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Document 62017CC0543

Schlussanträge des Generalanwalts M. Szpunar vom 11. April 2019.
Europäische Kommission gegen Königreich Belgien.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Art. 258 AEUV – Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation – Richtlinie 2014/61/EU – Unterbliebene Umsetzung und/oder Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen – Art. 260 Abs. 3 AEUV – Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines Zwangsgelds in Form eines Tagessatzes – Berechnung der Höhe des Zwangsgelds.
Rechtssache C-543/17.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:322

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 11. April 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑543/17

Europäische Kommission

gegen

Königreich Belgien

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Art. 258 AEUV – Richtlinie 2014/61/EU – Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation – Art. 260 Abs. 3 AEUV – Verpflichtung, Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie mitzuteilen – Finanzielle Sanktionen – Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines täglichen Zwangsgelds“

I. Einleitung

1.

In der vorliegenden Rechtssache beantragt die Europäische Kommission, „festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation[ ( 2 )] verstoßen hat, dass es nicht bis spätestens 1. Januar 2016 alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, oder sie jedenfalls nicht der Kommission mitgeteilt hat“ ( 3 ).

2.

Darüber hinaus beantragt die Kommission, „gegen das Königreich Belgien gemäß Art. 260 Abs. 3 AEUV wegen Verletzung der Verpflichtung zur Mitteilung der Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie [2014/61] ein Zwangsgeld in Höhe von täglich 54639,36 Euro ab dem Tag der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache zu verhängen“ ( 4 ).

3.

Die vorliegende Klage auf Feststellung einer Vertragsverletzung weist somit zwei Aspekte auf. Während sich der erste auf eine typische Vertragsverletzung bezieht, die in der (teilweisen) Nichtumsetzung einer Richtlinie besteht, betrifft der zweite eine finanzielle Sanktion ( 5 ) nach Art. 260 Abs. 3 AEUV. Der erste Aspekt des Verfahrens wirft in rechtlicher Hinsicht keine Probleme auf und ist außerdem zwischen den Beteiligten des Verfahrens nicht streitig ( 6 ). Die im Rahmen des zweiten Aspekts aufgeworfene rechtliche Problematik wird hingegen zwischen der Kommission einerseits und dem Königreich Belgien sowie den als Streithelfer beteiligten Mitgliedstaaten andererseits kontrovers erörtert ( 7 ).

4.

Art. 260 Abs. 3 AEUV wurde durch den Vertrag von Lissabon eingeführt. Er sieht einen Mechanismus vor, der es dem Gerichtshof ermöglicht, gegen einen Mitgliedstaat bereits bei der ersten Verurteilung wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung, Maßnahmen zur Umsetzung einer gemäß einem Gesetzgebungsverfahren erlassenen Richtlinie mitzuteilen, eine finanzielle Sanktion zu verhängen.

5.

Bis heute hat sich der Gerichtshof noch nicht zur Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV geäußert. Zwar wurde er in einer Vielzahl von Rechtssachen angerufen, in denen die Kommission die Anwendung von Art. 260 Abs. 3 AEUV beantragte. Bisher wurden jedoch sämtliche dieser Rechtssachen vor Verkündung des Urteils zwischen dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission beigelegt, was die Kommission jeweils zu einer Rücknahme – manchmal in allerletzter Minute – veranlasste ( 8 ).

6.

Die vorliegende Rechtssache könnte dem Gerichtshof somit die Gelegenheit bieten, diese Bestimmung auszulegen ( 9 ).

7.

Die Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV wirft grundlegende Fragen zur Rechtsordnung der Union auf. Mein Hauptziel – um nicht zu sagen Hauptanliegen – in dieser Rechtssache ist es, dem Gerichtshof zu signalisieren, dass jede Auslegung dieser Bestimmung über die Binsenwahrheit hinausgehen muss, dass eine schnelle, vollständige und korrekte Umsetzung der Richtlinien für die einheitliche Anwendung des Unionsrechts unerlässlich ist.

II. Rechtlicher Rahmen

8.

Art. 13 („Umsetzung“) der Richtlinie 2014/61 bestimmt ( 10 ):

„Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 1. Januar 2016 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission hiervon.

Sie wenden diese Maßnahmen ab dem 1. Juli 2016 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.“

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits

A.   Vorverfahren

9.

Gemäß Art. 13 der Richtlinie 2014/61 hatten die Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 2016 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, zu erlassen und zu veröffentlichen sowie die Kommission hiervon zu unterrichten.

10.

Da der Kommission bis zu diesem Datum keine nationale Maßnahme zur Umsetzung dieser Richtlinie mitgeteilt worden war, richtete sie am 23. März 2016 ein Aufforderungsschreiben an das Königreich Belgien.

11.

Da aus der Antwort des Königreichs Belgien hervorging, dass die Umsetzungsmaßnahmen am 11. Juli 2016 in Vorbereitung waren, sandte die Kommission am 30. September 2016 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an das Königreich Belgien, in dem sie dieses aufforderte, die Maßnahmen, die erforderlich waren, um dieser Stellungnahme nachzukommen, innerhalb von zwei Monaten ab deren Zugang zu treffen.

12.

Nachdem ihm eine Fristverlängerung gewährt worden war, antwortete das Königreich Belgien auf die mit Gründen versehene Stellungnahme mit Schreiben vom 21. Februar und 28. März 2017, in denen es der Kommission mitteilte, dass die Umsetzung der Richtlinie 2014/61 im Gange sei. Diesen Schreiben waren Entwürfe von Umsetzungsmaßnahmen sowie die konsolidierte Fassung der Verordnung vom 3. Juli 2008 über die Straßenbaustellen der Region Brüssel-Hauptstadt (Belgien) beigefügt.

13.

Da die Kommission der Auffassung war, dass eine vollständige Umsetzung der Richtlinie 2014/61 und die vollständige Mitteilung der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie fehlten und das Königreich Belgien somit gegen seine Verpflichtungen aus Art. 13 dieser Richtlinie verstoßen habe, beschloss sie am 13. Juli 2017, die vorliegende Klage zu erheben.

B.   Verfahren vor dem Gerichtshof

14.

Mit ihrer Klageschrift, die am 15. September 2017 eingegangen ist, hat die Kommission dem Königreich Belgien zur Last gelegt, nicht alle Maßnahmen erlassen zu haben, die erforderlich sind, um der Richtlinie 2014/61 nachzukommen, und ihr diese Maßnahmen jedenfalls nicht mitgeteilt zu haben.

15.

In seiner Klagebeantwortung hat das Königreich Belgien auf den Fortschritt bei der Umsetzung der Vorschriften der Richtlinie 2014/61 hingewiesen und angegeben, dass die Mehrheit der Vorschriften entsprechend der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Föderalstaat, den Regionen und Gemeinschaften in das belgische Recht umgesetzt sei und die erforderlichen Maßnahmen getroffen worden bzw. hinsichtlich der noch nicht umgesetzten Vorschriften im Gange seien.

16.

In ihrer Erwiderung hat die Kommission erklärt, dass trotz der erheblichen Fortschritte, die das Königreich Belgien seit der Klageerhebung bei der Umsetzung der Richtlinie 2014/61 verzeichnet habe, der Erlass weiterer Maßnahmen notwendig sei, um sie vollständig umzusetzen. Diese Notwendigkeit werde im Übrigen von den belgischen Behörden selbst eingeräumt. Daher hat die Kommission ihren Antrag aufrechterhalten, allerdings den Tagessatz des Zwangsgelds, zu dessen Zahlung das Königreich Belgien nach ihrer Auffassung zu verurteilen ist, herabgesetzt.

17.

Am 5. Februar 2018 sind die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, Irland, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Litauen, Ungarn und die Republik Österreich als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Belgien zugelassen worden. Am 21. November 2018 ist Rumänien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Belgien zugelassen worden.

18.

Die belgische Regierung und die Kommission haben in der Sitzung vom 22. Januar 2019 mündlich vorgetragen, ebenso wie die deutsche, die estnische, die spanische, die französische, die italienische, die ungarische, die österreichische und die rumänische Regierung.

IV. Würdigung

19.

