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Document 62019CO0571

Beschluss des Gerichtshofs (Siebte Kammer) vom 12. März 2020.
EMB Consulting SE u. a. gegen Europäische Zentralbank.
Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Außervertragliche Haftung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld – Obligatorischer Umtausch der von Privatgläubigern gehaltenen Schuldtitel – Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (EZB) – Grundsatz pacta sunt servanda – Art. 17 Abs. 1, Art. 47 Abs. 2 und Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 63 Abs. 1 AEUV – Art. 124 AEUV – Teilweise offensichtlich unzulässiges und teilweise offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel.
Rechtssache C-571/19 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:208

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

12. März 2020(*)

„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Außervertragliche Haftung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld – Obligatorischer Umtausch der von Privatgläubigern gehaltenen Schuldtitel – Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (EZB) – Grundsatz pacta sunt servanda – Art. 17 Abs. 1, Art. 47 Abs. 2 und Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 63 Abs. 1 AEUV – Art. 124 AEUV – Teilweise offensichtlich unzulässiges und teilweise offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel“

In der Rechtssache C‑571/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 24. Juli 2019,

EMB Consulting SE mit Sitz in Mühltal (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O. Hoepner und D. Unrau,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Frank Steinhoff, wohnhaft in Hamburg (Deutschland),

Ewald Filbry, wohnhaft in Dortmund (Deutschland),

Vereinigte Raiffeisenbanken Gräfenberg-Forchheim-Eschenau-Heroldsberg eG mit Sitz in Gräfenberg (Deutschland),


Werner Bäcker, wohnhaft in Rodgau (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O. Hoepner und D. Unrau,

Kläger im ersten Rechtszug,

Europäische Zentralbank (EZB), vertreten durch O. Heinz und G. Várhelyi als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt H.‑G. Kamann,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. G. Xuereb sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die EMB Consulting SE, das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 23. Mai 2019, Steinhoff u. a./EZB (T‑107/17, EU:T:2019:353) (im Folgenden: angefochtenes Urteil), abzuändern, mit dem das Gericht ihre Klage auf Ersatz des Schadens abgewiesen hat, der ihr dadurch entstanden sein soll, dass die Europäische Zentralbank (EZB) es in ihrer Stellungnahme vom 17. Februar 2012 (CON/2012/12) (im Folgenden: streitige Stellungnahme) zum Entwurf des Nomós 4050 – Kanónes tropopoiíseos títlon, ekdóseos í engyíseos tou Ellinikoú Dimosíou me symfonía ton Omologioúchon (Gesetz Nr. 4050/2012 über Regeln für die Änderung von vom griechischen Staat begebenen oder garantierten Anleihen mit der Zustimmung ihrer Inhaber vom 23. Februar 2012) (FEK A’ 36) (im Folgenden: Gesetzentwurf Nr. 4050/2012), versäumt habe, den griechischen Staat auf die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld durch den zwangsweisen Tausch von Schuldtiteln aufmerksam zu machen.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

2        Mit Klageschrift, die am 16. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf Verurteilung der EZB zur Zahlung von 750 460 Euro als Ersatz des Schadens, der ihr durch die streitige Stellungnahme entstanden sein soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz. Sie stützte ihre Klage auf vier Klagegründe.

3        Das Gericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang abgewiesen.

4        Insbesondere hat das Gericht in Bezug auf den ersten Klagegrund in Rn. 82 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die EZB nicht verpflichtet gewesen sei, sich im Rahmen ihrer beratenden Zuständigkeit dazu zu äußern, ob die Hellenische Republik gegenüber den Inhabern staatlicher Schuldtitel den Grundsatz pacta sunt servanda einhalte.

