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Document 62020CJ0301

Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 1. Juli 2021.
UE und HC gegen Vorarlberger Landes- und Hypotheken-Bank AG.
Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Verordnung (EU) Nr. 650/2012 – Europäisches Nachlasszeugnis – Gültigkeit einer beglaubigten Abschrift des Zeugnisses, die kein Ablaufdatum enthält – Art. 65 Abs. 1 – Art. 69 – Wirkungen des Zeugnisses in Bezug auf Personen, die in ihm genannt sind, aber nicht seine Ausstellung beantragt haben – Art. 70 Abs. 3 – Für die Beurteilung der Gültigkeit der Kopie zu berücksichtigender Zeitpunkt – Beweiswirkungen der Abschrift.
Rechtssache C-301/20.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:528

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

1. Juli 2021 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Verordnung (EU) Nr. 650/2012 – Europäisches Nachlasszeugnis – Gültigkeit einer beglaubigten Abschrift des Zeugnisses, die kein Ablaufdatum enthält – Art. 65 Abs. 1 – Art. 69 – Wirkungen des Zeugnisses in Bezug auf Personen, die in ihm genannt sind, aber nicht seine Ausstellung beantragt haben – Art. 70 Abs. 3 – Für die Beurteilung der Gültigkeit der Kopie zu berücksichtigender Zeitpunkt – Beweiswirkungen der Abschrift“

In der Rechtssache C‑301/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 27. Mai 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juli 2020, in dem Verfahren

UE,

HC

gegen

Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG,

Beteiligte:

Verlassenschaft des VJ,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters N. Jääskinen,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll, E. Samoilova und A. Posch als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, M. Hellmann und U. Bartl als Bevollmächtigte,

der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,

der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. April 2021

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 63, Art. 65 Abs. 1, Art. 69 und Art. 70 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. 2012, L 201, S. 107, und Berichtigungen ABl. 2012, L 344, S. 3, ABl. 2013, L 41, S. 16, ABl. 2013, L 60, S. 140, und ABl. 2014, L 363, S. 186).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen UE und HC, Sohn und Tochter des verstorbenen VJ, der seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hatte, und der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG, einer Bank mit Sitz in Österreich, über einen Antrag auf Herausgabe eines Geldbetrags und von Wertpapieren, die diese Bank gerichtlich hinterlegt hatte.

Rechtlicher Rahmen

3

In den Erwägungsgründen 7, 67, 71 und 72 der Verordnung Nr. 650/2012 heißt es:

„(7)

Die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, denen die Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug derzeit noch Schwierigkeiten bereitet, sollten ausgeräumt werden, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern. In einem europäischen Rechtsraum muss es den Bürgern möglich sein, ihren Nachlass im Voraus zu regeln. Die Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer sowie der anderen Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger müssen effektiv gewahrt werden.

(67)

Eine zügige, unkomplizierte und effiziente Abwicklung einer Erbsache mit grenzüberschreitendem Bezug innerhalb der Union setzt voraus, dass die Erben, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter in der Lage sein sollten, ihren Status und/oder ihre Rechte und Befugnisse in einem anderen Mitgliedstaat, beispielsweise in einem Mitgliedstaat, in dem Nachlassvermögen belegen ist, einfach nachzuweisen. Zu diesem Zweck sollte diese Verordnung die Einführung eines einheitlichen Zeugnisses, des Europäischen Nachlasszeugnisses (im Folgenden ‚das Zeugnis‘), vorsehen, das zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. …

(71)

Das Zeugnis sollte in sämtlichen Mitgliedstaaten dieselbe Wirkung entfalten. Es sollte zwar als solches keinen vollstreckbaren Titel darstellen, aber Beweiskraft besitzen, und es sollte die Vermutung gelten, dass es die Sachverhalte zutreffend ausweist, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht oder einem anderen auf spezifische Sachverhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurden, wie beispielsweise die materielle Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen. … Einer Person, die Zahlungen an eine Person leistet oder Nachlassvermögen an eine Person übergibt, die in dem Zeugnis als zur Entgegennahme dieser Zahlungen oder dieses Vermögens als Erbe oder Vermächtnisnehmer berechtigt bezeichnet ist, sollte ein angemessener Schutz gewährt werden, wenn sie im Vertrauen auf die Richtigkeit der in dem Zeugnis enthaltenen Angaben gutgläubig gehandelt hat. Der gleiche Schutz sollte einer Person gewährt werden, die im Vertrauen auf die Richtigkeit der in dem Zeugnis enthaltenen Angaben Nachlassvermögen von einer Person erwirbt oder erhält, die in dem Zeugnis als zur Verfügung über das Vermögen berechtigt bezeichnet ist. Der Schutz sollte gewährleistet werden, wenn noch gültige beglaubigte Abschriften vorgelegt werden. …

