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Document 62014CJ0416

Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 17. September 2015.
Fratelli De Pra SpA und SAIV SpA gegen Agenzia Entrate – Direzione Provinciale Ufficio Controlli Belluno und Agenzia Entrate – Direzione Provinciale Ufficio Controlli Vicenza.
Vorabentscheidungsersuchen der Commissione tributaria regionale di Mestre-Venezia.
Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Richtlinien 2002/19/EG, 2002/20/EG, 2002/21/EG, 2002/22/EG – Freier Verkehr für Endgeräte für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst – Richtlinie 1999/5/EG – Gebühr auf die Gerätenutzung – Allgemeingenehmigung oder Nutzungslizenz – Teilnehmervertrag, der als Allgemeingenehmigung oder Lizenz gilt – Unterschiedliche Behandlung der Nutzer mit und derjenigen ohne Teilnehmervertrag.
Rechtssache C-416/14.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:617

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

17. September 2015 ( *1 )

„Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste — Richtlinien 2002/19/EG, 2002/20/EG, 2002/21/EG, 2002/22/EG — Freier Verkehr für Endgeräte für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst — Richtlinie 1999/5/EG — Gebühr auf die Gerätenutzung — Allgemeingenehmigung oder Nutzungslizenz — Teilnehmervertrag, der als Allgemeingenehmigung oder Lizenz gilt — Unterschiedliche Behandlung der Nutzer mit und derjenigen ohne Teilnehmervertrag“

In der Rechtssache C‑416/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Commissione tributaria regionale di Mestre-Venezia (Italien) mit Entscheidung vom 8. August 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 3. September 2014, in dem Verfahren

Fratelli De Pra SpA,

SAIV SpA

gegen

Agenzia Entrate – Direzione Provinciale Ufficio Controlli Belluno,

Agenzia Entrate – Direzione Provinciale Ufficio Controlli Vicenza

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Ó Caoimh sowie der Richterin C. Toader und des Richters C. G. Fernlund (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Fratelli De Pra SpA und der SAIV SpA, vertreten durch C. Toniolo, C. Basso und G. Toniolo, avvocati,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Varone, avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braga da Cruz, L. Nicolae und D. Recchia als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität (ABl. L 91, S. 10), insbesondere ihres Art. 8, der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7), der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 37) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/20), der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33) und der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/22).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Fratelli De Pra SpA (im Folgenden: De Pra) und der Agenzia Entrate – Direzione Provinciale Ufficio Controlli Belluno zum einen und zwischen der SAIV SpA (im Folgenden: SAIV) und der Agenzia Entrate – Direzione Provinciale Ufficio Controlli Vicenza zum anderen über die Ablehnung der Anträge auf Erstattung der von De Pra und SAIV im Rahmen von Teilnehmerverträgen über Mobilfunkdienstleistungen gezahlten staatlichen Konzessionsgebühr.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 1999/5

3

Der 32. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/5 lautet: „Der freie Verkehr von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen, die die einschlägigen grundlegenden Anforderungen erfüllen, sollte gewährleistet sein. Die Inbetriebnahme solcher Geräte zu den vorgesehenen Verwendungszwecken sollte zulässig sein. Die Inbetriebnahme kann von Genehmigungen für die Nutzung des Funkfrequenzspektrums und die Erbringung des betreffenden Dienstes abhängig gemacht werden.“

4

Art. 1 Abs. 1 und 4 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)   Mit dieser Richtlinie wird in der Gemeinschaft ein Regelungsrahmen für das Inverkehrbringen, den freien Verkehr und die Inbetriebnahme von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen festgelegt.

(4)   Diese Richtlinie gilt nicht für die in Anhang I genannten Geräte.“

5

Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Geräten in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten, beschränken oder behindern, wenn diese mit dem … CE-Kennzeichen versehen sind …“

Richtlinie 2002/19

6

Nach ihrem Art. 1 werden mit der Richtlinie 2002/19 die Regulierung des Zugangs zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung durch die Mitgliedstaaten harmonisiert. Sie betrifft die Beziehungen zwischen Netzbetreibern und Diensteanbietern. Mit ihr werden für Betreiber und für Unternehmen, die eine Zusammenschaltung ihrer Netze und zugehörigen Einrichtungen und/oder den Zugang hierzu wünschen, Rechte und Pflichten festgelegt.