Ich werde zunächst die dem Königreich Belgien gemäß Art. 258 AEUV zur Last gelegten Verstöße prüfen (Abschnitt A), bevor ich auf die heiklere Frage der finanziellen Sanktionen nach Art. 260 Abs. 3 AEUV eingehen werde (Abschnitt B).

A.   Zu den Verstößen nach Art. 258 AEUV

20.

Die Kommission wirft dem Königreich Belgien vor, die Vorschriften der Richtlinie 2014/61 nicht bis zum 1. Januar 2016, dem Zeitpunkt, der nach Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie für den Erlass und die Veröffentlichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, vorgesehen ist, in das nationale Recht umgesetzt und der Kommission die Umsetzungsvorschriften nicht mitgeteilt zu haben.

21.

Das Königreich Belgien bestreitet diesen Vorwurf nicht.

22.

Wir haben es folglich mit einer „unbestrittenen Vertragsverletzung“ zu tun. Das Königreich Belgien hat nämlich die Richtlinie 2014/61 nicht fristgerecht umgesetzt und die Kommission auch nicht, wie in Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgeschrieben, von den Umsetzungsmaßnahmen unterrichtet.

23.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Verpflichtungen aus einer Richtlinie vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Situation, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist befindet ( 11 ).

24.

Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2014/61 verstoßen hat, dass es nicht fristgerecht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, oder sie jedenfalls der Kommission nicht mitgeteilt hat.

B.   Zur finanziellen Sanktion nach Art. 260 Abs. 3 AEUV

25.

Die Kernfrage der vorliegenden Rechtssache betrifft zweifelsohne die Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV, d. h. die Art und Weise, wie diese Bestimmung hier Anwendung findet.

1. Zur Richtlinie

26.

Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie „für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel“. Dieses dem Rechtssystem der Union eigene Instrument ist das Mittel zur Harmonisierung nationaler Vorschriften.

27.

Anhand der Richtlinie wird besonders deutlich, wie die nationalen Rechtsordnungen mit der Unionsrechtsordnung verknüpft sind. Eine ordnungsgemäße Umsetzung ist daher sowohl für die praktische Wirksamkeit als auch für die einheitliche Anwendung der Richtlinie in der gesamten Union von herausragender Bedeutung.

28.

Das zweistufige Gesetzgebungsverfahren bei Richtlinien beinhaltet einen beträchtlichen Kontrollaufwand. Da Richtlinien der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bedürfen, sind sie nicht nur eine Quelle für Varianz, sondern auch eine Quelle für Fehler ( 12 ). Die bisher gewonnene Erfahrung hat gezeigt, dass die zweite Stufe keine Selbstverständlichkeit ist und dass die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten häufig besser durch eine systematische Kontrolle der Kommission sichergestellt ist. Daher wird die Umsetzungspraxis von der Kommission kontinuierlich überwacht und statistisch ausgewertet.

29.

Hinsichtlich der Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht wird herkömmlich zwischen drei Hauptarten von Verstößen unterschieden. Die erste betrifft die Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen (ein Mitgliedstaat teilt der Kommission die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie nicht fristgerecht mit), die zweite die Unvereinbarkeit (die von einem Mitgliedstaat getroffenen Umsetzungsmaßnahmen stehen nicht im Einklang mit den Bestimmungen der Unionsrichtlinien) und die dritte schließlich die unzureichende oder falsche Anwendung (die Richtlinie ist zwar formal umgesetzt, wird jedoch von den einzelstaatlichen Behörden nicht korrekt oder überhaupt nicht angewandt).

30.

Diese Einteilung wird von der Kommission selbst angewandt ( 13 ).

31.

Um ihre Aufgabe als Hüterin der Verträge ordnungsgemäß zu erfüllen und zu überprüfen, ob ein Mitgliedstaat die Bestimmungen einer Richtlinie korrekt in das nationale Recht umgesetzt hat, muss die Kommission daher von den Umsetzungsmaßnahmen, die von den Mitgliedstaaten ergriffen werden, unterrichtet werden ( 14 ).

32.

Den Anforderungen an die Umsetzung von Richtlinien werden die Mitgliedstaaten häufig nicht gerecht, und die unzureichende Umsetzung von Richtlinien gehört zu den gravierendsten Fällen fehlerhafter Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten ( 15 ).

33.

Die Richtlinien enthalten nunmehr die Verpflichtung, im einzelstaatlichen Umsetzungsrechtsakt auf die Richtlinie zu verweisen. Aufgrund dieser eigenständigen Verweisungspflicht werden Umsetzungsmaßnahmen auch dann erforderlich, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Anforderungen der Richtlinie inhaltlich bereits genügen. Um die Überwachung der Umsetzung zur erleichtern, schreiben die Richtlinien den Mitgliedstaaten – bereits vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon – häufig vor, die ergriffenen Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen ( 16 ). Um die Kontrolle der Umsetzung zu erleichtern, verlangt die Kommission überdies regelmäßig von den Mitgliedstaaten, ihr eine Vergleichstabelle vorzulegen, aus der hervorgeht, wie die einzelnen Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht überführt werden ( 17 ).

34.

Durch den Vertrag von Lissabon wurden die der Kommission für diese Kontrolle zur Verfügung stehenden Instrumente um das Verfahren nach Art. 260 Abs. 3 AEUV erweitert.

2. Zum Zweck von Art. 260 Abs. 3 AEUV

35.

Um den Gedanken, der Art. 260 Abs. 3 AEUV zugrunde liegt, richtig zu erfassen, erscheint es mir zweckmäßig, einen Schritt zurückzugehen und diese Bestimmung in ihren historischen und systematischen Kontext zu setzen.

36.

Hierzu möchte ich in aller Kürze auf den umstrittenen Zweck dieser Bestimmung eingehen.

37.

Diesbezüglich werden zwei Thesen vertreten. Nach der einen bezweckt der durch diese Bestimmung errichtete Mechanismus, im Fall der Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen unmittelbare Sanktionen festzusetzen. Diese These wird insbesondere von der Kommission ( 18 ), einem Teil des Schrifttums ( 19 ) sowie implizit den Generalanwälten Wathelet ( 20 ) und Tanchev ( 21 ) vertreten. Nach diesem Ansatz kann die Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen innerhalb der in einer Richtlinie vorgeschriebenen Frist als solche zur Verhängung finanzieller Sanktionen führen. Die Zahlungsverpflichtung könnte entweder sofort, d. h. mit dem Tag der Verkündung des Urteils, oder zu einem späteren Zeitpunkt, den der Gerichtshof in seinem Urteil festlegt, wirksam werden.

38.

Auf der anderen Seite wird die These vertreten, dass der in Art. 260 Abs. 3 AEUV errichtete Mechanismus bezwecke, die Nichtdurchführung eines Urteils des Gerichtshofs zu sanktionieren, mit dem festgestellt werde, dass ein Mitgliedstaat gegen seine Pflicht zur Mitteilung von Umsetzungsmaßnahmen verstoßen habe ( 22 ). Nach diesem Ansatz wird eine finanzielle Sanktion, die der Gerichtshof in dem Urteil verhängt, in dem die Vertragsverletzung ( 23 ) festgestellt wird, erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam, da die finanzielle Sanktion ihre Berechtigung gerade in der Nichtdurchführung dieses Urteils finde. Der Regelungszweck von Art. 260 Abs. 3 AEUV bestehe nämlich darin, dass gegen einen Mitgliedstaat umgehend, d. h. am Tag des Urteils, das den Verstoß betreffe, Sanktionen verhängt werden könnten, wenn der Verstoß offenkundig sei, seine Feststellung also keinerlei Schwierigkeiten bereite. Nur dann sei es gerechtfertigt, das in Art. 260 Abs. 2 AEUV vorgesehene Verfahren zu beschleunigen und den Gerichtshof nicht noch einmal anrufen zu müssen.

39.

Ich räume ein, dass auf den ersten Blick mehr für den ersten Ansatz zu sprechen scheint als für den zweiten. Es handelt sich jedenfalls um einen intuitiven Ansatz, wenn man die Bilanz der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Richtlinien kennt – um nicht zu sagen, davon frustriert ist. Gleichwohl bin ich aus den Gründen, die ich im Folgenden darlegen werde, überzeugt, dass der zweite Ansatz der richtige ist.

a) Wortlaut

40.