(72)

Die zuständige Behörde sollte das Zeugnis auf Antrag ausstellen. Die Ausstellungsbehörde sollte die Urschrift des Zeugnisses aufbewahren und dem Antragsteller und jeder anderen Person, die ein berechtigtes Interesse nachweist, eine oder mehrere beglaubigte Abschriften ausstellen. …“

4

Art. 62 („Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses“) dieser Verordnung lautet:

„(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Europäisches Nachlasszeugnis (im Folgenden ‚Zeugnis‘) eingeführt, das zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird und die in Artikel 69 aufgeführten Wirkungen entfaltet.

(2)   Die Verwendung des Zeugnisses ist nicht verpflichtend.

(3)   Das Zeugnis tritt nicht an die Stelle der innerstaatlichen Schriftstücke, die in den Mitgliedstaaten zu ähnlichen Zwecken verwendet werden. Nach seiner Ausstellung zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat entfaltet das Zeugnis die in Artikel 69 aufgeführten Wirkungen jedoch auch in dem Mitgliedstaat, dessen Behörden es nach diesem Kapitel ausgestellt haben.“

5

Art. 63 („Zweck des Zeugnisses“) der Verordnung bestimmt:

„(1)   Das Zeugnis ist zur Verwendung durch Erben, durch Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass und durch Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter bestimmt, die sich in einem anderen Mitgliedstaat auf ihre Rechtsstellung berufen oder ihre Rechte als Erben oder Vermächtnisnehmer oder ihre Befugnisse als Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter ausüben müssen.

(2)   Das Zeugnis kann insbesondere als Nachweis für einen oder mehrere der folgenden speziellen Aspekte verwendet werden:

a)

die Rechtsstellung und/oder die Rechte jedes Erben oder gegebenenfalls Vermächtnisnehmers, der im Zeugnis genannt wird, und seinen jeweiligen Anteil am Nachlass;

…“

6

Art. 65 („Antrag auf Ausstellung eines Zeugnisses“) der Verordnung Nr. 650/2012 sieht vor:

„(1)   Das Zeugnis wird auf Antrag jeder in Artikel 63 Absatz 1 genannten Person (im Folgenden ‚Antragsteller‘) ausgestellt.

(3)   Der Antrag muss die nachstehend aufgeführten Angaben enthalten, soweit sie dem Antragsteller bekannt sind und von der Ausstellungsbehörde zur Beschreibung des Sachverhalts, dessen Bestätigung der Antragsteller begehrt, benötigt werden; dem Antrag sind alle einschlägigen Schriftstücke beizufügen, und zwar entweder in Urschrift oder in Form einer Abschrift, die die erforderlichen Voraussetzungen für ihre Beweiskraft erfüllt, unbeschadet des Artikels 66 Absatz 2:

e)

Angaben zu sonstigen möglichen Berechtigten aufgrund einer Verfügung von Todes wegen und/oder nach gesetzlicher Erbfolge: Name und Vorname(n) oder Name der Körperschaft, Identifikationsnummer (sofern vorhanden) und Anschrift;

…“

7

In Art. 68 („Inhalt des Nachlasszeugnisses“) der Verordnung Nr. 650/2012 heißt es:

„Das Zeugnis enthält folgende Angaben, soweit dies für die Zwecke, zu denen es ausgestellt wird, erforderlich ist:

g)

Angaben zu den Berechtigten: Name (gegebenenfalls Geburtsname), Vorname(n) und Identifikationsnummer (sofern vorhanden);

…“

8

Art. 69 („Wirkungen des Zeugnisses“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   Das Zeugnis entfaltet seine Wirkungen in allen Mitgliedstaaten, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf.

(2)   Es wird vermutet, dass das Zeugnis die Sachverhalte, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht oder einem anderen auf spezifische Sachverhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurden, zutreffend ausweist. Es wird vermutet, dass die Person, die im Zeugnis als Erbe, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter genannt ist, die in dem Zeugnis genannte Rechtsstellung und/oder die in dem Zeugnis aufgeführten Rechte oder Befugnisse hat und dass diese Rechte oder Befugnisse keinen anderen als den im Zeugnis aufgeführten Bedingungen und/oder Beschränkungen unterliegen.

