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Document 62019CJ0086

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 9. Juli 2020.
SL gegen Vueling Airlines SA.
Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de lo Mercantil no 9 de Barcelona.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Luftverkehr – Übereinkommen von Montreal – Art. 17 Abs. 2 – Haftung von Luftfrachtführern für aufgegebenes Reisegepäck – Nachweislicher Verlust eines aufgegebenen Gepäckstücks – Anspruch auf Entschädigung – Art. 22 Abs. 2 – Haftungshöchstbeträge bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung des Reisegepäcks – Keine Informationen über das verlorene Gepäckstück – Beweislast – Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität.
Rechtssache C-86/19.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:538

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

9. Juli 2020 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Luftverkehr – Übereinkommen von Montreal – Art. 17 Abs. 2 – Haftung von Luftfrachtführern für aufgegebenes Reisegepäck – Nachweislicher Verlust eines aufgegebenen Gepäckstücks – Anspruch auf Entschädigung – Art. 22 Abs. 2 – Haftungshöchstbeträge bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung des Reisegepäcks – Keine Informationen über das verlorene Gepäckstück – Beweislast – Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität“

In der Rechtssache C‑86/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil no 9 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 9 Barcelona, Spanien) mit Entscheidung vom 3. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Februar 2019, in dem Verfahren

SL

gegen

Vueling Airlines SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter S. Rodin und D. Šváby, der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2020,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von SL, vertreten durch A. Azcárraga Gonzalo, A. Velázquez Cobos und J. C. Siqueira Viana, abogados,

der Vueling Airlines SA, vertreten durch J. Fillat Boneta, abogado,

der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, M. Hellmann, U. Bartl und A. Berg als Bevollmächtigte,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und M.A.M. de Ree als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Rius und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. März 2020

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 2 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen, von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichneten und mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 (ABl. 2001, L 194, S. 38) in ihrem Namen genehmigten Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (im Folgenden: Übereinkommen von Montreal), das in Bezug auf die Europäische Union am 28. Juni 2004 in Kraft getreten ist.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen SL und der Vueling Airlines SA, einem Luftfahrtunternehmen, wegen Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der durch den Verlust des von SL aufgegebenen Reisegepäcks bei einem von ihr durchgeführten Flug entstanden ist.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

3

Nach dem dritten Absatz der Präambel des Übereinkommens von Montreal erkennen die Vertragsstaaten die „Bedeutung des Schutzes der Verbraucherinteressen bei der Beförderung im internationalen Luftverkehr und eines angemessenen Schadenersatzes nach dem Grundsatz des vollen Ausgleichs“ an.

4

Im fünften Absatz dieser Präambel heißt es, dass „gemeinsames Handeln der Staaten zur weiteren Harmonisierung und Kodifizierung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr durch ein neues Übereinkommen das beste Mittel ist, um einen gerechten Interessenausgleich zu erreichen“.

5

Art. 3 Abs. 3 des Übereinkommens von Montreal sieht vor:

„Der Luftfrachtführer hat dem Reisenden für jedes aufgegebene Gepäckstück einen Beleg zur Gepäckidentifizierung auszuhändigen.“

6

Art. 17 dieses Übereinkommens („Tod und Körperverletzung von Reisenden – Beschädigung von Reisegepäck“) bestimmt:

„…

(2)   Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. …

(3)   Hat der Luftfrachtführer den Verlust des aufgegebenen Reisegepäcks anerkannt oder ist das aufgegebene Reisegepäck nach Ablauf von einundzwanzig Tagen seit dem Tag, an dem es hätte eintreffen sollen, nicht eingetroffen, so kann der Reisende die Rechte aus dem Beförderungsvertrag gegen den Luftfrachtführer geltend machen.

