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Document 52010DC0766

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT über die Einleitung von Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau gemäß Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou

/* KOM/2010/0766 endg. */

52010DC0766

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT über die Einleitung von Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau gemäß Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou /* KOM/2010/0766 endg. */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 20.12.2010

KOM(2010) 766 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

über die Einleitung von Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau gemäß Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

über die Einleitung von Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau gemäß Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou

1. Hintergrund

Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1975 unterhält Guinea-Bissau enge Beziehungen zur Europäischen Union, die bereits über 500 Mio. EUR für die Zusammenarbeit mit diesem Land zur Verfügung gestellt hat. Aufgrund von ethnischen Spannungen, dem übermäßig starken Einfluss der Armee, die keine Berufsarmee und stark politisiert ist, sowie der weit verbreiteten Armut ist das Land jedoch weiterhin fragil. Als weiterer Faktor kommt seit einigen Jahren hinzu, dass sich die Einnahmen aus dem Drogenhandel korrumpierend auf verschiedene Gesellschaftsgruppen (Armee, politische Parteien, Regierung, usw.) auswirken, was auch zur Destabilisierung der Nachbarstaaten führt, da die Grenzen bedingt durch den freien Verkehr und die angespannte Sicherheitslage in Casamance (Senegal) und der Republik Guinea sehr durchlässig sind.

Im ersten Halbjahr 2009 hat sich die politische und sicherheitspolitische Lage in Guinea-Bissau zugespitzt, was im März zur Ermordung des Generalstabschefs der Streitkräfte und des Präsidenten der Republik, Joao Vieira, führte. Anfang Juni 2009 wurden außerdem der Minister für territoriale Verwaltung und ein ehemaliger Außenminister des Landes ermordet sowie weitere Personen festgenommen. Diese Personen standen Präsident Vieira nahe und sollen nach Angaben der Regierung an einem Putschversuch beteiligt gewesen sein.

Trotz dieser schwerwiegenden Vorfälle verliefen die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen, bei denen der Nachfolger von Präsident Vieira bestimmt werden sollte, ruhig. Malam Bacai Sanha (PAIGC) gewann den zweiten Wahlgang am 26. Juli 2009 mit 63,31 % der Stimmen und trat am 8. September 2009 die Präsidentschaft für eine Amtszeit von fünf Jahren an. Carlos Gomes wurde zum Ministerpräsidenten ernannt. In seiner Antrittsrede nannte der neue Präsident die nationale Aussöhnung, die Bekämpfung der Straflosigkeit und die Reform des Sicherheitssektors als einige seiner Prioritäten.

Einige Tage später wurde der für seinen Reformgeist bekannte Oberbefehlshaber der Marine, Admiral José Zamora Induta, zum Generalstabschef der Armee ernannt. Ende Oktober nahm der Präsident eine tiefgreifende Regierungsumbildung vor, die fast alle Ressorts betraf und auch neue Gesichter auf die politische Bühne brachte. Wenig später wurde ein neuer Generalstaatsanwalt ernannt, der die Arbeit der Staatsanwaltschaft verbessern sollte, sowohl im Hinblick auf die Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung als auch auf die offiziellen Ermittlungen, die zur Auffindung der Verantwortlichen der politischen Morde vom März und Juni 2009 eingeleitet worden waren.

Es schien, dass die neuen Machthaber die schwerwiegenden Probleme des Landes mit größerer Entschlossenheit als ihre Vorgänger angehen würden. Dennoch ist der Einfluss, den die militärischen Kreise auf das politische Leben des Landes ausüben, weiterhin sehr bedenklich und wirkt sich destabilisierend aus.

Um dem entgegenzuwirken, hat die EU ihre Förderung der Reform des Sicherheitssektors, die für die Wiedererlangung der zivilen Kontrolle über die Militärs zentral ist, beständig erweitert. Neben den Maßnahmen im Rahmen des EEF hat die EU der Regierung Guinea-Bissaus bei der Umsetzung der Reform des Sicherheitssektors durch eine Mission unterstützt, die im Mai 2008 im Rahmen der Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) gestartet wurde; ihr Ziel ist es, der Regierung bei der nationalen Strategie zur Umsetzung der Reform, die insbesondere die Armee, die Polizei und die Staatsanwaltschaft betrifft, zur Seite zu stehen.

