EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62019CJ0187

Urteil des Gerichtshofs (Siebte Kammer) vom 4. Juni 2020.
Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) gegen Stéphane De Loecker.
Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) – Bediensteter auf Zeit – Mobbing – Antrag auf Beistand – Ablehnung des Antrags – Aufhebungs- und Schadensersatzklage – Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Recht auf Anhörung – Art. 266 AEUV – Durchführung des Aufhebungsurteils.
Rechtssache C-187/19 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:444

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

4. Juni 2020 ( *1 )

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) – Bediensteter auf Zeit – Mobbing – Antrag auf Beistand – Ablehnung des Antrags – Aufhebungs- und Schadensersatzklage – Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Recht auf Anhörung – Art. 266 AEUV – Durchführung des Aufhebungsurteils“

In der Rechtssache C‑187/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. Februar 2019,

Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD), vertreten durch S. Marquardt und R. Spac als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Stéphane De Loecker, ehemaliger Bediensteter auf Zeit des EAD, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: J.‑N. Louis, avocat,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. G. Xuereb sowie der Richter T. von Danwitz und A. Kumin (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 13. Dezember 2018, De Loecker/EAD (T‑537/17, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:951), mit dem dieses zum einen seine Entscheidung vom 10. Oktober 2016, den von Herrn Stéphane De Loecker gemäß den Art. 12a und 24 des Statuts der Beamten der Europäischen Union gestellten Beistandsantrag abzulehnen (im Folgenden: streitige Entscheidung), aufgehoben und zum anderen dessen Klage auf Ersatz des ihm angeblich entstandenen Schadens abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2

Art. 12a des Statuts der Beamten der Europäischen Union in seiner auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut), der gemäß Art. 11 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) auf Bedienstete auf Zeit entsprechend anwendbar ist, sieht vor:

„(1)   Der Beamte enthält sich jeder Form von Mobbing oder sexueller Belästigung.

(3)   Als ‚Mobbing‘ wird ungebührliches Verhalten bezeichnet, das über einen längeren Zeitraum, wiederholt oder systematisch in Verhaltensweisen, mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, Handlungen oder Gesten zum Ausdruck kommt, die vorsätzlich begangen werden und die Persönlichkeit, die Würde oder die physische oder psychische Integrität einer Person angreifen.

…“

3

Art. 24 des Statuts, das gemäß Art. 11 BSB auf die Bediensteten auf Zeit entsprechend anwendbar ist, bestimmt:

„Die Union leistet ihren Beamten Beistand, insbesondere beim Vorgehen gegen die Urheber von Drohungen, Beleidigungen, übler Nachrede, Verleumdungen und Anschlägen auf die Person oder das Vermögen, die auf Grund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes gegen sie oder ihre Familienangehörigen gerichtet werden.

Sie ersetzt solidarisch den erlittenen Schaden, soweit ihn der Beamte weder vorsätzlich noch grobfahrlässig herbeigeführt hat und soweit er keinen Schadenersatz von dem Urheber erlangen konnte.“

4

In Art. 90 des Statuts heißt es:

„(1)   Jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, kann einen Antrag auf Erlass einer sie betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten. Diese teilt dem Antragsteller ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tag der Antragstellung mit. Ergeht innerhalb dieser Frist kein Bescheid, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Beschwerde nach Absatz 2 zulässig ist.

(2)   Jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, kann sich mit einer Beschwerde gegen eine sie beschwerende Maßnahme an die Anstellungsbehörde wenden; dies gilt sowohl für den Fall, dass die Anstellungsbehörde eine Entscheidung getroffen hat, als auch für den Fall, dass sie eine im Statut vorgeschriebene Maßnahme nicht getroffen hat. Die Beschwerde muss innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt werden. …

Die Anstellungsbehörde teilt dem Betreffenden ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tag der Einreichung der Beschwerde mit. Wird innerhalb dieser Frist keine Antwort auf die Beschwerde erteilt, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Klage nach Artikel 91 zulässig ist.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

5

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 5 bis 39 des angefochtenen Urteils dargelegt und lässt sich wie folgt zusammenfassen.

6

Herr De Loecker wurde vom EAD im Rahmen eines Vierjahresvertrags als Bediensteter auf Zeit eingestellt, um als abgeordneter Bediensteter der belgischen diplomatischen Dienste ab dem 1. Januar 2011 die Stelle des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Bujumbura (Burundi) (im Folgenden: Delegation) zu bekleiden.

