber nicht besonders ambitionierte Ziele definiert, etwa Italien, das einen BIP-Anteil von 1,53 % anstrebt. Griechenland hat sein Ziel, 0,67 % seines BIP für FuE aufzuwenden, bereits 2012 erreicht. Deutschland, Dänemark und Zypern sind auf gutem Wege, ihre Ziele zu erreichen. Rumänien, Portugal, Malta und Litauen sind mit einem Rückstand von mindestens 1 Prozentpunkt nach wie vor weit von ihren Zielen entfernt. Die seit 2000 erzielten Fortschritte fallen je nach Land unterschiedlich aus: Estland weist für 2012 den gemessen am BIP-Anteil höchsten Anstieg von FuE-Investitionen und damit über dem EU-Durchschnitt liegende Leistungen auf, während Kroatien, Luxemburg und das Vereinigte Königreich eine unter dem EU-Durchschnitt liegende FuE-Intensität und Negativwachstum in diesem Bereich verzeichnen.

FuE-Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten, in % des BIP

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: 2012 belief sich die FuE-Intensität in der EU auf 2,06 % des BIP (Europa-2020-Ziel: 3 %).

* LU: 2010.

**Das VK hat kein Ziel festgelegt; CZ hat lediglich ein Ziel für den öffentlichen Sektor festgelegt. IE strebt einen BNP-Anteil von 2,5 % an, was schätzungsweise 2 % des BIP entspricht. LU strebt einen BIP-Anteil zwischen 2,30 % und 2,60 % an (Annahme: 2,45 %). PT strebt einen BIP-Anteil zwischen 2,70 % und 3,30 % an (Annahme: 3 %).

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2000 je Land*

Durchschnittliches jährliches Wachstum der FuE-Investitionen, 2000-2012 (in %)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Die FuE-Investitionen in der EU sind im Zeitraum von 2000 bis 2012 jährlich um 0,9 % gewachsen (x-Achse) und lagen 2012 bei 2,06 % (y-Achse).

*Leistung: EL, SI: 2007; LU, NL, RO: 2010; US, JP, CN: 2011. Fortschritt: SI: 2000-2007; LU, NL, RO: 2000-2010; CN: 2000-2011; EL: 2001-2007; HR: 2002-2012; HU, MT: 2004-2012; SE: 2005-2012; US: 2006-2011; DK: 2007-2012; JP: 2008-2011; PT: 2008-2012; FR: 2010-2012.

Bei den FuE-Investitionen lässt sich ein Nord-Süd-Gefälle feststellen. Die zwischen den Ländern bestehenden Leistungsunterschiede hinsichtlich der FuE-Intensität haben sich in den letzten zehn Jahren weiter vergrößert: Auf der Grundlage der verfügbaren Daten lag der BIP-Anteil der Bruttoinlandsausgaben für FuE im Jahr 2000 auf einer Skala von 0,37 % (Rumänien) bis 3,35 % (Finnland), woraus sich eine Lücke von 2,98 Prozentpunkten ergab. Diese Lücke wuchs im Jahr 2012, in dem Rumänien einen BIP-Anteil von 0,42 % und Finnland einen BIP-Anteil von 3,55 % in FuE investierte, auf 3,13 Prozentpunkte an. Generell ist die FuE-Intensität in den nordeuropäischen Ländern am höchsten, während die ost- und südeuropäischen Länder bei diesem Indikator hinterher hinken. Auf regionaler Ebene sind keine großen Unterschiede zu erkennen – in den Ländern, in denen der in FuE investierte BIP-Anteil am geringsten ausfällt, verteilt sich auch die FuE-Intensität eher einheitlich auf die verschiedenen Regionen mit niedrigen FuE-Investitionen. In den Ländern mit der höchsten FuE-Intensität bleiben hingegen einige Regionen hinter dem ehrgeizigen nationalen Ziel zurück.

EUROPA-2020-ZIEL FÜR KLIMA UND ENERGIE (1)

Reduzierung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % im Vergleich zu 1990

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene 

Nach einer beträchtlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen steht die EU kurz davor, ihr Europa-2020-Ziel zu erreichen, die Emissionen um 20 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Im Zeitraum von 1990 bis 2012 sanken die Treibhausgasemissionen auf EU-Ebene um 18 %. Durch die derzeitige Klima- und Energiepolitik wurden Fortschritte erzielt und auch die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums begünstigte die Reduzierung der Treibhausgasemissionen wesentlich. Im Jahr 2010 war während der zwischenzeitlichen Konjunkturerholung ein leichter Anstieg der Treibhausgasemissionen zu beobachten. Die erreichte Senkung ist umso signifikanter, da die europäische Wirtschaft seit 1990 real um rund 45 % gewachsen ist und somit deutlich wird, dass Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen nicht mehr eng aneinander gekoppelt sind. Im Jahr 2012 arbeitete die europäische Wirtschaft knapp 50 % weniger kohlenstoffintensiv als 1990 (Kohlenstoffintensität: Kohlendioxid-Emissionen pro BIP-Einheit). 

Auf der Grundlage der jüngsten Entwicklungen scheint das Europa-2020-Ziel für die Treibhausgasemissionen erreichbar zu sein. Im Einklang mit den ermutigenden Entwicklungen der letzten Jahre könnte eine über das Ziel hinausgehende Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2020 in Höhe von 24 % erreicht werden.

Treibhausgasemissionen in den Jahren 2000, 2012 und 2020

Index (1990 = 100)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Wird das Klima- und Energiepaket für 2020 vollständig umgesetzt, so könnte die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 24 % senken.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Rund die Hälfte der Mitgliedstaaten hat bereits ihre im Rahmen von Europa 2020 festgelegten Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen in nicht unter das Emissionshandelssystem (EHS)[2] fallenden Sektoren erreicht. Die nationalen Ziele in diesem Bereich gelten für Treibhausgasemissionen in Sektoren, die nicht unter das EU-EHS fallen. Als Vergleichswerte werden die Zahlen des Jahres 2005 herangezogen. Das Spektrum der Ziele reicht von einer Reduzierung der Emissionen um 20 % bis zur Begrenzung des Anstiegs der Emissionen um 20 %. Den Daten für 2012 zufolge konnten 15 Mitgliedstaaten (Zypern, Ungarn, Italien, Griechenland, Spanien, Portugal, die Tschechische Republik, Rumänien, Slowakei, Litauen, Slowenien, Malta, Lettland, Bulgarien und Polen) ihre Treibhausgasemissionen deutlich stärker senken, als im Rahmen ihrer Ziele festgelegt worden war. Auch die meisten anderen Mitgliedstaaten haben ihre Emissionen gesenkt und dadurch einige Fortschritte erzielt, ihre Ziele jedoch bislang noch nicht erreicht. Luxemburg, Dänemark, Deutschland, Belgien, Finnland und die Niederlande sind am weitesten davon entfernt, ihre Ziele umzusetzen. Nach den neuesten verfügbaren nationalen Prognosen ist davon auszugehen, dass die bestehenden Strategien in 13 Mitgliedstaaten (Deutschland, die Niederlande, Lettland, Bulgarien, Italien, Finnland, Österreich, Spanien, Litauen, Belgien, Irland, Slowenien und Luxemburg) nicht ausreichen, um die nationalen Ziele bis 2020 zu erreichen.

 

Veränderung der Treibhausgasemissionen in nicht unter das EHS fallenden Sektoren in den EU-Mitgliedstaaten

Quelle: Europäische Umweltagentur.

Fazit: 2012 lagen die Treibhausgasemissionen in nicht unter das EHS fallenden Sektoren 10 % unter den Werten in der EU für 2005.

*Nicht unter das EHS fallende Sektoren, im Vergleich zu 2005, auf der Grundlage von geschätzten Werten.

Im Zeitraum von 2000 bis 2011 entwickelte sich die Kohlenstoffintensität in allen Mitgliedstaaten rückläufig, wobei die Fortschritte sehr unterschiedlich ausfielen. Die Länder mit hoher Kohlenstoffintensität konnten in der Regel eine wesentliche Reduzierung erzielen, während die Fortschritte in den Ländern mit geringer Kohlenstoffintensität eher begrenzt waren.

