Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62019CJ0057

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 2. September 2021.
Europäische Kommission gegen Tempus Energy Ltd und Tempus Energy Technology Ltd.
Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung – Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Art. 4 Abs. 3 und 4 – Begriff ‚Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt‘ – Entscheidung, keine Einwände zu erheben – Keine Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 – Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren – ‚Vorabkontakte‘ – Verfahrensrechte der Beteiligten – Kapazitätsmarkt im Vereinigten Königreich.
Rechtssache C-57/19 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:663

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

2. September 2021 ( *1 )

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung – Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Art. 4 Abs. 3 und 4 – Begriff ‚Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt‘ – Entscheidung, keine Einwände zu erheben – Keine Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 – Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren – ‚Vorabkontakte‘ – Verfahrensrechte der Beteiligten – Kapazitätsmarkt im Vereinigten Königreich“

In der Rechtssache C‑57/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. Januar 2019,

Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

unterstützt durch

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

andere Parteien des Verfahrens:

Tempus Energy Ltd mit Sitz in Pontypridd (Vereinigtes Königreich),

Tempus Energy Technology Ltd mit Sitz in Pontypridd,

Prozessbevollmächtigte: J. Derenne und D. Vallindas, avocats, sowie Rechtsanwalt C. Ziegler,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, zunächst vertreten durch F. Shibli, S. McCrory und Z. Lavery, dann durch F. Shibli und S. McCrory im Beistand von G. Facenna, QC, und D. Mackersie, Barrister,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter), der Richter N. Piçarra, D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juni 2021

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 15. November 2018, Tempus Energy und Tempus Energy Technology/Kommission (T‑793/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:790), mit dem das Gericht den Beschluss C(2014) 5083 final der Kommission vom 23. Juli 2014, keine Einwände gegen die Beihilferegelung zum Kapazitätsmarkt im Vereinigten Königreich zu erheben (staatliche Beihilfe 2014/N‑2) (ABl. 2014, C 348, S. 5, im Folgenden: streitiger Beschluss), für nichtig erklärt hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 659/1999

2

Art. 4 („Vorläufige Prüfung der Anmeldung und Entscheidungen der Kommission“) der auf die in Rede stehende Beihilferegelung anwendbaren Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) bestimmt in seinen Abs. 2 bis 5:

„(2)   Gelangt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung zu dem Schluss, dass die angemeldete Maßnahme keine Beihilfe darstellt, so stellt sie dies durch Entscheidung fest.

(3)   Stellt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme, insoweit sie in den Anwendungsbereich des Artikels [107] Absatz 1 [AEUV] fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, so entscheidet sie, dass die Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (nachstehend ‚Entscheidung, keine Einwände zu erheben‘ genannt). In der Entscheidung wird angeführt, welche Ausnahmevorschrift des Vertrags zur Anwendung gelangt ist.

(4)   Stellt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, so entscheidet sie, das Verfahren nach Artikel [108] Absatz 2 [AEUV] zu eröffnen (nachstehend ‚Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens‘ genannt).

(5)   Die Entscheidungen nach den Absätzen 2, 3 und 4 werden innerhalb von zwei Monaten erlassen. Diese Frist beginnt am Tag nach dem Eingang der vollständigen Anmeldung. Die Anmeldung gilt als vollständig, wenn die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Anmeldung oder nach Eingang der von ihr – gegebenenfalls – angeforderten zusätzlichen Informationen keine weiteren Informationen anfordert. Die Frist kann mit Zustimmung der Kommission und des betreffenden Mitgliedstaats verlängert werden. Die Kommission kann bei Bedarf kürzere Fristen setzen.“

3

Art. 6 („Förmliches Prüfverfahren“) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 1:

„Die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in dieser Entscheidung zu einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.“

Verhaltenskodex

4

Der Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren (ABl. 2009, C 136, S. 13, im Folgenden: Verhaltenskodex) enthält u. a. einen Titel 3 („Vorabkontakte“), in dem sich die Nrn. 10 bis 18 dieses Kodex befinden. Die Nrn. 10 bis 16 lauten wie folgt:

„10. Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass Vorabkontakte selbst in vermeintlichen Routinefällen nützlich sind. Vorabkontakte geben den Kommissionsdienststellen und dem anmeldenden Mitgliedstaat die Möglichkeit, die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte eines geplanten Beihilfevorhabens im Vorfeld der Anmeldung auf vertrauensvoller Grundlage informell zu erörtern, was sich auf Qualität und Vollständigkeit der förmlichen Anmeldungen positiv auswirkt. In diesem Rahmen können der betreffende Mitgliedstaat und die Kommissionsdienststellen auch gemeinsam konstruktive Vorschläge zur Änderung problematischer Aspekte einer geplanten Beihilfemaßnahme ausarbeiten. Die Voranmeldephase schafft somit die Voraussetzungen für eine beschleunigte Prüfung der Anmeldungen nach ihrer förmlichen Übermittlung an die Kommission. Wird die Möglichkeit der Voranmeldung erfolgreich genutzt, dürfte die Kommission in der Lage sein, Entscheidungen nach Artikel 4 Absatz 2, 3 bzw. 4 der Verordnung … Nr. 659/1999 innerhalb von zwei Monaten nach der Anmeldung zu erlassen …

11. Ausdrücklich empfohlen werden Vorabkontakte, wenn eine Beihilfesache aufgrund bestimmter Neuerungen oder anderer Besonderheiten informelle Erörterungen mit den Kommissionsdienststellen im Vorfeld der Anmeldung gerechtfertigt erscheinen lassen. Die Kommission wird generell aber, wenn gewünscht, den Mitgliedstaaten informell Erläuterungen zur Verfügung stellen.

3.1. Gegenstand

12. Die Voranmeldephase bietet Gelegenheit zu erörtern und zu erläutern, welche Angaben auf dem Anmeldeformular gemacht werden müssen, damit die Anmeldung von Anfang an vollständig ist. Im Rahmen der Voranmeldephase können auch die wichtigsten Probleme, die eine geplante Maßnahme aufwirft, in offener und konstruktiver Weise erörtert werden. Dies ist besonders wichtig, wenn Beihilfevorhaben in der ursprünglich beabsichtigten Form nicht genehmigt werden könnten und daher zurückgezogen oder in wesentlichen Punkten geändert werden sollten. Während der Voranmeldephase kann ferner geprüft werden, ob für das Vorhaben andere Rechtsgrundlagen herangezogen werden können bzw. ob es einschlägige frühere Fälle gibt. Darüber hinaus können die Kommissionsdienststellen und der betreffende Mitgliedstaat in dieser Phase wesentliche wettbewerbsrechtliche Bedenken erörtern und prüfen, welche ökonomischen Analysen und ggf. Beiträge externer Sachverständiger erforderlich sind, um die Vereinbarkeit eines Beihilfevorhabens mit dem Gemeinsamen Markt nachzuweisen. Der anmeldende Mitgliedstaat kann in der Voranmeldephase auch beantragen, dass die Kommissionsdienststellen auf bestimmte Angaben im Anmeldeformular verzichten, die für die Prüfung des konkreten Beihilfevorhabens irrelevant sind. Die Voranmeldephase ist darüber hinaus entscheidend, um zu ermitteln, ob eine Beihilfesache prima facie für das vereinfachte Verfahren … in Betracht kommt.

3.2. Umfang und zeitlicher Ablauf

13. Damit die Voranmeldephase konstruktiv und effizient genutzt werden kann, liegt es im Interesse des betreffenden Mitgliedstaats, der Kommission auf einem Anmeldungsentwurf alle Angaben zu übermitteln, die für die Prüfung des Beihilfevorhabens notwendig sind. Mit Blick auf eine zügige Bearbeitung der Beihilfesache werden Vorabkontakte (per E‑Mail oder Telefonkonferenz) gegenüber Treffen grundsätzlich bevorzugt. Die Kommissionsdienststellen organisieren in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Empfang des Anmeldungsentwurfs einen ersten Vorabkontakt her.

14. Vorabkontakte sollten im Allgemeinen nicht länger als 2 Monate dauern und die Übermittlung einer vollständigen Anmeldung zur Folge haben. Führen die Vorabkontakte nicht zu den gewünschten Ergebnissen, so können die Kommissionsdienststellen die Voranmeldephase für abgeschlossen erklären. Da der zeitliche Ablauf und die Form der Vorabkontakte jedoch von der Komplexität des Einzelfalls abhängen, können sich Vorabkontakte unter Umständen auch über mehrere Monate erstrecken. In besonders schwierigen Fällen (z. B. Rettungsbeihilfen, hohe Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen, hohe Einzelbeihilfen oder besonders umfassende oder komplexe Beihilferegelungen) empfiehlt die Kommission daher, dass der Mitgliedstaat die Vorabkontakte so früh wie möglich aufnimmt, um konstruktive Gespräche zu ermöglichen.

15. Nach den Erfahrungen der Kommission ist es äußerst nützlich, den Beihilfeempfänger in die Vorabkontakte einzubinden, zumal wenn die Beihilfemaßnahme erhebliche technische, finanzielle und vorhabenbezogene Auswirkungen hat. Daher empfiehlt die Kommission, die Empfänger von Einzelbeihilfen an den Vorabkontakten zu beteiligen.

16. Außer in Fällen, die wesentliche Neuerungen beinhalten oder besonders komplex sind, ist die Kommission bestrebt, dem betreffenden Mitgliedstaat am Ende der Voranmeldephase informell ihre erste Einschätzung des Vorhabens mitzuteilen. Diese Einschätzung bindet die Kommission nicht und ist nicht als deren offizieller Standpunkt zu werten; vielmehr erläutern die Kommissionsdienststellen mündlich und informell die Vollständigkeit des Anmeldungsentwurfs und auf Prima-facie-Grundlage die Vereinbarkeit des geplanten Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt. In besonders komplexen Fällen können die Kommissionsdienststellen auf Antrag des Mitgliedstaats auch schriftliche Erläuterungen zu den noch fehlenden Angaben geben.“

Leitlinien 2014‑2020

5

Titel 3 („Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV“) der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 (ABl. 2014, C 200, S. 1, im Folgenden: Leitlinien 2014‑2020) enthält folgenden Passus:

„(25)

Abschnitt 3.2 enthält die allgemeinen Vereinbarkeitskriterien, die für alle in den Anwendungsbereich dieser Leitlinien fallenden Beihilfemaßnahmen gelten, sofern diese allgemeinen Kriterien nicht in den spezifischeren Abschnitten des Kapitels 3 präzisiert oder geändert sind. …

3.1. Allgemeine Grundsätze für die beihilferechtliche Würdigung

(27)

Zu diesem Zweck sieht die Kommission eine Beihilfemaßnahme nur dann als mit dem Binnenmarkt vereinbar an, wenn sie jedes der folgenden Kriterien erfüllt:

e)

Angemessenheit der Beihilfe (Beschränkung auf das erforderliche Minimum): Der Beihilfebetrag ist auf das für die Förderung zusätzlicher Investitionen oder Tätigkeiten in dem betreffenden Gebiet erforderliche Minimum begrenzt (Abschnitt 3.2.5).

3.2.5. Angemessenheit der Beihilfe

(69)

Umwelt- und Energiebeihilfen werden als angemessen betrachtet, wenn der Beihilfebetrag pro Beihilfeempfänger auf das zur Verwirklichung des angestrebten Umwelt- oder Energieziels erforderliche Minimum beschränkt ist.

3.2.6. Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

3.2.6.1. Allgemeine Erwägungen

(92)

Beihilfen können auch durch Stärkung bzw. Wahrung erheblicher Marktmacht des Beihilfeempfängers eine verfälschende Wirkung haben. Selbst wenn Beihilfen eine erhebliche Marktmacht nicht direkt stärken, kann dies indirekt geschehen, indem die Expansion eines Wettbewerbers erschwert, ein Wettbewerber vom Markt verdrängt oder der Markteintritt eines potenziellen neuen Wettbewerbers blockiert wird.

3.9. Beihilfen zur Förderung einer angemessenen Stromerzeugung

3.9.2. Erforderlichkeit staatlicher Maßnahmen

(223)

Die Mitgliedstaaten sollten eindeutig nachweisen, warum nicht davon auszugehen ist, dass der Markt ohne staatliche Intervention eine angemessene Stromerzeugung sicherstellen kann; dabei ist auf die aktuellen Markt- und Technologieentwicklungen … einzugehen.

(224)

Die Kommission wird bei der Würdigung unter anderem und wenn angezeigt die folgenden Unterlagen berücksichtigen, die von den Mitgliedstaaten übermittelt werden müssen:

b)

Bewertung der Auswirkungen einer nachfrageseitigen Marktteilnahme, einschließlich der Beschreibung von Maßnahmen, um das Nachfragemanagement zu fördern …;

3.9.5. Angemessenheit

(228)

Der Beihilfegesamtbetrag sollte so berechnet werden, dass die Beihilfeempfänger eine Rendite erzielen, die als angemessen betrachtet werden kann.

(229)

Nach Auffassung der Kommission führt eine klar auf das definierte Ziel zugeschnittene Ausschreibung mit eindeutigen, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien unter normalen Umständen zu angemessenen Renditen.

(230)

Die Maßnahme sollte Mechanismen beinhalten, mit denen sichergestellt werden kann, dass keine Zufallsgewinne anfallen.

(231)

Die Maßnahmen sollte durch ihre Ausgestaltung sicherstellen, dass der Preis für die Verfügbarkeit von Erzeugungskapazität automatisch gegen Null geht, wenn davon auszugehen ist, dass die bereitgestellte Kapazität den Kapazitätsbedarf decken kann.

3.9.6. Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(232)

Die Maßnahme sollte so ausgestaltet werden, dass alle Kapazitäten, die konkret zur Behebung des Erzeugungsdefizits beitragen können, an der Maßnahme teilnehmen können; dabei sollten insbesondere folgende Faktoren berücksichtigt werden:

a)

Beteiligung von Stromerzeugern, die unterschiedliche Technologien einsetzen, und von Betreibern, die Maßnahmen mit vergleichbarer technischer Leistung anbieten, zum Beispiel Nachfragesteuerung, Verbindungsleitungen und Speicherung. Unbeschadet der Randnummer (228) kann die Einschränkung der Beteiligung nur mit der für die Behebung des Kapazitätsproblems unzulänglichen technischen Leistung gerechtfertigt werden. Des Weiteren sollte die Maßnahme zur Gewährleistung einer angemessenen Stromerzeugung für eine potenzielle Aggregierung des Angebots und der Nachfrage offen sein.

(233) Die Maßnahme sollte

a)

nicht dazu führen, dass die Anreize, in Verbindungskapazität zu investieren, verringert werden;

b)

nicht die Marktkopplung erschweren (einschließlich der Märkte für Ausgleichsenergie);

c)

nicht die vor der Maßnahme gefassten Investitionsentscheidungen zugunsten der Stromerzeugung oder Entscheidungen der Betreiber bezüglich der Märkte für Ausgleichs- und Hilfsleistungen untergraben;

d)

eine marktbeherrschende Stellung nicht übermäßig stärken;

e)

im Falle technisch und wirtschaftlich vergleichbarer Parameter kohlenstoffarme Stromerzeuger bevorzugen.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

6

Die in den Rn. 1 bis 20 des angefochtenen Urteils geschilderte Vorgeschichte des Rechtsstreits kann für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammengefasst werden.

7

Die Tempus Energy Ltd und die Tempus Energy Technology Ltd (im Folgenden zusammen: Tempus) besitzen eine Stromversorgerlizenz für das Vereinigte Königreich und vertreiben eine Technologie zur Steuerung des Stromverbrauchs, die sogenannte „Demand-Side Response“ (DSR), bei Privatpersonen und Gewerbetreibenden.