7

Vom 10. Juni bis 14. Juni 2013 wurde die Delegation im Rahmen einer gemeinsamen Mission des Dienstes zur Unterstützung und Evaluierung der Delegationen des EAD und der Generaldirektion (GD) „Entwicklung und Zusammenarbeit – EuropeAid“ der Europäischen Kommission überprüft (im Folgenden: Evaluierungsmission). Der Entwurf eines Berichts der Evaluierungsmission stellte schwerwiegende Verstöße bei der Delegationsleitung durch Herrn De Loecker sowohl auf der Leitungsebene als auch auf der Ebene der Organisation und der Bewältigung von Konflikten zwischen den Bediensteten fest. Diesem Entwurf waren 17 Empfehlungen beigefügt, u. a. die sofortige Einberufung von Herrn De Loecker an den Sitz des EAD zur Anhörung.

8

Zwischen dem 21. Juni und Mitte August 2013 führte der Generaldirektor Verwaltung des EAD mit dem Vorsitzenden des Direktionsausschusses des belgischen Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten mehrere Telefonate zum Fall von Herrn De Loecker.

9

Am 24. Juni 2013 rief der Generaldirektor Verwaltung Herrn De Loecker an, um ihm seine dringliche Einberufung an den Sitz des EAD in Brüssel (Belgien) mitzuteilen.

10

In einer Besprechung am 27. Juni 2013 übergab der Generaldirektor Verwaltung Herrn De Loecker einen Auszug aus dem Entwurf eines Berichts der Evaluierungsmission, der die diesen betreffenden Hauptschlussfolgerungen enthielt.

11

Am 4. Juli 2013 fand in Brüssel unter Vorsitz des Exekutivdirektors der Abteilung „Afrika“ des EAD eine Sitzung statt, an der mehrere Führungskräfte des EAD und Herr De Loecker teilnahmen, um den Entwurf eines Berichts der Evaluierungsmission zu erörtern. In dieser Sitzung wurde Herrn De Loecker eine Frist von fünf Arbeitstagen zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. Zudem wurde Herr De Loecker nach eigener Aussage zu Beginn der Sitzung vom Sitzungsvorsitzenden darüber informiert, dass „die Grundsatzentscheidung[, ihn an den Sitz einzuberufen,] bereits gefallen [war]“.

12

Am 7. Juli 2013 nahm Herr De Loecker zum Entwurf eines Berichts der Evaluierungsmission Stellung.

13

Mit Entscheidung des Hohen Vertreters der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden: Hoher Vertreter) in seiner Funktion als zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde (im Folgenden: Einstellungsbehörde) vom 15. Juli 2013 wurde Herr De Loecker im dienstlichen Interesse mit sofortiger Wirkung zum Sitz des EAD in Brüssel versetzt, um eine Stelle in der Direktion Personal der GD „Verwaltung und Finanzen“ des EAD zu bekleiden. Diese Entscheidung erging nach ihrem letzten Erwägungsgrund aufgrund der Feststellungen im Anschluss an mehrere Missionen in der Delegation in den Jahren 2012 und 2013, u. a. die Evaluierungsmission, die schwerwiegende Verstöße bei der Delegationsleitung aufgedeckt hätten, die sich u. a. negativ auf die Durchführung der Unionspolitik der Zusammenarbeit und Entwicklung auswirken könnten.

14

Gegen diese Entscheidung beantragte Herr De Loecker am 23. August 2013 vorläufigen Rechtsschutz und erhob eine Aufhebungsklage. Die Rechtsbehelfe wurden unter den Aktenzeichen F‑78/13 R und F‑78/13 in das Register eingetragen. Mit Beschluss vom 12. September 2013, De Loecker/EAD (F‑78/13 R, EU:F:2013:134), wies der Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurück. Mit Urteil vom 13. November 2014, De Loecker/EAD (F‑78/13, EU:F:2014:246), wies das Gericht für den öffentlichen Dienst die Aufhebungsklage ab.

15

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 übermittelte Herr De Loecker dem Hohen Vertreter gemäß den Art. 12a und 24 des Statuts ein als „Beschwerde“ bezeichnetes Dokument, in dem er Mobbing durch den Generaldirektor Verwaltung rügte und die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung beantragte (im Folgenden: Beistandsantrag).

16

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 bestätigte der Hohe Vertreter den Eingang des Beistandsantrags und teilte Herrn De Loecker mit, dass er ihn an die GD „Humanressourcen und Sicherheit“ der Kommission weitergeleitet habe, damit diese ihn in Zusammenarbeit mit den Dienststellen des EAD „innerhalb der im Statut vorgesehenen Frist“ behandle.

17

Am selben Tag teilte der Hohe Vertreter in seiner Funktion als Einstellungsbehörde Herrn De Loecker mit, er habe beschlossen, seinen Vertrag als Bediensteter auf Zeit mit Wirkung vom 31. März 2014 zu kündigen. Herr De Loecker erhob gegen diese Entscheidung am 28. März 2014 eine Aufhebungsklage, die vom Gericht für den öffentlichen Dienst mit dem Urteil vom 9. September 2015, De Loecker/EAD (F‑28/14, EU:F:2015:101), abgewiesen wurde.

