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Document 62020CJ0204

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 17. November 2022.
Bayer Intellectual Property GmbH gegen kohlpharma GmbH.
Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Hamburg.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Geistiges Eigentum – Marken – Richtlinie (EU) 2015/2436 – Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken – Art. 10 Abs. 2 – Rechte aus der Marke – Art. 15 – Erschöpfung der Rechte aus der Marke – Parallelimport von Arzneimitteln – Umpacken der mit der Marke versehenen Ware – Neue äußere Umhüllung – Widerspruch des Markeninhabers – Künstliche Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten – Humanarzneimittel – Richtlinie 2001/83/EG – Art. 47a – Sicherheitsmerkmale – Ersetzung – Gleichwertige Sicherheitsmerkmale – Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 – Art. 3 Abs. 2 – Vorrichtung gegen Manipulation – Individuelles Erkennungsmerkmal.
Rechtssache C-204/20.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:892

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

17. November 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Geistiges Eigentum – Marken – Richtlinie (EU) 2015/2436 – Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken – Art. 10 Abs. 2 – Rechte aus der Marke – Art. 15 – Erschöpfung der Rechte aus der Marke – Parallelimport von Arzneimitteln – Umpacken der mit der Marke versehenen Ware – Neue äußere Umhüllung – Widerspruch des Markeninhabers – Künstliche Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten – Humanarzneimittel – Richtlinie 2001/83/EG – Art. 47a – Sicherheitsmerkmale – Ersetzung – Gleichwertige Sicherheitsmerkmale – Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 – Art. 3 Abs. 2 – Vorrichtung gegen Manipulation – Individuelles Erkennungsmerkmal“

In der Rechtssache C‑204/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 2. April 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Mai 2020, in dem Verfahren

Bayer Intellectual Property GmbH

gegen

kohlpharma GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und Z. Csehi,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Bayer Intellectual Property GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin C. Giesen und Rechtsanwalt U. Reese,

der kohlpharma GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte W. Rehmann und D. Tietjen,

der dänischen Regierung, vertreten durch M. Jespersen, J. Nymann-Lindegren und M. Søndahl Wolff als Bevollmächtigte,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, É. Gippini Fournier und L. Haasbeek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Januar 2022

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) und Art. 47a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 geänderten Fassung (ABl. 2012, L 299, S. 1) (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bayer Intellectual Property GmbH (im Folgenden: Bayer), die Inhaberin der deutschen Marke Androcur ist, und der kohlpharma GmbH wegen des Vertriebs von aus den Niederlanden parallelimportierten Arzneimitteln der Marke Androcur durch die kohlpharma GmbH in Deutschland.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2015/2436

3

Der 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436 lautet:

„Aus dem Grundsatz des freien Warenverkehrs folgt, dass der Inhaber der Marke nicht berechtigt sein sollte, einem Dritten deren Benutzung für Waren, die in der [Europäischen] Union unter der Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind, zu untersagen, außer wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt.“

4

In Art. 10 („Rechte aus der Marke“) der Richtlinie 2015/2436 heißt es:

„(1)   Mit der Eintragung der Marke erwirbt ihr Inhaber ein ausschließliches Recht an ihr.

(2)   Der Inhaber einer eingetragenen Marke hat unbeschadet der von Inhabern vor dem Zeitpunkt der Anmeldung oder dem Prioritätstag der eingetragenen Marke erworbenen Rechte das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr, in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen, ein Zeichen zu benutzen, wenn

a)

das Zeichen mit der Marke identisch ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist;

b)

das Zeichen mit der Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird;

c)

das Zeichen mit der Marke identisch oder ihr ähnlich ist, unabhängig davon, ob es für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind oder denjenigen ähnlich sind oder nicht ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(3)   Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden,

a)

das Zeichen auf Waren oder deren Verpackung anzubringen;

b)

unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;

c)

Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;

…“

5

Art. 15 („Erschöpfung der Rechte aus der Marke“) der Richtlinie 2015/2436 bestimmt:

„(1)   Eine Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, die Benutzung der Marke für Waren zu untersagen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Union in Verkehr gebracht worden sind.

(2)   Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.“

Richtlinie 2001/83

6

Die Erwägungsgründe 2 bis 5 und 40 der Richtlinie 2001/83 lauten:

„(2)

Alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs oder der Verwendung von Arzneimitteln müssen in erster Linie einen wirksamen Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten.

(3)

Dieses Ziel muss jedoch mit Mitteln erreicht werden, die die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie und den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft nicht hemmen können.

(4)

Die Unterschiede zwischen einigen einzelstaatlichen Vorschriften, namentlich zwischen den Vorschriften über Arzneimittel – mit Ausnahme solcher Stoffe und Stoffzusammensetzungen, die Lebensmittel, Futtermittel oder Körperpflegemittel sind –, behindern den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft und wirken sich somit unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus.

(5)

Diese Hindernisse müssen folglich beseitigt werden; zu diesem Zweck ist eine Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften erforderlich.

(40)

Die Bestimmungen über die Unterrichtung der Patienten müssen ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten, so dass die Arzneimittel auf der Grundlage vollständiger und verständlicher Informationen ordnungsgemäß angewandt werden können.“

7

Art. 40 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen, damit die Herstellung von Arzneimitteln auf ihrem Gebiet von einer Erlaubnis abhängig gemacht wird. Die Herstellungserlaubnis ist auch erforderlich, wenn die hergestellten Arzneimittel für die Ausfuhr bestimmt sind.

(2)   Die Erlaubnis nach Absatz 1 ist sowohl für die vollständige oder teilweise Herstellung als auch für die Abfüllung, das Abpacken und die Aufmachung erforderlich.

…“

8

Art. 47a Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„Die Sicherheitsmerkmale nach Artikel 54 Buchstabe o dürfen weder teilweise noch vollständig entfernt oder überdeckt werden, es sei denn, die folgenden Bedingungen sind erfüllt:

a)

Der Inhaber der Herstellungserlaubnis prüft vor der teilweisen oder vollständigen Entfernung oder Überdeckung dieser Sicherheitsmerkmale, ob das betreffende Arzneimittel echt ist und nicht manipuliert worden ist;

b)

der Inhaber der Herstellungserlaubnis hält Artikel 54 Buchstabe o ein, indem er diese Sicherheitsmerkmale durch Sicherheitsmerkmale ersetzt, die im Hinblick auf die Möglichkeit, die Echtheit und die Identität des Arzneimittels nachzuprüfen[,] und im Hinblick auf die Möglichkeit des Nachweises der Manipulation des Arzneimittels gleichwertig sind. Diese Ersetzung wird ausgeführt, ohne dass dafür die Primärverpackung im Sinne des Artikel 1 Nummer 23 geöffnet wird.