8

Die vom streitigen Beschluss erfasste Beihilferegelung (im Folgenden: in Rede stehende Maßnahme) besteht in der Bereitstellung eines Kapazitätsmarkts durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland in Form einer Vergütung der Anbieter von Stromkapazität als Gegenleistung für ihre Verpflichtung zur Stromerzeugung oder zur Senkung bzw. Verschiebung des Stromverbrauchs in Zeiten hoher Netzbelastung. Ziel dieser Regelung ist, wie es im dritten Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses heißt, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

9

Was die Funktionsweise des Kapazitätsmarkts betrifft, wird die benötigte Kapazität zentral festgelegt, und der Markt bestimmt durch Auktionen den angemessenen Preis für die Bereitstellung dieser Kapazität. Jedes Jahr finden Auktionen für eine Lieferung der vier Jahre später benötigten Kapazität statt (im Folgenden: T‑4-Auktionen). Eine weitere Auktion wird in dem Jahr durchgeführt, das dem Jahr der Lieferung der Hauptauktionen vorausgeht (im Folgenden: T‑1-Auktionen). Auf der Grundlage einer Schätzung der „rentablen“ DSR-Kapazität, die an den T‑1-Auktionen teilnehmen könnte, wird eine bestimmte Kapazitätsmenge von den T‑4-Auktionen systematisch zurückbehalten und für die T‑1-Auktionen „reserviert“. Aus dem streitigen Beschluss geht hervor, dass sich die Regierung des Vereinigten Königreichs verpflichtet, mindestens 50 % der vier Jahre zuvor „reservierten“ Kapazität auf den T‑1-Auktionen zu versteigern, da die T‑1-Auktionen den DSR-Anbietern einen besseren Zugang zum Markt eröffnen. Die T‑4- und T‑1-Auktionen (im Folgenden: dauerhafte Auktionen) bilden die dauerhafte Regelung ab. Neben der dauerhaften Regelung gab es eine Übergangsregelung, nach der vor dem Lieferzeitraum 2018/2019 „Übergangsauktionen“ vorgesehen waren, die hauptsächlich DSR-Anbietern offenstanden.

10

Erfolgreiche Kapazitätsanbieter erhalten einen Kapazitätsvertrag zum Schlusspreis, d. h. zum niedrigsten Preis, der am Ende absteigender Auktionen festgelegt wird. Die Laufzeit der Kapazitätsverträge, für die die Teilnehmer ihre Gebote abgeben, ist variabel. So haben, während die Mehrzahl der bestehenden Kapazitätsanbieter Zugang zu Verträgen von einem Jahr haben, Kapazitätsanbieter mit Kapitalkosten über 125 Pfund Sterling (GBP) (etwa 141 Euro) je Kilowatt (kW) (Kraftwerke, die instand zu setzen sind) Zugang zu Verträgen mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren und Kapazitätsanbieter mit Kapitalkosten über 250 GBP (etwa 282 Euro) je kW (neue Kraftwerke) zu Verträgen mit einer maximalen Laufzeit von 15 Jahren. Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr werden nur bei den T‑4-Auktionen vergeben.

11

Die Kosten der Finanzierung der Kapazitätsvergütung werden von allen zugelassenen Stromversorgern gemeinsam übernommen. Die von den Stromversorgern zu zahlende Abgabe wird auf der Grundlage ihres Marktanteils festgelegt und anhand der Nachfrage berechnet, die zwischen 16 und 19 Uhr an Wochentagen von November bis Februar verzeichnet wird, was einen Anreiz schaffen soll, die Stromnachfrage ihrer Kunden in Zeiträumen zu senken, in denen sie üblicherweise am höchsten ist. Dem streitigen Beschluss zufolge sollte dies zu einer Verringerung des Kapazitätsbedarfs und somit zu einer Senkung der Kosten des Kapazitätsmarkts führen.

12

Mit dem streitigen Beschluss beschloss die Kommission, keine Einwände gegen die in Rede stehende Maßnahme zu erheben, weil diese nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, da sie den in Abschnitt 3.9 der Leitlinien 2014‑2020 festgelegten Kriterien entspreche.

Klage beim Gericht und angefochtenes Urteil

13

Mit Klageschrift, die am 4. Dezember 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Tempus Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

14

Zur Stützung ihrer Klage machte sie zwei Klagegründe geltend. Mit dem ersten rügte Tempus einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV, einen Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sowie eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung und mit dem zweiten einen Begründungsmangel.

15

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Gericht dem ersten Klagegrund und damit der Klage statt und erklärte den streitigen Beschluss für nichtig, ohne den zweiten Klagegrund zu prüfen.

16

Wie aus Rn. 267 des angefochtenen Urteils hervorgeht, war das Gericht insbesondere der Ansicht, dass es eine Gesamtheit objektiver und übereinstimmender Indizien – die zum einen auf die Dauer und die Umstände der Vorabkontakte und zum anderen darauf gegründet gewesen seien, dass der Inhalt des streitigen Beschlusses unvollständig und unzureichend gewesen sei, weil die Kommission im Stadium der vorläufigen Prüfung keine angemessene Untersuchung bestimmter Aspekte des Kapazitätsmarkts vorgenommen habe – gegeben habe, die belegten, dass dieser Beschluss trotz bestehender Bedenken im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 erlassen worden sei, aufgrund deren die Kommission verpflichtet gewesen sei, das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen.

Anträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren

17

Die Kommission beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

den Antrag auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zurückzuweisen oder, hilfsweise, die Sache zur Prüfung des zweiten Klagegrundes an das Gericht zurückzuverweisen;

Tempus jedenfalls die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

18

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland unterstützt die Anträge der Kommission ebenso wie die Republik Polen, die mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 5. Juli 2019 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen wurde.

19

Tempus beantragt,

das Rechtsmittel entweder als unzulässig oder als unbegründet zurückzuweisen;

hilfsweise, über den zweiten Klagegrund, mit dem ein Begründungsmangel des streitigen Beschlusses geltend gemacht wird, zu entscheiden und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären;

der Kommission neben ihren eigenen Kosten die Kosten von Tempus im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof aufzuerlegen;

dem Vereinigten Königreich seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

20

Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Kommission als einzigen Rechtsmittelgrund eine fehlerhafte Auslegung von Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV sowie Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 659/1999 geltend.

21

Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile: Mit dem ersten wird ein Fehler des Gerichts bei der Auslegung des Begriffs „ernste Schwierigkeiten“ sowie bei der Berücksichtigung – als Tatbestandsmerkmale dieser Schwierigkeiten – der Dauer und der Umstände der Vorabkontakte, des Vorliegens kritischer Stellungnahmen Dritter sowie der Komplexität und der Neuheit der in Rede stehenden Maßnahme geltend gemacht, und mit dem zweiten die Fehlerhaftigkeit der Feststellung des Gerichts, die Kommission habe bestimmte Aspekte des Kapazitätsmarkts im Vereinigten Königreich nicht angemessen untersucht.

Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

Vorbringen der Parteien

22

Die Kommission macht fünf Rügen zur Stützung des ersten Teils ihres einzigen Rechtsmittelgrundes geltend. Mit der ersten Rüge trägt die Kommission, unterstützt durch das Vereinigte Königreich und die Republik Polen, im Wesentlichen vor, das Gericht habe in den Rn. 68 bis 72 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler hinsichtlich des Umfangs der Prüfung begangen, die sie in Bezug auf eine von einem Mitgliedstaat angemeldete Beihilfemaßnahme durchführen müsse. Das Gericht habe nämlich unzutreffend die Auffassung vertreten, dass sich die Kommission im vorliegenden Fall nicht mit den vom Vereinigten Königreich vorgelegten Informationen habe zufriedengeben dürfen, sondern eine eigene Untersuchung hätte durchführen und für ihre Beurteilung in der Vorprüfungsphase andere Informationsquellen hätte suchen müssen.

23

Nach Ansicht der Kommission bedeuten die Erwägungen des Gerichts, dass sie verpflichtet wäre, immer dann ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, wenn ihre Entscheidung den kritischen Stellungnahmen Dritter zur geprüften Beihilfemaßnahme nicht vollständig Rechnung trage. Die Kommission hebt hervor, dass sie im vorliegenden Fall keine offizielle Beschwerde über die in Rede stehende Maßnahme erhalten habe. Zudem habe sie die Stellungnahmen, die spontan und informell von Dritten während der informellen Vorabkontakte abgegeben worden seien, nicht außer Acht gelassen. Sie sei allerdings nicht verpflichtet gewesen, anhand anderer Quellen nach Informationen zu suchen. Die Tatsache, dass das Gericht das Gegenteil entschieden habe, habe die Wirkung, das Vorprüfungsverfahren in ein Verfahren zur Prüfung einer Maßnahme von Amts wegen umzuwandeln, wodurch außerdem das Ermessen beseitigt werde, über das sie verfüge, um festzustellen, ob Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer Maßnahme mit dem Binnenmarkt bestünden.

24

Ferner ist die Kommission wegen der beachtlichen Unterschiede zwischen einer angemeldeten Beihilfe und einer rechtswidrigen, unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV durchgeführten Beihilfe der Ansicht, dass aus dem Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France (C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 62), nicht abgeleitet werden könne, dass sie im Fall einer angemeldeten Beihilfe dazu verpflichtet sei, aus eigener Initiative alle Umstände zu untersuchen, die Beteiligten anzuhören und auf alle ihre Argumente einzugehen, wenn die vom anmeldenden Mitgliedstaat vorgelegten Informationen ausreichten, nach einer ersten Prüfung zu der Überzeugung gelangen zu können, dass die angemeldete Maßnahme keine Beihilfe darstelle oder, falls sie als solche einzustufen sei, mit dem Binnenmarkt vereinbar sei.

25

Das Vereinigte Königreich und die Republik Polen sind ebenfalls der Auffassung, dass das Gericht die Schwelle offensichtlich zu niedrig angesetzt habe, um das Vorliegen von Bedenken im vorliegenden Fall zu bejahen, und das Ermessen verkannt habe, über das die Kommission bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 AEUV und bei ihrer Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens verfüge. Der Ansatz des Gerichts führe in Wirklichkeit dazu, den Unterschied zwischen vorläufiger Prüfung und förmlichem Prüfverfahren entgegen dem, was die Verordnung Nr. 659/1999 vorsehe, zu verwischen. Zudem verpflichte dieser Ansatz die Kommission, ihre Untersuchung fortzusetzen, sobald ein Beteiligter während der vorläufigen Prüfung Bedenken bezüglich der betreffenden Maßnahme äußere, auch wenn dieser Beteiligte keinen Beweis vorgelegt habe. Die Tatsache, dass die Kommission im vorliegenden Fall nicht auf jedes der von Tempus während des Verfahrens vorgebrachten Argumente eingegangen sei, bedeute außerdem nicht, dass sie den streitigen Beschluss nicht auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen habe erlassen dürfen. Dass dieser Beschluss Tempus nicht zufriedengestellt habe, zeige nicht, dass der Kommission Informationen gefehlt hätten, um eine Maßnahme dieser Art erlassen zu dürfen.

26

Mit der zweiten Rüge macht die Kommission geltend, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in den Rn. 79 ff. des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die Merkmale einer Maßnahme wie etwa ihre technische Komplexität, ihre Neuheit oder der Betrag der Beihilfe in absoluten Zahlen das Vorliegen „ernster Schwierigkeiten“ bei der Feststellung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem AEU‑Vertrag belegen könnten. In Wirklichkeit seien diese Gesichtspunkte für die Beurteilung dieser Frage irrelevant, und die Kommission bemühe sich gerade darum, diese technischen Schwierigkeiten eines Dossiers während der Vorabkontakte zu überwinden. Die Rechtsprechung habe im Übrigen anerkannt, dass solche Gesichtspunkte es rechtfertigen könnten, dass das Vorprüfungsverfahren mehr Zeit in Anspruch nehme, ohne dazu zu verpflichten, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen. Das angefochtene Urteil stelle diese Rechtsprechung in Frage, indem es die Komplexität der Maßnahme als Gesichtspunkt heranziehe, der längere Kontakte mit dem betreffenden Mitgliedstaat nicht rechtfertigen könne, sondern für die Kommission eine Pflicht begründe, ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen.

27

Mit der dritten Rüge trägt die Kommission vor, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in den Rn. 85, 92, 106, 109 und 111 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die lange Dauer der Vorabkontakte und die vielfältigen, von drei Arten von Betreibern eingereichten Stellungnahmen einen Anhaltspunkt für das Vorliegen ernster Schwierigkeiten darstellten, wodurch es von seiner eigenen Rechtsprechung abgewichen sei, aus der hervorgehe, dass nur dann, wenn die Vorprüfung weitaus länger als zwei Monate, gerechnet ab dem Eingang der vollständigen Anmeldung, dauere, diese Dauer als Anhaltspunkt für ernste Schwierigkeiten berücksichtigt werden müsse. Die Entscheidung, eine Beihilfemaßnahme anzumelden, liege ganz beim betreffenden Mitgliedstaat, und solange eine Beihilfemaßnahme nicht angemeldet worden sei, habe die Untätigkeit der Kommission keine Folgen.

28

Mit der vierten Rüge wirft die Kommission dem Gericht vor, insbesondere in den Rn. 101 bis 109 und 111 des angefochtenen Urteils die Bandbreite und die Herkunft der Stellungnahmen, die der Kommission von mehreren Betreibern übermittelt worden seien, als Aspekte berücksichtigt zu haben, die geeignet gewesen seien, Zweifel an der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu wecken. Hierzu trägt sie vor, dass die Rechtsprechung, wonach sie im Fall von Beschwerden über rechtswidrige Beihilfen, d. h. ohne vorherige Anmeldung gewährte Beihilfen, sorgfältig handeln müsse, nicht auf noch nicht angemeldete und noch nicht durchgeführte Beihilfevorhaben ausgedehnt werden dürfe. Spontane Stellungnahmen Dritter zu solchen Beihilfevorhaben dürften nicht einer Beschwerde gleichgestellt werden, die die Pflicht auslöse, die Untersuchung nicht hinauszuzögern und die in ihr enthaltenen Behauptungen innerhalb einer bestimmten Frist zu prüfen.

29

Mit ihrer fünften Rüge wirft die Kommission dem Gericht vor, in den Rn. 86 bis 91 des angefochtenen Urteils entschieden zu haben, dass die Phase der Vorabkontakte nicht die Prüfung der Vereinbarkeit der beabsichtigten Maßnahme zum Gegenstand haben dürfe und dass die Kommission die – eventuell vorausgehende – Phase der Vorbereitung der Anmeldung nicht mit der Phase ihrer Prüfung verwechseln dürfe. Ziel der Vorabkontakte sei es, ihr zu ermöglichen, informell und vertraulich mit dem betreffenden Mitgliedstaat die Informationen auszutauschen, die erforderlich seien, um sicherzustellen, dass die Anmeldung dieser Maßnahme, wenn sie erfolge, als vollständig angesehen werde. In zahlreichen Fällen wie im vorliegenden böten die Vorabkontakte Gelegenheit, Aspekte einer beabsichtigten Maßnahme anzusprechen, die eventuell nicht vollständig mit den Regeln im Bereich staatlicher Beihilfen in Einklang stünden, was es dem betreffenden Mitgliedstaat ermögliche, die notwendigen Änderungen an dieser Maßnahme vor ihrer Anmeldung vorzunehmen. Solche Kontakte würden gerade in komplexen Fällen angeregt.

30

Das Vereinigte Königreich und die Republik Polen sind ebenfalls der Auffassung, dass das Gericht den rechtlichen und politischen Rahmen der Phase der Vorabkontakte, wie er sich aus dem Verhaltenskodex ergebe, verkannt habe. Eine effektive Phase der Vorabkontakte ermögliche es, die Gefahr der Verzögerung bei der Durchführung einer Beihilfemaßnahme zu minimieren, was für das Vereinigte Königreich im vorliegenden Fall besonders wichtig gewesen sei. Entgegen der Entscheidung des Gerichts bestünden große Chancen, dass mit einer gründlichen Phase der Vorabkontakte bei einer neuen und komplexen Maßnahme jegliche Zweifel an der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem AEU‑Vertrag ausgeräumt werden könnten.

