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Document 52014DC0199

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT zur Rückkehrpolitik der EU

/* COM/2014/0199 final */

52014DC0199

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT zur Rückkehrpolitik der EU /* COM/2014/0199 final */


Mitteilung zur Rückkehrpolitik der EU

Teil I - Einleitung

Die EU arbeitet seit 1999 an der Entwicklung eines umfassenden Migrationskonzepts, das die Harmonisierung der Zulassungsbedingungen, die Rechte von Drittstaatsangehörigen mit legalem Aufenthalt[1] sowie die Ausarbeitung legislativer Maßnahmen und die praktische Zusammenarbeit zur Verhinderung irregulärer Migrationsströme umfasst.

Im Mittelpunkt der Mitteilung steht die EU-Politik zur Förderung der Rückkehr/Rückführung irregulärer Migranten, die — zusammen mit effektivem Grenzmanagement, wirksamen Sanktionen gegen Arbeitgeber, die illegal aufhältige Drittstaatsangehörige beschäftigen, und der Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel — ein wichtiges Instrument darstellt, um die Herausforderung der irregulären Migration unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde der betroffenen Personen und im Einklang mit der EU-Grundrechtecharta, der Europäischen Menschenrechtskonvention und allen sonstigen einschlägigen internationalen Menschenrechtsübereinkommen zu bewältigen. Die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, für die es weder ihren Aufenthalt in der EU rechtfertigende Gründe noch die Notwendigkeit zu gewährenden Schutzes gibt, ist eine zentrale Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit der EU-Politik im Bereich legale Zuwanderung und Asyl.

In der vorliegenden Mitteilung werden der Wandel in der Rückkehrpolitik der EU in den letzten Jahren dargelegt, die Auswirkungen dieses Wandels analysiert und Vorschläge für künftige Entwicklungen vorgestellt. Mit dieser Mitteilung kommt die Kommission ihrer Verpflichtung nach, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie, dem Kernstück des EU-Besitzstands im Bereich Rückführung und Rückkehr[2] (siehe dazu detaillierter Teil IV dieser Mitteilung), vorzulegen. Des Weiteren erfüllt sie so ihre zum Zeitpunkt des Erlasses der geänderten Frontex-Verordnung im Jahr 2011 eingegangene politische Verpflichtung, über die Überwachung der von Frontex koordinierten Rückführungsmaßnahmen Bericht zu erstatten (siehe II.4.2). 

Die Rückkehrpolitik ist eng mit der Rückübernahme- und Wiedereingliederungspolitik verknüpft; beide sind feste Bestandteile des Gesamtansatzes für Migration und Mobilität (GAMM)[3], der den übergeordneten Rahmen für die auswärtige Migrations- und Asylpolitik der EU bildet. Im Rahmen des GAMM bemüht sich die EU um die Stärkung ihres migrationspolitischen Dialogs und der diesbezüglichen operativen Zusammenarbeit mit Drittstaaten, einschließlich in den Bereichen Rückführung/Rückkehr und Rückübernahme, in einem Geist der Partnerschaft und auf der Grundlage gemeinsamer Interessen. Die externe Dimension der Rückkehrpolitik ist von zentraler Bedeutung, um die Wirksamkeit dieser Politik zu gewährleisten und Fragen wie die freiwillige Rückkehr und die Wiedereingliederung von Rückkehrern in den Herkunftsländern sowie die Identifizierung und dokumentarische Erfassung der Rückkehrer anzugehen. Auf die EU-Rückübernahmepolitik wird allerdings in dieser Mitteilung nicht näher eingegangen[4]. 

Teil II - Rückkehrpolitik der EU: Aktueller Stand

1. Fakten und Zahlen

 

Die Anzahl der Festnahmen irregulärer Migranten in der EU ist seit 2008 jährlich zurückgegangen: zwischen 2008 und 2012 betrug der Rückgang fast 30 %. Von etwa 610 000 Festnahmen im Jahr 2008 beläuft sich diese Zahl heute auf etwa 440 000 Festnahmen. Der genaue Grund für diesen Rückgang ist schwer zu erfassen, aber es steht außer Frage, dass eine Reihe von Faktoren, wie verschärfte Kontrollen an den Außengrenzen, die Wirtschaftskrise in Europa und die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in einigen wichtigen Herkunftsländern zu diesem Rückgang beigetragen haben. Trotz dieses Rückgangs wird die irreguläre Migration aufgrund ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit zweifellos auch weiterhin eine Herausforderung für die EU bleiben. Die irreguläre Migration unterliegt per definitionem unvorhersehbaren quantitativen (Zahl der Migranten), geografischen (betroffene Nicht-EU-Länder und betroffene Mitgliedstaaten) und qualitativen (Ursache der Migration) Schwankungen. Was die Rückkehr/Rückführung von Personen anbelangt, die nicht berechtigt waren, sich in der EU aufzuhalten, zeigen die Statistiken eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Personen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist (etwa 484 000 Personen im Jahr 2012, 491 000 im Jahr 2011 und 540 000 im Jahr 2010), und denen, die die EU in der Folge tatsächlich verlassen haben (etwa 178 000 im Jahr 2012, 167 000 im Jahr 2011 und 199 000 im Jahr 2010)[5]. Vorläufige Daten für 2013 bestätigen diesen Trend, wobei im Vergleich zu 2012 ein leichter Abwärtstrend bei den Festnahmen sowie eine nach wie vor große Kluft zwischen den Personen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, und denen, die tatsächlich zurückgekehrt sind, festzustellen sind.

Diese Kluft ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, insbesondere aber auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Herkunfts- oder Transitländer, die nicht der EU angehören (z. B. Probleme, die erforderlichen Unterlagen von den Konsularbehörden von Drittstaaten zu erhalten) sowie die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Betroffenen (die sich der Rückführung durch Verschleierung ihrer Identität oder durch Flucht entziehen).

2. Der EU-Rechtsrahmen für die Rückkehr/Rückführung

In den letzten Jahren wurden in der Union insbesondere seit der Annahme der Rückführungsrichtlinie erhebliche Fortschritte bei der Festlegung eines kohärenten rechtlichen Rahmens für Rückkehr-/Rückführungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten erzielt. Die Richtlinie soll gewährleisten, dass die Rückkehr/Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal in der EU aufhalten, im Wege fairer und transparenter Verfahren, die die Grundrechte und die Würde der Menschen uneingeschränkt achten, vonstattengeht. Mehrere Entscheidungen des EuGH haben zur Klärung wichtiger Aspekte der Richtlinie beigetragen (z. B. in Bezug auf die Inhaftnahme), was wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten hatte. Eine eingehende Bewertung der Auswirkungen der Richtlinie auf die Rückkehrpolitik und die Vorgehensweisen der Mitgliedstaaten[6] sowie eine Übersicht der Rechtsprechung des EuGH sind in Teil IV dieser Mitteilung enthalten.

Andere auf EU-Ebene angenommene flankierende Rechtsinstrumente spielen ebenfalls eine wichtige Rolle im Bereich der Rückkehr/Rückführung. Es ist davon auszugehen, dass das Visa-Informationssystem (VIS) (Verordnung (EG) Nr. 767/2008) ein wichtiges Instrument für die Identifizierung und dokumentarische Erfassung der Rückkehrer wird. Gemäß Artikel 2 Buchstabe e besteht eines der Ziele des VIS darin, „zur Identifizierung von Personen beizutragen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt nicht bzw. nicht mehr erfüllen“. Nach Artikel 19 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 1 ist Migrationsbehörden der Zugang zu bestimmten VIS-Daten zum Zwecke der Verifizierung der Identität gestattet. Gemäß Artikel 31 Absatz 2[7] können diese Daten an einen Drittstaat übertragen oder einem Drittstaat zum Nachweis der Identität von Drittstaatsangehörigen zum Zweck der Rückführung zur Verfügung gestellt werden. Einer unlängst durchgeführten Ad-hoc-Umfrage des Europäischen Migrationsnetzes (EMN) zufolge[8] haben einige Mitgliedstaaten bereits damit begonnen, die VIS-Daten zu Rückführungs- und Rückübernahmezwecken zu verwenden; dem Anschein nach hat sich dies positiv auf die Dauer der Verfahren und die Rückführungsraten ausgewirkt. Das VIS wird darüber hinaus ausdrücklich als eines der möglichen Instrumente zum Nachweis der Staatsangehörigkeit im Rahmen einiger der jüngsten Rückübernahmeabkommen der EU (EURA) genannt. 

Das Schengener Informationssystem (SIS) hat sich als nützliches Instrument erwiesen, um der europäischen Dimension der gemäß der Rückführungsrichtlinie erteilten Einreiseverbote volle Wirkung zu verleihen. Diese Schengen-weite Einreiseverbote sind in erster Linie auf Prävention ausgerichtet. Im Zeitraum 2008-2013 wurden im Schnitt etwa 700 000 Schengen-weite Einreiseverbote im System gespeichert. Aber selbst wenn diese Instrumente effizienter genutzt würden, könnten sie nicht alle Probleme im Zusammenhang mit der Identifizierung und Ausstellung von Ausweispapieren für irreguläre Migranten lösen, die ohne Visum oder ohne Ausweispapiere in die Europäische Union eingereist sind und eine falsche oder richtige Identität angeben, die nicht überprüft werden kann. Für diese Fälle, die sehr zeitaufwändig für die Migrationsbehörden sind und eine große Herausforderung für das Rückkehrmanagement darstellen, müssen neue, innovative Lösungen gefunden werden, die auf einer verstärkten Zusammenarbeit mit Ländern, die nicht der EU angehören, basieren und die Grundrechte uneingeschränkt wahren.

3. Finanzielle Unterstützung auf EU-Ebene

Der Rückkehrfonds (2008-2013) sah einen finanziellen Fördermechanismus vor, der es ermöglichte, erhebliche EU-Mittel in die Mitgliedstaaten fließen zu lassen, um den zuständigen Behörden bei der Bewältigung der Probleme im Bereich des Rückkehrmanagements Hilfe zu leisten. Die Mittelzuweisung für alle Mitgliedstaaten im Zeitraum 2008-2013 belief sich insgesamt auf 674 Mio. EUR. Seit Beginn des Programmplanungszeitraums im Jahr 2008 sind die jährlichen Programme in den Mitgliedstaaten erheblich ausgebaut worden. Sie umfassen eine breite Palette von Maßnahmen, die verstärkt auf Programme zur Förderung der freiwilligen Rückkehr und die Einhaltung der gemeinschaftlichen Standards der Rückführungsrichtlinie, einschließlich humaner und würdevoller Haftbedingungen und der Förderung einer nachhaltigen Rückkehr und Wiedereingliederung abstellen[9]. Den NRO kam bei der Durchführung von Maßnahmen und Vorhaben zur Unterstützung von Rückkehrern eine wichtige Rolle zu. Die NRO haben Zugang zur Migranten-Diaspora, sie verfügen über Erfahrung in der Arbeit mit irregulären Migranten und werden als Moderatoren wahrgenommen, die nicht den Staat vertreten. Häufig konnten sie dazu beitragen, Konflikte zu entschärfen, Vertrauen und bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden und den Rückkehrern zu schaffen und die Situation irregulärer Migranten im Allgemeinen zu verbessern. Der neue Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) wird auf den Erfahrungen der vergangenen sechs Jahre aufbauen und weiterhin finanzielle Unterstützung für die Anstrengungen zur Erreichung der Ziele der EU-Rückkehrpolitik bieten. Gefördert werden unter anderem Alternativen zum Freiheitsentzug, sozialer Beistand, Bereitstellung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe, spezielle Unterstützung von schutzbedürftigen Personen, unabhängige und effiziente Überwachung der Rückkehr/Rückführung, Verbesserung der Aufnahmeinfrastruktur, der Dienstleistungen und der Arbeitsbedingungen sowie der Fortbildung der Mitarbeiter.

Im Rahmen der EU-Instrumente für auswärtige Zusammenarbeit unterstützt die EU auch in Drittstaaten den Aufbau von Kapazitäten für mehrere Aspekte des Rückkehrmanagements, einschließlich der Integration von Rückkehrern. Seit 2005 hat die Kommission mehr als 40 Projekte im Rahmen der EU-Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit finanziert, bei denen unter anderem ein deutlicher Schwerpunkt auf den Aufbau von Kapazitäten für die Rückkehr und die Wiedereingliederung gelegt wurde. Für diesen Zweck wurden Mittel in Höhe von mehr als 70 Mio. EUR bereitgestellt.

