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Document 62020CC0588

Schlussanträge der Generalanwältin L. Medina vom 24. Februar 2022.
Landkreis Northeim gegen Daimler AG.
Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Hannover.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Kartelle – Art. 101 AEUV – Klagen auf Schadensersatz für Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Union – Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Vergleichsverfahren – Von der Zuwiderhandlung betroffene Produkte – Sonderfahrzeuge – Müllfahrzeuge.
Rechtssache C-588/20.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:130

 SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

LAILA MEDINA

vom 24. Februar 2022 ( 1 )

Rechtssache C‑588/20

Landkreis Northeim

gegen

Daimler AG,

Beteiligte:

Iveco Magirus AG,

TRATON SE, vormals MAN SE,

MAN Truck & Bus AG,

MAN Truck & Bus Deutschland GmbH,

Schönmackers Umweltdienste GmbH & Co. KG

(Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Hannover, Deutschland)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Anspruch auf Ersatz des durch eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Praxis entstandenen Schadens – Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen – Kommissionsbeschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Vergleichsverfahren – Von der Zuwiderhandlung betroffene Produkte – Lastkraftwagen – Sonderfahrzeuge – Müllfahrzeuge“

1.

Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Hannover (Deutschland) betrifft die Auslegung des Beschlusses der Kommission vom 19. Juli 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens C(2016) 4673 final – (Sache AT.39824 – Lastkraftwagen) (im Folgenden: Beschluss) ( 2 ). In diesem Beschluss verhängte die Kommission die bisher höchste Kartellgeldbuße in einer Sache, nämlich 2,93 Mrd. Euro (und insgesamt 3,81 Mrd. Euro ( 3 )) gegen Lkw‑Hersteller wegen Absprachen zur künstlichen Erhöhung von Preisen für Lastkraftwagen und die Weitergabe der Kosten für die Einhaltung strengerer Emissionsregeln über einen Zeitraum von 14 Jahren. Das Ersuchen ergeht im Rahmen einer sogenannten „Folgeklage“ zwischen dem Landkreis Northeim (Deutschland) und der Daimler AG (im Folgenden: Daimler). Der Landkreis Northeim fordert von Daimler Ersatz des durch ein nach Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR-Abkommen) verbotenes Verhalten verursachten Schadens im Zusammenhang mit durch ihn von Daimler erworbenen Müllfahrzeugen.

2.

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob der Beschluss dahin auszulegen ist, dass Sonderfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, für die Zwecke dieses Beschlusses unter den Begriff der „von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte“ fallen.

I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

3.

In den Jahren 2006 und 2007 erwarb der Landkreis Northeim (eine Körperschaft des öffentlichen Rechts) im Anschluss an eine Ausschreibung für jeden Erwerb zwei Hausmüllfahrzeuge von Daimler zum Preis von 146740,00 Euro bzw. 146586,58 Euro.

4.

Am 19. Juli 2016 erließ die Europäische Kommission im Rahmen eines Vergleichsverfahrens den Beschluss.

5.

In diesem Beschluss stellte die Kommission fest, dass verschiedene internationale Lkw-Hersteller, einschließlich Daimler, MAN und Iveco Magirus, Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens zuwidergehandelt hatten. Die Zuwiderhandlung bestand in Absprachen über Preise und Bruttolistenpreiserhöhungen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) für Lastkraftwagen zwischen 6 und 16 Tonnen (im Folgenden: mittelschwere Lastkraftwagen) oder Lastkraftwagen über 16 Tonnen (im Folgenden: schwere Lastkraftwagen) sowie zur Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für diese Lastkraftwagen nach den Abgasnormen EURO 3 bis EURO 6. Die Zuwiderhandlung erstreckte sich über den gesamten EWR und bestand vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 (im Folgenden: Kartell).

6.

Nach dem Erlass des Beschlusses erhob der Landkreis Northeim Schadensersatzklage gegen Daimler beim Landgericht Hannover. Diese Klage ist auf Ersatz des wirtschaftlichen Schadens gerichtet, der diesem Landkreis aufgrund der wettbewerbswidrigen Praktiken von Daimler entstanden sein soll. Sie stellt im Verhältnis zu diesem Unternehmen eine „Folgeklage“ dar (eine bei einem nationalen Gericht erhobene Schadensersatzklage nach einem bestandskräftigen Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird).

7.

Nach Ansicht des Landkreises Northeim werden die Müllfahrzeuge, die er von Daimler erworben hat, von der Definition der „Lastwagen“ in diesem Beschluss erfasst. Diese Ansicht stützt sich auf dessen Wortlaut, nach dem Sonderfahrzeuge nicht ausdrücklich ausgenommen seien ( 4 ).

8.

Demgegenüber macht Daimler vor dem vorlegenden Gericht geltend, dass diese Müllfahrzeuge nicht von dem Beschluss erfasst seien, da es sich um Sonderfahrzeuge handle. Sie begründet dies damit, dass die Kommission im Vorfeld des Beschlusses in einem an Daimler gerichteten Auskunftsverlangen vom 30. Juni 2015 (im Folgenden: Auskunftsverlangen von 2015) den Umfang der Untersuchungen präzisiert und dabei mitgeteilt habe, dass der Begriff „Lastkraftwagen“ gebrauchte Lastkraftwagen, Sonderfahrzeuge (z. B. Militärfahrzeuge, Feuerwehrfahrzeuge), weiterverkaufte Aufbauten (sogenannte „add ons“), den Kundendienst sowie sonstige Dienstleistungen und Garantieleistungen nicht umfasse.

9.

In diesem Zusammenhang und im Hinblick auf die Anforderungen nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ( 5 ), wonach Gerichte der Mitgliedstaaten, die über Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen zu befinden haben, die in den Anwendungsbereich von Art. 101 oder Art. 102 AEUV fallen und die bereits Gegenstand einer Entscheidung der Kommission sind, keine Entscheidungen erlassen dürfen, die der Entscheidung der Kommission zuwiderlaufen, hat das vorlegende Gericht Zweifel, welche Produkte Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kartells sind. In Anbetracht des Umstands, dass die Rechtsprechung auf nationaler Ebene in Bezug auf die Frage, ob Sonderfahrzeuge von dem Begriff „Lastwagen“, wie er im Beschluss definiert ist, erfasst sind, nicht einheitlich ist, möchte das vorlegende Gericht insbesondere wissen, ob Müllfahrzeuge von den von diesem Kartell erfassten Produkten ausgenommen sind.

10.

In diesem Zusammenhang hebt das vorlegende Gericht zunächst hervor, dass die Kommission im fünften Erwägungsgrund des Beschlusses festgestellt habe, dass „[v]on der Zuwiderhandlung … Lastkraftwagen zwischen 6 und 16 Tonnen (‚mittelschwere Lkw‘) sowie Lastkraftwagen über 16 Tonnen (‚schwere Lkw‘) [betroffen sind], wobei es sich sowohl um Solofahrzeuge als auch um Sattelzugmaschinen handelt“ und sodann, dass „Lastkraftwagen für militärische Zwecke“ vom Geltungsbereich des Beschlusses ausgenommen seien.

11.

