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Document 62021CJ0280
Judgment of the Court (Third Chamber) of 12 January 2023.#P.I. v Migracijos departamentas prie Lietuvos Respublikos vidaus reikalų ministerijos.#Request for a preliminary ruling from the Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas.#Reference for a preliminary ruling – Area of freedom, security and justice – Common asylum policy – Eligibility for refugee status – Directive 2011/95/EU – Article 10(1)(e) and (2) – Reasons for persecution – Concepts of ‘political opinion’ and ‘attributed political opinion’ – Attempts by an applicant for asylum to defend himself, in his country of origin, by legal means against non-State actors acting illegally and in a position to exploit the mechanism by which that State imposes penalties for criminal offences.#Case C-280/21.
Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 12. Januar 2023.
P.I. gegen Migracijos departamentas prie Lietuvos Respublikos vidaus reikalų ministerijos.
Vorabentscheidungsersuchen des Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Gemeinsame Politik im Bereich Asyl – Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling – Richtlinie 2011/95/EU – Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 – Verfolgungsgründe – Begriffe ‚politische Überzeugung‘ und ‚zugeschriebene politische Überzeugung‘ – Versuche eines Asylbewerbers, sich in seinem Herkunftsland mit rechtlichen Mitteln gegen illegal operierende nicht staatliche Akteure zu wehren, die in der Lage sind, den Repressionsapparat des betreffenden Staates zu instrumentalisieren.
Rechtssache C-280/21.
Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 12. Januar 2023.
P.I. gegen Migracijos departamentas prie Lietuvos Respublikos vidaus reikalų ministerijos.
Vorabentscheidungsersuchen des Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Gemeinsame Politik im Bereich Asyl – Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling – Richtlinie 2011/95/EU – Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 – Verfolgungsgründe – Begriffe ‚politische Überzeugung‘ und ‚zugeschriebene politische Überzeugung‘ – Versuche eines Asylbewerbers, sich in seinem Herkunftsland mit rechtlichen Mitteln gegen illegal operierende nicht staatliche Akteure zu wehren, die in der Lage sind, den Repressionsapparat des betreffenden Staates zu instrumentalisieren.
Rechtssache C-280/21.
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:13
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
12. Januar 2023 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Gemeinsame Politik im Bereich Asyl – Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling – Richtlinie 2011/95/EU – Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 – Verfolgungsgründe – Begriffe ‚politische Überzeugung‘ und ‚zugeschriebene politische Überzeugung‘ – Versuche eines Asylbewerbers, sich in seinem Herkunftsland mit rechtlichen Mitteln gegen illegal operierende nicht staatliche Akteure zu wehren, die in der Lage sind, den Repressionsapparat des betreffenden Staates zu instrumentalisieren“
In der Rechtssache C‑280/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens) mit Entscheidung vom 21. April 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 30. April 2021, in dem Verfahren
P. I.
gegen
Migracijos departamentas prie Lietuvos Respublikos vidaus reikalų ministerijos
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter M. Safjan, N. Piçarra (Berichterstatter), N. Jääskinen und M. Gavalec,
Generalanwalt: J. Richard de la Tour,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
von P. I., vertreten durch L. Biekša, Advokatas, |
– |
der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis und V. Kazlauskaitė-Švenčionienė als Bevollmächtigte, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Azéma und A. Steiblytė als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. Juni 2022
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011, L 337, S. 9). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen P. I. und dem Migracijos departamentas prie Lietuvos Respublikos vidaus reikalų ministerijos (Migrationsbehörde beim Innenministerium der Republik Litauen, im Folgenden: Migrationsbehörde) über dessen Ablehnung, P. I. als Flüchtling anzuerkennen. |
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
3 |
Das am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichnete und am 22. April 1954 in Kraft getretene Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (United Nations Treaty Series, Bd. 189, S. 150, Nr. 2545 [1954]) in der durch das am 31. Januar 1967 in New York abgeschlossene und am 4. Oktober 1967 in Kraft getretene Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ergänzten Fassung (im Folgenden: Genfer Konvention) bestimmt in Art. 1 Abschnitt A Nr. 2 Unterabs. 1, dass der Ausdruck „Flüchtling“ auf jede Person Anwendung findet, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“. |
