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Document 62021CC0747
Opinion of Advocate General Emiliou delivered on 12 January 2023.#PAO Severstal and Novolipetsk Steel PJSC (NLMK) v European Commission.#Appeal – Dumping – Implementing Regulation (EU) 2016/1328 – Imports of certain cold-rolled flat steel products originating in the People’s Republic of China and the Russian Federation – Definitive anti-dumping duty – Regulation (EC) No 1225/2009 – Article 18(1) – Necessary information – Absence – Article 9(4) – ‘Lesser duty rule’ – Target price – Profit margin of the Union industry – Establishment – Selection of the most recent representative year – Article 2(9) – Construction of the export price – Injury to the Union industry – Application by analogy – Calculation of the underselling margin – Statement of reasons.#Joined Cases C-747/21 P and C-748/21 P.
Schlussanträge des Generalanwalts N. Emiliou vom 12. Januar 2023.
PAO Severstal und Novolipetsk Steel PJSC (NLMK) gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Dumping – Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328 – Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation – Endgültiger Antidumpingzoll – Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Art. 18 Abs. 1 – Erforderliche Informationen – Fehlen – Art. 9 Abs. 4 – ‚Regel des niedrigeren Zolls‘ – Zielpreis – Gewinnspanne des Wirtschaftszweigs der Europäischen Union – Ermittlung – Wahl des letzten repräsentativen Jahres – Art. 2 Abs. 9 – Errechnung des Ausfuhrpreises – Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union – Entsprechende Anwendung – Errechnung der Unterbietungsspanne – Begründung.
Verbundene Rechtssachen C-747/21 P und C-748/21 P.
Schlussanträge des Generalanwalts N. Emiliou vom 12. Januar 2023.
PAO Severstal und Novolipetsk Steel PJSC (NLMK) gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Dumping – Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328 – Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation – Endgültiger Antidumpingzoll – Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Art. 18 Abs. 1 – Erforderliche Informationen – Fehlen – Art. 9 Abs. 4 – ‚Regel des niedrigeren Zolls‘ – Zielpreis – Gewinnspanne des Wirtschaftszweigs der Europäischen Union – Ermittlung – Wahl des letzten repräsentativen Jahres – Art. 2 Abs. 9 – Errechnung des Ausfuhrpreises – Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union – Entsprechende Anwendung – Errechnung der Unterbietungsspanne – Begründung.
Verbundene Rechtssachen C-747/21 P und C-748/21 P.
Court reports – general
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:20
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
NICHOLAS EMILIOU
vom 12. Januar 2023 ( 1 )
Rechtssache C‑747/21 P
PAO Severstal
gegen
Europäische Kommission
und
Rechtssache C‑748/21 P
Novolipetsk Steel PAO
gegen
Europäische Kommission
„Rechtsmittel – Dumping – Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in China und Russland – Endgültiger Antidumpingzoll – Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Verordnung (EU) 2016/1036 – Art. 9 Abs. 4 – Schadensbeseitigung – Regel des niedrigeren Zolls – Zielpreisunterbietungsspanne – Maßgeblicher Zeitraum für die Berechnung des Zielgewinns – Ermessensspielraum – Natur des Antidumpingzolls“
I. Einleitung
1. |
Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die PAO Severstal und die Novolipetsk Steel PJSC (NLMK) ( 2 ) – zwei Gesellschaften russischen Rechts, die auf dem Markt für die Herstellung und den Vertrieb von Stahlerzeugnissen, insbesondere von kaltgewalzten Flacherzeugnissen aus Stahl, tätig sind – die Aufhebung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union ( 3 ), mit denen dieses ihre Klagen auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328 der Kommission vom 29. Juli 2016 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (im Folgenden: angefochtene Verordnung) abgewiesen hat ( 4 ). |
2. |
Die Rechtsmittelführerinnen stützen sich auf drei (nahezu identische) Rechtsmittelgründe. Auf Wunsch des Gerichtshofs werden sich die vorliegenden Schlussanträge jedoch auf die Würdigung des zweiten Rechtsmittelgrundes beschränken, der im Wesentlichen die Auslegung und Anwendung der „Regel des niedrigeren Zolls“ betrifft, die in Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern ( 5 ) enthalten war, der im Wesentlichen durch Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern aufgehoben und ersetzt worden ist. ( 6 ) |
3. |
Auch wenn die mit den vorliegenden Rechtsmitteln insoweit hauptsächlich aufgeworfenen Rechtsfragen eher technischer Natur sind, ist es angebracht, auf einige „existenzielle“ Fragen der Antidumpingvorschriften der Union zurückzukommen, um auf bestimmte, von den Rechtsmittelführerinnen vorgebrachte Fragen einzugehen: Was ist das Wesen von Antidumpingzöllen und welcher Zweck wird mit ihnen verfolgt? |