Richtlinie 2002/20

7

Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 der Richtlinie 2002/20 ist die „,Allgemeingenehmigung‘: der in einem Mitgliedstaat festgelegte rechtliche Rahmen, mit dem gemäß dieser Richtlinie Rechte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste gewährleistet werden und in dem sektorspezifische Verpflichtungen festgelegt werden, die für alle oder für bestimmte Arten von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten gelten können“.

8

Art. 12 („Verwaltungsabgaben“) dieser Richtlinie sieht in Abs. 1 Buchst. a vor:

„Verwaltungsabgaben, die von Unternehmen verlangt werden, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung einen Dienst oder ein Netz bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde,

a)

dienen insgesamt lediglich zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung von Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten sowie der in Artikel 6 Absatz 2 genannten besonderen Verpflichtungen, die die Kosten für internationale Zusammenarbeit, Harmonisierung und Normung, Marktanalyse, Überwachung der Einhaltung und andere Marktkontrollmechanismen sowie für Regulierungstätigkeiten zur Ausarbeitung und Durchsetzung des abgeleiteten Rechts und von Verwaltungsbeschlüssen, beispielsweise von Beschlüssen über den Zugang und die Zusammenschaltung, einschließen können, …“

Richtlinie 2002/22

9

Nach ihrem Art. 1 Abs. 1 betrifft die Richtlinie 2002/22 die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste für Endnutzer. Ziel dieser Richtlinie ist es u. a., die Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste zu gewährleisten.

10

Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 legt die Richtlinie 2002/22 im Hinblick auf die Gewährleistung eines Universaldienstes in einem Umfeld mit offenen und wettbewerbsbestimmten Märkten das Mindestangebot an Diensten mit definierter Qualität fest, zu denen alle Endnutzer unter Berücksichtigung der spezifischen nationalen Gegebenheiten zu einem erschwinglichen Preis und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Zugang haben.

11

Art. 20 („Verträge“) dieser Richtlinie sieht in Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verbraucher und andere Endnutzer, die dies verlangen, bei der Anmeldung zu Diensten, die die Verbindung mit einem öffentlichen Kommunikationsnetz und/oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdiensten bereitstellen, Anspruch auf einen Vertrag mit dem Unternehmen oder den Unternehmen haben, die derartige Dienste und/oder Verbindungen bereitstellen. In diesem Vertrag ist in klarer, umfassender und leicht zugänglicher Form mindestens Folgendes aufzuführen:

…“

12

Zu den in diesem Art. 20 Abs. 1 aufgezählten Punkten gehören Name und Anschrift des Unternehmens, die angebotenen Dienste, Einzelheiten über Preise und Tarife, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Dienste und des Vertragsverhältnisses.

Italienisches Recht

13

Art. 1 des Decreto del Presidente della Repubblica n. 641, disciplina delle tasse sulle concessioni governative (Dekret Nr. 641 des Präsidenten der Republik über die Regelung der staatlichen Konzessionsgebühren) vom 26. Oktober 1972 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 292 vom 11. November 1972, im Folgenden: DPR Nr. 641/1972) bestimmt:

„Verwaltungsmaßnahmen und die anderen in der Gebührenordnung im Anhang aufgeführten Handlungen unterliegen den staatlichen Konzessionsgebühren in dem Umfang und nach den Modalitäten, die in der Gebührenordnung festgelegt sind.“

14

Art. 21 der Gebührenordnung im Anhang des DPR Nr. 641/1972 sieht in der auf die Rechtsstreitigkeiten im Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gebührenordnung im Anhang) vor, dass jede „Lizenz oder [jedes] an ihre Stelle tretende Dokument für den Einsatz von Endgeräten für den öffentlichen terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst für jeden Monat der Nutzung“ der staatlichen Konzessionsgebühr unterliegt.

15

In der Fn. 1 zu diesem Art. 21 heißt es:

„Die Gebühr ist für die Anzahl der Monate der Nutzung, die in der jeweiligen Rechnung erfasst sind, zusammen mit der Teilnehmergebühr zu zahlen.“

16

Art. 3 des Decreto ministeriale (Ministererlass) Nr. 33/90 über den öffentlichen terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst bestimmt:

„Der Teilnehmer kann selbst oder über das konzessionierte Unternehmen SIP (Società italiana per l’esercizio telefonico) Nutzerendgeräte erwerben und warten. Das konzessionierte Unternehmen SIP hat dem Nutzer das seine Stellung als Diensteteilnehmer bescheinigende Dokument auszustellen; dieses Dokument, das hinsichtlich aller seiner Wirkungen an die Stelle der Funkanlagenlizenz tritt, muss die Angaben über den Typ des Endgeräts und dessen Zulassung enthalten und ist vom Teilnehmer den öffentlichen Behörden auf deren Verlangen vorzulegen.“