4. Praktische und operative Zusammenarbeit

4.1 Programme zur Förderung der freiwilligen Rückkehr

Zu den zentralen Voraussetzungen für eine gelungene dauerhafte Rückkehr gehören freiwillige Rückkehr-Beratung, maßgeschneiderte Rückkehrpakete, effiziente Unterstützung bei der Wiedereingliederung und Informationen über die Möglichkeiten einer legalen Zuwanderung. Die zuständigen staatlichen und nichtstaatlichen Akteure, insbesondere die Internationale Organisation für Migration (IOM), haben eine wichtige Rolle bei der Erleichterung der freiwilligen Ausreise im Rahmen begleiteter freiwilliger Rückkehrprogramme gespielt, die umfassende Rückkehrhilfe bieten, zu der auch auf eine nachhaltige Wiedereingliederung in den Herkunftsländern zielende Maßnahmen gehören. IOM leitet derzeit mehr als 70 solcher Projekte in 26 Mitgliedstaaten der EU. In den vergangenen sechs Jahren wurden etwa 148 000 Migranten bei ihrer freiwilligen Rückkehr unterstützt. Laut IOM kommt es bei der Durchführung der Programme auf die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern an. Außerdem sei es wichtig, über Partnerschaften Rückkehr- und Migrationsfragen anzugehen und im Kontakt mit den laufenden Bemühungen der EU und der Mitgliedstaaten zu bleiben. Das Verhältnis zwischen der freiwilligen und der zwangsweisen Rückkehr (nach den Daten der jährlichen Frontex-Risikoanalyse 2013[10]) in der EU betrug im Jahr 2012 ca. 44:56. Die stärkere Förderung der freiwilligen Rückkehr ist nach wie vor eines der wichtigsten Ziele der EU im Bereich der Rückkehrpolitik.

4.2 Koordinierung gemeinsamer Rückführungsmaßnahmen durch Frontex

Im Rahmen der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten wurden zunehmend gemeinsame Abschiebungsflüge organisiert. In diesem Zusammenhang spielte die Agentur Frontex eine wichtige Rolle als Instrument für die Förderung gemeinsamer Rückführungsaktionen. Zwischen 2006 und Dezember 2013 führte Frontex 209 gemeinsame Rückführungsmaßnahmen durch, bei denen insgesamt 10 855 Personen zurückgeführt wurden[11]. Seit 2007 stellt Frontex standardisierte Fortbildungsmaßnahmen für die Beamten der für Rückführung zuständigen Behörden zur Verfügung, in deren Mittelpunkt die Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde bei Rückführungsmaßnahmen stehen[12]. Seitdem Artikel 8 Absatz 6 der Rückführungsrichtlinie, der die erzwungene Rückkehr betrifft, angewandt wird (Jahr 2010), wurde die Hälfte aller gemeinsamen Rückführungsmaßnahmen durch unabhängige Inspektoren, die von Beginn der Operation bis zur Ankunft am Bestimmungsflughafen physisch anwesend waren, überwacht. Bisher haben die Inspektoren keinen Verstoß gegen die Grundrechte der Rückkehrer gemeldet.

Tabelle 1: Überwachung der von Frontex koordinierten gemeinsamen Rückführungsmaßnahmen:

|| Anzahl der gemeinsamen Rückführungs-maßnahmen + Zahl der Rückkehrer insgesamt || Anzahl der gemeinsamen Rückführungs-maßnahmen, bei denen Inspektoren an Bord waren || Anzahl der gemeinsamen Rückführungs-maßnahmen, bei denen Inspektoren anwesend waren || Prozentualer Anteil der Rückkehrer bei überwachten gemeinsamen Rückführungs-maßnahmen || Staatsangehörigkeit der Inspektoren (Hinweis: bei einigen gemeinsamen Rückführungs-maßnahmen waren zwei oder drei Inspektoren anwesend)

2011 || 39 gemeinsame Rückführungs-maßnahmen mit 2 059 Rückkehrern || 23 gemeinsame Rückführungs-maßnahmen mit 1 147 Rückkehrern || 59 % || 56 % || AT: 15; NL: 7; UK: 4; LV: 3; BE: 2; DK: 1; FR: 1; LU: 1

2012 || 38 gemeinsame Rückführungs-maßnahmen mit 2 110 Rückkehrern || 23 gemeinsame Rückführungs-maßnahmen mit 1 059 Rückkehrern || 60 % || 50 % || AT: 21; NL: 3; LV: 2; LU: 1; NO: 1

2013 || 39 gemeinsame Rückführungs-maßnahmen mit 2 152 Rückkehrern || 20 gemeinsame Rückführungs-maßnahmen mit 937 Rückkehrern || 51 % || 44 % || AT: 10; DE: 3; NL: 3; IE: 1; UK: 1; CH: 1; BE:2; ES:1; IS: 1;

Am 7. Oktober 2013 wurde der Frontex-Verhaltenskodex für gemeinsame Rückführungs-maßnahmen verabschiedet, bei dem der Schwerpunkt auf wirksamen Verfahren zur Überwachung der zwangsweisen Rückkehr sowie auf der Achtung der Grundrechte und der Menschenwürde bei Rückführungsmaßnahmen liegt. Der Verhaltenskodex sieht vor, dass der Inspektor (ein unabhängiger externer Beobachter, der häufig eine Nichtregierungsorganisation (NRO) oder eine andere unabhängige, von einem Mitgliedstaat mit der Überwachung von zwangsweisen Rückführungen  gemäß Artikel 8 Absatz 6 der Richtlinie betraute Kontrolleinrichtung vertritt) im Vorfeld der eigentlichen Rückführung alle erforderlichen Informationen zu der geplanten Maßnahme erhält und von der Phase vor der Rückführung (interne Briefings) bis zur Phase nach der Rückführung (Debriefing) am Rückführungsprozess beteiligt ist. Er hat Zugang zu allen Informationen und physischen Zugang zu jedem Ort, den er kontrollieren will. Die Beobachtungen oder Berichte des Inspektors fließen in die Berichterstattung über die gemeinsame Rückführungsmaßnahme ein. Obwohl dies nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich erforderlich ist, ist die Kommission der Auffassung, dass angesichts der Sichtbarkeit und der Sensibilität dieser Operationen bei jeder gemeinsamen Rückführungsmaßnahme eine unabhängige Überwachungsinstanz anwesend sein sollte. Daher ist die Überarbeitung des Verhaltenskodexes von vorrangiger Bedeutung.

Ein von der EU finanziertes und vom Internationalen Zentrum für die Entwicklung der Migrationspolitik (ICMPD)[13] geleitetes Projekt zielt darauf ab, die unterschiedlichen Konzepte der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Überwachung stärker zu vereinheitlichen. Es sollen objektive, transparente Kriterien und gemeinsame Regeln für die Überwachung entwickelt werden; außerdem soll den Mitgliedstaaten ein Pool unabhängiger Inspektoren zur Verfügung gestellt werden, die auch bei gemeinsamen Rückführungsmaßnahmen eingesetzt werden können.

2012 wurde die Stelle des unabhängigen Frontex-Grundrechtsbeauftragten geschaffen. Am 17. Dezember 2012 wurde der erste Grundrechtsbeauftragte ernannt. Es gehört zu den Aufgaben des Frontex-Grundrechtsbeauftragten, den Schutz und die Gewährleistung der Grundrechte bei allen Frontex-Maßnahmen, einschließlich gemeinsamen Rückführungsoperationen, zu überwachen, zu bewerten und ggf. Empfehlungen zur Verbesserung abzugeben. Der Grundrechtsbeauftragte sollte Zugang zu sämtlichen Informationen im Zusammenhang mit Frontex-Operationen haben, die Auswirkungen auf die Grundrechte haben.

Teil III - Künftige Entwicklungen

Die Rückkehrpolitik der EU hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Dabei hat insbesondere die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie in nationales Recht und ihre Durchführung durch die Mitgliedstaaten bessere und einheitlichere Verfahren in diesem Bereich ermöglicht. Der Bericht über die Umsetzung der Richtlinie, der Teil dieser Mitteilung ist, zeigt, dass in mehreren Mitgliedstaaten einige der aufgezeigten Mängel weiterhin bestehen (z. B. Haftbedingungen in einigen Mitgliedstaaten und fehlende Systeme zur Überwachung der zwangsweisen Rückführung). Darüber hinaus gibt es in vielen Mitgliedstaaten Raum für Verbesserungen, wenn Alternativen zur Festnahme systematischer angewandt und die freiwillige Rückkehr stärker gefördert würden.

Die Kommission wird die im Umsetzungsbericht aufgezeigten Mängel im Auge behalten und insbesondere die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie, die sich auf die Festnahme von zurückzuführenden Personen, die Gewährleistung der ihnen zustehenden Garantien und Rechtsbehelfe sowie auf die Behandlung von Minderjährigen und anderen gefährdeten Personen im Rahmen von Rückkehr-/Rückführungsverfahren beziehen, aufmerksam verfolgen. Das im Rahmen des neuen Schengener Evaluierungsmechanismus eingeführte Bewertungssystem, das von der Kommission koordiniert und kontrolliert wird, wird neue Möglichkeiten zur Untersuchung und Bewertung der konkreten Praxis der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen bieten. Außerdem wird anhand dieses Systems überprüft werden können, ob die Mitgliedstaaten die Richtlinie und die internationalen Menschenrechtsstandards uneingeschränkt einhalten.

Mit der Rückkehrpolitik allein kann die Steuerung der irregulären Migrationsströme in der EU nicht bewältigt werden. Die Rückkehrpolitik muss Teil eines umfassenderen Konzepts sein, zu dem auch der GAMM gehört, mit Schwerpunkt auf:

Stärkung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern, die keine EU-Länder sind, in Migrationsfragen mit dem Ziel, auf gegenseitigem Interesse beruhende Partnerschaften zu begründen;  Stärkung der praktischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, mit Frontex sowie mit internationalen Organisationen und NRO; Ausbau flankierender Instrumente und Konzepte wie effektives Grenzmanagement, Bekämpfung des Menschenhandels und -schmuggels; Einbeziehung außenpolitischer Aspekte in die EU-Migrationspolitik und Gewährleistung von Verknüpfungen der inneren und der auswärtigen Dimension. Die Vorteile, die der vom EAD erstellte Überblick über die allgemeinen auswärtigen Beziehungen der EU bietet, sollten genutzt werden.

Etwaige künftige Maßnahmen zur Weiterentwicklung der EU-Rückkehrpolitik müssen daher alle diese Aspekte und Elemente berücksichtigen.

Bei künftigen Maßnahmen werden die in folgenden aufgeführten Themen und Anregungen im Mittelpunkt stehen.

1. Gewährleistung der ordnungsgemäßen und effizienten Umsetzung der Rückführungsrichtlinie

Der verstärkten Überwachung der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie wird in der Zukunft das Hauptaugenmerk gelten. Die Kommission wird alle festgestellten Mängel systematisch verfolgen. Mehrere EU-Pilot-Verfahren wurden bereits im Zusammenhang mit in diesem Bericht angesprochenen Themen eingeleitet, weitere Verfahren werden in naher Zukunft folgen. Die nationalen Gerichte spielen bereits heute eine sehr positive Rolle in diesem Prozess: als erste Instanz, die dem Unionsrecht in den Mitgliedstaaten Geltung verschafft, und durch Vorlagen zu Auslegungsfragen an den EuGH.

Mehrere Akteure werden bei der weiteren Verbesserung der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie eine aktive Rolle spielen:

Þ In erster Linie die Kommission als Hüterin des Unionsrechts im Einklang mit ihren Befugnissen nach Artikel 258 AEUV;

Þ Die Kommission und die Mitgliedstaaten, indem sie im Rahmen des neuen Schengener Evaluierungsmechanismus mehr Betonung auf die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften im Bereich der Rückkehr/Rückführung legen;

Þ Nationale  Stellen zur Überwachung zwangsweiser Rückführungen gemäß Artikel 8 Absatz 6 der Richtlinie, indem sie ihre Rolle als Kontrollmechanismen bei den Rückführungsoperationen erfüllen.

2. Förderung einheitlicherer, mit den Grundrechten kompatibler Verfahren

Die Kommission beabsichtigt, zusätzlich zu ihrer Arbeit zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Umsetzung der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften, Leitlinien und Empfehlungen zu den nachstehend aufgeführten Themen zu erstellen. Mit diesen sollen einheitlichere, uneingeschränkt mit den Grundrechten kompatible Rückkehrverfahren gefördert werden.

Þ Die Kommission wird innerhalb eines Jahres ein Handbuch zum Thema Rückkehr/Rückführung erstellen, zu dem sie die Kontaktgruppe „Rückführungen“ konsultieren wird. Das Handbuch wird gemeinsame Leitlinien, bewährte Verfahren und Empfehlungen enthalten, die die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung einschlägiger Maßnahmen und als Bezugspunkt für Schengen-Evaluierungen verwenden sollten. Grundlage des Handbuchs werden die EU-Rechtsvorschriften im Bereich der Rückkehr/Rückführung, die einschlägigen, u. a. vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter entwickelten internationalen Standards sowie die Allgemeine Bemerkung Nr. 14 (2013) zum Vorrang des Kindeswohls des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes sein. Ferner werden Themen behandelt wie Förderung der freiwilligen Rückkehr, verhältnismäßige Anwendung von Zwangsmaßnahmen, Überwachung der zwangsweisen Rückführung, Aufschub der Abschiebung, Rückkehr/Rückführung von Minderjährigen, wirksame Rechtsbehelfe, Garantien bis zur Rückkehr/Rückführung, menschliche und würdevolle Haftbedingungen sowie Garantien für schutzbedürftige Personen. 

Þ Mit den Grundrechten kompatible Festnahmepraktiken: Die Kommission wird dieses Thema weiterhin in der Kontaktgruppe erörtern und Empfehlungen in das Handbuch aufnehmen, die sich auf eine Studie der Agentur für Grundrechte von 2012 stützen.

Þ Förderung von Alternativen zum Freiheitsentzug: Das Europäische Migrationsnetz wird 2014 eine Studie über Alternativen zur Inhaftnahme erstellen, um die in diesem Bereich bewährten Verfahren zu ermitteln und zu verbreiten. 