(4)   Vorbehaltlich entgegenstehender Bestimmungen bezeichnet in diesem Übereinkommen der Begriff ‚Reisegepäck‘ sowohl aufgegebenes als auch nicht aufgegebenes Reisegepäck.“

7

Art. 22 („Haftungshöchstbeträge bei Verspätung sowie für Reisegepäck und Güter“) Abs. 2 dieses Übereinkommens lautet:

„Bei der Beförderung von Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 1000 Sonderziehungsrechten je Reisenden; diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Reisende bei der Übergabe des aufgegebenen Reisegepäcks an den Luftfrachtführer das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. In diesem Fall hat der Luftfrachtführer bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Reisenden an der Ablieferung am Bestimmungsort.“

8

Nach dem in Art. 24 des Übereinkommens von Montreal vorgesehenen Verfahren wurde der Haftungshöchstbetrag im Sinne von Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens ab dem 30. Dezember 2009 auf 1131 Sonderziehungsrechte (im Folgenden: SZR) je Reisenden für Schäden am Reisegepäck erhöht. Ab 28. Dezember 2019 wurde dieser Betrag auf 1288 SZR angehoben.

Unionsrecht

9

Infolge der Unterzeichnung des Übereinkommens von Montreal wurde die Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9. Oktober 1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr (ABl. 1997, L 285, S. 1) durch die Verordnung (EG) Nr. 889/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Mai 2002 (ABl. 2002, L 140, S. 2) geändert (im Folgenden: Verordnung Nr. 2027/97).

10

In den Erwägungsgründen 12 und 18 der Verordnung Nr. 889/2002 heißt es:

„(12)

Durch einheitliche, für alle Beförderungen durch Luftfahrtunternehmen der [Union] geltende Haftungshöchstbeträge für Verlust, Beschädigung oder Zerstörung von Reisegepäck sowie für Schäden, die durch Verspätung entstehen, wird sichergestellt, dass sowohl für die Fluggäste als auch für die Luftfahrtunternehmen einfache und klare Regeln gelten und dass der Fluggast erkennen kann, wann er eine zusätzliche Versicherung benötigt.

(18)

Soweit weitere Vorschriften zur Umsetzung des Übereinkommens von Montreal zu Punkten, die von der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 nicht geregelt werden, erforderlich sind, ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, derartige Vorschriften zu erlassen.“

11

Art. 1 der Verordnung Nr. 2027/97 sieht vor:

„Diese Verordnung setzt die einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens von Montreal über die Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr um und trifft zusätzliche Bestimmungen. Ferner wird der Geltungsbereich dieser Bestimmungen auf Beförderungen im Luftverkehr innerhalb eines einzelnen Mitgliedstaats ausgeweitet.“

12

Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Für die Haftung eines Luftfahrtunternehmens der [Union] für Fluggäste und deren Gepäck gelten alle einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens von Montreal.“

Sachverhalt und Vorlagefrage

13

Am 18. September 2017 reiste SL mit einem von Vueling Airlines durchgeführten Flug von Ibiza (Spanien) nach Fuerteventura (Spanien) mit einer Zwischenlandung in Barcelona (Spanien). Sie gab ihr Gepäck bei diesem Luftfahrtunternehmen auf.

14

Nach einem normal verlaufenen Flug stellte sie bei ihrer Ankunft fest, dass ihr Gepäck nicht am Zielflughafen angekommen war. Daraufhin legte sie bei diesem Luftfahrtunternehmen eine Beschwerde ein.

15

Am 11. Dezember 2017 erhob SL beim vorlegenden Gericht, dem Juzgado de lo Mercantil no 9 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 9 Barcelona, Spanien) eine Klage gegen Vueling Airlines auf Zahlung des in Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal festgesetzten Entschädigungshöchstbetrags von 1131 SZR als Ersatz des ihr durch den Verlust des Gepäcks entstandenen materiellen und immateriellen Schadens. Zur Stützung ihrer Klage trägt SL vor, dass der Verlust der schwerste Fall der Beschädigung des Reisegepäcks nach dieser Bestimmung sei.

16

Vueling Airlines räumt ein, dass das Gepäck nicht gefunden worden sei. Sie verweigert dennoch die Zahlung des Entschädigungshöchstbetrags nach Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal und bietet als Ersatz für den durch den Verlust des Gepäcks verursachten materiellen und immateriellen Schaden lediglich 250 Euro an. SL habe keine Angaben zu Inhalt, Wert und Gewicht des Gepäcks gemacht und keine Nachweise über Einkäufe vorgelegt, die sie zum Ersatz der im Gepäck enthaltenen Sachen habe tätigen müssen. Vueling Airlines ist aber der Ansicht, dass diese Angaben notwendig seien, damit ein Reisender nachweisen könne, dass ihm der in Art. 22 Abs. 2 vorgesehene Entschädigungshöchstbetrag zustehe.