Vor diesem Hintergrund ist das vorlegende Gericht der Auffassung, dass die von der Kommission zur Beschreibung der von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte gewählte Formulierung einerseits so verstanden werden könne, dass grundsätzlich nur „normale“ Lastkraftwagen – abgesehen von solchen für militärische Zwecke – erfasst seien und mangels ausdrücklicher Erwähnung Sonderfahrzeuge einschließlich Müllfahrzeugen von dem von der Kommission verwendeten Begriff „Lastkraftwagen“ ausgenommen seien, da sie dem Begriff „andere Waren“ unterfielen ( 6 ).

12.

Andererseits könne diese Formulierung auch so verstanden werden, dass der Begriff „Lastkraftwagen“ alle Arten von Lastkraftwagen erfasse, also auch alle Arten von Sonderfahrzeugen – ausgenommen solche für militärische Zwecke.

13.

Sodann stelle sich die Frage nach der Auswirkung des Auskunftsverlangens von 2015 auf die Bestimmung der von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte. Insbesondere möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Umstand, dass die Kommission darauf hingewiesen habe, dass der Begriff der Lastkraftwagen im Sinne dieses Ersuchens gebrauchte Lastkraftwagen und Sonderfahrzeuge (insbesondere Militärfahrzeuge, Feuerwehrfahrzeuge) nicht erfasse, impliziere, dass das Vorstehende nur eine beispielhafte, nicht jedoch eine abschließende Aufzählung von Sonderfahrzeugen enthalte.

14.

Schließlich sei der Beschluss nach einem Vergleichsverfahren gefasst worden, das von der Kommission auf Antrag der Verfahrensbeteiligten eingeleitet worden sei. In diesem Zusammenhang hat das Gericht Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen des Umstands, dass der Umfang des wettbewerbswidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit einem solchen Verfahren festgelegt wurde.

15.

Unter diesen Umständen hat das Landgericht Hannover beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist der Beschluss der Kommission vom 19. Juli 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens C(2016) 4673 final – (Sache AT.39824 – Lastkraftwagen) dahin gehend auszulegen, dass auch Sonder-/Spezialfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, von den Feststellungen dieser Kommissionsentscheidung erfasst sind?

16.

Der Landkreis Northeim, die Schönmackers Umweltdienste GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schönmackers), Daimler, TRATON SE (vormals MAN), Iveco Magirus, die österreichische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Alle diese Beteiligten (mit Ausnahme der österreichischen Regierung) haben auch in der Sitzung vor dem Gerichtshof mündliche Ausführungen gemacht.

II. Würdigung

A. Kurze Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten

17.

Der Landkreis Northeim meint erstens, dass das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig sei, weil Daimler von seinem Recht, gegen den Beschluss Klage vor dem Gericht zu erheben, nicht fristgemäß Gebrauch gemacht habe und daher die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses nicht mehr in Frage stellen könne, indem Daimler vor den nationalen Gerichten Klage gegen die innerstaatlichen Maßnahmen zur Durchführung dieses Beschlusses erhebe. Nationale Gerichte seien durch die Bestandskraft eines Unionsrechtsakts gebunden, so dass ein nach der Gültigkeit dieses Beschlusses fragendes Vorabentscheidungsersuchen nicht mehr in Betracht komme.

18.

Schönmackers, die dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Landkreises Northeim beitrat, ist der Ansicht, dass nicht ersichtlich sei, dass das vorlegende Gericht die Beantwortung der vorgelegten Frage für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits für erforderlich halte.

19.

Hilfsweise machen der Landkreis Northeim und Schönmackers im Wesentlichen geltend, dass das Auskunftsverlangen der Kommission für die Auslegung des Beschlusses ohne Belang sei.

20.

Zweitens erklären der Landkreis Northeim und Schönmackers, dass es in dem Beschluss keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass Müllfahrzeuge vom Geltungsbereich des Beschlusses nicht erfasst seien.

21.

Der Landkreis Northeim ist im Übrigen der Ansicht, dass sowohl Lastkraftwagen als auch Sonderfahrzeuge der Kategorie N der Verordnung (EU) 2018/858 ( 7 ) unterfielen. Diese Feststellung werde zudem durch den Umstand bestätigt, dass der Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2019/631 ( 8 ) und derjenige der Verordnung (EU) 2018/956 ( 9 ) grundsätzlich Nutzfahrzeuge in Kategorie N erfassten.

22.

Ferner bestimme sich, wie aus Art. 4 der Richtlinie 2006/126/EG ( 10 ) hervorgehe, die Einteilung der Fahrzeuge in Kategorien ausschließlich auf der Grundlage des Gewichts der Fahrzeuge, der Höchstzahl der Personen, die darin befördert werden können und des Mindestalters, ab dem jemand die Berechtigung zum Führen des Fahrzeuges erlangen könne.

23.

Der Umstand, dass Müllfahrzeuge in die Kategorie „Lastkraftwagen“ gehörten, zeige sich im Übrigen insbesondere durch das vom Kraftfahrt-Bundesamt (Deutschland) erstellte Verzeichnis der Kraftfahrzeuge und ihrer Anhänger. Ein Müllfahrzeug sei darin als „Lkw-Müllwagen“ eingestuft.

24.

Unterstützt durch MAN und Iveco Magirus macht Daimler geltend, dass Sonderfahrzeuge keine Lastkraftwagen im Sinne des Beschlusses seien.

25.

Diese Unternehmen sind im Wesentlichen der Ansicht, dass erstens nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zwischen Lastkraftwagen und Sonderfahrzeugen unterschieden werde, wobei „Lastkraftwagen“ vorwiegend für die Beförderung von Gütern ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge seien, während es sich bei „Sonderfahrzeugen“ um Fahrzeuge handle, die für einen besonderen Verwendungszweck konstruiert und ausgerüstet seien. Zweitens werde der Begriff „Lastkraftwagen“ in verschiedenen Rechtsetzungsakten des Sekundärrechts der Union definiert und verwendet. Die unionsrechtlich vorgegebene Begriffsbestimmung liege den Feststellungen in dem Beschluss zugrunde. Drittens stütze der Wortlaut des Beschlusses nicht die Schlussfolgerung, dass Sonderfahrzeuge hiervon erfasst seien. Viertens seien die im Ausgangsverfahren streitigen Müllfahrzeuge wegen ihres Verwendungszwecks, ihrer Ausstattung und ihrer Besonderheiten nicht für den Gütertransport bestimmt, sondern würden speziell für den Einsatz in der Abfallwirtschaft entwickelt und seien daher nicht von dem Beschluss erfasst. Fünftens trägt Iveco Magirus vor, dass für die Adressatinnen des Beschlusses nicht klar ersichtlich – und erst recht nicht offensichtlich – sei, dass ein nationales Gericht im Rahmen einer Schadensersatzklage annehmen dürfe, dass dieser Beschluss auch Sonderfahrzeuge betreffe. Sechstens macht Iveco Magirus im Wesentlichen geltend, dass der in Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes es bei verbleibenden Zweifeln hinsichtlich des sachlichen Geltungsbereichs des Beschlusses gebiete, diesen eng auszulegen und Sonderfahrzeuge dementsprechend nicht als Lastkraftwagen im Sinne dieses Beschlusses anzusehen.