Þ „Kriminalisierung“ des irregulären Aufenthalts von zurückgeführten Personen: Die Kommission wird die Rechtsprechung des EuGH in Bezug auf die Grenzen und Zwänge, denen die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Verhängung strafrechtlicher Sanktionen für zurückgeführte Personen unterworfen sind, in das Handbuch aufnehmen.

Þ „Nicht rückführbare“ Rückkehrer: Die Kommission wird sich auf die bestehenden bewährten Verfahren auf nationaler Ebene stützen und bewährte Vorgehensweisen zusammenstellen, um lang anhaltende ungeklärte Situationen zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass Menschen, die nicht zurückgeführt werden können, nicht auf unbestimmte Zeit ohne grundlegende Rechte ausharren müssen und Gefahr laufen, erneut unrechtmäßig in Haft genommen zu werden.

Þ Kodifizierte Standards des Europarats: Die Kommission unterstützt die von den Europäischen Nationalen Präventionsmechanismen gegen Folter auf der Konferenz über Inhaftnahme von Einwanderern in Europa (Straßburg 21. – 22. November 2013) abgegebene Erklärung, in der der Europarat aufgefordert wurde, detaillierte Regeln für die Inhaftnahme von Einwanderern festzulegen, die sich auf die bestehenden internationalen und regionalen Menschenrechtsstandards zum Freiheitsentzug aufgrund des Einwandererstatus stützen.

3. Weitere Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern

Die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Zuwanderer aus Drittstaaten ist von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung der Kapazitäten zur Steuerung der Migrationsströme und zur Bewältigung von Problemen im Zusammenhang mit der Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, die kein Recht (mehr) auf Aufenthalt in der EU haben. 

Die EU ist an zahlreichen bilateralen und regionalen Dialogen und Kooperationsmechanismen mit Nicht-EU-Ländern beteiligt, um eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit in diesem Bereich aufzubauen. Darunter fällt ein breites Spektrum von Themen, die vom Aufbau von Institutionen und Kapazitäten über die wirksame Integration von legalen Migranten bis zum Rückkehrmanagement und der wirksamen Umsetzung der Rückübernahme-verpflichtungen reichen. Im Einklang mit dem GAMM sollten die Herkunfts- und Transitländer darin unterstützt werden, Personen in Not internationalen Schutz im Einklang mit den einschlägigen internationalen Standards zu gewähren, ihre Asyl- und Aufnahmekapazitäten zu verbessern, ordnungsgemäß funktionierende Migrationssysteme zu entwickeln, die Grundrechte von Migranten zu schützen und dabei ihr besonderes Augenmerk auf besonders gefährdete Migranten wie unbegleitete Minderjährige, Menschenhandelsopfer, Frauen und Kinder zu richten. Diesen Ländern sollte Zusammenarbeit angeboten werden, um ihre Anstrengungen in den genannten Bereichen zu unterstützen, und die EU sollte die Zusammenarbeit mit den betreffenden Nicht-EU-Ländern ausbauen, um im Bereich der Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme Kapazitäten aufzubauen und die Partnerländer bei der Aushandlung von Rückübernahmeabkommen mit anderen Nicht-EU-Ländern zu unterstützen.

Þ Die Rückkehrpolitik wird auch weiterhin systematisch in die Umsetzung und Weiterentwicklung des GAMM, einschließlich Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsame Agenden zu Migration und Mobilität mit Nicht-EU-Ländern, einbezogen werden.

Þ Anreize: Dabei wird sorgfältig darauf geachtet, dass die Zusammenarbeit im Bereich der Rückkehr/Rückführung, Rückübernahme und Wiedereingliederung Bestandteil einer ausgewogenen und konsolidierten Politik der EU gegenüber einem Nicht-EU-Land ist, die auf gemeinsamen Interessen beruht, z. B. in Verbindung mit verbesserten Mobilitätsbestimmungen und anderen Politikbereichen wie Handel, Unternehmen und Industrie.

Þ Aufbau von Kapazitäten: Die Bemühungen um den Kapazitätsaufbau im Bereich Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme in Drittstaaten werden verstärkt, beispielsweise durch die Verbesserung der Fähigkeit der zuständigen Behörden in den Partnerländern, fristgerecht auf Rückübernahmeersuchen zu antworten, die zurückzuführenden Personen zu ermitteln und die Personen, die zurückgeführt werden, angemessen zu unterstützen und ihnen die Wiedereingliederung zu erleichtern.

Þ Im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds wird der Schwerpunkt auf die dauerhafte Rückkehr/Rückführung und Wiedereingliederung irregulärer Migranten in ihre Herkunftsländer gelegt werden, einschließlich durch Entwicklung der Fähigkeit dieser Länder zum besseren Management der Rückkehr/Rückführung und Wiedereingliederung.

Þ Die Kommission wird die in der Evaluierung der Rückübernahmeabkommen 2011 genannten Herausforderungen und die dort aufgeführten Empfehlungen, wie die Förderung der freiwilligen Rückkehr (Empfehlung Nr. 13) und die Einführung eines Pilotprojekts zur Überwachung der Situation von Personen nach ihrer Rückkehr (Empfehlung Nr. 15), aufmerksam verfolgen.

4. Verbesserung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Fragen der Rückkehr/Rückführung

Die praktische, operative Zusammenarbeit in folgenden beispielhaft genannten Bereichen soll zur weiteren Entwicklung von mit den Grundrechten kompatiblen Verfahren und einer kohärenten Rückkehrpolitik beitragen:

Förderung der freiwilligen Ausreise; Schutz des Kindeswohls bei Rückkehrverfahren; Interaktion zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden; Verbesserung der Statistiken; Austausch personenbezogener Daten; Ausstellung von Reisedokumenten.

Þ Die Kommission wird das Europäische Migrationsnetzwerk als Plattform zur Erleichterung der verstärkten Zusammenarbeit zwischen Staaten und Akteuren, insbesondere im Bereich der freiwilligen Rückkehr, und als Schlüsselinstrument für die Sammlung und den Austausch von Informationen nutzen.

Þ Der Schwerpunkt des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds wird auf Maßnahmen zur Förderung der freiwilligen Ausreise liegen, wobei darauf zu achten ist, dass die Anreize zur freiwilligen Rückkehr keine unerwünschte Sogwirkung entwickeln. Darüber hinaus werden in enger Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern Maßnahmen zur Erleichterung der Beschaffung der erforderlichen Reisedokumente gefördert.

Þ In Bezug auf den Transit freiwilliger Rückkehrer auf dem Landweg könnten durch die Verwendung von Anhang 39 des Schengen-Handbuchs (Standardformular für die Anerkennung einer Rückkehrentscheidung für die Zwecke des Transits auf dem Landweg) Verbesserungen erzielt werden. Die Mitgliedstaaten, die das Formular noch nicht nutzen, werden aufgefordert, dieses zu tun.

Þ Gefördert werden sollte zudem die operative Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten bei den Rückkehr/Rückführungs- und Wiedereingliederungsverfahren für unbegleitete Minderjährige. Ferner sollte die Zusammenarbeit zwischen den Kindesschutzsystemen der Mitgliedstaaten und Drittstaaten gefördert werden; hierzu sollten so weit wie möglich die Fördermöglichkeiten des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds genutzt werden.

Þ Besondere Aufmerksamkeit gilt der Verbesserung der rückkehr- bzw. rückführungsbezogenen statistischen Daten, insbesondere durch Nutzung der detaillierten Informationen, die Frontex von den Mitgliedstaaten erhält, dem Ausloten von Möglichkeiten zur Verbesserung der Informationen zur freiwilligen Ausreise und der Förderung von mehr Kohärenz in Bezug auf die Datenerhebung.

Þ Die Kommission wird den verstärkten Austausch empfehlenswerter Verfahren zwischen den nationalen  Stellen zur Überwachung zwangsweiser Rückführungen gemäß Artikel 8 Absatz 6 der Richtlinie unterstützen, um eine konsequentere Überwachung, insbesondere der von Frontex koordinierten gemeinsamen Operationen zu fördern.

Þ Die Möglichkeiten, die das VIS und SIS im Bereich der Rückkehrpolitik bieten, sollten stärker genutzt werden. Insbesondere die 2016 fällige Überarbeitung des SIS II wird die Möglichkeit bieten, die Kohärenz zwischen der Rückkehrpolitik und SIS II zu verbessern und vorzuschlagen, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, für auf der Grundlage der Rückführungsrichtlinie erteilte Einreiseverbote einen Einreiseverweigerungseintrag in SIS II zu machen.

Þ Die operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten soll gefördert werden, wobei der Schwerpunkt auf der Identifizierung und der Ausstellung von Reisedokumenten im Einklang mit den Datenschutzvorschriften liegen wird.

Þ Das Europäische Migrationsnetzwerk wird 2014 eine Studie zu folgendem Thema durchführen: Bewährte Verfahren für die Rückkehr/Rückführung und Wiedereingliederung irregulärer Migranten: Einreiseverbote der Mitgliedstaaten, Politik in Bezug auf Rückübernahmeabkommen und Nutzung der Abkommen. Ziel dieser Studie ist es, die Wirksamkeit der Rückkehrpolitik zu steigern. Zu diesem Zweck sollen die Erfahrungen in den Mitgliedstaaten mit diesen spezifischen Aspekten des Rückkehrverfahrens zusammengestellt und verglichen werden.

5. Stärkung der Rolle von Frontex im Bereich der Rückführung

Die gemeinsame Durchführung bestimmter operativer Aspekte der Rückführung auf Unionsebene bietet eindeutig einen zusätzlichen Nutzen. Frontex hat eine wichtige koordinierende Rolle in diesem Bereich und sollte diese auch weiterhin proaktiv nutzen. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben muss Frontex auch dafür sorgen, dass die Operationen im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union und der EU-Grundrechtecharta durchgeführt werden. 

Þ Frontex sollte gemeinsame Rückführungsoperationen in einer Weise koordinieren, dass gewährleistet ist, dass gemeinsame Standards zur menschlichen und würdevollen Behandlung von zurückzuführenden Personen auf eine exemplarische Art und Weise erfüllt werden, die über die bloße Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen hinausgeht. Für die Kommission ist es vorrangig, dass Frontex ihren Verhaltenskodex für die gemeinsamen Rückführungsoperationen anpasst und genau festlegt, dass jede Rückführungsoperation einer unabhängigen Überwachung zu unterziehen ist.

Þ Frontex wird aufgefordert, die Mitgliedstaaten stärker zu unterstützen und ihnen Schulungen zu Rückführungsfragen mit Schwerpunkt auf der Wahrung der Grundrechte der zurückzuführenden Personen während des Verfahrens anzubieten.

Teil IV - Bericht über die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie: Die Auswirkungen der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG auf die Rückkehrpolitik und -verfahren der Mitgliedstaaten

Die Frist für die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie lief am 24. Dezember 2010 ab. Die Richtlinie ist für alle EU-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Irlands, sowie für die vier mit dem Schengen-Besitzstand assoziierten Staaten verbindlich. Vier Mitgliedstaaten (EE, ES, PT, SK) teilten die vollständige Umsetzung bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist mit. Neunzehn Mitgliedstaaten teilten die Umsetzung der Richtlinie im Jahr 2011, fünf Mitgliedstaaten (BE, LT, NL, PL und SE) im Laufe des Jahres 2012 mit. Die Kommission leitete 20 Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtmitteilung ein, die allesamt eingestellt wurden, nachdem die Mitgliedstaaten ihre nationalen Umsetzungsmaßnahmen verspätet mitgeteilt hatten[14]. Lediglich Island hat die vollständige Umsetzung der Richtlinie noch nicht mitgeteilt.

Seit der Annahme der Richtlinie haben die Kommissionsdienststellen 14 Sitzungen der Kontaktgruppe[15] mit Experten der Mitgliedstaaten organisiert. Aufgabe der Kontaktgruppe ist es, mögliche Probleme und noch offene Fragen in einem frühen Stadium zu ermitteln und offene und informelle Diskussionen zu ermöglichen. Diese Sitzungen haben in großem Maße dazu beigetragen, dass die Richtlinie auf einzelstaatlicher Ebene einheitlich umgesetzt wurde. Die Diskussionen in der Kontaktgruppe führten dazu, dass sechs vergleichende Studien[16] zu folgenden Themen erstellt wurden:

Minderjährige in Rückkehrverfahren Überwachung der zwangsweisen Rückführung Wiedereingliederung von Rückkehrern Situation nicht rückführbarer Personen Rechtlich korrekte Umsetzung der Rückführungsrichtlinie durch die Mitgliedstaaten Auswirkungen der Rückführungsrichtlinie in der Praxis

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Studie über die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht führte die Kommission ein Arbeitsprogramm über die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie (2012-2013) durch, in dessen Verlauf die Mitgliedstaaten zu allen noch offenen Punkten im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie befragt wurden. In bilateralen Fachsitzungen wurden festgestellte Mängel und mögliche Lösungen detailliert erörtert. Diese Sitzungen und Diskussionen erwiesen sich als sehr hilfreich und hatten zur Folge, dass die meisten Umsetzungsprobleme gelöst werden konnten. Die noch offenen Fragen betrafen insbesondere folgende Bestimmungen:

EU-weite Wirkung von Einreiseverboten; Definition des Begriffs „Fluchtgefahr“; Kriterien für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise; Bei Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg einzuhaltende Regeln; Überwachung der zwangsweisen Rückführung; Kriterien für die Inhaftnahme; Haftbedingungen.