II. Rechtlicher Rahmen
4. |
Art. 9 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1225/2009 über die Einführung endgültiger Zölle der zur Zeit der Untersuchung galt, sah vor: „Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, dass Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und im Unionsinteresse ein Eingreifen … erforderlich ist, so führt die Kommission … einen endgültigen Antidumpingzoll ein. … Der Antidumpingzoll darf die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen, sollte aber niedriger sein als die Dumpingspanne, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu beseitigen.“ |
5. |
Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 in der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung geltenden Fassung hat in dem einschlägigen Teil denselben Wortlaut. |
III. Sachverhalt
6. |
Auf eine Beschwerde hin veröffentlichte die Kommission am 14. Mai 2015 die Bekanntmachung über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens nach Maßgabe der Verordnung Nr. 1225/2009 betreffend die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlprodukte mit Ursprung in der Volksrepublik China und in der Russischen Föderation ( 7 ). Die Untersuchung von Dumping und Schädigung betraf den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 31. März 2015 (im Folgenden: Untersuchungszeitraum). Die Untersuchung der für die Schadensermittlung relevanten Entwicklungen betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2015 (im Folgenden: betrachteter Zeitraum). |
7. |
Am 10. Februar 2016 erließ die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2016/181 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flacherzeugnisse aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation ( 8 ). |
8. |
In der Folge erließ die Kommission am 29. Juli 2016 die angefochtene Verordnung. Der endgültige Antidumpingzoll, der Severstal auferlegt wurde, betrug 34 %; der, der NLMK auferlegt wurde, 36,1 %. |
IV. Die angefochtenen Urteile
9. |
Severstal und NLMK erhoben am 28. Oktober 2016 jeweils eine Nichtigkeitsklage gegen die angefochtene Verordnung vor dem Gericht. In ihren Klageschriften machten Severstal sechs bzw. NLMK fünf Klagegründe geltend. |
10. |
Am 22. September 2021 ergingen die beiden angefochtenen Urteile, mit denen das Gericht die Klagen der Rechtsmittelführerinnen abgewiesen und diesen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission auferlegt hat. Darüber hinaus hat das Gericht Eurofer, der European Steel Association und ASBL, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Kommission beigetreten sind, ihre eigenen Kosten auferlegt. |
V. Verfahren vor dem Gerichtshof
11. |
Mit ihrem am 3. Dezember 2021 beim Gerichtshof eingelegten Rechtsmittel in der Rechtssache C‑747/21 P beantragt Severstal,
|
12. |
Mit ihrer Rechtsmittelbeantwortung vom 23. Februar 2022 beantragt die Kommission, das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen und Severstal die Kosten aufzuerlegen. |
13. |
Mit ihrem am 3. Dezember 2021 beim Gerichtshof eingegangenen Rechtsmittel in der Rechtssache C‑748/21 P beantragt NLMK
|
14. |
Mit ihrer Rechtsmittelbeantwortung vom 23. Februar 2022 beantragt die Kommission, das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen und NLMK die Kosten aufzuerlegen. |
15. |
Mit Entscheidung des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2022 sind beide Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden. |
16. |
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2022 sind die Parteien im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 62 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgefordert worden, einige Fragen zu beantworten; dieser Aufforderung sind sie mit Schreiben vom 24. November 2022 (Kommission) und vom 1. Dezember 2022 (Rechtsmittelführerinnen) nachgekommen. |
VI. Würdigung des zweiten Rechtsmittelgrundes
17. |
Wie in der Einleitung dieser Schlussanträge bereits erwähnt, wird sich die Prüfung auf den von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten zweiten Rechtsmittelgrund beschränken. |
18. |
Mit diesem Rechtsmittelgrund wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Rn. 243 bis 257 (Severstal) bzw. die Rn. 209 bis 223 (NLMK) der angefochtenen Urteile. Das Gericht hat in diesen Passagen den ersten Teil des sechsten Klagegrundes von Severstal und den ersten Teil des fünften Klagegrundes von NLMK als unbegründet zurückgewiesen. Mit diesen Klagegründen hatten die Rechtsmittelführerinnen geltend gemacht, dass die Kommission in der angefochtenen Verordnung Rechtsfehler und offenkundige Beurteilungsfehler bei der Ermittlung der Schadensspanne nach Art. 9 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1225/2009 (jetzt Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036) begangen habe ( 9 ). |