Trotz der erzielten Fortschritte bewahrheiteten sich am 1. April 2010 die Befürchtungen, als unter der Führung des Vize-Generalstabschefs der Streitkräfte, General Antonio Injai, eine Gruppe meuternder Militärs den Generalstabschef Zamora Induta und den Ministerpräsidenten festnahmen. Zamora Induta wird bis heute festgehalten, der Ministerpräsident wurde nach einigen Stunden freigelassen, nachdem er zuvor mit dem Tod bedroht worden war.

Nach dieser Meuterei eignete sich General Injai de facto das Amt des Generalstabschefs an und wurde am 25. Juni 2010 trotz der Warnungen der internationalen Gemeinschaft auf Vorschlag der Regierung und per Erlass des Präsidenten offiziell ernannt.

2. Reaktionen der Europäischen Union

Mit einer Erklärung der Hohen Vertreterin vom 2. April 2010 hat die EU die Meuterei vom 1. April 2010 als Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung verurteilt und die Regierung Guinea-Bissaus aufgefordert, die demokratische Normalität wiederherzustellen. Die Afrikanische Union und die ECOWAS gaben ähnliche Erklärung ab.

Am 13. April 2010 kam das Politische und Sicherheitspolitische Komitee des Rates (PSK) zu dem Schluss, dass eine Reflexionsphase über das künftige EU-Engagement in Guinea Bissau notwendig und es von größter Bedeutung ist, den Zivilbehörden die erforderliche Unterstützung zu gewähren, um ihre eine entschiedene Reaktion auf die Situation zu ermöglichen.

Am 14. April 2010 forderte die Ratsgruppe „Afrika“ (COAFR) die EU-Missionsleiter in Guinea-Bissau zu einer Demarche und einer Verstärkung des politischen Dialogs mit der Regierung von Guinea-Bissau auf der Grundlage von Artikel 8 des Abkommens von Cotonou auf. Dabei sollten folgende Punkte angesprochen werden: i) die sofortige Freilassung des Generalstabschefs sowie der anderen Personen, die seit dem 1. April 2010 festgehalten werden; ii) Feststellung der rechtlichen Verantwortlichkeit und Verhängung von Disziplinarstrafen gegen die an den Vorfällen vom 1. April 2010 Beteiligten; iii) die notwendige Unterordnung und der Respekt gegenüber der demokratisch legitimierten Regierung. Diese Demarche fand am 19. April 2010 statt.

Am 26. April 2010 prüfte die Ratsgruppe „Afrika“ den Bericht der EU-Missionsleiter in Guinea-Bissau und wies erneut darauf hin, dass i) die Reform des Sicherheitssektors von größter Bedeutung für die Demokratie und Stabilität des Landes ist und ii) dass das künftige EU-Engagement in Guinea-Bissau von der politischen Entwicklung des Landes abhängt.

Am 30. April beauftragte die Ratsgruppe „Afrika“ das Generalsekretariat des Rates und ersuchte die Kommission, i) umgehend eine Reihe kurzfristiger Maßnahmen vorzuschlagen, um die Situation vor Ort positiv zu beeinflussen; ii) bis Ende Juni auf der Grundlage aller der EU zur Verfügung stehenden Instrumente eine strategische Überprüfung des EU-Engagements in Guinea-Bissau durchzuführen, da die endgültige Entscheidung über das Engagement der EU und insbesondere der GSVP vor Ende Juli 2010 auf Grundlage dieser strategischen Überprüfung und der künftigen Entwicklung in Guinea-Bissau zu treffen ist.

Am 7. Mai 2010 bestätige der Rat, dass das GSVP-Engagement bei der Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau über den 30. September hinaus weiterhin folgenden Bedingungen unterliegt: i) Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, ii) Freilassung des früheren Generalstabschefs Zamora Induta; iii) Vorgehen gegen die am den Vorfällen vom 1. April 2010 Beteiligten; iv) Annahme des Gesetzespakets zur Reform der Sicherheitssektors.

Im Mai fand auf der Grundlage der vom Generalsekretariat und der Kommission vorgeschlagenen kurzfristigen Maßnahmen eine gemeinsame Mission von Kommission, Rat und COAFR-Vorsitz in Guinea-Bissau statt. Die Mission kam zu dem Ergebnis, dass die Regierung Guinea-Bissaus zwar die EU-Analyse der Meuterei teilt, es ihr jedoch nicht möglich ist, der Aufforderung zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung nachzukommen.