31

Nach Ansicht des Vereinigten Königreichs brauchte die Kommission im vorliegenden Fall dank der Vorabkontakte, während der es die Informationen zusammengetragen habe, die es ermöglicht hätten, die Fragen der Kommission zu beantworten, während der es die Maßnahme, deren Anmeldung es beabsichtigt habe, geändert habe und während der es im Inland Konsultationen durchgeführt habe, um Beweise von Beteiligten zu erhalten, keine eigene Bewertung vorzunehmen. Wenn die Dauer des Austauschs während der Vorabkontakte ein Argument für die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens darstellen sollte, wären weder die Kommission noch die Mitgliedstaaten an einer engen Zusammenarbeit im Rahmen dieser Kontakte interessiert.

32

Tempus erwidert auf die erste Rüge, dass das Vorbringen der Kommission nicht den objektiven Charakter des Begriffs „Bedenken“ berücksichtige, der bedeute, dass die Kommission über die subjektive Vorstellung des betreffenden Mitgliedstaats hinausgehen und zusätzlich zu den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, die von diesem Mitgliedstaat oder gegebenenfalls dem Beschwerdeführer vorgelegt worden seien, alle Informationen anfordern müsse, die für die Durchführung einer Gesamtbetrachtung von Belang seien. So habe das Gericht keineswegs dadurch die Rechtsprechung verkannt, dass es entschieden habe, dass sich die Kommission nicht damit begnügen dürfe, die Informationen und das Vorbringen des Vereinigten Königreichs zu akzeptieren, und dass sie im vorliegenden Fall die von Dritten vorgelegten Informationen nicht ordnungsgemäß berücksichtigt habe. Aus der Rechtsprechung gehe vielmehr hervor, dass die Prüfung der Kommission nur dann ausreichend gewesen wäre, wenn sie sich gefragt hätte, ob die vom anmeldenden Mitgliedstaat vorgebrachten Argumente stichhaltig seien. Zudem beruhe das Vorbringen der Kommission, die Erwägungen im angefochtenen Urteil zwängen sie dazu, immer dann ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, wenn Dritte zu einer angemeldeten Maßnahme kritische Stellungnahmen abgäben, auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils. Nach Ansicht von Tempus hat das Gericht nämlich über das Vorliegen von Bedenken entschieden und sich dabei nicht nur auf das Vorliegen von Stellungnahmen Dritter, sondern auf die unzureichende Analyse der vom betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Informationen und der von Dritten abgegebenen Stellungnahmen gestützt.

33

Des Weiteren trägt Tempus vor, dass die im Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France (C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 62), angesprochene Pflicht, bei der Prüfung einer staatlichen Beihilfemaßnahme über eine bloße Prüfung der ihr gegebenenfalls vom Beschwerdeführer oder vom Mitgliedstaat, der diese Maßnahme angemeldet habe, zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hinauszugehen, unmittelbar aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung folge, der unterschiedslos sowohl auf eine Beschwerde als auch auf eine Anmeldung anwendbar sei. Zudem dürfe sich die Kommission nicht immer auf die Erklärung des anmeldenden Mitgliedstaats verlassen, da dieser nicht als unparteiisch Handelnder angesehen werden könne, weil er beabsichtige, die Beihilfe zu gewähren. Wenn Widersprüche bei der Anmeldung festgestellt würden oder wenn Dritte Probleme ansprächen, stelle die Pflicht der Kommission, die ihr zur Kenntnis gebrachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte in weiterem Umfang zu prüfen, eine angemessene Verfahrensgarantie dar.

34

In Bezug auf die Rügen 2 bis 5 trägt Tempus vorab vor, dass sie unzulässig seien, soweit sie tatsächliche Fragen beträfen und die Kommission sich weder auf eine Verfälschung noch eine fehlerhafte Einordnung der Tatsachen durch das Gericht berufen habe. Die Kommission habe auch nicht erläutert, welche Randnummern des angefochtenen Urteils von diesen Rügen betroffen seien.

35

In der Sache trägt Tempus als Antwort auf die zweite Rüge vor, dass das Gericht in den Rn. 79 bis 84 des angefochtenen Urteils die maßgeblichen Tatsachen, und zwar, dass die in Rede stehende Maßnahme erheblich, komplex und neu gewesen sei, bloß beschrieben habe. Das Gericht habe keinen neuen Rechtsgrundsatz aufgestellt, sondern habe sich auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falls gestützt, die besonderer Erwägungen bedurft hätten.

36

In Bezug auf die Rügen 3 und 5 macht Tempus geltend, das Gericht habe in den Rn. 85 ff. des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass die vorläufige Prüfung beschleunigt worden sei und nur einen Monat gedauert habe, wohingegen die Vorabkontakte lange und umfangreich gewesen seien. Das Gericht habe auf die Ziele der Vorabkontakte, wie sie sich aus dem Verhaltenskodex ergäben, sowie auf das Ziel der von der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehenen vorläufigen Prüfung hingewiesen und daraus geschlossen, dass die Kommission die Vorbereitung der Anmeldung nicht mit der – zunächst vorläufigen und dann förmlichen – Prüfung der Anmeldung verwechseln dürfe. Wie das Gericht ausgeführt habe, seien wichtige Sachfragen, die wichtige Aspekte der in Rede stehenden Maßnahme betroffen hätten, während der Vorabkontakte gestellt worden. Die Kommission sei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass sie keinerlei Bedenken habe, obwohl sie im Begriff gewesen sei, mit der vorläufigen Prüfung zu beginnen. In diesem Kontext habe die kurze Dauer der vorläufigen Prüfung nur einen Anhaltspunkt dafür darstellen können, dass die Kommission Bedenken hätte haben müssen. Die Tatsachen, um die es vorliegend gehe, seien außergewöhnlich, was die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 111 bis 115 des angefochtenen Urteils rechtfertige.

37

In Bezug auf die vierte Rüge trägt Tempus vor, dass das Gericht das Vorliegen eines Bündels übereinstimmender Indizien berücksichtigt habe und nicht nur das Vorliegen von Beschwerden, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Kommission unzutreffend festgestellt habe, dass keine Bedenken bestünden. Mit anderen Worten habe vielmehr die fehlende Berücksichtigung des Inhalts der „Beschwerden“ im streitigen Beschluss das Gericht zu dem Schluss veranlasst, im vorliegenden Fall bestünden Bedenken. In Wirklichkeit habe die außergewöhnliche Besonderheit des vorliegenden Falles in der Tatsache bestanden, dass die Vorabkontakte missbräuchlich zur vorläufigen Prüfung genutzt worden seien, wodurch diese nebensächlich geworden sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

38

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit eines auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 gestützten Beschlusses wie des streitigen Beschlusses, keine Einwände zu erheben, davon abhängt, ob die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte, objektiv Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen, da solche Bedenken zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens führen müssen, an dem sich die Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 beteiligen können (Urteil vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 80 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

39

Beantragt ein Kläger die Nichtigerklärung einer Entscheidung, keine Einwände zu erheben, rügt er im Wesentlichen, dass die Entscheidung über die Beihilfe getroffen worden sei, ohne dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren eingeleitet habe, und dass diese dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Um mit seiner Klage durchzudringen, kann der Kläger jeden Klagegrund anführen, der geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügt, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen. Das Anführen solcher Argumente kann aber weder den Gegenstand der Klage noch die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit ändern. Vielmehr liegt im Bestehen von Bedenken hinsichtlich dieser Vereinbarkeit gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen (Urteil vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 81 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

40

Der Nachweis für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt, der sowohl in den Umständen des Erlasses der Entscheidung, keine Einwände zu erheben, als auch in ihrem Inhalt zu suchen ist, ist von demjenigen, der die Nichtigerklärung dieser Entscheidung beantragt, anhand eines Bündels übereinstimmender Indizien zu erbringen (Urteil vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 82 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Wenn die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren unzureichend oder unvollständig war, stellt dies insbesondere einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten bei der Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahme dar, bei deren Bestehen die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Oktober 2016, Land Hessen/Pollmeier Massivholz, C‑242/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:765, Rn. 38).

42

Zudem ist die Rechtmäßigkeit einer am Ende des vorläufigen Prüfverfahrens getroffenen Entscheidung, keine Einwände zu erheben, von den Unionsgerichten nicht nur anhand der Informationen zu prüfen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte, sondern auch anhand derjenigen, über die sie verfügen konnte (Urteil vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:343, Rn. 41).

43

Zu den Informationen, über die die Kommission „verfügen konnte“, zählen die Informationen, die für die von ihr gemäß der in Rn. 38 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung vorzunehmende Beurteilung maßgeblich erscheinen und die ihr auf Verlangen im Verwaltungsverfahren hätten vorgelegt werden können (Urteil vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:343, Rn. 42).

44

Die Kommission hat das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass einer endgültigen Entscheidung, in der das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (Urteil vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:343, Rn. 43).

45

Der Gerichtshof hat zwar entschieden, dass es bei der Prüfung des Vorliegens und der Rechtmäßigkeit einer staatlichen Beihilfe erforderlich sein kann, dass die Kommission gegebenenfalls über eine bloße Prüfung der ihr zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hinausgeht (Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink‘s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 62), aus dieser Rechtsprechung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass es der Kommission obliegt, aus eigener Initiative, wenn keine dahin gehenden Anhaltspunkte vorliegen, alle Informationen zusammenzutragen, die einen Zusammenhang mit der Sache aufweisen könnten, mit der sie befasst ist, auch wenn solche Informationen öffentlich zugänglich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:343, Rn. 49 und 50).

46

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass es für den Beweis von Bedenken im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 ausreiche, dass Tempus nachweise, dass die Kommission nicht alle für diese Prüfung maßgeblichen Gesichtspunkte zusammengetragen und sorgfältig und unparteiisch geprüft habe oder dass sie sie nicht angemessen und in einer Weise berücksichtigt habe, die jegliche Zweifel an der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt beseitige.

47

Nachdem es in Rn. 71 dieses Urteils auf die in den Rn. 42 und 43 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung hingewiesen hat, hat das Gericht außerdem in Rn. 72 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass sich Tempus für den Nachweis von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt auf alle maßgeblichen Informationen habe berufen können, über die die Kommission bei Erlass des angefochtenen Beschlusses verfügt habe oder habe verfügen können.

48

Wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, hat das Gericht indessen den Umfang der Pflichten, die der Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung einer angemeldeten Maßnahme obliegen, verkannt und daher einen Rechtsfehler begangen.

49

In Rn. 70 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich im Wesentlichen entschieden, dass die Kommission die Pflicht gehabt habe, „alle maßgeblichen Gesichtspunkte“ zusammenzutragen, zu prüfen und zu berücksichtigen, was notwendigerweise die Gesichtspunkte einschließt, die der Kommission nicht zur Kenntnis gebracht wurden und von deren Vorliegen oder Maßgeblichkeit für die Prüfung der angemeldeten Maßnahme sie nichts wusste. Eine Pflicht eines solchen Ausmaßes überstieg bei Weitem die Pflichten der Kommission, wie sie sich aus der in den Rn. 38 bis 45 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben.

50

Gleiches gilt für Rn. 72 des angefochtenen Urteils, aus dem hervorgeht, dass sich Tempus für den Nachweis von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt nicht nur auf alle maßgeblichen Informationen habe berufen können, über die die Kommission verfügt habe, sondern auch auf jede Information, über die sie habe verfügen können. Mit einer solchen Begründung hat das Gericht somit stillschweigend angenommen, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt allein deshalb hätte haben müssen, dass es eine maßgebliche Information gegeben habe, über die sie hätte verfügen können, ohne dass es erforderlich sei, nachzuweisen, dass sie entweder von dieser Information selbst oder von anderen Gesichtspunkten tatsächlich Kenntnis gehabt habe, die sie gemäß der in Rn. 45 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung verpflichtet hätten, über die bloße Prüfung der ihr zur Kenntnis gebrachten Gesichtspunkte hinauszugehen.

51

Mit dem bloßen Vorliegen einer potenziell maßgeblichen Information, von der die Kommission keine Kenntnis hatte und über die sie angesichts derjenigen Informationen, die sie tatsächlich in ihrem Besitz hatte, keine Erkundigungen einholen musste, kann jedoch nicht das Vorliegen ernster Schwierigkeiten dargetan werden, die die Kommission verpflichtet hätten, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen.

52

Daraus folgt, dass die erste von der Kommission im Rahmen des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes vorgebrachte Rüge begründet ist.

53

Allerdings kann der in Rn. 48 des vorliegenden Urteils festgestellte Rechtsfehler des Gerichts nicht für sich genommen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.

54

In Rn. 267 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses unter Verweis auf eine „Gesamtheit objektiver und übereinstimmender Indizien[,] die zum einen auf die Dauer und die Umstände der Vorabkontakte und zum anderen darauf gegründet sind, dass der Inhalt des [streitigen] Beschlusses unvollständig und unzureichend war, weil die Kommission im Stadium der vorläufigen Prüfung keine angemessene Untersuchung bestimmter Aspekte des Kapazitätsmarkts vorgenommen hatte“, gerechtfertigt, „die belegt, dass die Kommission den [streitigen] Beschluss trotz bestehender Bedenken erlassen hat“.

55

Die Kommission beanstandet mit den anderen im Rahmen des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Rügen sowie mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes die Gründe, die zu dieser doppelten Schlussfolgerung geführt haben. Das angefochtene Urteil ist daher nur dann aufzuheben, wenn sich aus der Prüfung dieser anderen Rügen und dieses zweiten Teils ergibt, dass diese Schlussfolgerung rechtsfehlerhaft ist.

56

Die von Tempus erhobene Einrede der Unzulässigkeit der Rügen 2 bis 5 des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes ist von vornherein zurückzuweisen.

57

Aus Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union geht nämlich hervor, dass das Gericht zwar allein dafür zuständig ist, die Tatsachen festzustellen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und sie zu würdigen, sofern die ihm vorgelegten Beweise nicht verfälscht wurden, der Gerichtshof jedoch gemäß Art. 256 AEUV zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Februar 2020, Uniwersytet Wrocławski und Polen/REA, C‑515/17 P und C‑561/17 P, EU:C:2020:73, Rn. 47).

58

Im vorliegenden Fall hat die Kommission zum einen in ihrer Rechtsmittelschrift rechtlich hinreichend erklärt, welche Randnummern des angefochtenen Urteils von den Rügen 2 bis 5 des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes betroffen sind. Zum anderen geht aus dem Vorbringen der Kommission hervor, dass sie mit diesen Rügen nicht die Richtigkeit der vom Gericht festgestellten Tatsachen in Frage stellt, sondern ihre rechtliche Einordnung als Anhaltspunkte, die geeignet sind, das Vorliegen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu belegen.

59

Es ist daher als Erstes die zweite Rüge des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes in der Sache zu prüfen.

60

Das Gericht hat in Rn. 79 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die in Rede stehende Maßnahme „erheblich, komplex und neu“ sei. Es hat diese Qualifizierungen zum einen mit dem Verweis in Rn. 80 dieses Urteils, wonach die Beträge, die von der mit dem streitigen Beschluss genehmigten Beihilferegelung betroffen seien, besonders hoch seien, und mit der Feststellung in Rn. 81 dieses Urteils, dass sich sowohl die Definition als auch die Durchführung dieser Beihilferegelung als komplex erwiesen hätten, und zum anderen mit dem Hinweis in Rn. 82 dieses Urteils gerechtfertigt, dass die Kommission in dem streitigen Beschluss zum ersten Mal einen Kapazitätsmarkt im Licht der Leitlinien 2014‑2020 beurteilt habe, was zeige, dass die in Rede stehende Maßnahme sowohl in Bezug auf ihren Gegenstand als auch im Hinblick auf ihre künftigen Auswirkungen neu gewesen sei.

61

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht jedoch hervor, dass der Umfang einer Beihilfe nicht für sich genommen den Tatbestand ernster Schwierigkeiten, die geeignet sind, die Kommission zu verpflichten, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, begründen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 36).