26.

Die österreichische Regierung und die Kommission machen im Wesentlichen geltend, dass Müllfahrzeuge zu den von dem Kartell und dem Beschluss erfassten Produkten gehörten.

B. Würdigung

1.   Zulässigkeit

27.

Der Landkreis Northeim, der Kläger des Ausgangsverfahrens, und Schönmackers sind im Kern der Meinung, dass sowohl das Vorabentscheidungsersuchen als auch die Vorlagefrage unzulässig seien.

28.

Meines Erachtens ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

29.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn sie – wie hier – die Auslegung des Unionsrechts betreffen ( 11 ).

30.

In der vorliegenden Rechtssache ist das vorlegende Gericht mit einer auf Schadensersatz gerichteten Folgeklage befasst, die auf der Grundlage eines Beschlusses der Kommission erhoben wurde. In diesem Beschluss stellte die Kommission eine Beteiligung mehrerer Unternehmen, einschließlich Daimler, MAN und Iveco Magirus, an einem Lastkraftwagen-Kartell und eine Zuwiderhandlung dieser Unternehmen gegen Art. 101 AEUV sowie Art. 53 des EWR-Abkommens fest ( 12 ).

31.

Das vorlegende Gericht erläutert in der Vorlageentscheidung, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens (der Landkreis Northeim), der zwei Müllfahrzeuge erworben habe, der Ansicht sei, dass diese Lastkraftwagen zu den von der Zuwiderhandlung erfassten Produkten gehörten. Dagegen macht Daimler vor dem vorlegenden Gericht geltend, dass diese Lastkraftwagen Sonderfahrzeuge seien und daher nicht vom sachlichen Geltungsbereich dieses Beschlusses erfasst seien.

32.

Das vorlegende Gericht fragt augenscheinlich nach dem genauen sachlichen Geltungsbereich des Beschlusses und sieht sich außerstande, im Ausgangsverfahren zu entscheiden, ob diese beiden Müllfahrzeuge von dem Beschluss erfasst sind oder nicht.

33.

Daraus folgt, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung des Geltungsbereichs des Beschlusses erforderlich ist, damit es feststellen kann, ob die Schadensersatzklage begründet ist.

34.

Zu dem Vorbringen des Landkreises Northeim in Nr. 17 der vorliegenden Schlussanträge genügt der Hinweis, dass sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, dass Daimler eine der Beklagten des Ausgangsverfahrens in einer vom Landkreis Northeim auf der Grundlage des Beschlusses als Folgeklage erhobenen Schadensersatzklage ist und dass sie die Gültigkeit dieses Beschlusses vor dem vorlegenden Gericht nicht bestreitet.

35.

Im Übrigen erfordert ein Beschluss der Kommission, mit dem das Bestehen eines Kartells festgestellt wurde – wie der hier in Rede stehende –, im Gegensatz zu Beschlüssen der Kommission, mit denen die Rückforderung staatlicher, mit dem Binnenmarkt unvereinbarer Beihilfen angeordnet wird, keine nationalen Maßnahmen zur Durchführung dieses Beschlusses.

36.

Folglich geht es vorliegend lediglich um die Auslegung des Beschlusses.

37.

Schließlich hat der Gerichtshof bereits Kommissionsbeschlüsse auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts ausgelegt, da es sich hierbei um Handlungen eines Unionsorgans im Sinne von Art. 267 AEUV handelt ( 13 ).

2.   Zur Beantwortung der Frage

a)   Einleitung

38.

Wie die Unionsrechtsprechung bereits klargestellt hat, ist zunächst „[i]m Rahmen von Art. 101 Abs. 1 AEUV … eine vorherige Definition des relevanten Marktes … nicht geboten, wenn die streitige Vereinbarung als solche ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgt, d. h., wenn die Kommission ohne vorherige Marktabgrenzung zutreffend zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass die fragliche Vereinbarung den Wettbewerb verfälschte und geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere im Fall der schwerwiegendsten, in Art. 101 Abs. 1 Buchst. a bis e AEUV ausdrücklich verbotenen [Vereinbarungen]“ ( 14 ). Ich bin der Ansicht, dass die vorstehenden Ausführungen jedenfalls in Bezug auf ein Kartell wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende zutreffen.

39.

Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass das Kartell alle Merkmale einer Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens aufwies, das eine Verhinderung, Einschränkung und/oder Verfälschung des Wettbewerbs in Bezug auf Lastkraftwagen im EWR bezweckte ( 15 ).

40.

Darüber hinaus ist in der Unionsrechtsprechung auch klargestellt worden, dass „der Markt, auf den sich eine Entscheidung der Kommission bezieht, mit der ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird, durch die Kartellvereinbarungen und ‑aktivitäten bestimmt wird“ ( 16 ).

41.

Aus der Unionsrechtsprechung folgt nämlich, dass „[d]ie Kommission … den fraglichen Markt nicht willkürlich [auswählt], sondern die Mitglieder des Kartells … ihre wettbewerbswidrigen Handlungen von sich aus auf [die betroffenen Produkte] konzentriert [haben]“ ( 17 ).

42.

Im Lichte dessen und aufgrund des Wesens des Vorabentscheidungsverfahrens ist es weder Sache des Gerichtshofs, den betreffenden Produktmarkt im vorliegenden Fall abzugrenzen, noch muss er überprüfen, ob die Kommission den betreffenden Produktmarkt abgegrenzt hat.

43.

Die Aufgabe des Gerichtshofs besteht in der vorliegenden Rechtssache darin, den Geltungsbereich des Beschlusses zu beurteilen, d. h. festzustellen, welche Produkte wie von der Kommission im Beschluss festgestellt „von der Zuwiderhandlung betroffen“ sind. Insbesondere hat der Gerichtshof zu prüfen, ob aus dem Beschluss hervorgeht, dass Sonderfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, zu den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten gehören.

44.

Einleitend ist festzustellen, dass die verschiedenen Definitionen der Begriffe „Lastkraftwagen“ und „Sonderfahrzeug“ – die in mehreren Sekundärrechtsakten der Union (wie der Richtlinie 97/27/EG ( 18 )) vorkommen –, auf die die Parteien verwiesen haben, ohne Belang sind, da die Kommission sich in dem Beschluss nicht auf solche Rechtsakte/Definitionen gestützt hat und der Beschluss eine eigene Definition der von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte enthält, die für die Beurteilung der vorliegenden Rechtssache maßgeblich ist. Daher sollte der Gerichtshof seine Erwägungen allein auf die spezifischen Definitionen und den Wortlaut des Beschlusses selbst stützen.

b)   Geltungsbereich des Beschlusses

45.

Nach ständiger Rechtsprechung sind „[b]ei der Auslegung einer [Unions‑]vorschrift … nicht nur deren Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch der Zusammenhang, in dem sie steht, und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört“ ( 19 ).

46.

Eine Bestimmung kann jedoch nicht entgegen ihrem klaren und genauen Wortlaut ausgelegt werden ( 20 ).

1) Wortlaut des Beschlusses

47.