Die Sicherheitsmerkmale gelten als gleichwertig, wenn:

i)

sie den Anforderungen der gemäß Artikel 54a Absatz 2 erlassenen delegierten Rechtsakte entsprechen und

ii)

sie gleichermaßen geeignet sind, die Echtheit und die Identität von Arzneimitteln nachzuprüfen sowie den Nachweis der Manipulation von Arzneimitteln zu ermöglichen;

c)

die Ersetzung der Sicherheitsmerkmale wird im Einklang mit der anwendbaren guten Herstellungspraxis für Arzneimittel durchgeführt, und

d)

die Ersetzung der Sicherheitsmerkmale wird von der zuständigen Behörde überwacht.“

9

Art. 54 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„Die äußere Umhüllung oder – sofern nicht vorhanden – die Primärverpackung jedes Arzneimittels muss die nachstehenden Angaben aufweisen:

o)

im Fall der in Artikel 54a Absatz 1 genannten Arzneimittel – außer radioaktiven Arzneimitteln – Sicherheitsmerkmale, die es Großhändlern und Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind, ermöglichen,

die Echtheit des Arzneimittels zu überprüfen; und

einzelne Packungen zu identifizieren;

sowie eine Vorrichtung, die es ermöglicht zu überprüfen, ob die äußere Umhüllung manipuliert worden ist.“

10

Art. 54a der Richtlinie 2001/83 sieht vor:

„(1)   Verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen die Sicherheitsmerkmale nach Artikel 54 Buchstabe o tragen, sofern sie nicht nach dem Verfahren gemäß Absatz 2 Buchstabe b des vorliegenden Artikels in einer Liste aufgeführt sind.

(2)   Die [Europäische] Kommission nimmt durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 121a und unter den in den Artikeln 121b und 121c genannten Bedingungen Maßnahmen zur Ergänzung des Artikels 54 Buchstabe o an, um nähere Bestimmungen für die Sicherheitsmerkmale nach Artikel 54 Buchstabe o festzulegen.

…“

11

Art. 59 der Richtlinie 2001/83 führt die Angaben auf, die in der dem Arzneimittel beigefügten Packungsbeilage enthalten sein müssen.

12

Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/83 lautet:

„Die Angaben nach den Artikeln 54, 59 und 62 hinsichtlich der Etikettierung sind in einer Amtssprache bzw. in Amtssprachen des Mitgliedstaats abzufassen, in dem das Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, wie von diesem Mitgliedstaat für die Zwecke dieser Richtlinie festgelegt.“

Richtlinie 2011/62/EU

13

In den Erwägungsgründen 2, 3, 11, 12, 29 und 33 der Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Änderung der Richtlinie 2001/83 (ABl. 2011, L 174, S. 74) heißt es:

„(2)

In der Union ist ein besorgniserregender Anstieg der Zahl der Arzneimittel festzustellen, die in Bezug auf ihre Identität, ihre Herstellung oder ihre Herkunft gefälscht sind. Diese Arzneimittel enthalten in der Regel minderwertige oder gefälschte oder überhaupt keine Inhaltsstoffe, oder Inhaltsstoffe, einschließlich Wirkstoffen, die falsch dosiert sind, so dass sie eine erhebliche Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen.

(3)

Die bisherige Erfahrung zeigt, dass solche gefälschten Arzneimittel nicht nur auf illegalen Wegen, sondern auch über die legale Lieferkette zu den Patienten gelangen. Dies stellt eine außerordentliche Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar und kann dazu führen, dass die Patienten das Vertrauen auch in die legale Lieferkette verlieren. Die Richtlinie [2001/83] sollte daher geändert werden, um dieser wachsenden Bedrohung zu begegnen.

(11)

Die Sicherheitsmerkmale für Arzneimittel sollten in der Union harmonisiert werden, damit neue Risikolagen berücksichtigt werden können und gleichzeitig das Funktionieren des Binnenmarkts für Arzneimittel gewährleistet ist. Diese Sicherheitsmerkmale sollten die Überprüfung der Echtheit und die Identifizierung der einzelnen Verpackungen ermöglichen[,] und es sollten damit Manipulationen nachgewiesen werden können. …

(12)

Jeder Akteur der Lieferkette, der Arzneimittel verpackt, muss Inhaber einer Herstellungserlaubnis sein. Damit die Sicherheitsmerkmale tatsächlich wirksam sind, sollte den Inhabern einer Herstellungserlaubnis, die das Arzneimittel nicht selbst herstellen, nur unter strengen Bedingungen gestattet sein, diese Merkmale zu entfernen, auszutauschen oder zu überdecken. Insbesondere sollten die Sicherheitsmerkmale im Falle des Umpackens durch gleichwertige Sicherheitsmerkmale ersetzt werden. Zu diesem Zweck sollte die Bedeutung des Begriffs ‚gleichwertig‘ eindeutig festgelegt werden. Mit diesen strengen Bedingungen sollte zum Schutz der Patienten und zum Schutz der Interessen der Inhaber von Genehmigungen für das Inverkehrbringen des Arzneimittels und der Hersteller ein angemessener Schutz davor geboten werden, dass gefälschte Arzneimittel in die Lieferkette gelangen.

(29)

Diese Richtlinie lässt die Bestimmungen über die Rechte des geistigen Eigentums unberührt. Sie soll besonders das Eindringen von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette verhindern.

(33)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich das Funktionieren des Binnenmarkts für Arzneimittel zu gewährleisten und gleichzeitig ein hohes Niveau des Schutzes der öffentlichen Gesundheit vor gefälschten Arzneimitteln sicherzustellen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs oder der Wirkungen der Maßnahme besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 [EUV] niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.“

Delegierte Verordnung (EU) 2016/161

14

In den Erwägungsgründen 1, 11, 12 und 15 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 2. Oktober 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83 (ABl. 2016, L 32, S. 1) heißt es:

„(1)

Die Richtlinie [2001/83] sieht Maßnahmen zur Verhinderung des Eindringens gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette vor; sie betreffen das Anbringen von Sicherheitsmerkmalen, bestehend aus einem individuellen Erkennungsmerkmal und einer Vorrichtung gegen Manipulation, auf der Verpackung bestimmter Humanarzneimittel, damit diese auf ihre Identität und Echtheit überprüft werden können.

(11)

Um die Überprüfung der Echtheit und die Deaktivierung eines individuellen Erkennungsmerkmals durch Großhändler und zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigte oder befugte Personen zu erleichtern, muss sichergestellt werden, dass die Struktur und die Druckqualität des zweidimensionalen Barcodes, der das individuelle Erkennungsmerkmal enthält, eine schnelle Ablesung und die Minimierung von Ablesefehlern ermöglichen.

(12)

Die Datenelemente des individuellen Erkennungsmerkmals sollten auf der Verpackung in einem vom Menschen lesbaren Format aufgedruckt sein, um die Überprüfung der Echtheit des individuellen Erkennungsmerkmals und seine Deaktivierung auch dann zu ermöglichen, wenn der zweidimensionale Barcode nicht lesbar ist.