A. Vorbringen der Parteien
19. |
Mit ihren Rechtsmitteln machen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend, dass das Gericht Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 falsch ausgelegt und bei der Überprüfung der Anwendung dieser Bestimmung durch die Kommission einen Fehler begangen habe. Sie machen ferner geltend, dass die Begründung der angefochtenen Urteile in Anbetracht ihres eigenen Vorbringens zu diesen Gesichtspunkten nicht ausreichend sei. |
20. |
Die Rechtsmittelführerinnen werfen dem Gericht insbesondere vor, die Wahl eines Zielgewinns von 9,9 % für den Wirtschaftszweig der Union bei der Berechnung der „Zielpreisunterbietungsspanne“ für die Anwendung von Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 durch die Kommission bestätigt zu haben. Sie heben hervor, dass sich der Untersuchungszeitraum zwar vom 1. April 2014 bis 31. März 2015 erstrecke, die Kommission jedoch um mehrere Jahre – bis in das Jahr 2008 – zurückgegangen sei, um das letzte „repräsentative Jahr“ für die Ermittlung des Zielgewinns festzulegen. Die Feststellung des Gerichts, dass die Kommission bei der Auswahl des letzten repräsentativen Jahres nicht an die zeitlichen Grenzen des betrachteten Zeitraums (im vorliegenden Fall vom 1. Januar 2011 bis zum 31. März 2015) gebunden sei, verstößt nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. |
21. |
Darüber hinaus habe das Gericht einen offenkundigen Fehler begangen, indem es die Herangehensweise der Kommission gebilligt habe. Der von der Kommission bestimmte Zeitraum sei nicht hinreichend repräsentativ, da er zeitlich viel zu weit vorverlagert sei. Er sei zudem willkürlich gewählt, da kürzer zurückliegende Zeiträume hinreichend repräsentativ seien. Außerdem hätten die Rechtsmittelführerinnen im ersten Rechtszug Argumente vorgebracht, um einen Widerspruch in der angefochtenen Verordnung zu belegen: Die Jahre der Finanzkrise seien bei der Feststellung des Vorliegens einer Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union berücksichtigt worden, bei der Ermittlung des Zielgewinns dieses Wirtschaftszweigs hingegen nicht. Diese Herangehensweise des „Rosinenpickens“ durch die Kommission könne nicht als nach den Bestimmungen der Verordnung 2016/1036 anerkannt angesehen werden, und das Gericht habe die Gründe, aus denen es das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen insoweit zurückgewiesen habe, nicht angemessen erläutert. |
22. |
Schließlich habe das Gericht das Tatbestandsmerkmal der „Schädigung“ nicht ordnungsgemäß geprüft, unter anderem weil es sich nicht mit dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen auseinandergesetzt habe, wonach die Senkung der Produktionskosten des Wirtschaftszweigs der Union (auf die sich die Kommission bei der Beurteilung der Schädigung gestützt habe) neben anderen Faktoren mit der Lage infolge der weltweiten Finanzkrise von 2012 in Verbindung gebracht werden müsse. |
23. |
Die Kommission verteidigt die angefochtenen Urteile. Das Gericht habe sich hinreichend mit dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen auseinandergesetzt und dargelegt, warum die Kommission keinen Fehler begangen habe, als sie das Jahr 2008 als das repräsentativste Jahr für die Berechnung des Zielgewinns ausgewählt habe. Insbesondere verfüge die Kommission nach Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 über einen Ermessensspielraum, und die in der angefochtenen Verordnung zur Ermittlung des Zielgewinns gewählte Methode stehe mit der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichts in Einklang ( 10 ). |
24. |
Das Vorbringen hinsichtlich eines angeblichen Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes sei sowohl unzulässig (da der Verstoß nicht im ersten Rechtszug geltend gemacht worden sei) als auch unbegründet (da die Rechtsmittelführerinnen zu keinem Zeitpunkt eine Zusicherung im Hinblick darauf erhalten hätten, in welcher Weise die Kommission ihre Beurteilung vornehmen werde). Zudem seien einige der von den Rechtsmittelführerinnen im Rahmen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Argumente nicht stichhaltig, da sie die durch die Kommission vorgenommene Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union in Frage stellten. Die Feststellungen des Gerichts in Bezug auf das Bestehen des Kausalzusammenhangs hätten die Rechtsmittelführerinnen jedoch nicht gerügt ( 11 ). |
B. Rechtliche Würdigung
25. |