Unionsrecht
4 |
Die Erwägungsgründe 4, 12, 16 und 29 der Richtlinie 2011/95 lauten:
…
…
…
|
5 |
Art. 2 Buchst. d dieser Richtlinie übernimmt für deren Zwecke die Definition des Begriffs „Flüchtling“ in Art. 1 Abschnitt A Nr. 2 Unterabs. 1 der Genfer Konvention, und in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie wird die „Flüchtlingseigenschaft“ als „die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat“ definiert. |
6 |
Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 2011/95 definiert den Begriff „Antrag auf internationalen Schutz“ als „das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen … um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt“, und Art. 2 Buchst. i der Richtlinie definiert den Begriff „Antragsteller“ als „einen Drittstaatsangehörigen …, der einen [solchen Antrag] gestellt hat, über den noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist“. |
7 |
Art. 4 („Prüfung der Tatsachen und Umstände“) Abs. 3 und 5 der Richtlinie bestimmt: „(3) Die Anträge auf internationalen Schutz sind individuell zu prüfen, wobei Folgendes zu berücksichtigen ist:
… (5) Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn
|
8 |
Art. 6 Buchst. a und c der Richtlinie bezeichnet als „Akteure, von denen die Verfolgung ausgehen kann“, den Staat und „nichtstaatliche Akteure“, sofern der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden zu bieten. |
9 |
In Art. 9 („Verfolgungshandlungen“) der Richtlinie 2011/95 heißt es: „(1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung
(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten: …
… (3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen.“ |
10 |
Art. 10 („Verfolgungsgründe“) Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 dieser Richtlinie sieht vor: „(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe berücksichtigen die Mitgliedstaaten Folgendes: …
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.“ |
11 |
Art. 13 („Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“) der Richtlinie lautet: „Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen, der die Voraussetzungen der Kapitel II und III erfüllt, die Flüchtlingseigenschaft zu.“ |
Litauisches Recht
12 |
Art. 83 Abs. 2 des Lietuvos Respublikos įstatymas dėl užsieniečių teisinės padėties Nr. IX‑2206 (Gesetz Nr. IX‑2206 der Republik Litauen über die Rechtsstellung von Ausländern) vom 29. April 2004 (Žin., 2004, Nr. 73‑2539), mit dem u. a. die Richtlinie 2011/95 in litauisches Recht umgesetzt wird, sieht in der durch das Gesetz Nr. XII‑1396 geänderten Fassung vom 9. Dezember 2014 (TAR, 2014, Nr. 19923) vor: „Wird bei der Prüfung des Antrags festgestellt, dass die Anhaltspunkte in Bezug auf die Bestimmung des Status des Asylbewerbers trotz seiner ernsthaften Bemühungen nicht durch schriftliche Beweise belegt werden können, werden diese Anhaltspunkte zugunsten des Antragstellers gewertet und der Asylantrag gilt als begründet, wenn er zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestellt wurde, es sei denn, der Antragsteller kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war, wenn der Asylbewerber alle ihm verfügbaren Anhaltspunkte vorgelegt und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben hat und wenn festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers plausibel und kohärent sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen.“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
13 |
Am 15. Juli 2019 stellte der Drittstaatsangehörige P. I. bei der Migrationsbehörde einen Asylantrag. Zur Stützung dieses Antrags führte er aus, dass er im Jahr 2010 in seinem Herkunftsland einen Vertrag über den Kauf von Aktien mit einem Unternehmen geschlossen habe, das einer mit der höchsten politischen Ebene, einschließlich der Geheimdienste, verbundenen Person gehöre. Er habe diesem Unternehmen einen Betrag von 690000 US-Dollar (USD) (etwa 647500 Euro) gezahlt. Da der Vertrag nicht erfüllt worden sei, habe P. I. von seinem Vertragspartner die Rückzahlung dieses Betrags verlangt. In der Folge sei gegen ihn auf Veranlassung des Eigentümers des Unternehmens ein Strafverfahren eingeleitet worden. Im Dezember 2015 habe er auf den überwiegenden Teil eines von seinem Unternehmen entwickelten Projekts verzichten müssen, und die Kontrolle über sein Unternehmen sei auf bestimmte Unternehmen übergegangen, die anderen Personen gehörten. |
14 |