Situation im Jahr 2011 und Fortschritte hinsichtlich der Kohlenstoffintensität seit 2000 je Land

Reduzierung der Kohlenstoffintensität im Zeitraum von 2000 bis 2011 (in %)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Im Jahr 2011 entsprachen die Kohlenstoffintensität und die Fortschritte in diesem Bereich in den meisten Mitgliedstaaten ungefähr dem EU-Durchschnitt.

EUROPA-2020-ZIEL FÜR KLIMA UND ENERGIE (2)

Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch um 20%

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

Seit 2000 ist auf EU-Ebene ein stetiger Zuwachs bei der Nutzung erneuerbarer Energien zu beobachten. Setzt sich diese Entwicklung fort, so ist die EU auf gutem Wege, ihr Europa-2020-Ziel für die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch auf 20 % zu erreichen. Dank der Einführung von Unterstützungsmaßnahmen und Anreizen zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien ist der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch von 7,5 % im Jahr 2000[3] auf 8,5 % im Jahr 2005 bzw. 14,4 % im Jahr 2012[4] angestiegen und liegt somit noch 5,6 Prozentpunkte unter dem Europa-2020-Ziel. Die EU ist nun führend auf dem Gebiet der Investitionen in erneuerbare Energien, insbesondere beim raschen Ausbau von Wind- und Solarenergie.

Auf der Grundlage der jüngsten Entwicklungen scheint das Europa-2020-Ziel für die erneuerbaren Energien erreichbar zu sein. Im Einklang mit den ermutigenden Entwicklungen der letzten Jahre könnte der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch 2020 gar bei 21 % liegen, falls die Anstrengungen der letzten Jahre aufrechterhalten werden.

Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch in der EU, 2000-2020

Quellen: Europäische Kommission, von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie.

Fazit: Ausgehend von den jüngsten Entwicklungen und Strategien könnte der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in der EU im Jahr 2020 bei 20,9 % liegen.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Insgesamt gab es Fortschritte, doch in den meisten Mitgliedstaaten sind weitere Anstrengungen erforderlich. Die nationalen Ziele reichen von 10 % (Malta) bis 49 % (Schweden). Insgesamt haben alle Mitgliedstaaten die Nutzung erneuerbarer Energie seit 2005 gesteigert, doch nur drei Länder – Schweden, Estland und Bulgarien – konnten bislang ihre nationalen Zielmarken erreichen. Finnland, Österreich und die Tschechische Republik stehen kurz davor, ihre Ziele zu verwirklichen. Frankreich und das Vereinigte Königreich sind rund 10 Prozentpunkte von ihren Zielvorgaben entfernt.

Langfristig betrachtet haben Schweden, Österreich und Estland am besten abgeschnitten, da sie seit 2005 die größten Fortschritte und einen hohen Anteil erneuerbarer Energien erreicht haben. Malta, Luxemburg, Belgien, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Frankreich weisen schwache Leistungen auf und konnten seit 2005 nur mäßige Fortschritte für sich verbuchen. Was die Unterschiede innerhalb der EU anbelangt, so hat sich die zwischen den Ländern bestehende Lücke von 40,4 Prozentpunkten im Jahr 2005 auf 52,1 Prozentpunkte im Jahr 2012 vergrößert. Die einschlägigen Werte umfassen ein Spektrum von 0,3 % (Malta) bis 52,4 % (Schweden).

Anteil erneuerbarer Energien in den EU-Mitgliedstaaten

(in % des Bruttoendenergieverbrauchs)

Quellen: Europäische Kommission, EurObserv'ER.

Fazit: 2012 lag der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in der EU bei 14,4 % (Europa-2020-Ziel: 20 %).

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2005 je Land

Fortschritte von 2005 bis 2012 (Änderung in Prozentpunkten)

Quellen: Europäische Kommission, EurObserv'ER.

Fazit: Der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in der EU ist im Zeitraum von 2005 bis 2012 um 5,9 Prozentpunkte gestiegen (x-Achse) und liegt für 2012 bei 14,4 % (y-Achse).

EUROPA-2020-ZIEL FÜR KLIMA UND ENERGIE (3)

Steigerung der Energieeffizienz um 20 %

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

In jüngster Zeit wurden einige Fortschritte im Bereich der Energieeffizienz erzielt, die allerdings in den nächsten Jahren konsolidiert werden müssen, damit das Europa-2020-Ziel einer Steigerung der Energieeffizienz um 20 % erreicht wird. (entspricht einem Primärenergieverbrauch von 1 483 Mio. t RÖE (Rohöleinheit[5]). Im Zeitraum von 2000 bis 2006 ist der Primärenergieverbrauch ausgehend von 1 617,8 Mio. t RÖE im Jahr 2000 stetig angestiegen und kletterte 2006 auf einen Höchstwert von 1 711,6 Mio. t RÖE. Ab 2007 sorgte die Krise für eine nahezu unaufhaltsame Talfahrt des Primärenergieverbrauchs, der 2012 bei 1 583,5 Mio. t RÖE lag. Wie bei den Treibhausgasemissionen war 2010 infolge der zeitweisen Konjunkturerholung ein leichter Anstieg des Primärenergieverbrauchs zu beobachten. Der Rückgang des Primärenergieverbrauchs ist zwar in erster Linie auf die infolge der Krise stark nachlassende Wirtschaftstätigkeit zurückzuführen, es gab jedoch auch gewisse strukturelle Veränderungen. Wenn das 2020-Ziel erreicht werden soll, müsste der Primärenergieverbrauch um weitere 6,3 % gesenkt werden.

In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen sind weitere Anstrengungen erforderlich, um das Energieeffizienzziel zu erreichen. Die jüngst rückläufige Entwicklung des Primärenergieverbrauchs muss durch langfristige Änderungen der Energieverbrauchmuster gestützt und weiter vorangebracht werden. Da die Veränderung des Primärenergieverbrauchs in erster Linie der Krise zuzuschreiben ist, stellt sich die Frage, ob die ermutigenden aktuellen Entwicklungen und der jeweilige Einfluss der zyklischen und strukturellen Faktoren dauerhaft sind. In allen Sektoren besteht Spielraum für weitere Maßnahmen, insbesondere im Verkehrssektor, in dem bisher kaum Fortschritte festgestellt worden sind.

Primärenergieverbrauch in der EU, 2005-2020

                                                                                                                           Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Der Primärenergieverbrauch in der EU könnte 2020 bei 1 542 Mio. t RÖE liegen.

* Die Projektionen für 2013 (Business-as-usual-Szenario) basieren auf den derzeitigen Strategien.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Im Bereich der Energieeffizienz fallen die Ergebnisse gemischt aus. Die Energieeffizienz-Richtlinie[6] definiert das Energieeffizienzziel auf europäischer Ebene und fordert von den Mitgliedstaaten, ein indikatives nationales Ziel für das Jahr 2020 festzulegen. Der Vergleichbarkeit halber müssen diese Ziele in Bezug auf den Primär- und Endenergieverbrauch angesetzt werden. Insgesamt lag der Primärenergieverbrauch in Zypern, Estland, Griechenland, Finnland, Kroatien, Ungarn, Irland, Litauen, Lettland, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Luxemburg, Polen, Spanien, Italien und Slowenien 2012 unter dem jeweiligen indikativen nationalen Ziel.

Primärenergieverbrauch in den EU-Mitgliedstaaten

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: 2012 haben 17 Mitgliedstaaten ihre indikativen nationalen Energieeffizienzziele erreicht.

Die Energieintensität[7], d. h. der Primärenergieverbrauch pro BIP-Einheit, hat sich in allen Mitgliedstaaten im Zeitraum von 2005 bis 2011 verbessert. Insgesamt haben die Länder mit der höchsten Energieintensität die größten Einsparungen erzielt. In den weniger energieintensiven Mitgliedstaaten fällt der Rückgang moderater aus.