Was die noch offenen Themen anbelangt, haben sieben Mitgliedstaaten ihre nationalen Rechtsvorschriften bereits geändert, um den Ersuchen der Kommission nachzukommen. Dreizehn Mitgliedstaaten sind derzeit im Begriff, dies zu tun, und sechs Mitgliedstaaten haben sich förmlich verpflichtet, ihre nationalen Rechtsvorschriften in naher Zukunft zu ändern und diesen Vorgang durch die Kommission überwachen zu lassen (zweimonatliche Berichte).

Das Arbeitsprogramm hat bereits greifbare Ergebnisse gezeitigt, und zwar insbesondere in Bezug auf die Inhaftnahme: 

- Von den elf Mitgliedstaaten, die Artikel 3 Nummer 7 und Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie nicht vollständig umgesetzt hatten, haben sechs Mitgliedstaaten ihre Gesetze geändert, um objektive Kriterien für die Bewertung, ob Gründe für die Annahme bestehen, dass ein irregulärer Migrant sich durch Flucht entziehen wird, gesetzlich festzulegen. Dies trägt dazu bei, die Zahl der in Haft genommenen Migranten zu begrenzen.

- Von den sieben Mitgliedstaaten, die Artikel 15 Absatz 4 der Richtlinie nicht vollständig umgesetzt hatten, haben sechs Mitgliedstaaten ihre nationalen Rechtsvorschriften so geändert oder überarbeiten sie derzeit so, dass sie die Aufhebung der Haft vorsehen, wenn keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung besteht.

- Von den sechs Mitgliedstaaten, die NRO und internationalen Organisationen den Besuch von Hafteinrichtungen bislang nicht gestattet hatten, haben vier Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften entsprechend geändert oder überarbeiten sie derzeit.

- Von den sechs Mitgliedstaaten, die ihre Vorschriften über den Zugang zu unentgeltlicher Rechtsberatung (Artikel 13 Absatz 4) noch nicht überarbeitet hatten, haben vier Mitgliedstaaten dies mittlerweile getan.

- Von den 16 Mitgliedstaaten, die Artikel 8 Absatz 6 nicht umgesetzt hatten, haben 13 Mitgliedstaaten bereits Rechtsvorschriften zur Einrichtung eines Systems zur Überwachung der zwangsweisen Rückführung verabschiedet oder arbeiten derzeit daran. 

- Von den 14 Mitgliedstaaten, die die Verpflichtung, Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg im Einklang mit den gemeinsamen Leitlinien für Sicherheitsvorschriften bei gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg im Anhang zur Entscheidung 2004/573/EG durchzuführen, noch nicht formalisiert hatten, haben elf Mitgliedstaaten dies mittlerweile getan oder arbeiten derzeit daran.

In den restlichen Fällen, in denen es nicht möglich war, eine Einigung zu erzielen und die Mitgliedstaaten zur Änderung ihrer Rechtsvorschriften entsprechend den Ersuchen der Kommission zu verpflichten, wurden bereits mehrere EU-Pilot-Verfahren eingeleitet.

Zwischen 2012 und 2013 wurde eine Studie zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie in den Mitgliedstaaten durchgeführt, die im Oktober 2013 abgeschlossen wurde. Diese auf verschiedenen Arten bereits vorhandener Informationen und Studien sowie auf Beiträgen aller relevanten Akteure beruhende Studie war als „Metastudie“ konzipiert[17].

Um sich ein umfassenderes Bild von der Lage vor Ort machen zu können, hat die Kommission auch gezielte Studien und Berichte der Agentur für Grundrechte, des Europarats, des UNHCR und diverser NRO (Human Rights Watch, Amnesty International, Pro-Asyl und anderen) über die konkrete Situation in den Mitgliedstaaten herangezogen. Eine der größten Schwierigkeiten bei der Sammlung von Informationen war darauf zurückzuführen, dass zu den meisten Themen dieser Studie auf Ebene der Mitgliedstaaten nur wenige quantitative Daten systematisch erhoben werden. So waren beispielsweise Angaben zu den grundlegenden Parametern wie durchschnittliche Haftdauer, Gründe für die Inhaftnahme, Zahl der gescheiterten Rückführungen oder Verhängung von Einreiseverboten nur in wenigen Mitgliedstaaten verfügbar. Hinzu kommt, dass es häufig weder gemeinsame Definitionen noch Konzepte für die Datenerhebung gibt, was sich auf die Vergleichbarkeit der Daten in der gesamten EU auswirkt.

Wie oben dargelegt, wird die Kommission alle im Bericht über die Umsetzung der Richtlinie aufgezeigten Mängel systematisch weiterverfolgen. Mehrere EU-Pilot-Verfahren wurden bereits in Bezug auf die in diesem Bericht genannten Themen eingeleitet; weitere Verfahren werden in naher Zukunft folgen.

1. Inhaftnahme von zurückzuführenden Drittstaatsangehörigen für die Zwecke der Abschiebung

a) Gründe für die Inhaftnahme und Haftdauer (Artikel 15)

Nach Artikel 15 der Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Fluchtgefahr besteht oder wenn die betreffenden Drittstaatsangehörigen die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehen oder behindern. Die Haftdauer hat so kurz wie möglich zu sein. Die Inhaftnahme muss von einer Verwaltungs- oder Justizbehörde angeordnet und „in gebührenden Zeitabständen“ überprüft werden. „Stellt sich heraus, dass aus rechtlichen oder anderweitigen Erwägungen keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung mehr besteht“, so ist die Haft nicht länger gerechtfertigt und die betreffende Person unverzüglich freizulassen. Die Mitgliedstaaten müssen eine maximale Haftdauer festlegen; diese darf in der Regel sechs Monate nicht überschreiten und kann in Ausnahmefällen auf insgesamt 18 Monate verlängert werden. Die Rechtsprechung des EuGH hat verschiedene Aspekte der Vorschriften der Richtlinie über die Inhaftnahme klargestellt. In seinem Urteil in der Rechtssache C-357/09 (Kadzoev) hat der EuGH die schützenden Bestimmungen der Artikel der Rückführungsrichtlinie, die die Inhaftnahme betreffen, ausdrücklich  bestätigt und betont, dass die Haft nicht länger gerechtfertigt und die betreffende Person unverzüglich frei zu lassen ist, wenn innerhalb der zulässigen Höchstdauer der Inhaftnahme keine Aussicht auf Abschiebung in ein Nicht-EU-Land besteht. Außerdem hat der EuGH klargestellt, dass die Inhaftnahme von Drittstaatsangehörigen im Rahmen der Rückführungsrichtlinie nicht mit dem Argument der öffentlichen Ordnung und nationalen Sicherheit begründet werden kann. Das Urteil in der Rechtssache C 534-11(Arslan), das sich mit dem Verhältnis zwischen der rückführungsbedingten Inhaftnahme und der Inhaftnahme als Asylbewerber (gemäß der Richtlinie 2003/9/EG) befasste, stellte klar, dass die Existenz zweier unterschiedlicher Regelungen nicht bedeutet, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, in Haft befindliche zurückzuführende Personen, die einen Asylantrag stellen, automatisch frei zu lassen, es sei denn, die Mitgliedstaaten entscheiden nach nationalem Recht unverzüglich, die Inhaftnahme im Einklang mit dem EU-Asylrecht fortzuführen.

Die Bewertung hat gezeigt, dass die Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften zwar generell so geändert haben, dass sie im Einklang mit Artikel 15 stehen, dass es aber bei der Umsetzung in der Praxis große Unterschiede gibt. Beispielsweise gibt es bei der Auslegung des Begriffs „in gebührenden Zeitabständen“, in denen die Inhaftnahme zu überprüfen ist, beträchtliche Unterschiede. Während die Überprüfungen in einigen Mitgliedstaaten wöchentlich stattfinden, sind sie in anderen Ländern erst am Ende der Inhaftnahme (d. h. nach bis zu sechs Monaten) vorgesehen. In diesem Bereich muss eine einheitlichere Anwendung der Vorschriften erreicht werden. Mehrere Interessengruppen haben zudem weitergehende Leitlinien für die Auslegung des Begriffs „in gebührenden Zeitabständen“ gefordert.

Die Gründe für die Inhaftnahme von Rückkehrern hingegen werden einheitlicher gehandhabt. Die meisten Mitgliedstaaten geben Fluchtgefahr oder Behinderung der Vorbereitung der Rückkehr als Hauptgründe für die Inhaftnahme an. Ein weiterer häufig angeführter Grund ist die Notwendigkeit, die Ausweispapiere und die Angaben zur Identifizierung der betreffenden Person in Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern zu klären. Das Konzept der „Fluchtgefahr“ nach Artikel 3 Nummer 7 der Richtlinie hat Auswirkungen auf die Definition und die Kriterien, auf denen die Inhaftnahme-Entscheidungen beruhen, gehabt und hat somit — wenn auch in unterschiedlichem Maße — für mehr Rechtssicherheit gesorgt. Die meisten Mitgliedstaaten geben die „fehlenden Ausweispapiere“ von Rückkehrern oder die „Verwendung einer falschen Identität“ als Hauptkriterien für die Bewertung der Fluchtgefahr an. Weitere häufig verwendete Kriterien zur Bewertung der Fluchtgefahr sind:

Verwendung falscher Papiere oder Vernichtung von Dokumenten; kein nachweisbarer Wohnsitz; ausdrückliche Erklärung, sich nicht an die Regeln halten zu wollen;  Verurteilung wegen einer Straftat. 

Tabelle 2: Kriterien zur Bewertung der „Fluchtgefahr“

Häufig verwendete Kriterien zur Bewertung der „Fluchtgefahr“ || Anzahl der Mitgliedstaaten, die die Kriterien anwenden

Fehlende Ausweispapiere || 13

Keine Zusammenarbeit bei der Feststellung der Identität || 11

Kein nachweisbarer Wohnsitz || 7

Verwendung falscher Papiere oder Vernichtung von vorhandenen Unterlagen || 7

Wiederholter Verstoß gegen die Meldepflicht bei den zuständigen Behörden || 7

Ausdrückliche Erklärung, sich nicht an die Regeln halten zu wollen || 6

Verurteilung wegen einer Straftat || 6

Verstoß gegen das geltende Einreiseverbot || 5

Verstoß gegen eine Rückkehrentscheidung || 5

Früheres Verhalten (d. h. Flucht) || 4

Unzureichende Finanzmittel || 4

In einem anderen MS ergangene Rückkehrentscheidung || 4

Nichteinhaltung der Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise || 3

Quelle: Auszüge aus MATRIX 2013.

Es sei darauf hingewiesen, dass es in den Mitgliedstaaten eine Entwicklung hin zu einer breiteren Anwendung von Alternativen zum Freiheitsentzug gegeben hat. Eine große Zahl von Mitgliedstaaten sehen nun in ihren nationalen Rechtsvorschriften Alternativen zur Inhaftnahme vor. Untersuchungen haben gezeigt, dass Alternativen zum Freiheitsentzug mehrere Vorteile gegenüber dem Freiheitsentzug haben und unter bestimmten Bedingungen auch zu erheblichen Kosteneinsparungen führen können. In der Praxis wenden einige Mitgliedstaaten allerdings nur in seltenen Fällen Alternativen zum Freiheitsentzug an. Die wichtigsten, in der Praxis angewandten Alternativen sind dem Anschein nach die Meldepflicht bei den Behörden und die Anordnung, die betreffenden Personen in speziellen Einrichtungen unterzubringen. Auch die Verpflichtung zur Abgabe von Pässen und Ausweispapieren gehört zu den sehr häufig verwendeten Alternativen zum Freiheitsentzug.

Tabelle 3: Rechtliche Grundlage für die Anwendung von Alternativen zum Freiheitsentzug

|| Aufenthaltsbeschränkungen || Regelmäßige Meldepflicht bei den Behörden || Verpflichtung zur Abgabe von Ausweispapieren || Hinterlegung einer Kaution || Elektronische Überwachung

|| Rechtliche Grundlage || Anwendung in der Praxis || Rechtliche Grundlage || Anwendung in der Praxis || Rechtliche Grundlage || Anwendung in der Praxis || Rechtliche Grundlage || Anwendung in der Praxis || Rechtliche Grundlage || Anwendung in der Praxis

AT || ja || ja || ja || ja || nein || nein || ja || ja || nein || nein

BE[18] || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein

BG || nein || nein || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein || nein || nein

CY || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein

CZ || nein || nein || ja || ja || nein || nein || ja || nein || nein || nein

DE || ja || o.A. || ja || ja || ja || ja || nein || nein || nein || nein

DK || ja || ja || ja || ja || ja || ja || ja || nein || ja || nein

EE || ja || ja || ja || ja || ja || ja || nein || nein || nein || nein

EL || ja || nein || ja || nein || ja || nein || ja || nein || nein || nein

ES || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || ja || nein || nein || nein || nein

FI || nein || nein || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein

FR || ja || o.A. || ja || nein || ja || ja || nein || nein || ja || o.A.