Zunächst ist unstreitig, dass der Begriff „Lastwagen“ im Beschluss dem in der Mitteilung der Beschwerdepunkte entspricht mit dem einzigen Unterschied, dass die Kommission in dem Beschluss Lastkraftwagen für militärische Zwecke ausdrücklich ausgenommen hat (wäre dies nicht der Fall gewesen, hätten die Unternehmen vermutlich auf dieser Grundlage den Beschluss angefochten).

48.

Art. 1 des Beschlusses sieht vor: „Durch Abstimmung von Preisen und Bruttopreiserhöhungen im EWR hinsichtlich mittelschwerer und schwerer Lastkraftwagen und des Zeitpunktes und der Weitergabe von Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen, die aufgrund der EURO 3 bis EURO 6 Standards notwendig waren, haben die folgenden Unternehmen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens in den folgenden Zeiträumen verletzt: … c) Daimler AG vom 17. Januar 1997 bis 18. Januar 2011“ (im Folgenden: Zuwiderhandlung).

49.

Art. 1 ist in Verbindung mit dem fünften Erwägungsgrund dieses Beschlusses zu lesen.

50.

Der fünfte Erwägungsgrund lautet: „Von der Zuwiderhandlung betroffen sind Lastkraftwagen zwischen 6 und 16 Tonnen (‚mittelschwere Lkw‘) sowie Lastkraftwagen über 16 Tonnen (‚schwere Lkw‘), wobei es sich sowohl um Solofahrzeuge als auch um Sattelzugmaschinen handelt (im Folgenden werden mittelschwere und schwere Lkw gemeinsam als ‚Lkw‘ bezeichnet) [in Fußnote 5 hierzu heißt es: ‚Ausgenommen Lastkraftwagen für militärische Zwecke‘.]. Nicht betroffen sind der Kundendienst, andere Dienstleistungen und Garantien für Lkw, der Verkauf von gebrauchten Lkw und jegliche anderen Waren oder Dienstleistungen.“

51.

Der Wortlaut des Beschlusses zeigt eindeutig, dass er den Verkauf aller mittelschweren und schweren Lastkraftwagen umfasst, wobei sowohl Solofahrzeuge als auch Sattelzugmaschinen erfasst sind ( 21 ).

52.

Nach dem Wortlaut dieses Beschlusses sind nur Lastkraftwagen für militärische Zwecke ausdrücklich ausgenommen. Neben Lastkraftwagen für militärische Zwecke erfasst der Beschluss nicht den Kundendienst, andere Dienstleistungen und Garantien für Lastkraftwagen, den Verkauf von gebrauchten Lastkraftwagen und jegliche anderen Waren oder Dienstleistungen ( 22 ).

53.

Da der Beschluss nur Lastkraftwagen für militärische Zwecke von seinem Geltungsbereich ausnimmt, muss in Bezug auf Sonderfahrzeuge davon ausgegangen werden, dass er alle Lastkraftwagen mit einem Gewicht von 6 bis 16 Tonnen und mit einem Gewicht von über 16 Tonnen einschließlich Sonderfahrzeuge (mit der einzigen Ausnahme der Lastkraftwagen für militärische Zwecke) erfasst.

54.

Hätte die Kommission andere Arten von Lastkraftwagen wie Müllfahrzeuge vom Geltungsbereich des Beschlusses ausnehmen wollen, hätte sie diese ausdrücklich erwähnt.

55.

Das ist meiner Ansicht nach die einzige Lesart des Beschlusses, die mit den Grundsätzen der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit in Einklang steht. Diese beiden Grundsätze gehen Hand in Hand.

56.

Zum einen verlangt der Grundsatz der Rechtsklarheit, dass Handlungen der Unionsorgane – wie Kommissionbeschlüsse in Wettbewerbssachen – klar und eindeutig sind.

57.

Zum anderen verlangt der allgemeine Grundsatz der Rechtssicherheit, der ein grundlegendes Prinzip des Unionsrechts darstellt, insbesondere, dass „eine Regelung klar und bestimmt ist, damit der Rechtsunterworfene seine Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit seine Vorkehrungen treffen kann“ ( 23 ).

58.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits klargestellt, dass das Erfordernis der Rechtssicherheit in besonderem Maße gilt, wenn es sich um Unionsvorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diese Vorschriften auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen ( 24 ).

59.

Darüber hinaus ist diese Lesart des Beschlusses auch deshalb geboten, weil Ausnahmen – wie diejenige in dem Beschluss, die nur Lastkraftwagen für militärische Zwecke ausnimmt – eng auszulegen sind.

60.

Ich pflichte dem Landkreis Northeim bei, dass die Entscheidung, die Fußnote bezüglich der Lastkraftwagen für militärische Zwecke unmittelbar nach der Beschreibung der von dem Beschluss erfassten Lastkraftwagen im fünften Erwägungsgrund des Beschlusses einzufügen, eindeutig zeigt, dass die Kommission der Ansicht war, dass Sonderfahrzeuge zu den von dem Beschluss erfassten Produkten gehörten und dass sie nicht z. B. als „Verkauf anderer Waren durch die Kartellteilnehmer“ eingestuft werden konnten.

61.

Des Weiteren ergibt sich auch aus einem systematischen Vergleich mit anderen Passagen des Beschlusses, dass dieser Beschluss auch Sonderfahrzeuge erfasst (ausgenommen Lastkraftwagen für militärische Zwecke).

62.

Ich stimme mit der Kommission darin überein, dass das Kartell, an dem Daimler beteiligt war, wettbewerbswidrige Abstimmungen zu Bruttopreislisten, die die Preise verschiedener Komponenten auswiesen, und Konfiguratoren für Lastkraftwagen umfasste, die eben gerade die Grundlage für eine Vielzahl individueller Fahrzeugkonfigurationen bildeten. Dies wurde auch im Urteil KZR 35/19 des Bundesgerichtshofs (Deutschland) festgestellt ( 25 ). Da jeder Lastkraftwagen auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten war, bezog sich das wettbewerbswidrige Verhalten somit gerade auch auf die einzelnen Bestandteile und Komponenten, die Lastkraftwagen ausmachen.

63.

Die Akten und insbesondere der Beschluss enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass Müllfahrzeuge im Gegensatz zu anderen Lastkraftwagen nicht von dem Kartell erfasst waren.

64.

Die Tatsache, dass ein Müllfahrzeug Komponenten enthalten kann, die sich von denen von Lastkraftwagen, die einem anderen Zweck dienen, unterscheiden, bedeutet nicht, dass es sich nicht mehr um einen Lastkraftwagen handelt, geschweige denn, dass es kein von dem Beschluss erfasster Lastkraftwagen ist. Demgegenüber ist das Vorbringen der österreichischen Regierung und der Kommission, dass die Merkmale und Komponenten von Müllfahrzeugen grundsätzlich überwiegend mit denen anderer Arten von Lastkraftwagen identisch sind, viel überzeugender.

65.

Insoweit lässt die von der Kommission in den Erwägungsgründen 27 und 28 des Beschlusses („Preisfindungsmechanismus und Bruttopreislisten“) sowie in dessen Erwägungsgründen 46 bis 60 („Beschreibung des Verhaltens“) beschriebene Funktionsweise des in Rede stehenden Kartells nicht den Schluss zu, dass Sonderfahrzeuge von den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten ausgenommen sind.