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2005 je Land

Reduzierung der Energieintensität im Zeitraum von 2005 bis 2012 (in %)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Im Jahr 2012 entsprachen die Energieintensität und die Fortschritte in diesem Bereich in den meisten Mitgliedstaaten ungefähr dem EU-Durchschnitt.

EUROPA-2020-ZIEL FÜR BILDUNG (1)

Senkung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger auf unter 10 %

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

Zur Senkung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger wurden begrüßenswerte Schritte unternommen. Der Anteil ist seit 2000 stetig gesunken, liegt aber bislang nach wie vor über den im Rahmen von Europa 2020 angestrebten 10 %. Die EU will den Anteil der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger zwischen 18 und 24 Jahren, die höchstens über einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügen und sich nicht in einem allgemeinen oder beruflichen Bildungsgang befinden, bis 2020 auf unter 10 % reduzieren. Der Anteil entwickelte sich seit 2000 stetig rückläufig und ist in der EU von 17 % im Jahr 2000[8] auf 15,7 % 2005 und 12,7 % im Jahr 2012 gesunken. Dennoch hinkt der Wert damit 2,7 Prozentpunkte hinter dem Europa-2020-Ziel her. Die positive Entwicklung ist teilweise den Auswirkungen der Krise geschuldet, da die sich verschlechternden Beschäftigungsbedingungen und -aussichten insbesondere junge Menschen dazu angehalten haben, länger im Bildungs- und Weiterbildungssystem zu verbleiben.

Das Europa-2020-Ziel zur Senkung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger kann bis 2020 erreicht werden. Es erscheint möglich, jedoch nicht selbstverständlich, dass das Europa-2020-Ziel zur Senkung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger verwirklicht wird. Die jüngsten, vor dem Hintergrund der Krise erreichten Fortschritte bei der Senkung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger und die Prognosen der demografischen Entwicklung lassen daran zweifeln, dass der Anteil in der EU bis 2020 auf unter 10 % verringert werden kann. Um das Ziel zu verwirklichen, werden nachhaltige, wenn nicht sogar verstärkte Anstrengungen der EU und der Mitgliedstaaten vonnöten sein.

Frühzeitige Schul- und Ausbildungsabgänger in der EU in den Jahren 2000*, 2012 und 2020

(Schul- und Ausbildungsabgänger zwischen 18 und 24 Jahren, die höchstens über einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügen und sich nicht in einem allgemeinen oder beruflichen Bildungsgang befinden)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Ausgehend von den aktuellen Zusagen könnte der Anteil der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger bis 2020 bei 10,1 % liegen.

* 2000 und 2001: Daten für die EU-27.

** Das Business-as-usual-Szenario entspricht einer Extrapolierung der Entwicklungen im Zeitraum von 2000 bis 2012.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Die Senkung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger wird in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ehrgeizig verfolgt. Die nationalen Ziele reichen von 4 % (Kroatien) bis 16 % (Italien), was zeigt, dass die Mitgliedstaaten verschiedenartig ambitionierte Zielvorgaben festgelegt haben, die sich folglich auch mehr oder weniger schwierig umsetzen lassen. 2012 haben neun Mitgliedstaaten – Dänemark, Slowenien, die Tschechische Republik, Schweden, Luxemburg, Österreich, Lettland, Litauen und die Slowakei – ihre Zielvorgaben bereits erreicht, wobei einige dieser Länder sich weniger ehrgeizige Ziele als andere Mitgliedstaaten gesteckt hatten. Auch Kroatien, Deutschland, die Niederlande und Finnland nähern sich ihren Zielen an, während Spanien, Portugal, Malta und Rumänien weit hinter ihren Zielen zurückbleiben. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass diese Länder recht ehrgeizige Ziele angesetzt hatten.

Langfristig betrachtet lassen sich die Mitgliedstaaten in vier Hauptgruppen aufteilen: Einige Mitgliedstaaten, etwa Spanien, Rumänien und Italien, weisen einen hohen Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger und relativ langsame Fortschritte auf. In Portugal und Malta ist der Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger dagegen zwar auch hoch, doch wurden seit 2000 wesentliche Fortschritte erzielt. Am anderen Ende des Spektrums stehen Länder, die seit 2000 gute Leistungen, aber lediglich kleine Fortschritte verzeichnen konnten – so ist der Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger z. B. in Luxemburg und Kroatien im Zeitraum von 2000 bis 2012 sogar gestiegen. Am besten schnitten Dänemark und Litauen ab, die einen niedrigen Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger aufweisen und seit 2000 bemerkenswerte Fortschritte erzielt haben. Mit Ausnahme Spaniens, Portugals und Rumäniens dürften nach den neuesten Prognosen die meisten Mitgliedstaaten bis 2020 ihr Ziel erreichen.

Frühzeitige Schul- und Ausbildungsabgänger in den EU-Mitgliedstaaten

(Schul- und Ausbildungsabgänger zwischen 18 und 24 Jahren, die höchstens über einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügen und sich nicht in einem allgemeinen oder beruflichen Bildungsgang befinden)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Der durchschnittliche Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger in der EU lag 2012 bei 12,7 % (Europa-2020-Ziel: unter 10 %).

* EU-28, DK, DE, LU und SE: <10 %; LT: <9 %; SK: <6 %. Das VK hat kein Ziel festgelegt.

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2000* je Land

Jährliche Änderung des Anteils frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger in Prozentpunkten (2000-2012)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Der Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger in der EU wurde im Zeitraum von 2002 bis 2012 jährlich um rund 0,4 Prozentpunkte gesenkt (x-Achse) und liegt 2012 bei 12,7 % (y-Achse).

* EU: 2002-2012.

Die innerhalb der EU bestehenden Unterschiede hinsichtlich des Anteils frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger gehen schrittweise zurück. Die Lücke zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger ist im Zeitraum von 2000 bis 2012 um mehr als die Hälfte geschrumpft. In Schweden fiel der Anteil im Jahr 2000 mit 7,3 % am niedrigsten und in Malta mit 54,2 % am höchsten aus, was einem Abstand von 46,9 Prozentpunkten zwischen diesen beiden Werten entspricht. Im Jahr 2012 verzeichnete Kroatien den niedrigsten Anteil (4,2 %) und Spanien den höchsten Anteil (24,9 %), damit hat sich der Abstand auf 20,7 Prozentpunkte verkürzt. Insgesamt betrachtet weisen die südeuropäischen Länder tendenziell einen höheren Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger auf, während die nord- und osteuropäischen Länder mehrheitlich einen niedrigen Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger für sich verbuchen können.

EUROPA-2020-ZIEL FÜR BILDUNG (2)

Erhöhung des Anteils der 30- bis 34-Jährigen mit einem tertiären Bildungsabschluss auf mindestens 40 %

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

Beim Europa-2020-Ziel, den Anteil der 30- bis 34-Jährigen, die ein Hochschulstudium abgeschlossen haben oder über einen gleichwertigen Abschluss verfügen, auf mindestens 40 % zu erhöhen, wurden gute Fortschritte erreicht, die weiter vorangetrieben werden müssen. Anhand des zweiten bildungspolitischen Indikators wird gemessen, inwieweit das Ziel erreicht wurde, den Anteil der 30- bis 34-Jährigen, die ein Hochschulstudium abgeschlossen haben oder über einen gleichwertigen Abschluss verfügen, auf 40 % zu erhöhen. Der Anteil belief sich im Jahr 2000[9] auf 22,4 %, 2005 auf 27,9 % und 2012 auf 35,7 %, was einem Anstieg um 13,3 Prozentpunkte innerhalb von zwölf Jahren entspricht. Damit hat die EU bei der Verwirklichung dieses Ziels wesentliche Fortschritte erzielt, und die Anzahl der Menschen mit Hochschulabschluss ist rasch gestiegen. Nur noch 4,3 Prozentpunkte trennen das in der EU erreichte Resultat vom Europa-2020-Ziel von 40 %.