17

Das vorlegende Gericht macht darauf aufmerksam, dass Art. 17 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal in der Rechtsprechung auf nationaler Ebene unterschiedlich ausgelegt würden. Wenn der Verlust eines Gepäckstücks nachgewiesen sei, sprächen manche Gerichte den nach dieser Bestimmung vorgesehenen Entschädigungshöchstbetrag zu, da es sich um den schwersten der in Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal vorgesehenen Fälle der Beschädigung von Reisegepäck handle, ohne vom Reisenden zu verlangen, dass er weitere Nachweise behaupte oder erbringe. Andere Gerichte seien hingegen der Ansicht, dass die Höhe der dem Reisenden bei Verlust des Gepäcks zu gewährenden Entschädigung vom Gericht anhand der erbrachten Beweise zu bestimmen sei und der Geschädigte verpflichtet sei, den erlittenen Schaden mit einem der rechtlich zulässigen Beweismittel nachzuweisen.

18

Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Mercantil no 9 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 9 von Barcelona) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Muss die Fluggesellschaft, wenn der Verlust des Koffers nachgewiesen ist, den Reisenden immer und in jedem Fall mit dem Entschädigungshöchstbetrag von 1131 SZR entschädigen, da es sich um den schwersten der in Art. 17 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal vorgesehenen Fälle handelt, oder handelt es sich um einen Entschädigungshöchstbetrag, der auch im Fall des Verlusts des Koffers vom Gericht je nach den gegebenen Umständen herabgesetzt werden kann, so dass die 1131 SZR nur dann zuzusprechen sind, wenn der Reisende mit einem der rechtlich zulässigen Beweismittel nachweist, dass der Wert der Sachen und persönlichen Gegenstände, die er in dem aufgegebenen Gepäckstück befördert hat, und der Wert der Gegenstände, die er anschaffen musste, um diese zu ersetzen, diesen Höchstbetrag erreicht hat, oder kann das Gericht, wenn dies nicht erfolgt ist, auch andere Gesichtspunkte berücksichtigen wie beispielsweise die Anzahl der Kilogramm, die der Koffer gewogen hat, oder, zur Bewertung des durch die Unannehmlichkeiten infolge des Verlusts des Gepäckstücks entstandenen immateriellen Schadens, ob der Verlust auf der Hin- oder auf der Rückreise eingetreten ist?

Zur Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit

19

Vueling Airlines trägt vor, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig, da die Antwort auf die Frage nach der Auslegung von Art. 17 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere dem Urteil vom 6. Mai 2010, Walz (C‑63/09, EU:C:2010:251), klar entnommen werden könne und keine vernünftigen Zweifel aufwerfe.

20

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen ihm und den nationalen Gerichten allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache des Ausgangsverfahrens sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Wenn die Fragen die Auslegung des Unionsrechts, zu dem das Übereinkommen von Montreal als integraler Bestandteil gehört, betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Mai 2010, Walz, C‑63/09, EU:C:2010:251, Rn. 19 und 20; und vom 12. April 2018, Finnair, C‑258/16, EU:C:2018:252, Rn. 19 und 20), ist der Gerichtshof daher grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden (vgl. u. a. Urteile vom 19. November 2019, A. K. u. a. [Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts], C‑585/18, C‑624/18 und C‑625/18, EU:C:2019:982, Rn. 97, sowie vom 19. Dezember 2019, Junqueras Vies, C‑502/19, EU:C:2019:1115, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21

Hieraus folgt, dass eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen eines nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festlegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. März 2018, flightright u. a., C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2018:160, Rn. 46, und vom 24. Oktober 2018, XC u. a., C‑234/17, EU:C:2018:853, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22

Es ist einem nationalen Gericht aber keineswegs untersagt, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, deren Beantwortung nach Auffassung einer der Parteien des Ausgangsverfahrens keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist diese Vorlagefrage nicht schon deshalb unzulässig (Urteil vom 1. Dezember 2011, Painer, C‑145/10, EU:C:2011:798, Rn. 64 und 65).

23

Folglich ist das Vorbringen von Vueling Airlines, mit dem die Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens dargetan werden soll, zurückzuweisen, und die Frage des vorlegenden Gerichts ist zu beantworten.