18

Mit Entscheidung vom 14. April 2014 lehnte der Hohe Vertreter in seiner Funktion als Einstellungsbehörde den Beistandsantrag ab. Der Hohe Vertreter führte in dieser Entscheidung aus, dass das Untersuchungs- und Disziplinaramt der Kommission (Investigation and Disciplinary Office of the Commission – IDOC) an der Bearbeitung des Vorgangs beteiligt worden sei, weil der Beistandsantrag Anschuldigungen gegen den Generaldirektor Verwaltung enthalte. Da sich das IDOC aufgrund der Aktenlage für hinreichend informiert gehalten habe, sei es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung nicht erforderlich sei.

19

Am 14. Juli 2014 legte Herr De Loecker gemäß Art. 90 des Statuts Beschwerde gegen die Ablehnung seines Beistandsantrags ein. Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung des Geschäftsführenden Generalsekretärs des EAD vom 14. November 2014 zurückgewiesen.

20

Mit Klageschrift, die am 24. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst einging, erhob Herr De Loecker Klage auf Aufhebung der Entscheidung des Hohen Vertreters vom 14. April 2014, seinen Beistandsantrag abzulehnen.

21

Mit Urteil vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), hob das Gericht für den öffentlichen Dienst diese Entscheidung mit der in Rn. 45 dieses Urteils angeführten Begründung auf, der EAD habe Herrn De Loecker unter Verstoß gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) kein rechtliches Gehör gewährt. Es stützte sich auf den in Rn. 44 des Urteils dargelegten Umstand, dass aus den Akten hervorgehe, dass sich der EAD nach Erhalt des Beistandsantrags darauf beschränkt habe, dessen Eingang am 20. Dezember 2013 zu bestätigen, und Herrn De Loecker zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Bearbeitung dieses Antrags vor Erlass der fraglichen Entscheidung angehört habe.

22

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 ersuchte Herr De Loecker den EAD um Auskunft darüber, welche Maßnahmen dieser zu ergreifen gedenke, um Art. 266 AEUV nachzukommen. Mit Schreiben vom 26. Februar 2016 und vom 24. März 2016 wiederholte er dieses Ersuchen.

23

Mit Schreiben vom 14. April 2016 teilte der EAD Herrn De Loecker mit, dass seine Beschwerde im Zusammenhang mit den Urteilen des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 13. November 2014, De Loecker/EAD (F‑78/13, EU:F:2014:246), und vom 9. September 2015, De Loecker/EAD (F‑28/14, EU:F:2015:101), zu prüfen sei, mit denen die Entscheidungen des EAD über seine Einberufung an den Sitz des EAD in Brüssel sowie die Kündigung seines Vertrags als Bediensteter auf Zeit „validiert“ worden seien. Der EAD schlug ihm vor, die vom Hohen Vertreter am 14. April 2014 unterzeichnete Antwort als Entwurf einer Antwort auf seinen wegen Mobbings gestellten Beistandsantrag zu betrachten und dem EAD die damit zusammenhängenden tatsächlichen Gesichtspunkte, Stellungnahmen und Beweise zu übermitteln, die er den von ihm bereits im Rahmen dieses ursprünglichen Antrags vorgelegten Schriftstücken und Erläuterungen hinzufügen wolle, um Anhaltspunkte darzutun, die einen Anfangsbeweis für als Mobbing im Sinne des Statuts einstufbare Handlungen des damaligen Generaldirektors Verwaltung bildeten und die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens gegen diesen rechtfertigten. Es wurde klargestellt, dass dieser Vorschlag eine Anhörung von Herrn De Loecker zur Absicht der Verwaltung darstelle, seine Beschwerde in Durchführung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), zurückzuweisen.

24

Mit Schreiben vom 4. Mai 2016 antwortete Herr De Loecker dem Hohen Vertreter und rief dabei bestimmte Ereignisse in Erinnerung.

25

Mit Schreiben vom 12. Juli 2016 teilte der EAD ihm mit, dass sein Beistandsantrag von den Diensten der Kommission gemäß seinen mit dieser getroffenen Vereinbarungen überprüft werde. Bei dieser Überprüfung werde nach Aktenlage geprüft, ob die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung erforderlich sei, und ihm am Ende dieser Überprüfung die Antwort der Einstellungsbehörde mitgeteilt.

26

Mit der streitigen Entscheidung lehnte der Generalsekretär des EAD in Durchführung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), den von Herrn De Loecker gemäß den Art. 12a und 24 des Statuts gestellten Beistandsantrag als teilweise unzulässig und als jedenfalls unbegründet ab.