(3)   Wer auf der Grundlage der in dem Zeugnis enthaltenen Angaben einer Person Zahlungen leistet oder Vermögenswerte übergibt, die in dem Zeugnis als zur Entgegennahme derselben berechtigt bezeichnet wird, gilt als Person, die an einen zur Entgegennahme der Zahlungen oder Vermögenswerte Berechtigten geleistet hat, es sei denn, er wusste, dass das Zeugnis inhaltlich unrichtig ist, oder ihm war dies infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt.

(4)   Verfügt eine Person, die in dem Zeugnis als zur Verfügung über Nachlassvermögen berechtigt bezeichnet wird, über Nachlassvermögen zugunsten eines anderen, so gilt dieser andere, falls er auf der Grundlage der in dem Zeugnis enthaltenen Angaben handelt, als Person, die von einem zur Verfügung über das betreffende Vermögen Berechtigten erworben hat, es sei denn, er wusste, dass das Zeugnis inhaltlich unrichtig ist, oder ihm war dies infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt.

(5)   Das Zeugnis stellt ein wirksames Schriftstück für die Eintragung des Nachlassvermögens in das einschlägige Register eines Mitgliedstaats dar, unbeschadet des Artikels 1 Absatz 2 Buchstaben k und l.“

9

Art. 70 („Beglaubigte Abschriften des Zeugnisses“) der Verordnung sieht vor:

„(1)   Die Ausstellungsbehörde bewahrt die Urschrift des Zeugnisses auf und stellt dem Antragsteller und jeder anderen Person, die ein berechtigtes Interesse nachweist, eine oder mehrere beglaubigte Abschriften aus.

(2)   Die Ausstellungsbehörde führt für die Zwecke des Artikels 71 Absatz 3 und des Artikels 73 Absatz 2 ein Verzeichnis der Personen, denen beglaubigte Abschriften nach Absatz 1 ausgestellt wurden.

(3)   Die beglaubigten Abschriften sind für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten gültig, der in der beglaubigten Abschrift jeweils durch ein Ablaufdatum angegeben wird. In ordnungsgemäß begründeten Ausnahmefällen kann die Ausstellungsbehörde abweichend davon eine längere Gültigkeitsfrist beschließen. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss jede Person, die sich im Besitz einer beglaubigten Abschrift befindet, bei der Ausstellungsbehörde eine Verlängerung der Gültigkeitsfrist der beglaubigten Abschrift oder eine neue beglaubigte Abschrift beantragen, um das Zeugnis zu den in Artikel 63 angegebenen Zwecken verwenden zu können.“

10

Art. 71 („Berichtigung, Änderung oder Widerruf des Zeugnisses“) Abs. 3 der Verordnung bestimmt:

„Die Ausstellungsbehörde unterrichtet unverzüglich alle Personen, denen beglaubigte Abschriften des Zeugnisses gemäß Artikel 70 Absatz 1 ausgestellt wurden, über eine Berichtigung, eine Änderung oder einen Widerruf des Zeugnisses.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11

Die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank hatte die gerichtliche Verwahrung eines aus einem Geldbetrag und aus Wertpapieren bestehenden Erlags veranlasst, nachdem HC und UE sowie ihr Vater VJ die Herausgabe dieser Vermögenswerte beantragt und konkurrierende Ansprüche darauf erhoben hatten, deren Begründetheit ungeklärt war.

12

VJ, der seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hatte, verstarb am 5. Mai 2017. Die Abhandlung seines Nachlasses wurde nach spanischem Recht vor einem Notar durchgeführt.

13

HC und UE beantragten die Ausfolgung des Gerichtserlags und legten dem Bezirksgericht Bregenz (Österreich) eine beglaubigte Abschrift eines von diesem spanischen Notar auf Antrag von HC ausgestellten Europäischen Nachlasszeugnisses gemäß den Art. 62 ff. der Verordnung Nr. 650/2012 als Nachweis ihrer Eigenschaft als Erben von VJ vor. Diese Abschrift in Form eines „Formblatts V“ nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1329/2014 der Kommission vom 9. Dezember 2014 zur Festlegung der in der Verordnung Nr. 650/2012 genannten Formblätter (ABl. 2014, L 359, S. 30) weist in der Rubrik „Gültig bis“ den Vermerk „unbefristet“ auf. UE wird in diesem Zeugnis neben dem Namen seiner Schwester als Hälfteerbe namentlich angeführt.