5        Zum zweiten Klagegrund hat das Gericht in den Rn. 105 bis 116 des angefochtenen Urteils Folgendes festgestellt: Auch wenn der Erlass des Gesetzes Nr. 4050/2012 zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht der Rechtsmittelführerin geführt habe, entspreche dieser Eingriff dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen, zu denen die Sicherstellung der Stabilität des Bankensystems des Euro-Währungsgebiets in seiner Gesamtheit gehöre. Insbesondere habe es sich angesichts der außergewöhnlichen Umstände, denen sich die Hellenische Republik gegenübergesehen habe, nicht um einen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff gehandelt. Bei diesen Umständen handele es sich um die außerordentliche Staatsschuldenkrise und das Risiko, dass ohne Umstrukturierung der Schulden ein zumindest selektiver, kurzfristiger Zahlungsausfall des griechischen Staates eintrete.

6        Zum dritten Klagegrund hat das Gericht in den Rn. 121 bis 123 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass eine Beschränkung des in Art. 63 AEUV garantierten freien Kapitalverkehrs, wenn man sie als erwiesen unterstelle, in Anbetracht dieser außergewöhnlichen Umstände durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre.

7        Zum vierten Klagegrund hat das Gericht in Rn. 140 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Art. 124 AEUV nicht Einzelne und Unternehmen wie die Rechtsmittelführerin, sondern die Organe der Union und der Mitgliedstaaten gegen die mit einem bevorrechtigten Zugang zu Finanzinstituten verbundenen Haushaltsrisiken schützen solle.


 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

8        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

–        unter Abänderung des angefochtenen Urteils ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen stattzugeben und

–        der EZB die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

9        Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof ein Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

10      Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.

11      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf sechs Gründe: erstens einen Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), zweitens einen Verstoß gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, viertens einen Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen angemessenen Entschädigung, fünftens einen Verstoß gegen Art. 63 AEUV und sechstens einen Verstoß gegen Art. 124 AEUV.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

12      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen Art. 17 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta verstoßen, indem es festgestellt habe, dass ihr die beratende Zuständigkeit der EZB keinen Anspruch darauf gewähre, dass die EZB einen Verstoß gegen ein der Hellenischen Republik gegenüber bestehendes vertragliches Recht anzeige, das auf der Zeichnung von Schuldtiteln beruhe, die von dieser begeben und garantiert worden seien.

13      Hierzu ist unmittelbar festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen zur Stützung ihres ersten Rechtsmittelgrundes gegen die Erwägungen des Gerichts in Rn. 83 des angefochtenen Urteils wendet, die sich auf die Beurteilung ihres Klagegrundes eines Verstoßes gegen den Grundsatz pacta sunt servanda beziehen, und nicht gegen die in den Rn. 94 bis 106 des angefochtenen Urteils dargelegten Erwägungen des Gerichts zu ihrem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 1 der Charta. Folglich ist dieses Vorbringen, angenommen es wäre begründet, nicht geeignet, die Würdigung des letztgenannten Klagegrundes durch das Gericht in Frage zu stellen, so dass der erste Rechtsmittelgrund ins Leere geht und zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

14      Der zweite Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen. Im Rahmen des ersten Teils macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht sei nicht auf ihr Vorbringen eingegangen, dass der Grundsatz rebus sic stantibus, der eine Ausnahme vom Grundsatz pacta sunt servanda darstelle, unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht angewandt werden könne.

15      Hierzu ist festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen gegen die Gründe in Rn. 84 des angefochtenen Urteils wendet, in der das Gericht ausgeführt hat, dass „[d]es Weiteren … jedenfalls nicht erwiesen [ist], dass der Erlass des Gesetzes Nr. 4050/2012 zu einem Verstoß gegen den Grundsatz pacta sunt servanda geführt hat“. Bei diesen Gründen handelt es sich demnach im Verhältnis zu den anderen vom Gericht zuvor dargelegten Gründen um ergänzende, nicht tragende Gründe.

16      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs können jedoch Rügen, die gegen nicht tragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen und gehen daher ins Leere (Urteil vom 12. Februar 2015, Kommission/IPK International, C‑336/13 P, EU:C:2015:83, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Da das Gericht die Frage, ob der Erlass des Gesetzes Nr. 4050/2012 einen Verstoß gegen den Grundsatz pacta sunt servanda darstellte, nur ergänzend geprüft hat, kann ihm somit nicht vorgeworfen werden, nicht geprüft zu haben, ob die besonderen Umstände des vorliegenden Falls die Anwendung des Grundsatzes rebus sic stantibus ausschließen.