Angesichts dessen brachte die Hohe Vertreterin in ihrer Erklärung vom 5. Juli 2010 ihre Bestürzung darüber zum Ausdruck, dass General Antonio Injai, der Hauptverantwortliche der Meuterei vom 1. April 2010, zum Generalstabschef ernannt wurde. Die Hohe Vertreterin erinnerte außerdem daran, dass die illegale Festsetzung von Zamora Induta sehr besorgniserregend sei, und forderte die Regierung des Landes auf, diese zu beenden. In ihrer Erklärung stellte die Hohe Vertreterin fest, dass die Situation in Guinea-Bissau eine Verletzung der Verpflichtungen des Landes in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, den wesentlichen Elementen des Abkommens von Cotonou darstellen könnte, und forderte eine Überprüfung des EU-Engagements in Guinea-Bissau insgesamt. Die Afrikanische Union, die ECOWAS und die Vereinigten Staaten verurteilten die Vorgänge in ähnlicher Weise.

Am 7. Juli 2010 prüfte die Ratsgruppe „Afrika“ einen neuen Bericht der EU-Missionsleiter in Guinea-Bissau. Die COAFR i) begrüßte die Empfehlungen des Missionsleiters; ii) bedauerte die Ernennung von General Injai zum Generalstabschef und stellte fest, dass die Ernennung eine Verletzung der demokratischen Grundsätze und des Rechtsstaatsprinzips sowie der wesentlichen Elemente des Abkommens von Cotonou darstellen könnte; iii) forderte den Missionsleiter auf, eine Liste der Personen vorzuschlagen, die für die anhaltende Instabilität verantwortlich sind und/oder an den rechtswidrigen Taten beteiligt waren und gegen die gezielte Sanktionen der EU verhängt werden könnten; iv) begrüßte die einstimmige Reaktion der internationalen Gemeinschaft und betonte, wie wichtig eine enge Abstimmung der Antwort der EU mit der übrigen internationalen Gemeinschaft, insbesondere der Afrikanischen Union, der ECOWAS und den Vereinigten Staaten, sei.

Am 9. Juli 2010 beschloss das Politische und Sicherheitspolitische Komitee, i) die laufende GSVP-Mission zur Reform des Sicherheitssektors zu beenden und ii) das Generalsekretariat des Rates und die Kommission zu ersuchen, Vorschläge zur Verstärkung der EU-Präsenz in Guinea-Bissau vorzulegen, wobei Expertenwissen im Bereich der Reform des Sicherheitssektors vorgesehen werden sollte.

Zudem teilte die Hohe Vertreterin dem Ministerpräsidenten mit Schreiben vom 27. Juli mit, dass die laufende GSVP-Mission zum 30. September 2010 beendet werde, dass eine neue Mission aufgrund des derzeitigen politischen Klimas nicht möglich und eine Überprüfung des gesamten EU-Engagements in Guinea-Bissau auf der Grundlage eines verstärkten politischen Dialogs zwischen den beiden Seiten erforderlich sei.

3. Vorschlag der Kommission

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Meuterei vom 1. April 2010 und die Ernennung einer der Rädelsführer zum Generalstabschef der Armee das politische und sicherheitspolitische Klima in Guinea-Bissau grundlegend geändert haben und dass diese Ernennung selbst eine Verletzung der Verpflichtungen Guinea-Bissaus im Hinblick auf die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit als wesentlichen Elementen des Abkommens von Cotonou darstellt.

Artikel 96 Absatz 2 des am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichneten und am 22. Juni 2010 geänderten AKP-EU-Partnerschaftsabkommens verweist auf die wesentlichen, in Artikel 9 definierten Elemente, auf denen die Partnerschaft aufbaut. Die Politik der Vertragsparteien auf interner und internationaler Ebene stützt sich auf die demokratischen Grundsätze, das Rechtsstaatprinzip und die Achtung der Menschenrechte, die die wesentlichen Elemente des Abkommens bilden. Mit Blick auf diese Grundsätze und angesichts der Bedingungen, unter denen die militärische Meuterei in Guinea-Bissau am 1. April 2010 stattfand, stellt die Kommission eine besonders ernste Verletzung dieser wesentlichen Elemente fest und betrachtet die Situation als besonders dringenden Fall im Sinne von Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe b des Abkommens von Cotonou. Daher sieht sie es als notwendig an, Konsultationen mit den Machthabern in Guinea-Bissau einzuleiten, um die möglichen Lösungen dieser Krise zur Wiederherstellung der demokratischen Ordnung zu prüfen. Diese Konsultationen werden im Einklang mit Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou geführt und zielen im Wesentlichen darauf ab, mit den betreffenden Stellen eine Liste von Verpflichtungen zu erörtern, die insbesondere Folgendes umfassen:

- Beendigung der illegalen Inhaftierung von Vize-Admiral Zamora Induta und anderer Personen, die während der Vorfälle vom 1. April 2010 festgenommen wurden;

- Einleitung und Abschluss einer unabhängigen Untersuchung der Vorfälle, die zwischen dem 1. März 2009 und 1. April 2010 stattfanden;

- Berufung von integren Personen, die nicht in die Gewalttaten und die verfassungswidrigen Vorfälle verwickelt sind, an die Spitze der Streitkräfte Guinea-Bissaus;

- Einverständnis der Regierung mit allen Expertengruppen sowie zivilen und militärischen Mitteln, die von der ECOWAS/der Gemeinschaft portugiesischsprachiger Länder (CPLP) und/oder anderen Partnern vorgeschlagen werden, um die Reform des Sicherheitssektors zu überwachen und begleiten und den Schutz von Politikern zu gewährleisten;

- Annahme, Erlass und Veröffentlichung des Gesetzespakets zur Reform des Sicherheitssektors;

- Genehmigung eines operationellen Programms zur Umsetzung der Reform des Sicherheitssektors durch die Regierung;

- alle sonstigen Verpflichtungen, die zu einer Verbesserung der demokratischen Regierungsführung des Landes und zur Reform des Sicherheitssektors beitragen könnten.

Ein solcher Dialog sollte es der Regierung Guinea-Bissaus ermöglichen, die notwendigen Maßnahmen zur Beendigung der derzeitigen Krise zu ergreifen, und der Europäischen Union zu beurteilen, in welchem Umfang sie auf der Grundlage dieses Dialogs Initiativen unterstützen könnte, die auf die Achtung der Grundsätze des Abkommens von Cotonou abzielen.

Daher schlägt die Kommission dem Rat vor, die Republik Guinea-Bissau mit dem im Entwurf beigefügten Schreiben nach Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou um Konsultationen zu ersuchen.

Bis das Ergebnis dieser Konsultationen vorliegt, ergreift die Kommission Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf Tätigkeiten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit in Guinea-Bissau; hiervon ausgenommen sind Zahlungen im Rahmen laufender Verträge, Maßnahmen, die humanitären Zwecken dienen oder unmittelbar der Bevölkerung zugute kommen, regionale Projekte oder Projekte zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und Maßnahmen zur Vorbereitung der Durchführung künftiger Projekte, soweit die besonderen Bestimmungen der verschiedenen Instrumente und Finanzierungsvereinbarungen eingehalten werden.

Im Einklang mit der gängigen Praxis und angesichts der besonderen Umstände in Guinea-Bissau werden die Afrikanische Union, die ECOWAS und die CLPL zu diesen Konsultationen eingeladen.

ANHANG

Entwurf eines Schreibens

Sehr geehrter Herr Präsident.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

seit der Meuterei vom 1. April 2010 hat die Europäische Union (EU) mehrfach ihre Besorgnis über die Nichtachtung der demokratischen Legalität sowie die Verletzung der Menschenrechte in Guinea-Bissau zum Ausdruck gebracht. Sie hat an Ihre Regierung appelliert, auf die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Normalität hinzuwirken. Trotz der von der EU am 19. April 2010 unternommenen Demarche und der gemeinsamen Mission (Kommission, Rat, Spanien) im Mai 2010 scheinen einige Faktoren bedauerlicherweise darauf hinzudeuten, dass Ihr Land sich nicht in diese Richtung bewegt. Gleichzeitig ist eine Zunahme des Drogenhandels zu verzeichnen, was für die EU Anlass zu größter Sorge ist.