Dieses Strafverfahren sei im Januar 2016 ausgesetzt worden. Nachdem P. I. versucht habe, sich gerichtlich gegen die rechtswidrige Vereinnahmung seines Projekts zu wehren, sei das Verfahren jedoch im April 2016 wieder aufgenommen worden, da eine Person, die mit den neuen Eigentümern seines Unternehmens in Verbindung stehe, gegen ihn ausgesagt habe. Das Strafverfahren habe im Dezember 2016 und im Januar 2017 zur Erhebung der Anklage und Anordnung der Untersuchungshaft gegen ihn geführt, und ihm sei zwischenzeitlich der verbleibende Teil des Projekts entzogen worden. |
15 |
Mit Entscheidung vom 21. September 2020 lehnte die Migrationsbehörde den Antrag von P. I. auf Anerkennung als Flüchtling ab. Nach Abschluss ihrer Untersuchung vertrat die Behörde die Ansicht, dass die Gründe für die Gefahr einer Strafverfolgung und Inhaftierung zwar identifiziert und für plausibel erachtet worden seien, jedoch keinem der in der Genfer Konvention genannten Gründe entsprächen, auch nicht dem auf dem Begriff „politische Überzeugung“ beruhenden Grund. |
16 |
Nachdem seine gegen diese Entscheidung beim Vilniaus apygardos administracinis teismas (Regionalverwaltungsgericht Vilnius, Litauen) erhobene Klage abgewiesen wurde, hat P. I. gegen dieses Urteil beim Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens), dem vorlegenden Gericht, ein Rechtsmittel eingelegt. Er wendet sich gegen die in erster Instanz bestätigte Entscheidung der Migrationsbehörde und macht geltend, wenn Verfolgungshandlungen oder der fehlende Schutz vor solchen Handlungen – wie im vorliegenden Fall – nicht mit einer „politischen Aktivität“ im herkömmlichen Sinne oder mit öffentlich erklärten politischen Ideen zusammenhingen, sondern mit dem Widerstand – durch konkrete Handlungen – gegen eine illegal operierende und den Staat mittels Korruption beeinflussende Gruppe, falle dieser Widerstand als „zugeschriebene politische Überzeugung“ unter den Begriff „politische Überzeugung“ im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 2011/95. Bei der ihm zur Last gelegten Straftat (Erpressung, um sich ein sehr wertvolles Gut eines anderen anzueignen) handele es sich in Wirklichkeit um eine zivilrechtliche Streitigkeit vermögensrechtlicher Art zwischen Wirtschaftsteilnehmern. |
17 |
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, P. I. habe während der gesamten Untersuchung in kohärenter Weise ausgeführt, dass sich Geschäftsleute, die durch Korruption mit den staatlichen Machthabern verbunden seien, seines Vermögens bemächtigt hätten, dass infolge seines Widerstands gegen die betreffende Maßnahme auf Veranlassung eines dieser Geschäftsleute ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei und dass dieses Strafverfahren, das ihn einschüchtern sollte, nachdem es zunächst ausgesetzt worden sei, nach einem Versuch von P. I., sich gerichtlich zu wehren, wieder aufgenommen worden sei und u. a. zu einer Haftanordnung gegen ihn geführt habe. Strafverfolgung oder Bestrafung stelle nach der nationalen Asylregelung eine Verfolgungshandlung dar, wenn sie unverhältnismäßig und diskriminierend sei. Es erscheine wahrscheinlich, dass das Strafverfahren „fingiert“ worden sei, so dass P. I. bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland weiterhin Verfolgung drohe. |
18 |
Unter diesen Umständen hat der Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Ist der Widerstand gegen eine illegal operierende und in korrupter Weise einflussreiche Gruppe, die einen Asylbewerber durch den Staatsapparat unterdrückt und gegen die eine legitime Verteidigung aufgrund der weit verbreiteten Korruption in diesem Staat unmöglich ist, einer zugeschriebenen politischen Überzeugung (auf Englisch: „attributed political opinion“) im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 2011/95 gleichzusetzen? |
Zur Vorlagefrage
19 |
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „politische Überzeugung“ die Versuche einer internationalen Schutz beantragenden Person im Sinne von Art. 2 Buchst. h und i dieser Richtlinie erfasst, ihre persönlichen vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen mit rechtlichen Mitteln gegen illegal operierende nicht staatliche Akteure zu verteidigen, wenn diese aufgrund ihrer durch Korruption zum betreffenden Staat unterhaltenen Verbindungen in der Lage sind, den Repressionsapparat dieses Staates zum Nachteil dieser Person zu instrumentalisieren. |
20 |
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2011/95, wie sich aus ihrem zwölften Erwägungsgrund ergibt, u. a. erlassen wurde, damit die Mitgliedstaaten gemeinsame Kriterien zur Bestimmung der Personen anwenden, die tatsächlich Schutz benötigen. |
21 |