66.

Wie sich aus dem 28. Erwägungsgrund des Beschlusses ergibt, enthielten die von den betroffenen Unternehmen verwendeten Bruttopreislisten die Preise aller mittelschweren und schweren Lkw-Modelle sowie sämtlicher vom jeweiligen Hersteller ab Werk angebotenen Optionen (für Sonderausstattungen). Wie sich aus dem 46. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ergibt, tauschten die betroffenen Unternehmen des Weiteren Bruttopreislisten sowie computerbasierte Lkw-Konfiguratoren aus, welche sämtliche Modelle und Optionen enthielten, was die Berechnung der Bruttopreise für jegliche Lkw-Konfiguration ermöglichte. Sodann wird im 48. Erwägungsgrund des Beschlusses ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Austausch von Lkw-Konfiguratoren den Vergleich der eigenen Angebote mit denen der Wettbewerber erleichterte und dass diesen Konfiguratoren daher entnommen werden konnte, welche Extras mit welchen Lastkraftwagen kompatibel waren und welche Optionen zur Standardausstattung oder zu den Sonderausstattungen gehörten. Schließlich ergibt sich aus dem 56. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, dass sich die zwischen den Unternehmen, die Art. 101 AEUV zuwiderhandelten, ausgetauschten Informationen entweder auf die Lkw-Basismodelle oder auf die Lkw und die zur Verfügung stehenden Optionen bezogen (dies wurde in den zwischen den Unternehmen ausgetauschten Tabellen oft gesondert ausgewiesen) ( 26 ).

67.

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, insbesondere dem Beschluss, ergibt sich, dass die Bruttopreislisten und die Konfiguratoren Teile und Komponenten betrafen, die auch bei Sonderfahrzeugen (wie Müllfahrzeugen) verwendet werden.

68.

Infolgedessen waren auch Sonderausstattungen und Konfigurationsoptionen Teil des Kartells und wurden daher von dem Beschluss erfasst.

69.

Aus diesem Grund pflichte ich dem Bundesgerichtshof bei, der bereits die Gelegenheit hatte, sich gerade zu der im vorliegenden Fall streitigen Frage zu äußern und der festgestellt hat ( 27 ), dass dem Beschluss kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden könne, dass „Sonderfahrzeuge“ nicht zu den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten gehörten. Ganz im Gegenteil ergibt sich aus den Erwägungsgründen 28 und 46 bis 48 dieses Beschlusses, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung alle Sonder- und Standardausstattungen und ‑modelle sowie alle ab Werk angebotenen Sonderausstattungen des jeweiligen Herstellers betraf.

70.

In Rn. 34 seines Urteils hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen festgestellt, dass das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler die Schadensersatzpflicht begründende Kausalität auch für die Erwerbsvorgänge bejaht habe, die ein Betonmischerfahrgestell, zwei Kipperfahrgestelle und ein Pritschenfahrgestell zum Gegenstand hatten. Außerdem habe das Berufungsgericht dem Beschluss zu Recht keinen Anhaltspunkt dafür entnommen, dass diese Lastkraftwagen nicht von den Kartellabsprachen erfasst gewesen seien. Aus dem Beschluss, der die nationalen Gerichte binde, gehe zudem hervor, dass Lastkraftwagen zwischen 6 und 16 Tonnen und solche über 16 Tonnen, sowohl Sattelzugmaschinen als auch Solofahrzeuge, von dem Beschluss erfasst gewesen seien. Der Bundesgerichtshof entschied, dass lediglich Lastkraftwagen für militärische Zwecke, der Kundendienst, andere Dienstleistungen und Garantien für Lastkraftwagen, der Verkauf gebrauchter Lastkraftwagen und sämtliche anderen von den betreffenden Unternehmen verkauften Waren und erbrachten Dienstleistungen vom Geltungsbereich des Beschlusses ausgenommen seien.

71.

In Rn. 35 seines Urteils hat der Bundesgerichtshof außerdem entschieden, dass die Revision keinen Vortrag oder faktische Beispiele aufgezeigt habe, aus denen sich ergäbe, dass sich die drei oben genannten Arten von Lastkraftwagen ohne die für einen Kipper oder Betonmischer charakteristischen Aufbauten von den Grundmodellen oder „Ecktypen“ unterschieden haben sollten, auf welche das beklagte Unternehmen und die Streithelferinnen verwiesen und die jedenfalls Gegenstand der Listenpreisabsprachen gewesen seien sowie gerade die Funktion gehabt hätten, die Grundlage für eine Vielzahl individueller Fahrzeugkonfigurationen zu bilden. Somit seien die auf das Auskunftsverlangen von 2015 gestützten Argumente der Unternehmen ohne Belang.

72.

Des Weiteren sind bereits mehrere andere deutsche Gerichte zum gleichen Ergebnis gelangt. Sie haben die Auffassung vertreten, dass Sonderfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, von dem Beschluss erfasst seien. Diese nationalen Gerichte erster und zweiter Instanz brachten bei der Feststellung des Sachverhalts entsprechende Argumente ins Spiel wie ich in diesen Schlussanträgen und stützten diese Schlussfolgerung u. a. auf folgende Erwägungen: (i) die Tatsache, dass der Wortlaut des Beschlusses ihrer Ansicht nach eindeutig sei und außer Lastkraftwagen für militärische Zwecke kein Sonderfahrzeug ausnehme, (ii) dass das im Beschluss vorgesehene Kriterium für die Feststellung, ob ein bestimmter Lastkraftwagen vom Geltungsbereich des Beschlusses erfasst sei, sein Gewicht sei, (iii) das Vorbringen der Unternehmen, wonach Sonderfahrzeuge – wie Feuerwehrfahrzeuge, Kipper, Custom Tailored Trucks (besonders individualisierte Lastkraftwagen) oder Müllfahrzeuge – nicht von dem Beschluss erfasst seien, finde keine Stütze im Wortlaut des Beschlusses; (iv) soweit das Auskunftsverlangen von 2015 erwähne, dass Sonderfahrzeuge nicht von diesem Ersuchen erfasst seien, sei dieser Ansatz jedenfalls nicht in dem Beschluss selbst wiederholt worden, (v) ungeachtet des Vorbringens der Unternehmen haben die Kläger in den Folgeklagen oft gar nicht z. B. Feuerwehrfahrzeuge oder Kipper von dem beklagten Unternehmen gekauft, sondern ein Lkw-Fahrgestell, das gegebenenfalls erst noch durch ein Drittunternehmen feuerwehrtechnische Aufbauten erhalten habe ( 28 ).

73.

Ich bin der Ansicht, dass diese Argumente der deutschen Gerichte überzeugend und entsprechend auch auf Müllfahrzeuge anwendbar sind. Da das Fahrgestell für einen solchen Gebrauch weitgehend identisch ist, beziehen sich die Hauptunterschiede auf den Aufbau eines Lastkraftwagens; folglich ist es nicht möglich, in dem Beschluss sinnvoll und präzise eine Unterkategorie „Sonderfahrzeuge“ zu definieren.