Die Rechtsmittelführerinnen tragen im Rahmen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes drei verschiedene Argumentationslinien vor. |
26. |
Aus den nachstehend dargelegten Gründen überzeugt mich dieses Vorbringen nicht. |
1. Vertrauensschutz
27. |
Erstens ist die Rüge eines angeblichen Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes – wie die Kommission zutreffend ausführt – unzulässig, da sie in der ersten Instanz nicht erhoben wurde und daher nicht erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden kann ( 12 ). |
28. |
Jedenfalls legen die Rechtsmittelführerinnen nicht dar, auf welche Weise und unter welchen Umständen die Kommission ihnen Zusicherungen (oder gar klare Zusicherungen) hinsichtlich der Methode und der Kriterien gegeben haben soll, mit denen sie den Zielgewinn ermitteln werde. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung nur derjenige auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen kann, bei dem eine nationale Verwaltungsbehörde aufgrund klarer, unbedingter und übereinstimmender, aus befugten und zulässigen Quellen stammender Zusicherungen, die sie ihm gegeben hat, begründete Erwartungen geweckt hat ( 13 ). Dieses Vorbringen ist daher jedenfalls unbegründet. |
2. Auswirkungen der Finanzkrise auf den Wirtschaftszweig der Union
29. |
Zweitens stimme ich mit der Kommission auch darin überein, dass die Rügen der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe zum einen die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Union nicht richtig bewertet und/oder zum anderen seine Gründe für die Zurückweisung des diesbezüglichen Vorbringens der Rechtsmittelführerinnen nicht hinreichend erläutert, nicht stichhaltig sind. |
30. |
Da die Feststellungen des Gerichts zum Bestehen einer Schädigung und eines Kausalzusammenhangs im Rechtsmittelverfahren nicht angefochten worden sind, könnten die Behauptungen der Rechtsmittelführerinnen nämlich, unabhängig von ihrer Begründetheit, niemals zur Aufhebung der angefochtenen Urteile führen. |
3. Auslegung von Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036
31. |
Drittens, und dies ist wichtiger, hat das Gericht meines Erachtens bei der Auslegung von Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 keinen Rechtsfehler begangen. Das Gericht hat es auch nicht versäumt, in den angefochtenen Urteilen darzulegen, warum es dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen insoweit nicht zustimmt. |
32. |
Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 sieht unter anderem die „Regel des niedrigeren Zolls“ vor, wonach „[d]er Antidumpingzoll … die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen [darf]; er … jedoch unter der Dumpingspanne liegen [sollte], wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu beseitigen“. |
33. |
Die Verordnung 2016/1036 enthält jedoch weder eine Methode noch eine Reihe von Kriterien zur Festsetzung der sogenannten „Schadensspanne“. Daraus folgt, dass die Unionsbehörden insoweit über einen weiten Ermessensspielraum verfügen. Folglich steht es ihnen frei, die Methode zu wählen, die ihnen unter den gegebenen Umständen am geeignetsten erscheint, sofern diese Methode insbesondere angemessen ist, objektiv und kohärent angewandt wird und somit zu plausiblen Ergebnissen führt. |
34. |
In ihrer Praxis haben die Unionsbehörden zu diesem Zweck tatsächlich eine Vielzahl von Methoden angewandt ( 14 ). In einigen Fällen wurde die Schadensspanne durch einen Vergleich der Weiterverkaufspreise der Einfuhren mit den tatsächlichen Preisen des Wirtschaftszweigs der Union ermittelt (Methode zur Berechnung der „Preisunterbietung“). In anderen Fällen wurde indes die Auffassung vertreten, dass ein solcher Vergleich keinen angemessenen Aufschluss über die Schadensspanne gebe, da die Einfuhren einen erheblichen Abwärtsdruck auf den Verkaufspreis des Wirtschaftszweigs der Union ausübten ( 15 ). |
35. |
In solchen Fällen hat die Kommission auf die Methode zur Berechnung der „Preisunterbietung“ zurückgegriffen: Die Schadensspanne wird berechnet, indem der tatsächliche Einfuhrpreis mit einem „Zielpreis“ verglichen wird, der dem Preis entspricht, den der Wirtschaftszweig der Union ohne gedumpte Einfuhren auf dem Markt der Union vernünftigerweise erzielen könnte. Um diesen hypothetischen Preis zu ermitteln, wird zu den Produktionskosten des Wirtschaftszweigs der Union ein „Zielgewinn“ hinzugerechnet, der als die Gewinnspanne zu verstehen ist, die ohne die gedumpten Einfuhren vernünftigerweise zu erwarten wäre. |
36. |