Das Europa-2020-Ziel für die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse kann bis 2020 erreicht werden. Auf der Grundlage der neuesten Entwicklungen, denen zufolge bereits wesentliche Fortschritte erreicht wurden, und unter der Annahme, dass dieser Trend sich fortsetzt, bestehen gute Chancen, dass die angestrebte Quote der tertiären (oder gleichwertigen) Bildungsabschlüsse erreicht wird.

Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in der EU, 2000-2020*

(Altersgruppe 30-34 mit tertiärem Bildungsabschluss, ISCED-Level 5 oder 6, in %)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Ausgehend von den aktuellen Zusagen könnte die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse bis 2020 bei 45,1 % liegen.

* 2000-2001: Daten für die EU-27.

** Das Business-as-usual-Szenario entspricht einer Extrapoliereung der Entwicklungen im Zeitraum von 2000 bis 2012.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Bei der Erhöhung der Quote der tertiären Bildungsabschlüsse wurden gute Fortschritte erzielt, auch wenn manche Mitgliedstaaten ambitioniertere Ziele als andere angesetzt haben. Die nationalen Zielvorgaben reichen von 26-27 % (Italien) bis 60 % (Irland) und spiegeln wider, wie ehrgeizig die Mitgliedstaaten ihr Ziel verfolgen. Im Jahr 2012 hatten neun Mitgliedstaaten – Lettland, die Niederlande, Dänemark, Finnland, Schweden, Litauen, Zypern, Deutschland und Österreich[10] – bereits ihre Ziele erreicht. Ungarn, Slowenien und Estland folgen dichtauf und sind kurz davor, ihre Ziele umzusetzen. Malta, die Slowakei, Luxemburg, Portugal und Kroatien sind am weitesten von ihren Zielen entfernt, und auch Irland liegt 9 Prozentpunkte hinter seinem Ziel. Einige dieser Länder, etwa die Slowakei, Portugal, Irland und Luxemburg, haben mit 40 %, 60 % bzw. 66 % ambitionierte Ziele formuliert, wohingegen etwa Italiens Zielmarke von 26 % weniger ehrgeizig ausfällt. Was die in den letzten zehn Jahren erreichten Fortschritte angeht, lassen sich vier Ländergruppen bilden: Einige Mitgliedstaaten, insbesondere Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Österreich, Italien, die Tschechische Republik und Rumänien, zeichnen sich durch eine niedrige Quote der tertiären Bildungsabschlüsse und geringe Fortschritte seit 2000 aus. Andere Länder wiederum haben trotz ihrer geringen Quote wesentliche Fortschritte seit 2000 erzielt. Dies ist insbesondere für Portugal und Ungarn der Fall. Zu den Ländern, die bei der Erhöhung der Quote der tertiären Bildungsabschlüsse besser abgeschnitten haben, aber nur langsam Fortschritte erzielen, zählen Finnland, Belgien und Spanien, während Luxemburg, Litauen, Irland und Schweden große Fortschritte für sich verbuchen konnten. Aus den Projektionen für 2020 geht hervor, dass die meisten Mitgliedstaaten, ausgenommen Malta, Portugal und die Slowakei, ihr Ziel erreichen dürften.

Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in den EU-Mitgliedstaaten

(Altersgruppe 30-34 mit tertiärem Bildungsabschluss, ISCED-Level 5 oder 6)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: 2012 lag die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in der EU bei 35,7 % (Europa-2020-Ziel: 40 %).

* EU-28, DK: mindestens 40 %; DE: 42 %, einschließlich ISCED 4; IT: 26-27 % (Annahme: 26,5 %); LV: 34-36 % (Annahme: 35 %); NL: über 40 %; AT: 38 %, einschließlich ISCED 4/4a; SE: 40-45 % (Annahme: 42,5 %); das VK hat kein Ziel festgelegt; FI: 42 % (engere Definition); FR: Bevölkerung zwischen 17 und 33 Jahren.

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2000 je Land*

Jährliche Änderung der Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in Prozentpunkten (2000-2012)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Seit 2000 ist die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in der EU jährlich um mehr als 1 Prozentpunkt angestiegen (x-Achse) und lag im Jahr 2012 bei 35,7 % (y-Achse).

* 2000: Daten für die EU-27.

Betrachtet man die Leistungen der Länder, so ergibt sich ein kontrastreiches Bild innerhalb der EU. Insgesamt fällt die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in Nordeuropa am höchsten aus, was sich auch in den Leistungen der verschiedenen Länder auf regionaler Ebene widerspiegelt. Die im Jahr 2000 bestehende deutliche Lücke zwischen der schwächsten Leistung (Malta) und den besten Resultaten (Litauen) in Höhe von 35,2 Prozentpunkten hat sich im Laufe der Jahre verkleinert und ist im Jahr 2012 auf 29,4 Prozentpunkte geschrumpft. Italien weist nun mit 21,7 % die niedrigste Quote der tertiären Bildungsabschlüsse auf, während Irland mit 51,1 % am besten abschneidet. Innerhalb einiger Länder bestehen in diesem Bereich gewisse regionale Unterschiede, insbesondere in Spanien und Deutschland. Darüber hinaus spiegeln sich die unterschiedlichen Ambitionen der Mitgliedstaaten auch in den Leistungen auf regionaler Ebene wider, da einige Länder, in denen eine hohe Anzahl von Regionen gute Ergebnisse erzielt hat, dennoch hinter dem nationalen Ziel zurückbleiben.

EUROPA-2020-ZIEL DER BEKÄMPFUNG VON ARMUT UND SOZIALER AUSGRENZUNG

Senkung der Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen um mindestens 20 Millionen

1. Aktueller Stand auf EU-Ebene

Die schwerwiegenden sozialen Auswirkungen der Krise und die dadurch gestiegene Anzahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen haben die Fortschritte bei der Erreichung des Europa-2020-Ziels, die Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen um 20 Millionen zu senken, zunichte gemacht. Das von der EU festgelegte Ziel entspricht einer Senkung der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Menschen bis 2020 auf 96,4 Millionen.[11] Der Indikator berücksichtigt bei der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen die Anzahl der Menschen, die unter mindestens einer von drei Arten von Armut leiden, d. h. Menschen, die  Einkommensarmut (armutsgefährdete Personen nach Sozialtransfers[12]) oder materielle Armut (materiell stark deprivierte Menschen[13]) erfahren oder in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbsintensität leben[14].

Von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdete Menschen in der EU, 2012

                                                       Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Ausgehend von drei verschiedenen Messgrößen für Armut waren in der EU im Jahr 2012 insgesamt 124,2 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet (davon 9,3 Millionen von allen drei Arten der Armut).

Aufgrund der schwerwiegenden Folgen der Krise scheint das Europa-2020-Ziel außer Reichweite gerückt zu sein. Die Jahre bis 2009 zeichneten sich durch einen stetigen Rückgang der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen aus. Mit 114 Millionen von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen[15] lagen die Zahlen 2009 auf ihrem niedrigsten Stand, wohingegen 2005 noch mehr als 124 Millionen gefährdet waren[16]. Die Krise machte jedoch diese positiven Entwicklungen zunichte und bewirkte einen Anstieg der aggregierten Zahlen für die EU-28: 2010 waren über 118 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, 2011 mehr als 121 Millionen und 2012 über 124 Millionen. Der größte Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen lebt in Einkommensarmut, und die Zahl der unter starker materieller Deprivation leidenden Menschen ist am schnellsten gestiegen (seit 2010 um 7,1 Mio. Menschen). Ausgehend von den jüngsten Entwicklungen und nach den neuesten Projektionen dürfte das EU-Ziel, die Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen bis 2020 auf 96,4 Millionen zu senken, nicht zu erreichen sein. Voraussichtlich wird die Zahl bei rund 100 Millionen bleiben.

Von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdete Personen und Subindikatoren, 2005-2020*

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: 2012 waren in der EU 124 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet, d. h. 28 Millionen mehr als im Rahmen des Europa-2020-Ziels angestrebt.