Zur Begründetheit

Einleitende Bemerkungen

24

Zunächst ist festzustellen, dass die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage eigentlich zwei Fragen umfasst. Die erste betrifft den pauschalen Charakter der Entschädigung, die nach Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal einem Reisenden zusteht, dessen aufgegebenes Reisegepäck, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, während eines Zeitraums verloren gegangen ist, in dem es sich in der Obhut des Luftfrachtführers befunden hat. Die zweite Frage betrifft die Modalitäten der Bestimmung der Höhe dieser Entschädigung für den Fall, dass der in Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal genannte Betrag nicht automatisch oder pauschal geschuldet wird.

25

Diese beiden Fragen sind daher nacheinander zu prüfen.

26

Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2027/97 für die Haftung der Luftfahrtunternehmen der Union für Fluggäste und deren Gepäck alle einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens von Montreal gelten (Urteile vom 6. Mai 2010, Walz, C‑63/09, EU:C:2010:251, Rn. 18, und vom 19. Dezember 2019, Niki Luftfahrt, C‑532/18, EU:C:2019:1127, Rn. 29).

27

Nach ständiger Rechtsprechung sind weiter die Bestimmungen eines internationalen Vertrags wie das Übereinkommen von Montreal nach allgemeinem Völkerrecht, an das die Union gebunden ist und das durch Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331) kodifiziert wurde, nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Licht seines Ziels und Zwecks auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Mai 2010, Walz, C‑63/09, EU:C:2010:251, Rn. 23, vom 22. November 2012, Espada Sánchez u. a., C‑410/11, EU:C:2012:747, Rn. 20 bis 22, und vom 19. Dezember 2019, Niki Luftfahrt, C‑532/18, EU:C:2019:1127, Rn. 31).

Zur ersten Frage

28

Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass der in Art. 22 Abs. 2 bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung des aufgegebenen Gepäcks, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, als Höchstbetrag für die Haftung des Luftfrachtführers vorgesehene Betrag eine Obergrenze für die Entschädigung darstellt oder im Gegenteil ein Pauschalbetrag ist, der dem Reisenden automatisch zusteht.

29

Nach Art. 17 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, „jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand“ (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Mai 2010, Walz, C‑63/09, EU:C:2010:251, Rn. 32, und vom 22. November 2012, Espada Sánchez u. a., C‑410/11, EU:C:2012:747, Rn. 25 und 26). Diese Bestimmung beschränkt sich daher darauf, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen Fluggäste bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck einen Entschädigungsanspruch haben.

30

In Bezug auf Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal hat der Gerichtshof nicht nur entschieden, dass bei der Beförderung von Reisegepäck die Haftung des Luftfrachtführers für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung vom 30. Dezember 2009 bis zum 28. Dezember 2019 auf den Betrag von 1131 SZR je Reisenden „beschränkt ist“, sondern auch, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Begrenzung einen Höchstbetrag für die Entschädigung darstellt, den ein Reisender nicht automatisch und pauschal erhält, auch nicht bei Verlust seines Reisegepäcks (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2012, Espada Sánchez u. a., C‑410/11, EU:C:2012:747, Rn. 34).

31

Der Gerichtshof hat weiter festgestellt, dass der in Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal festgesetzte Entschädigungshöchstbetrag für den gesamten entstandenen Schaden gelten muss, unabhängig davon, ob es sich um einen materiellen oder einen immateriellen Schaden handelt. Die Möglichkeit des Reisenden, nach Art. 22 Abs. 2 dieses Übereinkommens bei der Übergabe des aufgegebenen Reisegepäcks an das Luftfahrtunternehmen das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig anzugeben, bestätigt, dass es sich – sofern keine derartigen Angaben gemacht werden – bei dem Haftungshöchstbetrag, den das Luftfahrtunternehmen für Schäden, die durch den Verlust von Reisegepäck eintreten, zu zahlen hat, um einen absoluten Höchstbetrag handelt, der sowohl den immateriellen als auch den materiellen Schaden abdeckt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Mai 2010, Walz, C‑63/09, EU:C:2010:251, Rn. 37 und 38).