18      Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

19      Im Rahmen des zweiten Teils dieses Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in Rn. 112 des angefochtenen Urteils ihr Vorbringen nicht berücksichtigt, wonach im Rahmen der Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld nur eine freiwillige Beteiligung der privaten Gläubiger und kein Zwangsumtausch staatlicher Schuldtitel vorgesehen gewesen sei.

20      Dieser Teil des Rechtsmittelgrundes ist so zu verstehen, dass mit ihm ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils geltend gemacht wird.

21      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Begründungspflicht nicht, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die getroffenen Maßnahmen zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben liefert, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 372). Allerdings muss das Gericht, auch wenn die ihm obliegende Verpflichtung, seine Entscheidungen zu begründen, nicht bedeutet, dass es sich detailliert mit jedem von einer Partei vorgebrachten Argument befassen müsste, insbesondere dann, wenn es nicht hinreichend klar und bestimmt ist und sich nicht auf eingehende Beweise stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, EU:C:2001:127, Rn. 121), zumindest alle vorgebrachten Rechtsverletzungen prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2007, Komninou u. a./Kommission, C‑167/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:633, Rn. 22).

22      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 108 bis 116 des angefochtenen Urteils die Frage geprüft, ob die Herabsetzung des Wertes der von der Rechtsmittelführerin gehaltenen streitigen Schuldtitel im Hinblick auf den verfolgten Zweck nicht einen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellte, der das mit Art. 17 Abs. 1 der Charta gewährleistete Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antasten würde. In Rn. 112 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin, abgesehen von dem Argument, wonach die Beteiligung des Privatsektors an der Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld auf Inhaber von Schuldtiteln, die dem Umtausch ihrer Schuldtitel zugestimmt hätten, hätte beschränkt werden können, jedenfalls nicht vorgetragen habe, dass das Gesetz Nr. 4050/2012 zu diesem Zweck offensichtlich unangemessen oder unverhältnismäßig gewesen wäre oder dass es eine ebenso wirksame, aber weniger belastende Maßnahme gegeben hätte, um die im öffentlichen Interesse verfolgten Ziele zu erreichen. Außerdem hat das Gericht in Rn. 124 des angefochtenen Urteils den Fall einer solchen rein freiwilligen Beteiligung der privaten Gläubiger am Umtausch staatlicher Schuldtitel geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sie es nicht ermöglicht hätte, den Erfolg dieses Umtauschs sicherzustellen. Dem Gericht kann daher nicht vorgeworfen werden, das in Rn. 19 des vorliegenden Beschlusses angeführte Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht berücksichtigt zu haben.

23      Folglich ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

24      Im Rahmen des dritten Teils dieses Rechtsmittelgrundes wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Begründung in Rn. 112 des angefochtenen Urteils, wonach das Fehlen von Umschuldungsklauseln viele Titelinhaber davon abgehalten hätte, sich am Schuldenschnitt zu beteiligen, obwohl 85,8 % der Anleihegläubiger, die zum Umtausch staatlicher Schuldtitel aufgefordert worden seien, diesen Tausch akzeptiert hätten.

25      Hierzu ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin diesen Teil des Rechtsmittelgrundes vor dem Gericht nicht als Klagegrund vorgebracht hat und er daher offensichtlich unzulässig ist. Gemäß Art. 127 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 190 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens nämlich unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

26      Wäre es einer Partei erlaubt, vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorzubringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind daher die Befugnisse des Gerichtshofs auf die Überprüfung der Würdigung beschränkt, die das Gericht hinsichtlich des vor ihm erörterten Vorbringens vorgenommen hat (Urteile vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, EU:C:1994:211, Rn. 59, und vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, C‑51/92 P, EU:C:1999:357, Rn. 58; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, EU:C:2007:53, Rn. 121).

27      Folglich ist der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

28      Im Rahmen des vierten Teils dieses Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, nicht geprüft zu haben, ob ihr durch den Zwangsumtausch staatlicher Schuldtitel ein Schaden entstanden sei.