*2005-2009: EU-27, 2010-2012: Daten für die EU-28. Das Europa-2020-Ziel von 96,4 Mio. Menschen entspricht der Anzahl der betroffenen Menschen in der EU-27 im Jahr 2008 (116,4 Mio.) unter Berücksichtigung der von der EU angestrebten Senkung der Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen um 20 Mio. HR wurde bei der Berechnung des Ziels nicht berücksichtigt.

2. Aktueller Stand und Fortschritte in den Mitgliedstaaten

Infolge der Krise konnten bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung nur sehr begrenzte Fortschritte erreicht werden. Gegenüber dem europäischen Ziel, die Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen um 20 Millionen zu senken, fallen die nationalen Ziele weniger ehrgeizig aus und entsprechen einer Senkung der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen um rund 12 Millionen. Aufgrund der Krise ist in den meisten Mitgliedstaaten das Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung gestiegen. Aus diesem Grund haben 2012 lediglich zwei Länder – Deutschland und Litauen – ihre Ziele erreicht.[17] Polen steht kurz davor, sein Ziel zu verwirklichen, und Bulgarien, Litauen, die Tschechische Republik und Finnland sind auf einem guten Weg. Italien, Ungarn, Griechenland und Spanien bleiben am weitesten hinter ihren Zielen zurück.

Das Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten nimmt zu. Die Krise hat nicht alle Mitgliedstaaten in gleichem Ausmaß und in gleicher Intensität getroffen, und das Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten hat sich dadurch weiter verstärkt. 2008 machte die Lücke zwischen den Niederlanden mit dem niedrigsten Anteil von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeter Personen (14,9 %) und Bulgarien mit dem höchsten Anteil (44,8 %) knapp 30 Prozentpunkte aus. Diese Lücke wuchs im Jahr 2012, in dem die Niederlande einen Anteil von 15 % und Bulgarien einen Anteil von 49,3 % aufwies, auf 34,3 Prozentpunkte an.

Von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdete Menschen in den EU-Mitgliedstaaten*

(in % der Bevölkerung)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: 2012 waren in der EU 24,8 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet, d. h. 5 % mehr als im Rahmen des Europa-2020-Ziels angestrebt.

*Das Ziel für 2020 bezieht sich auf den Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen, falls das Ziel 2020 erreicht wird. Das VK und SE werden aufgrund ihrer speziellen nationalen Ziele nicht berücksichtigt; IE: 2011.

Situation im Jahr 2012 und Fortschritte seit 2008 je Land

Veränderung in Prozentpunkten (2008-2012)

Quelle: Europäische Kommission.

Fazit: Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Bevölkerung ist im Zeitraum von 2008 bis 2012 um mehr als einen Prozentpunkt gestiegen (x-Achse) und liegt 2012 bei 24,8 % (y-Achse).

2008: Daten für die EU-27.

Anhang III: Stand der Leitinitiativen

LEITINITIATIVE „AGENDA FÜR NEUE KOMPETENZEN UND BESCHÄFTIGUNGSMÖGLICHKEITEN“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten“ ist eine übergreifende Initiative für Beschäftigung, die die Aspekte Flexicurity, Kompetenzen, Arbeitsbedingungen und Schaffung von Arbeitsplätzen umfasst. Sie soll die Erwerbsquote durch mehr und bessere Arbeitsplätze anheben, Menschen dabei helfen, sich rechtzeitig auf künftige Veränderungen einzustellen und diese erfolgreich zu bewältigen, indem ihnen die richtigen Kompetenzen und Qualifikationen vermittelt werden, den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme modernisieren und dafür sorgen, dass die Vorteile des Wachstums überall in der EU spürbar werden. Die Leitinitiative umfasst vier vorrangige Bereiche: i) Anpassung von Flexicurity-Strategien an die Situation nach der Krise, damit die europäischen Arbeitsmärkte besser funktionieren, ii) Vermittlung von Kompetenzen, die den Arbeitsmarkterfordernissen gerecht werden, iii) Verbesserung der Arbeitsqualität und -bedingungen und iv) Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Arbeitskräftenachfrage. Die Agenda ist das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen der Kommission, der europäischen Organe, der Mitgliedstaaten, der Sozialpartner sowie der Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen. Im Rahmen der Agenda sollen 13 Schlüsselmaßnahmen, die von weiteren unterstützenden Maßnahmen flankiert werden, umgesetzt werden.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

Die Fortschritte bei der Durchführung der Initiative sind durchwachsen. Sämtliche Maßnahmen in den Bereichen Flexicurity und Kompetenzen konnten – angepasst an die neue wirtschaftliche Lage – abgeschlossen werden. Im Bereich Arbeitsqualität und -bedingungen ergibt sich hingegen ein uneinheitlicheres Bild. Bei den Themen Arbeitszeit, Gesundheit und Sicherheit wurden kaum Fortschritte erzielt. Im Zusammenhang mit dem Vorschlag zu Leitprinzipien hinsichtlich der Förderung günstiger Bedingungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen wurden keine Fortschritte verzeichnet, obwohl diese wichtige Maßnahme auch in gewissem Umfang im Kontext des Europäischen Semesters aufgegriffen wird.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Die Leitinitiative hatte auf makroökonomischer Ebene begrenzte Auswirkungen. Die Einzelinitiativen, die auf den Weg gebracht wurden, werden dazu beitragen, dass der Arbeitsmarkt im Laufe der Zeit besser funktioniert, und dafür sorgen, dass die größten Engpässe beseitigt werden, insbesondere in den Bereichen Kompetenzen und Mobilität. Vor dem Hintergrund der Krise waren die makroökonomischen Auswirkungen der Leitinitiative insgesamt jedoch begrenzt.

Verschiedene Faktoren standen einer Sensibilisierung für die Leitinitiative im Wege. 2012 musste die Leitinitiative angesichts der sich zuspitzenden Krise um eine umfassende Agenda für einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung ergänzt werden. Durch die Annahme des Beschäftigungspakets[18] im April 2012 und des Pakets zur Jugendbeschäftigung[19] im Dezember 2012 ist die Leitinitiative aus dem politischen Fokus gerückt und hat weniger kommunikative Unterstützung erfahren. Im Rahmen der Leitinitiative konnten weder ein kohärenter Rahmen für die Beschäftigungspolitik geschaffen noch die zwischen den verschiedenen Maßnahmen bestehenden Synergien erfolgreich genutzt werden. Es gab kaum Anknüpfungspunkte zum Europäischen Semester, insbesondere nicht zwischen den EU-Initiativen, die im Kontext der Leitinitiative angenommen worden waren, und den länderspezifischen Analysen und Empfehlungen des Europäischen Semesters.

LEITINITIATIVE „JUGEND IN BEWEGUNG“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Jugend in Bewegung“ deckt die Themen Bildung und Beschäftigung ab und soll die Leistungen im Bildungsbereich verbessern, Herausforderungen angehen, mit denen sich junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt auseinandersetzen müssen, und den Übergang von der Schule zur Arbeitswelt leichter gestalten. „Jugend in Bewegung“ umfasst vier vorrangige Bereiche, die sich auf die folgenden Aspekte konzentrieren: i) Unterstützung der Erlangung von Kompetenzen durch (formales, nicht formales und informales) Lernen, ii) Erhöhung des Anteils junger Hochschulabsolventen, iii) Förderung von Weiterbildung und beruflicher Mobilität und iv) Unterstützung der Beschäftigung junger Menschen. Im Rahmen der Initiative sollen EU-Mittel als Antriebskräfte verwendet werden, um die Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Beschäftigungsfähigkeit und die Beschäftigung junger Menschen zu verbessern.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

 Bei „Jugend in Bewegung“ wurde ein umfassender und integrierter Ansatz gewählt. Mit der Initiative wird ein übergreifendes Konzept verfolgt, das die Themen Bildung und Beschäftigung zusammenbringt und darauf abstellt, Brücken zwischen den beiden Bereichen zu bauen. Dadurch konnten verschiedene, für junge Menschen relevante EU-Maßnahmen kombiniert und Jugendfragen ganz oben auf die europäische und die nationalen Agenden gesetzt werden.