62

Darüber hinaus gehört die Komplexität einer Beihilfemaßnahme zwar zu den Umständen einer einzelnen Rechtssache, die geeignet sind, eine lange Dauer des Vorprüfungsverfahrens zu rechtfertigen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. Juni 2013, HGA u. a./Kommission, C‑630/11 P bis C‑633/11 P, EU:C:2013:387, Rn. 82 und 83), eine solche Komplexität bedeutet jedoch nicht, wie der Generalanwalt in Nr. 117 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, dass die Kommission in jedem Fall das förmliche Prüfverfahren eröffnen muss.

63

Ferner ist die Kommission auch nicht gehalten, ein solches förmliches Prüfverfahren allein deshalb zu eröffnen, weil die Beihilfemaßnahme neu in dem Sinne ist, dass die Kommission in der Vergangenheit keine ähnliche Maßnahme geprüft hat.

64

Daher hat das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es als Anhaltspunkte für ernste Schwierigkeiten, die die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens erfordert hätten, den besonderen Umfang der in Anwendung der in Rede stehenden Maßnahme gewährten Beihilfe sowie die Komplexität und die Neuheit dieser Maßnahme zugrunde gelegt hat.

65

Als Zweites sind die dritte und die fünfte von der Kommission im Rahmen des ersten Teils ihres einzigen Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Rügen zu prüfen, mit denen sie die Rn. 85, 90 bis 92, 106, 109 und 111 des angefochtenen Urteils mit der Begründung beanstandet, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen und die Ziele der Vorabkontakte verkannt, dass es als Anhaltspunkte für das Bestehen ernster Schwierigkeiten die Dauer und den Inhalt der Vorabkontakte berücksichtigt habe.

66

Hierzu geht aus Art. 4 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 659/1999 hervor, dass die Entscheidung, mit der die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass eine angemeldete Maßnahme mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, innerhalb von zwei Monaten ab dem Tag nach dem Eingang der vollständigen Anmeldung zu erlassen ist.

67

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs trifft es zwar zu, dass eine Dauer des Vorprüfungsverfahrens, die über die in Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehene Frist von zwei Monaten hinausgeht, für sich genommen nicht den Schluss zulässt, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen, doch kann dieser Gesichtspunkt ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt Bedenken haben konnte (Urteil vom 24. Januar 2013, 3F/Kommission, C‑646/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:36, Rn. 32; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2011, Belgien/Deutsche Post und DHL International, C‑148/09 P, EU:C:2011:603, Rn. 81).

68

Da das Verfahren zur vorläufigen Prüfung der in Rede stehenden Maßnahme im vorliegenden Fall nur einen Monat gedauert hat, wie das Gericht im Übrigen in Rn. 85 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, konnte dieses Verfahren gemäß der in der vorhergehenden Randnummer des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung keinen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt darstellen.

69

Das Gericht hat allerdings in derselben Randnummer des angefochtenen Urteils entschieden, dass „angesichts der Umstände des vorliegenden Falls“ die Dauer des Verfahrens zur vorläufigen Prüfung dieser Maßnahme nicht als stichhaltiger Anhaltspunkt für das Fehlen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt habe angesehen werden können, da auch die Dauer und der Inhalt der Kontakte zu berücksichtigen gewesen seien, die während der Phase der Vorabkontakte zwischen dem Vereinigten Königreich und der Kommission stattgefunden hätten.

70

Hierzu hat das Gericht zum einen in den Rn. 86 bis 91 des angefochtenen Urteils auf die Bestimmungen des Verhaltenskodex zu den Vorabkontakten hingewiesen und zum anderen in den Rn. 92 bis 105 dieses Urteils die Kontakte, die vor der Anmeldung der in Rede stehenden Maßnahme zwischen der Kommission und dem Vereinigten Königreich stattgefunden hatten, sowie die spontanen Äußerungen Dritter zusammengefasst. Daraus hat es in Rn. 106 dieses Urteils geschlossen, dass „die Dauer der Phase der Vorabkontakte erheblich länger war als der Zeitraum von zwei Monaten, den der Verhaltenskodex im Allgemeinen vorsieht“.

71

Auf der Grundlage dieser Erwägungen hat das Gericht in Rn. 109 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „die Dauer und Umstände der Vorabkontakte nicht den Schluss zu[ließen], dass die kurze Dauer der vorläufigen Prüfung ein Anhaltspunkt für das Fehlen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt ist. Vielmehr können diese Umstände ein Anhaltspunkt dafür sein, dass sehr wohl Bedenken bestanden“. In Rn. 111 dieses Urteils hat es hinzugefügt, dass die in Rede stehende Maßnahme „erheblich, komplex und neu“ gewesen sei.

72

Wie aus der in Rn. 40 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, ist der Beweis für das Vorliegen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt – gegebenenfalls mit einem Bündel übereinstimmender Indizien – von der Partei beizubringen, die die Nichtigerklärung der Entscheidung beantragt, keine Einwände gegen den Inhalt dieser Maßnahme zu erheben.

73

Damit war es nicht Sache des Gerichts, entgegen den in Rn. 85 des angefochtenen Urteils angestellten Erwägungen zu ermitteln, ob gewichtige Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt bestanden. Vielmehr oblag es ihm, zu untersuchen, ob Tempus den Beweis für das Vorliegen solcher Bedenken – gegebenenfalls mit Hilfe eines Bündels übereinstimmender Indizien – erbracht hatte.

74

Das Gericht hat jedoch nicht lediglich entschieden, dass die Dauer und die Umstände der Phase der Vorabkontakte nicht die Annahme zuließen, dass die relativ kurze Dauer der Vorprüfungsphase einen Anhaltspunkt für das Fehlen von Bedenken darstellte. Wie aus Rn. 109 des angefochtenen Urteils hervorgeht, war es der Ansicht, dass die Dauer und die Umstände der Vorabkontakte selbst Anhaltspunkte für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt darstellten.

75

Damit hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen.

76

Aus den Nrn. 10 und 12 des Verhaltenskodex geht nämlich hervor, wie das Gericht in Rn. 89 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen selbst festgestellt hat, dass das wesentliche Ziel der Vorabkontakte darin besteht, sicherzustellen, dass das Anmeldeformular vollständig ist, damit die Kommission, sobald die Anmeldung erfolgt ist, ihre Entscheidung innerhalb der hierfür in Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehenen Frist erlassen kann.

77

Wie die Kommission vorträgt, ist es zwar keineswegs ausgeschlossen, dass die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat während der Vorabkontakte auch über die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme, deren Anmeldung beabsichtigt ist, mit dem Binnenmarkt diskutieren. Aus Nr. 10 des Verhaltenskodex geht nämlich hervor, dass der Austausch zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat auch problematische Aspekte einer geplanten Beihilfemaßnahme betreffen kann. Ebenso wird in Nr. 12 dieses Kodex festgestellt, dass im Rahmen der Voranmeldephase auch die wichtigsten Probleme, die eine geplante Maßnahme aufwirft, erörtert werden können.

78

Gleichwohl kann die endgültige Prüfung der Vereinbarkeit einer bestimmten Maßnahme mit dem Binnenmarkt erst beginnen, wenn diese Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung bei der Kommission ihre endgültige Form gefunden hat. Daher sind die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 90 und 91 des angefochtenen Urteils, wonach die Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt nicht Gegenstand der Vorabkontakte sei bzw. wonach die Kommission die angemeldete Maßnahme erst nach Eingang der Anmeldung prüfe, als solche nicht fehlerhaft.

79

Allerdings können genau aus diesem Grund die Dauer und die Umstände der Phase der Vorabkontakte keine Anhaltspunkte für eventuelle von der angemeldeten Maßnahme aufgeworfene Schwierigkeiten darstellen. Es ist nämlich durchaus möglich, dass der betreffende Mitgliedstaat bei einer langen Phase der Vorabkontakte seinen Austausch mit der Kommission dazu genutzt hat, die beabsichtigte Maßnahme so zu ändern, dass alle Probleme, die diese in ihrer ursprünglich vorgesehenen Form hätte aufwerfen können, gelöst werden, damit diese Maßnahme in ihrer endgültigen, bei der Anmeldung festgelegten Form keine Schwierigkeit mehr bereitet.

80

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen sind auch der dritten und der fünften Rüge des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

81

Als Drittes ist die vierte von der Kommission im Rahmen des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes vorgebrachte Rüge zu prüfen, mit der geltend gemacht wird, das Gericht habe die Zahl und die Vielfältigkeit der der Kommission übermittelten Stellungnahmen als Gesichtspunkt berücksichtigt, der die ernsthaften von der in Rede stehenden Maßnahme aufgeworfenen Schwierigkeiten belege.

82

Hierzu hat das Gericht in Rn. 101 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Anmeldung und dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen sei, dass „sich drei Arten von Anbietern angesichts der Informationen, die ihnen zum Zeitpunkt ihrer Intervention vorlagen, gegenüber der Kommission unmittelbar und spontan zur Vereinbarkeit der Beihilfe äußern wollten“. In den Rn. 102 bis 104 dieses Urteils hat das Gericht kurze Erläuterungen zu den fraglichen Betreibern und zu den in ihren Stellungnahmen angesprochenen Themen gegeben.

83

In Rn. 109 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch lediglich erklärt, dass „die vielfältigen Stellungnahmen, die von drei verschiedenen Arten von Betreibern zu der [in Rede stehenden Maßnahme] eingereicht wurden“, einen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt darstellen könnten.

84

Zudem hat das Gericht, nachdem es in Rn. 111 dieses Urteils hervorgehoben hat, dass diese Maßnahme „von mehreren Marktteilnehmern, die von ihr profitieren sollten, in dreierlei Hinsicht beanstandet wurde“, ohne weitere Ausführungen zu den Gründen dieser Feststellungen und den etwaigen von ihnen aufgeworfenen Problemen zu machen, entschieden, dass dieser Umstand zu denen gehöre, die gemäß Rn. 115 dieses Urteils ein Anhaltspunkt seien, der das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt beweisen könne.

85

Wie der Generalanwalt in Nr. 103 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, kann die Kommission nicht verpflichtet werden, das förmliche Verfahren zur Prüfung einer Beihilfemaßnahme allein deshalb zu eröffnen, weil beteiligte Dritte spontan Stellungnahmen zu einer angemeldeten Maßnahme eingereicht haben. Die Herkunft und die Zahl solcher Stellungnahmen spielen dabei keine Rolle. Nur wenn solche Stellungnahmen Gesichtspunkte enthalten, die das Bestehen ernster Schwierigkeiten bei der Anwendung der angemeldeten Maßnahme ans Licht bringen, muss die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnen.

86

Im vorliegenden Fall hat das Gericht jedoch nicht ausgeführt, dass die bei der Kommission eingereichten Stellungnahmen Gesichtspunkte dieser Art enthielten, und hat sich nur auf die Zahl und die „Vielfältigkeit“ dieser Stellungnahmen als Anhaltspunkte gestützt, die das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt belegen könnten.

87

Dadurch hat das Gericht, wie die Kommission zutreffend geltend macht, in dem angefochtenen Urteil einen Rechtsfehler begangen, so dass der vierten Rüge des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes und infolgedessen diesem Teil insgesamt stattzugeben ist.

88

Gleichwohl ist aus den in den Rn. 53 bis 55 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen auch der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes zu prüfen.

Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

Vorbringen der Parteien

89

Mit dem zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes trägt die Kommission, unterstützt durch das Vereinigte Königreich und die Republik Polen, vor, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es ihr vorgeworfen habe, keine angemessene Untersuchung bestimmter Aspekte des Kapazitätsmarkts im Vereinigten Königreich durchgeführt zu haben.

90

Mit einer ersten Rüge beanstandet die Kommission die Beurteilung des Gerichts in den Rn. 146, 152 und 154 bis 156 des angefochtenen Urteils, wonach sie nicht hinreichend das tatsächliche Potenzial von DSR im Kapazitätsmarkt in Betracht gezogen habe, was sie daran gehindert habe, Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu hegen.

91

Zwar sähen die Leitlinien 2014-2020 eine Beurteilung der Auswirkungen einer nachfrageseitigen Marktteilnahme, einschließlich der Beschreibung von Maßnahmen, um das Nachfragemanagement zu fördern, vor, sie verlangten jedoch keineswegs eine systematische Unterstützung zugunsten der DSR-Technologie, wie es das Gericht im angefochtenen Urteil offenbar verlange.

92

In dem angefochtenen Urteil werde kein Grund genannt, der sie dazu hätte veranlassen müssen, die Dokumente zum Potenzial von DSR, über die sie verfügt habe, in Zweifel zu ziehen. Es stehe fest, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der in Rede stehenden Maßnahme weder das Vereinigte Königreich noch die Kommission in der Lage gewesen seien, das langfristige Potenzial von DSR ganz genau abzuschätzen. Außerdem habe die Kommission überprüft, ob die in Rede stehende Maßnahme den betreffenden Betreibern offengestanden und ihnen angemessene Anreize geboten habe, so dass sie ihre eigenen Studien und Schätzungen zum Potenzial von DSR nicht habe durchführen müssen, um zu bestimmen, ob der Kapazitätsmarkt des Vereinigten Königreichs mit den Leitlinien 2014‑2020 vereinbar gewesen sei. Die Tatsache, dass die DSR-Betreiber mehr Anreize gemäß der in Rede stehenden Maßnahme gewünscht hätten, komme nicht dem Bestehen ernster Schwierigkeiten gleich. Folglich ist die Kommission der Auffassung, dass für sie keine Veranlassung zu der Annahme bestanden habe, dass die vom Vereinigten Königreich vorgelegte Bewertung des Potenzials von DSR und damit die zu versteigernde Kapazitätsmenge Anlass zu ernsten Schwierigkeiten habe geben können.

93

Mit einer zweiten Rüge beanstandet die Kommission die Analyse in den Rn. 159 bis 259 des angefochtenen Urteils zur angeblichen Ungleichbehandlung bzw. Benachteiligung von DSR. Insbesondere rügt die Kommission die Schlussfolgerung des Gerichts, wonach sie Zweifel hätte haben müssen, was die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt in Anbetracht, erstens, der Laufzeit der Kapazitätsverträge, zweitens, der Methode zur Kostendeckung und, drittens, der Bedingungen für die Teilnahme an den Auktionen betreffe.

94

Was erstens die Laufzeit der Kapazitätsverträge betrifft, ist die Kommission der Auffassung, dass sich das Gericht geirrt habe, als es insbesondere in den Rn. 181 und 182 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass sie die Kapitalkosten und Finanzierungsschwierigkeiten der DSR-Anbieter hätte prüfen müssen, bevor sie dem Standpunkt des Vereinigten Königreichs, wonach es nicht notwendig gewesen sei, diesen Betreibern Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr anzubieten, zugestimmt habe. Einjährige Verträge seien die Regel und nicht die Ausnahme, und Tempus habe nie bestritten, dass die ursprünglichen Investitionskosten der DSR-Anbieter keineswegs mit denen der neuen Kapazitätsanbieter vergleichbar seien. Außerdem lasse die seit der Einführung des Kapazitätsmarktes im Jahr 2014 gewonnene Erfahrung nicht den Schluss zu, dass der differenzierte Zugang zu langfristigen Vereinbarungen den neuen Produktionskapazitäten einen Wettbewerbsvorteil verschafft hätte.

95

Zweitens macht die Kommission in Bezug auf die Methode zur Kostendeckung geltend, dass dieser Aspekt der in Rede stehenden Maßnahme, der zur Finanzierung des Kapazitätsmarktes gehöre, für die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt nicht unmittelbar relevant sei, da zwischen den Einnahmen aus der von den Stromversorgern zu zahlenden Abgabe und der Höhe der Beihilfe kein zwingender Verwendungszusammenhang bestehe. Des Weiteren habe das Gericht in den Rn. 199 und 211 des angefochtenen Urteils zu Unrecht auf die Rn. 27 Buchst. e, 69 und 92 der Leitlinien 2014‑2020 Bezug genommen, obwohl sich die maßgeblichen Beurteilungskriterien in den Abschnitten 3.9.5 und 3.9.6 dieser Leitlinien 2014‑2020 befänden.