HU || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein || nein || nein

IT || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein

LT || ja || ja || ja || ja || nein || nein || nein || nein || nein || nein

LU || ja || nein || ja || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein

LV || nein || nein || ja || ja || ja || ja || nein || nein || nein || nein

MT || nein || nein || ja || ja || nein || nein || ja || ja || nein || nein

NL || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || ja || nein || nein

PL || ja || nein || ja || nein || nein || nein || nein || nein || nein || nein

PT || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A.

RO || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein || nein || nein || nein || nein

SE || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein || nein || nein

SI || ja || ja || ja || ja || ja || nein || ja || nein || nein || nein

SK || ja || nein || ja || nein || nein || nein || ja || nein || nein || nein

CH || ja || nein || ja || ja || ja || nein || ja || nein || nein || nein

IS || ja || o.A. || ja || ja || ja || o.A. || nein || nein || nein || nein

LI || ja || ja || nein || nein || ja || ja || nein || nein || nein || nein

NO || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || nein || nein || nein || nein

IE || ja || o.A. || ja || ja || ja || o.A. || ja || nein || nein || nein

UK || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A. || ja || o.A.

o.A.: ohne Angabe

Quelle: Auszüge aus MATRIX 2013

In den meisten Mitgliedstaaten besteht ein Mangel an öffentlichen Einrichtungen zur Unterstützung irregulärer Migranten, die aus der Haft entlassen werden, weil keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung besteht. In Ermangelung einer konkreten rechtlichen Verpflichtung der Mitgliedstaaten, für den Lebensunterhalt dieser Personengruppe zu sorgen, leben diese in unsicheren rechtlichen Verhältnissen, in denen sie auf Unterstützung durch den privaten oder ehrenamtlichen Sektor angewiesen oder gezwungen sind, zur Sicherung ihres Lebensunterhalts eine unerlaubte Beschäftigung anzunehmen. Einige Mitgliedstaaten gehen derzeit mit gutem Beispiel voran und leisten eine monatliche Pauschalzahlung an diese Personengruppe sowie Unterstützung bei der Suche einer Unterkunft.

Bevor die Rückführungsrichtlinie verabschiedet wurde, variierte die maximale Haftdauer ganz erheblich von einem Mitgliedstaat zum anderen; in mindestens neun Mitgliedstaaten gab es keine Obergrenze für die Haftdauer. Die Rückführungsrichtlinie hat zu einer EU-weiten Angleichung — und generell zu einer Reduzierung — der maximalen Haftdauer beigetragen.

Tabelle 4: Maximale Haftdauer vor und nach der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie

Quelle: Matrix 2013.

In acht Mitgliedstaaten ist ein Anstieg, in zwölf Mitgliedstaaten ein Rückgang der gesetzlich festgelegten Haftdauer festzustellen. Die durchschnittliche Haftdauer ist in der Praxis offenbar deutlich niedriger als die festgelegte maximale Obergrenze.

Tabelle 5: Haftdauer in der Praxis

MS || Haftdauer in der Praxis (in Tagen) || Quelle || Zeitraum ||

AT || 16,6* || Nationale Statistiken || 2012 ||

BG || 64* || Studie von NRO || 2011 ||

DE || Weniger als 42*** || Nationale Statistiken || 2011 ||

DK || 31* || Studie von NRO || 2011 ||

EE || 85* || Nationale Statistiken || 2011 ||

EL || Mindestens 180** || Internationale Organisation || 2012 ||

FI || 5-6 * * || Nationale Behörden || - ||

FR || 13* || Nationale Behörden || - ||

IT || 31* || Behörden der Stadt Bologna || - ||

LU || 16* || Nationale Behörden || - ||

NL || 120-180 * * || NRO und internationale Organisation || - ||

RO || 50* || Nationale Statistiken || 2012 ||

SE || Weniger als 14** || Justizministerium || - ||

IS || 1** || Behörden und NRO || - ||

LI || 1-2 * * || Behörden und NRO || - ||

UK || 7** || Nationale Behörden || -

* Durchschnitt berechnet auf der Grundlage der verfügbaren Daten. Die Quelle der Daten wird in der dritten Spalte angegeben.

* * Die nach Einschätzung der befragten Akteure am häufigsten angewandte Haftdauer.

* * * Den amtlichen Statistiken zufolge bleiben 73 % der in Deutschland in Haft genommenen Personen weniger als 42 Tage in Haft.

Quelle: Matrix 2013.

b) Haftbedingungen, einschließlich Inhaftnahme von Minderjährigen und Familien (Artikel 16 und 17)

Die Richtlinie legt einige grundlegende Voraussetzungen fest, die im Zusammenhang mit der Inhaftnahme von zurückzuführenden Personen erfüllt sein müssen. Dazu gehört beispielsweise, dass die Inhaftnahme grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen (nicht in Gefängnissen) zu erfolgen hat oder dass in Haft genommene Drittstaatsangehörige zumindest gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen unterzubringen sind. In Haft genommenen zurückzuführenden Personen ist medizinische Notfallversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten zu gewähren. Außerdem ist ihnen zu gestatten, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen und den zuständigen Konsularbehörden Kontakt aufzunehmen. NRO und andere einschlägige Einrichtungen müssen in Haft genommene zurückzuführende Personen besuchen können. Allerdings können solche Besuche von einer Genehmigung abhängig gemacht werden. Die zurückzuführenden Personen müssen angemessen über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet werden. Den Bedürfnissen von unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Minderjährigen, deren Inhaftnahme nur „im äußersten Falle“ und für die „kürzestmögliche angemessene Dauer“ erfolgen darf, ist in besonderem Maße Rechnung zu tragen („Dem Wohl des Kindes ist .... Vorrang einzuräumen“), und sie müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen und (je nach Dauer ihres Aufenthalts) Zugang zur Bildung erhalten.

Die Richtlinie legt nicht im Einzelnen fest, welche Kriterien (z. B. Größe der Räume, Zugang zu sanitären Einrichtungen, Freigang, Ernährung) während der Inhaftnahme erfüllt sein müssen. In Erwägungsgrund 17 ist allerdings vorgesehen, dass in Haft genommene Drittstaatsangehörige eine „menschenwürdige Behandlung“ unter Beachtung ihrer Grundrechte und im Einklang mit dem Völkerrecht und dem innerstaatlichen Recht erfahren sollten. In den Fällen, in denen Mitgliedstaaten eine Inhaftnahme nach den Artikeln 15 bis 17 der Richtlinie anordnen, muss dies unter Bedingungen erfolgen, die im Einklang mit Artikel 4 der EU-Grundrechtecharta stehen, wonach niemand unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden darf. Die praktischen Auswirkungen dieser Verpflichtung der Mitgliedstaaten sind in den Normen des „Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter“ des Europarates („CPT Standards“[19]) im Einzelnen aufgeführt. Diese Normen stellen eine allgemein anerkannte Beschreibung der Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Inhaftnahme dar, die die Mitgliedstaaten als absolutes Minimum einhalten müssen, damit die Einhaltung der sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und der EU-Charta herleitenden Verpflichtungen bei der Durchführung des Unionsrechts gewährleistet ist. Die Kommission wird die Lage genau beobachten und insbesondere die Möglichkeiten des neuen Schengener Evaluierungsmechanismus zur Bewertung der Einrichtungen nutzen, die die Mitgliedstaaten für die Inhaftnahme vor der Abschiebung nutzen. Ferner wird sie dafür sorgen, dass diese Benchmarks von allen Mitgliedstaaten eingehalten werden. Um gegen die flagrantesten unmenschlichen Haftbedingungen vorzugehen, hat die Kommission in den vergangenen Monaten bereits gegen mehrere Mitgliedstaaten EU-Pilot-Verfahren eingeleitet.

Die Rechtsvorschriften von neun Mitgliedstaaten stehen nicht in vollem Umfang im Einklang mit Artikel 16 Absatz 1, wonach die Mitgliedstaaten in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen unterzubringen haben. Zwei dieser Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, ihre Rechtsvorschriften zu ändern. Gegen die anderen Mitgliedstaaten wurden bereits EU-Pilot-Verfahren eingeleitet oder werden in naher Zukunft eingeleitet werden müssen. In der Praxis verfügt nur die Hälfte der Mitgliedstaaten über spezielle Hafteinrichtungen; die andere Hälfte bringt irreguläre Migranten, gelegentlich oder häufig, noch immer in Gefängnissen unter. In diesem Zusammenhang ersuchten deutsche Gerichte den EuGH im Jahr 2013 um eine Vorabentscheidung in drei Rechtssachen. In den Rechtssachen C-473/13 (Bero) und C-514/13 (Bouzalmate) wurde an den Gerichtshof die Frage gerichtet, ob ein Mitgliedstaat nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie verpflichtet ist, Abschiebungshaft grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen zu vollziehen, wenn solche Einrichtungen nur in einem Teil der föderalen Untergliederungen dieses Mitgliedstaats vorhanden sind, in anderen aber nicht. Die Rechtssache C-474/13 (Thi LY Pham) betrifft die Vereinbarkeit von Artikel 16 Absatz 1 mit einer nationalen Verwaltungspraxis, einen Abschiebungshäftling gemeinsam mit Strafgefangenen unterzubringen, wenn er in diese gemeinsame Unterbringung einwilligt. Diese drei Fälle sind beim EuGH noch anhängig.

Die Verpflichtung gemäß Artikel 16 Absatz 2, in Haft genommenen Drittstaatsangehörigen zu gestatten, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen und den zuständigen Konsularbehörden Kontakt aufzunehmen, wurde von allen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt. Die erhobenen Daten lassen darauf schließen, dass in zwei Mitgliedstaaten diese Möglichkeit in der Praxis nicht immer gewährt wird. Die Verpflichtung nach Artikel 16 Absatz 3, sicherzustellen, dass die medizinische Notfallversorgung gewährleistet ist, wurde ebenfalls von allen Mitgliedstaaten umgesetzt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass in sechs Mitgliedstaaten dieses Recht in der Praxis nicht immer uneingeschränkt wahrgenommen werden kann. Die Kommission wird alle festgestellten Mängel systematisch verfolgen.

Die rechtliche Umsetzung des eigenständigen Rechts gemäß Artikel 16 Absatz 4, wonach nationalen, internationalen und regierungsunabhängigen Organisationen der uneingeschränkte Zugang zu Hafteinrichtungen zu gestatten ist, ist in sieben Mitgliedstaaten nach wie vor problematisch. Drei dieser Mitgliedstaaten haben bereits eine Änderung ihrer Rechtsvorschriften zugesagt. In vier weiteren Mitgliedstaaten ist die diesbezügliche Praxis offenbar nicht in vollem Umfang mit dem Artikel vereinbar.

Die Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten stehen im Einklang mit Artikel 17 „Inhaftnahme von Minderjährigen und Familien“. In der Praxis wurden allerdings Mängel in Bezug auf die getrennte Unterbringung von Familien in zwei Mitgliedstaaten, den Zugang zu Freizeitaktivitäten in drei Mitgliedstaaten und den Zugang zu Bildung in fünf Mitgliedstaaten festgestellt. Hinsichtlich der praktischen Anwendung der Bestimmungen gemäß Artikel 17, Minderjährige nur im äußersten Fall in Haft zu nehmen, zeigten die Bewertungsergebnisse, dass 17 Mitgliedstaaten — zumindest hin und wieder — unbegleitete Minderjährige in Haft nehmen, und dass 19 Mitgliedstaaten — zumindest hin und wieder — Familien mit Minderjährigen in Haft nehmen. Da die Definition des Begriffs „nur im äußersten Fall“ in der Rückführungsrichtlinie Spielraum für Auslegung lässt, wurde vorgeschlagen, die Mitgliedstaaten aufzufordern, in ihre nationalen Rechtsvorschriften eine gegen die Inhaftnahme von Kindern gerichtete Vermutung aufzunehmen, und im Falle von unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Kindern auf Alternativen zur Inhaftnahme zurückzugreifen.

Hinsichtlich der Unterstützung unbegleiteter Minderjähriger (Artikel 10) hat die Bewertung gezeigt, dass dieser Punkt sehr unterschiedlich und durch eine Vielzahl unterschiedlicher Stellen gehandhabt wird.

Tabelle 6: Zuständige Behörde, die unbegleiteten Minderjährigen Unterstützung leistet

Länder || NRO || Internationale Organisation für Migration || Auf die Unterstützung irregulärer Minderjähriger spezialisierte Einrichtung || Staatliche Stelle || Jugendamt oder sozialer Dienst || Regierung auf lokaler Ebene || Allgemeine Asyl- oder Zuwanderungsstellen || Staatsanwalt oder Gericht || Polizei oder Grenzschutz || Keine Einrichtung ist offiziell zuständig

AT || || || || || P || || || || ||

BE || || || || P || || || || || ||

BG || || || || || P || || || || ||

CZ || || P || || || P || || || || ||

CY || || || || || P || || || || ||

DE || || || || || P || || || || ||

DK || P || P || || || || || P || || ||

EE || || || || || P || P || || || ||

EL || P || P || || || || || || P || ||

ES || || || || || || P || || || ||

FI || || || || || || || || || || P

FR || || || || || P || || || || ||

HU || || || P || || || || || || ||

IT || || P || || || || || || || ||

LT || || || || || || || P || || ||

LU || || P || || || || || || || ||

LV || || || || || || || || P || P ||

MT || || || || || || || P || || ||

NL || P || || || || P || || || || ||

PL || || P || || || || || || P || P ||

PT || P || || || || P || || || || ||

RO || P || || || || || || || || ||

SI || || || || || P || || || || ||

SK || || || || P || || || || || ||

SE || || || || || P || || || || ||

CH || || || || || || P || || || ||

IS || || || || P || P || || || || ||

LI || || || || P || || || || || ||

NO[20] || || P || P || P || || || || || ||

IE || || || || || P || || || || ||

UK || || || || || P || P || || || ||

Quelle: Matrix 2013.