Von Bedeutung ist, dass die Methode zur Berechnung der „Preisunterbietung“ die Methode war, die in der angefochtenen Verordnung tatsächlich festgelegt wurde, da es nach Ansicht der Kommission während des gesamten betrachteten Zeitraums erhebliche Einfuhrmengen aus den betroffenen Ländern gab, die sich negativ auf die Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Union auswirkten ( 16 ). |
37. |
Die Rechtsmittelführerinnen bestreiten nicht die Angemessenheit dieser Methode im vorliegenden Fall. Es sei jedenfalls darauf hingewiesen, dass der Rückgriff auf diese Methode vom Gerichtshof bereits Mitte der 1980er Jahre grundsätzlich für zulässig erachtet wurde ( 17 ). |
38. |
Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden nur die Art und Weise, in der diese Methode in der angefochtenen Verordnung angewandt wurde. Insbesondere wenden sie sich gegen den von der Kommission für die Ermittlung des Zielgewinns herangezogenen konkreten Zeitraum und rügen, dass das Gericht den Ansatz der Kommission unbeanstandet gelassen und sich mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. |
39. |
Im 155. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung führte die Kommission aus: „Die Jahre von 2005 bis 2008 boten sich für die Ermittlung der angestrebten Gewinnspanne als repräsentativer Zeitraum an, da sie weder von der Wirtschaftskrise betroffen waren … noch von besonders günstigen Marktbedingungen gekennzeichnet waren. Außerdem wies der Umfang der Einfuhren in diesen Jahren … auf einen starken Wettbewerb hin.“ |
40. |
In den Rn. 251 bis 257 (Rechtssache T‑753/16) sowie den Rn. 217 bis 223 (Rechtssache T‑752/16) der angefochtenen Urteile hat das Gericht im Wesentlichen festgestellt, dass die Kommission bei der Auswahl der letzten repräsentativen Jahre für die Ermittlung des Zielgewinns des Wirtschaftszweigs der Union nicht an die zeitlichen Grenzen des betrachteten Zeitraums gebunden gewesen sei. Die für die Berechnung des Zielpreises zugrunde zu legende Gewinnspanne müsse der Gewinnspanne entsprechen, die der Wirtschaftszweig der Union unter „normalen Wettbewerbsbedingungen ohne die gedumpten Einfuhren“ vernünftigerweise erwarten könne. Im Rahmen ihres weiten Ermessens dürfe die Kommission somit zu dem Schluss gelangen, dass das letzte repräsentative Jahr gegebenenfalls außerhalb des betrachteten Zeitraums liege. Das Gericht erläuterte dann im Weiteren, warum die Rechtsmittelführerinnen seiner Ansicht nach keinen Nachweis dafür erbracht haben, dass die Kommission einen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Jahre nach 2008 bei der Festlegung der repräsentativsten Jahre unberücksichtigt gelassen habe. |
41. |
Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden drei Aspekte dieser Passagen. Ich halte jedoch keines ihrer Argumente für überzeugend. |
42. |
Erstens ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe einen „offenkundigen Fehler“ bei der Beurteilung begangen, weil die von der Kommission ermittelten repräsentativsten Jahre nicht hinreichend repräsentativ und/oder willkürlich ausgewählt seien, meines Erachtens unzulässig. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, und es wird auch nicht dadurch zulässig, dass die behaupteten Fehler als „offenkundig“ bezeichnet werden. |
43. |
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass angeblich fehlerhafte Tatsachenfeststellungen des Gerichts im Rechtsmittelverfahren grundsätzlich nicht wirksam geltend gemacht werden können, es sei denn, die Parteien machen eine Verfälschung von Beweisen geltend ( 18 ). Das ist in den vorliegenden Rechtsmitteln nicht der Fall. |
44. |
Zweitens bin ich der Ansicht, dass die angefochtenen Urteile eine hinreichende Begründung dafür enthalten, warum das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zu einer unzutreffenden Auslegung oder Anwendung von Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 zurückgewiesen hat. Nach ständiger Rechtsprechung müssen aus der Begründung eines Urteils die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann ( 19 ). |
45. |
Es ist offenkundig, dass die Rn. 251 bis 257 (Rechtssache T‑753/16) und die Rn. 217 bis 223 (Rechtssache T‑752/16) der angefochtenen Urteile kurz, aber angemessen erläutern, warum das Gericht die Rüge der Rechtsmittelführerinnen in Bezug auf die Bestimmung der repräsentativsten Jahre durch die Kommission für nicht überzeugend hält. |
46. |
Drittens halte ich die Rüge der Rechtsmittelführerinnen in Bezug auf eine angebliche Inkohärenz der angefochtenen Verordnung, die das Gericht unbeanstandet gelassen habe, für unbegründet. Warum ich dieser Auffassung bin, bedarf näherer Erläuterung. |
a) Auslegung und Anwendung der Regel des niedrigeren Zolls
47. |
Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass die Regel des niedrigeren Zolls – von der die Kommission in den vorliegenden Rechtssachen Gebrauch gemacht hat – abgesehen davon, dass sie aus Gründen der Lauterkeit des Handelsverkehrs und der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist – im Wesentlichen als logische Folge des Umstands angesehen wird, dass Antidumpingzölle sowohl nach den Unions- ( 20 ) als auch nach den WTO-Regeln ( 21 ) nur dann erhoben werden können, wenn die Erzeugnisse, die Gegenstand eines Dumpings sind, bei einer inländischen Produktion einen Schaden verursacht haben (oder zu verursachen drohen) ( 22 ). |
48. |
Diese Überlegung bietet mir die perfekte Gelegenheit, um zu erläutern, warum die Rüge der Rechtsmittelführerinnen betreffend die Auslegung der Regel des niedrigeren Zolls durch das Gericht und mithin durch die Kommission unbegründet ist. Dazu kann es sich als nützlich erweisen, wie in der Einleitung dieser Schlussanträge ausgeführt, einen Schritt zurückzutreten und sich auf einige Grundprinzipien des Antidumpingrechts der Union zu konzentrieren. |
49. |
Spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert ( 23 ) ist viel Tinte bei Versuchen geflossen, die wahre „Seele“ der Antidumpinggesetzgebung zu ergründen. Welcher wirtschaftliche Gedanke liegt dieser Gesetzgebung zugrunde? Auf welche Art von Praktiken soll sie abzielen und warum? |
50. |
Dies sind zweifellos faszinierende Themen für akademische und politische Diskussionen unter Anwälten für internationales Handelsrecht, Wirtschaftswissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern. Für die Zwecke der vorliegenden Rechtssache sollten wir jedoch den „harten Kern“ philosophischer und wirtschaftlicher Erwägungen beiseitelassen und die Antidumpingvorschriften der Union unter dem Blickwinkel des „normativen Rechtspositivismus“ betrachten. Einfacher ausgedrückt sollten wir uns auf das Wesen und den Zweck der in der Unionsrechtsordnung angelegten Antidumpingzölle konzentrieren. |
51. |
„Dumping“ ist im Grunde nichts anderes als eine Form der Preisdiskriminierung ( 24 ). Nach dem Unionsrecht ist diese Praxis zumindest theoretisch weder verboten noch ganz allgemein als rechtswidrig anzusehen. Sie wird jedoch als unlauter angesehen, wenn sie bei einer inländischen Produktion Schaden verursacht (oder zu verursachen droht). Wenn dies geschieht, kann die Europäische Union, wenn sie es für angemessen hält, mit Maßnahmen reagieren, die diesen negativen Auswirkungen entgegenwirken. |
52. |
Nach dem System der Union stellen Antidumpingzölle daher keine Sanktionen dar, mit denen die verantwortlichen Unternehmen für ihr früheres Verhalten bestraft werden sollen ( 25 ). Sie sind auch keine Ausgleichsmaßnahmen, mit denen der entstandene Schaden kompensiert werden soll ( 26 ). Die Einführung von Antidumpingzöllen ist „eine Schutzmaßnahme gegen unlauteren Wettbewerb …, der sich aus Dumpingpraktiken ergibt“ ( 27 ) und die „gedumpte Einfuhren verhindern oder wirtschaftlich uninteressant machen“ soll ( 28 ). Antidumpingzölle stellen somit lediglich den Handel betreffende Maßnahmen (d. h. Maßnahmen, die die Einfuhr bestimmter Waren regeln sollen) mit einem zukunftsorientierten Ziel dar: der Beseitigung eines Ungleichgewichts auf dem Inlandsmarkt ( 29 ). |
53. |
Wenn dem so ist, ist es – entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen – keineswegs unangemessen, dass der betreffende Zeitraum und die repräsentativsten Jahre nicht miteinander übereinstimmen. Diese Begriffe haben nämlich unterschiedliche Funktionen, weshalb die Kommission gehalten ist, zu ihrer Bestimmung unterschiedliche Parameter zu berücksichtigen. |
54. |
Mit dem „betrachteten Zeitraum“ sollen aussagekräftige Trends auf dem Unionsmarkt ermittelt werden, indem die Entwicklung der Ergebnisse des Wirtschaftszweigs der Union untersucht wird, da die Feststellung des Vorliegens einer Schädigung nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 normalerweise eine Verschlechterung der Lage des Wirtschaftszweigs während eines bestimmten Zeitraums impliziert ( 30 ). Da es ohne eine (tatsächliche oder potenzielle) Schädigung keine Rechtfertigung für Antidumpingmaßnahmen gäbe, erscheint es sinnvoll, dass die Beurteilung des Vorliegens dieses Elements auf der Grundlage möglichst aktueller Daten erfolgt ( 31 ) und sich auf einen hinreichend langen Zeitraum bezieht ( 32 ). |
55. |
Umgekehrt müssen die „repräsentativsten Jahre“ für die Ermittlung des Zielgewinns nicht auf aktuellen Daten beruhen, wenn diese Daten kein geeignetes Bild dessen vermitteln würden, was zur Wiederherstellung eines lauteren Wettbewerbs im Zeitraum nach dem Untersuchungszeitraum erforderlich ist. Wie das Gericht im Urteil in der Rechtssache EFMA – auf das es in den Rn. 249 (Rechtssache T‑753/16) und 215 (Rechtssache T‑752/16) der angefochtenen Urteile zutreffend Bezug genommen hat – festgestellt hat, muss die für die Berechnung des Zielpreises zugrunde zu legende Gewinnspanne der Gewinnspanne entsprechen, die der Wirtschaftszweig der Union „unter normalen Wettbewerbsbedingungen“ ohne die gedumpten Einfuhren „vernünftigerweise erwarten könnte“ ( 33 ). |