74.

Da der Beschluss keine weitere Ausnahme oder Einschränkung in Bezug auf die von der Zuwiderhandlung erfassten Lastkraftwagen erwähnt, erfasst sein eindeutiger und ausdrücklicher Wortlaut – wobei der Beschluss ausdrücklich nur auf das Kriterium des Gewichts eines Lastkraftwagens abstellt – daher alle mittelschweren und schweren Lastkraftwagen bis auf diejenigen für militärische Zwecke. Daher erfasst er Sonderfahrzeuge und insbesondere die im Ausgangsverfahren streitigen Müllfahrzeuge.

2) Kontext und Ziele des Regelungswerks, dessen Bestandteil die in Rede stehende Vorschrift ist

75.

Wie in Nr. 45 der vorliegenden Schlussanträge erwähnt, sind bei der Auslegung des Beschlusses auch der Zusammenhang, in dem er ergeht, und die Ziele des Regelungswerks zu berücksichtigen, dessen Bestandteil er ist.

76.

Ich stimme mit der österreichischen Regierung darin überein, dass es unsystematisch und nicht mit Ziel und Zweck des Beschlusses vereinbar wäre, Sonderfahrzeuge nur deshalb vom Geltungsbereich des Beschlusses auszunehmen, weil die darin verbauten Fahrgestelle mit zusätzlicher Ausstattung versehen werden. Denn sämtliche Lastkraftwagen, unabhängig davon, ob in Basisausführung oder mit Sonderaufbauten, basieren grundsätzlich auf den gleichen Fahrgestellen. In Sonderfahrzeugen, die für Zwecke wie etwa Feuerwehr, Müllentsorgung, Winterdienst oder Straßenreinigung eingesetzt werden, werden standardmäßig die von den betroffenen Unternehmen hergestellten Lkw-Fahrgestelle verbaut.

3) Die Gründe, aus denen Lastkraftwagen für militärische Zwecke von den „betroffenen Produkten“ ausgenommen sind

77.

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und der Vergleichsverhandlungen haben die Unternehmen gegenüber der Kommission vorgetragen, dass Lastkraftwagen für militärische Zwecke vom Geltungsbereich des Beschlusses ausgenommen sein sollten. Die Kommission hat dieses Vorbringen berücksichtigt.

78.

Es ist hervorzuheben, dass Lastkraftwagen für militärische Zwecke im Hinblick auf ihre Verwendung besonders ausgestattet sind und dass, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, nicht ausreichend erwiesen ist, dass sich die Preise für Lastkraftwagen für militärische Zwecke auf die Bruttopreise stützten, die zwischen den Unternehmen ausgetauscht wurden, oder dass die Konfiguratoren, die ebenfalls ausgetauscht wurden, solche Lastkraftwagen für militärische Zwecke einschlossen.

79.

Daraus erschließt sich, weshalb Lastkraftwagen für militärische Zwecke (und nur solche Lastkraftwagen) vom Geltungsbereich des Beschlusses auszunehmen waren.

80.

Außerdem ist es meines Erachtens wichtig, festzustellen, dass während des gesamten Verwaltungsverfahrens keines der Unternehmen vorgetragen hat, dass Müllfahrzeuge als von dem Kartell ausgenommen angesehen werden sollten.

c)   Keine Relevanz des Auskunftsverlangens von 2015 für die Bestimmung der „von der Zuwiderhandlung erfassten Produkte“ in einem Kommissionsbeschluss

81.

Aus Art. 18 („Auskunftsverlangen“) der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich u. a., dass „[d]ie Kommission … zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben durch einfaches Auskunftsverlagen oder durch Entscheidung von Unternehmenverlangen [kann], dass sie alle erforderlichen Auskünfte erteilen. … Bei der Versendung eines einfachen Auskunftsverlangens an ein Unternehmen … gibt die Kommission die Rechtsgrundlage, den Zweck des Auskunftsverlangensan“.

82.

Ich bin mit der österreichischen Regierung und der Kommission der Ansicht, dass der Inhalt eines Auskunftsverlangens, das im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens versandt wird, den Geltungsbereich eines nachfolgenden, endgültigen Beschlusses der Kommission nicht beschränken oder dazu verwendet werden kann, die „von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte“ in einem Kommissionsbeschluss zu bestimmen.

83.

Wie der Gerichtshof festgestellt hat, „[handelt] es sich bei einem Auskunftsverlangen … um eine typischerweise im Rahmen der Voruntersuchung, die der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorausgeht, eingesetzte Ermittlungsmaßnahme …, deren Zweck allein darin besteht, es der Kommission zu ermöglichen, die zur Prüfung des Vorliegens und der Tragweite einer bestimmten Sach- und Rechtslage erforderlichen Auskünfte einzuholen und Unterlagen zu beschaffen“ ( 29 ). Aus den vorstehenden Nummern dieser Schlussanträge ergibt sich, dass solche Ersuchen nicht der Bestimmung oder Präzisierung der Produkte, die von dem wettbewerbswidrigen Verhalten erfasst waren, dienen, was der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der abschließenden Entscheidung der Kommission vorbehalten ist. Wie es im Auskunftsverlangen von 2015 ausdrücklich heißt, diente es lediglich der Ermittlung der maßgeblichen Verkäufe zur Berechnung der Geldbuße im Rahmen des Ermessensspielraums der Kommission bei Geldbußen ( 30 ).

84.

Es gibt eine klare Trennung zwischen der Tatsachenermittlung zur Berechnung von Geldbußen einerseits und der Bestimmung des Geltungsbereichs eines Kommissionsbeschlusses andererseits. Da Daimler, Iveco Magirus, TRATON und MAN versuchen, diese Trennlinie zu verwischen, ist ihr Vorbringen zurückzuweisen.

85.

Solche Auskunftsverlangen zielen darauf ab, zusätzliche Informationen einzuholen und können die Kommission selbstredend nicht daran hindern, den relevanten Markt oder, mit anderen Worten, die Arten der „von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte“, entweder enger oder weiter abzugrenzen. Dies könnte sich sogar als notwendig erweisen, gerade im Hinblick auf die Antworten der Unternehmen auf das Auskunftsverlangen von 2015.

86.

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass erstens ein Auskunftsverlangen nicht Teil des Kommissionsbeschlusses ist und es zweitens kein Rechtsakt der Kommission (als Unionsorgan) ist, sondern vielmehr ein von dem mit der Sache betrauten Team (der Generaldirektion Wettbewerb) verfasstes Verfahrensschriftstück. Im vorliegenden Fall ist es für die Bestimmung von Ausmaß und Umfang der Zuwiderhandlung daher unmaßgeblich.

87.

Demgegenüber basiert der Beschluss auf dem gesamten im Verwaltungsverfahren festgestellten Sachverhalt, er bildet den formalen Abschluss dieses Verfahrens und wird von der Kommission als Unionsorgan (dem Kollegium der Kommissionsmitglieder) angenommen.

88.