29      Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 52 und 66 des angefochtenen Urteils zu Recht darauf hingewiesen hat, dass nach ständiger Rechtsprechung die außervertragliche Haftung der Europäischen Union die Erfüllung von drei kumulativen Kriterien voraussetzt, nämlich dass die Rechtsnorm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und der Verstoß hinreichend qualifiziert ist, dass der Eintritt eines Schadens nachgewiesen ist und dass schließlich zwischen dem Verstoß gegen die dem Urheber der Maßnahme obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 2003, Kommission/Fresh Marine, C‑472/00 P, EU:C:2003:399, Rn. 25, vom 23. März 2004, Bürgerbeauftragter/Lamberts, C‑234/02 P, EU:C:2004:174, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 31). Da es sich um kumulative Voraussetzungen handelt, besteht keine außervertragliche Haftung der Union, wenn eine von ihnen nicht erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 63 und 64, sowie vom 15. Juni 2000, Dorsch Consult/Rat und Kommission, C‑237/98 P, EU:C:2000:321, Rn. 54).

30      Da das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils jedoch festgestellt hat, dass die EZB keine hinreichend qualifizierte Verletzung einer den Einzelnen schützenden Rechtsnorm begangen hat, konnte die außervertragliche Haftung der Union nicht ausgelöst werden.

31      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der vierte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, sollte er begründet sein, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann und somit als ins Leere gehend zurückzuweisen ist.

32      Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

33      Zur Stützung ihres dritten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin einen Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 der Charta sowie gegen den in Art. 52 Abs. 1 der Charta garantierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend, da das Gericht zum einen nicht auf ihr Vorbringen eingegangen sei, wonach eine Umstrukturierung der griechischen Schulden allein auf freiwilliger Basis bei einer Beteiligung von 85,8 % der privaten Gläubiger stattgefunden hätte, und zum anderen in Rn. 115 des angefochtenen Urteils zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 21. Juli 2016, Mamatas u. a./Griechenland (CE:ECHR:2016:0721JUD006306614), einschlägig sei, obwohl es sich – im Rahmen desselben Zwangsumtauschs der von der Hellenischen Republik begebenen und garantierten Schuldtitel – nicht mit der Enteignung ausländischer Gläubiger befasst habe.

34      Die erste Rüge stellt eine Wiederholung des Vorbringens der Rechtsmittelführerin zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes dar, so dass sie ebenfalls als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

35      Zur zweiten Rüge ist in Übereinstimmung mit der Rechtsmittelführerin festzustellen, dass der EGMR in seinem Urteil vom 8. Juli 1986, Lithgow u. a./Vereinigtes Königreich (CE:ECHR:1986:0708JUD000900680), ausgeführt hat, dass hinsichtlich der Entschädigung für einen Eigentumsentzug aufgrund einer wirtschaftlichen Umstrukturierung zwischen Staatsangehörigen und Nichtstaatsangehörigen unterschieden werden könne. Die Rechtsmittelführerin hat jedoch nichts zum Nachweis dessen vorgetragen, dass sie sich in einer anderen Lage als die von dem Zwangsumtausch staatlicher Schuldtitel betroffenen inländischen Gläubiger befinde, die es rechtfertigen würde, sie im Hinblick auf eine Entschädigung anders als die inländischen Gläubiger zu behandeln.

36      Außerdem ist hervorzuheben, dass die Erwägungen des Gerichts zur Einschlägigkeit des Urteils des EGMR vom 21. Juli 2016, Mamatas u. a./Griechenland (CE:ECHR:2016:0721JUD006306614), nur einen der Gesichtspunkte seiner Beurteilung des Vorbringens der Rechtsmittelführerin darstellen, was sich ausdrücklich aus Rn. 115 des angefochtenen Urteils ergibt, so dass die zweite Rüge des dritten Rechtsmittelgrundes jedenfalls nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann und folglich ins Leere geht.

37      Vor diesem Hintergrund ist der dritte Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

38      Mit dem vierten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht sei auf ihr Vorbringen zu der in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerten Verpflichtung, rechtzeitig eine angemessene Entschädigung zu zahlen, nicht eingegangen.