„Jugend in Bewegung“ wurde sorgfältig umgesetzt. Alle Folgemaßnahmen der Leitinitiative wurden durchgeführt, mit Ausnahme des speziellen Jugendausweises im Rahmen von „Jugend in Bewegung“, der durch andere Instrumente ersetzt wurde. In allen vier vorrangigen Themenbereichen der Leitinitiative wurden Maßnahmen eingeleitet: i) zur Senkung der Schulabbrecherquote wurde 2011 eine Empfehlung des Rates[20] formuliert, die den Anstoß für Maßnahmen auf nationaler Ebene zur Senkung der Schulabbrecherquote gab, ferner wurde die Kooperation auf europäischer Ebene im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung gestärkt, ii) die Modernisierung der Hochschulbildung stand im Mittelpunkt einer Mitteilung der Kommission, iii) die Mobilität wurde durch verschiedene Instrumente vorangebracht, insbesondere durch den neuen integrierten Ansatz und das Programm Erasmus+, den Europäischen Qualifikationspass und das Projekt „Dein erster EURES-Arbeitsplatz“, das jungen Menschen in den 28 Mitgliedstaaten Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt eröffnen soll, iv) zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit wurde eine Empfehlung des Rates[21] zur Einführung von Jugendgarantien[22] angenommen; die Jugendgarantien wurden bereitgestellt, können durch die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und die Beschäftigungsinitiative für Jugendliche unterstützt werden und sollen insbesondere Mitgliedstaaten, in denen es Regionen mit einer über 25 % liegenden Jugendarbeitslosigkeit gibt, zugutekommen.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Die Art und Weise, wie die Leitinitiative „Jugend in Bewegung“ kommuniziert wurde, weist mehrere Schwachstellen auf. Die Konzipierung als Rahmenplan und die langfristige Ausrichtung der in der Leitinitiative enthaltenen Maßnahmen standen im Gegensatz zu den Erwartungen einiger Interessenträger an ein operationelles Ausgabenprogramm. Infolge von Kommunikationsmaßnahmen im Zusammenhang mit den Programmen und Initiativen in den Bereichen Bildung und Jugendbeschäftigung kam es dazu, dass diese mit der Leitinitiative selbst verwechselt wurden.

LEITINITIATIVE „INNOVATIONSUNION“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Innovationsunion“ ist ein umfassendes Maßnahmenpaket, das darauf abzielt, ein innovationsfreundliches Umfeld in der EU zu schaffen. Mit der „Innovationsunion“ sollen Forschung und Innovation in der EU durch verschiedene Maßnahmen zugunsten von Behörden, Unternehmern, Forschern, Ingenieuren und Bürgern gefördert werden. Priorität wird Herausforderungen von allgemeinem Interesse eingeräumt, um die Rahmenbedingungen und den Zugang zu Finanzmitteln für Forschungs- und Innovationsaktivitäten zu verbessern und außerdem den Weg für einen Binnenmarkt für Innovation zu ebnen. Die „Innovationsunion“ gründet sich auf 34 Zusagen und Mittel aus dem Programm „Horizont 2020“ sowie auf andere Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

Die Umsetzung der Initiative ist auf einem guten Weg. Alle im Rahmen der „Innovationsunion“ eingeleiteten Maßnahmen kommen gut voran, weisen allerdings unterschiedliche Umsetzungsgrade auf. Insbesondere wurden fünf Europäische Innovationspartnerschaften gegründet, um die Zusammenarbeit von Interessenträgern auf EU-, auf nationaler und auf subnationaler Ebene zu fördern. Die Innovationspartnerschaften betreffen die folgenden Bereiche: i) aktives und gesundes Altern, ii) Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, iii) intelligente Städte und Gemeinden, iv) Wasser und v) Rohstoffe. Maßnahmen zur verstärkten Nutzung öffentlicher Aufträge für Innovationen, die Einführung eines Passes für grenzüberschreitende Wagniskapitalinvestitionen oder die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes sollen die Innovationsfreundlichkeit des Unternehmensumfelds verbessern. 2014 wurden außerdem Schritte zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums unternommen, der die Effizienz und Wirksamkeit öffentlicher Forschungssysteme steigern soll, damit die Produktivität, die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum in der EU angekurbelt werden können.

Es wurden Instrumente zur Beobachtung eingerichtet. So dient nun etwa ein umfassender Innovationsanzeiger der Bewertung der Innovationsleistung der EU-Mitgliedstaaten und der jeweiligen Stärken und Schwächen ihrer Forschungs- und Innovationssysteme. Darüber hinaus wurde ein neuer Indikator für Innovationsleistungen entwickelt, um die Innovationsleistungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten im Vergleich zu den wichtigsten Handelspartnern zu beobachten. Die Arbeiten dauern jedoch an, da noch einige Schwachstellen des Indikators zu beheben sind. Anhand des Indikators werden vier Hauptfaktoren bewertet, nämlich die technologische Innovation, die Beschäftigung in wissensintensiven Bereichen, die Wettbewerbsfähigkeit der wissensintensiven Güter und Dienstleistungen und die Beschäftigung in wachstumsstarken Unternehmen innovativer Sektoren.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Eine vollständige Umsetzung der Maßnahmen ist unerlässlich. Die im Rahmen der „Innovationsunion“ festgelegten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, doch ob die damit verbundenen Vorteile tatsächlich zum Tragen kommen, hängt stark von der ordnungsgemäßen Umsetzung ab.

Die „Innovationsunion“ konnte nicht verhindern, dass das Risiko einer Innovationslücke in der EU angestiegen ist. Seit 2008 konnte die EU ihren Rückstand bei der Innovationsleistung gegenüber den Vereinigten Staaten und Japan um 50 % verringern. Innerhalb der EU ist die Konvergenzdynamik bei der Innovationsleistung der Mitgliedstaaten jedoch zum Stillstand gekommen und die Unterschiede zwischen den Ländern wachsen.

LEITINITIATIVE „DIGITALE AGENDA FÜR EUROPA“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Digitale Agenda für Europa“ wurde entwickelt, damit die EU und ihre Mitgliedstaaten die Vorteile eines wettbewerbsfähigen digitalen Binnenmarkts nutzen können. Die EU ist mit einer Fragmentierung der europäischen Märkte konfrontiert, die verhindert, dass die Vorteile der digitalen Wirtschaft in Form von erhöhter Produktivität, mehr Beschäftigung und Wachstum genutzt werden. Die „Digitale Agenda für Europa“ soll das digitale Potenzial freisetzen und die digitale Kultur in der gesamten EU fördern. Ursprünglich waren 101 Maßnahmen in sieben Kernbereichen zur Erreichung dieses Ziels ermittelt worden. Nach einer Überprüfung der Initiative im Dezember 2012 wurden sieben neue Schlüsselmaßnahmen identifiziert. Mit diesen Maßnahmen wird in erster Linie hervorgehoben, wie wichtig es ist, die digitale Infrastruktur zu stärken, das Regelungsumfeld zu verbessern, digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze zu fördern und zielgerichtete Strategien in den Bereichen Computer- und Netzsicherheit, Cloud Computing und Mikroelektronik umzusetzen.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

Dank der Leitinitiative hat die digitale Wirtschaft die notwendige politische Aufmerksamkeit erhalten. Die Hauptstärke der Leitinitiative liegt darin, einen kohärenten und zukunftsorientierten Rahmen für Maßnahmen zu schaffen. Die jährliche Veröffentlichung des Anzeigers zur Digitalen Agenda und die jährliche Digitale Versammlung der Interessenträger haben dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit in Politik und Medien zu erhöhen. Darüber hinaus gab die „Digitale Agenda für Europa“ den Anstoß dafür, Maßnahmen auf die nationale Ebene zu übertragen, und in 20 Mitgliedstaaten und verschiedenen Regionen wurden eigene digitale Agenden eingeführt.