14

Dieser Antrag wurde vom Bezirksgericht Bregenz abgewiesen. Das Landesgericht Feldkirch (Österreich) wies den Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung ab. Es war der Ansicht, dass erstens nur derjenige, der die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses beantragt habe, seine Berechtigung durch Vorlage dieses Zeugnisses nachweisen könne, dass zweitens die Ausstellung einer Abschrift eines solchen Zeugnisses ohne Befristung gegen das Erfordernis verstoße, für die Bearbeitung dieser Abschrift eine begrenzte Gültigkeitsdauer von sechs Monaten vorzusehen, und dass drittens diese Abschrift im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts gültig sein müsse.

15

Beim vorlegenden Gericht, dem Obersten Gerichtshof (Österreich), wurde gegen die Entscheidung des Landesgerichts Feldkirch ein Revisionsrekurs eingelegt. Die Ausfolgung des Gerichtserlags erfordere nach österreichischem Recht einen gemeinsamen schriftlichen Antrag aller Parteien („gegnerische Parteien“), solange noch keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ergangen sei. Daher stellt sich das vorlegende Gericht beim Erlass seiner Entscheidung die Frage, ob die Kopie eines Europäischen Nachlasszeugnisses zum Nachweis der Legitimation der Erben verwendet werden kann.

16

Konkret äußert der Oberste Gerichtshof erstens Zweifel an der Gültigkeit einer beglaubigten Abschrift, die kein Ablaufdatum enthält. Dieser Fall sei in der Verordnung Nr. 650/2012 nicht vorgesehen, und es gebe hierzu keine Rechtsprechung des Gerichtshofs. Das vorlegende Gericht führt aus, dass zum einen die Urkunde wegen dieser Unregelmäßigkeit keine Wirkungen entfalten könnte und dass zum anderen der Vermerk „unbefristet“ eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer darstellen könnte, wenn er als „Sonderfall“ im Sinne von Art. 70 Abs. 3 dieser Verordnung angesehen werden könne. Der Wortlaut dieser Bestimmung lasse aber auch die Möglichkeit offen, einer solchen Urkunde eine begrenzte Wirksamkeit von sechs Monaten beizumessen, wobei sich dann die weitere Frage stelle, ab welchem Datum diese Frist zu bemessen wäre.

17

Zweitens fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses nur den „Antragsteller“ oder auch alle darin genannten Personen betreffen. Denn die Verordnung Nr. 650/2012 sehe nicht den Fall vor, dass nur einer der Erben die Ausstellung dieses Zeugnisses beantrage.

18

Das vorlegende Gericht möchte drittens wissen, welche Folgen der Ablauf der Gültigkeitsdauer einer Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses hat. In diesem Zusammenhang weist es auf Unterschiede im Schrifttum in diesem Bereich sowie zwischen der Rechtsprechung der österreichischen und der deutschen Gerichte in Bezug auf die Frage hin, ob es ausreicht, dass diese Abschrift bei der Antragstellung bei der befassten Behörde noch gültig gewesen ist, oder ob sie auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde gültig sein muss.

19

Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 70 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses dahin auszulegen, dass eine entgegen dieser Regelung ohne Angabe eines Ablaufdatums auf unbefristete Dauer ausgestellte Abschrift des Zeugnisses

unbefristet gültig und wirksam ist oder

nur für die Dauer von sechs Monaten ab dem Ausstellungsdatum der beglaubigten Abschrift gültig ist oder

nur für die Dauer von sechs Monaten ab einem anderen Datum gültig ist oder

ungültig und zur Verwendung im Sinn des Art. 63 dieser Verordnung ungeeignet ist?

2.

Ist Art. 65 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 69 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen, dass die Wirkungen des Zeugnisses zugunsten sämtlicher Personen eintreten, die im Zeugnis als Erbe, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter namentlich genannt sind, so dass auch jene das Zeugnis gemäß Art. 63 dieser Verordnung verwenden können, die seine Ausstellung nicht selbst beantragt haben?

3.