Obwohl die meisten Mitgliedstaaten in der Praxis Minderjährige zurückführen, haben nur sieben Mitgliedstaaten angegeben, dass sie die Möglichkeit genutzt haben, unbegleitete Kinder/Minderjährige zu den Aufnahmezentren oder Sozialdiensten in ihrem Herkunftsland zurückzuführen.

Die größten Änderungen im Bereich der Inhaftnahme, die auf die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie zurückzuführen sind, wurden in folgenden Bereichen festgestellt:

Tabelle 7: Die größten Änderungen im Bereich der Inhaftnahme aufgrund der Anwendung der Richtlinie

Änderung || Mitgliedstaat

Kürzere Haftdauer || BG, CZ, DK, EE, LT, LV, RO, SI, SK, NO

Längere Haftdauer || EL, ES, FI, FR, IT, LU

Spezielle Politik in Bezug auf Minderjährige und Familien mit Minderjährigen (und besonders schutzbedürftige Personen) || AT, CZ, SI

Bessere Bedingungen in Hafteinrichtungen || DK, LU, LV, RO,

Spezielle Hafteinrichtungen/Trennung von Gefängnisinsassen || DE, DK, LU

Verwendung von Alternativen || BE, DE, LV, NL

Bereitstellung von rechtlicher Beratung || AT, SK

Fristen für gerichtliche Überprüfung/Entscheidung des Gerichts || CZ, SK

Möglichkeit zur Einlegung eines Rechtsmittels || LV

Schriftliche Entscheidung || DK

Quelle: Matrix 2013.

2. Freiwillige Ausreise (Artikel 7) und Überwachung von Rückführungen (Artikel 8 Absatz 6)

Die Einführung der Rückführungsrichtlinie hat sich positiv auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahren im Zusammenhang mit der freiwilligen Ausreise ausgewirkt. Gemäß Artikel 7 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die freiwillige Ausreise eine angemessene Frist zwischen sieben und 30 Tagen vorzusehen. In den Rechtsvorschriften einiger Mitgliedstaaten war vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie entweder gar keine Frist für die freiwillige Ausreise vorgesehen oder aber die Länge der Frist war nicht festgelegt. Inzwischen haben alle Mitgliedstaaten eine derartige Frist eingeführt. In den meisten der untersuchten Mitgliedstaaten wird die Frist für die freiwillige Ausreise automatisch angegeben. Lediglich drei Mitgliedstaaten nutzten die Möglichkeit nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie, die Frist nur auf Antrag des betreffenden Drittstaatsangehörigen zu gewähren. Im Oktober 2013 richtete ein niederländisches Gericht ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (Rechtssache C-554/13) im Zusammenhang mit der in Artikel 7 Absatz 4 genannten Möglichkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren.

Aus der Studie geht auch hervor, dass die Rückführungsrichtlinie Änderungen in Bezug auf die Überwachung der Rückführungen bewirkt hat. Zahlreiche Mitgliedstaaten haben als direkte Folge der Richtlinie nationale Überwachungsstellen eingerichtet, die häufig aus dem Europäischen Rückkehrfonds finanziert wurden. Sieben Mitgliedstaaten sind der Verpflichtung zur Einrichtung eines Systems zur Überwachung der Rückführung nicht nachgekommen; gegen diese Staaten hat die Kommission bereits entsprechende EU-Pilot-Verfahren eingeleitet oder wird dies in Kürze tun. In den Mitgliedstaaten, die eine Überwachungsstelle eingerichtet haben, wird die Überwachung  durch die Zivilgesellschaft (regierungsunabhängige Menschenrechtsorganisationen), Bürgerbeauftragte oder Behörden mit Verbindungen zu einem nationalen Ministerium wahrgenommen. Diesbezüglich gibt es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Den Überwachungssystemen liegen entweder Rechtsvorschriften oder Kooperationsvereinbarungen zugrunde. Die Bewertung zeigt, dass die Rückführungsrichtlinie erhebliche Auswirkungen auf die Einrichtung der Stellen zur Überwachung der Rückführung hatte und dass die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Die Überwachungsstellen werden als integrierte Kontrollmechanismen eine wichtige Rolle bei der täglichen Rückführungspraxis der Mitgliedstaaten spielen.

Tabelle 8: Stellen zur Überwachung der Rückführung

Land || Überwachungsstelle || Art der Überwachungsstelle

AT || √ || Bürgerbeauftragter und NRO

BE || √ || Stelle im Geschäftsbereich der belgischen Polizei

BG || √[21] || Bürgerbeauftragter und NRO

CY || √ || Bürgerbeauftragter

CZ || √ || Stelle im Geschäftsbereich des tschechischen Parlaments

DE || Informell || NRO

DK || √ || Bürgerbeauftragter und NRO

EE || √ || NRO

EL || √ || Bürgerbeauftragter

ES || √ || Bürgerbeauftragter

FI || √ || Bürgerbeauftragter

FR || Nein || -

HU || √ || Bürgerbeauftragter

IT || Nein || -

LT || √ || NRO

LU || √ || NRO

LV || √ || Bürgerbeauftragter

MT || √ || Stelle im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und nationale Sicherheit

NL || √ || Stelle im Geschäftsbereich des Ministeriums für Sicherheit und Justiz

PL || √ || Bürgerbeauftragter und NRO

PT || √ || Stelle im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres

RO || √ || NRO

SE || Nein || Die Gerichte, der Parlamentarische Bürgerbeauftragte und der Justizkanzler fungieren teilweise als Überwachungsgremium

SI || Nein[22] || -

SK || √ || Bürgerbeauftragter und NRO

CH || √ || Stelle im Geschäftsbereich des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements

IS || Nein || -

LI || Nein || -

NO || √ || Bürgerbeauftragter

IE || Nein || -

UK || √ || Stelle im Geschäftsbereich des Justizministeriums

Quelle: Matrix 2013.

3. Garantien (Artikel 12 und 14) und Rechtsbehelfe (Artikel 13)

Die Bewertung ergab, dass die meisten Mitgliedstaaten die Option geprüft haben, vom Anwendungsbereich der Richtlinie gemäß deren Artikel 2 Absatz 2 abweichende Regelungen anzuwenden[23]. Die Bewertung zeigte ferner, dass die Schutzpflichten nach Artikel 4 Absatz 4 in den meisten Fällen eingehalten werden und dass es ein vergleichbares Schutzniveau für in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallende Drittstaatsangehörige und „Grenzfälle“ gibt, die die Mitgliedstaaten aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausschließen.

Bei der Bewertung wurde festgestellt, dass die Verfahrensgarantien im Zusammenhang mit den Rechten irregulärer Migranten während des Rückkehrverfahrens im Großen und Ganzen in den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten umgesetzt wurden. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Garantien gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie in Bezug auf die Form der Rückkehrentscheidung (schriftlich mit einer sachlichen und rechtlichen Begründung sowie Informationen über mögliche Rechtsbehelfe) im allgemeinen in der Praxis angewandt werden. Allerdings äußerten die Akteure Bedenken hinsichtlich der Formulierung der Gründe für die Entscheidung (fehlende Angaben zur Begründung). In fast der Hälfte der Mitgliedstaaten, die die Richtlinie anwenden, nannten die Interessenträger die Übersetzung (der wichtigsten Bestandteile der Rückkehrentscheidung) und – in geringerem Maße – das Dolmetschen als verbesserungsfähige Bereiche.

Es war nicht möglich, anhand der Bewertung weit verbreitete Trends zu erkennen oder Veränderungen in Bezug auf die Garantien bis zur aufgeschobenen Rückführung zu messen  (Artikel 14 der Richtlinie betrifft die Aufrechterhaltung der Familieneinheit, die Gewährung medizinischer Notfallversorgung, die Gewährleistung des Zugangs zum Grundbildungssystem, die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen sowie das Recht auf schriftliche Bestätigung, dass die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung aufgeschoben wird). Garantien zur Deckung grundlegender Bedürfnisse (insbesondere medizinische Notfallversorgung und Schulbildung) werden in erster Linie durch die Umsetzung internationaler Übereinkommen und durch Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines universellen Zugangs sichergestellt.

Im Hinblick auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, zurückzuführenden Personen die Möglichkeit einzuräumen, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 13 einzulegen, zeigt die Bewertung, dass selbst wenn in den Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten eine Rechtsvorschrift für Rechtsbehelfe vorgesehen ist, in der Praxis eine Reihe von Faktoren zum Tragen kommen, die das Recht auf einen echten Rechtsbehelf beeinträchtigen können. Zum einen werden die Informationen über die verfügbaren Rechtsbehelfe — trotz der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht — den Drittstaatsangehörigen nicht in allen Mitgliedstaaten immer in ausreichendem Maße in einer Sprache übermittelt, die die zurückzuführende Person versteht (Übersetzung und Erläuterung/Rechtsberatung). Zum anderen kann die Möglichkeit, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, durch die ineffiziente Bereitstellung von Rechtsberatung verringert werden; dies kann in den Fällen zutreffen, in denen die Mitgliedstaaten übermäßigen Gebrauch von der Bestimmung gemäß Artikel 13 Absatz 4 der Richtlinie machen und die kostenlose Rechtsberatung nach Maßgabe der Bestimmungen nach Artikel 15 Absätze 3 bis 6 der Richtlinie 2005/85/EG bereitstellen. Bei der Bewertung wurde festgestellt, dass Drittstaatsangehörige in mehreren Mitgliedstaaten in der Praxis häufig keinen Rechtsbehelf gegen eine Rückkehrentscheidung eingelegt haben oder in geringerem Umfang als erwartet. Die Kommission wird hier die weitere Entwicklung genau verfolgen.

Die Richtlinie stellt den Mitgliedstaaten die Entscheidung frei, ob ein Rechtsbehelf automatisch eine aufschiebende Wirkung hat oder ob diese Wirkung nur von Fall zu Fall durch die Berufungsinstanz gewährt werden kann. Bei der Bewertung wurde festgestellt, dass das Einlegen eines Rechtsbehelfs nur in neun Mitgliedstaaten automatisch die vorübergehende Aussetzung der Vollstreckung der Rückkehr- und/oder Abschiebungsentscheidung nach nationalem Recht automatisch zur Folge hat. In den meisten Mitgliedstaaten muss der Drittstaatsangehörige die vorübergehende Aussetzung der Wirkung selbst beantragen. Dieser Antrag kann durch den Richter unter besonderen Umständen abgelehnt oder befürwortet werden.

Tabelle 9: Aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs

Vorübergehende aufschiebende Wirkung der Vollstreckung der Rückkehrentscheidung, nachdem der Rechtsbehelf eingelegt wurde ||

Ja: Automatisch || AT, CZ, DK, FR, LT, MT, PL, RO, SI, UK

Manchmal: Durch Entscheidung eines zuständigen Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde || BE, BG, CY, DE, EE, EL, ES, FI, HU, IT, LU, LV, NL, PT, SE, SK, CH, LI, IS, NO, IE

Quelle: Matrix 2013.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache C- 383/13 PPU (G und R)[24] bestätigt hat, dass die Rechte des Beklagten gemäß Artikel 41 Absatz 2 der EU-Charta (das Recht einer jeden Person, gehört zu werden, und das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten) eingehalten werden müssen, wenn Entscheidungen im Rahmen der Rückführungsrichtlinie getroffen werden, selbst wenn diese Rechte in dieser Richtlinie nicht ausdrücklich vorgesehen sind.

4. Kriminalisierung der irregulären Einreise und des irregulären Aufenthalts

Die Ergebnisse der Bewertung sowie einer unlängst durchgeführten Studie der Grundrechteagentur zeigen, dass die Mehrzahl der Mitgliedstaaten die „irreguläre Einreise und/oder den irregulären Aufenthalt“ – in unterschiedlicher Form – unter Strafe stellen. Weder die Rückführungsrichtlinie noch andere Rechtsinstrumente der EU hindern die Mitgliedstaaten daran, die irreguläre Einreise und/oder den irregulären Aufenthalt nach ihrem Strafrecht als Straftat zu ahnden. Allerdings wurde die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, zurückzuführende Personen in Haft zu halten, durch mehrere Urteile des EuGH eingeschränkt. Insbesondere in der Rechtssache C-61/11 (El Dridri) stellte der EuGH fest, dass die Rückführungsrichtlinie nationalen Rechtsvorschriften, die den illegalen Aufenthalt unter Strafe stellen, entgegensteht, da derartige Vorschriften die Rückführungsrichtlinie in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang kam der EuGH zu dem Schluss, dass das Verhängen einer Freiheitsstrafe gegen einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, der keine andere Straftat begangen hat als die, der Anordnung zum Verlassen des Staatsgebiets nicht gefolgt zu sein, der Richtlinie zuwiderläuft. Das Urteil in einer ähnlichen Rechtssache - C-329/11 (Achoughbabian) - bestätigte die Ausführungen zu dem Urteil El Dridi. Der EuGH kam zu dem Schluss, dass eine nationale Regelung, die eine Haftstrafe allein wegen des illegalen Aufenthalts vorsieht, mit der Rückführungsrichtlinie nicht vereinbar ist. Das Urteil in der Rechtssache C-430/11 (Sagor) bestätigte zum einen, dass die strafrechtliche Sanktion einer finanziellen Geldbuße, die durch eine Ausweisungsverfügung ersetzt werden kann, zur Anwendung kommen kann, sofern das Ausweisungsverfahren alle maßgeblichen verfahrensrechtlichen Garantien der Rückführungsrichtlinie berücksichtigt. Das Urteil bestätigte zum anderen, dass die strafrechtliche Sanktion des Hausarrests nur unter der Voraussetzung angewendet werden kann, dass es Garantien gibt, die sicherstellen, dass die Rückführung dadurch nicht verzögert wird.