32

Im Übrigen geht aus den Vorarbeiten zum Übereinkommen von Montreal hervor, dass die in der Bestimmung des Entwurfs, der später zu Art. 22 dieses Übereinkommens wurde, genannten Beträge als Höchstbeträge und nicht als pauschale Entschädigungsbeträge, die den Geschädigten automatisch zu gewähren sind, konzipiert waren. Obwohl diese Auslegung durch die Verwendung eines Ausdrucks wie „nicht mehr als“ genauer wiedergegeben werden kann, wurde beschlossen, den Ausdruck „nur bis zu“ zugrunde zu legen, da dieser Ausdruck in der Rechtsprechung, die zu dem am 12. Oktober 1929 in Warschau unterzeichneten Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (League of Nations – Treaty Series, Bd. 137, S. 12) entwickelt wurde, üblicherweise verwendet wird. Dieses Abkommen ist durch das Übereinkommen von Montreal ersetzt worden (Protokoll der 12. Sitzung des Plenarausschusses vom 25. Mai 1999, Internationale Konferenz über das Luftverkehrsrecht, Montreal, 10. bis 28. Mai 1999, Bd. I, Protokolle).

33

Dazu ist auch klarzustellen, dass weder aus Art. 17 Abs. 2 noch aus Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal hervorgeht, dass der Verlust von Reisegepäck als der schwerste Fall der Beschädigung von Reisegepäck anzusehen ist, so dass eine Entschädigung in Höhe des in der zweiten Bestimmung vorgesehenen Betrags dem Geschädigten allein deshalb automatisch zusteht, weil ein solcher Verlust erwiesen ist. Diese Bestimmungen beschränken sich nämlich darauf, die verschiedenen Fälle aufzuführen, die die Haftung des Luftfahrtunternehmens für Schäden bei der Beförderung von Reisegepäck innerhalb der in der zweiten Bestimmung vorgesehenen Grenze begründen können, ohne jedoch eine Hierarchie unter diesen Fällen nach Maßgabe ihrer Schwere aufzustellen.

34

Daraus folgt, dass der Entschädigungsbetrag, den ein Luftfahrtunternehmen einem Reisenden bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung seines aufgegebenen Reisegepäcks, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, schuldet, innerhalb der in Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal festgesetzten Grenze unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles zu bestimmen ist.

35

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass der in Art. 22 Abs. 2 bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung des aufgegebenen Gepäcks, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, als Höchstbetrag für die Haftung des Luftfrachtführers vorgesehene Betrag eine Obergrenze für die Entschädigung darstellt, die dem Reisenden nicht automatisch und pauschal zusteht. Es ist demnach Sache des nationalen Gerichts, innerhalb dieser Grenze den Entschädigungsbetrag zu bestimmen, der diesem unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles zusteht.

Zur zweiten Frage

36

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass er die Modalitäten für die Festsetzung des Entschädigungsbetrags regelt, den ein Luftfahrtunternehmen einem Reisenden bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung eines aufgegebenen Gepäckstücks schuldet, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde.

37

Der Gerichtshof hat entschieden, dass es im Hinblick auf den Schadensersatz nach Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal Sache der betroffenen Reisenden ist, unter Nachprüfung durch das nationale Gericht den Inhalt des verloren gegangenen Reisegepäcks rechtlich hinreichend nachzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2012, Espada Sánchez u. a., C‑410/11, EU:C:2012:747, Rn. 35).

38

Da jedoch, wie der Generalanwalt in Nr. 32 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, weder das Übereinkommen von Montreal noch die Verordnung Nr. 2027/97, mit der die einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr umgesetzt werden, spezifische Bestimmungen über den Nachweis der von diesem Übereinkommen erfassten Schäden vorsehen, sind nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie die einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts anzuwenden, wie im Übrigen der 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 889/2002 zeigt, wonach es, soweit weitere Vorschriften zur Umsetzung des Übereinkommens von Montreal zu Punkten, die von der Verordnung Nr. 2027/97 nicht geregelt werden, erforderlich sind, Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, derartige Vorschriften zu erlassen.

39

Nach ständiger Rechtsprechung ist es mangels einer unionsrechtlichen Regelung in diesem Bereich nämlich Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Modalitäten dürfen aber nicht weniger günstig ausgestaltet sein als für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe-Zentralfinanz und Rewe-Zentral, 33/76, EU:C:1976:188, Rn. 5, vom 13. März 2007, Unibet, C‑432/05, EU:C:2007:163, Rn. 38, 39 und 43, sowie vom 11. September 2019, Călin, C‑676/17, EU:C:2019:700, Rn. 30).