17

Art. 8 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 269/2001 zur Durchführung der Richtlinie 1999/5 lautet wie folgt:

„Das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Geräten, die mit dem CE-Kennzeichen versehen sind, das ihre Übereinstimmung mit den Bestimmungen des vorliegenden Dekrets bescheinigt, wird nicht verboten, beschränkt oder behindert.“

18

Art. 160 des Decreto legislativo n. 259 – Codice delle comunicazioni elettroniche (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 259 – Gesetzbuch über die elektronische Kommunikation) vom 1. August 2003 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 214 vom 15. September 2003) hat folgenden Wortlaut:

„1.   Für jede einzelne Funkanlage, für die eine Allgemeingenehmigung zum Betrieb erteilt worden ist, muss die entsprechende vom Minister ausgestellte Lizenz aufbewahrt werden.

2.   Für Anlagen, die Rundfunkdienste empfangen, tritt der Teilnehmertitel an die Stelle der Lizenz.“

19

Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, sieht vor:

„Für die Zwecke von Art. 21 der Gebührenordnung im Anhang [des DPR Nr. 641/1972] sind die Bestimmungen von Art. 160 des gesetzesvertretenden Dekrets [Nr. 259/2003] in dem Sinne auszulegen, dass unter Funkanlagen auch Endgeräte für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst zu verstehen sind.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

20

De Pra und SAIV beantragten bei der Steuerverwaltung, und zwar der Provinzialdirektion Belluno bzw. der Provinzialdirektion Vicenza, die Erstattung der Beträge, die sie als staatliche Konzessionsgebühr gezahlt hatten. Gegen die ablehnenden Bescheide dieser Steuerbehörden erhoben sie jeweils Klage bei der Commissione Tributaria Regionale di Mestre-Venezia.

21

Zur Stützung dieser Klagen tragen sie vor, der von der Richtlinie 1999/5 gewährleistete Grundsatz des freien Verkehrs und der freien Inbetriebnahme von Endgeräten sei mit einer Verwaltungsmaßnahme wie der in der italienischen Regelung vorgesehenen Allgemeingenehmigung oder Lizenz unvereinbar. Da die staatliche Konzessionsgebühr als eine Steuer anzusehen sei, hätten sie mangels eines Entstehungstatbestands Anspruch auf Erstattung der insoweit gezahlten Beträge.

22

Das vorlegende Gericht führt zwar in seiner Vorlageentscheidung die Beschlüsse Agricola Esposito (C‑492/09, EU:C:2010:766) und Umbra Packaging (C‑355/13, EU:C:2013:867) an, die eine Gebühr wie die staatliche Konzessionsgebühr betreffen, es ist jedoch der Auffassung, dass sich seit dem Ergehen dieser Beschlüsse neue Gesichtspunkte ergeben hätten, die es ihm nicht erlaubten, die bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. Es nennt in diesem Zusammenhang die folgenden drei Gesichtspunkte.

23

Erstens habe der Gerichtshof in diesen Beschlüssen nicht über die Vereinbarkeit einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr mit der Richtlinie 1999/5 entschieden.

24

Zweitens habe der italienische Staat nach Ergehen der genannten Beschlüsse Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, erlassen.

25

Drittens habe der Gemeinsame Senat der Corte suprema di cassazione mit Entscheidung vom 2. Mai 2014, d. h. ebenfalls nach Ergehen dieser Beschlüsse, entschieden, dass die Richtlinie 1999/5 keinen Vorrang vor den von De Pra und SAIV erwähnten Richtlinien 2002/19, 2002/20, 2002/21 und 2002/22 (im Folgenden zusammen: Netzrichtlinien) habe und dass folglich eine Allgemeingenehmigung oder eine Lizenz im Sinne der Richtlinie 2002/20 für die Nutzung der betreffenden Endgeräte erforderlich sei.