Ist Art. 69 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen, dass die Legitimationswirkung der beglaubigten Abschrift eines Nachlasszeugnisses anzuerkennen ist, wenn sie bei ihrer erstmaligen Vorlage noch gültig war, aber vor der beantragten Entscheidung der Behörde abgelaufen ist, oder steht diese Bestimmung nationalem Recht nicht entgegen, wenn es eine Gültigkeit des Zeugnisses auch im Zeitpunkt der Entscheidung erfordert?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur dritten Frage

20

Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass die beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses, die mit dem Vermerk „unbefristet“ versehen ist, gültig ist und dass ihre Wirkungen im Sinne von Art. 69 dieser Verordnung zeitlich unbegrenzt anzuerkennen sind, wenn sie bei ihrer erstmaligen Vorlage gültig war.

21

Zunächst ist festzustellen, dass die in Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 vorgesehene Frist nicht die Gültigkeitsfrist des Europäischen Nachlasszeugnisses betrifft, sondern nur diejenige der beglaubigten Abschriften dieses Zeugnisses. Wie aus Art. 70 Abs. 1 im Licht des 72. Erwägungsgrundes dieser Verordnung hervorgeht, wird außerdem das Europäische Nachlasszeugnis von der Ausstellungsbehörde aufbewahrt, die Abschriften davon ausstellt.

22

Aus dem Wortlaut von Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 geht hervor, dass die beglaubigten Abschriften dieses Zeugnisses für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten gültig sind, der in der beglaubigten Abschrift jeweils durch ein Ablaufdatum angegeben wird. In ordnungsgemäß begründeten Ausnahmefällen kann die Ausstellungsbehörde eine längere Gültigkeitsfrist beschließen. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss jede Person, die sich im Besitz einer beglaubigten Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses befindet, bei der Ausstellungsbehörde eine Verlängerung der Gültigkeitsfrist dieser Abschrift oder eine neue beglaubigte Abschrift beantragen, um dieses Zeugnis zu den in Art. 63 angegebenen Zwecken verwenden zu können.

23

Die Begrenzung der Gültigkeitsfrist der Abschriften wurde nämlich deswegen vorgesehen, weil das Europäische Nachlasszeugnis seine Wirkungen in allen Mitgliedstaaten entfaltet und vermutet wird, dass das Zeugnis die Sachverhalte, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht oder einem anderen auf spezifische Sachverhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurden, sowie die Rechtsstellung und/oder die Rechte der Personen, die im Zeugnis als Erbe, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter genannt sind, gemäß Art. 69 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 650/2012 zutreffend ausweist.

24

Wie der Generalanwalt in Nr. 41 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, ermöglicht es die in Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 vorgesehene Frist von sechs Monaten, eine Übereinstimmung zwischen dem Inhalt der beglaubigten Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses und der Rechtswirklichkeit der Erbfolge sicherzustellen und insbesondere in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob das Zeugnis nach Art. 71 dieser Verordnung berichtigt, widerrufen oder geändert wurde oder seine Wirkungen nach Art. 73 dieser Verordnung ausgesetzt wurden.

25

Daraus folgt, dass die Gültigkeit einer solchen beglaubigten Abschrift, von Ausnahmefällen abgesehen, auf sechs Monate beschränkt ist.

26

Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Abschrift als für die Dauer von sechs Monaten gültig anzusehen ist, wenn die ausstellende Behörde auf dem Formblatt V ausdrücklich angegeben hat, dass die Abschrift kein Ablaufdatum hat, oder ob das Fehlen eines Ablaufdatums der Verwendung dieser Abschrift im Sinne von Art. 63 der Verordnung Nr. 650/2012 entgegensteht.

27

Das Ziel der Verordnung Nr. 650/2012, wie es sich aus ihrem siebten Erwägungsgrund ergibt, nämlich dass die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, denen die Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug Schwierigkeiten bereitet, ausgeräumt werden sollten, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern, würde in Frage gestellt, wenn die Erben oder sonstigen Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, ihre Rechte aufgrund eines Formfehlers in der beglaubigten Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses, die ihnen ausgestellt wurde, nicht nachweisen könnten, sondern eine neue Abschrift dieses Zeugnisses beantragen müssten, was zu einer Verlängerung von Fristen und möglicherweise höheren Kosten führen würde.

28

Demnach ist eine beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses, die den Vermerk „unbefristet“ trägt, als für die Dauer von sechs Monaten gültig anzusehen.