Der Wortlaut von Art. 260 Abs. 3 AEUV liefert erste Anhaltspunkte.

41.

Art. 260 Abs. 3 Unterabs. 2 lautet: „Stellt der Gerichtshof einen Verstoß fest, so kann er gegen den betreffenden Mitgliedstaat die Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds bis zur Höhe des von der Kommission genannten Betrags verhängen. Die Zahlungsverpflichtung gilt ab dem vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Zeitpunkt.“ Nach aller Logik impliziert dieser Wortlaut meines Erachtens, dass die Zahlungsverpflichtung notwendigerweise ab einem späteren Zeitpunkt als dem der Urteilsverkündung gilt. Doch lässt sich eine Auslegung des Wortlauts von Art. 260 Abs. 3 AEUV, wonach die Zahlungsverpflichtung mit der Urteilsverkündung zusammenfallen kann, nicht ausschließen. Auch wenn ich diese zweite Auslegung für unwahrscheinlicher halte als die erste, ist festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 260 Abs. 3 AEUV nicht völlig eindeutig ist und nicht behauptet werden kann, dass sich die Antwort auf unsere Frage ohne jeden Zweifel aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt.

b) Systematik

42.

Aus systematischer Sicht kann es kein Zufall sein, dass die fragliche Bestimmung in der Vorschrift enthalten ist, die die Durchführung und die Nichtdurchführung der Urteile des Gerichtshofs betrifft, d. h. Art. 260 AEUV, und nicht in der Vorschrift über das reguläre Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung, d. h. Art. 258 AEUV.

43.

Das Verfahren der Klage auf Feststellung einer Vertragsverletzung stellt den klassischen „zentralisierten“ Rechtsweg zur Gewährleistung der Umsetzung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten dar ( 24 ). Zu diesem Zweck berechtigt Art. 258 AEUV die Kommission, nach einen fruchtlosen Vorverfahren den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen ( 25 ), während Art. 259 AEUV – der selten angewandt wird – ein ähnliches Verfahren ( 26 ) für jeden (anderen) Mitgliedstaat vorsieht ( 27 ).

44.

Durch Art. 260 AEUV werden die Wirkungen und die Durchsetzung von auf der Grundlage von Art. 258 und 259 AEUV ergangenen Urteilen geregelt ( 28 ).

45.

Hierzu bestimmt Art. 260 Abs. 1 AEUV, dass ein Mitgliedstaat, wenn der Gerichtshof feststellt, dass er gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat, die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.

46.

Die Bestimmungen von Art. 258 und 259 AEUV sowie Art. 260 Abs. 1 AEUV sind im Übrigen identisch mit denen im Vertrag von Rom von 1957 ( 29 ).

47.

Art. 260 Abs. 2 AEUV, der durch den Vertrag von Maastricht eingeführt wurde, regelt das Verfahren zur Verhängung finanzieller Sanktionen in dem Fall, dass der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen nicht getroffen hat, die sich aus einem Urteil ergeben, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird ( 30 ). Dieses sogenannte Verfahren einer „wiederholten Vertragsverletzung“ stellt somit in dem Sinne eine zweite Stufe dar, als es erst greift, wenn ein erstes Urteil, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wurde, ergangen ist.

48.

Nach Art. 260 Abs. 3 AEUV, der durch den Vertrag von Lissabon eingeführt wurde und zu dem bisher noch kein Urteil des Gerichtshofs ergangen ist ( 31 ), kann die Kommission, wenn sie beim Gerichtshof Klage nach Art. 258 AEUV erhebt, weil sie der Auffassung ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Maßnahmen zur Umsetzung einer gemäß einem Gesetzgebungsverfahren erlassenen Richtlinie mitzuteilen, wenn sie dies für zweckmäßig hält, die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds benennen, die sie den Umständen nach für angemessen hält. Stellt der Gerichtshof einen Verstoß fest, so kann er gegen den betreffenden Mitgliedstaat die Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds bis zur Höhe des von der Kommission genannten Betrags verhängen. Die Zahlungsverpflichtung gilt ab dem vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Zeitpunkt.

49.

Eine Bestimmung in Art. 260 AEUV einzuführen, die nicht die Durchführung eines Urteils regelt, sondern eine Verpflichtung, die durch Art. 258 AEUV durchgesetzt werden kann, liefe jeder systematischen Logik zuwider. Art. 260 Abs. 3 AEUV kann sich daher nur auf die Nichtdurchführung eines Urteils des Gerichtshofs beziehen.

c) Vorarbeiten

50.

Die Entstehungsgeschichte von Art. 260 Abs. 3 AEUV bestätigt den von mir vorgeschlagenen Ansatz ( 32 ). Die Bestimmung, wie sie in Art. 260 Abs. 3 AEUV formuliert ist, geht nämlich auf den im Rahmen des Europäischen Konvents ( 33 ) eingesetzten Arbeitskreis zurück. Dessen Schlussbericht enthält Vorschläge ( 34 ) zur Schaffung einer „Möglichkeit der Kommission, den Gerichtshof gleichzeitig (in ein und demselben Verfahren) mit einer Klage wegen Vertragsverletzung nach [Artikel 258 AEUV] und einem Antrag auf Verhängung einer Sanktion zu befassen. Verhängt der Gerichtshof auf Antrag der Kommission im Urteil auch eine Sanktion, so würde diese nach einer gewissen Frist ab Verkündung des Urteils gültig[ ( 35 )], falls der beklagte Staat dem Urteil nicht nachgekommen ist. … Eine solche Bestimmung würde das Verfahren insbesondere für Sanktionen bei Nichtmitteilung von einzelstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen erleichtern und beschleunigen[ ( 36 )]“ ( 37 ). Diese Vorschläge wurden vom Präsidium des Europäischen Konvents ( 38 ) für den Entwurf der neuen Bestimmung ( 39 ) praktisch wörtlich übernommen: „… Der (neue) Absatz 3 geht auf einen dem Arbeitskreis von der Kommission vorgelegten Vorschlag zurück. Dieser Vorschlag zielt darauf ab, der Kommission die Möglichkeit zu geben, den Gerichtshof gleichzeitig (in ein und demselben Verfahren) mit einer Klage wegen Vertragsverletzung nach Artikel [258 AEUV] und einem Antrag auf Verhängung einer Sanktion zu befassen. Verhängt der Gerichtshof auf Antrag der Kommission im Urteil auch eine Sanktion, so würde diese nach einer gewissen Frist ab Verkündung des Urteils gültig, falls der beklagte Staat dem Urteil nicht nachgekommen ist. … Eine solche Bestimmung würde das Verfahren für Sanktionen bei Nichtmitteilung von einzelstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen erheblich erleichtern und beschleunigen …“

51.

Diese Zitate zeigen nach meiner Auffassung deutlich, dass die Verfasser von Art. 260 Abs. 3 AEUV ein Verfahren schaffen wollten, das die Nichtdurchführung eines Urteils betrifft.

52.

Ich werde in diesem Zusammenhang der Absicht der Verfasser des AEU-Vertrags, an deren Klarheit nach meiner Ansicht keine Zweifel bestehen, mehr Gewicht zumessen als der von der Kommission in ihrer Mitteilung zur Anwendung von Art. 260 Abs. 3 AEUV vertretenen Auslegung. Es fällt mir schwer, im vorliegenden Fall einem Akt des soft law, der von einer Partei des vorliegenden Verfahrens erlassen wurde, den Vorzug vor den vorbereitenden Arbeiten zu geben, die – das sollte nicht vergessen werden – in einem beispiellosen Konvent zur Zukunft Europas entwickelt wurden ( 40 ).

d) Charakter finanzieller Sanktionen

53.

Ich habe eine grundlegendere Bemerkung zum Zweck von Art. 260 Abs. 3 AEUV. Die finanziellen Sanktionen im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens sind nach meiner Kenntnis nie dahin ausgelegt worden, dass sie Strafcharakter hätten und die Nichtbefolgung des materiellen Unionsrechts ahndeten.