Diese Richtlinie ist im Licht ihrer allgemeinen Systematik und ihres Zwecks auszulegen, und zwar nicht nur unter Beachtung der Genfer Konvention, die nach dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt, sondern auch, wie dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, unter Beachtung der in der Charta der Grundrechte (im Folgenden: Charta) anerkannten Rechte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. November 2020, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Militärdienst und Asyl], C‑238/19, EU:C:2020:945, Rn. 19 und 20 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). |
22 |
Nach Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 erfasst der Begriff „Flüchtling“ u. a. einen Drittstaatsangehörigen, der sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. |
23 |
Gemäß Art. 13 dieser Richtlinie erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen, der die u. a. in den Art. 9 und 10 der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, die Flüchtlingseigenschaft zu. |
24 |
Die Person, die eine Anerkennung als Flüchtling beantragt, muss somit aufgrund der in ihrem Herkunftsland gegebenen Umstände eine begründete Furcht vor „Verfolgungshandlungen“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95 haben, die von den in Art. 6 dieser Richtlinie genannten „Akteure[n], von denen die Verfolgung ausgehen kann“ gegen sie begangen werden, sofern ein Kausalzusammenhang im Sinne von Art. 9 Abs. 3 in Verbindung mit dem 29. Erwägungsgrund der Richtlinie zwischen diesen Handlungen oder dem fehlenden Schutz vor ihnen und zumindest einem der fünf in Art. 10 der Richtlinie genannten Verfolgungsgründe besteht, zu denen auch die „politische Überzeugung“ gehört (vgl. entsprechend Urteil vom 5. September 2012, Y und Z, C‑71/11 und C‑99/11, EU:C:2012:518, Rn. 51). |
25 |
Unter dem Begriff „politische Überzeugung“, auf den sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts beziehen, ist nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2011/95 „insbesondere zu verstehen, dass der Antragsteller in einer Angelegenheit, die die in Artikel 6 genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist“. Nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie ist unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm der Verfolger ein solches Merkmal zuschreibt. |
26 |
Erstens impliziert schon der Wortlaut dieser Bestimmungen, dass der Begriff „politische Überzeugung“ weit auszulegen ist. Diese Annahme stützt sich auf mehrere Gesichtspunkte. Dazu gehört zunächst die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zur nicht erschöpfenden Aufzählung von Faktoren, die unter diesen Begriff gefasst werden können. Sodann werden nicht nur die „Meinung“, sondern auch die „Grundhaltung“ und die „Überzeugung“ in Angelegenheiten, die die potenziellen Verfolger sowie deren „Politiken“ oder „Verfahren“ betreffen, erwähnt, ohne dass der Antragsteller zwingend aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden sein muss. Und schließlich wird der Schwerpunkt auf die Wahrnehmung der „politischen“ Natur der Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung des Antragstellers durch die Verfolger gelegt. |
27 |
Diese Auslegung wird durch das Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und die Richtlinien zum internationalen Schutz gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge [UNHCR], 1979, neu aufgelegt und aktualisiert im Februar 2019, HCR/1P/4/ENG/REV. 4) bestätigt, auf die angesichts ihrer besonderen Bedeutung aufgrund der Rolle, die dem UNHCR durch die Genfer Konvention übertragen worden ist, abzustellen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Mai 2019, Bilali, C‑720/17, EU:C:2019:448, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auch in diesen Richtlinien wird der Begriff „politische Überzeugung“ nämlich weit gefasst, da dieser Begriff danach jede Meinung zu jeder Angelegenheit einschließen kann, auf die der Staatsapparat, die Regierung, die Gesellschaft oder die Politik Einfluss nehmen. |
28 |
Zweitens ist der Begriff „politische Überzeugung“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2011/95, da er das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung schützen soll, im Licht von Art. 11 der Charta auszulegen, der im 16. Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausdrücklich als einer der Artikel genannt wird, die durch die Anwendung der Richtlinie gefördert werden sollen. |
29 |