In ihrer Erklärung vom 5. Juli 2010 hat die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission ihre Bestürzung über die Ernennung von General Injai zum Generalstabschef zum Ausdruck gebracht. Zudem äußerte sie erneut ihre Besorgnis über die illegale Inhaftierung von Vize-Admiral Zamora Induta und rief Ihre Regierung auf, diese zu beenden.

In ihrem Schreiben vom 27. Juli 2010 teilte die Hohe Vertreterin Ihnen mit, dass die laufende EU-Mission zur Unterstützung der Reform des Sicherheitssektors zum 30. September 2010 beendet wird. Sie erklärte außerdem, dass eine neue Mission aufgrund des derzeitigen politischen Klimas nicht möglich und eine Überprüfung des EU-Engagements in Guinea-Bissau insgesamt auf der Grundlage eines verstärkten politischen Dialogs zwischen den beiden Seiten erforderlich ist.

In Anwendung von Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe a des geänderten Abkommens von Cotonou und aufgrund unserer Auffassung, dass es sich um einen Fall einer besonders ernsten und flagranten Verletzung eines der in Artikel 9 Absatz 2 genannten wesentlichen Elemente handelt, beehren wird uns daher, Ihr Land im Namen der EU und ihrer Mitgliedstaaten um Konsultationen nach Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou zu ersuchen, damit die Lage eingehend geprüft und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen ergriffen werden können. Diese Konsultationen zielen insbesondere darauf ab, mit Ihrer Regierung eine Liste von Verpflichtungen zu erörtern, die u. a. umfassen:

- Beendigung der rechtswidrigen Inhaftierung von Vize-Admiral Zamora Induta und anderer Personen, die während der Vorfälle vom 1. April 2010 festgenommen wurden;

- Einleitung und Abschluss einer unabhängigen Untersuchung der Vorfälle, die zwischen dem 1. März 2009 und 1. April 2010 stattfanden;

- Berufung integrer Personen, die nicht in die Gewalttaten und die verfassungswidrigen Vorfälle verwickelt sind, an die Spitze der Streitkräfte Guinea-Bissaus;

- Einverständnis der Regierung mit allen Expertengruppen sowie zivilen und militärischen Mitteln, die von der ECOWAS/der Gemeinschaft portugiesischsprachiger Länder (CPLP) und/oder anderen Partnern vorgeschlagen werden, um die Reform des Sicherheitssektors zu überwachen und begleiten und den Schutz von Politikern zu gewährleisten;

- Annahme, Erlass und Veröffentlichung des Gesetzespakets zur Reform des Sicherheitssektors;

- Genehmigung eines operationellen Programms zur Umsetzung der Reform des Sicherheitssektors durch die Regierung;

- alle sonstigen Verpflichtungen, die zu einer Verbesserung der demokratischen Regierungsführung des Landes und zur Reform des Sicherheitssektors beitragen könnten.

Die Gespräche sollten es der guinea-bissauischen Seite ermöglichen, angemessene Maßnahme zur Bewältigung der derzeitigen Situation zu ergreifen. Wir schlagen vor, dass die Konsultationen innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens am Sitz des Rats der Europäischen Union in Brüssel stattfinden. Im Rahmen dieser Konsultationen sollten verschiedene Fragen betreffend die Regierungsführung, auch hinsichtlich der legislativen und juristischen Ebene erörtert werden. Die Anwesenheit der höchsten Vertreter des Landes ist erwünscht. Die Afrikanische Union, die ECOWAS und die CPLP sind eingeladen, an den Gesprächen teilzunehmen.

Bis das Ergebnis dieser Konsultationen vorliegt, ergreift die Kommission Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf Tätigkeiten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit in Guinea Bissau; hiervon ausgenommen sind Zahlungen im Rahmen laufender Verträge, Maßnahmen, die humanitären Zwecken dienen oder unmittelbar der Bevölkerung zugute kommen, regionale Projekte oder Projekte zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und Maßnahmen zur Vorbereitung der Durchführung künftiger Projekte, soweit die besonderen Bestimmungen der verschiedenen Instrumente und Finanzierungsvereinbarungen eingehalten werden.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Für die Kommission (Andris Piebalgs) | Für den Rat (Catherine Ashton) |

In Kopie:

Botschafter der Republik Guinea-BissauPräsident des AKP-EU-MinisterratesPräsident des AKP-BotschafterausschussesGeneralsekretär der Gruppe der AKP-Staaten

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