26

Unter diesen Umständen hat die Commissione tributaria regionale di Mestre-Venezia das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist die nationale Regelung, wie sie sich aus

Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, später umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, in Verbindung mit

Art. 160 des Decreto legislativo Nr. 259/2003 und

Art. 21 der Gebührenordnung im Anhang

ergibt, die für Endgeräte für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst unter Gleichsetzung von Endgeräten mit Funkanlagen vorsieht, dass dem Nutzer eine Allgemeingenehmigung erteilt sowie eine Funkanlagenlizenz ausgestellt wird, die Grundlage für die Gebührenerhebung sind, mit dem Gemeinschaftsrecht (Richtlinie 1999/5 sowie den Netzrichtlinien) vereinbar?

Ist es somit insbesondere in Bezug auf die Nutzung von Endgeräten mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, dass der italienische Staat vom Nutzer die Einholung einer Allgemeingenehmigung und einer Funkanlagenlizenz verlangt, während das Inverkehrbringen, der freie Verkehr und die Inbetriebnahme der Endgeräte bereits vollständig gemeinschaftsrechtlich geregelt sind (Richtlinie 1999/5), ohne dass eine Allgemeingenehmigung und/oder Lizenz vorgesehen wäre,

wobei die nationale Regelung die Allgemeingenehmigung und die Lizenz vorsieht,

obgleich die Allgemeingenehmigung eine Maßnahme darstellt, die nicht den Nutzer des Endgeräts, sondern ausschließlich die Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste bereitstellen wollen, betrifft (Art. 1 bis 3 der Richtlinie 2002/20);

obgleich die Konzession hinsichtlich der jeweiligen Rechte zur Nutzung von Funkfrequenzen und hinsichtlich der Nutzungsrechte für Nummern vorgesehen ist und sich diese Tatbestände gewiss nicht auf die Nutzung von Endgeräten beziehen lassen;

obgleich die Gemeinschaftsregelung keine Verpflichtung zur Einholung einer Allgemeingenehmigung oder Ausstellung einer Lizenz für Endgeräte vorsieht;

obgleich Art. 8 der Richtlinie 1999/5 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten „das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Geräten in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten, beschränken oder behindern [dürfen], wenn diese mit dem … CE-Kennzeichen versehen sind“;

trotz der sachlichen Unterschiede, der unterschiedlichen Regelung und der Nichtübereinstimmung einer Funkanlage mit einem Endgerät für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst?

2.

Ist die nationale Regelung, wie sie sich aus

Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, später umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, in Verbindung mit

Art. 160 des Decreto legislativo Nr. 259/2003,

Art. 21 der Gebührenordnung im Anhang

Art. 3 des Decreto ministeriale Nr. 33/1990

ergibt, wonach

der Vertrag im Sinne von Art. 20 der Richtlinie 2002/22 zwischen dem Betreiber und dem Nutzer – der die Geschäftsbeziehungen zwischen den Verbrauchern bzw. den Endnutzern mit einem oder mehreren Unternehmen, die die Verbindung und die betreffenden Dienste bereitstellen, regeln soll – „per se“ ohne Mitwirkung, Tätigwerden oder Kontrolle seitens der staatlichen Verwaltung auch als an die Stelle der Allgemeingenehmigung und/oder der Funkanlagenlizenz tretendes Dokument gelten kann,

der Vertrag auch Angaben über den Typ des Endgeräts und dessen Zulassung enthalten muss (was nach Art. 8 der Richtlinie 1999/5 nicht vorgesehen ist),

mit dem Gemeinschaftsrecht (Richtlinie 1999/5 und Richtlinie 2002/22, insbesondere Art. 20) vereinbar?

3.

Sind die Bestimmungen, wie sie sich aus Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, später umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, in Verbindung mit Art. 160 des Decreto legislativo Nr. 259/2003 und Art. 21 der Gebührenordnung im Anhang ergeben, wonach die Verpflichtung zur Einholung der Allgemeingenehmigung nebst Funkanlagenlizenz nur für eine bestimmte Kategorie von Nutzern vorgesehen ist, die einen formell als Teilnehmervertrag bezeichneten Vertrag geschlossen haben, während bei Nutzern von elektronischen Kommunikationsdiensten nur wegen einer anderen Bezeichnung des Vertrags (Dienst auf Basis von Guthaben‑ oder aufladbaren Karten) keine Allgemeingenehmigung oder Funkanlagenlizenz vorgesehen ist, mit den genannten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vereinbar?

4.