27

Am 10. Januar 2017 legte Herr De Loecker gegen die streitige Entscheidung eine Beschwerde gemäß Art. 90 des Statuts ein. Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung der Einstellungsbehörde vom 3. Mai 2017 zurückgewiesen.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

28

Mit Schriftsatz, der am 11. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Herr De Loecker Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung und auf Ersatz des erlittenen immateriellen Schadens.

29

Er stützte seinen Aufhebungsantrag auf zwei Klagegründe, mit denen er erstens einen Verstoß gegen Art. 266 AEUV und zweitens eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Rechts auf Aktenzugang nach Art. 41 der Charta, rügte.

30

Nach Auffassung des Gerichts waren diese beiden Klagegründe, mit denen Herr De Loecker geltend gemacht habe, dass der EAD das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe, da er ihn während der vorläufigen Prüfung nicht angehört habe, zusammen zu prüfen.

31

Das Gericht hat in Rn. 56 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der EAD aus der Aufhebung der Entscheidung vom 14. April 2014 gefolgert habe, dass Herr De Loecker vor Erlass dieser Entscheidung hätte angehört werden müssen. Das Gericht für den öffentlichen Dienst habe unter Hinweis darauf, dass Herr De Loecker den EAD davon hätte überzeugen können, eine andere Entscheidung zu treffen und insbesondere eine Verwaltungsuntersuchung einzuleiten, die Auffassung vertreten, dass der Fehler, mit dem das Verfahren behaftet sei, nicht in dem Stadium des Verfahrens erfolgt sei, an dessen Ende der EAD eine endgültige Entscheidung getroffen habe, sondern in dem Stadium, in dem das IDOC eine Untersuchung vorgenommen habe, an deren Ende es seinen vorläufigen Prüfbericht verabschiedet habe.

32

Darüber hinaus hat das Gericht in Rn. 58 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass diese Auslegung mit den Entscheidungsgründen des Urteils vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), vereinbar sei, das entgegen den Ausführungen des EAD im vorliegenden Fall einschlägig sei.

33

In Rn. 65 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass „der EAD das Urteil des [Gerichts für den öffentlichen Dienst vom] 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), nicht ordnungsgemäß durchgeführt und den Anspruch von [Herrn De Loecker] auf rechtliches Gehör verletzt hat, da er [ihn] im Rahmen der vorläufigen Bewertung vor der Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung nicht angehört hat“. Folglich hat das Gericht die streitige Entscheidung aufgehoben.

Anträge der Parteien

34

Mit seinem Rechtsmittel beantragt der EAD,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

die Klage als unbegründet abzuweisen, soweit sie den Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung betrifft;

Herrn De Loecker die Kosten aufzuerlegen.

35

Herr De Loecker beantragt,

das Rechtsmittel als unzulässig oder zumindest als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen;

dem EAD sämtliche Kosten aufzuerlegen;

hilfsweise, für den Fall, dass der Gerichtshof das angefochtene Urteil aufheben sollte, festzustellen, dass der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif ist, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.

Zum Rechtsmittel

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels

36

Herr De Loecker macht geltend, das Rechtsmittel sei offensichtlich unzulässig, da sich der EAD auf eine Wiederholung der Argumente beschränke, die er zum einen vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst in der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), ergangen sei, und zum anderen vor dem Gericht vorgetragen habe. Folglich stelle das Rechtsmittel in Wirklichkeit einen Antrag auf erneute Prüfung der beim Gericht erhobenen Klage und insbesondere auf eine neue Tatsachenwürdigung dar.

37

Nach ständiger Rechtsprechung können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn eine Partei die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich eine Partei ihr Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (vgl. Urteil vom 28. Juli 2011, Diputación Foral de Vizcaya u. a./Kommission, C‑474/09 P bis C‑476/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:522, Rn. 60 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

38

Da der EAD dem Gericht vorwirft, Art. 41 der Charta im Rahmen seiner Würdigung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), falsch ausgelegt zu haben, führt die Tatsache, dass er seine bereits im ersten Rechtszug geltend gemachte Argumentation wiederholt, nicht zu deren Unzulässigkeit.

39

Das Rechtsmittel ist somit zulässig.

Zur Begründetheit

40

Der EAD stützt sein Rechtsmittel auf einen einzigen Grund. Das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in Rn. 65 des angefochtenen Urteils entschieden habe, der EAD habe das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), nicht ordnungsgemäß durchgeführt und den Anspruch von Herrn De Loecker auf rechtliches Gehör verletzt, da er ihn nicht im Rahmen der vorläufigen Bewertung vor der Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung angehört habe.

41

Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen, mit denen im Wesentlichen gerügt wird, das Gericht habe erstens unberücksichtigt gelassen, dass Herr De Loecker angehört worden sei, zweitens das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), falsch ausgelegt und drittens einen Rechtsfehler begangen, indem es die Entscheidungsgründe seines Urteils vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), im vorliegenden Fall herangezogen habe, um seine Auslegung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), zu stützen.

Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

42

Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wirft der EAD dem Gericht im Wesentlichen vor, es habe weder das Verfahren berücksichtigt, das befolgt worden sei, noch den Umstand, dass der EAD, bevor er die Akten erneut den Dienststellen der Kommission zur vorläufigen Bewertung unterbreitet habe, Herrn De Loecker angehört habe, indem er ihm Gelegenheit gegeben habe, alle Gesichtspunkte vorzutragen, die seine ursprüngliche Beschwerde ergänzten.

– Vorbringen der Parteien

43

Der EAD macht im Wesentlichen geltend, dass er zur Durchführung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), das Verfahren auf der Grundlage der Angaben wieder aufgenommen habe, die Herr De Loecker in seiner ursprünglichen Beschwerde vom 9. Dezember 2013 gemacht habe. Bevor er die Akten den zuständigen Dienststellen der Kommission und dem IDOC zur erneuten vorläufigen Bewertung wieder unterbreitet habe, habe er Herrn De Loecker allerdings ermöglicht, alle von ihm gewünschten ergänzenden Angaben zu dieser Beschwerde zu machen. Indem er Herrn De Loecker diese Möglichkeit eingeräumt habe, habe er ihm Gelegenheit gegeben, vor der erneuten vorläufigen Prüfung der Akten durch das IDOC und damit vor Erlass der streitigen Entscheidung angehört zu werden. Diesen Gesichtspunkt habe das Gericht bei seiner Prüfung jedoch nicht berücksichtigt.

44

Darüber hinaus stellt der EAD klar, dass er es im Hinblick auf die vorläufige Bewertung für zweckmäßiger erachtet habe, Herrn De Loecker zu ersuchen, seinen Standpunkt erneut schriftlich, gegebenenfalls zusammen mit ergänzenden Angaben, vorzutragen, als lediglich die ursprüngliche Beschwerde erneut den zuständigen Verwaltungsbehörden zuzuleiten oder Herrn De Loecker unmittelbar nach der ersten vorläufigen Bewertung anzuhören. Mangels neuer Gesichtspunkte wären diese Dienststellen offensichtlich zu keinem anderen Ergebnis gekommen als bei der ersten Prüfung. Da Herr De Loecker keinen neuen Gesichtspunkt vorgetragen habe, habe er bei der erneuten vorläufigen Bewertung kein zweites Mal angehört werden müssen.

45

Der EAD weist darauf hin, dass er im vorliegenden Fall seine Befugnisse nicht dem IDOC übertragen habe, und führt im Wesentlichen aus, dass daher nur er selbst als Einstellungsbehörde dafür verantwortlich sei, die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu gewährleisten. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass das IDOC bei einer vorläufigen Bewertung Unstimmigkeiten feststelle oder der Ansicht sei, dass bestimmte Gesichtspunkte bei der Person, die die Beschwerde eingereicht habe, geklärt werden müssten, doch könne das IDOC dem EAD vorschlagen, den Beschwerdeführer um zusätzliche Informationen zu ersuchen. Ein solches Vorgehen falle jedoch nicht in den Geltungsbereich des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Verteidigungsrechte, sondern betreffe die Untersuchung des Falles durch die Verwaltung.

46

Der EAD schließt aus dem Vorstehenden, dass das Gericht mit der Annahme, dass der sich aus Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta ergebende Anspruch auf rechtliches Gehör im Verfahren zum Erlass einer vorbereitenden Handlung gelte, einen Rechtsfehler begangen habe. Auch habe es dadurch einen Fehler begangen, dass es unberücksichtigt gelassen habe, dass Herr De Loecker vor der erneuten vorläufigen Bewertung des Vorgangs durch das IDOC angehört worden sei.

47

Herr De Loecker hält dem entgegen, dass er im Rahmen der Prüfung seines Beistandsantrags zu keinem Zeitpunkt sachdienlich angehört worden sei.

48

Insbesondere weist Herr De Loecker darauf hin, dass er im vorliegenden Fall dem EAD ein Schreiben des Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs Belgien übermittelt habe, in dem die verschiedenen Gesichtspunkte, auf die er seinen Beistandsantrag gestützt habe, bestätigt worden seien. Da er vom IDOC nicht angehört worden sei, habe er diese Gesichtspunkte weder vor diesem Amt geltend machen noch ihm eine Kopie dieses Schreibens übermitteln oder die Anhörung des Verfassers des Schreibens während der Verwaltungsuntersuchung beantragen können. Daher habe das Gericht zu Recht festgestellt, dass sein Anspruch, vor der Ablehnung seines Beistandsantrags durch den EAD sachdienlich und wirksam angehört zu werden, verletzt worden sei.