(15)

Die Überprüfung beider Sicherheitsmerkmale ist erforderlich, um im Rahmen eines End-to-end-Überprüfungssystems die Echtheit eines Arzneimittels zu gewährleisten. Die Überprüfung der Echtheit des individuellen Erkennungsmerkmals zielt darauf ab, sicherzustellen, dass das Arzneimittel vom rechtmäßigen Hersteller stammt. Die Überprüfung der Unversehrtheit der Vorrichtung gegen Manipulation zeigt, ob die Verpackung, seit sie den Hersteller verlassen hat, geöffnet oder verändert wurde; auf diese Weise wird gewährleistet, dass der Inhalt der Packung echt ist.“

15

Art. 3 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2016/161 bestimmt:

„Es gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

‚Individuelles Erkennungsmerkmal‘ bezeichnet das Sicherheitsmerkmal, das die Überprüfung der Echtheit und die Identifizierung einer Einzelpackung eines Arzneimittels ermöglicht;

b)

‚Vorrichtung gegen Manipulation‘ bezeichnet das Sicherheitsmerkmal, anhand dessen überprüft werden kann, ob die Verpackung eines Arzneimittels manipuliert wurde;

…“

16

Art. 4 („Zusammensetzung des individuellen Erkennungsmerkmals") der Delegierten Verordnung 2016/161 sieht vor:

„Der Hersteller bringt auf der Verpackung eines Arzneimittels ein individuelles Erkennungsmerkmal an, das folgenden technischen Spezifikationen entspricht:

a)

Es besteht aus einer Folge numerischer oder alphanumerischer Zeichen, die für eine bestimmte Packung eines Arzneimittels individuell ist.

…“

17

Art. 5 („Träger des individuellen Erkennungsmerkmals“) Abs. 1 bis 3 der Delegierten Verordnung 2016/161 bestimmt:

„(1)   Die Hersteller kodieren das individuelle Erkennungsmerkmal in einem zweidimensionalen Barcode.

(2)   Bei dem Barcode handelt es sich um eine maschinenlesbare Datenmatrix, deren Fehlererkennung und ‑korrektur derjenigen von Datamatrix ECC200 gleichkommt oder über diese hinausgeht. …

(3)   Die Hersteller drucken den Barcode auf der Verpackung auf einer glatten, einheitlichen, gering reflektierenden Oberfläche auf.“

18

In Art. 6 („Druckqualität des zweidimensionalen Barcodes“) der Delegierten Verordnung 2016/161 heißt es:

„(1)   Die Hersteller beurteilen die Druckqualität der Datenmatrix, indem sie mindestens folgende Parameter untersuchen:

(2)   Die Hersteller ermitteln die Mindestdruckqualität, die die exakte Lesbarkeit der Datenmatrix entlang der gesamten Lieferkette und während eines Zeitraums von mindestens einem Jahr ab dem Verfalldatum der Packung oder mindestens fünf Jahren ab dem Inverkehrbringen des Arzneimittels gemäß Artikel 51 Absatz 3 der Richtlinie [2001/83] – maßgebend ist der jeweils längere Zeitraum – gewährleistet.

…“

19

Art. 10 („Überprüfung der Sicherheitsmerkmale“) der Delegierten Verordnung 2016/161 lautet:

„Bei der Überprüfung der Sicherheitsmerkmale überprüfen die Hersteller, Großhändler und zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Personen Folgendes:

a)

die Echtheit des individuellen Erkennungsmerkmals;

b)

die Unversehrtheit der Vorrichtung gegen Manipulation.“

20

Art. 16 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2016/161 lautet:

„Bevor der Hersteller die Sicherheitsmerkmale vollständig oder teilweise entfernt oder überdeckt, überprüft er gemäß Artikel 47a der Richtlinie [2001/83] Folgendes:

a)

die Unversehrtheit der Vorrichtung gegen Manipulation;

b)

die Echtheit des individuellen Erkennungsmerkmals, und im Fall einer Ersetzung deaktiviert er dieses.“

21

Art. 17 („Gleichwertiges individuelles Erkennungsmerkmal“) der Delegierten Verordnung 2016/161 sieht vor:

„Beim Anbringen eines gleichwertigen individuellen Erkennungsmerkmals für die Zwecke von Artikel 47a Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie [2001/83] überprüft der Hersteller, ob Struktur und Zusammensetzung des auf der Verpackung angebrachten individuellen Erkennungsmerkmals bezüglich des Produktcodes und der nationalen Kostenerstattungsnummer oder einer anderen nationalen Nummer zur Identifizierung des Arzneimittels die Anforderungen des Mitgliedstaats erfüllen, in dem das Arzneimittel in Verkehr gebracht werden soll, so dass das individuelle Erkennungsmerkmal auf seine Echtheit überprüft und deaktiviert werden kann.“

22

Art. 24 („Im Fall einer Manipulation oder mutmaßlichen Fälschung von den Großhändlern zu ergreifende Maßnahmen“) der Delegierten Verordnung 2016/161 lautet:

„Hat ein Großhändler Grund zur Annahme, dass die Verpackung des Arzneimittels manipuliert wurde, oder ergibt die Überprüfung der Sicherheitsmerkmale, dass das Arzneimittel nicht echt sein könnte, so gibt er das Produkt weder ab, noch führt er es aus. Er informiert unverzüglich die zuständigen Behörden.“

23

Art. 25 („Pflichten von Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind“) Abs. 1 und 3 der Delegierten Verordnung 2016/161 bestimmt:

„(1)   Zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigte oder befugte Personen überprüfen die Sicherheitsmerkmale und deaktivieren das individuelle Erkennungsmerkmal jedes mit den Sicherheitsmerkmalen versehenen Arzneimittels, das sie an die Öffentlichkeit abgeben, zum Zeitpunkt der Abgabe an die Öffentlichkeit.

(3)   Um die Echtheit des individuellen Erkennungsmerkmals eines Arzneimittels zu überprüfen und dieses individuelle Erkennungsmerkmal zu deaktivieren, verbinden sich die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Personen über den nationalen oder supranationalen Datenspeicher für den Mitgliedstaat, für den ihre Ermächtigung oder Befugnis gilt, mit dem in Artikel 31 genannten Datenspeicher- und ‑abrufsystem.“

24

Art. 30 („Von Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind, im Fall einer mutmaßlichen Fälschung zu ergreifende Maßnahmen“) der Delegierten Verordnung 2016/161 hat folgenden Wortlaut:

„Haben zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigte oder befugte Personen Grund zur Annahme, dass die Verpackung des Arzneimittels manipuliert wurde, oder ergibt die Überprüfung der Sicherheitsmerkmale, dass das Arzneimittel nicht echt sein könnte, so geben diese zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Personen das Arzneimittel nicht an die Öffentlichkeit ab und informieren unverzüglich die zuständigen Behörden.“

25

Art. 31 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2016/161 lautet:

„Das Datenspeicher- und ‑abrufsystem, in dem gemäß Artikel 54a Absatz 2 Buchstabe e der Richtlinie [2001/83] die Informationen zu den Sicherheitsmerkmalen erfasst sind, wird von einer nicht gewinnorientierten Rechtsperson oder von nicht gewinnorientierten Rechtspersonen eingerichtet und verwaltet, die in der Union von Herstellern und Inhabern der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln, die die Sicherheitsmerkmale tragen, gegründet wurde(n).“

26

Art. 34 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2016/161 bestimmt:

„Erhält der Hub die in Artikel 35 Absatz 4 genannten Informationen, so gewährleistet er die elektronische Verknüpfung der Chargennummern vor und nach dem Neuverpacken oder Neuetikettieren mit den deaktivierten individuellen Erkennungsmerkmalen und den angebrachten gleichwertigen individuellen Erkennungsmerkmalen.“

27

Art. 35 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2016/161 sieht vor:

„Für jede Charge neu verpackter oder neu etikettierter Arzneimittelpackungen, die für die Zwecke des Artikels 47a der Richtlinie [2001/83] mit gleichwertigen individuellen Erkennungsmerkmalen versehen wurden, meldet die für das Inverkehrbringen des Arzneimittels verantwortliche Person die Chargennummer(n) der neu zu verpackenden oder neu zu etikettierenden Packungen sowie die individuellen Erkennungsmerkmale dieser Packungen an den Hub. Des Weiteren meldet sie dem Hub die Chargennummer der sich aus dem Neuverpacken oder der Neuetikettierung ergebenden Charge sowie die gleichwertigen individuellen Erkennungsmerkmale in dieser Charge.“

28

Gemäß ihrem Art. 50 Abs. 2 gilt die Delegierte Verordnung 2016/161 ab dem 9. Februar 2019.