Bei der Durchführung der geplanten Maßnahmen wurden Fortschritte erzielt. Im Januar 2014 waren über 90 % der in der Leitinitiative vorgesehenen Maßnahmen abgeschlossen oder lagen im Zeitplan. Die Internetnutzung ist in der EU nun weitverbreitet, der elektronische Geschäftsverkehr verzeichnet Zuwächse – wenn bislang auch nur in geringem Maße auf grenzüberschreitender Ebene –, die elektronischen Behördendienste wurden ausgebaut und die Breitbandgrundversorgung in der EU erreicht alle Bürger.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Der digitale Binnenmarkt ist noch nicht verwirklicht und es sind weitere Investitionen in die Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur erforderlich. Es bestehen weiterhin Hindernisse, darunter die Fragmentierung der europäischen Märkte, die Infrastrukturlücken und das mangelnde Verbrauchervertrauen, die der Vollendung des digitalen Binnenmarkts zuwiderlaufen. Der Mangel an Hochgeschwindigkeits-Breitbandinfrastrukturen ist ein ernstzunehmendes Problem, da dadurch eine neue digitale Kluft entstehen und die soziale Ausgrenzung in bestimmten Gebieten, insbesondere im ländlichen Raum, verstärkt werden könnte.

Aufgrund einiger Schwächen konnte die „Digitale Agenda für Europa“ nicht ihre volle Effizienz entfalten. Die Sichtbarkeit der Leitinitiative wurde durch die mangelnde Zielgerichtetheit, die auf die hohe Anzahl spezifischer Maßnahmen zurückzuführen war, in Mitleidenschaft gezogen. Es war auch nicht möglich, mit Hilfe der Leitinitiative Themen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie oben auf den Strukturreformagenden zu platzieren.

LEITINITIATIVE „INDUSTRIEPOLITIK IM ZEITALTER DER GLOBALISIERUNG“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung“ stellt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie durch einen koordinierten Ansatz zu verbessern. Mit dieser Initiative wird betont, dass Innovation, Diversifizierung und Nachhaltigkeit miteinander kombiniert und die Gründung und Entwicklung von KMU gefördert werden müssen. Aufbauend auf 70 Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zielt die Initiative darauf ab, ein unternehmensfreundlicheres Umfeld zu schaffen und die Industrie dabei zu begleiten und zu unterstützen, mit den neuen globalen Herausforderungen umzugehen.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

Bei der Umsetzung der Initiative wurden nennenswerte Fortschritte erreicht. 90 % der ursprünglich im Rahmen der Initiative ermittelten 70 Schlüsselmaßnahmen wurden abgeschlossen oder kommen gut voran. Die in den Jahren 2010, 2012 und 2014 veröffentlichten Mitteilungen zur Industriepolitik haben dazu beigetragen, die Ziele der Leitinitiative umzusetzen. Viele Maßnahmen der Initiative zielen auf die Unterstützung von KMU ab – so wurde der „Small Business Act“ für Europa überprüft, und 2011 wurden ein Aktionsplan zur Förderung des Zugangs von KMU zu Finanzmitteln sowie eine Strategie zur Förderung der Internationalisierung von KMU angenommen; 2012 wurde ein Normungspaket vorgelegt, das die Normensetzung effizienter machen soll; im Jahr 2013 wurde das Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) angenommen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, und mit den weltraumpolitischen Initiativen Copernicus und Galileo wird eine neue Dimension für Dienstleistungsbranchen geschaffen. Im Jahr 2012 wurde außerdem eine Mitteilung zur Förderung des Unternehmertums vorgelegt. Weitere Maßnahmen sollen das Regulierungsumfeld für Unternehmen verbessern, insbesondere durch die Straffung von Rechtsvorschriften durch regelmäßige „Eignungsprüfungen“, die Verringerung des Zeit- und Kostenaufwandes für Unternehmensgründungen, eine Stärkung und Vertiefung des Binnenmarkts nach der Annahme der Binnenmarktakte I und II in den Jahren 2011 und 2012 sowie die Förderung von Innovationen und die Modernisierung der Industrie. Darüber hinaus wurden einige sektorspezifische Initiativen auf den Weg gebracht.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Bei der Leitinitiative „Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung“ wurde ein mittel- bis langfristiger Ansatz verfolgt. In einigen Maßnahmenbereichen wird es gewisse Zeit dauern, bis mit Ergebnissen gerechnet werden kann. Die Investitionen der öffentlichen Haushalte in die notwendigen Infrastrukturnetze sind gesunken, der Binnenmarkt ist noch immer nicht ausreichend verwirklicht, die Bedingungen für den Zugang zu Finanzmitteln für KMU haben sich infolge der Krise verschlechtert und die Fortschritte bei der Gewährleistung, dass für Industriearbeitsplätze angemessen qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar sind, blieben begrenzt. Die meisten der Maßnahmen im Rahmen der Leitinitiative haben einen Zeithorizont von drei bis zehn Jahren. Nur eine Minderheit ist kurzfristig und operationell ausgerichtet. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, die sich auf verschiedene Sektoren der Industrietätigkeit in der EU sehr negativ ausgewirkt hat, mussten die Maßnahmen im Rahmen der Leitinitiative durch Maßnahmen in vorrangigen Bereichen mit kurz- oder mittelfristiger Wirkung ergänzt werden.

LEITINITIATIVE „RESSOURCENSCHONENDES EUROPA“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ unterstützt den Übergang zu einer ressourcenschonenden und CO2-armen Wirtschaft. „Ressourcenschonendes Europa“ soll Wachstum und Ressourcennutzung voneinander entkoppeln und einen langfristigen Rahmen bieten, damit bei der Erarbeitung von Strategien das Schlüsselprinzip der Ressourceneffizienz berücksichtigt wird, insbesondere in den Bereichen Klimawandel, Energie, Verkehr, Industrie, Abfall- und Rohstoffe, Landwirtschaft, Fischerei, Biodiversität und regionale Entwicklung. Angesichts der zunehmenden Belastung der natürlichen Ressourcen und der internationalen Dimension des Themas stellt „Ressourcenschonendes Europa“ darauf ab, eine intelligentere Ressourcennutzung bis 2020 zu fördern und zu verankern, um auf diese Weise bis 2050 weitere Ergebnisse zu erzielen. Zu diesem Zweck umfasst „Ressourcenschonendes Europa“ mehrere Initiativen, die seit 2011 eingeleitet worden sind.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

Auf EU-Ebene wurden bereits verschiedene Maßnahmen im Rahmen der Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ auf den Weg gebracht. Die Kommission hat bereits alle wichtigen Maßnahmen der Initiative vorgelegt, insbesondere stellte sie 2011 einen langfristigen politischen Rahmen bis 2050 vor. Der Rahmen besteht aus vier Fahrplänen: dem „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050“[23], dem Weißbuch „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“[24], dem „Energiefahrplan 2050“[25] und dem „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“[26]. Dieser Strategierahmen wurde durch verschiedene mittelfristige Initiativen ergänzt, darunter die neue Biodiversitätsstrategie „Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020“[27], „Ein Blueprint für den Schutz der europäischen Wasserressourcen“[28] und das neue Programm „Saubere Luft für Europa“[29]. Auch die Reform der Gemeinsamen Landwirtschaftspolitik (Einführung einer Ökologisierungskomponente) und der Gemeinsamen Fischereipolitik gehen auf diese Initiative zurück. Die Kommission wird weiter an den Folgemaßnahmen arbeiten, die in den Fahr- oder Aktionsplänen im Rahmen dieser Initiative angekündigt worden sind. Darüber hinaus hat die Kommission in ihrer Mitteilung „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik im Zeitraum 2020-2030“[30] vom 22. Januar 2014 die Fahrpläne für 2050 für die Bereiche Energie und Klima weiter spezifiziert.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Zur Messung der Ressourceneffizienz bedarf es eines umfassenderen Ansatzes. Das Thema Ressourceneffizienz umfasst viele verschiedene Strategien und betrifft zahlreiche Ressourcen. Ein einheitlicher oder begrenzter Satz von Indikatoren wäre hilfreich, um den Fortschritt bei der Nutzung von Ressourcen wie Energie, Rohstoffe, Boden und Wasser auf operative Weise zu beobachten und die Entwicklung politischer Strategien voranzubringen. Es gestaltet sich jedoch schwierig, Veränderungen bei der Nutzung von Ressourcen auf einfache Art und Weise zu analysieren und ausreichend präzise Indikatoren zu entwickeln. In diesem Bereich sind weitere Arbeiten erforderlich. Der von Eurostat veröffentlichte Anzeiger der Ressourceneffizienz, dessen Hauptindikator die Ressourcenproduktivität ist, stellt einen wichtigen Schritt in diese Richtung dar. Eine systematische Beobachtung mit Hilfe von Schlüsselindikatoren ist außerdem erforderlich, um – wie im klima- und energiepolitischen Rahmen bis 2030 hervorgehoben – den Fortschritt auf dem Weg zu einer wettbewerbsfähigen, sicheren und nachhaltigen Energienutzung zu bewerten.