39      Mit diesem Rechtsmittelgrund wird somit ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils gerügt.

40      Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes auf die Rn. 68 und 69 ihrer Klageschrift verweist, die zu dem Teil der Klageschrift gehören, in dem es um einen behaupteten Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 der Charta geht.

41      Mit Blick auf die in Rn. 21 des vorliegenden Beschlusses angeführte Rechtsprechung ist jedoch festzustellen, dass das Gericht, wie aus den Rn. 94 bis 116 des angefochtenen Urteils hervorgeht, genau auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu der in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerten Verpflichtung, rechtzeitig eine angemessene Entschädigung zu zahlen, eingegangen ist.

42      Insbesondere hat das Gericht in den Rn. 99 und 100 seines Urteils darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung das in Art. 17 Abs. 1 der Charta verbürgte Eigentumsrecht nicht uneingeschränkt gilt und seine Ausübung Beschränkungen unterworfen werden kann, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Union entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antasten würde (Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 69 und 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Gericht das Gesetz Nr. 4050/2012 geprüft und zunächst in den Rn. 101 bis 104 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das Gesetz, wie von der Rechtsmittelführerin vorgetragen, eine Herabsetzung des Nominalwerts der von ihr gehaltenen staatlichen Schuldtitel ermöglicht habe. Sodann hat es in den Rn. 105 und 106 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass das Gesetz dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen entspreche, insbesondere der Sicherstellung der Stabilität des Bankensystems des Euro-Währungsgebiets in seiner Gesamtheit. Schließlich hat das Gericht in den Rn. 107 bis 116 des angefochtenen Urteils im Hinblick auf den verfolgten Zweck geprüft, ob die Herabsetzung des Wertes dieser von der Rechtsmittelführerin gehaltenen Schuldtitel verhältnismäßig war, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sie keinen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff dargestellt habe, der ihr Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antasten würde. Daraus folgt, dass das Gericht auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu der in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerten Verpflichtung, rechtzeitig eine angemessene Entschädigung zu zahlen, ausdrücklich eingegangen ist.

44      Unter diesen Umständen ist der vierte Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

45      Zur Stützung des fünften Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht sei nicht auf die Frage eingegangen, ob die Durchführung des Gesetzes Nr. 4050/2012 eine Beschränkung des in Art. 63 AEUV garantierten freien Kapitalverkehrs darstelle.

46      Im vorliegenden Fall hat das Gericht zwar nicht ausdrücklich geprüft, ob eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vorliegt, doch hat es, wie sich ausdrücklich aus den Rn. 121 bis 123 des angefochtenen Urteils ergibt, für den Fall, dass eine solche Beschränkung nachgewiesen werden sollte, geprüft, ob sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dies der Fall sei.

47      Unter diesen Umständen konnte das Gericht den vor ihm geltend gemachten Klagegrund eines Verstoßes gegen den freien Kapitalverkehr zurückweisen, ohne ausdrücklich eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs festzustellen. Außerdem hat die Rechtsmittelführerin nicht dargelegt, dass die Beurteilung des Gerichts in Bezug auf eine solche Rechtfertigung in irgendeiner Weise rechtsfehlerhaft wäre.

48      Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

49      Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe die Tragweite von Art. 124 AEUV verkannt, indem es festgestellt habe, dass zum einen der Erlass des Gesetzes Nr. 4050/2012 aus „aufsichtsrechtlichen Gründen“ im Sinne von Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 3604/93 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung des Verbots des bevorrechtigten Zugangs gemäß Artikel [124 AEUV] (ABl. 1993, L 332, S. 4) gerechtfertigt gewesen sei und zum anderen Art. 124 AEUV nicht den Schutz der Rechtsmittelführerin bezwecke und ihr somit keine Rechte verleihe. Hierzu führt sie näher aus, dass einer der vier anderen Kläger, nämlich die Vereinigte Raiffeisenbanken Gräfenberg-Forchheim-Eschenau-Heroldsberg eG, ein Finanzinstitut sei, das als solches unmittelbar den Schutz nach Art. 124 AEUV genieße. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass die Rechtsmittelführerin ebenfalls einen Verstoß gegen diese Bestimmung geltend machen könne.