Deutsches Recht

29

§ 10 Abs. 1c des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln vom 24. August 1976 (BGBl. 1976 I S. 2445) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. 2005 I S. 3394), geändert durch Gesetz vom 19. Oktober 2012 (BGBl. 2012 I S. 2192), lautet:

„Bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, sind auf den äußeren Umhüllungen Sicherheitsmerkmale sowie eine Vorrichtung zum Erkennen einer möglichen Manipulation der äußeren Umhüllung anzubringen, sofern dies durch Artikel 54a der [Richtlinie 2001/83] vorgeschrieben oder auf Grund von Artikel 54a der [Richtlinie 2001/83] festgelegt wird.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

30

Bayer ist Inhaberin der deutschen Marke Androcur, die sie für Arzneimittel benutzt.

31

kohlpharma vertreibt in Deutschland aus anderen Mitgliedstaaten der Union parallelimportierte Arzneimittel.

32

Mit Schreiben vom 28. Januar 2019 kündigte kohlpharma gegenüber Bayer an, dass sie das Arzneimittel „Androcur 50 mg“ aus den Niederlanden in der Packungsgröße mit 50 Filmtabletten importieren werde, um es in Deutschland in den Packungsgrößen mit 50 und mit 100 Filmtabletten zu vertreiben. Später teilte kohlpharma Bayer mit, dass die auf der äußeren Umhüllung dieses Arzneimittels angebrachte Vorrichtung gegen Manipulation für die Zwecke dieser Einfuhr aufgebrochen und diese Umhüllung somit ersetzt werden müsse.

33

Bayer widersetzte sich der geplanten Neuverpackung mit der Begründung, dass die Verwendung einer neuen Umhüllung über das hinausgehe, was für das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels in Deutschland erforderlich sei.

34

Aus der Richtlinie 2011/62 und der Delegierten Verordnung 2016/161 gehe hervor, dass der Rückgriff auf eine neue Etikettierung oder eine neue Umhüllung dem Parallelimporteur zur Verfügung stehende Alternativen seien, die gleichwertige sicherheitstechnische Garantien böten. Im vorliegenden Fall sei die Erforderlichkeit einer neuen Umhüllung aber nicht erwiesen, da eine Neuetikettierung objektiv ausreichen würde, um den Marktzugang der betroffenen Ware sicherzustellen.

35

kohlpharma hält eine Neuetikettierung der Originalverpackung wegen der Manipulationsspuren, die durch die Entfernung der Originalvorrichtung gegen Manipulation verursacht würden und nach der Öffnung der neu etikettierten Originalverpackung sichtbar blieben, für ungeeignet.

36

Da die Großhändler und Apotheker nunmehr verpflichtet seien, zu erkennen, ob die äußere Umhüllung manipuliert worden sei, könne nämlich nur durch eine neue äußere Umhüllung verhindert werden, dass diese die Abgabe des betreffenden Arzneimittels ablehnten. Obwohl eine Neuetikettierung 25 % billiger sei als das Umpacken in eine neue Umhüllung sollte Letzterer der Vorzug gegeben werden, da sie von den Angehörigen der Gesundheitsberufe und den Verbrauchern eher akzeptiert würde. Die Verwendung von Originalumhüllungen mit Beschädigungsspuren behindere die Möglichkeit des Zugangs zum deutschen Apotheken- und Großhandelsmarkt erheblich.

37

Das vorlegende Gericht fragt sich erstens, ob sich aus den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2011/62 und der Delegierten Verordnung 2016/161 ergibt, dass ein Umpacken in eine neue Umhüllung nunmehr einer Neuetikettierung eines Arzneimittels vorzuziehen sei.

38

Zweitens fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Wahl zwischen einer Neuetikettierung und einer neuen Umhüllung Sache des Parallelimporteurs ist.

39

Drittens fragt sich das vorlegende Gericht nach der Tragweite des Vorbringens, dass Fachkreise und Endabnehmer durch Öffnungsspuren auf der Umhüllung eines Arzneimittels abgeschreckt oder verunsichert sein könnten.

40

Viertens hat das vorlegende Gericht Zweifel in Bezug auf die Praxis der zuständigen nationalen Behörden einiger Mitgliedstaaten, darunter des Königreichs Schweden, die neuen Vorschriften über den Schutz gegen Fälschungen dahin auszulegen, dass im Fall von Parallelimporten von Arzneimitteln die Umhüllung generell ersetzt werden muss, wenn die auf der Originalumhüllung angebrachte Vorrichtung gegen Manipulation aufgebrochen worden ist.

41

Unter diesen Umständen hat das Landgericht Hamburg (Deutschland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 47a der Richtlinie 2001/83 so auszulegen, dass bei parallelimportierten Produkten von einer Gleichwertigkeit der Maßnahmen bei der Entfernung und Neuanbringung der Sicherheitsmerkmale nach Art. 54 Buchst. o der Richtlinie 2001/83 ausgegangen werden kann, die entweder im Wege eines „relabelling“ (Verwendung von Klebeetiketten auf der Originalsekundärverpackung) oder im Wege eines „reboxing“ (Herstellung einer neuen Arzneimittelsekundärverpackung) durch den Parallelimporteur erfolgt, wenn beide Maßnahmen im Übrigen allen Anforderungen der Richtlinie 2011/62 und der Delegierten Verordnung 2016/161 entsprechen und gleichermaßen geeignet sind, die Echtheit und die Identität von Arzneimitteln nachzuprüfen sowie den Nachweis der Manipulation von Arzneimitteln zu ermöglichen?

2.

Falls die erste Frage zu bejahen ist: Kann sich der Inhaber einer Marke dem Umpacken der Ware in eine neue äußere Verpackung („reboxing“) durch einen Parallelimporteur unter Berücksichtigung der neuen Regelungen zum Fälschungsschutz widersetzen, wenn es dem Parallelimporteur ebenfalls möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Packung zu schaffen, indem er lediglich neue Klebeetiketten auf der Originalsekundärverpackung („relabelling“) anbringt?

3.

Falls die zweite Frage zu bejahen ist: Ist es unschädlich, wenn im Falle des „relabelling“ für den angesprochenen Verkehr ersichtlich ist, dass ein Sicherheitsmerkmal des Originalanbieters beschädigt wurde, solange sichergestellt ist, dass der Parallelimporteur hierfür verantwortlich ist und dieser auf der Originalsekundärverpackung ein neues Sicherheitsmerkmal angebracht hat? Macht es hierbei einen Unterschied, ob die Öffnungsspuren erst sichtbar werden, wenn die Arzneimittelsekundärverpackung geöffnet wird?