54.

Insoweit ist der Verstoß, um den es in dem Verfahren nach Art. 260 Abs. 2 AEUV geht, „nicht mehr nur der ursprüngliche Verstoß gegen den Vertrag, den der Gerichtshof nach Maßgabe des Verfahrens nach [Art. 258 AEUV] festgestellt hat (nachstehend: Basisverstoß); er wird vielmehr als zusammengesetzter Verstoß behandelt, bei dem der Basisverstoß in die Verletzung der spezifischen Verpflichtung nach [Art. 260 Abs. 1 AEUV], dem Urteil des Gerichtshofs nachzukommen, einbezogen wird“ ( 41 ).

55.

Aus einem weiteren Blickwinkel betrachtet beruht der Gedanke dieses doppelten Verstoßes darauf, dass die Union eine Rechtsunion ist ( 42 ), in der die Notwendigkeit, Urteilen Rechnung zu tragen und sie durchzuführen, von vorrangiger Bedeutung ist.

56.

Die Annahme, dass die Nichtumsetzung der Vorschriften einer Richtlinie und die Nichtmitteilung der Umsetzungsmaßnahmen als solche den Grund für finanzielle Sanktionen bildeten, liefe diesem Gedanken des doppelten Verstoßes zuwider. Darin läge eine gewisse Unstimmigkeit, da der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Mitteilung von Umsetzungsmaßnahmen häufig geringfügiger ist als viele andere Verstöße gegen das Unionsrecht.

e) Ergebnis

57.

Art. 260 Abs. 3 AEUV sieht somit für Situationen, in denen klar ist, dass ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat, die Möglichkeit vor, finanzielle Sanktionen im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens zu verhängen. Mit dieser Bestimmung soll im Wesentlichen vermieden werden, dass unnötige Rechtsstreitigkeiten vor dem Gerichtshof geführt werden müssen, bevor Sanktionen verhängt werden können. Ziel dieses Verfahrens ist es, aus Gründen der Verfahrensökonomie und des optimalen Einsatzes der Ressourcen eine zweite Reihe von Verfahren für einfache Fälle der Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen zu vermeiden. Dieses Ziel wird eben durch Art. 260 Abs. 3 AEUV erreicht, der es dem Gerichtshof ermöglicht, bereits in der ersten Phase des Verfahrens Sanktionen zu verhängen und anzuordnen, dass diese Sanktionen zu einem späteren Zeitpunkt automatisch wirksam werden, wenn das auf der Grundlage von Art. 258 AEUV ergangene Urteil nicht durchgeführt wird ( 43 ).

3. Zu den in Art. 260 Abs. 3 AEUV genannten Voraussetzungen

a) Verpflichtung zur Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen

58.

Nachdem der Zweck von Art. 260 Abs. 3 AEUV ermittelt ist, werde ich nun die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen untersuchen.

59.

Es sind also die Worte „Verpflichtung …, Maßnahmen zur Umsetzung … mitzuteilen“, auszulegen. Was genau bedeuten diese Worte, die auf den ersten Blick eindeutig erscheinen?

60.

Es lassen sich drei Standpunkte ausmachen.

61.

Nach dem ersten Standpunkt, der u. a. von der belgischen Regierung vertreten wird, die insoweit von den Regierungen unterstützt wird, die als Streithelfer zur Unterstützung des Königreichs Belgien beigetreten sind, sollen diese Worte lediglich den Fall erfassen, in dem ein Mitgliedstaat hinsichtlich der Umsetzung einer Richtlinie in das nationale Recht völlig untätig geblieben ist und es somit versäumt hat, die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie fristgerecht zu treffen und der Kommission mitzuteilen.

62.

Die Kommission vertritt hingegen einen zweiten Standpunkt, wonach Art. 260 Abs. 3 AEUV sowohl im Fall des völligen Fehlens der Umsetzung und der Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen als auch im Fall der teilweisen Umsetzung und Mitteilung dieser Maßnahmen Anwendung findet.

63.

Ein dritter Standpunkt wird von den Generalanwälten Wathelet ( 44 ) und Tanchev ( 45 ) vertreten, wonach Art. 260 Abs. 3 AEUV auf drei Fälle Anwendung findet, nämlich das völlige Fehlen der Mitteilung, die Mitteilung von Maßnahmen, die eine unvollständige Umsetzung darstellen, und die Mitteilung von Maßnahmen, die eine unrichtige Umsetzung der Richtlinie darstellen.

64.

In der Literatur werden hierzu ebenfalls unterschiedliche Auffassungen vertreten ( 46 ).

65.

Ich gebe zu, dass mich keine der vertretenen Thesen überzeugt.

66.

Vor allem habe ich erhebliche Zweifel an der zweiten und der dritten These. Diese beruhen auf einer erweiternden Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV und tragen meines Erachtens dem Wortlaut, der Systematik im Vertrag, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck dieser Bestimmung nicht ausreichend Rechnung.

67.

Diese Ansätze sind nach meiner Ansicht kaum praktikabel, da sie eine eingehende Prüfung der Frage erfordern, ob eine Richtlinie von dem betreffenden Mitgliedstaat umgesetzt wurde oder nicht, was den Zielen der Effizienz und der Zügigkeit des Verfahrens zuwiderläuft.

68.

Ich verstehe Art. 260 Abs. 3 AEUV nämlich nicht dahin, dass er die materielle Voraussetzung aufstellt, dass eine Richtlinie nicht umgesetzt wurde, sondern dahin, dass er die prozessuale ( 47 ) Voraussetzung enthält, dass Umsetzungsmaßnahmen nicht mitgeteilt wurden.

69.

Der Umstand, der die Verhängung eines Zwangsgelds oder eines Pauschalbetrags auslöst, ist der Verstoß des betreffenden Mitgliedstaats gegen die Mitteilungspflicht. Die Verpflichtung, auf die sich Art. 260 Abs. 3 AEUV bezieht, ist nicht die zum Erlass von Umsetzungsmaßnahmen, sondern vielmehr die zu deren Mitteilung ( 48 ). Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die Verpflichtungen zur Mitteilung und zur Umsetzung in dem Sinne miteinander verknüpft sind, dass die Mitteilungspflicht die Umsetzungspflicht durchsetzt ( 49 ). Dies ändert aber nichts am klaren Wortlaut von Art. 260 Abs. 3 AEUV, der sich nicht auf Umsetzungsmaßnahmen als solche, sondern auf ihre Mitteilung bezieht.

70.

Somit ist der Wortlaut von Art. 260 Abs. 3 Unterabs. 1 AEUV dahin zu verstehen, dass diese Bestimmung die Befugnis der Kommission, die Verhängung einer finanziellen Sanktion zu beantragen, klar eingrenzt.

71.

Die Fälle, in denen ein Mitgliedstaat der Kommission innerhalb der vorgeschriebenen Frist keine Umsetzungsmaßnahmen mitteilt, weil er keine Umsetzungsmaßnahmen getroffen hat, sind den von Art. 260 Abs. 2 AEUV erfassten Fällen ähnlich. In beiden Fällen ( 50 ) ist die Rechtslage im Prinzip klar. Es besteht keine Rechtsunsicherheit und folglich keine Notwendigkeit, ein (erstes) klarstellendes Urteil des Gerichtshofs zu erwirken. Hingegen ist die Frage einer teilweisen, unzureichenden oder unrichtigen Umsetzung keine einfache Frage, ganz im Gegenteil ( 51 ).

72.

In diesem Zusammenhang teile ich die Auffassung, dass „es dieser Unterscheidung zwischen einer (un)vollständigen und einer (nicht) ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht [bedarf]“ ( 52 ).

73.

Der Versuch einer Abgrenzung zwischen der unvollständigen und der unrichtigen Umsetzung kompliziert die Dinge nicht nur, sondern führt auch in die Irre ( 53 ). Denn eine unvollständige Umsetzung ist definitionsgemäß auch eine unrichtige Umsetzung ( 54 ). Außerdem besteht eine unrichtige Umsetzung häufig darin, dass nationale Maßnahmen fehlen, die bestimmte Teile einer Richtlinie durchführen oder widerspiegeln. In den meisten Fällen der unrichtigen Umsetzung lassen sich mehr oder weniger wichtige Teile von Vorschriften einer Richtlinie feststellen, die in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften fehlen.