50      Zur ersten Rüge des sechsten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 der Verordnung Nr. 3604/93 „aufsichtsrechtliche Gründe“ solche sind, die den auf der Grundlage des Unionsrechts oder in Übereinstimmung mit ihm erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bzw. Verwaltungsmaßnahmen zugrunde liegen und die die Solidität der Finanzinstitute fördern und somit die Stabilität des gesamten Finanzsystems und den Schutz der Kunden dieser Finanzinstitute stärken sollen.

51      Zum einen beschränkt sich die Rechtsmittelführerin jedoch auf den Vortrag, der Entwurf des Gesetzes Nr. 4050/2012 sei mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, ohne dies zu belegen. Zum anderen trug, wie das Gericht in Rn. 138 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, der Gesetzentwurf dazu bei, sowohl die griechischen öffentlichen Finanzen als auch die Stabilität des Finanzsystems der Eurozone zu bewahren, und förderte so die Solidität der Finanzinstitute. Der Gesetzentwurf wurde nämlich in einem Klima ernster Besorgnis hinsichtlich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Hellenischen Republik angenommen, um durch die Beteiligung des Privatsektors die Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld zu gewährleisten.

52      Unter diesen Umständen konnte das Gericht in Rn. 138 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei feststellen, dass der Erlass des Gesetzes Nr. 4050/2012 durch „aufsichtsrechtliche Gründe“ im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 3604/93 gerechtfertigt gewesen sei.

53      Zur zweiten Rüge des sechsten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass Art. 124 AEUV zu Titel VIII („Die Wirtschafts- und Währungspolitik“) des dritten Teils des AEU-Vertrags gehört. Nach Art. 124 AEUV sind Maßnahmen verboten, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffen werden und einen bevorrechtigten Zugang der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstituten schaffen.

54      Ein solches Verbot war ursprünglich in Art. 104a EG-Vertrag (später Art. 102 EG) enthalten, der mit dem Maastrichter Vertrag in den EG-Vertrag eingefügt wurde. Es ist Teil der Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Wirtschaftspolitik, die die Mitgliedstaaten dazu anhalten sollen, eine gesunde Haushaltspolitik zu befolgen, indem vermieden wird, dass eine monetäre Finanzierung öffentlicher Defizite oder Privilegien der öffentlichen Hand auf den Finanzmärkten zu einer übermäßigen Verschuldung oder überhöhten Defiziten der Mitgliedstaaten führen (Urteil vom 1. Oktober 2015, Bara u. a., C‑201/14, EU:C:2015:638, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Auf der Grundlage der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung hat das Gericht in Rn. 140 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass Art. 124 AEUV Einzelnen und Unternehmen wie der Rechtsmittelführerin keine Rechte verleiht, sondern die Organe der Union und der Mitgliedstaaten gegen die mit einem bevorrechtigten Zugang zu Finanzinstituten verbundenen Haushaltsrisiken schützen soll.

56      Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass einer der vier anderen Kläger ein Finanzinstitut sei, nicht in Frage gestellt, da es sich bei diesem weder um ein Organ der Union noch um ein Organ eines Mitgliedstaats handelt. Jedenfalls kann sich die Rechtsmittelführerin nicht auf den Schutz berufen, der nach Art. 124 AEUV für einen anderen Kläger vor dem Gericht gelten soll, der gegen das angefochtene Urteil kein Rechtsmittel eingelegt hat.

57      Nach alledem ist der sechste Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

58      Daher ist das Rechtsmittel als teilweise offensichtlich unzulässig und als teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

59      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden. Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift den anderen Parteien des Verfahrens zugestellt worden ist und ihnen Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

2.      Die EMB Consulting SE trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 12. März 2020

Der Kanzler

 

Der Präsident der Siebten Kammer

A. Calot Escobar

 

P. G. Xuereb


*      Verfahrenssprache: Deutsch.

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