Steht Art. 8 der europäischen Richtlinie 1999/5 einer nationalen Rechtsvorschrift wie Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, später umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, in Verbindung mit Art. 160 des Decreto legislativo Nr. 259/2003 und Art. 21 der Gebührenordnung im Anhang, die

eine Tätigkeit der Verwaltung zur Erteilung der Allgemeingenehmigung und der Funkanlagenlizenz und

die Zahlung einer Konzessionsgebühr im Hinblick auf diese Tätigkeit

vorsieht, insofern entgegen, als dies eine Beschränkung des Inverkehrbringens, des Gebrauchs und des freien Verkehrs der Endgeräte darstellen kann?

Zu den Vorlagefragen

Vorbemerkungen

27

Mit seinen ersten drei Fragen fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof nach der Vereinbarkeit der italienischen Rechtsvorschriften mit den Regeln des Unionsrechts. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens die Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Unionsrecht zu beurteilen. Hingegen ist der Gerichtshof befugt, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit zu befinden (vgl. Urteil Transportes Urbanos y Servicios Generales, C‑118/08, EU:C:2010:39, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss Agricola Esposito, C‑492/09, EU:C:2010:766, Rn. 19).

Zur ersten und zur vierten Frage

28

Mit seiner ersten und seiner vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 1999/5, insbesondere ihr Art. 8, und die Netzrichtlinien dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung über die Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr entgegenstehen, nach der die Verwendung von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst im Rahmen eines Teilnehmervertrags von einer Allgemeingenehmigung oder einer Lizenz sowie der Zahlung einer solchen Gebühr abhängt.

29

Der Gerichtshof hat bereits im Beschluss Agricola Esposito (C‑492/09, EU:C:2010:766) entschieden, dass zwei der Netzrichtlinien, und zwar die Richtlinien 2002/20 und 2002/21, einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr nicht entgegenstehen. Er hat dies in Bezug auf die Richtlinie 2002/20 im Beschluss Umbra Packaging (C‑355/13, EU:C:2013:867) bestätigt.

30

In der vorliegenden Rechtssache möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 1999/5 sowie die Netzrichtlinien einer nationalen Regelung wie der zur Festlegung der staatlichen Konzessionsgebühr entgegenstehen, und hebt dabei hervor, dass nach dieser Regelung nicht nur die staatliche Konzessionsgebühr zu entrichten, sondern vor allem auch von der Verwaltung eine Genehmigung einzuholen sei. Es macht auch geltend, im italienischen Recht seien Änderungen gegenüber der Situation eingetreten, die zum Zeitpunkt des Ergehens dieser Beschlüsse bestanden habe.

31

Was diese in den Rn. 24 und 25 des vorliegenden Urteils dargestellten Änderungen – Erlass von Art. 2 Abs. 4 des Decreto-legge Nr. 4/2014, umgewandelt in das Gesetz Nr. 50/2014, und Verkündung einer Entscheidung der Corte suprema di cassazione – betrifft, ist jedoch festzustellen, dass diese auf die vom Gerichtshof in den genannten Beschlüssen vorgenommene Auslegung der Richtlinien 2002/20 und 2002/21 keine Auswirkung haben.

32

Aus der vom vorlegenden Gericht übermittelten Information geht nämlich hervor, dass die von ihm angeführten Änderungen des Standes des italienischen Rechts die Auslegung der bestehenden Regelung betreffen und keine neue Verpflichtung hinzufügen.

Zur Richtlinie 1999/5

33

Gemäß ihrem 32. Erwägungsgrund zielt die Richtlinie 1999/5 darauf ab, den freien Verkehr u. a. von Telekommunikationsendeinrichtungen, die bestimmte in dieser Richtlinie definierte grundlegende Anforderungen erfüllen, zu gewährleisten. Nach ihrem Art. 1 wird somit mit dieser Richtlinie ein Regelungsrahmen für das Inverkehrbringen, den freien Verkehr und die Inbetriebnahme in der Union u. a. dieser Einrichtungen festgelegt. Art. 8 („Freier Warenverkehr“) dieser Richtlinie stellt klar, dass die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Geräten in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten, beschränken oder behindern, wenn diese mit dem in Anhang VII abgebildeten CE-Kennzeichen versehen sind, das die Konformität mit allen Bestimmungen der Richtlinie 1999/5 bestätigt.

34

Das vorlegende Gericht stellt die Frage, ob eine Pflicht zur Einholung einer Genehmigung und zur Zahlung einer Gebühr, wie sie in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehen ist, nicht Hindernisse schafft, die gegen diese Richtlinie, insbesondere ihren Art. 8, verstoßen.