Die zuvor genannten Urteile haben zu einer Vielzahl von Änderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften in den untersuchten Ländern geführt; eine Folge dieser Rechtsprechung war, dass mehrere Mitgliedstaaten in jüngster Zeit ihre Rechtsvorschriften geändert haben. Die Kommission verfolgt die Entwicklung der Lage aufmerksam und hat gegen einige Mitgliedstaaten bereits EU-Pilot-Verfahren eingeleitet.

Tabelle 10: Strafrechtliche Ahndung der irregulären Einreise

Quelle: Grundrechteagentur 2014.

Tabelle 11: Strafrechtliche Ahndung des irregulären Aufenthalts

Quelle: Grundrechteagentur 2014.

5. Rückkehrverfahren (Artikel 6) und Einreiseverbote (Artikel 11)

Hinsichtlich Artikel 6 der Rückführungsrichtlinie war ein hohes Maß an Kohärenz zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Definition von illegalem bzw. irregulärem Aufenthalt festzustellen. In den meisten Mitgliedstaaten enthalten die nationalen Rechtsvorschriften eine ausführliche Beschreibung der Umstände, unter denen ein Drittstaatsangehöriger als illegal aufhältig angesehen werden kann. Diese Umstände umfassen: abgelaufenes Visum, abgelaufener Aufenthaltstitel, Aufhebung des Aufenthaltstitels, Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, irreguläre Einreise. Die meisten Mitgliedstaaten wenden auf Personen, die ein Verfahren für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums betreiben, günstigere Vorschriften an. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten hat sich für ein einstufiges Verfahren entschieden, in dem die Rückkehr- und Abschiebungsentscheidung in einem einzigen Verwaltungsakt erlassen werden. Lediglich neun Mitgliedstaaten (IT, LT, LV, MT, PL, SE, IE, UK) haben ein zweistufiges Verfahren. Die Richtlinie hat eine EU-weite Harmonisierung in Bezug auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung aus familiären, humanitären oder sonstigen Gründen für in ihrem Hoheitsgebiet illegal aufhältige Drittstaatsangehörige bewirkt. Alle Mitgliedstaaten sehen diese Möglichkeit in ihren Rechtsvorschriften vor. Die Verpflichtung zur Einleitung eines Rückkehrverfahrens hat sich nicht wesentlich auf die Praxis der Festnahme von Drittstaatsangehörigen und die Anzahl der Festnahmen ausgewirkt. In der Richtlinie ist nicht festgelegt, ob ein Mitgliedstaat irreguläre Drittstaatsangehörige durch die nationale Polizei oder auf Ad-hoc-Basis suchen lassen soll, da diese Entscheidung von nationalen Faktoren und Erwägungen abhängig ist. Da die Richtlinie weder das Konzept der Festnahme ausdrücklich festlegt noch Leitlinien für die Durchführung derartiger Verfahren enthält, haben die Mitgliedstaaten die bestehenden institutionellen Rahmenbedingungen kaum verändert. In den Mitgliedstaaten werden zwei Arten von Festnahmen angewandt: Zum einen Festnahmen als Folge routinemäßiger Polizeikontrollen oder gezielter Kontrollen an Standorten, an denen hinreichender Verdacht besteht, dass sich dort Migranten ohne Ausweispapiere aufhalten. Zum anderen Festnahmen auf Antrag der Einwanderungsbehörden in Bezug auf Personen, die der Anordnung zum Verlassen des Hoheitsgebiets nicht nachkommen oder der Entscheidung über die  freiwillige Rückkehr nicht Folge leisten.

Die Rückführungsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, mit einer Rückkehrentscheidung auch ein Einreiseverbot zu erlassen, wenn keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wurde[25] oder wenn der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen steht es den Mitgliedstaaten frei, ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bestimmung der Dauer des Einreiseverbots müssen alle relevanten Umstände berücksichtigt werden. Die maximale Dauer von fünf Jahren darf nur überschritten werden, wenn die betreffende Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Die Bewertung ergab, dass die Richtlinie einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, dass die  Mitgliedstaaten sich hinsichtlich der (maximalen) Dauer rückführungsbedingter Einreiseverbote von fünf Jahren gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie angenähert haben. Die meisten Mitgliedstaaten legen außerdem eine maximale Dauer der Einreiseverbote für die Fälle fest, in denen die zurückzuführende Person als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen wird, und die Dauer der Einreiseverbote im Einklang mit der Richtlinie in Ausnahmefällen sich über mehr als fünf Jahre erstrecken darf. In acht Mitgliedstaaten war eine Verringerung der Haftdauer als Folge der Umsetzung der Richtlinie festzustellen. Allerdings zeigte die Bewertung auch, dass die Zahl der ausgestellten Einreiseverbote für zurückzuführende Personen in sechs Mitgliedstaaten gestiegen ist. In der Praxis bieten alle Mitgliedstaaten irregulären Migranten die Möglichkeit, die Aufhebung oder die Aussetzung des Einreiseverbots aufgrund außergewöhnlicher humanitärer Umstände zu beantragen. Alle Einreiseverbote werden in das Schengener Informationssystem aufgenommen; liegt ein Einreiseverbot vor, kann ein Migrant nicht erneut in den Schengen-Raum einreisen. In seinem Urteil in der Rechtssache C-297/12 (Filev/Osmani) bestätigte der EuGH, dass die in der Richtlinie genannte maximale Dauer für Einreiseverbote auch für Einreiseverbote gilt, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie erteilt worden waren.

Tabelle 12: Einreiseverbote

Gründe für das Verhängen von Einreiseverboten || Mitgliedstaaten, die diese Gründe nutzen

Einreiseverbot wird gemeinsam mit der Rückkehrentscheidung automatisch erlassen || AT, CY, DE, EE, EL, ES, IT, LT, MT, PL, PT, IS, IE, UK

Einreiseverbot wird nicht in jedem Fall verhängt, es wird aber (zumindest) automatisch erlassen, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde || BE, BG, CZ, DK, FI, HU, LU, LV, NL, RO, SE, SK, CH, NO

Einreiseverbote werden fallweise verhängt (verschiedene Gründe) || FR, SI, FI

Änderungen infolge der Rückführungsrichtlinie || Mitgliedstaat

Verkürzung der Dauer von Einreiseverboten || DE, ES, IT, LV, PL, PT, CH, NO

Anstieg der Anzahl der ausgestellten Einreiseverbote || AT, BE, DK, FI, NL, CH

Spezifische Regelung für Einreiseverbote/landesweite Standardisierung || LT, MT, SI

Möglichkeit des Widerrufs || ES, PL

Einreiseverbot (schriftliche Mitteilung) || LU, PL

Verringerung der Anzahl der ausgestellten Einreiseverbote || SK

Quelle: Matrix 2013.

6. Rechtsprechung des EuGH im Zusammenhang mit der Rückführungsrichtlinie

In den vergangenen fünf Jahren richteten einige nationale Gerichte Vorabentscheidungsersuchen im Zusammenhang mit der Auslegung der Rückführungsrichtlinie an den EuGH.

Rechtsprechung des EuGH zur Inhaftnahme:

In seinem Urteil in der Rechtssache C-357/09 (Kadzoev) vom 30. November 2009 bestätigte der EuGH ausdrücklich die schützenden Elemente der Inhaftnahme-Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie, insbesondere die Verpflichtung, die betreffende Person unverzüglich frei zu lassen, wenn die in der Richtlinie aufgeführten Gründe nicht mehr gegeben sind.

Im Sommer 2013 richteten deutsche Gerichte drei Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: In den (anhängigen) Rechtssachen C-473-13 (Bero) und C-514-13 (Bouzalmate) wurde an den Gerichtshof die Frage gerichtet, ob ein Mitgliedstaat nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie verpflichtet ist, Abschiebungshaft grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen zu vollziehen, wenn solche Einrichtungen nur in einem Teil der föderalen Untergliederungen dieses Mitgliedstaats vorhanden sind, in anderen aber nicht. Die ebenfalls anhängige Rechtssache C-474/13 (Thi LY Pham) betrifft die Vereinbarkeit von Artikel 16 Absatz 1 mit einer nationalen Verwaltungspraxis, einen Abschiebungshäftling gemeinsam mit Strafgefangenen unterzubringen, wenn er in diese gemeinsame Unterbringung einwilligt.

Rechtsprechung des EuGH zur strafrechtlichen Ahndung des illegalen Aufenthalts

Am 28. April 2011 erging das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-61/11 (El Dridi). In diesem weit reichenden Urteil stellte der EuGH fest, dass die Rückführungsrichtlinie nationalen Rechtsvorschriften, die den illegalen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, der einer Anordnung zum Verlassen des Staatsgebiets nicht nachgekommen ist, unter Strafe stellen, entgegensteht, da eine derartige Sanktion die Verwirklichung des Ziels der Einführung einer wirksamen Abschiebungs- und Rückkehrpolitik im Einklang mit den Grundrechten beeinträchtigen könnte. Im Dezember 2011 erging im Zusammenhang mit der Lage in Frankreich ein Urteil in einem ähnlichen Fall (Rechtssache C-329/11, Achoughbabian), das die Ausführungen zu dem Urteil El Dridi bestätigte. Der EuGH kam zu dem Schluss, dass nationale Rechtsvorschriften, mit denen der illegale Aufenthalt strafrechtlich geahndet wird, nicht mit der Rückführungsrichtlinie vereinbar sind. Mit dem in der Rechtssache C-430/11 (Sagor) im Dezember 2012 ergangenen Urteil (in Bezug auf die Vereinbarkeit der Rückführungsrichtlinie mit italienischen Rechtsvorschriften, die bei illegalem Aufenthalt Hausarrest und unverzügliche Ausweisung vorsehen) wurde die Rechtsprechung des EuGH zu dieser Frage weiter präzisiert. In seinem Beschluss vom 21.3.2013 in der Rechtssache C-522/11 (Mbaye) bezog sich der EuGH auf die zuvor genannte Rechtsprechung und wiederholte seine Schlussfolgerungen. Die (anhängige) Rechtssache C-189/13 (Da Silva), die sich an die Rechtssache Aachoughbabian anschließt, betrifft die Vereinbarkeit der Rückführungsrichtlinie mit nationalen Rechtsvorschriften, die die strafrechtliche Ahndung der illegalen Einreise vorsehen.

Rechtsprechung des EuGH zum Verhältnis zwischen der Rückführungsrichtlinie und den EU-Rechtsvorschriften im Asylbereich

Das im Mai 2013 ergangene Urteil in der Rechtssache C-534/11 (Arslan) betraf das Verhältnis zwischen der rückführungsbedingten Inhaftnahme (gemäß der Richtlinie 2008/115/EG) und der Inhaftnahme als Asylbewerber (gemäß der Richtlinie 2003/9/EG) in einer Situation, in der ein gemäß der Rückführungsrichtlinie in Haft genommener Drittstaatsangehöriger einen Asylantrag mit dem Ziel stellt, einen Aufschub der Rückführung zu bewirken. Das Urteil bestätigt, dass die asylbedingte Inhaftnahme und die rückführungsbedingte Inhaftnahme unter zwei verschiedene Rechtssysteme fallen, die unterschiedliche, an die spezifische Situation von Asylbewerbern und zurückzuführenden Personen ausgerichtete rechtliche Garantien vorsehen. Der Gerichtshof stellte klar, dass die Existenz dieser beiden unterschiedlichen Regelungen nicht bedeutet, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, in Haft befindliche zurückzuführende Personen, die einen Asylantrag stellen, automatisch frei zu lassen. Das Urteil bestätigt ausdrücklich, dass die Inhaftnahme fortgesetzt werden kann, sofern die Mitgliedstaaten unverzüglich nach nationalem Recht entscheiden, die Festnahme im Einklang mit dem EU-Asylrecht fortzusetzen.

Rechtsprechung des EuGH zu Einreiseverboten

Das Urteil vom 19.9.2013 in der Rechtssache C-297/12 (Filev/Osmani) bezieht sich auf die Gültigkeit von vor dem Inkrafttreten der Richtlinie erteilten Einreiseverboten sowie auf die Dauer von Einreiseverboten. In diesem Urteil kam der Gerichtshof zu folgendem Schluss:

- Artikel 11 Absatz 2 steht einer Vorschrift des nationalen Rechts entgegen, die die Befristung eines Einreiseverbots an die Voraussetzung knüpft, dass der betroffene Drittstaatsangehörige einen Antrag auf eine derartige Befristung stellt.