– Würdigung durch den Gerichtshof

49

Erstens wirft der EAD dem Gericht vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass er Herrn De Loecker angehört habe, indem er ihm, bevor er die Akten erneut den zuständigen Dienststellen der Kommission zur vorläufigen Bewertung unterbreitet habe, Gelegenheit gegeben habe, alle Gesichtspunkte vorzutragen, die seinen ursprünglichen Antrag ergänzten. Das Gericht hat aber in Rn. 49 des angefochtenen Urteils auf diese Tatsache hingewiesen, bevor es – insbesondere in Rn. 57 des angefochtenen Urteils – klargestellt hat, dass der Fehler, mit dem das Verfahren behaftet sei, in dem Verfahrensstadium erfolgt sei, in dem das IDOC eine vorläufige Bewertung vorgenommen habe, an deren Ende es seinen vorläufigen Prüfbericht für den EAD verabschiedet habe.

50

Zweitens macht der EAD geltend, das Gericht habe mit der Annahme, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör im Verfahren zum Erlass einer vorbereitenden Handlung gelte, verkannt, dass der EAD seine Befugnisse nicht auf das IDOC übertragen habe. Den Rn. 57, 59 und 65 des angefochtenen Urteils lässt sich aber entnehmen, dass das Gericht davon ausging, dass Herr De Loecker während der vom IDOC durchgeführten Untersuchung hätte angehört werden müssen, d. h. in dem Verfahrensstadium, in dem dieses Amt eine vorläufige Bewertung vornahm, an deren Ende es seinen vorläufigen Prüfbericht erstellte.

51

Somit hat das Gericht die vom EAD angeführten Gesichtspunkte nicht unberücksichtigt gelassen, sondern daraus lediglich andere rechtliche Folgerungen gezogen.

52

Folglich ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zu verwerfen.

Zum zweiten und zum dritten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

53

Der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes richtet sich gegen die Rn. 55 bis 57 des angefochtenen Urteils. Mit diesem Teil macht der EAD im Wesentlichen geltend, das Gericht habe das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), falsch ausgelegt. Das Gericht habe dieses Urteil zu Unrecht dahin gehend ausgelegt, dass es eine Pflicht für den EAD begründe, Herrn De Loecker im Stadium der vorläufigen Bewertung anzuhören.

54

Mit dem dritten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes macht der EAD im Wesentlichen geltend, das Gericht habe einen Beurteilungsfehler begangen, indem es die Entscheidungsgründe seines Urteils vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), auf den vorliegenden Fall übertragen habe. Das Gericht berücksichtige nicht, dass im Unterschied zu der Rechtssache, in der dieses Urteil zum Anspruch auf rechtliches Gehör während einer Verwaltungsuntersuchung ergangen sei, die vorliegende Rechtssache die vermeintliche Verletzung dieses Anspruchs im Rahmen der vorläufigen Bewertung betreffe, die die Dienststellen der Kommission für Rechnung des EAD vornähmen und die der Verwaltungsuntersuchung vorausgehe.

– Vorbringen der Parteien

55

Der EAD macht im Wesentlichen geltend, das Gericht habe das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), falsch ausgelegt, da es zu Unrecht angenommen habe, das Urteil begründe eine Pflicht für den EAD, Herrn De Loecker bereits im Stadium der vorläufigen Bewertung durch das IDOC anzuhören. Das Gericht für den öffentlichen Dienst habe jedoch in den Rn. 44 bis 49 dieses Urteils lediglich festgestellt, dass der EAD den Anspruch von Herrn De Loecker verletzt habe, vor Erlass der streitigen Entscheidung, mit der das Verfahren ohne Folge abgeschlossen und damit seine Beschwerde zurückgewiesen worden sei, angehört zu werden. Daher sei das Gericht für den öffentlichen Dienst davon ausgegangen, dass die Pflicht zur Anhörung von Herrn De Loecker vor dem Erlass einer endgültigen Entscheidung des EAD und damit zwangsläufig nach der vorläufigen Bewertung der Akten durch das IDOC hätte erfüllt werden müssen.

56

Der EAD trägt erstens vor, diese vorläufige Bewertung stelle keine beschwerende Maßnahme dar, die Herrn De Loecker in seinen Rechten beeinträchtige, sondern eine interne rein vorbereitende Handlung, die es der Einstellungsbehörde ermögliche, zu beurteilen, ob sie eine Verwaltungsuntersuchung einleiten solle oder nicht. Er stützt sich insoweit auf das Urteil vom 12. Juli 2012, Kommission/Nanopoulos (T‑308/10 P, EU:T:2012:370, Rn. 85). Wenn die Einstellungsbehörde entscheide, ob sie eine Verwaltungsuntersuchung einleite, berücksichtige sie mehrere Gesichtspunkte, u. a. die vorläufige Bewertung durch das IDOC. Nicht durch die vorläufige Bewertung werde somit die betroffene Person beeinträchtigt, sondern durch die Entscheidung, den Beistandsantrag abzulehnen. Vor Erlass dieser Entscheidung höre die Einstellungsbehörde diese Person jedoch an, die dann Gelegenheit habe, alle Argumente und Dokumente beizubringen, die bei der Einreichung des Beistandsantrags nicht beigebracht worden seien.