35

Zum Bestehen einer Pflicht für den Endverbraucher, eine Genehmigung einzuholen, ist festzustellen, dass die Corte suprema di cassazione dem vorlegenden Gericht zufolge entschieden hat, dass der vom Betreiber des Telefonnetzes angebotene Teilnehmervertrag der Rechtstitel ist, der dem Verbraucher die Benutzung des Endgeräts erlaubt, und hinsichtlich aller ihrer Wirkungen an die Stelle der sogenannten „Funkanlagenlizenz“ tritt. Aus der zweiten Vorlagefrage geht hervor, dass dieser Vertrag per se ohne Mitwirkung, Tätigwerden oder Kontrolle seitens der staatlichen Verwaltung als an die Stelle der Allgemeingenehmigung und/oder der Funkanlagenlizenz tretendes Dokument gelten kann.

36

In ihren schriftlichen Erklärungen haben De Pra und SAIV im gleichen Sinne ausgeführt, dass der nationale Gesetzgeber eine rechtliche Fiktion allein zu dem Zweck geschaffen habe, einen Entstehungstatbestand für die Erhebung der staatlichen Konzessionsgebühr beim Abschluss von Teilnehmerverträgen über Mobilfunkdienstleistungen aufrechtzuerhalten. Die Verwaltung nehme zu diesem Zweck keinerlei besondere Handlung vor.

37

Offenbar verlangt die Verwaltung weder eine Genehmigung noch irgendein Dokument, da der Teilnehmervertrag als Genehmigung oder Funkanlagenlizenz gilt und als Entstehungstatbestand der staatlichen Konzessionsgebühr dient.

38

Sollte dies der Fall sein, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, dann verlangt eine solche Regelung kein Tätigwerden der Verwaltung, das geeignet ist, ein Hindernis für den freien Verkehr dieser Geräte zu schaffen und die Richtlinie 1999/5 zu beeinträchtigen.

39

Was sodann die Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr betrifft, gilt diese Gebühr nicht für Endgeräte für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst, sondern für Teilnehmerverträge, die für die Nutzung dieser Geräte abgeschlossen werden. Es ist festzustellen, dass die Auferlegung einer solchen Gebühr nicht den Verkauf dieser Endgeräte, die ohne Verpflichtung zum Abschluss eines Teilnehmervertrags in Italien verkauft werden können, behindert und jedenfalls nicht für Endgeräte aus anderen Mitgliedstaaten gilt, so dass sie auch keine Behinderung des freien Verkehrs dieser Geräte darstellt.

Zu den Netzrichtlinien

40

Was erstens die Richtlinien 2002/20 und 2002/21 angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass sie nicht auf eine Gebühr wie die staatliche Konzessionsgebühr anwendbar sind, die die Nutzung von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst betrifft. Der Gerichtshof hat nämlich befunden, dass eine solche Gebühr als Erhebungsgrundlage nicht die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste hat und dass die private Nutzung eines Mobilfunkdienstes durch einen Abonnenten nicht die Bereitstellung eines elektronischen Kommunikationsdienstes oder ‑netzes im Sinne der Richtlinie 2002/20 voraussetzt (Beschluss Agricola Esposito, C‑492/09, EU:C:2010:766, Rn. 35). Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass die Richtlinie 2002/21 nicht auf Geräte anwendbar ist, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 1999/5 fallen, welche die Nutzung von Telekommunikationsendeinrichtungen betrifft, die für den privaten Gebrauch bestimmt sind, zu denen Mobiltelefone zählen (Beschluss Agricola Esposito, C‑492/09, EU:C:2010:766, Rn. 42).

41

Dem ist sodann hinzuzufügen, dass dem Vorbringen von De Pra und SAIV, eine Gebühr wie die staatliche Konzessionsgebühr verstoße gegen Art. 12 der Richtlinie 2002/20, da sie keine Verwaltungsabgabe mit Entgeltcharakter sei, die nur die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Allgemeingenehmigung anfallenden Verwaltungskosten abdecken solle, nicht gefolgt werden kann. Der Gerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass eine Abgabe, deren Entstehungstatbestand nicht an die Allgemeingenehmigung für den Zugang zum Markt für elektronische „Kommunikationsdienste, sondern an die Nutzung der von den Betreibern bereitgestellten Mobilfunkdienstleistungen anknüpft und letztlich von den Nutzern dieser Dienstleistungen getragen wird, nicht unter diesen Art. 12 fällt (vgl. Urteil Vodafone Malta und Mobisle Communications, C‑71/12, EU:C:2013:431, Rn. 25 sowie 29).