96

Jedenfalls habe das Gericht dadurch einen Fehler begangen, dass es in Rn. 210 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob die in Rede stehende Maßnahme einen Anreiz enthalten habe, der dem eines früheren Vorhabens zur Reduzierung des Stromverbrauchs in Spitzennachfragezeiten gleichwertig gewesen sei. Nach Ansicht der Kommission hätte es ausgereicht, zu dem Ergebnis zu kommen, dass diese Maßnahme einen solchen vorhersehbaren Anreiz enthalten habe, was vorliegend der Fall gewesen sei. Indem das Gericht von ihr verlangt habe, zu prüfen, ob die ausgewählte Finanzierungsmethode am besten geeignet gewesen sei, das Nachfragemanagement zu fördern, habe das Gericht den Maßnahmen zur Förderung des Nachfragemanagements eine exzessive und ungerechtfertigte Aufmerksamkeit beigemessen. Die Kommission führt hierzu aus, dass die Methode zur Kostendeckung einen Kompromiss zwischen dem Interesse an der Beibehaltung von Anreizen zur Verbrauchssenkung und dem Interesse, die Unsicherheit von Stromlieferanten hinsichtlich der wahrscheinlich von ihnen zu tragenden Kosten zu verringern, darstelle. Außer wenn Gründe für die Annahme bestünden, dass die Beurteilung des Mitgliedstaats unzutreffend oder fehlerhaft sei, könne die Kommission nicht verpflichtet sein, die Konzeption der nationalen Maßnahmen, die sie für fundiert halte, zu beanstanden.

97

Die Republik Polen ist ebenfalls der Ansicht, dass sich das Gericht in Rn. 210 des angefochtenen Urteils zu sehr auf die Frage konzentriert habe, ob die in Rede stehende Maßnahme die Entwicklung von DSR fördere, und dabei das Ermessen der Kommission, was die Vereinbarkeit einer Maßnahme mit den Leitlinien 2014‑2020 betreffe, außer Acht gelassen habe.

98

Drittens ist die Kommission der Ansicht, dass das Gericht zu Unrecht entschieden habe, dass sie Bedenken hinsichtlich der Bedingungen für die Teilnahme am Kapazitätsmarkt, denen die DSR-Anbieter unterlegen hätten, hätte haben müssen, da sich das Vereinigte Königreich verpflichtet habe, mindestens 50 % des reservierten Volumens für die T‑1-Auktionen bereitzustellen, die den DSR-Anbietern einen besseren Marktzugang geboten hätten. Die Rn. 242 und 243 des angefochtenen Urteils enthielten eine insoweit offensichtlich fehlerhafte Beurteilung, da die Verpflichtung im 46. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses rechtlich verbindlich sei. Wenn der Mitgliedstaat von dieser Verpflichtung abweiche, sei die so erlassene Maßnahme nicht mehr vom streitigen Beschluss gedeckt.

99

Das Vereinigte Königreich ist ebenfalls der Auffassung, dass in Anbetracht seiner Verpflichtung, mindestens 50 % des ursprünglich reservierten Volumens für die T‑1-Auktionen bereitzustellen, die Kritik des Gerichts daran in den Rn. 242 und 243 des angefochtenen Urteils unbegründet sei. Des Weiteren ist es der Auffassung, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, diese Verpflichtung zu akzeptieren, ohne von ihm den Nachweis zu verlangen, dass diese in innerstaatliches Recht integriert worden sei. Ferner weist das Vereinigte Königreich darauf hin, dass T‑1-Auktionen zwar der bevorzugte Weg für manche DSR-Anbieter darstellen könnten, diese jedoch auch die Möglichkeit hätten, an T‑4-Auktionen teilzunehmen, bei denen sie im Übrigen exzellente Ergebnisse erzielt hätten.

100

In Bezug auf die im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegte Teilnahmegrenze von 2 Megawatt (MW) trägt die Kommission vor, dass kein Dritter hierzu Einwände erhoben habe, so dass die Informationen, über die sie im Vorverfahren verfügt habe, keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt habe hervorrufen können. Erst im Stadium der Erwiderung vor dem Gericht sei diese Grenze von Tempus beanstandet worden, so dass diese Rüge für unzulässig hätte erklärt werden müssen. Jedenfalls gehe der Vergleich des Gerichts in Rn. 256 des angefochtenen Urteils mit dem Kapazitätsmarkt Pennsylvania New Jersey Maryland (PJM) in den Vereinigten Staaten fehl und zeige, dass die Stichhaltigkeit der von Tempus formulierten Vorwürfe nicht kritisch geprüft worden sei. Zudem habe das Vereinigte Königreich in der zweiten Übergangsauktion die Teilnahmegrenze ohne nennenswertes Ergebnis auf 500 kW abgesenkt, da nur 2,7 % der von den DSR-Anbietern abgegebenen Angebote unter dieser Grenze gelegen hätten.

101

Die Kommission ist daher der Ansicht, dass sie auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen davon habe ausgehen dürfen, dass die in Rede stehende Regelung gemäß den Leitlinien 2014‑2020 angemessene Anreize für die Teilnahme der DSR-Anbieter beinhaltet habe.

102

Das Vereinigte Königreich und die Republik Polen weisen allgemein darauf hin, dass die Leitlinien 2014‑2020 zum Ziel hätten, der Kommission die Prüfung zu ermöglichen, ob mit einer Beihilfemaßnahme ein im gemeinsamen Interesse liegendes Ziel erreicht werden könne, wobei dieses im vorliegenden Fall darin bestehe, die Deckung des Kapazitätsbedarfs auf dem Elektrizitätsmarkt zum niedrigsten Preis für den Verbraucher und technologisch neutral sicherzustellen, indem die negativen Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den Wettbewerb minimiert würden. Sie zielten jedoch nicht darauf ab, besondere Bedingungen für die Strukturierung der Beihilfemaßnahme festzulegen oder Aspekte des Kapazitätsmechanismus zur Sicherstellung angemessener Kapazitäten zu definieren. Das Ziel dieser Leitlinien bestehe also nicht darin, DSR-Anbieter zu unterstützen oder zu fördern, wie es das Gericht zu Unrecht im gesamten angefochtenen Urteil festgestellt habe. Dadurch, dass das Gericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt Bedenken hervorrufe, habe das Gericht das Ziel des Kapazitätsmarktes verkannt und einen Fehler bei der Anwendung dieser Leitlinien begangen.

103

In Erwiderung auf die erste Rüge trägt Tempus zunächst vor, dass das Vorbringen der Kommission auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe. Das Gericht habe nur entschieden, dass sich die Kommission durch das förmliche Prüfverfahren ein vollständiges Bild sämtlicher verfügbarer einschlägiger Informationen machen müsse, ohne dabei die vom Mitgliedstaat gelieferten Daten außer Acht zu lassen, und zusätzliche Beweise zusammentragen müsse, wenn diese, wie im vorliegenden Fall, für die Ausräumung der Bedenken erforderlich seien.

104

Was im Einzelnen die Beurteilung des DSR-Potenzials betrifft, unterstützt Tempus vollständig die Beurteilung des Gerichts in den Rn. 152 bis 158 des angefochtenen Urteils. Insbesondere habe die Kommission vom Vereinigten Königreich verlangen müssen, dass es von vornherein das Potenzial der Teilnahme der DSR-Betreiber bewerte, wie es die Rn. 223 und 224 der Leitlinien 2014‑2020 verlangten, ohne abzuwarten, dass die erste Auktion dieses Potenzial offenbare. Zudem macht Tempus geltend, dass die Kommission nicht hinreichend die Tatsache berücksichtigt habe, dass die DSR-Technologie angemessen gefördert werden müsse, um ihr volles Potenzial zu entfalten, was dazu führen könnte, dass der Kapazitätsmarkt in naher Zukunft seinen Nutzen verlieren könnte.

105

Tempus ist der Auffassung, dass auch die zweite Rüge der Kommission unbegründet sei. Was erstens den diskriminierenden Charakter der Laufzeit der Kapazitätsverträge betreffe, missverstehe die Kommission das angefochtene Urteil, da in diesem nicht festgestellt worden sei, dass es eine normale Regelung für Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr gebe, von der die DSR-Anbieter ausgeschlossen worden seien. Ferner beantragt Tempus, der Gerichtshof möge auf eine andere Begründung abstellen, um andere Gesichtspunkte festzustellen, die das Bestehen von Bedenken in dieser Hinsicht rechtfertigten. Wie das Gericht in Rn. 190 des angefochtenen Urteils hervorgehoben habe, hätte die Kommission ermitteln müssen, ob die für DSR-Anbieter bestehende Unmöglichkeit, Verträge mit derselben Laufzeit wie die anderer Kapazitätsanbieter zu erhalten, nicht die Gefahr in sich geborgen habe, ihren möglichen Beitrag zur Lösung des Problems angemessener Kapazitäten zu reduzieren. Die bloße Tatsache, dass eine Technologie teuer sei, dürfe ihr bei einer Auktion keinen unrechtmäßigen Vorteil verschaffen, wenn der Kapazitätsmarkt die Versorgungssicherheit zu den niedrigsten Kosten für den Verbraucher sicherstellen solle.

106

Als Zweites macht Tempus in Bezug auf die Methode zur Kostendeckung geltend, dass die Rn. 208 bis 213 des angefochtenen Urteils ausschließlich eine Tatsachenwürdigung des Gerichts beträfen, die nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof in einem Rechtsmittelverfahren unterliege. Jedenfalls sei die Analyse des Gerichts zum Bestehen von Bedenken, was den Anreizeffekt der in Rede stehenden Maßnahme betreffe, aus den in den Rn. 194 bis 213 des angefochtenen Urteils dargestellten Gründen zutreffend. In Bezug auf den von der Kommission geltend gemachten fehlenden Zusammenhang zwischen der Finanzierung der Maßnahme und der Beihilfemaßnahme als solcher ist Tempus der Auffassung, dass die in Rede stehende Maßnahme im Gegenteil ein perfektes Beispiel für einen Mechanismus darstelle, der einen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und der Beihilfe beinhalte. Die von der Methode zur Kostendeckung über ein Jahr vorgegebenen Preissignale hätten einen direkten Einfluss auf die Anreize und die Fähigkeit der Verbraucher, ihren Verbrauch zu verlagern, und damit auf die Nachfrage zu Spitzenzeiten, die wiederum herangezogen werde, um das in den folgenden Jahren zu erwerbende Kapazitätsvolumen zu berechnen. Die Tatsache, dass dieser Aspekt in den Leitlinien 2014‑2020 nicht erwähnt werde, habe seiner Berücksichtigung für die Beurteilung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme nicht entgegengestanden. Ferner habe das Gericht nicht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es entschieden habe, dass die Kommission sich nicht mit einer bloßen Verpflichtung des betreffenden Mitgliedstaats habe zufriedengeben dürfen, wenn sich diese Verpflichtung nicht in den nationalen Rechtsvorschriften widerspiegele.

107

Als Drittes ist Tempus in Bezug auf die Bedingungen für die Beteiligung am Kapazitätsmarkt und insbesondere die Beteiligungsgrenze von 2 MW der Auffassung, dass das Gericht dieses Argument zutreffend für zulässig gehalten habe, da es eine Erweiterung einer in der Klageschrift entwickelten Rüge darstelle. Ferner werde in den Rn. 249 bis 252 des angefochtenen Urteils eindeutig angegeben, inwiefern die Bietungsgarantie tatsächlich ein Hindernis für die Teilnehmer der DSR-Anbieter am Kapazitätsmarkt darstellen könnte.

Würdigung durch den Gerichtshof

108

Mit der ersten im Rahmen des zweiten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Rüge beanstandet die Kommission die Rn. 146, 152 und 154 bis 156 des angefochtenen Urteils, die sich in die Erwägungen dieses Urteils unter der Überschrift „Verfügbare Informationen zum Potenzial von DSR“ einfügen.

109

Hierzu geht aus dem 122. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, dessen Inhalt in Rn. 150 des angefochtenen Urteils wiedergegeben wird, hervor, dass das Vereinigte Königreich zur Stützung des DSR-Sektors seine Absicht erklärt habe, die Informationen, die sich aus der ersten T‑4-Auktion von Dezember 2014 ergäben, zu prüfen, um sich zu vergewissern, dass die Nachfragekurven angemessen angepasst würden. Ferner hatte das Vereinigte Königreich Vorschriften zu den Übergangsauktionen erarbeitet, um das Wachstum des DSR-Sektors zwischen 2015 und 2016 und ein Pilotprojekt im Bereich der Energieeffizienz zu fördern. Das Vereinigte Königreich hatte auch erklärt, dass als Reaktion auf den am 30. Juni 2014 veröffentlichten Bericht des Sachverständigenausschusses (Panel of Technical Experts, im Folgenden: PTE), der den Auftrag erhalten hatte, die Empfehlungen im Hinblick auf die im Dezember 2014 auf dem Kapazitätsmarkt zu versteigernden Kapazitäten zu prüfen, die National Grid plc ein gemeinsames Projekt mit der Energy Networks Association (Verband der Energienetzbetreiber) (einschließlich Distribution Network Operators [Verteilernetzbetreiber]) vorgeschlagen hatte.

110

In Rn. 151 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auf den 128. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses hingewiesen, wonach, selbst wenn die in Rede stehende Maßnahme dazu führen könne, dass die Erzeugung von Strom durch fossile Brennstoffe gefördert werde, die Kommission der Auffassung sei, dass die jährliche Evaluierung der Angemessenheit der Kapazitäten alle Arten von Anbietern einschließlich DSR-Anbietern berücksichtige. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission im 129. Erwägungsgrund dieses Beschlusses daraus geschlossen, dass die in Rede stehende Maßnahme „technologieneutral“ sei und nicht zu einer Stärkung der Stellung von Stromerzeugern, die fossile Brennstoffe verwendeten, führe.

111

In Rn. 146 des angefochtenen Urteils hat das Gericht u. a. erklärt, dass die Kommission zum Zeitpunkt ihrer vorläufigen Prüfung der in Rede stehenden Maßnahme in der Lage gewesen sei, Gesichtspunkte zu analysieren, die nicht nur eine Vorstellung der aktuellen Rolle von DSR, sondern auch eine Vorstellung des tatsächlichen Potenzials von DSR hätten vermitteln können.

112

In Rn. 152 des angefochtenen Urteils hat es festgestellt, dass die in den Rn. 150 und 151 dieses Urteils sowie in den Rn. 109 und 110 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Beurteilungen in den Erwägungsgründen 122, 128 und 129 des streitigen Beschlusses „der Kommission nicht [ermöglichen], sich über die Zweifel hinwegzusetzen, die sich aus den Informationen ergaben, die sie bereits besaß oder die sie zum Zeitpunkt des Erlasses des [streitigen] Beschlusses hätte besitzen können“.

113

Das Gericht hat in Rn. 154 dieses Urteils hinzugefügt, dass „sich die Kommission [im vorliegenden Fall] … angesichts der verfügbaren Informationen und der Rolle von DSR nicht mit dem ‚offenen Charakter‘ der Maßnahme begnügen und daraus auf ihre technologische Neutralität schließen [konnte], ohne die tatsächliche und wirksame Berücksichtigung von DSR im Kapazitätsmarkt genauer zu prüfen“.

114

Hierzu hat das Gericht in Rn. 155 des angefochtenen Urteils u. a. festgestellt, dass keiner der im streitigen Beschluss genannten Gesichtspunkte den Schluss zulasse, dass die Kommission eine eigene Prüfung im Hinblick auf die tatsächliche Berücksichtigung von DSR im Rahmen des Kapazitätsmarkts durchgeführt habe. Es hat festgestellt, dass „[sich b]eispielsweise der angefochtene Beschluss an keiner Stelle auf die von National Grid vorgenommene Schätzung von 3 GW [bezieht]“. Das Gericht war daher der Auffassung, dass die Kommission die vom Vereinigten Königreich zur Verfügung gestellten Informationen und Annahmen akzeptiert habe.