57

Zweitens weist der EAD darauf hin, dass er als Einstellungsbehörde dafür verantwortlich sei, die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor Erlass der endgültigen Entscheidung zu gewährleisten. Somit leiste das IDOC im Rahmen der zwischen dem EAD und den zuständigen Dienststellen der Kommission getroffenen Verwaltungsvereinbarung (Service-Level Arrangement – SLA) lediglich Unterstützung.

58

Drittens lasse sich weder Anhang IX des Statuts betreffend die Disziplinarverfahren noch Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta entnehmen, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör bereits im Stadium der vorläufigen Bewertung der Akten bestehe.

59

Im vorliegenden Fall habe der EAD, nachdem er Herrn De Loecker Gelegenheit gegeben habe, alle zur Stützung seiner Beschwerde wegen Mobbings ergänzenden Tatsachen vorzutragen, nach der vorläufigen Bewertung durch das IDOC und dessen Empfehlung die Ansicht vertreten, dass die Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte enthielten, die einen Anfangsbeweis für Mobbing gegen ihn bildeten. Folglich habe der EAD Herrn De Loecker mitgeteilt, dass es nicht gerechtfertigt erscheine, eine Verwaltungsuntersuchung gegen die Person einzuleiten, die ihn gemobbt haben solle. Der EAD ist der Auffassung, dass Herr De Loecker in diesem Stadium des Verfahrens nicht erneut anzuhören gewesen sei. Dagegen hätte Herr De Loecker, wenn die Einleitung einer solchen Untersuchung beschlossen worden wäre, Gelegenheit gehabt, angehört zu werden, d. h., während und insbesondere vor Abschluss der Verwaltungsuntersuchung ergänzende Informationen und Anmerkungen zu unterbreiten.

60

Mit dem dritten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes macht der EAD im Wesentlichen geltend, dass die Entscheidungsgründe des in Rn. 58 des angefochtenen Urteils angeführten Urteils des Gerichts vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar seien.

61

Der EAD weist darauf hin, dass das Urteil des Gerichts vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), die Frage betroffen habe, ob dem Disziplinarverfahren, das gegen den betreffenden Unionsbeamten eingeleitet worden sei, eine Verwaltungsuntersuchung hätte vorausgehen müssen. Das Gericht habe in diesem Urteil befunden, dass die Kommission ihre eigenen Durchführungsvorschriften nicht beachtet habe, indem sie ein Disziplinarverfahren ohne die vorherige Durchführung einer Verwaltungsuntersuchung eingeleitet habe, in der der betreffende Beamte hätte angehört werden müssen. Der vorliegende Fall unterscheide sich aber aus zwei Gründen offenkundig von dem Fall, in dem dieses Urteil ergangen sei. Zum einen wäre eine Verwaltungsuntersuchung, wenn sie eingeleitet worden wäre, gegen den mutmaßlichen Urheber des Mobbings und nicht gegen Herrn De Loecker gerichtet worden. Zum anderen sei im vorliegenden Fall weder eine Verwaltungsuntersuchung noch ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

62

Folglich habe das Gericht dadurch, dass es die Entscheidungsgründe des Urteils des Gerichts vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), auf die vorliegende Rechtssache übertragen habe, die verschiedenen Verfahrensabschnitte, nämlich die vorläufige Bewertung, die Verwaltungsuntersuchung, das Vordisziplinarverfahren und das Disziplinarverfahren, vermengt.

63

Herr De Loecker hält das Vorbringen des EAD zur Auslegung der Entscheidungsgründe des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), für nicht stichhaltig.

64

Zudem vertritt Herr De Loecker die Ansicht, dass das Vorbringen des EAD, das Urteil des Gerichts vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74), sei auf die vorliegende Rechtssache nicht übertragbar, offenkundig unzulässig sei, da der EAD hierfür keinen relevanten Gesichtspunkt vorbringe, und tritt diesem Vorbringen jedenfalls entgegen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

65

In Rn. 65 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass Herr De Loecker im ersten Verfahrensstadium hätte angehört werden müssen, d. h. in dem Stadium, in dem das IDOC die vorläufige Bewertung vornehme, an deren Ende es einen Bericht verabschiede, der eine Empfehlung in der Frage enthalte, ob ein Anfangsbeweis für Mobbing als notwendige Voraussetzung für die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung vorliege.

66

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich eine Person, die gemäß den Art. 12a und 24 des Statuts einen Beistandsantrag gestellt hat, da sie Mobbingopfer sei, nach dem Grundsatz der guten Verwaltung auf das Recht berufen kann, zu den sie betreffenden Tatsachen gehört zu werden (vgl. entsprechend Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 50).