29

Was den Zeitpunkt angeht, ab dem diese Abschrift gültig ist, ist festzustellen, dass die ausstellende Behörde auf dem Formblatt V nach der Gültigkeitsdauer der beglaubigten Abschrift den Zeitpunkt der Ausstellung angeben muss. Die Berechnung des Gültigkeitszeitraums muss also ab diesem Zeitpunkt erfolgen, der die für die Verwendung dieser Kopie erforderliche Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit gewährleistet.

30

Zu den Fragen des vorlegenden Gerichts nach dem Zeitpunkt, zu dem die beglaubigte Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses gültig sein muss, um ihre Wirkungen im Sinne von Art. 69 der Verordnung Nr. 650/2012 zu entfalten, und insbesondere nach dem Ablauf der Gültigkeit dieser Abschrift während des Verfahrens ist festzustellen, dass keine Bestimmung dieser Verordnung diese Frage unmittelbar beantwortet.

31

Wie jedoch der Generalanwalt insbesondere in Nr. 49 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, müssen die Wirkungen dieser Kopie in allen Mitgliedstaaten die gleichen sein, so dass für ihre Gültigkeit die Regelungen der Verordnung Nr. 650/2012 gelten müssen.

32

Aus dem 71. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 650/2012 geht nämlich hervor, dass das Europäische Nachlasszeugnis in sämtlichen Mitgliedstaaten dieselbe Wirkung entfalten sollte und dass einer Person, die auf die Richtigkeit der in diesem Zeugnis enthaltenen Angaben vertraut, wenn noch gültige beglaubigte Abschriften vorgelegt werden, Schutz gewährleistet werden sollte. Dies gewährleistet insbesondere den Schutz Dritter, die Zahlungen an eine Person leisten oder Nachlassvermögen an eine Person übergeben, die in dem Zeugnis als zur Entgegennahme dieser Zahlungen oder dieses Vermögens als Erbe berechtigt bezeichnet ist.

33

Würde aber die Gültigkeit der beglaubigten Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses zum Zeitpunkt des Erlasses der beantragten Entscheidung durch die Behörde, bei der die Kopie vorgelegt wird, oder während des betreffenden Gerichtsverfahrens und nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung verlangt, bestünde die Gefahr, dass die Rechte der Erben und sonstigen Rechtsnachfolger beeinträchtigt werden, die, da sie keinen Einfluss auf die Dauer des Verfahrens haben, das zu dieser Entscheidung führt, gegebenenfalls mehrmals eine solche Abschrift beantragen müssten.

34

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 58 und 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würde diese Auslegung sowohl für die am Nachlass Beteiligten als auch für die mit dem Erbfall befassten Behörden zu Verzögerungen und zusätzlichen Verfahrenshandlungen und Anstrengungen führen und liefe dem mit der Verordnung Nr. 650/2012 verfolgten Ziel zuwider, das, wie in Rn. 27 des vorliegenden Urteils ausgeführt, darin besteht, eine Erbsache mit grenzüberschreitendem Bezug sowie die Ansprüche der an der Erbsache Beteiligten zügig, unkompliziert und effizient abzuwickeln, wie aus den Erwägungsgründen 7 und 67 der Verordnung hervorgeht.

35

Außerdem sieht Art. 71 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 vor, dass die Ausstellungsbehörde alle Personen, denen beglaubigte Abschriften des Zeugnisses ausgestellt wurden und über die sie gemäß Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung ein Verzeichnis führt, über eine Berichtigung, eine Änderung oder einen Widerruf des Europäischen Nachlasszeugnisses unverzüglich unterrichtet, um gemäß dem 72. Erwägungsgrund dieser Verordnung eine missbräuchliche Verwendung dieser Abschriften zu vermeiden und das Risiko zu begrenzen, dass die beglaubigte Abschrift, deren Gültigkeit zum Zeitpunkt des Erlasses der beantragten Entscheidung abgelaufen ist, dem Inhalt des Europäischen Nachlasszeugnisses nicht entspricht.

36

Wie der Generalanwalt in Nr. 70 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann die Behörde, der die beglaubigte Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses vorgelegt wurde, ausnahmsweise die Vorlage einer neuen Abschrift oder einer Abschrift verlangen, deren Geltungsdauer verlängert wurde, wenn sie Kenntnisse erlangt, die vernünftige Zweifel am Status dieses Zeugnisses begründen.