In Art. 1 und im fünften Erwägungsgrund des Beschlusses werden klar die Produkte bestimmt, die Gegenstand des wettbewerbswidrigen Verhaltens waren. Diese von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte bestimmte die Kommission aufgrund der in ihrem Besitz befindlichen Beweismittel.

89.

Folglich ist für die Feststellung, welche Produkte von der Zuwiderhandlung betroffen sind, nur der Inhalt dieses Beschlusses maßgeblich.

d)   Nichtberücksichtigung der Verkäufe von Sonderfahrzeugen bei der Berechnung der Geldbuße ohne Auswirkung auf die vorstehende Auslegung

90.

Entgegen dem Vorbringen von Daimler, MAN und Iveco Magirus wirkt sich der Umstand, dass die Kommission die Verkäufe von Sonderfahrzeugen der Berechnung der Geldbuße nicht zugrunde gelegt hat, nicht auf meine Auslegung des Beschlusses aus.

91.

Die Kommission legte ihrer Berechnung die Verkäufe zugrunde, die die Unternehmen in ihren Antworten auf das Auskunftsverlangen von 2015 angaben. Sonderfahrzeuge wurden von dieser Berechnung ausgenommen, wenn auch nicht gänzlich ( 31 ).

92.

Wie im 112. Erwägungsgrund des Beschlusses erwähnt, wandte die Kommission Ziff. 37 der Leitlinien für Geldbußen an ( 32 ), die ihr ein Abweichen von der Methode der Leitlinien erlaubt, um den Anteil des Verkaufswerts jedes Unternehmens für die Berechnung der variablen Zusatzbeträge der Geldbußen einheitlich anzupassen. Die Kommission legte dar, dass sie dies im Rahmen ihres Ermessens getan habe, u. a. aus Gründen der Verhältnismäßigkeit. Die von der Kommission verwendeten Verkaufswerte seien daher jedenfalls weitaus geringer gewesen als die tatsächlichen, von dem Kartell direkt oder indirekt betroffenen Verkaufswerte.

93.

Grundsätzlich ist der Verkaufswert einer der Faktoren, die die Kommission bei der Berechnung der Geldbußen verwendet (vgl. die Erläuterungen dieses Grundsatzes durch die Kommission in den Erwägungsgründen 108 und 109 des Beschlusses); der andere Faktor ist die Dauer des Verstoßes ( 33 ).

94.

Ich bin der Ansicht, dass die Kommission insoweit im Rahmen ihres Ermessensspielraums gehandelt hat ( 34 ), als sie Sonderfahrzeuge von der Ermittlung der Verkaufswerte ausgenommen hat. Die Kommission berücksichtigte einheitlich für alle betroffenen Unternehmen – und zugunsten dieser Unternehmen – einen geringeren Wert der Verkäufe als sie maximal hätte heranziehen dürfen.

95.

Im Regelfall basiert die Berechnung von Geldbußen durch die Kommission nicht immer ausschließlich auf den von dem Kartell betroffenen Verkäufen ( 35 ).

e)   Keine andere Auslegung aufgrund des Vergleichsverfahrens

96.

Entgegen dem Vorbringen von Daimler, MAN und Iveco Magirus hat der Umstand, dass der Beschluss im Rahmen eines Vergleichsverfahrens erlassen wurde, keine Auswirkung auf die Bestimmung des Umfangs des wettbewerbswidrigen Verhaltens.

97.

Wie sich aus der Mitteilung über Vergleichsverfahren ergibt ( 36 ), verhandelt die Kommission mit den von dem Vergleichsverfahren betroffenen Unternehmen nicht über die Frage des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht. Vielmehr müssen die Unternehmen ihre Teilnahme an dem gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Kartell und ihre entsprechende Verantwortlichkeit eingestehen. Die Kommission ermäßigt im Falle eines als Ergebnis eines Vergleichsverfahrens erlassenen Beschlusses die Geldbuße für dessen Adressaten um 10 %.

f)   Vorläufiges Ergebnis

98.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Verfahrensvorschriften, auf die die Parteien abgestellt haben, dazu dienen, das von der Kommission und den Betroffenen einzuhaltende Verfahren festzulegen. Diese Vorschriften können im Allgemeinen – oder auch im konkreten Fall des Ausgangsverfahrens – den von der Kommission in dem Beschluss festgestellten sachlichen Umfang der Zuwiderhandlung nicht beeinflussen.

g)   Erwerb der streitigen Lastkraftwagen „nach einer Ausschreibung“ führt zu keiner anderen Auslegung

99.

Die von der Kommission in dem Beschluss festgestellte Zuwiderhandlung erstreckt sich auch auf Beschaffungsvorgänge im Wege öffentlicher Auftragsvergabe (Ausschreibungen), zumindest soweit es sich bei den Erwerbern der Lastkraftwagen um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelte. Das wettbewerbswidrige Verhalten fand u. a. im Rahmen der Vorbereitung von Ausschreibungen statt.

100.

Wie die österreichische Regierung hervorgehoben hat, sind öffentliche Auftraggeber, neben großen privaten Güterkraftverkehrsunternehmen, die wichtigsten Abnehmer der von der Zuwiderhandlung betroffenen Lastkraftwagen (u. a. für Straßen- und Winterdienst, Abfall- und Abwasserentsorgung, Bauhöfe und andere kommunale Servicebetriebe).

101.

In dem Beschluss wird nicht zwischen unmittelbaren Verkäufen und Verkäufen nach Ausschreibungen unterschieden. Der Beschluss stützt sich im Wesentlichen auf Bruttopreislisten und Konfiguratoren, und diese Grundlage betrifft sämtliche Verkäufe – unabhängig davon, ob es sich um einen unmittelbaren Verkauf handelte oder um das Ergebnis einer Ausschreibung.

102.

Aus alldem ergibt sich, dass der Wortlaut des Beschlusses in Bezug auf den Umfang der Zuwiderhandlung und die „von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte“ eindeutig ist – er erfasst auch Sonderfahrzeuge (ausgenommen Lastkraftwagen für militärische Zwecke) und insbesondere Müllfahrzeuge – und dass keines der von den Parteien vorgebrachten Argumente dieses Ergebnis berührt.

III. Ergebnis

103.

Ich schlage dem Gerichtshof vor, die vom Landgericht Hannover (Deutschland) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Der Beschluss der Kommission vom 19. Juli 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens C(2016) 4673 final – (Sache AT.39824 – Lastkraftwagen) ist dahin auszulegen, dass auch Sonderfahrzeuge – ausgenommen Lastkraftwagen für militärische Zwecke –, insbesondere Müllfahrzeuge, von den Feststellungen dieses Beschlusses erfasst sind.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) ABl. 2017, C 108, S. 6. Eine Zusammenfassung des Beschlusses ist öffentlich zugänglich unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52017XC0406%2801%29.

( 3 ) Den erstgenannten Betrag verhängte die Kommission gegen die Unternehmen, die einem Vergleich zugestimmt hatten. Anschließend erlegte sie Scania, die sich in dieser Kartellsache gegen ein Vergleichsverfahren entschieden hatte, eine Geldbuße von 880523000 Euro auf. MAN wurde die Geldbuße vollständig erlassen, weil sie das Kartell aufgedeckt hatte; sie entging damit einer Geldbuße von rund 1,2 Mrd. Euro.