4.

Bei Bejahung der zweiten und/oder der dritten Frage: Ist die objektive Erforderlichkeit einer Umverpackung durch „reboxing“ im Sinne der fünf Erschöpfungsvoraussetzungen für das Umpacken (vgl. Urteile vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a.,C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 79, und vom 26. April 2007, Boehringer Ingelheim u. a.,C‑348/04, EU:C:2007:249, Rn. 21) gleichwohl zu bejahen, wenn die nationalen Behörden in ihren aktuellen Leitfäden zur Umsetzung der Vorgaben der Fälschungsschutzrichtlinie oder anderen entsprechenden behördlichen Verlautbarungen bekunden, dass im Normalfall ein Wiederversiegeln von geöffneten Verpackungen nicht oder zumindest nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen akzeptiert werde?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

42

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 47a der Richtlinie 2001/83 dahin auszulegen ist, dass, sofern alle in diesem Artikel genannten Anforderungen erfüllt sind, das Umpacken in eine neue Umhüllung und die Neuetikettierung von parallelimportierten Arzneimitteln in Bezug auf die gleichermaßen gegebene Geeignetheit der in Art. 54 Buchst. o dieser Richtlinie genannten Sicherheitsmerkmale gleichwertige Formen des Umpackens sind, ohne dass die eine Form der anderen vorgeht.

43

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber, wie sich aus den Erwägungsgründen 2 und 3 der Richtlinie 2011/62 in Verbindung mit dem ersten Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2016/161 ergibt, diese Richtlinie erlassen hat, um der wachsenden Bedrohung für die menschliche Gesundheit durch die gefälschten Arzneimittel dadurch zu begegnen, dass in die Richtlinie 2001/83 Maßnahmen zur Verhinderung des Eindringens gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette aufgenommen wurden.

44

Die Richtlinie 2011/62 hat daher in Art. 54 der Richtlinie 2001/83 mit Buchst. o eine Bestimmung eingefügt, wonach die äußere Umhüllung oder – sofern nicht vorhanden – die Primärverpackung der Arzneimittel, außer der radioaktiven Arzneimittel gemäß Art. 54a Abs. 1 dieser Richtlinie, mit Sicherheitsmerkmalen versehen sein muss, die es Großhändlern und Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind, ermöglichen, die Echtheit des betreffenden Arzneimittels zu überprüfen, einzelne Packungen zu identifizieren und zu überprüfen, ob die äußere Umhüllung dieses Arzneimittels manipuliert worden ist.

45

Gemäß Art. 54a Abs. 2 der Richtlinie 2001/83 legt die Delegierte Verordnung 2016/161 die näheren Bestimmungen für die Sicherheitsmerkmale fest. Im ersten Erwägungsgrund dieser Delegierten Verordnung werden zwei Arten von Sicherheitsmerkmalen genannt, nämlich zum einen ein individuelles Erkennungsmerkmal und zum anderen eine Vorrichtung gegen Manipulation. Aus Art. 3 Abs. 2 Buchst. a und b der Delegierten Verordnung 2016/161 in Verbindung mit ihrem 15. Erwägungsgrund geht hervor, dass die Überprüfung der Echtheit des individuellen Erkennungsmerkmals darauf abzielt, sicherzustellen, dass das Arzneimittel vom rechtmäßigen Hersteller stammt, während die Überprüfung der Unversehrtheit der Vorrichtung gegen Manipulation zeigt, ob die Verpackung geöffnet oder verändert wurde; auf diese Weise wird gewährleistet, dass der Inhalt der Packung echt ist, wobei die Überprüfung dieser beiden Sicherheitsmerkmale erforderlich ist, um die Echtheit eines Arzneimittels entlang der gesamten Lieferkette zu gewährleisten.

46

Insbesondere verpflichtet Art. 25 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2016/161 die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Personen, diese Sicherheitsmerkmale zu überprüfen. Ferner untersagen die Art. 24 und 30 der Delegierten Verordnung Großhändlern und zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Personen die Abgabe eines Arzneimittels, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass seine Verpackung manipuliert wurde.

47

Im Übrigen sieht Art. 47a Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 vor, dass diese Sicherheitsmerkmale nur unter strengen Voraussetzungen, die die Echtheit des Arzneimittels und das Fehlen jeder Manipulation gewährleisten sollen, entfernt oder überdeckt werden dürfen.

48

Insbesondere ergibt sich aus Art. 47a Abs. 1 Buchst. b, dass zu diesen Voraussetzungen gehört, dass die in Rede stehenden Sicherheitsmerkmale durch „gleichwertige“ Sicherheitsmerkmale ersetzt werden müssen. Nach dieser Bestimmung muss ein Sicherheitsmerkmal, um als gleichwertig gelten zu können, insbesondere gleichermaßen geeignet sein, die Echtheit und die Identität betroffener Arzneimittel nachzuprüfen sowie den Nachweis ihrer Manipulation zu ermöglichen.

49

Somit ergibt sich aus dieser Bestimmung unter Berücksichtigung des zwölften Erwägungsgrundes der Richtlinie 2011/62, dass der Unionsgesetzgeber, der ausdrücklich die Möglichkeit der „Ersetzung“ der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils genannten Sicherheitsmerkmale vorgesehen hat, nicht die nochmalige Verwendung der äußeren Originalumhüllungen verhindern wollte, selbst wenn diese mit diesen Sicherheitsmerkmalen versehen waren. Diese Auslegung wird durch Art. 34 Abs. 4 und Art. 35 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2016/161 bestätigt, wonach ein gleichwertiges individuelles Erkennungsmerkmal sowohl auf einer umgepackten Packung als auch auf einer neu etikettierten Packung angebracht werden kann.

50

Allerdings ergibt sich aus Art. 47a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2001/83, dass im Einklang mit dem Zweck der Richtlinie 2011/62, der, wie sich aus ihrem 29. Erwägungsgrund ergibt, darin besteht, das Eindringen von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette zu verhindern, eine solche nochmalige Verwendung nur unter der Voraussetzung möglich ist, dass die ursprünglichen Sicherheitsmerkmale durch solche ersetzt werden können, die gleichermaßen geeignet sind, die Echtheit und die Identität der betroffenen Arzneimittel nachzuprüfen sowie den Nachweis ihrer Manipulation zu ermöglichen.

51

Unter diesen Umständen und da die Richtlinie 2001/83 und die Delegierte Verordnung 2016/161 keine Bestimmung enthalten, die darauf hinweist, dass eine Form des Umpackens gegenüber der anderen bevorzugt werden müsste, ist davon auszugehen, dass, sofern alle in Art. 47a dieser Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind, das Umpacken in eine neue Umhüllung und die Neuetikettierung von parallelimportierten Arzneimitteln in Bezug auf die Geeignetheit der Sicherheitsmerkmale gleichwertige Formen des Umpackens sind.