- Ein mehr als fünf Jahre vor dem Inkrafttreten der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie erteiltes Einreiseverbot kann keine weiteren Wirkungen entfalten, es sei denn, die Person stellt eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar.

- Mitgliedstaaten dürfen Personen, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem diese Richtlinie hätte umgesetzt werden müssen und dem Zeitpunkt, zu dem sie tatsächlich umgesetzt wurde, in den Genuss günstigerer direkter Auswirkungen der Richtlinie gekommen sind, nicht nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie von ihrem Anwendungsbereich ausschließen.

Rechtsprechung des EuGH zur freiwilligen Ausreise

Im Oktober 2013 richtete der niederländische Raad van State in der (anhängigen) Rechtssache C-554/13 (Zh. und O.) ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, das die Auslegung des Begriffs „Gefahr für die öffentliche Ordnung“ als Grund für die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise im Rahmen von Artikel 7 betraf.

Rechtsprechung des EuGH zum Recht, gehört zu werden (Artikel 41 der EU-Charta), im Zusammenhang mit der Rückführungsrichtlinie

Im Frühjahr 2013 richteten zwei französische Richter zwei Vorabentscheidungsersuchen zu diesem Thema an den EuGH: In den (anhängigen) Rechtssachen C-166/13 (Mukarubega) und C-249/13 (Boudjlida) wurde an den Gerichtshof die Frage gerichtet, ob das in Artikel 41 Absatz 2 der Charta vorgesehene Recht einer jeden Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird, auch für Rückkehrverfahren  (Mukarubega) gilt; außerdem wurde der EuGH gebeten, die genaue Reichweite dieses Rechts zu präzisieren (Boudjlida). 

In seinem Urteil vom 10.9.2013 in der Rechtssache C-383/13, PPU (G und R) bestätigte der Gerichtshof, dass die Verteidigungsrechte bei der Entscheidung über die Verlängerung der Haftdauer geachtet werden müssen. Er stellte klar, dass nicht jede Unregelmäßigkeit bei der Achtung der Verteidigungsrechte zur Aufhebung der Entscheidung führt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das nationale Gericht der Auffassung ist, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung tatsächlich zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Teil V - Schlussfolgerungen

Diese Mitteilung zeigt, dass die Einführung eines EU-Rahmens für den Bereich der Rückkehr/Rückführung in den vergangenen zehn Jahren zu erheblichen Änderungen im Recht und in der Praxis aller Mitgliedstaaten geführt hat. Die Rückführungsrichtlinie hat sich positiv auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Vorgehensweisen in Bezug auf die freiwillige Ausreise ausgewirkt und einen Wandel bei der Überwachung der zwangsweisen Rückführung bewirkt. Sie hat zur Vereinheitlichung — und insgesamt zu einer Verringerung — der maximalen Haftdauer in der EU beigetragen. Auch ist in allen Mitgliedstaaten die Tendenz festzustellen, stärker auf Alternativen zum Freiheitsentzug zurückzugreifen. Die Richtlinie hat die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, den bloßen irregulären Aufenthalt unter Strafe zu stellen, beschränkt, und ihre Verfahrensgarantien haben zu mehr Rechtssicherheit beigetragen.

Die von einigen Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie geäußerten Bedenken, die Schutzmaßnahmen könnten die Effizienz der Rückkehr- bzw. Rückführungsverfahren untergraben, haben sich als gegenstandslos erwiesen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die in der Rückführungsrichtlinie vorgesehenen Verfahren ein entschlossenes Handeln ermöglichen. Die Hauptgründe für unterbliebene Rückführungen sind auf praktische Probleme bei der Identifizierung der Betroffenen und bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch die Behörden von Drittstaaten zurückzuführen.    

Die gemeinsame Verantwortung und Unterstützung für die zentralen politischen Ziele dieser neuen EU-Politik haben sich nach und nach herausgebildet. In der Regel akzeptieren jetzt alle Mitgliedstaaten die folgenden politischen Ziele:

Achtung der Grundrechte; Faire und effiziente Verfahren; Verringerung der Fälle, in denen Migranten ohne klaren rechtlichen Status ausharren müssen; Vorrang für die freiwillige Ausreise; Förderung der Wiedereingliederung und Förderung von Alternativen zum Freiheitsentzug.

Dies ist bei den jüngsten politischen Gesprächen mit den Mitgliedstaaten im Jahr 2013 deutlich geworden. Außerdem wurden diese positiven Veränderungen im Achten Bericht der UN-Völkerrechtskommission über die Ausweisung von Ausländern bestätigt, in dem der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen anerkennt, dass die Rückführungsrichtlinie der EU außerordentlich fortschrittliche Bestimmungen über diese Fragen enthält, die bei weitem viel fortgeschrittener als die Standards in anderen Regionen der Welt sind.  

Trotz dieser positiven Entwicklungen und der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten generell sichergestellt haben, dass die Richtlinie in einzelstaatliches Recht umgesetzt ist, gibt es noch Raum für Verbesserungen bei der praktischen Durchführung der Richtlinie und der Rückkehrpolitik im Allgemeinen, bei der Gewährleistung der Achtung der Grundrechte (z. B. Haftbedingungen, wirksame Rechtsbehelfe) und der Wirksamkeit (z. B. schnellere Verfahren und höhere Zahlen freiwilliger Rückkehrer).

Die in dieser Mitteilung aufgezeigten Maßnahmen konzentrieren sich auf die ordnungsgemäße und effiziente Umsetzung der bestehenden Vorschriften, die Förderung von Verfahren, die mit den Grundrechten vereinbar sind, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie die Zusammenarbeit mit den Staaten, die nicht der EU angehören. Diese Maßnahmen werden eine bessere Durchführung und Anwendung der Rückkehrpolitik in der Praxis und die Festigung und Vertiefung der Errungenschaften der Rückkehrpolitik der EU in den nächsten Jahren unter uneingeschränkter Achtung der unveräußerlichen Rechte und der Würde aller Menschen — unabhängig von ihrem Migrationsstatus — gewährleisten.

[1] Unter „Drittstaatsangehöriger“ ist jede Person zu verstehen, die nicht Bürger der EU ist und die keinen Anspruch auf Freizügigkeit nach dem Unionsrecht hat.

[2] Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. L 348 vom 24.12.2008, S.98.

[3] Mitteilung zum Gesamtansatz für Migration und Mobilität — KOM(2011) 743 endg.

[4] Weitere Einzelheiten hierzu sind der Mitteilung über die Evaluierung der EU-Rückübernahmeabkommen (EURA) zu entnehmen - KOM(2011) 76 vom 23.2.2011.

[5] EUROSTAT-Daten. Allerdings vermitteln die Statistiken möglicherweise ein verzerrtes Bild, da die Mitgliedstaaten derzeit nicht zur Erhebung von Daten über die freiwillige Rückkehr verpflichtet sind und diese Daten auf freiwilliger Basis nicht ordnungsgemäß erfasst werden.  Diese statistische Lücke kann erst geschlossen werden, wenn die Daten zur freiwilligen Rückkehr systematisch erhoben werden. Das EU-Ein-/Ausreisesystem, über das derzeit verhandelt wird, könnte eine solche Datenerhebung erheblich erleichtern.

[6] Der in der Rückführungsrichtlinie verwendete Begriff der „Mitgliedstaaten“  bezieht sich auf  30 Staaten: die 28 EU-Mitgliedstaaten minus UK und Irland  plus CH, NO, IS und LI. Erläuterung: Die Rückführungsrichtlinie ist ein hybrides Instrument. Sie ist zum einen Teil des Schengen-Besitzstands und gilt somit für die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.  Nach Maßgabe des Protokolls Nr. 19 unterliegen das Vereinigte Königreich und Irland nicht diesem Teil des Schengen-Besitzstands.  Zum anderen ist die Rückführungsrichtlinie eine Weiterentwicklung des Besitzstands im Rahmen von Titel V des Dritten Teils des Vertrags, dem sich das Vereinigte Königreich und Irland nach Maßgabe des Protokolls Nr. 21 anschließen können. Allerdings haben diese Mitgliedstaaten von dieser Opt-in-Klausel keinen Gebrauch gemacht.

[7] Artikel 31 Absatz 2 der VIS-Verordnung sieht eine Abweichung von der Regel vor, wonach im VIS verarbeitete Daten Drittstaaten oder internationalen Organisationen weder übermittelt noch zur Verfügung gestellt werden. Danach können einige Arten von Daten Drittstaaten übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden, wenn dies im Einzelfall zum Zwecke des Nachweises der Identität eines Drittstaatsangehörigen — auch zum Zwecke der Rückführung — notwendig ist und bestimmte Bedingungen erfüllt sind, die die Einhaltung der Datenschutzvorschriften gewährleisten.

[8] Abrufbar auf der EMN Website, Rubrik Ad-hoc-Umfragen: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/networks/european_migration_network/index_en.htm.

[9] Eine detaillierte Bewertung der Erfahrungen der ersten Jahre mit dem Rückkehrfonds enthält der für das Frühjahr 2014 erwartete Bericht der Kommission über die Ergebnisse sowie über die qualitativen und quantitativen Aspekte der Durchführung des Europäischen Rückkehrfonds für den Zeitraum 2008-2010.

[10] Veröffentlicht unter: http://frontex.europa.eu/publications (Grundrechteagentur).

[11] Seit 2010 wird im „Jahresbericht über Einwanderung und Asyl“ der Kommission regelmäßig über die von Frontex koordinierten gemeinsamen Rückführungsmaßnahmen berichtet.

[12] Zwischen 2007 und 2013 wurden 225 Begleitpersonen entsprechend geschult. 

[13] Abrufbar unter: http://www.icmpd.org/Ongoing-Projects.1570.0.html.

[14] Die Links zu den nationalen Umsetzungsmaßnahmen sind über EUR-Lex (Einzelstaatliche Durchführungsmaßnahmen) abrufbar:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:72008L0115:DE:NOT.

[15] Die Protokolle der Sitzungen der Kontaktgruppe (in Form eines Frage & Antwort-Dokuments) sind über die Register der Expertengruppen der Kommission erhältlich.

[16] Der Großteil der Studien ist über die Europa-Website, e-library der GD HOME:  ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e-library/documents/categories/studies abrufbar.

[17] Die Auftragnehmer mussten folgende Interessenvertreter konsultieren:

1. Justizbehörden/Richter, die für die Überwachung/Bearbeitung von Rechtsbehelfen im Zusammenhang mit der Rückkehrpolitik zuständig sind (über nationale und internationale Richterverbände);

2. Anwälte und Einrichtungen, die Rückkehrern rechtliche Unterstützung leisten (über nationale und internationale Anwaltsverbände);

3. Für die Überwachung von Rückführungen zuständige Stellen (nach Artikel 8 Absatz 6 der Rückführungsrichtlinie);

4. Akteure, die Migranten unterstützen oder sich für deren Belange einsetzen (NRO, unterstützende Einrichtungen);

5. Akteure, die Stellungnahmen zur Rückkehrpolitik abgeben oder sich mit der Rückkehrpolitik im Studium befassen (NRO, Hochschulen usw.);

6. Internationale Organisationen (UNHCR, IOM, Rotes Kreuz usw.), die sich für das Thema Rückkehr/Rückführung interessieren.

[18] Belgien wendet zwar keine der genannten Alternativen zum Freiheitsentzug an, fördert aber seit 2008 die Bereitstellung von Wohnraum und Beratung für Familien. Diese Praxis wurde in einer unlängst erschienenen NRO-Veröffentlichung als vorbildliches Verfahren ausgewählt.

[19] Dokument CPT/Inf/E (2002) 1 — Rev. 2013, abrufbar unter: http://www.cpt.coe.int/german.htm.

[20] Europäische Kommission (2013), Konformitätsbewertung der Richtlinie 2008/115/EG, Norwegen (2013). Version 3.0 – 20.6.2013. Unveröffentlichter Artikel 10 Absatz 1.

[21] Lediglich vorgeschlagen (Daten für 2012 - Grundrechteagentur).

[22] Derzeit debattiert die Regierung über ein doppeltes Überwachungssystem, das die Überwachung durch den Bürgerbeauftragten zusammen mit NRO vorsieht.

[23] Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten in bestimmten „Grenzsituationen“ (Drittstaatsangehörige, die einem Einreiseverbot unterliegen oder in Verbindung mit dem illegalen Überschreiten der Außengrenze eines Mitgliedstaats aufgegriffen wurden) beschließen können, die Richtlinie nicht anzuwenden. In diesem Fall gelten die in Artikel 4 Absatz 4 aufgeführten Mindestgarantien nach wie vor. Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten in bestimmten Fällen (Drittstaatsangehörige, die aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist) beschließen können, die Richtlinie nicht anzuwenden.

[24] Zwei weitere anhängige Vorabentscheidungsersuchen — Rechtssachen C-166/13 (Mukarubega) und C-249/13 (Boudjilida) — beziehen sich auf ähnliche Fragestellungen.

[25] Dies kann der Fall sein, wenn Fluchtgefahr besteht, wenn ein Antrag auf einen rechtmäßigen Aufenthalt als offensichtlich unbegründet oder in betrügerischer Absicht gestellt abgelehnt worden ist oder wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.

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