74.

Ein Hauptargument der Verfechter des Gedankens, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV nicht nur das völlige, sondern auch das teilweise Fehlen der Mitteilung und sogar die unrichtige Umsetzung einer Richtlinie umfasse, ist die praktische Wirksamkeit. Nur eine möglichst weite Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV sei nämlich geeignet, zu gewährleisten, dass diese Bestimmung ein wirklich wirksames Mittel darstelle, um die fristgerechte Umsetzung der Richtlinien durch die Mitgliedstaaten sicherzustellen.

75.

Dieses Argument könnte – wenn überhaupt – nur überzeugen, wenn es auf der Prämisse beruhte, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV nicht die Nichtbefolgung eines Urteils des Gerichtshofs, sondern die Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen sanktionieren soll. Daher können die Erwägungen zur praktischen Wirksamkeit meines Erachtens nicht durchgreifen.

76.

Die Kommission vertritt außerdem die Ansicht, dass, wenn „der Mitgliedstaat alle notwendigen Angaben zu der nach seiner Auffassung vollständigen Umsetzung der Richtlinie mitgeteilt [hat], … sich die Kommission auf den Standpunkt stellen [kann], dass der Mitgliedstaat nicht gegen seine Verpflichtung zur Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen verstoßen hat. Artikel 260 Absatz 3 ist in diesem Fall nicht anwendbar.“ ( 55 )

77.

Auch wenn ich das Ermessen der Kommission im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung einer Vertragsverletzung keineswegs anzweifeln will, merke ich dennoch an, dass sich die Kommission anscheinend von subjektiven Erwägungen der Mitgliedstaaten leiten lässt. Sowohl das Verfahren nach Art. 258 AEUV ( 56 ) als auch das Verfahren nach Art. 260 AEUV ( 57 ) hängen jedoch von der objektiven Feststellung des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen seine Verpflichtungen ab.

78.

Daher sehe ich nicht, wie diese Ausführungen der Kommission, die tatsächlich ein subjektives Kriterium einführen, durch das eine moralische Wertung in das Verfahren nach Art. 260 AEUV einfließt, durchgreifen könnten ( 58 ). Folgte man der Logik der Kommission, wäre im Übrigen eine eingehende Prüfung der materiellen Frage erforderlich, ob eine Richtlinie umgesetzt wurde oder nicht.

79.

Bleibt die These, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV nur Situationen erfasst, in denen ein Mitgliedstaat völlig untätig bleibt.

80.

Sollte diese These nicht solche Fälle umfassen, in denen ein Mitgliedstaat als „Umsetzungsmaßnahmen“ Maßnahmen mitteilt, die keinerlei Bezug zu der umzusetzenden Richtlinie aufweisen ( 59 ), vermag sie mich nicht zu überzeugen. Eine solche „simulierte Mitteilung“ stellt eine Nichtmitteilung dar. Ist auf den ersten Blick und ohne inhaltliche Prüfung ersichtlich, dass Maßnahmen keinerlei Bezug zu der Richtlinie haben, kann vernünftigerweise nicht von Umsetzungsmaßnahmen im Sinne von Art. 260 Abs. 3 AEUV die Rede sein ( 60 ). Ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass die mitgeteilten Maßnahmen in keiner Weise eine Umsetzung darstellen, handelt es sich um das Fehlen einer Mitteilung.

81.

Somit kann ein Fall, in dem „es ins Auge springt“, dass die der Kommission übermittelte Information bezüglich der Umsetzungsmaßnahmen keinen Bezug zu den Vorschriften der Richtlinie aufweist, als „fehlende Mitteilung“ im Sinne von Art. 260 Abs. 3 AEUV eingestuft werden ( 61 ).

b) Anwendung auf den vorliegenden Fall

82.

Nun stellt sich die Frage, ob die in Art. 260 Abs. 3 AEUV niedergelegten Voraussetzungen hier erfüllt sind, d. h., ob diese Bestimmung in der vorliegenden Rechtssache sachlich Anwendung findet.

83.

Meines Erachtens nein.

84.

Die Kommission beantragt, „gegen das Königreich Belgien gemäß Art. 260 Abs. 3 AEUV wegen Verletzung der Verpflichtung zur Mitteilung der Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie [2014/61] ein Zwangsgeld in Höhe von täglich 54639,36 Euro ab dem Tag der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache zu verhängen“ ( 62 ).

85.

Dieser Betrag wurde während des Verfahrens vor dem Gerichtshof in dem Maße schrittweise herabgesetzt, wie das Königreich Belgien die Richtlinie schrittweise umgesetzt hat.

86.

Bezugszeitpunkt für die Entscheidung über die Verhängung einer finanziellen Sanktion ist der Tag der Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof. Dies ist ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen von Art. 260 Abs. 2 AEUV ( 63 ), die meines Erachtens in vollem Umfang auf Art. 260 Abs. 3 AEUV übertragbar ist ( 64 ).

87.

In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission dem Gerichtshof mitgeteilt, dass die Umsetzungslücken nach ihrer Auffassung nur noch für die Region Brüssel-Hauptstadt bestünden und nur bestimmte Vorschriften beträfen, nämlich die Begriffsbestimmungen in Art. 2 Nrn.7 ( 65 ), 8 ( 66 ), 9 ( 67 ) und 11 ( 68 ), Art. 4 Abs. 5 ( 69 ) und Art. 8 ( 70 ) der Richtlinie 2014/61. Unter Berücksichtigung dieser Fortschritte hat die Kommission beschlossen, den Schwerefaktor auf „1“ herabzusetzen, und beantragt, gegen das Königreich Belgien ein Zwangsgeld von 6071,04 Euro pro Tag zu verhängen.

88.

Das Königreich Belgien bestreitet die beanstandeten Umsetzungslücken nicht.

89.

Außerdem hat das Königreich Belgien der Kommission die bereits verwirklichten Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt. Gleichwohl macht die Kommission geltend, die belgische Regierung habe „gegen ihre Verpflichtung verstoßen, Maßnahmen zur Umsetzung [der Richtlinie 2014/61] mitzuteilen“.

90.

Auf der Basis der Kriterien, die ich gerade dargestellt habe, und da das Königreich Belgien der Kommission die Umsetzungsmaßnahmen schrittweise mitgeteilt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Königreich Belgien gegen seine Mitteilungspflicht verstoßen hat.

91.

Somit kann der Antrag der Kommission in Bezug auf Art. 260 Abs. 3 AEUV keinen Erfolg haben.

4. Zu den finanziellen Sanktionen

92.

Die Kommission beantragt, gegen das Königreich Belgien ein Zwangsgeld in Höhe von 6071,04 Euro pro Tag zu verhängen.

93.

Auch wenn ich nicht die Erforderlichkeit sehe, mich im Rahmen der vorliegenden Rechtssache zu der genauen Berechnung eines täglichen Zwangsgelds zu äußern, da ich der Auffassung bin, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV im vorliegenden Fall keine Anwendung findet, möchte ich doch für den Fall, dass der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV hier anwendbar ist, zwei kurze Anmerkungen allgemeiner Art zu den finanziellen Sanktionen formulieren.

94.

Der Zweck der finanziellen Sanktionen liegt darin, den Mitgliedstaat mit dem Unionsrecht auf eine Linie zu bringen und neuen Verstößen vorzubeugen ( 71 ). Mit diesen Sanktionen wird kein moralischer, sondern ein pragmatischer Zweck verfolgt.

95.

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen von Art. 260 Abs. 2 AEUV entwickelten Grundsätze in der Regel ( 72 ) auch auf Art. 260 Abs. 3 AEUV Anwendung finden ( 73 ). Hierzu habe ich folgende Anmerkungen.

96.