( 4 ) Nur Lastkraftwagen für militärische Zwecke sind ausdrücklich ausgenommen.

( 5 ) Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).

( 6 ) Im fünften Erwägungsgrund des Beschlusses heißt es: „Nicht betroffen sind der Kundendienst, andere Dienstleistungen und Garantien für Lastkraftwagen, der Verkauf von gebrauchten Lastkraftwagen und jegliche anderen Waren oder Dienstleistungen durch die Empfänger dieses Beschlusses“ (Hervorhebung nur hier).

( 7 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. 2018, L 151, S. 1).

( 8 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Festsetzung von CO2-Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und für neue leichte Nutzfahrzeuge und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 443/2009 und (EU) Nr. 510/2011 (ABl. 2019, L 111, S. 13).

( 9 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über die Überwachung und Meldung der CO2-Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs neuer schwerer Nutzfahrzeuge (ABl. 2018, L 173, S. 1).

( 10 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. 2006, L 403, S. 18).

( 11 ) Urteil vom 4. Dezember 2018, Minister for Justice and Equality und Commissioner of An Garda Síochána (C‑378/17, EU:C:2018:979, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 12 ) Siehe Nr. 5 der vorliegenden Schlussanträge.

( 13 ) Vgl. Urteile vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C. (C‑138/09, EU:C:2010:291), und vom 13. Juni 2019, Copebi (C‑505/18, EU:C:2019:500).

( 14 ) Urteil vom 28. Juni 2016, Portugal Telecom/Kommission (T‑208/13, EU:T:2016:368, Rn. 176 und die dort angeführte Rechtsprechung; nicht mit Rechtsmittel angefochten).

( 15 ) Vgl. Beschluss (69. Erwägungsgrund). Der Beschluss wurde nicht angefochten und ist daher bestandskräftig.

( 16 ) Urteil vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission (T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung; das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel wurde zurückgewiesen).

( 17 ) Urteil vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission (T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2005:220, Rn. 90; das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel wurde zurückgewiesen).

( 18 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juli 1997 über die Massen und Abmessungen bestimmter Klassen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG (ABl. 1997, L 233, S. 31).

( 19 ) Vgl. Urteil vom 7. Juni 2005, VEMW u. a. (C‑17/03, EU:C:2005:362, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 20 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2010, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑582/08, EU:C:2010:429, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 21 ) Vgl. auch, in Bezug auf denselben Kommissionsbeschluss, Urteile vom 29. Juli 2019, Tibor-Trans (C‑451/18, EU:C:2019:635, Rn. 8), und vom 6. Oktober 2021, Sumal (C‑882/19, EU:C:2021:800). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Rantos in der anhängigen Rechtssache Volvo und DAF Trucks (C‑267/20, EU:C:2021:884).

( 22 ) Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, soll durch den Ausdruck „jegliche anderen Waren oder Dienstleistungen“ lediglich alles erfasst werden, was kein Lastkraftwagen ist. Einige der betroffenen Unternehmen, wie Renault, stellen nämlich eine Vielzahl von Personenkraftwagen her, und diese Fahrzeuge mussten eindeutig vom Geltungsbereich des Beschlusses ausgenommen werden.

( 23 ) Urteil vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a. (C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 69).

( 24 ) Vgl. Urteil vom 8. März 2017, Euro Park Service (C‑14/16, EU:C:2017:177, Rn. 38).

( 25 ) Ich werde in Nr. 69 der vorliegenden Schlussanträge auf dieses Urteil eingehen.

( 26 ) Der 56. Erwägungsgrund lautet: „Die Treffen, an denen die deutsche Ebene beteiligt war, wurden förmlicher, und die nicht öffentlich zugänglichen Informationen über die Bruttopreiserhöhungen wurden in der Regel in eine nach Lkw-Standardmodellen aufgegliederte Tabelle für jeden Hersteller eingefügt …. Dieser Austausch fand mehrmals pro Jahr statt …. Die ausgetauschten Informationen über künftige Bruttopreiserhöhungen bezogen sich entweder nur auf die Lkw-Basismodelle oder auf die Lkw und die verfügbaren Optionen (dies wurde in den ausgetauschten Tabellen oft gesondert angegeben), und es wurden in der Regel keine Nettopreise oder Nettopreiserhöhungen ausgetauscht. Informationen über beabsichtigte künftige Bruttopreiserhöhungen, die auf der Ebene der deutschen Tochtergesellschaften ausgetauscht wurden, wurden in unterschiedlichem Umfang an die jeweiligen Zentralen weitergeleitet.“

( 27 ) Urteil vom 23. September 2020, KZR 35/19, DE:BGH:2020:230920UKZR35.19.0, Rn. 34 und 35.

( 28 ) Vgl. u. a. die Urteile des Landgerichts Stuttgart (Deutschland) vom 6. Juni 2019, 30 O 88/18 (Rn. 59 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung; http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=28244), 30 O 124/18 (Rn. 58 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung, http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=28238), und 30 O 38/17 (Rn. 77 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung; http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=28241); Urteil desselben nationalen Gerichts vom 23. Dezember 2019, 30 O 132/18 (Rn. 31 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (Deutschland) vom 4. April 2019, 2 U 101/18 (Rn. 112 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 29 ) Urteil vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission (C‑247/14 P, EU:C:2016:149, Rn. 37).

( 30 ) Vgl. Urteile vom 3. September 2009, Papierfabrik Koehler/Kommission (verbundene RechtssachenC‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, EU:C:2009:500, Rn. 112), sowie vom 19. Dezember 2012, Heineken Nederland und Heineken/Kommission (C‑452/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:829, Rn. 92).

( 31 ) Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, waren jedenfalls einige Sonderfahrzeuge im Verkaufswert erfasst, da die Parteien nicht in der Lage waren, die Verkäufe von Sonderfahrzeugen vollständig aus diesen Werten auszunehmen. Die betroffenen Unternehmen bestätigten, dass dem in bestimmten Fällen so sei, da es von der Vorgehensweise jedes Unternehmens zur Beschaffung der maßgeblichen Daten abgehangen habe und davon, wie einfach oder schwierig es gewesen sei, die Daten für die maßgeblichen Verkäufe zu extrahieren.

( 32 ) Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2).

( 33 ) Die Kommission berücksichtigt auch eine Reihe weiterer Faktoren wie die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis. Vgl. Ziff. 19 bis 26 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen.

( 34 ) Vgl. Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 172).

( 35 ) Erstens ist die Kommission nicht verpflichtet, die tatsächlich durch das Kartell betroffenen Verkäufe zu berücksichtigen (Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76 und 77). Zweitens muss die Kommission nicht alle betroffenen Verkäufe berücksichtigen (Urteil vom 14. März 2013, Dole Food und Dole Germany/Kommission, T‑588/08, EU:T:2013:130, Rn. 620 ff., im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 150 ff., und Urteil vom 17. September 2014, Pilkington Group u. a./Kommission, T‑72/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1094, Rn. 209 ff.; das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel wurde zurückgewiesen).

( 36 ) Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Artikel 7 und Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen (ABl. 2008, C 167, S. 1).

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