Nach Art. 11 der Charta hat jede Person das Recht auf freie Meinungsäußerung, was die Meinungsfreiheit und die Freiheit einschließt, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Wie sich aus den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007, C 303, S. 17) und aus deren Art. 52 Abs. 3 ergibt, haben die in Art. 11 der Charta garantierten Rechte die gleiche Bedeutung und Tragweite wie die in Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechte in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, und zwar unbeschadet dessen, dass das Recht der Union ihnen einen weiter gehenden Schutz gewährt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2022, Polen/Parlament und Rat, C‑401/19, EU:C:2022:297, Rn. 44). |
30 |
Aus dieser Rechtsprechung geht hervor, dass die Freiheit der Meinungsäußerung eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft und eine der wichtigsten Voraussetzungen für ihren Fortschritt und die Entfaltung jedes Einzelnen bildet und dass sie grundsätzlich nicht nur positiv aufgenommene oder als harmlos oder unwichtig angesehene „Informationen“ oder „Ideen“ schützt, sondern – um Pluralismus, Toleranz und Aufgeschlossenheit zu gewährleisten, ohne die es keine demokratische Gesellschaft gibt – auch solche, die verletzen, schockieren oder beunruhigen (EGMR, Urteil vom 15. Oktober 2015, Perinçek/Schweiz, CE:ECHR:2015:1015JUD002751008, § 196 i). |
31 |
Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hervorgehoben, dass Art. 10 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten für Beschränkungen der Freiheit der Meinungsäußerung im politischen Diskurs oder in Fragen von allgemeinem Interesse kaum Raum lässt und dass in der Regel ein hohes Maß an Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung gewährt wird, wenn die Äußerungen ein Thema von allgemeinem Interesse betreffen (EGMR, Urteil vom 15. Oktober 2015, Perinçek/Schweiz, CE:ECHR:2015:1015JUD002751008, §§ 196 i, 197, 230 und 231). Er hat auch klargestellt, dass Korruption im Rahmen der Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten innerhalb des Staates ein Thema von allgemeinem Interesse darstellt und dass eine Diskussion hierüber zur politischen Debatte beiträgt (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 31. Mai 2016, Nadtoka/Russland, CE:ECHR:2016:0531JUD003801005, § 43). |
32 |
Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die für die Auslegung von Art. 11 der Charta relevant ist, untermauert die weite Auslegung des Begriffs „politische Überzeugung“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2011/95. Nach dieser Auslegung umfasst der Begriff „politische Überzeugung“ jede Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung, die, ohne notwendigerweise direkt und unmittelbar politisch zu sein, sich in einer Handlung oder Unterlassung äußert, die von den in Art. 6 der Richtlinie genannten Akteuren, von denen die Verfolgung ausgehen kann, so aufgefasst wird, dass sie in einer diese Akteure oder deren Politiken und/oder Verfahren betreffenden Angelegenheit erfolgt und Opposition oder Widerstand gegen sie darstellt. |
33 |
Drittens bedeutet die weite Auslegung des Begriffs „politische Überzeugung“ als „Verfolgungsgrund“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2011/95, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, um festzustellen, ob eine solche Überzeugung vorliegt und ein Kausalzusammenhang zwischen ihr und den Verfolgungshandlungen besteht, den allgemeinen Kontext des Herkunftslands der Person, die die Anerkennung als Flüchtling beantragt, berücksichtigen müssen, insbesondere seine politischen, rechtlichen, justiziellen, historischen und soziokulturellen Aspekte. |
34 |
Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass die durch eine Handlung oder Unterlassung erfolgte Äußerung einer bestimmten Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung, die nicht direkt und unmittelbar politisch ist, die „Akteure, von denen die Verfolgung ausgehen kann“, je nach dem spezifischen Kontext des Herkunftslands des Antragstellers dazu veranlassen kann, einer solchen Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung den Charakter einer „politischen Überzeugung“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 dieser Richtlinie zuzuschreiben. |
35 |
In dieser Hinsicht hat er zum einen klargestellt, dass im Kontext eines bewaffneten Konflikts, insbesondere eines Bürgerkriegs, und bei fehlender legaler Möglichkeit, sich seinen militärischen Pflichten zu entziehen, eine starke Vermutung dafürspricht, dass die Verweigerung des Militärdienstes von den Behörden des betreffenden Drittlands unabhängig von den persönlichen, eventuell viel komplexeren Gründen des Betroffenen als ein Akt politischer Opposition ausgelegt wird, vorbehaltlich der Prüfung durch die Behörden des Mitgliedstaats, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ob der Zusammenhang zwischen einer solchen Verweigerung und dem betreffenden Verfolgungsgrund plausibel ist (Urteil vom 19. November 2020, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Militärdienst und Asyl], C‑238/19, EU:C:2020:945, Rn. 47, 48, 60 und 61). |