Erstens kann die Kommission, da Art. 260 Abs. 3 AEUV ebenso wie Art. 260 Abs. 2 AEUV das Ziel verfolgt, die Nichtdurchführung eines Urteils des Gerichtshofs zu sanktionieren, im Rahmen dieser beiden Absätze die gleiche Methode zur Berechnung der finanziellen Sanktionen verwenden ( 74 ). Jedenfalls ist der Gerichtshof durch die Vorschläge der Kommission weder hinsichtlich der Verhängung einer Sanktion ( 75 ) noch hinsichtlich ihrer Berechnungsmethode ( 76 ) gebunden.

97.

Zweitens stellt sich die Frage, ob die Rechtsprechung des Gerichtshofs bezüglich Art. 260 Abs. 2 AEUV zu der Frage, ob der Gerichtshof eine finanzielle Sanktion verhängen kann, die von der Kommission nicht beantragt wurde, auf Art. 260 Abs. 3 AEUV übertragbar ist ( 77 ).

98.

Ich meine nicht.

99.

Im Unterschied zu Art. 260 Abs. 2 AEUV enthält Art. 260 Abs. 3 AEUV nämlich eine wichtige Ergänzung. Nach dieser Bestimmung kann der Gerichtshof die finanzielle Sanktion gegen den Mitgliedstaat „bis zur Höhe des von der Kommission genannten Betrags“ ( 78 ) verhängen. Auch wenn Art. 260 Abs. 3 AEUV nicht die Auswahl, sondern nur den Betrag der zu verhängenden finanziellen Sanktion erwähnt ( 79 ), hat diese Formulierung Auswirkungen auf die Wahl der finanziellen Sanktion. Zur Veranschaulichung: Die Kommission beantragt die Verhängung eines Zwangsgelds von 6071,04 Euro pro Tag. Würde der Gerichtshof beschließen, dem täglichen Zwangsgeld einen Pauschalbetrag hinzuzufügen, wie sollte dies möglich sein, ohne die „Höhe des von der Kommission genannten Betrags“ zu überschreiten? Durch Herabsetzung des Zwangsgelds? Da es sich um ein Zwangsgeld pro Tag handelt, dessen endgültiger, von dem Mitgliedstaat gezahlter Betrag von der (Fort‑)Dauer des Verstoßes ab (nach) dem vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Zeitpunkt abhängt, wo liegt die Höchstgrenze dieses Betrags? Es ist unmöglich, sie zu ermitteln.

100.

Ich verstehe daher den Ausdruck „bis zur Höhe des von der Kommission genannten Betrags“ dahin, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof die Kompetenz im Bereich der finanziellen Sanktionen zuweist und ein allgemeines Verbot vorsieht, eine schwerwiegendere Sanktion zu verhängen ( 80 ).

V. Kosten

101.

Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da die Kommission und das Königreich jeweils mit einem Antrag unterlegen sind, sind ihnen jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

102.

Gemäß Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs tragen die deutsche, die estnische, die irische, die spanische, die französische, die italienische, die litauische, die ungarische, die österreichische und die rumänische Regierung ihre eigenen Kosten.

VI. Ergebnis

103.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.

Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation verstoßen, dass es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, oder sie jedenfalls nicht der Europäischen Kommission mitgeteilt hat.

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.

Die Kommission und das Königreich Belgien tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

4.

Die deutsche, die estnische, die irische, die spanische, die französische, die italienische, die litauische, die ungarische, die österreichische und die rumänische Regierung tragen ihre eigenen Kosten.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2014, L 155, S. 1.

( 3 ) Vgl. Klageschrift der Kommission vom 15. September 2017, Rn. 85.

( 4 ) Vgl. Klageschrift der Kommission, Rn. 85.

( 5 ) Der Begriff „finanzielle Sanktion“ ist der Oberbegriff für „Pauschalbetrag“ und „Zwangsgeld“.

( 6 ) Keiner der anderen Mitgliedstaaten, die als Streithelfer beteiligt sind, widerspricht insoweit der Klageschrift der Kommission.

( 7 ) Ebenso in der rechtswissenschaftlichen Literatur, wie im Folgenden dargestellt.

( 8 ) Gleichwohl haben sich bereits zwei Generalanwälte zur Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV geäußert. Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑320/13, EU:C:2014:2441) und Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 71). Während die Kommission die Klage in der erstgenannten Rechtssache zurückgenommen hat, ist die letztgenannte Rechtssache bis heute beim Gerichtshof anhängig.

( 9 ) Während Generalanwalt Wathelet zutreffend feststellte, dass die Mitgliedstaaten an der Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV kein Interesse zeigten (vgl. seine Schlussanträge in der Rechtssache Kommission/Polen, C‑320/13, EU:C:2014:2441, Fn. 3), kann eine solche Feststellung in der vorliegenden Rechtssache nicht getroffen werden, da zehn Mitgliedstaaten dem Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung des Königreichs Belgien beigetreten sind.

( 10 ) Da zwischen den Parteien keine Uneinigkeit in Bezug auf die Umsetzung des Inhalts der Richtlinie 2014/61 besteht, brauchen deren materielle Vorschriften nicht angeführt zu werden.

( 11 ) Vgl. etwa Urteile vom 21. März 2019, Kommission/Italien (C‑498/17, EU:C:2019:243, Rn. 29 und 30), vom 18. Oktober 2018, Kommission/Rumänien (C‑301/17, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:846, Rn. 42 und 43), und vom 23. November 2016, Kommission/Frankreich (C‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:887, Rn. 28 und 29). Diese Feststellung findet Zustimmung in der Literatur, vgl. u. a. Schermers, H. G., Waelbroeck, D., Judicial Protection in the European Union, 6. Aufl., Kluwer Law International, Den Haag/London/New York, 2001, § 1256; Pechstein, M., in M. Pechstein, C. Nowak, U. Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC und AEUV, Band IV, Mohr Siebeck, Tübingen, 2017, Artikel 258 AEUV, Rn. 42, sowie Streinz, R., in R. Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV (Kommentar), 3. Aufl., C. H. Beck, München, 2018, Artikel 258 AEUV, Rn. 34. Es ist jedoch festzustellen, dass der Gerichtshof im Tenor der Urteile dazu neigt, schlicht den Begriff „fristgerecht“ zu verwenden, ohne zu präzisieren, ob es sich um die vom Unionsgesetzgeber in der Richtlinie oder von der Kommission in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vorgeschriebene Frist handelt.

( 12 ) Vgl. Haltern, U., Europarecht, Dogmatik im Kontext, Band I, 3. Aufl., Mohr Siebeck, Tübingen, 2017, Rn. 872.

( 13 ) Vgl. u. a. Bericht der Kommission, Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts Jahresbericht 2016, 6. Juli 2017 (COM[2017] 370 final), Abschnitt III, S. 18.

( 14 ) Das ist meines Erachtens der Grund, warum Art. 260 Abs. 3 AEUV die Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen besonders hervorhebt. Ich werde hierauf nachfolgend im Rahmen meiner Prüfung bezüglich Art. 260 Abs. 3 AEUV zurückkommen.

( 15 ) Vgl. auch Ruffert, M., in Chr. Calliess, M. Ruffert, (Hrsg.), EUV/AEUV, 5. Aufl., C. H. Beck, München, 2016, Artikel 288 AEUV, Rn. 46.

( 16 ) Jedenfalls kann die Pflicht der Mitgliedstaaten, Umsetzungsmaßnahmen auf Anfrage mitzuteilen, seit jeher aus Art. 4 Abs. 3 EUV hergeleitet werden.

( 17 ) Vgl. u. a. Anhang zur Empfehlung der Kommission vom 12. Juli 2004 zur Umsetzung binnenmarktrelevanter Richtlinien in innerstaatliches Recht (ABl. 2005, L 98, S. 47), Ziff. 3.3, und Anhang zur Empfehlung der Kommission vom 29. Juni 2009 zur Optimierung der Funktionsweise des Binnenmarktes (ABl. 2009, L 176, S. 17), Ziff. 3 Buchst. f. Diese Tabelle ist zudem Bestandteil jedes Gesetzesentwurfs für die Umsetzung, der dem Parlament oder der Regierung des Mitgliedstaats zugeht. Sie soll die Erörterung in diesen Gremien erleichtern. Die Tabelle wird außerdem der Mitteilung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen an die Kommission beigefügt.