LEITINITIATIVE „EUROPÄISCHE PLATTFORM ZUR BEKÄMPFUNG VON ARMUT UND SOZIALER AUSGRENZUNG“

1. Ziel der Leitinitiative

Die Leitinitiative „Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung“ soll den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt gewährleisten. Aufbauend auf dem Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2010 sollen die Sensibilisierung in diesem Bereich gefördert und die Grundrechte von in Armut und sozialer Ausgrenzung lebenden Menschen anerkannt werden, damit diese in Würde leben und an der Gesellschaft teilhaben können. Ziel der Leitinitiative ist ein integriertes Konzept zur Bekämpfung der Armut, das verschiedene Strategien aus den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Gesellschaft oder Binnenmarkt miteinander kombiniert. Die Leitinitiative stützt sich außerdem auf einen partnerschaftlichen Ansatz unter Beteiligung von Zivilgesellschaft, Sozialpartnern und Mitgliedstaaten. Im Rahmen der Initiative wurde in fünf Bereichen Handlungsbedarf für die Kommission ermittelt: i) Maßnahmen in allen Politikbereichen, ii) stärkerer und wirksamerer Einsatz der EU-Mittel zur Unterstützung der sozialen Eingliederung, iii) Förderung evidenzbasierter sozialer Innovation, iv) partnerschaftliches Arbeiten und Bündelung des Potenzials der Sozialwirtschaft, v) Förderung einer verbesserten politischen Koordinierung unter den Mitgliedstaaten. Insbesondere wurden im Rahmen der „Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung“ 64 Maßnahmen identifiziert, die von der Kommission durchgeführt werden sollen.

2. Stand 2014

2.1 Durchführung und Auswirkungen

Die Umsetzung der Initiative geht rasch voran. Die Kommission hat rund zwei Drittel der 64 Maßnahmen durchgeführt. Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der einschlägigen Herausforderungen durch Strukturreformen hat die Kommission vor dem Hintergrund der anhaltenden Krise mit dem Paket zu sozialen Investitionen[31] und der Empfehlung „Investitionen in Kinder: Den Kreislauf der Benachteiligung durchbrechen“[32], dem „EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020“[33] sowie dem Weißbuch „Eine Agenda für angemessene, sichere und nachhaltige Pensionen und Renten“[34] politische Leitlinien vorgegeben. Darüber hinaus hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über Zahlungskonten vorgelegt. Um die Sozialwirtschaft und Sozialunternehmer zu unterstützen, wurden die Initiative für soziales Unternehmertum veröffentlicht und ein EU-Fonds für soziales Unternehmertum eingerichtet. Die Kommission hat außerdem Leitlinien für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen vorgelegt und einen Index für aktives Altern vorgestellt. Eine weitere wesentliche Initiative vor dem Hintergrund der „Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung“ ist der Jahreskongress gegen Armut.

2.2 Bisherige Erfahrungen

Verschiedene Faktoren haben verhindert, dass die Leitinitiative ihre volle Effizienz entfalten konnte. Durch die Annahme des Pakets zu sozialen Investitionen haben sich der strategische Schwerpunkt und die Kommunikationsanstrengungen deutlich weg von der Leitinitiative verlagert. Darüber hinaus konnten im Rahmen der Leitinitiative weder ein kohärenter und integrierter Rahmen für die Sozialpolitik geschaffen noch die zwischen den verschiedenen Maßnahmen bestehenden Synergien erfolgreich genutzt werden. Die Leitinitiative umfasst vielmehr eine Ansammlung von Einzelinitiativen, und ihr Mehrwert ist nicht klar ersichtlich.

[1] Daten für die EU-27.

[2] Das EU-EHS deckelt die Gesamtemissionen der Industriesektoren mit hohem CO2-Ausstoß. Im Rahmen der Obergrenzen können Unternehmen Emissionszertifikate verkaufen oder kaufen.

[3] Von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie.

[4] EurObserv'ER.

[5] Im Gegensatz zum Endenergieverbrauch umfasst der Primärenergieverbrauch Energie, die keinem Umwandlungsprozess unterzogen wurde.

[6] ABl. L 315 vom 14.11.2012.

[7] Der Indikator der Energieintensität ist abhängig von der Industriestruktur der Volkswirtschaft und somit kein exakter Ersatzindikator für die Energieeffizienz in den Mitgliedstaaten.

[8] Daten für die EU-27.

[9] Daten für die EU-27.

[10] Es sei darauf hingewiesen, dass die Ziele Deutschlands und Österreichs sich von denen anderer Mitgliedstaaten insofern unterscheiden, als sie auch postsekundäre Abschlüsse berücksichtigen.

[11] Das Basisjahr ist 2008.

[12] „Personen mit einem verfügbaren Äquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle, die bei 60 % des nationalen verfügbaren Medianäquivalenzeinkommens (nach Sozialtransfers) liegt.“ Quelle: Europäische Kommission.

[13] „Die Lebensbedingungen von stark materiell deprivierten Personen sind durch einen Mangel an Ressourcen stark eingeschränkt; sie sind mit mindestens vier der folgenden neun Probleme konfrontiert: Sie können es sich nicht leisten, i) die Miete oder die Wasser- und Energierechnungen zu zahlen, ii) die Wohnung angemessen zu beheizen, iii) unvorhergesehene Ausgaben zu finanzieren, iv) jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder ein Proteinäquivalent zu essen, v) eine Woche Urlaub außerhalb der eigenen Wohnung zu machen, vi) ein Auto zu unterhalten, vii) eine Waschmaschine zu haben, viii) einen Farbfernseher und/oder ix) ein Telefon zu haben.“ Quelle: Europäische Kommission.

[14] „Als in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbsintensität lebend gelten Personen zwischen 0-59 (ausgenommen Studierende), die in Haushalten leben, in denen die Erwachsenen im abgelaufenen Jahr insgesamt weniger als 20 % ihres Arbeitspotenzials beschäftigt waren.“ Quelle: Europäische Kommission.

[15] Daten für die EU-27.

[16] Daten für die EU-27.

[17]             Diese Länder haben nationale Ziele erreicht, die nicht anhand der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen gemessen werden.

[18] COM(2012) 173.

[19] COM(2012) 727.

[20] 2011/C191/01.

[21] 2013/C120/01.

[22] Die Jugendgarantien stellen sicher, dass allen jungen Menschen unter 25 Jahren innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos werden oder die Schule verlassen, eine hochwertige Arbeitsstelle oder weiterführende Ausbildung oder ein hochwertiger Ausbildungs- oder Praktikumsplatz angeboten werden sollte.

[23] KOM(2011) 112.

[24] KOM(2011) 144.

[25] KOM(2011) 885.

[26] KOM(2011) 571.

[27] KOM(2011) 244.

[28] COM(2012) 673.

[29] COM(2013) 918.

[30] COM(2014) 15.

[31] COM(2013) 83.

[32] 2013/112/EU.

[33] KOM(2011) 173.

[34] COM(2012) 55.

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