56. |
Dies ist meines Erachtens eine angemessene Herangehensweise im Hinblick auf den eigentlichen Sinn und Zweck der Regel des niedrigeren Zolls, insbesondere, wenn man sie im Licht der oben genannten Grundsätze der Antidumpingvorschriften der Union betrachtet. In diesem Zusammenhang liegt es auf der Hand, dass die Kommission zur Ermittlung des Zielgewinns die historische Entwicklung des Binnenmarkts heranziehen kann, um das letzte Jahr oder die letzten Jahre zu bestimmen, in dem bzw. in denen ein normaler Wettbewerb herrschte. Dies kann meines Erachtens durchaus bedeuten, dass ein Zeitraum gewählt wird, in dem das Dumping seine Wirkung noch nicht entfaltet hatte und in dem keine anderen außergewöhnlichen oder vorübergehenden Umstände vorlagen, die die (Standard‑)Gewinnspannen des Wirtschaftszweigs der Union beeinträchtigten. |
57. |
Insoweit ist festzustellen, dass auch der Unionsgesetzgeber ein solches Vorgehen für angemessen hielt, da er es in Art. 7 Abs. 2c der Verordnung 2016/1036 weitgehend kodifiziert hat ( 34 ). Zudem ist ein solches Vorgehen auch als mit den einschlägigen WTO-Bestimmungen vereinbar angesehen worden ( 35 ). |
58. |
Somit hat das Gericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Kommission bei der Auswahl der letzten repräsentativen Jahre für die Ermittlung des Zielpreises nicht an die zeitlichen Grenzen des betrachteten Zeitraums gebunden ist. In der angefochtenen Verordnung kann ich insoweit erst recht keine Inkohärenzen oder Widersprüche feststellen. |
59. |
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen bin ich der Ansicht, dass alle Argumente, die die Rechtsmittelführerinnen zur Stützung ihres zweiten Rechtsmittelgrundes vorgebracht haben, entweder unzulässig oder unbegründet sind. |
VII. Ergebnis
60. |
Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof daher vor, den zweiten Rechtsmittelgrund der PAO Severstal in der Rechtssache C‑747/21 P und der Novolipetsk Steel PJSC (NLMK) in der Rechtssache C‑748/21 P zurückzuweisen. |
( 1 ) Originalsprache: Englisch.
( 2 ) Im Folgenden zusammen: Rechtsmittelführerinnen.
( 3 ) Urteile vom 22. September 2021, Severstal/Kommission (T‑753/16, EU:T:2021:612), und vom 22. September 2021, NLMK/Kommission (T‑752/16, EU:T:2021:611). Im Folgenden: angefochtene Urteile.
( 5 ) ABl. 2009, L 343, S. 51.
( 6 ) ABl. 2016, L 176, S. 21.
( 7 ) ABl. 2015, C 161, S. 9.
( 8 ) ABl. 2016, L 37, S. 1.
( 9 ) Da, wie in Nr. 5 oben ausgeführt, die beiden Bestimmungen in dem einschlägigen Teil identisch sind, werde ich mich in diesen Schlussanträgen der Einfachheit halber nur auf Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 beziehen.
( 10 ) Die Kommission verweist auf Rn. 60 des Urteils vom 28. Oktober 1999, EFMA/Rat (T‑210/95, EU:T:1999:273). Im Folgenden: Urteil in der Rechtssache EFMA.
( 11 ) Die von der Kommission in der angefochtenen Verordnung vorgenommene Beurteilung in Bezug auf den Kausalzusammenhang war Gegenstand des fünften Klagegrundes von Severstal, den das Gericht in den Rn. 200 bis 241 des Urteils in der Rechtssache T‑753/16 behandelt hat, bzw. des vierten Klagegrundes von NLMK, der in den Rn. 166 bis 207 des Urteils in der Rechtssache T‑752/16 behandelt wurde.
( 12 ) Vgl. hierzu Urteil vom 3. Oktober 2000, Industrie des poudres sphériques/Rat (C‑458/98 P, EU:C:2000:531, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).
( 13 ) Vgl. z. B. Urteil vom 31. März 2022, Smetna palata na Republika Bulgaria (C‑195/21, EU:C:2022:239, Rn. 65).
( 14 ) Für einen kurzen Überblick vgl. Van Bael & Bellis, „EU Anti‑Dumping and Other Trade Defence Instruments“, 6. Aufl., Wolters Kluwer, 2019, S. 297 bis 303.
( 15 ) Vgl. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung 2016/1036.
( 16 ) 154. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung.
( 17 ) Urteil vom 5. Oktober 1988, Silver Seiko u. a./Rat (273/85 und 107/86, EU:C:1988:466, Rn. 41 und 42).
( 18 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2022, Yieh United Steel/Kommission (C‑79/20 P, EU:C:2022:305, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).
( 19 ) Vgl. u. a. Urteil vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission (C‑127/16 P, EU:C:2018:165, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
( 20 ) Vgl. insbesondere Art. 1 Abs. 1 der Verordnung 2016/1036. Vgl. auch Art. 3, Art. 7 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 11 Abs. 1 dieser Verordnung.