52

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 47a der Richtlinie 2001/83 dahin auszulegen ist, dass, sofern alle in diesem Artikel genannten Anforderungen erfüllt sind, das Umpacken in eine neue Umhüllung und die Neuetikettierung von parallelimportierten Arzneimitteln in Bezug auf die gleichermaßen gegebene Geeignetheit der in Art. 54 Buchst. o dieser Richtlinie genannten Sicherheitsmerkmale gleichwertige Formen des Umpackens darstellen, ohne dass die eine Form der anderen vorgeht.

Zur zweiten Frage

53

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie 2015/2436 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn eine Neuetikettierung des betreffenden Arzneimittels unter Beachtung der Anforderungen des Art. 47a der Richtlinie 2001/83 den Vertrieb des betreffenden Arzneimittels im Einfuhrmitgliedstaat ebenfalls ermöglichen würde.

54

Nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436 erwirbt mit der Eintragung einer Marke ihr Inhaber ein ausschließliches Recht an ihr, das es diesem Inhaber nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a gestattet, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit dieser Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist.

55

Dieses ausschließliche Recht des Markeninhabers wurde gewährt, um ihm den Schutz seiner spezifischen Interessen als Inhaber dieser Marke zu ermöglichen, d. h., um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktionen erfüllen kann. Die Ausübung dieses Rechts muss somit auf Fälle beschränkt bleiben, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann. Zu diesen Funktionen gehören nicht nur die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber den Verbrauchern, sondern auch ihre anderen Funktionen, wie insbesondere die Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder dieser Dienstleistung oder die Kommunikations‑, Investitions- oder Werbefunktion (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juli 2018, Mitsubishi Shoji Kaisha und Mitsubishi Caterpillar Forklift Europe, C‑129/17, EU:C:2018:594, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Nach ständiger Rechtsprechung kann indessen ein Umpacken der mit der Marke versehenen Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Inhabers dieser Marke tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie dieser Ware begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2018, Junek Europ-Vertrieb, C‑642/16, EU:C:2018:322, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei der Begriff des Umpackens im Sinne dieser Rechtsprechung die Neuetikettierung umfasst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2018, Junek Europ-Vertrieb, C‑642/16, EU:C:2018:322, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57

Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436 gewährt die Marke ihrem Inhaber jedoch nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Union in den Verkehr gebracht worden sind. Diese Bestimmung soll die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt in Einklang bringen (vgl. entsprechend zu Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [ABl. 2008, L 299, S. 25] Urteil vom 20. Dezember 2017, Schweppes, C‑291/16, EU:C:2017:990, Rn. 35).

58

Insbesondere geht aus Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2015/2436 hervor, dass der Widerspruch des Markeninhabers gegen das Umpacken, der eine Abweichung vom Grundsatz des freien Warenverkehrs darstellt, nicht zulässig ist, wenn die Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 36 Satz 2 AEUV darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Mai 2018, Junek Europ-Vertrieb, C‑642/16, EU:C:2018:322, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Markenrecht dient nämlich nicht dazu, den Markeninhabern die Möglichkeit zu geben, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung der eventuellen Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern (Urteil vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 46).

59

Eine solche verschleierte Beschränkung im Sinne von Art. 36 Satz 2 AEUV liegt vor, wenn der Markeninhaber durch die Ausübung seines Rechts, sich dem Umpacken zu widersetzen, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt und wenn das Umpacken zudem unter Beachtung der berechtigten Interessen des Markeninhabers erfolgt; dies setzt insbesondere voraus, dass das Umpacken den Originalzustand des Arzneimittels nicht beeinträchtigt und den Ruf der Marke nicht schädigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. November 2016, Ferring Lægemidler, C‑297/15, EU:C:2016:857, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 17. Mai 2018, Junek Europ-Vertrieb, C‑642/16, EU:C:2018:322, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60

Jedoch kann sich der Markeninhaber dem Vertrieb von durch einen Importeur umgepackten Waren unter seiner Marke unter Berufung auf die Marke nicht widersetzen, was bedeutet, dass dem Importeur damit eine bestimmte Befugnis eingeräumt wird, die unter normalen Umständen dem Markeninhaber selbst vorbehalten ist. Daher ist im Interesse des Markeninhabers als des Eigentümers der Marke und zu dessen Schutz vor Missbrauch diese Befugnis dem betreffenden Importeur nur insoweit zuzuerkennen, als er bestimmte weitere Erfordernisse beachtet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2011, Orifarm u. a., C‑400/09 und C‑207/10, EU:C:2011:519, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61

So kann sich nach ständiger Rechtsprechung der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten und mit seiner Marke versehenen Arzneimittels in einem Mitgliedstaat rechtmäßig widersetzen, wenn der Importeur es umgepackt und diese Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn,

es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde;

es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;

auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem die Ware umgepackt worden ist und wer deren Hersteller ist;

das umgepackte Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann;

der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2018, Junek Europ-Vertrieb, C‑642/16, EU:C:2018:322, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Was insbesondere die erste der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils aufgeführten Voraussetzungen angeht, hat der Gerichtshof entschieden, dass es zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt, wenn sich der Inhaber der Marke einem Umpacken von Arzneimitteln widersetzt, das erforderlich ist, um das parallelimportierte Erzeugnis im Einfuhrmitgliedstaat vermarkten zu können (Urteil vom 26. April 2007, Boehringer Ingelheim u. a., C‑348/04, EU:C:2007:249, Rn. 18).

63

Diese Voraussetzung der Erforderlichkeit ist insbesondere dann erfüllt, wenn Regelungen oder Praktiken im Einfuhrmitgliedstaat den Vertrieb dieser Ware auf dem Markt dieses Mitgliedstaats in der gleichen Verpackung, in der diese Ware im Ausfuhrmitgliedstaat vertrieben wird, verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Boehringer Ingelheim u. a., C‑348/04, EU:C:2007:249, Rn. 36).

64

Dagegen ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, wenn das Umpacken der Ware seinen Grund ausschließlich darin hat, dass der Parallelimporteur einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen möchte (Urteil vom 26. April 2007, Boehringer Ingelheim u. a., C 348/04, EU:C:2007:249, Rn. 37).

65

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs betrifft die in Rede stehende Voraussetzung der Erforderlichkeit sowohl das Umpacken der Ware als solches als auch die Wahl zwischen Neuverpackung und Neuetikettierung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Boehringer Ingelheim u. a., C‑348/04, EU:C:2007:249, Rn. 38). Denn da die Anerkennung des Rechts eines Parallelhändlers, eine mit einer Marke versehene Ware ohne Zustimmung des Inhabers dieser Marke in einer neuen Verpackung zu vertreiben, ihm eine Befugnis einräumen würde, die normalerweise dem Markeninhaber vorbehalten ist, nämlich diese Marke auf dieser neuen Verpackung anzubringen, ist, wie der Generalanwalt in Nr. 118 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dieses Umpacken in eine neue Verpackung ein gravierenderer Eingriff in die Befugnisse des Markeninhabers als der Vertrieb der Ware in ihrer neu etikettierten Originalverpackung.