67

Gemäß Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta umfasst nämlich das Recht auf eine gute Verwaltung u. a. das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

68

Das Recht, gehört zu werden, garantiert jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird (vgl. entsprechend Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69

Sodann ist klarzustellen, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör ein doppeltes Ziel verfolgt. Er dient zum einen der Zusammenstellung der Akten und einer möglichst genauen und zutreffenden Ermittlung des Sachverhalts und ermöglicht es zum anderen, einen wirksamen Schutz der betroffenen Person zu gewährleisten. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll insbesondere gewährleisten, dass jede beschwerende Entscheidung in Kenntnis aller Umstände getroffen wird, und soll u. a. der zuständigen Behörde erlauben, einen Fehler zu berichtigen, und der betroffenen Person, individuelle Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juli 2014, Kamino International Logistics und Datema Hellmann Worldwide Logistics, C‑129/13 und C‑130/13, EU:C:2014:2041, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 11. Dezember 2014, Boudjlida, C‑249/13, EU:C:2014:2431, Rn. 37 und 59).

70

Im vorliegenden Fall ist die streitige Entscheidung, mit der der EAD den von Herrn de Loecker gemäß den Art. 12a und 24 des Statuts gestellten Beistandsantrag abgelehnt hat, eine diesen beschwerende individuelle Maßnahme im Sinne von Art. 41 Abs. 2 der Charta.

71

Wie das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils ausgeführt und wie der EAD in seinem Rechtsmittel geltend gemacht hat, hat der EAD auf der Grundlage der vorläufigen Bewertung des IDOC die streitige Entscheidung erlassen, in der das Ergebnis dieser Bewertung zum Ausdruck kommt. Zu den Modalitäten der Vornahme dieser Bewertung ist darauf hinzuweisen, dass nach Anhang 6 der zwischen dem EAD und der GD „Humanressourcen und Sicherheit“ getroffenen Vereinbarung (Ares [2013]859A35) der EAD zwar die Einstellungsbehörde bleibt, die die endgültige Entscheidung trifft, die Durchführung des „operationellen“ Teils des Verfahrens aber Sache des IDOC ist.

72

Wie in den Rn. 24 und 25 des vorliegenden Urteils ausgeführt, wurde Herr De Loecker angehört, bevor das IDOC seine Untersuchung durchführte. Dagegen wurde er weder im Rahmen der vorläufigen Bewertung durch das IDOC angehört noch vor der Übermittlung der Empfehlungen des IDOC an den EAD oder dem Erlass der streitigen Entscheidung durch den EAD.

73

Da der EAD diese Entscheidung auf der Grundlage der vorläufigen Bewertung und der Empfehlungen des IDOC erließ, hätte er die Wahrung des Anspruchs von Herrn De Loecker auf rechtliches Gehör sicherstellen müssen, indem er ihm Gelegenheit gab, im Rahmen der vom IDOC durchgeführten Untersuchung Stellung zu nehmen und gegebenenfalls zusätzliche Auskünfte zu erteilen. Seine Anhörung hätte nämlich das IDOC gegebenenfalls zu anderen Schlussfolgerungen veranlassen können, was zur Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung hätte führen können.

74

Diese Einschätzung wird dadurch bestärkt, dass eine Entscheidung wie die streitige Entscheidung, mit der ein Beistandsantrag im Rahmen einer Beschwerde wegen Mobbings abgelehnt wird, für die betroffene Person schwerwiegende Folgen haben kann, da Mobbinghandlungen verheerende Auswirkungen auf den Gesundheitszustand dieser Person haben können und sich die Anerkennung des Vorliegens eines solchen Mobbings durch die Verwaltung für sich genommen günstig auf den therapeutischen Prozess der Wiederherstellung dieser Person auswirken kann.

75

Das Gericht hat daher nicht gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verstoßen und das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 16. Dezember 2015, De Loecker/EAD (F‑34/15, EU:F:2015:153), nicht falsch ausgelegt, als es die Auffassung vertreten hat, dass der Anspruch von Herrn De Loecker auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.

76

Der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes betrifft die Entscheidungsgründe des Gerichts in Bezug auf das Urteil vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74). Hierzu genügt der Hinweis, dass es sich, wie sich aus der Verwendung des Wortes „zudem“ in Rn. 58 des angefochtenen Urteils ergibt, lediglich um einen vom Gericht angeführten nicht tragenden Grund handelt. Der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes ist daher als ins Leere gehend zu verwerfen.

77

Da der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet und der dritte Teil als ins Leere gehend zu verwerfen sind, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kosten

78

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Herr De Loecker beantragt hat, dem EAD die Kosten aufzuerlegen, und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

Top