( 21 ) Vgl. Art. VI Abs. 1 des GATT 1994, wonach Dumping „zu verurteilen ist, wenn es einer bei einem Vertragspartner bestehenden Produktion erheblichen Schaden verursacht oder zu verursachen droht, oder wenn es die Schaffung einer inländischen Produktion empfindlich verzögert“. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass eine Regel des niedrigeren Zolls nach Art. 9.1 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 „wünschenswert“, aber nicht verpflichtend ist. Mehrere WTO-Mitglieder (wie die Vereinigten Staaten) wenden nämlich keine Regel des niedrigeren Zolls an. Eine Reihe von WTO-Mitgliedern würde sich jedoch dafür aussprechen, eine solche Regel im Rahmen des WTO-Systems für verbindlich zu erklären. Zu den aktuellen Verhandlungen über diesen Punkt vgl. Chun, H. J., Ahn, D., „Evolution and Limitations of the Lesser Duty Rule under the WTO Anti-Dumping Agreement“, Journal of World Trade, 2022, S. 985 bis 1012.
( 22 ) Vgl. u. a. und mit weiteren Nachweisen Vermulst, E. A., „The Anti-Dumping Systems of Australia, Canada, the EEC and the United States of America: Have Anti-Dumping Laws Become a Problem in International Trade?“, Michigan Journal of International Law, Bd. 10, Ausgabe 3, 1989, S. 773 und 774.
( 23 ) Vgl. insbesondere die grundlegende Studie von J. Viner aus dem Jahr 1926, „Memorandum on Dumping“, in Auftrag gegeben von dem damaligen Völkerbund. Für eine Erörterung nach dem Abschluss des Abkommens von Marrakesch vgl. Hoekman, B. M., Mavroidis, P. C., „Dumping, Antidumping and Antitrust“, Journal of World Trade, 1996, S. 27 bis 52.
( 24 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts VerLoren van Themaat in den verbundenen Rechtssachen Allied Corporation u. a./Kommission (239/82 und 275/82, EU:C:1984:1, S. 1038).
( 25 ) Vgl. Urteil vom 3. Oktober 2000, Industrie des poudres sphériques/Rat (C‑458/98 P, EU:C:2000:531, Rn. 91).
( 26 ) Vgl. hierzu Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas in der Rechtssache Industrie des poudres sphériques/Rat (C‑458/98 P, EU:C:2000:138, Nr. 76).
( 27 ) Vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Profit Europe und Gosselin Forwarding Services (C‑362/20, EU:C:2021:612, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).
( 28 ) Ich übernehme hier den Wortlaut, den das vorlegende Gericht in der Rechtssache verwendet hat, die zum Urteil vom 17. Dezember 2015, APEX (C‑371/14, EU:C:2015:828, Rn. 26), geführt hat.
( 29 ) Ähnlich Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Rat/Gul Ahmed Textile Mills (C‑638/11 P, EU:C:2013:277, Nr. 60). Allgemeiner zu dieser Frage in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vgl. Kuplewatzky, N., „Defining Anti-Dumping Duties under European Union Law“, Trade, Law and Development, Bd. 10, 2018, S. 448 bis 462.
( 30 ) So Müller, W., Khan, N., Neumann, H.‑A., EC Anti‑Dumping Law, John Wiley & Sons, 1998, S. 271.
( 31 ) Urteil vom 3. Oktober 2000, Industrie des poudres sphériques/Rat (C‑458/98 P, EU:C:2000:531, Rn. 92). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro in der Rechtssache Epichirisseon Metalleftikon, Viomichanikon kai Naftiliakon u. a./Rat (121/86, EU:C:1989:299, S. 3939 und 3940).
( 32 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Mai 1991, Nakajima/Rat (C‑69/89, EU:C:1991:186, Rn. 87).
( 33 ) Urteil in der Rechtssache EFMA, Rn. 60, Hervorhebung nur hier
( 34 ) Art. 9 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung 2016/1036 nimmt hinsichtlich der Anwendung der Regel des niedrigeren Zolls ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 2c dieser Verordnung Bezug. Diese Vorschrift bestimmt, soweit hier von Belang: „Wird die Schadensspanne auf der Grundlage eines Zielpreises berechnet, so wird der zugrunde gelegte Zielgewinn unter Berücksichtigung von Faktoren wie dem Rentabilitätsniveau vor dem Anstieg der Einfuhren aus dem von der Untersuchung betroffenen Land … und dem Rentabilitätsniveau, das unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu erwarten wäre, ermittelt.“ Einige Dokumente der Vorarbeiten zu dieser Verordnung verweisen auf Rn. 60 des Urteils in der Rechtssache EFMA als eine der Inspirationsquellen für die neue Bestimmung: vgl. z. B. Kommission, GD HANDEL Arbeitsdokument – Entwurf von Leitlinien zur Bestimmung der Gewinnspanne, die bei der Ermittlung der Schadensspanne verwendet wird (Working Document – Draft guidelines on the determination of the profit margin used in establishing the injury margin), aus dem Jahr 2013.
( 35 ) Vgl. Bericht des Panels in dem Streitfall DS405, Europäische Union – Antidumpingmaßnahmen gegenüber bestimmten Schuhen aus China (European Union – Anti-Dumping Measures on Certain Footwear from China), Rn. 7.920 bis 7.928.