115

In Rn. 156 des angefochtenen Urteils hat es hinzugefügt, dass somit nicht ausgeschlossen werden könne, „dass die Bedingungen für die Teilnahme von DSR-Anbietern anders ausgefallen wären, wenn die Kommission das Potenzial von DSR selbst geprüft hätte, u. a. um die Modalitäten einer Berücksichtigung der Schätzungen von National Grid oder anderer Quellen oder die Gründe für den Erfolg der amerikanischen Beispiele zu untersuchen“.

116

Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist das Gericht in Rn. 158 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass „die Gesichtspunkte, die zum Potenzial von DSR verfügbar sind, … geeignet [sind], einen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der [in Rede stehenden Maßnahme] mit dem Binnenmarkt darzustellen, und dem [streitigen] Beschluss … nicht zu entnehmen [ist], dass diese Bedenken nach der vorläufigen Prüfung der Kommission aufgelöst wurden“.

117

Diese Schlussfolgerung des Gerichts ist rechtsfehlerhaft.

118

Wie aus der in Rn. 39 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, obliegt es der Partei, die die Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission, keine Einwände zu erheben, begehrt, die Gesichtspunkte vorzutragen, mit denen dargetan werden kann, dass die Beurteilung der verfügbaren Informationen und Gesichtspunkte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte hevorrufen müssen.

119

Aus den in den Rn. 111 bis 115 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Erwägungen des angefochtenen Urteils geht hervor, dass das Gericht nicht geprüft hat, ob Tempus vermocht hat, darzutun, dass die Beurteilung der verfügbaren Informationen und Gesichtspunkte bei der Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätten hervorrufen müssen, die sie dazu hätten veranlassen müssen, ihre eigene Prüfung dieses Potenzials, gegebenenfalls nach Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, durchzuführen. Das Gericht hat der Kommission vielmehr die Pflicht auferlegt, Gesichtspunkte zusammenzutragen, die über die „Gesichtspunkte, die zum Potenzial von DSR verfügbar sind“, auf die Rn. 158 des angefochtenen Urteils verweist, hinausgehen.

120

Insbesondere hat das Gericht weder genau angegeben, worauf sich die Bedenken der Kommission richten müssten, noch den konkreten Gesichtspunkt, der solche Bedenken hätte hervorrufen sollen. Es ist zudem festzustellen, dass sich das Gericht in den Rn. 136 bis 145 des angefochtenen Urteils zwar auf bestimmte Gesichtspunkte zum DSR-Potenzial bezogen hat, die die Kommission berücksichtigen konnte; diesem Teil des angefochtenen Urteils lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der eine oder andere dieser Gesichtspunkte geeignet war, bei der Kommission Bedenken hinsichtlich der effektiven Berücksichtigung des DSR-Potenzials in der Konzeption der in Rede stehenden Maßnahme und damit hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hervorzurufen.

121

Was insbesondere den PTE‑Bericht betrifft, aus dem Auszüge in den Rn. 142 und 145 des angefochtenen Urteils zitiert werden, hat das Gericht in Rn. 143 dieses Urteils zwar festgestellt, dass die Analyse von PTE „die dringende Notwendigkeit [betont], angemessene Anreize zu definieren, damit DSR unter Berücksichtigung seines gesamten Potenzials wirksam am Kapazitätsmarkt teilnehmen kann“ und dass „PTE [bedauert], dass es derzeit keine Organisation gebe, die in der Lage sei, die Daten zu erheben, die benötigt würden, um Informationen zum Potenzial von DSR in seinen verschiedenen Facetten zu verstehen und zu sammeln, obwohl einige Informationen bereits verfügbar seien“. In Rn. 147 dieses Urteils hat es hinzugefügt, dass der Kommission die vom PTE benannten Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung des Potenzials von DSR im Rahmen des Kapazitätsmarkts bekannt gewesen seien.

122

Diese Erwägungen zeugen zwar von einer gewissen Schwierigkeit bei der Einschätzung des Potenzials von DSR, mit ihnen kann indessen nicht dargetan werden, dass die in Rede stehende Maßnahme dieses Potenzial nicht oder nicht ausreichend berücksichtigte und daher Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hervorrufen musste. Wie das Gericht in den Rn. 136, 137 und 150 des angefochtenen Urteils selbst ausgeführt hat, war sich das Vereinigte Königreich nämlich der Notwendigkeit der Beteiligung von DSR am Kapazitätsmarkt bewusst, und bestimmte Gesichtspunkte der in Rede stehenden Maßnahme waren so konzipiert worden, dass sie diese Beteiligung sicherstellten. Das Gericht erläutert jedoch nicht, aus welchen Gründen die Kommission Bedenken hinsichtlich des ausreichenden und angemessenen Charakters dieser Gesichtspunkte hätte haben müssen.

123

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der ersten Rüge des zweiten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes der Kommission stattzugeben ist.

124

Im Rahmen der zweiten zur Stützung des vorliegenden Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Rüge beanstandet die Kommission als Erstes bestimmte Erwägungen der vom Gericht in den Rn. 160 bis 192 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Analyse bezüglich der Frage der Laufzeit der Kapazitätsverträge. Am Ende dieser Analyse hat das Gericht in Rn. 193 dieses Urteils festgestellt, dass der Unterschied zwischen den Laufzeiten von Kapazitätsverträgen, die DSR-Anbietern angeboten worden seien, und den Laufzeiten der Verträge, die den Stromerzeugern angeboten worden seien, einen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt darstelle.

125

Das Gericht hat insoweit in den Rn. 165 bis 168 des angefochtenen Urteils festgestellt, ohne dass diese Feststellung im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels in Frage gestellt wurde, dass die in Rede stehende Maßnahme DSR-Anbietern keine Möglichkeit eröffnet habe, Kapazitätsverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr abzuschließen, während Kapazitätsanbieter mit Kapitalkosten in einer Höhe, die für die Sanierung eines bestehenden Kraftwerks oder den Bau eines neuen Kraftwerks erforderlich sei, für Verträge mit einer Laufzeit von bis zu drei bzw. 15 Jahren in Frage gekommen seien.

126

In Rn. 169 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hierzu festgestellt, dass die Kommission den Standpunkt des Vereinigten Königreichs bestätigt habe, wonach im Wesentlichen neue oder zu sanierende Produktionskapazitäten erhöhte Investitionskosten implizierten, was ihre Berechtigung für längere Verträge rechtfertige, um den Betreibern zu ermöglichen, die nötige Finanzierung zu erhalten, während DSR-Anbieter geringere Kapitalkosten hätten. Nachdem das Gericht detailliert geprüft hat, ob diese Vorgehensweise der Kommission stichhaltig sei, ist es in Rn. 180 dieses Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass das von der in Rede stehenden Maßnahme zugrunde gelegte entscheidende Kriterium für die Bestimmung der Anbieter, die für Kapazitätsverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr in Frage kämen, die Höhe der Kapitalkosten und die Finanzierungsschwierigkeiten seien.

127

Das Gericht hat daher in Rn. 181 des angefochtenen Urteils entschieden, dass zu prüfen gewesen sei, wie lange die Vertragslaufzeit habe sein müssen, um jeder Kategorie der Kapazitätsanbieter im Hinblick auf ihre Investitionskosten und Finanzierungsschwierigkeiten die vollumfängliche Teilnahme am Kapazitätsmarkt zu ermöglichen und insofern der Verpflichtung nachzukommen, angemessene Anreize für alle Anbieter zu schaffen, und dass die Kommission folglich habe prüfen müssen, ob der Umstand, dass Kapazitätsverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr bestimmten Technologien vorbehalten gewesen seien, eine Diskriminierung dargestellt habe und dem Ziel der Einführung eines technologieneutralen Kapazitätsmarkts entgegengestanden habe.

128

Das Gericht hat in Rn. 182 des angefochtenen Urteils und erneut in Rn. 192 dieses Urteils festgestellt, dass die Kommission den Standpunkt des Vereinigten Königreichs bestätigt habe, wonach es nicht notwendig gewesen sei, DSR-Anbietern Kapazitätsverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr anzubieten, ohne zu prüfen, ob die Kapitalkosten und die Finanzierungsschwierigkeiten dieser Art von Betreibern es erforderlich machen könnten, ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, solche Verträge zu erhalten.

129

Aus der Begründung in den Rn. 183 bis 191 des angefochtenen Urteils geht jedoch nicht hervor, dass Tempus dargetan hätte, wie es die in Rn. 39 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung verlangt, dass die Beurteilung der Informationen und Gesichtspunkte, über die die Kommission verfügte, bei Letzterer Bedenken hinsichtlich der Stichhaltigkeit des Standpunkts des Vereinigten Königreichs hätte hervorrufen müssen.

130

In Rn. 187 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich selbst festgestellt, dass sowohl Tempus als auch die UK Demand Response Association (UKDRA, DSR-Verband des Vereinigten Königreichs), die eine Stellungnahme bei der Kommission eingereicht hatte, eingeräumt hätten, dass neue DSR-Betreiber nicht zwangsläufig die gleichen Kapitalkosten hätten wie Erzeuger, die neue Kraftwerke bauten. Außerdem geht aus Rn. 188 dieses Urteils hervor, dass weder Tempus noch die UKDRA der Kommission detaillierte Informationen hierzu vorgelegt hatten.

131

Das Gericht hat zwar in dieser Rn. 188 entschieden, dass sich die Kommission die maßgeblichen Informationen selbst habe beschaffen müssen und dass es daher für den Beweis von Bedenken im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 ausgereicht habe, dass Tempus nachweise, dass die Kommission nicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte zusammengetragen und sorgfältig und unparteiisch geprüft habe.

132

Aus den in den Rn. 48 bis 51 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen geht jedoch hervor, dass diese Erwägung rechtsfehlerhaft ist.

133

Demzufolge hat das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in Rn. 193 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass der Unterschied zwischen den Laufzeiten von Kapazitätsverträgen, die DSR-Anbietern angeboten worden seien, und den Laufzeiten der Verträge, die den Erzeugern angeboten worden seien, einen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt darstelle.

134

Als Zweites ist die Kommission der Auffassung, dass sich das Gericht für die Feststellung von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu Unrecht auf die Methode zur Kostendeckung gestützt habe, die, wie in Rn. 11 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, darauf abzielt, die Finanzierung der für die Finanzierung der Kapazitätsvergütung aufgewendeten Kosten durch eine von den Stromversorgern zu zahlende Abgabe sicherzustellen, die auf der Grundlage ihres Marktanteils festgelegt und anhand der Nachfrage berechnet wird, die zwischen 16 und 19 Uhr an Wochentagen von November bis Februar verzeichnet wird.

135

Wie aus Rn. 203 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hat das Gericht entschieden, dass die Methode zur Kostendeckung relevant gewesen sei, um insbesondere die Angemessenheit der in Rede stehenden Maßnahme zu beurteilen, d. h. um zu ermitteln, ob die Höhe der gewährten Beihilfe auf das Mindestmaß beschränkt war, das für den Erhalt des angestrebten Ziels erforderlich war.

136

Zur Rechtfertigung dieser Erwägung hat das Gericht in den Rn. 204 und 205 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dass der Betrag der gemäß der in Rede stehenden Maßnahme gewährten Beihilfe von dem über den Kapazitätsmarkt versteigerten Kapazitätsvolumen und dem Schlusspreis der Auktionen abhänge. Da das versteigerte Kapazitätsvolumen unter Berücksichtigung der Spitzennachfrage bestimmt werde, seien das versteigerte Kapazitätsvolumen und damit der Betrag der Beihilfe umso niedriger, je niedriger die Spitzennachfrage sei.

137

Da die von den Stromversorgern zu zahlende Abgabe auf der Grundlage der Stromnachfrage berechnet werde, stelle sie einen Anreiz zur Senkung des Stromverbrauchs dar, was wiederum sowohl das Kapazitätsvolumen, das versteigert werde, um Spitzennachfragen zu begegnen, als auch den Schlusspreis der Auktionen senke, was sich letztlich in einer Reduzierung des Betrags der Beihilfe bemerkbar mache.

138

Hierzu hat das Gericht in Rn. 206 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das Vereinigte Königreich, während es ursprünglich beabsichtigt habe, den Betrag der Abgabe auf der Grundlage des Marktanteils zu berechnen, den die Stromanbieter an der in den „Triade“ genannten Zeiträumen verzeichneten Stromnachfrage hätten, d. h. auf der Grundlage der drei Halbstundenzeiträume, in denen im Zeitraum November bis Februar der höchste Stromverbrauch des Jahres verzeichnet werde, schließlich nach einer öffentlichen Anhörung die Modalitäten für die Berechnung der Abgabe geändert habe, um die in Rn. 134 des vorliegenden Urteils beschriebene Methode anzuwenden.

139

Wie aus Rn. 207 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hat das Gericht entschieden, dass, was die Änderung der Methode zur Berechnung der zur Finanzierung der Beihilfe bestimmten Abgabe betrifft, die Kommission den Standpunkt des Vereinigten Königreichs bestätigt habe, ohne die Auswirkungen dieser Änderung auf den Gesamtbetrag der Beihilfe und somit auf die Angemessenheit der in Rede stehenden Maßnahme zu prüfen.

140

Ferner hat es in Rn. 210 des angefochtenen Urteils der Kommission vorgeworfen, nicht geprüft zu haben, ob die neue Methode zur Kostendeckung tatsächlich einen gleichwertigen Anreiz zur Senkung des Stromverbrauchs in Spitzennachfragezeiten, u. a. durch Förderung der Entwicklung von DSR, aufrechterhalten habe.

141

In Rn. 211 dieses Urteils hat es hinzugefügt, dass die Kommission auch nicht geprüft habe, ob die festgelegte Methode zur Kostendeckung den Zugang zum Markt u. a. für DSR-Anbieter beeinträchtigt habe, insbesondere indem die Hürden für den Eintritt und die Expansion auf dem Markt angehoben worden seien, die auf der starken Stellung der vertikal integrierten Anbieter beruht hätten. Das Gericht hat sich hierbei auf Rn. 92 der Leitlinien 2014‑2020 bezogen.

142

Das Gericht ist daher in Rn. 213 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, die etwaige Auswirkung der Änderung der Methode zur Kostendeckung auf die Angemessenheit der fraglichen Maßnahme und somit ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt zu prüfen. Daher sei der Umstand, dass die Kommission im Hinblick auf die Auswirkungen der Änderung der Methode zur Kostendeckung im Rahmen der vorläufigen Prüfung nicht über vollständige Informationen verfügt habe, ein zusätzlicher Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt gewesen.

143

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission Leitlinien erlassen kann, um die Kriterien festzulegen, auf deren Grundlage sie die Vereinbarkeit der von den Mitgliedstaaten geplanten Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt zu beurteilen beabsichtigt. Dadurch, dass die Kommission solche Verhaltensnormen erlässt und durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, beschränkt sie selbst die Ausübung ihres Ermessens und kann grundsätzlich nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (Urteil vom 29. Juli 2019, Bayerische Motoren Werke und Freistaat Sachsen/Kommission, C‑654/17 P, EU:C:2019:634, Rn. 81 und 82 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

144

Im vorliegenden Fall steht fest, dass nach den Leitlinien 2014‑2020 die Angemessenheit einer Beihilfemaßnahme eines der Kriterien darstellt, die für die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt maßgeblich sind.

145

Da die Methode zur Kostendeckung eine Abgabe, und zwar eine von den Stromanbietern gezahlte Abgabe, enthält, hat sich die Kommission auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs berufen, wonach als Voraussetzung dafür, dass eine Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehen muss, dass das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird. Besteht ein solcher Zusammenhang, so beeinflusst das Aufkommen aus der Abgabe unmittelbar den Umfang der Beihilfe und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt (Urteile vom 27. Oktober 2005, Distribution Casino France u. a., C‑266/04 bis C‑270/04, C‑276/04 und C‑321/04 bis C‑325/04, EU:C:2005:657, Rn. 40, sowie vom 3. März 2020, Vodafone Magyarország, C‑75/18, EU:C:2020:139, Rn. 27).