( 18 ) Vgl. Mitteilung der Kommission zur Anwendung von Artikel 260 Absatz 3 AEUV (ABl. 2011, C 12, S. 1), Ziff. 6 und 7.

( 19 ) Vgl. Wennerås, P., „Making effective use of Article 260 TFEU“, in J. András, D. Kochenov, The enforcement of EU law and values, OUP, Oxford, 2017, S. 79 bis 98, insbesondere S. 79, Kilbey, I., „The Interpretation of Article 260 TFEU (ex 228 EC)“, European Law Review, 2010, S. 370 bis 386, insbesondere S. 383 und 384, Pechstein, M., in M. Pechstein, C. Nowak, U. Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC und AEUV, Band IV, Mohr Siebeck, Tübingen, 2017, Artikel 260 AEUV, Rn. 18, sowie Wunderlich, N., in H. von der Groeben, J. Schwarze, A. Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht (Kommentar), 7. Aufl., Nomos, Baden-Baden, 2015, Artikel 260 AEUV, Rn. 31.

( 20 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑320/13, EU:C:2014:2441, Nrn. 114 ff.).

( 21 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nrn. 67 ff.).

( 22 ) Vgl. ausführlich, Wahl, N., Prete, L., „Between certainty, severity and proportionality: some reflections on the nature and functioning of Article 260(3) TFEU“, European Law Reporter, 2014, S. 170 bis 189, insbesondere S. 175 bis 177. Vgl. auch Van Rijn, Th., „Les Sanctions Pécuniaires de l’Article 260 TFUE: 5 ans après le Traité de Lisbonne“, Cahiers de droit européen, 2016, S. 557 bis 589, insbesondere S. 588, und Klamert, M., „Die Durchsetzung finanzieller Sanktionen gegenüber den Mitgliedstaaten“, Europarecht, 2018, S. 159 bis 174, insbesondere S. 162.

( 23 ) Die u. a. in der Nichtmitteilung der Umsetzungsmaßnahmen besteht.

( 24 ) Hingegen erfolgt die „dezentralisierte“ Umsetzung vor den nationalen Gerichten als den für das Unionsrecht zuständigen ordentlichen Gerichten alltäglich durch das Zusammenspiel der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Grundsätze, nämlich der unmittelbaren Wirkung von Richtlinienbestimmungen, der richtlinienkonformen Auslegung und der Staatshaftung.

( 25 ) Aus dem Wortlaut von Art. 258 AEUV ergibt sich, dass dieses Vorverfahren zumindest zwei Dokumente umfasst, die von der Kommission zu begeben sind, nämlich ein Aufforderungsschreiben („sie hat dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben“) und eine mit Gründen versehene Stellungnahme.

( 26 ) Naturgemäß unterscheidet sich der Zweck von Art. 259 AEUV von dem von Art. 258 AEUV, da ein anderer Mitgliedstaat nicht – wie die Kommission – Hüter der Verträge ist.

( 27 ) Das Vorverfahren unterscheidet sich jedoch etwas von dem nach Art. 259 AEUV. Zu den Unterschieden zwischen diesen beiden Verfahren vgl. Wunderlich, N., in H. von der Groeben, J. Schwarze, A. Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht (Kommentar), 7. Aufl., Nomos, Baden-Baden, 2015, Artikel 259 AEUV, Rn. 8 bis 12.

( 28 ) Vgl. Ehricke, U., in R. Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 3. Aufl., C. H. Beck, München, 2018, Artikel 260 AEUV, Rn. 1.

( 29 ) Abgesehen davon, dass in diesen drei Artikeln der Ausdruck „dieser Vertrag“ in „Verträge“ geändert und nach „Gerichtshof“„der Europäischen Union“ hinzugefügt wurde.

( 30 ) Nach Art. 260 Abs. 2 AEUV kann die Kommission, wenn der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben, nach ihrer Auffassung nicht getroffen hat, den Gerichtshof anrufen, nachdem sie diesem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Hierbei benennt sie die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds, die sie den Umständen nach für angemessen hält. Stellt der Gerichtshof fest, dass der betreffende Mitgliedstaat seinem Urteil nicht nachgekommen ist, so kann er die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds verhängen.

( 31 ) Vgl. Nr. 5 der vorliegenden Schlussanträge.

( 32 ) Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 59), in denen dieser – aus anderen Gründen – zu einem anderen als dem im vorliegenden Fall von mir vorgeschlagenen Ergebnis gelangt ist.

( 33 ) Europäischer Konvent zur Zukunft Europas, einberufen durch die Erklärung von Laeken (angenommen am 15. Dezember 2001).

( 34 ) Ich zitiere, einschließlich der Fn. 35 und 36. Die einzige Änderung betrifft deren Nummerierung.

( 35 ) Einige vertreten die Ansicht, dass die Höhe der Sanktion (des Zwangsgelds) in diesem Fall so berechnet werden müsste, dass das Zwangsgeld rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Urteils wirksam wird.

( 36 ) In der Praxis unterscheidet man diese Fälle der Nichtmitteilung – in denen der betreffende Mitgliedstaat keine Umsetzungsmaßnahme getroffen hat – von den Fällen der nicht ordnungsgemäßen Umsetzung – in denen die von dem betreffenden Mitgliedstaat getroffenen Maßnahmen nach Auffassung der Kommission der Richtlinie (oder dem Rahmengesetz) nicht entsprechen. Die vorgeschlagene Bestimmung würde nicht für den zweiten Fall gelten.

( 37 ) Vgl. Schlussbericht des Arbeitskreises zur Arbeitsweise des Gerichtshofs, veröffentlicht vom Sekretariat des Europäischen Konvents in Brüssel am 25. März 2003, CONV 636/03, Rn. 28, erhältlich unter: http://www.europarl.europa.eu/meetdocs_all/committees/conv/20030403/03c_de.pdf.

( 38 ) Vgl. Präsidium des Europäischen Konvents, Artikel über den Gerichtshof und das Gericht, veröffentlicht vom Sekretariat des Europäischen Konvents in Brüssel am 12. Mai 2003, CONV 734/03, S. 16, erhältlich unter: http://www.europarl.europa.eu/meetdocs_all/committees/conv/20030520/734000de.pdf.

( 39 ) Diese neue Bestimmung des Art. 228 Abs. 3, aus dem Art. III-367 des Entwurfs eines Verfassungsvertrags des Konvents, dann Art. III-362 des Verfassungsvertrags der Regierungskonferenz und in Lissabon Art. 260 AEUV wurde, lautete: „Erhebt die Kommission beim Gerichtshof Klage gemäß Artikel 226, da sie der Auffassung ist, dass der betreffende Staat gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Maßnahmen zur Umsetzung eines Rahmengesetzes mitzuteilen, so kann sie, wenn sie dies für angemessen hält, den Gerichtshof in demselben Verfahren ersuchen, gegen den betreffenden Mitgliedstaat die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds zu verhängen, wenn der Gerichtshof einen Verstoß feststellen sollte. Gibt der Gerichtshof dem Antrag der Kommission statt, so wird die fragliche Zahlung innerhalb der vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Frist rechtswirksam“.

( 40 ) Ein anderer Standpunkt wird hierzu von Gáspár-Szilági, S., „What constitutes ‚Failure to Notify‘ National Measures? “, European Public Law, 2013, S. 281 bis 294, insbesondere S. 285, vertreten, wonach die vorbereitenden Arbeiten nur zu der in Bezug auf Art. 260 Abs. 3 AEUV bestehenden Verwirrung beitragen und der Praxis der Kommission entgegenstehen.

( 41 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in der Rechtssache Kommission/Griechenland (C‑197/98, EU:C:1999:597, Nr. 19). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Kommission/Deutschland (C‑95/12, EU:C:2013:333, Fn. 50).

( 42 ) Vgl. Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses (C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 31).

( 43 ) Ich teile in dieser Hinsicht die Auffassung von Prete, L., Infringement Proceedings in EU Law, Wolters Kluwer, Alphen am Rhein, 2017, S. 266 bis 270, insbesondere S. 270.