42

Was schließlich die Pflicht zur Einholung einer Allgemeingenehmigung anbelangt, die von der Richtlinie 2002/20 nicht vorgesehen sein soll und gegen diese verstoßen könnte, ist festzustellen, wie aus den Rn. 35 bis 37 des vorliegenden Urteils hervorgeht, dass eine Allgemeingenehmigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, der der Teilnehmervertrag gleichgestellt ist, nur als Entstehungstatbestand der staatlichen Konzessionsgebühr dienen soll. Sie hat daher nicht zum Ziel, die Bereitstellung von Netzdiensten zu genehmigen, und verstößt nicht gegen die Pflichten, die sich aus dieser Richtlinie ergeben.

43

Was zweitens die Richtlinien 2002/19 und 2002/22 anbelangt, ist festzustellen, dass mit der Richtlinie 2002/19 gemäß ihrem Art. 1 die Regulierung des Zugangs zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung durch die Mitgliedstaaten harmonisiert wird. Sie betrifft die Beziehungen zwischen Netzbetreibern und nicht die Verwendung von Mobiltelefonen durch Endnutzer.

44

Nach ihrem Art. 1 betrifft die Richtlinie 2002/22 die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste für Endnutzer. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste zu gewährleisten. Im Hinblick auf die Gewährleistung eines Universaldienstes legt sie das Mindestangebot an Diensten mit definierter Qualität fest, zu denen alle Endnutzer unter Berücksichtigung der spezifischen nationalen Gegebenheiten zu einem erschwinglichen Preis und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Zugang haben.

45

Diese Richtlinie sieht somit Mindestnormen vor und verbietet nicht die Anwendung anderer Maßnahmen, insbesondere fiskalischer Natur, die keinen Einfluss auf diese Normen haben.

46

Folglich ist auf die erste und die vierte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 1999/5, insbesondere ihr Art. 8, und die Netzrichtlinien dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung über die Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr, nach der die Verwendung von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst im Rahmen eines Teilnehmervertrags einer Allgemeingenehmigung oder einer Lizenz sowie der Zahlung einer solchen Gebühr unterliegt, nicht entgegensteht, da der Teilnehmervertrag per se als Allgemeingenehmigung gilt und daher insoweit keine Mitwirkung der Verwaltung erforderlich ist.

Zur zweiten Frage

47

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 20 der Richtlinie 2002/22 und Art. 8 der Richtlinie 1999/5 dahin auszulegen sind, dass sie für die Zwecke der Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr der Gleichstellung eines Teilnehmervertrags über Mobilfunkdienstleistungen, in dem zudem der Typ des betreffenden Endgeräts und dessen Zulassung genannt sein müssen, mit einer Allgemeingenehmigung oder einer Funkanlagenlizenz entgegenstehen.

48

Was zunächst die Gleichstellung eines solches Teilnehmervertrags mit einer Allgemeingenehmigung oder einer Funkanlagenlizenz für die Zwecke der Erhebung einer solchen Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr anbelangt, genügt der Hinweis, dass die Richtlinie 2002/22 die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste für Endnutzer betrifft und nicht die Auferlegung einer Gebühr wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden regelt. Daraus folgt, dass diese Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt, festzulegen, dass der Entstehungstatbestand dieser Gebühr der zwischen dem Anbieter von Mobilfunkdienstleistungen und dem Endgerätenutzer geschlossene Teilnehmervertrag ist und dieser Vertrag der Allgemeingenehmigung gleichgestellt ist, auf die diese Gebühr erhoben wird.

49

Was sodann den Inhalt dieses Teilnehmervertrags anbelangt, führt Art. 20 der Richtlinie 2002/22 auf, was dieser „mindestens“ enthalten muss.

50

Aus dem Wortlaut von Art. 20 ergibt sich somit, dass dieser einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach Teilnehmerverträge über Mobilfunkdienstleistungen neben den von der Richtlinie 2002/22 verlangten Angaben weitere Angaben wie den Typ des in Rede stehenden Endgeräts und dessen Zulassung enthalten müssen. Daraus folgt, dass diese zusätzlichen Angaben keine gegen Art. 8 der Richtlinie 1999/5 verstoßende Behinderung des freien Verkehrs der in Rede stehenden Geräte darstellen.