146

Im vorliegenden Fall geht aus dem angefochtenen Urteil zwar nicht hervor, dass das Aufkommen der im Rahmen der Methode zur Kostendeckung vorgesehenen Abgabe zwangsläufig für die Finanzierung der in Rede stehenden Maßnahme verwendet wird, doch können die Modalitäten für die Berechnung dieser Abgabe den Betrag der Beihilfe beeinflussen, wie das Gericht in den Rn. 203 bis 205 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen entschieden hat.

147

Es kann nämlich vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Stromanbieter, die die Abgabe schulden, diese ganz oder teilweise auf ihre Kunden abwälzen, so dass die Abgabe letztlich den Stromverbrauch treffen und einen Anreiz dafür liefern kann, diesen einzuschränken. Dies bedeutet wiederum eine Verringerung des Kapazitätsbedarfs und infolgedessen der Beihilfe, die im Rahmen der in Rede stehenden Maßnahme gezahlt wird, um diese Kapazitäten sicherzustellen.

148

Daraus folgt, dass dem Gericht nicht vorgeworfen werden kann, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es entschieden hat, dass die gewählte Methode zur Kostendeckung für die Beurteilung der Angemessenheit der in Rede stehenden Maßnahme und damit für ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt von Belang sein konnte.

149

Nachdem dies klargestellt wurde, ist nunmehr zu prüfen, ob das Gericht zutreffend in Rn. 213 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass das Fehlen vollständiger Informationen zu den Auswirkungen der Änderung der Methode zur Kostendeckung einen zusätzlichen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt darstellte.

150

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Kommission war, die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu beurteilen, und nicht, diese Maßnahme mit einer anderen, zuvor vom Vereinigten Königreich in Betracht gezogenen Maßnahme zu vergleichen. Daraus folgt, dass die bloße Tatsache, dass die Methode zur Finanzierung der in Rede stehenden Maßnahme im Vergleich zu der ursprünglich in Betracht gezogenen Methode geändert wurde, nicht für sich genommen als geeignet angesehen werden kann, das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu rechtfertigen.

151

Entgegen dem, was das Gericht in Rn. 210 des angefochtenen Urteils entschieden hat, bestand somit für die Kommission keine Notwendigkeit, zu prüfen, ob die von der in Rede stehenden Maßnahme vorgesehene Methode zur Kostendeckung einen Anreiz zur Verringerung des Stromverbrauchs beibehielt, der dem vergleichbar war, der sich aus der ursprünglich in Betracht gezogenen Methode ergeben hätte.

152

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen hat, dass es in Rn. 213 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass das Fehlen vollständiger Informationen zu den Auswirkungen der Änderung der Methode zur Kostendeckung einen Anhaltspunkt für das Bestehen von Bedenken dargestellt habe, die die Eröffnung des Verfahrens zur förmlichen Prüfung der in Rede stehenden Maßnahme durch die Kommission hätten rechtfertigen können.

153

Als Drittes rügt die Kommission bestimmte Gründe des angefochtenen Urteils, die die Bedingungen für die Teilnahme der DSR-Anbieter am Kapazitätsmarkt betreffen. Nachdem es drei Argumentationsstränge von Tempus geprüft hat, ist das Gericht in Rn. 259 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass das Zusammenspiel zwischen den T‑4- und den T‑1-Auktionen sowie bestimmte Bedingungen für die Teilnahme von DSR-Anbietern am Kapazitätsmarkt der Kommission Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Geeignetheit der fraglichen Maßnahme, die vom Vereinigten Königreich bekannt gegebenen Ziele im Bereich der Förderung der Entwicklung von DSR zu erreichen, und hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit den Anforderungen der Leitlinien 2014‑2020 im Hinblick auf angemessene Anreize für DSR-Anbieter und somit der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätten geben müssen.

154

Diese Schlussfolgerung ist im Wesentlichen auf zwei Begründungen des Gerichts gestützt, die von der Kommission beanstandet werden.

155

Erstens hat das Gericht in Rn. 243 des angefochtenen Urteils eingeräumt, dass die Durchführung der T‑1-Auktionen zwar tatsächlich die Entwicklung von DSR fördern könne; es hat jedoch hinzugefügt, dass die Kommission vorliegend Bedenken hinsichtlich des Ausmaßes dieser Anreizwirkung hätte haben müssen, da das Volumen der für die T‑1-Auktionen reservierten Kapazität begrenzt gewesen sei und es, wie in Rn. 242 des angefochtenen Urteils festgestellt, an einer ausdrücklichen rechtlichen Bestimmung gefehlt habe, mit der die Garantie des Vereinigten Königreichs bestätigt werde, sich mindestens 50 % des für diese Auktionen reservierten Volumens zu beschaffen.

156

Wie die Kommission vorträgt, hat sie im 46. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses die Verpflichtung des Vereinigten Königreichs, sich bei den T‑1-Auktionen mindestens 50 % des vier Jahre zuvor reservierten Kapazitätsvolumens zu beschaffen, zur Kenntnis genommen.

157

Eine solche Verpflichtung ist Bestandteil der in Rede stehenden Maßnahme, in Bezug auf die die Kommission mit dem streitigen Beschluss entschieden hat, keine Einwände zu erheben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2013, Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:395, Rn. 67).

158

Daraus folgt, wie der Generalanwalt in Nr. 170 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass, wenn das Vereinigte Königreich eine Beihilfe wie die von der in Rede stehenden Maßnahme vorgesehene gewähren sollte, ohne diese Verpflichtung einzuhalten, diese Beihilfe nicht von dem streitigen Beschluss gedeckt wäre und daher nicht als von der Kommission gebilligt angesehen werden könnte.

159

Damit ist die Frage, ob das Vereinigte Königreich die im 46. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannte Verpflichtung in einer ausdrücklichen Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts verankert hat, für die Beurteilung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt irrelevant. Das Fehlen einer solchen Bestimmung konnte daher entgegen der Entscheidung des Gerichts nicht Anlass für Bedenken in dieser Hinsicht sein.

160

Außerdem hat das Gericht in Rn. 241 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das für die T‑1-Auktionen reservierte Kapazitätsvolumen gegenüber dem bei den T‑4-Auktionen zu versteigernden Kapazitätsvolumen beschränkt gewesen sei und dass im Übrigen die T‑1-Auktionen nicht nur DSR-Anbietern vorbehalten gewesen seien.

161

Allerdings können diese Erwägungen nicht für sich genommen das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt wegen einer angeblichen Ungleichbehandlung oder Benachteiligung der DSR-Anbieter begründen.

162

Zum einen hat sich das Vereinigte Königreich verpflichtet, bei den T‑1-Auktionen mindestens 50 % des reservierten Volumens zu versteigern, so dass schwer nachzuvollziehen ist, aus welchen Gründen das Gericht das für die T‑1-Auktionen reservierte Kapazitätsvolumen als „beschränkt“ eingestuft hat. Zum anderen bedeutet die Tatsache, dass alle Anbieter an den T‑1-Auktionen teilnehmen können, nicht, dass die DSR-Anbieter ungleich behandelt oder diskriminiert werden.

163

Zweitens beanstandet die Kommission die Gründe in den Rn. 256 und 257 des angefochtenen Urteils, die das Gericht zu der Schlussfolgerung in Rn. 258 dieses Urteils geführt haben, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich der Stichhaltigkeit des Vorbringens hätte haben müssen, wonach die Festsetzung der Mindestteilnahmegrenze von 2 MW durch das Vereinigte Königreich eine Maßnahme gewesen sei, die eine Entwicklung von DSR begünstigt habe.

164

Hierzu ist festzustellen, dass, wie aus Rn. 255 des angefochtenen Urteils hervorgeht, das Vereinigte Königreich in seiner Anmeldung der in Rede stehenden Maßnahme die Mindestteilnahmegrenze von 2 MW gegenüber der Teilnahmegrenze, die National Grid im Rahmen anderer Maßnahmen festgelegt hat, als niedrig erachtet und somit als eine der Maßnahmen angesehen hat, die DSR-Anbieter zur Teilnahme am Kapazitätsmarkt ermutigen könnten.

165

Dem angefochtenen Urteil lässt sich indessen nicht entnehmen, dass diese Behauptung des Vereinigten Königreichs im Rahmen der spontan bei der Kommission eingereichten Stellungnahmen bestritten wurde. Zudem hat die Kommission in den Erwägungsgründen 16 und 17 des streitigen Beschlusses nur die Grenze von 2 MW genannt, ohne sich dazu zu äußern, ob sie für DSR-Anbieter günstig oder ungünstig ist.

166

Wie aus Rn. 253 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hat Tempus erst in ihrer Antwort zum Vorbringen der Kommission in deren Klagebeantwortung vor dem Gericht geltend gemacht, dass die Festsetzung der Mindestgrenze von 2 MW für die Teilnahme ein Hindernis für die Teilnahme der DSR-Anbieter am Kapazitätsmarkt sei.

167

Nachdem das Gericht in Rn. 254 des angefochtenen Urteils die Argumentation von Tempus für zulässig erklärt hat, obwohl sie in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens vorgebracht worden war, hat es zum einen in Rn. 256 dieses Urteils die Auffassung vertreten, dass die Teilnahmeschwelle des Kapazitätsmarkts PJM, die vom Vereinigten Königreich in seiner Anmeldung ausdrücklich als Referenz zur Stützung seines Vorbringens, die in Rede stehende Maßnahme ermögliche die Entwicklung des DSR-Sektors, angeführt worden sei, nur 100 kW betragen habe, d. h. zwanzigmal weniger.

168

Zum anderen hat das Gericht in Rn. 257 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass DSR-Anbieter zwar tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätten, mehrere Standorte zu verbinden, um die Mindestgrenze von 2 MW zu erreichen, sie jedoch die Bietungsgarantie für die gesamten 2 MW hätten erbringen müssen, sobald auch nur ein kleiner – selbst minimaler – Teil des Volumens aus nicht bestätigten DSR-Kapazitäten bestanden habe. Nach Ansicht des Gerichts konnte die Bietungsgarantie jedoch ein Hindernis für den Markteintritt neuer DSR-Anbieter darstellen.

169

Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist das Gericht in Rn. 258 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich der Behauptung hätte haben müssen, die Festsetzung der Mindestteilnahmegrenze von 2 MW sei eine Maßnahme, die eine Entwicklung von DSR begünstige.

170

Ohne dass geprüft zu werden braucht, ob das Gericht das Vorbringen von Tempus zur Mindestteilnahmegrenze zu Recht für zulässig erklärt hat, was von der Kommission beanstandet wird, ist erstens festzustellen, wie der Generalanwalt in Nr. 177 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass die von National Grid im Rahmen anderer Maßnahmen festgelegte Teilnahmegrenze tatsächlich über 2 MW lag. Daher war das in Rn. 255 des angefochtenen Urteils wiedergegebene Vorbringen des Vereinigten Königreichs nicht unrichtig, was das Gericht im Übrigen auch nicht festgestellt hat.

171

Zweitens hat das Gericht in Rn. 256 des angefochtenen Urteils keineswegs die Gründe dargelegt, die einen Vergleich zwischen der Teilnahmeschwelle des Kapazitätsmarktes PJM und der im Rahmen der in Rede stehenden Maßnahme vorgesehenen rechtfertigen könnten. Die vom Gericht erwähnte Tatsache, dass sich das Vereinigte Königreich zur Stützung seiner Behauptung, diese Maßnahme ermögliche die Entwicklung des DSR-Sektors, auf den Kapazitätsmarkt PJM bezogen habe, kann für sich genommen einen solchen Vergleich nicht rechtfertigen.

172

Drittens hat das Gericht in Rn. 258 des angefochtenen Urteils lediglich festgestellt, dass die Kommission hinsichtlich der Behauptung, die Festsetzung der Mindestteilnahmegrenze von 2 MW sei eine Maßnahme, die eine Entwicklung von DSR begünstige, Bedenken hätte haben müssen.

173

Selbst unter der Annahme, dass Bedenken, die Festlegung der Mindestteilnahmegrenze auf 2 MW begünstige die Entwicklung von DSR, gerechtfertigt gewesen wären, bedeutet dieser Umstand nicht zwangsläufig, dass diese Schwelle für eine solche Entwicklung insofern ungünstig gewesen wäre, als sie ein bedeutsames Hindernis für die Teilnahme der DSR-Anbieter am Kapazitätsmarkt darstellte.

174

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 259 des angefochtenen Urteils, die in Rn. 153 des vorliegenden Urteils wiedergegeben wurde, weder mit den in den Rn. 242 und 243 des angefochtenen Urteils genannten Erwägungen zum Fehlen einer Bestimmung des innerstaatlichen Rechts des Vereinigten Königreichs gerechtfertigt werden kann, die bei den T‑1-Auktionen eine Versteigerung von mindestens 50 % der vier Jahre zuvor reservierten Kapazität sicherstellen, noch mit den Erwägungen in den Rn. 256 bis 258 des angefochtenen Urteils zu den Bedenken, die die Kommission in Bezug darauf hätte haben müssen, ob die Festlegung der Mindestschwelle auf 2 MW für die Teilnahme am Kapazitätsmarkt die DSR-Anbieter begünstige.

175

Infolgedessen ist dem zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes stattzugeben, weil die in Rn. 259 des angefochtenen Urteils genannte Schlussfolgerung rechtsfehlerhaft ist.

176

Da beide Teile des einzigen Rechtsmittelgrundes begründet sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

Zur Klage vor dem Gericht

177

Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall einer Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist.

178

Im vorliegenden Fall ist insbesondere angesichts des Umstands, dass sich die Nichtigkeitsklage von Tempus in der Rechtssache T‑793/14 auf Klagegründe stützt, die vor dem Gericht streitig erörtert wurden und deren Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erfordert, davon auszugehen, dass die Klage entscheidungsreif ist und endgültig über sie zu entscheiden ist (vgl. entsprechend Urteil vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 130).

179

Als Beteiligte und zur Gewährleistung des Schutzes ihrer Verfahrensrechte nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 macht Tempus zwei Klagegründe geltend, wobei sie mit dem ersten einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV, einen Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sowie eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts und mit dem zweiten einen Begründungsmangel rügt.

Zum ersten Klagegrund

180

Der erste Klagegrund gliedert sich in sieben Teile. Zur Stützung des ersten Teils, mit dem eine fehlerhafte Beurteilung des Potenzials von DSR geltend gemacht wird, beruft sich Tempus auf die Gesichtspunkte, die vom Gericht in den Rn. 136 bis 158 des angefochtenen Urteils unter der Überschrift „Verfügbare Informationen zum Potenzial von DSR“ geprüft wurden. Aus den in den Rn. 117 bis 122 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen kann mit diesen Gesichtspunkten nicht dargetan werden, dass die Beurteilung des Potenzials von DSR Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte auslösen müssen und dass diese Bedenken die Kommission dazu hätten veranlassen müssen, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen. Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

181

Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes beruft sich Tempus auf die Gesichtspunkte, die vom Gericht in den Rn. 160 bis 193 des angefochtenen Urteils unter der Überschrift „Zur Laufzeit der Kapazitätsverträge“ geprüft wurden. Den Rn. 129 bis 133 des vorliegenden Urteils ist jedoch zu entnehmen, dass diese Gesichtspunkte nicht belegen, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte haben müssen. Demzufolge ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes ebenfalls zurückzuweisen.

182

Mit dem dritten Teil des ersten Klagegrundes macht Tempus im Wesentlichen geltend, dass die Bedingungen für die Teilnahme an den verschiedenen von der in Rede stehenden Maßnahme vorgesehenen Auktionen derart gewesen seien, dass sie zu einem De-facto-Ausschluss der DSR-Anbieter von den T‑4-Auktionen geführt hätten. Dieser Teil ist aus den in den Rn. 231 bis 235 des angefochtenen Urteils dargestellten Gründen, die sich der Gerichtshof zu eigen macht, als unbegründet zurückzuweisen.

183

Mit dem vierten Teil trägt Tempus Argumente zur Methode zur Kostendeckung vor, wie sie in den Rn. 194 bis 197 des angefochtenen Urteils zusammengefasst werden. Aus den in den Rn. 150 und 151 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen belegen diese Gesichtspunkte jedoch nicht, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte haben müssen. Folglich ist der vierte Teil zurückzuweisen.