40

Die Einhaltung dieser beiden Anforderungen ist unter Berücksichtigung der Stellung der betreffenden Vorschriften im gesamten Verfahren, von dessen Ablauf und der Besonderheiten dieser Vorschriften vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2019, Călin, C‑676/17, EU:C:2019:700, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass – wie der Generalanwalt in den Nrn. 35 und 36 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat – es den betroffenen Reisenden obliegt, im Rahmen der auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal erhobenen Klagen rechtlich hinreichend, u. a. durch Urkundenbeweis über die zum Ersatz des Gepäckinhalts entstandenen Kosten, den im Fall der Zerstörung, des Verlusts, der Beschädigung oder der Verspätung dieser Gepäckstücke entstandenen Schaden nachzuweisen, und es den zuständigen nationalen Gerichten obliegt, nach der in den Rn. 39 und 40 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu überprüfen, dass die anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere die Beweisregeln, die Ausübung der Schadensersatzansprüche, die die Reisenden aus diesen Bestimmungen ableiten, nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

42

Insbesondere in einer Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Geschädigte keinen Nachweis für den Schaden erbracht hat, der durch Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder nachweisliche Verspätung des Reisegepäcks verursacht wurde, können die vom vorlegenden Gericht genannten Gesichtspunkte, wie das Gewicht des verloren gegangenen Reisegepäcks und der Umstand, dass der Verlust bei der Hin- oder Rückreise eingetreten ist, vom nationalen Gericht berücksichtigt werden, um den erlittenen Schaden zu ermitteln und den an den Geschädigten zu zahlenden Entschädigungsbetrag festzusetzen. Diese Gesichtspunkte sind jedoch nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen.

43

Insbesondere in Bezug auf das Gewicht des verloren gegangenen Reisegepäcks ist, da grundsätzlich nur der Luftfrachtführer in der Lage ist, einen solchen Beweis im Anschluss an die Aufgabe dieses Gepäcks zu erbringen, darauf hinzuweisen, dass, damit die Einhaltung des Effektivitätsgrundsatzes gewährleistet ist, das nationale Gericht, wenn es feststellt, dass der Umstand, dass einer Partei die Beweislast auferlegt wird, geeignet ist, die Führung dieses Beweises praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren, u. a., weil er Angaben betrifft, über die diese Partei nicht verfügen kann, gehalten ist, alle ihm nach dem nationalen Recht zu Gebote stehenden Verfahrensmaßnahmen auszuschöpfen, darunter die Anordnung der erforderlichen Beweiserhebungen, einschließlich der Vorlage von Urkunden oder Schriftstücken durch eine Partei oder einen Dritten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2006, Laboratoires Boiron, C‑526/04, EU:C:2006:528, Rn. 55).

44

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass der Entschädigungsbetrag, den ein Luftfahrtunternehmen einem Reisenden bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung eines aufgegebenen Gepäckstücks schuldet, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, vom nationalen Gericht nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere den Beweisregeln, zu bestimmen ist. Diese Vorschriften dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe geltenden und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die durch das Übereinkommen von Montreal verliehen werden, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

Kosten

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Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichnet und mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 in ihrem Namen genehmigt wurde, ist dahin auszulegen, dass der in Art. 22 Abs. 2 bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung des aufgegebenen Gepäcks, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, als Höchstbetrag für die Haftung des Luftfrachtführers vorgesehene Betrag eine Obergrenze für die Entschädigung darstellt, die dem Reisenden nicht automatisch und pauschal zusteht. Es ist demnach Sache des nationalen Gerichts, innerhalb dieser Grenze den Entschädigungsbetrag zu bestimmen, der diesem unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles zusteht.

 

2.

Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal ist dahin auszulegen, dass der Entschädigungsbetrag, den ein Luftfahrtunternehmen einem Reisenden bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung eines aufgegebenen Gepäckstücks schuldet, für das keine besondere Erklärung über das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort abgegeben wurde, vom nationalen Gericht nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere den Beweisregeln, zu bestimmen ist. Diese Vorschriften dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe geltenden und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die durch das Übereinkommen von Montreal verliehen werden, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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