66

So hat der Gerichtshof entschieden, dass sich der Markeninhaber dem Umpacken durch Ersetzung der Umhüllung widersetzen kann, wenn es dem Parallelimporteur möglich ist, die Originalpackung für den Vertrieb im Einfuhrmitgliedstaat nochmals zu verwenden, indem er auf dieser Packung Etiketten anbringt (Urteil vom 23. April 2002, Boehringer Ingelheim u. a., C‑143/00, EU:C:2002:246, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedoch kann sich der Inhaber einer Marke diesem Umpacken durch den Parallelimporteur nur widersetzen, wenn das neu etikettierte Arzneimittel tatsächlich Zugang zum betreffenden Markt erlangen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2002, Boehringer Ingelheim u. a., C‑143/00, EU:C:2002:246, Rn. 50).

67

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Voraussetzung der Erforderlichkeit eines Umpackens unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Vertriebs im Einfuhrmitgliedstaat bestehenden Gegebenheiten zu prüfen, die das Umpacken objektiv erforderlich machen, damit das betreffende Arzneimittel vom Parallelimporteur in diesem Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht werden kann (Urteil vom 10. November 2016, Ferring Lægemidler, C‑297/15, EU:C:2016:857, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie 2015/2436 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn eine Neuetikettierung des betreffenden Arzneimittels unter Beachtung der Anforderungen des Art. 47a der Richtlinie 2001/83 objektiv möglich ist und das in dieser Weise neu etikettierte Arzneimittel tatsächlich Zugang zum Markt des Einfuhrmitgliedstaats erlangen könnte.

Zur dritten Frage

69

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie 2015/2436 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn die Ersetzung der Vorrichtung gegen Manipulation der äußeren Originalumhüllung im Zuge einer Neuetikettierung dieses Arzneimittels sichtbare Öffnungsspuren auf dieser Umhüllung hinterlassen würde und kein Zweifel daran bestehen würde, dass diese Öffnungsspuren auf das so durchgeführte Umpacken dieses Arzneimittels durch diesen Parallelimporteur zurückzuführen sind.

70

Wie sich aus den Rn. 61 bis 63 des vorliegenden Urteils ergibt, kann sich der Inhaber einer Marke dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur nicht widersetzen, wenn ein solches Umpacken erforderlich ist, um das parallelimportierte Erzeugnis im Einfuhrmitgliedstaat vermarkten zu können.

71

Wie sich nämlich aus Rn. 58 des vorliegenden Urteils ergibt, würde die Ausübung des ihm durch die Marke verliehenen Rechts, sich diesem Umpacken zu widersetzen, durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 36 Satz 2 AEUV darstellen, da sie unter Verkennung des Zwecks des Markenrechts dazu beitragen würde, die nationalen Märkte innerhalb der Union künstlich abzuschotten und dadurch die Beibehaltung der eventuellen Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

72

Erstens wäre dies insbesondere dann der Fall, wenn die Vorrichtung gegen Manipulation, mit dem die äußere Umhüllung dieses Arzneimittels versehen ist, objektiv nicht durch eine gleichwertige Vorrichtung im Sinne von Art. 47a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 ersetzt werden könnte und dadurch der Vertrieb dieses Arzneimittels in seiner neuetikettierten Originalverpackung im Einfuhrmitgliedstaat verhindert werden würde.

73

Was insoweit das Vorhandensein von Spuren der Öffnung der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels angeht, die durch die Ersetzung einer Vorrichtung gegen Manipulation verursacht worden sind, ist festzustellen, dass nach Art. 47a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/83 der Inhaber der Herstellungserlaubnis – die, wie sich aus Art. 40 Abs. 2 dieser Richtlinie ergibt, jeder Akteur in der Lieferkette, der Arzneimittel abpackt, besitzen muss – vor der teilweisen oder vollständigen Entfernung oder Überdeckung der Sicherheitsmerkmale prüfen muss, ob das betreffende Arzneimittel echt ist und nicht manipuliert worden ist.

74

So muss nach Art. 47a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 eine Ersatzvorrichtung gegen Manipulation in gleichem Maße wie die Originalvorrichtung gegen Manipulation geeignet sein, nachzuprüfen, dass die äußere Umhüllung eines Arzneimittels zwischen dem Zeitpunkt des Umpackens dieses Arzneimittels und dem Zeitpunkt seiner Abgabe an die Öffentlichkeit nicht rechtswidrig geöffnet worden ist.

75

Folglich kann das Vorhandensein von Spuren der Öffnung der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels, die eindeutig auf dessen Umpacken zurückzuführen sind, nicht die Gleichwertigkeit der Ersatzvorrichtung gegen Manipulation beeinträchtigen, sofern alle Akteure der Lieferkette und der Endverbraucher mit Sicherheit feststellen können, dass diese Spuren nicht auf eine Manipulation dieses Arzneimittels zurückzuführen sind.

76

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus der in Rn. 61 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, auf der neuen Umhüllung der betroffenen Ware klar angegeben sein muss, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist, so dass die nachfolgenden Akteure in der Lieferkette die Herkunft der Spuren der Öffnung dieser Umhüllung dem Umpacken dieser Ware durch einen Parallelimporteur zuordnen können.

77

Zudem ist das Vorhandensein solcher Spuren unvermeidlich, da die Funktion der Vorrichtung gegen Manipulation gerade darin besteht, jede Öffnung der Umhüllung, auf der sie angebracht ist, aufzuzeigen. Unter diesen Umständen würde eine andere als die in Rn. 75 des vorliegenden Urteils vorgenommene Auslegung die Neuetikettierung eines Arzneimittels praktisch unmöglich machen, wodurch die Bestimmungen der Richtlinie 2001/83 und der Delegierten Verordnung 2016/161, die, wie in Rn. 49 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, eine solche Neuetikettierung zulassen, daher ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würden.

78

Daher reichen für die Annahme, dass die Ersatzvorrichtung gegen Manipulation nicht im Sinne von Art. 47a Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 2001/83 gleichwertig ist, mögliche Öffnungsspuren auf der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels für sich genommen nicht aus, sofern bei Großhändlern und zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Personen kein Zweifel besteht, dass diese Öffnungsspuren auf das Umpacken dieses Arzneimittels durch einen Parallelimporteur zurückzuführen sind.

79

In Anbetracht der Erwägungen in den Rn. 70 bis 72 des vorliegenden Urteils ist daher davon auszugehen, dass das Vorhandensein solcher Spuren unter den in der vorstehenden Randnummer beschriebenen Umständen den Markeninhaber nicht daran hindert, sich dem Umpacken eines mit dieser Marke versehenen Arzneimittels in eine neue Umhüllung zu widersetzen.

80

Diese Auslegung wird durch die Hauptfunktion der Marke bestätigt, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit einer Marke versehenen Ware zu garantieren, indem ihm ermöglicht wird, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Diese Herkunftsgarantie schließt ein, dass der Verbraucher oder Endabnehmer sicher sein darf, dass an einer mit einer Marke versehenen Ware nicht auf einer früheren Vermarktungsstufe durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers ein Eingriff vorgenommen worden ist, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 47).

81

Besteht für die Verbraucher indes kein Zweifel daran, dass die Spuren der Öffnung der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels auf dessen Umpacken durch einen Parallelimporteur zurückzuführen sind, ist die Herkunftsgarantie für dieses Arzneimittel gewährleistet.