184

Mit dem fünften Teil macht Tempus geltend, dass die in Rede stehende Maßnahme DSR-Anbieter diskriminiere, da alle Teilnehmer an den dauerhaften Auktionen gleich behandelt würden und alle, einschließlich DSR-Anbietern, verpflichtet seien, Gebote für unbefristete Kapazitätsereignisse einzureichen.

185

Dieser Teil ist als unbegründet zurückzuweisen. Es steht nämlich fest, dass die Pflicht, Gebote für unbefristete Kapazitätsereignisse einzureichen, allen Anbietern obliegt, wobei diese Pflicht das Ziel verfolgt, wie die Kommission erläutert hat, ein Maß an Versorgungssicherheit zu erreichen, das höher ist als das, das durch die Gebote, die auf die Abdeckung befristeter Kapazitätsereignisse beschränkt sind, erreicht wird. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass DSR-Anbieter diskriminiert wurden und dass die Kommission in Anbetracht der Pflicht, für unbefristete Kapazitätsereignisse Gebote abzugeben, Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte haben müssen.

186

Mit dem sechsten Teil macht Tempus geltend, dass es für den Markteintritt von DSR-Anbietern problematisch sein könne, wenn alle Teilnehmer des Kapazitätsmarkts die gleiche Bietungsgarantie erbringen müssten, da sich der DSR-Sektor noch in seinen Anfängen befinde. Dieser Teil ist aus den in den Rn. 249 bis 252 des angefochtenen Urteils dargestellten Gründen, die sich der Gerichtshof zu eigen macht, als unbegründet zurückzuweisen.

187

Mit dem siebten Teil macht Tempus schließlich geltend, die in Rede stehende Maßnahme gebe Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt, da DSR-Anbieter nicht für die Begrenzung von Übertragungs- und Verteilungsverlusten vergütet würden. Die von den DSR-Anbietern gelieferte Kapazität senke nämlich nicht nur den Gesamtbetrag der benötigten und auf dem Kapazitätsmarkt zirkulierenden Kapazität, sondern auch die Übertragungs- und Verteilungsverluste um etwa 7 % bis 8 %. Die insoweit erzielten Einsparungen sollten nach Auffassung von Tempus in die Vergütung von DSR-Anbietern einfließen und auf diese Weise einen Anreiz für die Verbesserung der Netzeffizienz setzen. Dieser Teil ist aus den in den Rn. 263 bis 266 des angefochtenen Urteils dargestellten Gründen, die sich der Gerichtshof zu eigen macht, ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

188

Infolgedessen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund

Vorbringen der Parteien

189

Zur Stützung ihres zweiten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, der streitige Beschluss sei mangelhaft begründet, trägt Tempus sieben Argumente vor.

190

Was die Beurteilung der potenziellen Rolle von DSR auf dem Kapazitätsmarkt des Vereinigten Königreichs anbelangt, macht Tempus erstens geltend, der streitige Beschluss enthalte eine widersprüchliche Begründung. Während im 107. Erwägungsgrund dieses Beschlusses von „ausgereiften DSR-Anbietern“ die Rede sei, heiße es in seinem 131. Erwägungsgrund, dass sich der DSR-Sektor „noch in [seinen] Anfängen befindet“. Dieser Widerspruch in der Begründung zeige, dass die Kommission die Rolle, die DSR auf dem Kapazitätsmarkt des Vereinigten Königreichs spiele und spielen könnte, nicht zutreffend beurteilt habe.

191

Was die Laufzeit der Verträge betrifft, macht Tempus zweitens geltend, dass die Kommission zum einen nicht die Gründe erläutert habe, weshalb die Vorlaufzeiten für neue Investitionen, die die DSR-Anbieter benötigten, um Kapazitäten bereitzustellen, nicht berücksichtigt worden seien, da im 134. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses nur die Vorlaufzeiten der Erzeuger genannt würden, und zum anderen, weshalb sie der Auffassung sei, wie sich aus dem 152. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ergebe, dass die für die DSR-Anbieter zur Verfügung stehenden Verträge „eine ausreichend lange Laufzeit für neue Investitionen“ geboten hätten und „neuen Marktteilnehmern erlauben, die notwendige Finanzierung sicherzustellen und so der Gefahr von Marktbeherrschung zu begegnen“.

192

Was die Wahl der DSR-Anbieter zwischen der Teilnahme an den Übergangsauktionen oder den dauerhaften Auktionen anbelangt, macht Tempus drittens geltend, dass die Kommission, obwohl sie im 128. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses erklärt habe, dass die Übergangsauktionen das Nachfragemanagement verbessern sollten, nicht erläutert habe, inwiefern der wechselseitige Ausschluss dieser Auktionen das Nachfragemanagement verbessere. Sie habe auch nicht erläutert, worin die Unzulänglichkeit der „[technischen Leistung] für die Behebung des Kapazitätsproblems“ bestehe, die einen solchen Ausschluss rechtfertigen könnte, wie es Rn. 232 Buchst. a der Leitlinien 2014‑2020 verlange.

193

Viertens habe sich die Kommission, was die Methode zur Kostendeckung betreffe, darauf beschränkt, in dem streitigen Beschluss die Frage zu prüfen, ob die in Rede stehende Maßnahme irgendeine Anreizwirkung habe, obwohl doch diese Wirkung minimal und unangemessen sei, um auf die festgestellte Schwäche des Marktes auf die wirksamste und wirtschaftlichste Weise zu reagieren. Folglich habe die Kommission nicht die Probleme geprüft, die sich aus der Tatsache ergäben, dass die gewählte Methode zur Kostendeckung den Verbrauchern kein deutlicheres Preissignal für ihren Stromverbrauch während der Triade-Nachfragezeiten gebe, und sei daher ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen.

194

Fünftens sei die Kommission in dem streitigen Beschluss nicht auf die Frage der Verwendung von Verträgen, die unbefristete Kapazitätsereignisse abdeckten, anstatt von befristeten Verträgen im Rahmen der dauerhaften Auktionen eingegangen.

195

Sechstens sei die Kommission in dem streitigen Beschluss auch nicht auf die Frage des Erfordernisses einer Bietungsgarantie eingegangen und habe daher nicht erläutert, weshalb die DSR-Anbieter die Pflicht haben sollten, dieselbe Garantie wie die Erzeuger zu stellen.

196

Siebtens sei der streitige Beschluss nicht ausreichend begründet, was das Fehlen einer zusätzlichen Vergütung im Fall der Begrenzung von Übertragungs- und Verteilungsverlusten dank DSR betreffe. Der 140. Erwägungsgrund dieses Beschlusses enthalte einen Zirkelschluss und antworte nicht auf die DSR-Anbieter, die entgegneten, dass die Vermeidung von Übertragungs- und Verteilungsverlusten die im Netz verfügbare Kapazität erhöhe. Die Kommission hätte erläutern müssen, weshalb es objektiv gerechtfertigt sei, die dank der DSR-Unternehmen erreichte Begrenzung der Verluste bewusst außer Acht zu lassen.

197

Die Kommission und das Vereinigte Königreich treten dem Vorbringen von Tempus entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

198

Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 88, sowie vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 172).

199

Was insbesondere, wie im vorliegenden Fall, eine Entscheidung, keine Einwände nach Art. 108 Abs. 3 AEUV zu erheben, betrifft, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine solche Entscheidung lediglich die Gründe enthalten muss, aus denen die Kommission keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt sieht, und dass selbst eine kurze Begründung dieser Entscheidung als ausreichend im Hinblick auf das Begründungserfordernis des Art. 296 Abs. 2 AEUV anzusehen ist, wenn sie gleichwohl klar und eindeutig die Gründe zum Ausdruck bringt, aus denen die Kommission zu der Auffassung gelangt ist, dass keine derartigen Schwierigkeiten vorlägen, da die Frage der Stichhaltigkeit dieser Begründung mit diesem Erfordernis nichts zu tun hat (Urteile vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 48, vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 65, 70 und 71, sowie vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 111).

200

Die sieben von Tempus im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgebrachten Argumente sind im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

201

In Bezug auf das erste Argument ist festzustellen, dass zwischen dem 107. und dem 131. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses kein Widerspruch besteht. Während nämlich im 107. Erwägungsgrund ein Vorbringen des Vereinigten Königreichs zur notwendigen Unterscheidung zwischen ausgereiften DSR-Anbietern und noch nicht ausgereiften Anbietern, die Unterstützung benötigten, zusammengefasst wird, wird im 131. Erwägungsgrund die Beurteilung der Kommission zur Angemessenheit der Beihilfe dargestellt, wonach u. a. der DSR-Sektor, insgesamt betrachtet, sich noch in seinen Anfängen befunden habe.

202

In Bezug auf das zweite Argument zu den Erwägungsgründen 134 und 152 des streitigen Beschlusses ist festzustellen, dass der 152. Erwägungsgrund, wonach die ausreichend lange Laufzeit der neuen Kapazitätsverträge für neue Investitionen es neuen Marktteilnehmern erlaube, die notwendige Finanzierung sicherzustellen, allgemein abgefasst ist und sich auf keine bestimmte Kategorie von Betreibern bezieht. Obwohl aus dem 134. Erwägungsgrund dieses Beschlusses abgeleitet werden kann, dass die Vorlaufzeiten von DSR-Anbietern unterschiedlich und eventuell kürzer sind als die anderer Arten von Betreibern, bestand auch unter Berücksichtigung der in den Rn. 198 und 199 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung für die Kommission keineswegs die Notwendigkeit, sich im 152. Erwägungsgrund dieses Beschlusses speziell auf die angemessenste Laufzeit der Verträge zu beziehen, die die DSR-Anbieter möglicherweise abschließen würden.

203

In Bezug auf das dritte Argument bezüglich des 128. Erwägungsgrundes des streitigen Beschlusses ist festzustellen, dass die Kommission darin, wie bereits in den Erwägungsgründen 88 bis 94 dieses Beschlusses erwähnt, dargestellt hat, dass das Vereinigte Königreich zusätzliche Maßnahmen untersuchte oder umsetzte, um insbesondere das Nachfragemanagement zu verbessern. Der 89. Erwägungsgrund dieses Beschlusses bezieht sich nämlich u. a. auf die Tatsache, dass das Vereinigte Königreich die mit DSR verbundenen Chancen nutzt. Daraus folgt, dass der Kommission kein Begründungsmangel oder eine unzureichende Begründung dieses Teils des streitigen Beschlusses vorgeworfen werden kann.

204

Die Frage, ob die in Rede stehende Maßnahme in Anbetracht der Tatsache, dass DSR-Anbieter einen Vertrag entweder bei den Übergangsauktionen oder bei den dauerhaften Auktionen erhalten können, aber nicht bei beiden Arten von Auktionen, es ermöglichte, das Nachfragemanagement zu verbessern, und Rn. 232 Buchst. a der Leitlinien 2014‑2020 beachtete, gehört zur Stichhaltigkeit der Begründung und damit zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses, die von der Beachtung des wesentlichen Formerfordernisses zu unterscheiden ist, das in der Begründungspflicht liegt (vgl. entsprechend Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 181 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

205

Zudem gehört die in der vorherigen Randnummer genannte Frage zum dritten Teil des ersten Klagegrundes, der, wie aus Rn. 182 des vorliegenden Urteils hervorgeht, zurückgewiesen wurde.

206

Mit dem vierten Argument von Tempus zur Methode zur Kostendeckung soll ebenfalls nicht die Einhaltung der Begründungspflicht durch die Kommission, sondern die Stichhaltigkeit der Begründung des streitigen Beschlusses beanstandet werden. Rn. 183 des vorliegenden Urteils ist jedoch zu entnehmen, dass dieses Argument zurückgewiesen worden ist.

207

Was das fünfte Argument betrifft, die Kommission habe in dem streitigen Beschluss die Frage der Verwendung von unbefristeten Kapazitätsverträgen anstatt von befristeten Kapazitätsverträgen nicht angesprochen, so trifft es zu, dass die Entscheidung, wonach die Verträge unbefristet und nicht befristet sein sollten, in dem streitigen Beschluss nicht geprüft wurde. Wie der Generalanwalt in Nr. 188 seiner Schlussanträge jedoch ausgeführt hat, kann zum einen in Anbetracht der Tatsache, dass diese Frage bei der Kommission während der Vorprüfung der in Rede stehenden Maßnahme nicht aufgeworfen wurde, und zum anderen in Anbetracht der in den Rn. 198 und 199 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung der Kommission kein Verstoß gegen die Begründungspflicht vorgeworfen werden, weil sie sich in dem streitigen Beschluss nicht speziell auf diese Frage bezogen habe.

208

Ebenso verhält es sich im Wesentlichen aus denselben Gründen mit dem sechsten Argument von Tempus, die Kommission habe in dem streitigen Beschluss nicht erläutert, weshalb die DSR-Anbieter zur Teilnahme an den Auktionen die gleiche Garantie wie die Stromerzeuger stellen sollten.

209

Im 26. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses wird erläutert, dass die potenziellen Erzeugereinheiten oder DSR-Einheiten für die Teilnahme an den Auktionen verpflichtet sind, eine Bürgschaft zu stellen, um die Ernsthaftigkeit ihrer Teilnahme an den Auktionen und die Wahrhaftigkeit ihrer Absicht nachzuweisen, eine spätestens zu Beginn des Lieferungsjahres betriebsbereite Anlage zu liefern. Da die Frage einer eventuellen unterschiedlichen Behandlung der DSR-Anbieter, was die Pflicht zur Stellung einer Bürgschaft betrifft, im Stadium der vorläufigen Prüfung und auch in den spontan bei der Kommission eingereichten Stellungnahmen nicht aufgeworfen worden war, war die Kommission nicht verpflichtet, zur Wahrung der Begründungspflicht in dem streitigen Beschluss die Gründe zu erläutern, weshalb eine solche unterschiedliche Behandlung nicht erforderlich sei.

210

Schließlich ist in Bezug auf die Frage der fehlenden zusätzlichen Vergütung auf dem Kapazitätsmarkt im Fall der dank DSR erzielten Begrenzung von Übertragungs- und Verteilungsverlusten darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 140. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses die Auffassung vertreten hat, dass es in Anbetracht des mit der in Rede stehenden Maßnahme verfolgten Ziels gerechtfertigt sei, den DSR-Anbietern keine zusätzliche Vergütung dafür zu zahlen. Trotz seiner Kürze war dieser Hinweis ausreichend, um die Gründe nachzuvollziehen, weshalb die Kommission das Fehlen einer solchen zusätzlichen Vergütung nicht für geeignet hielt, Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt hervorzurufen.

211

Wie aus der in Rn. 204 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, ist die Frage der Beachtung der Begründungspflicht, was diesen Teil des streitigen Beschlusses betrifft, von der der Stichhaltigkeit der Begründung zu trennen. Rn. 187 des vorliegenden Urteils ist indessen zu entnehmen, dass die Argumente von Tempus zu dieser letztgenannten Frage zurückgewiesen worden sind.

212

Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und die Klage außerdem insgesamt abzuweisen.

Kosten

213

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

214

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

215

Da Tempus mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten der Verfahren vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof aufzuerlegen, sind Tempus die Kosten dieser Verfahren aufzuerlegen. Da das Vereinigte Königreich keinen Kostenantrag gestellt hat, trägt es seine eigenen Kosten.

216

Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Folglich trägt die Republik Polen, die vor dem Gerichtshof als Streithelferin aufgetreten ist, ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 15. November 2018, Tempus Energy und Tempus Energy Technology/Kommission (T‑793/14, EU:T:2018:790), wird aufgehoben.

 

2.

Die Klage in der Rechtssache T‑793/14 wird abgewiesen.

 

3.

Die Tempus Energy Ltd und die Tempus Energy Technology Ltd tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission im Rahmen der Verfahren vor dem Gericht der Europäischen Union und dem Gerichtshof entstanden sind.

 

4.

Die Republik Polen und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

Top