51

Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 20 der Richtlinie 2002/22 und Art. 8 der Richtlinie 1999/5 dahin auszulegen sind, dass sie für die Zwecke der Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr der Gleichstellung eines Teilnehmervertrags über Mobilfunkdienstleistungen, in dem zudem der Typ des betreffenden Endgeräts und dessen Zulassung genannt sein müssen, mit einer Allgemeingenehmigung oder einer Funkanlagenlizenz nicht entgegenstehen.

Zur dritten Frage

52

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Unionsrecht, wie es sich aus der Richtlinie 1999/5, den Netzrichtlinien und Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) ergibt, dahin auszulegen ist, dass es einer unterschiedlichen Behandlung von Nutzern von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst entgegensteht, die darauf abstellt, ob die Nutzer einen Teilnehmervertrag über Mobilfunkdienstleistungen abschließen oder ob sie diese Dienste in Form von eventuell aufladbaren Guthabenkarten erwerben, und die darin besteht, dass nur die Erstgenannten einer Regelung wie der zur Festlegung der staatlichen Konzessionsgebühr unterliegen.

53

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 20 der Charta alle Personen vor dem Gesetz gleich sind. Gemäß Art. 51 der Charta gilt diese für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Unionsrechts. Wie aus der Antwort auf die erste und die vierte Frage hervorgeht, ist im vorliegenden Fall jedoch, da die Netzrichtlinien und die Richtlinie 1999/5 die Erhebung einer Gebühr wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht regeln und aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten nicht hervorgeht, dass diese Regelung das Unionsrecht durchführt, Art. 51 der Charta nicht auf eine solche Regelung anzuwenden.

54

Soweit diese Frage die Anwendung einer Regel, die eine Genehmigung der Verwaltung vorsieht, nur auf die Teilnehmer eines Mobilfunkdienstes betrifft, ist zudem darauf hinzuweisen, dass, wie aus Rn. 38 des vorliegenden Urteils hervorgeht, in der Praxis offenbar keine Mitwirkung der Verwaltung verlangt wird, da der Teilnehmervertrag per se als Genehmigung gilt.

55

Daher ist auf die dritte Frage zu antworten, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens das Unionsrecht, wie es sich aus der Richtlinie 1999/5, den Netzrichtlinien und Art. 20 der Charta ergibt, dahin auszulegen ist, dass es einer unterschiedlichen Behandlung von Nutzern von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst nicht entgegensteht, die darauf abstellt, ob die Nutzer einen Teilnehmervertrag über Mobilfunkdienstleistungen abschließen oder ob sie diese Dienste in Form von eventuell aufladbaren Guthabenkarten erwerben, und die darin besteht, dass nur die Erstgenannten einer Regelung wie der zur Festlegung der staatlichen Konzessionsgebühr unterliegen.

Kosten

56

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Die Richtlinien

1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität, insbesondere ihr Art. 8,

2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie),

2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung,

2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) und

2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung,

sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung über die Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr, nach der die Verwendung von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst im Rahmen eines Teilnehmervertrags einer Allgemeingenehmigung oder einer Lizenz sowie der Zahlung einer solchen Gebühr unterliegt, nicht entgegensteht, da der Teilnehmervertrag per se als Allgemeingenehmigung gilt und daher insoweit keine Mitwirkung der Verwaltung erforderlich ist.

 

2.

Art. 20 der Richtlinie 2002/22 in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung und Art. 8 der Richtlinie 1999/5 sind dahin auszulegen, dass sie für die Zwecke der Erhebung einer Gebühr wie der staatlichen Konzessionsgebühr einer Gleichstellung eines Teilnehmervertrags über Mobilfunkdienstleistungen, der zudem den Typ des betreffenden Endgeräts und dessen Zulassung nennen muss, mit einer Allgemeingenehmigung oder einer Funkanlagenlizenz nicht entgegenstehen.

 

3.

In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens ist das Unionsrecht, wie es sich aus den Richtlinien 1999/5, 2002/19, 2002/20 in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung, 2002/21 und 2002/22 in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung sowie aus Art. 20 der Charta ergibt, dahin auszulegen, dass es einer differenzierten Behandlung von Nutzern von Endgeräten für den terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst nicht entgegensteht, die darauf abstellt, ob die Nutzer einen Teilnehmervertrag über Mobilfunkdienstleistungen abschließen oder ob sie diese Dienste in Form von eventuell aufladbaren Guthabenkarten erwerben, und die darin besteht, dass nur die Erstgenannten einer Regelung wie der zur Festlegung der staatlichen Konzessionsgebühr unterliegen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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