( 44 ) Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑320/13, EU:C:2014:2441, Nr. 145).

( 45 ) Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 71).

( 46 ) Vgl. u. a. Everling, U., „Rechtsschutz in der Europäischen Union nach dem Vertrag von Lissabon“, Europarecht, 2009, Beiheft 1, S. 71 bis 86; Wahl, N., Prete, L., a. a. O.; Blanc, D., „Les procédures du recours en manquement, le traité, le juge et le gardien: entre unité et diversité en vue d’un renforcement de l’Union de droit“, in St. Mahieu (Hrsg.), Contentieux de l’Union européenne: questions choisies, Larcier, 2014, S. 429 bis 461; Wennerås, P., „Making Effective Use of Article 260 TFEU“, in J. András, D. Kochenov, The Enforcement of EU Law and Values, OUP, Oxford, 2017, S. 79 bis 98; Radivojević, Z., Raičević, N., „Financial sanctions against Member States for infringement of EU law“, Procedural aspects of EU law, Osijek 2017, S. 171 bis 191.

( 47 ) Oder formale.

( 48 ) Vgl. ebenfalls in diesem Sinne Simon, D., „Sanctions pécuniaires“, Revue Europe, März 2011, S. 15.

( 49 ) Diese Verknüpfung wird insbesondere des Generalanwalts Tanchev in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 48) hervorgehoben.

( 50 ) Nämlich Art. 260 Abs. 2 und 3 AEUV.

( 51 ) Vgl. ebenfalls in diesem Sinne Thiele, A., „Das Rechtsschutzsystem nach dem Vertrag von Lissabon – (K)ein Schritt nach vorn?“, Europarecht, 2010, S. 30 bis 51, insbesondere S. 35.

( 52 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalst Wathelet in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑320/13, EU:C:2014:2441, Nrn. 125 bis 139). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 70).

( 53 ) In der Literatur ist ebenfalls auf die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen unrichtiger und unvollständiger Umsetzung hingewiesen worden: Vgl. Wennerås, P., „Sanctions against Member States under Article 260 TFEU: alive, but not kicking? “, Common Market Law Review, Bd. 49, 2012, S. 145 bis 176, insbesondere S. 167.

( 54 ) Vgl. auch Prete, L., a. a. O., S. 273.

( 55 ) Vgl. Mitteilung der Kommission zur Anwendung von Artikel 260 Absatz 3 AEUV (ABl. 2011, C 12, S. 1), Ziff. 19. Hervorhebung nur hier.

( 56 ) Vgl. Urteil vom 1. Februar 2001, Kommission/Frankreich (C‑333/99, EU:C:2001:73, Rn. 33).

( 57 ) Vgl. Urteil vom 12. Juli 2005, Kommission/Frankreich (C‑304/02, EU:C:2005:444, Rn. 44).

( 58 ) Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die weisen Worte von Generalanwalt Roemer, der in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Kommission/Frankreich (7/71, EU:C:1971:107, S. 1035) nachdrücklich darauf hinwies, dass es in dem Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung „nicht um Schuld und Moral, sondern einfach um die Klärung der Rechtslage geht“.

( 59 ) Gerade diesen Punkt betrifft die Kritik an einer restriktiven Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV. Vgl. z. B. Materne, T., La procédure en manquement d’État, Larcier, Brüssel 2012, S. 43, und Van der Jeught, St., „L’action en manquement ‚renforcée‘: sanctions pécuniaires en cas de non-transposition des directives européennes“, Journal de droit européen, 2011, S. 68 bis 70, insbesondere S. 69.

( 60 ) Vgl. auch in diesem Sinne Maśnicki, J., „Postępowanie z tytułu braku notyfikacji środków implementujących dyrektywy w świetle opinii rzecznika generalnego w sprawie C‑320/13“, Europejski Przegląd Sądowy, Bd. 4, 2015, S. 16 bis 23, insbesondere S. 20.

( 61 ) Diese Feststellung dürfte verhindern, dass ein Mitgliedstaat der Mitteilungspflicht dadurch genügt, dass er nationale Maßnahmen mitteilt, die keinen Bezug zu den Vorschriften einer Richtlinie haben. Vgl. auch in diesem Sinne, Van Rijn, Th., a. a. O., S. 585.

( 62 ) Vgl. Rn. 85 der Klageschrift der Kommission.

( 63 ) Vgl. Urteile vom 12. Juli 2005, Kommission/Frankreich (C‑304/02, EU:C:2005:444, Rn. 31), vom 18. Juli 2006, Kommission/Italien (C‑119/04, EU:C:2006:489, Rn. 33), und vom 17. Oktober 2013, Kommission/Belgien (C‑533/11, EU:C:2013:659, Rn. 64 und 74).

( 64 ) Vgl. ebenfalls in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑320/13, EU:C:2014:2441, Nr. 63).

( 65 ) „Gebäudeinterne physische Infrastrukturen“.

( 66 ) „Hochgeschwindigkeitsfähige gebäudeinterne physische Infrastrukturen“.

( 67 ) „Umfangreiche Renovierungen“.

( 68 ) „Zugangspunkt“.

( 69 ) Der vorsieht, dass die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Netzbetreiber zumutbaren Anträgen auf Vor-Ort-Untersuchung bestimmter Komponenten ihrer physischen Infrastrukturen stattgeben müssen.

( 70 ) Der vorsieht, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass alle Neubauten und Bauten, an denen umfangreiche Renovierungen vorgenommen werden, mit hochgeschwindigkeitsfähigen physischen Infrastrukturen und einem Zugangspunkt ausgestattet sind.

( 71 ) Vgl. auch Sikora, A., Sankcje finansowe w razie niewykonania wyroków Trybunału Sprawiedliwości Unii Europejskiej, Wolters Kluwer, Warschau, 2011, S. 91.

( 72 ) Wie ich im Folgenden darlegen werde, könnte eine der Ausnahmen den vorliegenden Fall betreffen.

( 73 ) Vgl. ebenfalls in diesem Sinne Peers, S., „Sanctions for Infringement of EU Law after the Treaty of Lisbon“, European Law Review, Bd. 18, 2012, S. 33 bis 64, insbesondere S. 45.

( 74 ) Vgl. ebenfalls in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑320/13, EU:C:2014:2441, Nrn. 146 ff.) und Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 73).

( 75 ) Der Gerichtshof hat in jeder Rechtssache anhand der Umstände des Einzelfalls die zu verhängenden finanziellen Sanktionen zu bestimmen. Vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien (C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 115).

( 76 ) Die Vorschläge der Kommission können den Gerichtshof nicht binden und stellen lediglich einen nützlichen Bezugspunkt dar. Auch Leitlinien, wie sie in den Mitteilungen der Kommission enthalten sind, binden den Gerichtshof nicht, tragen jedoch dazu bei, die Transparenz, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit des Vorgehens der Kommission zu gewährleisten. Vgl. Urteil vom 30. Mai 2013, Kommission/Schweden (C‑270/11, EU:C:2013:339, Rn. 41).

( 77 ) Bekanntlich hat der Gerichtshof entschieden, dass die Zweckmäßigkeit der Verhängung einer finanziellen Sanktion und die Wahl der Sanktion, die am besten den Umständen des Einzelfalls angepasst ist, nur im Licht der Feststellungen des Gerichtshofs in dem nach Art. 260 Abs. 2 AEUV zu erlassenden Urteil beurteilt werden und somit der politischen Sphäre entzogen sind. Vgl. Urteil vom 12. Juli 2005, Kommission/Frankreich (C‑304/02, EU:C:2005:444, Rn. 90 und 91).

( 78 ) Hervorhebung nur hier.

( 79 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Spanien (Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hypothekarkredit) (C‑569/17, EU:C:2019:271, Nr. 77).

( 80 ) Vgl. ebenfalls in diesem Sinne Prete, L., a. a. O., S. 282, und Półtorak, N., in D. Kornobis-Romanowska, J. Łacny, W. Andrzej (Hrsg.), Traktat o funkcjonowaniu Unii Europejskiej. Komentarz. Tom III, Wolters Kluwer, Warschau, 2012, Art. 223-358, Ziff. 260.7.

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