37

Nach alledem ist auf die erste und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass die beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses, die mit dem Vermerk „unbefristet“ versehen ist, für die Dauer von sechs Monaten ab dem Ausstellungsdatum gültig ist und ihre Wirkungen im Sinne von Art. 69 dieser Verordnung entfaltet, wenn sie bei ihrer erstmaligen Vorlage gültig war.

Zur zweiten Frage

38

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 65 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 69 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass sich die Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses gegenüber allen dort namentlich als Erben, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter genannten Personen entfalten, auch wenn sie seine Ausstellung nicht selbst beantragt haben.

39

Art. 63 Abs. 1 und 2 Buchst. a dieser Verordnung, der den Zweck des Europäischen Nachlasszeugnisses betrifft, listet die Personen auf, die das Zeugnis verwenden können, nämlich die Erben, Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass und Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter, um in einem anderen Mitgliedstaat insbesondere ihre Rechtsstellung und/oder Erbansprüche nachzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2018, Mahnkopf, C‑558/16, EU:C:2018:138, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40

Gemäß Art. 65 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 wird das Europäische Nachlasszeugnis auf Antrag jeder in Art. 63 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Person ausgestellt. Nach Art. 65 Abs. 3 Buchst. e dieser Verordnung muss der Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses u. a. Angaben zu sonstigen möglichen Berechtigten aufgrund einer Verfügung von Todes wegen und/oder nach gesetzlicher Erbfolge neben dem Antragsteller enthalten. Diese Information muss nach Art. 68 Buchst. g dieser Verordnung in dem Zeugnis aufgenommen werden.

41

Art. 69 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 sieht vor, dass eine Person, der auf der Grundlage der in dem Europäischen Nachlasszeugnis enthaltenen Angaben Zahlungen geleistet oder Vermögenswerte übergeben werden und die in dem Zeugnis als Erbe, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter bezeichnet wird, als zur Annahme der Zahlungen oder Vermögenswerte berechtigt gilt. Somit können sich die Wirkungen dieses Zeugnisses ihr gegenüber entfalten, ohne dass in dieser Bestimmung klargestellt wird, ob sie die Eigenschaft eines Antragstellers haben muss.

42

Außerdem stellt die Ausstellungsbehörde, die die Urschrift des Zeugnisses aufbewahrt, unabhängig davon, wer den Antrag gestellt hat, nach Art. 70 Abs. 1 dieser Verordnung dem Antragsteller und jeder anderen Person, die ein berechtigtes Interesse nachweist, eine oder mehrere beglaubigte Abschriften aus. Zu verlangen, dass derjenige, der sich auf die beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses beruft, zwingend derjenige sein muss, der das Zeugnis ursprünglich beantragt hat, verstieße folglich gegen den Wortlaut von Art. 70 Abs. 1 der Verordnung.

43

Nach keiner dieser Bestimmungen muss die Person, die eine beglaubigte Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses verwendet, um dessen Wirkungen in Anspruch nehmen zu können, Antragsteller in Bezug auf dieses Zeugnis sein.

44

Darüber hinaus würden, wie die Europäische Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, unnötige Kosten entstehen, wenn jede interessierte Person verpflichtet wäre, ein Europäisches Nachlasszeugnis und eine beglaubigte Abschrift für einen bestimmten Nachlass zu beantragen, obwohl für den Nachlass bereits Zeugnisse und Abschriften ausgestellt worden sind. Eine solche Verpflichtung liefe dem mit der Verordnung Nr. 650/2012 verfolgten Ziel, wie es sich aus ihrem 67. Erwägungsgrund ergibt, zuwider, nämlich eine Erbsache mit grenzüberschreitendem Bezug zügig, unkompliziert und effizient abzuwickeln.

45

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 65 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 69 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass sich die Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses gegenüber allen dort namentlich genannten Personen entfalten, auch wenn sie seine Ausstellung nicht selbst beantragt haben.

Kosten

46

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 70 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist dahin auszulegen, dass die beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses, die mit dem Vermerk „unbefristet“ versehen ist, für die Dauer von sechs Monaten ab dem Ausstellungsdatum gültig ist und ihre Wirkungen im Sinne von Art. 69 dieser Verordnung entfaltet, wenn sie bei ihrer erstmaligen Vorlage gültig war.

 

2.

Art. 65 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 69 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 ist dahin auszulegen, dass sich die Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses gegenüber allen dort namentlich genannten Personen entfalten, auch wenn sie seine Ausstellung nicht selbst beantragt haben.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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