82

Zweitens hat der Gerichtshof festgestellt, dass auch dann ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt eines Mitgliedstaats vorliegt, das ein Umpacken durch Ersetzung der Umhüllung erforderlich machen könnte, wenn auf diesem Markt oder einem beträchtlichen Teil dieses Marktes ein derart starker Widerstand eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen neu etikettierte Arzneimittel besteht, dass von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt auszugehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2002, Boehringer Ingelheim u. a., C‑143/00, EU:C:2002:246, Rn. 52).

83

Ebenso ist, wenn ein erheblicher Teil der Verbraucher des Einfuhrmitgliedstaats es ablehnt, ein Arzneimittel zu erwerben, dessen äußere Umhüllung sichtbare Öffnungsspuren aufweist, die durch die im Einklang mit Art. 47a Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 vorgenommene Ersetzung der vorhandenen Vorrichtung gegen Manipulation durch eine gleichwertige Vorrichtung verursacht worden sind, von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang dieses Arzneimittels zum Markt dieses Mitgliedstaats auszugehen, so dass das Umpacken des Arzneimittels in eine neue äußere Umhüllung als für seinen Vertrieb in diesem Mitgliedstaat erforderlich anzusehen ist.

84

Unter den in der vorstehenden Randnummer beschriebenen Umständen ist daher der Widerspruch des Markeninhabers gegen ein solches Umpacken nicht zulässig, da er zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beitragen würde.

85

Wie der Generalanwalt in Nr. 139 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, kann sich ein Parallelimporteur jedoch nicht auf eine allgemeine Vermutung eines Widerstands der Verbraucher gegen neu etikettierte Arzneimittel, deren Vorrichtung gegen Manipulation ersetzt wurde, berufen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich, dass dieser etwaige Widerstand und sein Ausmaß konkret zu beurteilen sind, wobei insbesondere die im Einfuhrmitgliedstaat zum Zeitpunkt der Vermarktung des betreffenden Arzneimittels bestehenden Gegebenheiten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2016, Ferring Lægemidler, C‑297/15, EU:C:2016:857, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung) und der Umstand, dass die Öffnungsspuren sichtbar sind oder im Gegenteil erst nach einer eingehenden Überprüfung durch Großhändler oder durch zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigte oder befugte Personen in Erfüllung ihrer Überprüfungspflicht gemäß den Art. 10, 24 und 30 der Delegierten Verordnung 2016/161 erkennbar sind, zu berücksichtigen sind.

86

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie 2015/2436 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn die sichtbaren Spuren der Öffnung der äußeren Originalumhüllung, die gegebenenfalls durch eine Neuetikettierung dieses Arzneimittels verursacht wurden, eindeutig auf das so durchgeführte Umpacken durch diesen Parallelimporteur zurückzuführen sind, es sein denn, diese Spuren rufen auf dem Markt des Einfuhrmitgliedstaats oder auf einem beträchtlichen Teil dieses Marktes einen derart starken Widerstand eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen die so umgepackten Arzneimittel hervor, dass er ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zu diesem Markt darstellen würde, was für jeden Einzelfall festzustellen ist.

Zur vierten Frage

87

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie 2015/2436 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn die zur Umsetzung der Richtlinie 2001/83 erlassenen nationalen Leitfäden zu den Sicherheitsmerkmalen vorsehen, dass eine Wiederverwendung der Originalumhüllung nicht oder zumindest nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen akzeptiert wird.

88

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das mit Art. 267 AEUV eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten die Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten benötigen (Urteil vom 12. März 1998, Djabali, C‑314/96, EU:C:1998:104, Rn. 17, und Beschluss vom 3. Dezember 2020, Fedasil, C‑67/20 bis C‑69/20, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1024, Rn. 18).

89

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung streitet eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen des nationalen Gerichts, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Vorabentscheidungsersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 22. Februar 2022, Stichting Rookpreventie Jeugd u. a., C‑160/20, EU:C:2022:101, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90

Die dem Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens übertragene Aufgabe besteht nämlich darin, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben (vgl. u. a. Urteile vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C‑112/00, EU:C:2003:333, Rn. 32, und vom 15. September 2011, Unió de Pagesos de Catalunya, C‑197/10, EU:C:2011:590, Rn. 18).

91

Es ist festzustellen, dass die Umstände des Ausgangsverfahrens offensichtlich nicht dem Sachverhalt entsprechen, den das vorlegende Gericht im Rahmen seiner vierten Frage angeführt hat.

92

Zum einen wurde nämlich in Rn. 40 des vorliegenden Urteils dargelegt, dass sich das vorlegende Gericht mit dieser Frage auf Leitfäden bezieht, die von den Behörden anderer Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland erlassen wurden.

93

Zum anderen ist der Vorlageentscheidung in keiner Weise zu entnehmen, dass die deutschen Behörden Leitfäden erlassen hätten, nach denen die Wiederverwendung der Originalumhüllung von parallelimportierten Arzneimitteln nicht oder nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen akzeptiert wird.

94

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der vom vorlegenden Gericht im Rahmen seiner vierten Frage dargestellte Sachverhalt hypothetischer Natur ist.

95

Diese Frage ist daher unzulässig.

Kosten

96

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 47a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass,

sofern alle in diesem Artikel genannten Anforderungen erfüllt sind, das Umpacken in eine neue Umhüllung und die Neuetikettierung von parallel importierten Arzneimitteln in Bezug auf die gleichermaßen gegebene Geeignetheit der in Art. 54 Buchst. o dieser Richtlinie in der durch die Richtlinie 2012/26 geänderten Fassung genannten Sicherheitsmerkmale gleichwertige Formen des Umpackens sind, ohne dass die eine Form der anderen vorgeht.

 

2.

Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken

sind dahin auszulegen, dass

der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn eine Neuetikettierung des betreffenden Arzneimittels unter Beachtung der Anforderungen des Art. 47a der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2012/26 geänderten Fassung objektiv möglich ist und das in dieser Weise neu etikettierte Arzneimittel tatsächlich Zugang zum Markt des Einfuhrmitgliedstaats erlangen könnte.

 

3.

Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 der Richtlinie 2015/2436

sind dahin auszulegen, dass

der Inhaber einer Marke berechtigt ist, sich dem Vertrieb eines Arzneimittels, das in eine neue äußere Umhüllung umgepackt wird, auf der diese Marke angebracht wird, durch einen Parallelimporteur zu widersetzen, wenn die sichtbaren Spuren der Öffnung der äußeren Originalumhüllung, die gegebenenfalls durch eine Neuetikettierung dieses Arzneimittels verursacht wurden, eindeutig auf das so durchgeführte Umpacken durch diesen Parallelimporteur zurückzuführen sind, es sein denn, diese Spuren rufen auf dem Markt des Einfuhrmitgliedstaats oder auf einem beträchtlichen Teil dieses Marktes einen derart starken Widerstand eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen die so umgepackten Arzneimittel hervor, dass er ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zu diesem Markt darstellen würde, was für jeden Einzelfall festzustellen ist.

 

Regan

Gratsias

Ilešič

Jarukaitis

Csehi

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. November 2022.

Der Kanzler

A. Calot Escobar

Der Kammerpräsident

E. Regan


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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