36 |
Zum anderen hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Beteiligung der Person, die internationalen Schutz beantragt, an der Erhebung einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen ihr Herkunftsland, um Verstöße des dort an der Macht befindlichen Regimes gegen die Grundfreiheiten feststellen zu lassen, als Verfolgungsgrund wegen der „politischen Überzeugung“ einzustufen ist, wenn es gute Gründe für die Befürchtung gibt, dass diese Beteiligung von dem Regime als ein Akt politischen Widerstands aufgefasst wird, gegen den es Repressalien ergreifen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2018, Ahmedbekova, C‑652/16, EU:C:2018:801, Rn. 90). |
37 |
Gleiches gilt für die Versuche einer Person, die die Anerkennung als Flüchtling beantragt, ihre Interessen durch gerichtliche Klagen gegen ihr gegenüber illegal operierende nicht staatliche Akteure zu verteidigen, wenn diese Akteure aufgrund ihrer durch Korruption zum Staat unterhaltenen Verbindungen in der Lage sind, den Repressionsapparat dieses Staates zum Nachteil dieser Person zu instrumentalisieren, und zwar selbst dann, wenn deren Klage durch die Verteidigung ihrer persönlichen vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen motiviert war. |
38 |
Bei der in Art. 4 der Richtlinie 2011/95 vorgesehenen Prüfung der Tatsachen und Umstände, die nach Art. 4 Abs. 3 auf individueller Grundlage anhand sämtlicher fraglichen Umstände unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen, insbesondere der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils genannten, vorzunehmen ist, müssen die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats berücksichtigen, dass es besonders schwierig sein kann, den unmittelbaren Beweis zu erbringen, dass eine bestimmte Handlung oder Unterlassung des Antragstellers von den Behörden des Herkunftslands als Äußerung einer „politischen Überzeugung“ aufgefasst werden könnte. Art. 4 Abs. 5 dieser Richtlinie erkennt an, dass ein Antragsteller nicht immer in der Lage sein wird, seinen Antrag durch Unterlagen oder sonstige Beweise zu untermauern, und führt die kumulativen Voraussetzungen auf, unter denen solche Beweise nicht verlangt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 19. November 2020, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Militärdienst und Asyl], C‑238/19, EU:C:2020:945, Rn. 55). |
39 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, muss sich die diesen Behörden obliegende Beurteilung daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auf die Plausibilität der politischen Überzeugung beziehen, die die Akteure, von denen die Verfolgung ausgehen kann, dem Antragsteller zuschreiben. |
40 |
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „politische Überzeugung“ die Versuche einer internationalen Schutz beantragenden Person im Sinne von Art. 2 Buchst. h und i dieser Richtlinie erfasst, ihre persönlichen vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen mit rechtlichen Mitteln gegen illegal operierende nicht staatliche Akteure zu verteidigen, wenn diese aufgrund ihrer durch Korruption zum betreffenden Staat unterhaltenen Verbindungen in der Lage sind, den Repressionsapparat dieses Staates zum Nachteil dieser Person zu instrumentalisieren, soweit diese Versuche von den Akteuren, von denen die Verfolgung ausgehen kann, als Opposition oder Widerstand in einer Angelegenheit, die diese Akteure oder deren Politiken und/oder Verfahren betrifft, aufgefasst werden. |
Kosten
41 |
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: |
Art. 10 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes |
ist dahin auszulegen, dass |
der Begriff „politische Überzeugung“ die Versuche einer internationalen Schutz beantragenden Person im Sinne von Art. 2 Buchst. h und i dieser Richtlinie erfasst, ihre persönlichen vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen mit rechtlichen Mitteln gegen illegal operierende nicht staatliche Akteure zu verteidigen, wenn diese aufgrund ihrer durch Korruption zum betreffenden Staat unterhaltenen Verbindungen in der Lage sind, den Repressionsapparat dieses Staates zum Nachteil dieser Person zu instrumentalisieren, soweit diese Versuche von den Akteuren, von denen die Verfolgung ausgehen kann, als Opposition oder Widerstand in einer Angelegenheit, die diese Akteure oder deren Politiken und/oder Verfahren betrifft, aufgefasst werden. |
Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Litauisch.