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Document 62014CJ0340

Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 1. Oktober 2015.
R. L. Trijber gegen College van burgemeester en wethouders van Amsterdam und J. Harmsen gegen Burgemeester van Amsterdam.
Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2006/123/EG – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Vergnügungsschifffahrt – Fensterbordelle – Art. 2 Abs. 2 Buchst. d – Anwendungsbereich – Ausschluss – Verkehrsdienstleistungen – Niederlassungsfreiheit – Genehmigungsregelung – Art. 10 Abs. 2 Buchst. c – Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung – Verhältnismäßigkeit – Anforderung an die Sprachkenntnisse – Art. 11 Abs. 1 Buchst. b – Geltungsdauer der Genehmigung – Begrenzung der Zahl der verfügbaren Genehmigungen – Zwingender Grund des Allgemeininteresses.
Verbundene Rechtssachen C-340/14 und C-341/14.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:641

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

1. Oktober 2015 ( * )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2006/123/EG — Dienstleistungen im Binnenmarkt — Vergnügungsschifffahrt — Fensterbordelle — Art. 2 Abs. 2 Buchst. d — Anwendungsbereich — Ausschluss — Verkehrsdienstleistungen — Niederlassungsfreiheit — Genehmigungsregelung — Art. 10 Abs. 2 Buchst. c — Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung — Verhältnismäßigkeit — Anforderung an die Sprachkenntnisse — Art. 11 Abs. 1 Buchst. b — Geltungsdauer der Genehmigung — Begrenzung der Zahl der verfügbaren Genehmigungen — Zwingender Grund des Allgemeininteresses“

In den verbundenen Rechtssachen C‑340/14 und C‑341/14

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Staatsrat, Niederlande) mit Beschlüssen vom 9. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Juli 2014, in den Verfahren

R. L. Trijber, handelnd unter der Firma Amstelboats (C‑340/14),

gegen

College van burgemeester en wethouders van Amsterdam

und

J. Harmsen (C‑341/14)

gegen

Burgemeester van Amsterdam

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von R. L. Trijber, handelnd unter der Firma Amstelboats, vertreten durch E. Steyger, advocaat,

von J. Harmsen, vertreten durch D. op de Hoek, advocaat,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, M. Gijzen und J. Langer als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Montaguti, H. Tserepa-Lacombe und F. Wilman als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2015

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d, Art. 10 Abs. 2 Buchst. c und Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36).

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Herrn Trijber und dem College van burgemeester en wethouders van Amsterdam (Kollegium von Bürgermeister und Beigeordneten von Amsterdam, Niederlande; im Folgenden: Kollegium) sowie zwischen Herrn Harmsen und dem Burgemeester van Amsterdam (Bürgermeister von Amsterdam, im Folgenden: Bürgermeister) wegen der Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung einer Betriebsgenehmigung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/123 heißt es:

„Ein wettbewerbsfähiger Dienstleistungsmarkt ist für die Förderung des Wirtschaftswachstums und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Europäischen Union wesentlich. … Ein freier Markt, der die Mitgliedstaaten zwingt, Beschränkungen im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr abzubauen, bei gleichzeitiger größerer Transparenz und besserer Information der Verbraucher, würde für die Verbraucher größere Auswahl und bessere Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen bedeuten.“

4

Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie lautet:

„Es ist deshalb erforderlich, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern in den Mitgliedstaaten und des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen Mitgliedstaaten zu beseitigen und den Dienstleistungsempfängern und ‑erbringern die Rechtssicherheit zu garantieren, die sie für die wirksame Wahrnehmung dieser beiden Grundfreiheiten des Vertrags benötigen. Da die Beschränkungen im Binnenmarkt für Dienstleistungen sowohl die Dienstleistungserbringer beeinträchtigen, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen möchten, als auch diejenigen, die in einem anderen Mitgliedstaat Dienstleistungen erbringen, ohne dort niedergelassen zu sein, ist es erforderlich, den Dienstleistungserbringern zu ermöglichen, ihre Dienstleistungstätigkeiten im Binnenmarkt dadurch zu entwickeln, dass sie sich entweder in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen oder den freien Dienstleistungsverkehr nutzen. Die Dienstleistungserbringer sollten zwischen diesen beiden Freiheiten wählen und sich für diejenige entscheiden können, die ihrer Geschäftsstrategie für die einzelnen Mitgliedstaaten am besten gerecht wird.“

5

Der siebte Erwägungsgrund der Richtlinie bestimmt:

„Mit dieser Richtlinie wird ein allgemeiner Rechtsrahmen geschaffen, der einem breiten Spektrum von Dienstleistungen zugutekommt und gleichzeitig die Besonderheiten einzelner Tätigkeiten und Berufe und ihre Reglementierung berücksichtigt. … Die Richtlinie berücksichtigt auch andere Gemeinwohlinteressen, einschließlich des Schutzes der Umwelt, der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Gesundheit sowie der Einhaltung des Arbeitsrechts.“

6

Der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/123 lautet:

„Verkehrsdienstleistungen, einschließlich des Personennahverkehrs, Taxis und Krankenwagen sowie Hafendienste, sollten vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein.“

7

Im 33. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:

„Die von dieser Richtlinie erfassten Dienstleistungen umfassen einen weiten Bereich von Tätigkeiten, die einem ständigen Wandel unterworfen sind … Hinzu kommen Verbraucherdienstleistungen, beispielsweise im Bereich des Fremdenverkehrs, einschließlich Leistungen von Fremdenführern, Dienstleistungen im Freizeitbereich, Sportzentren und Freizeitparks … Hierbei handelt es sich sowohl um Tätigkeiten, die die räumliche Nähe zwischen Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger oder aber auch den Ortswechsel des einen oder anderen erfordern, als auch um Leistungen, die im Fernabsatz, beispielsweise über das Internet, erbracht werden können.“

8

Art. 2 („Anwendungsbereich“) der Richtlinie sieht vor:

„(1)   Diese Richtlinie gilt für Dienstleistungen, die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden.

(2)   Diese Richtlinie findet auf folgende Tätigkeiten keine Anwendung:

d)

Verkehrsdienstleistungen …, die in den Anwendungsbereich von Titel V [des Dritten Teils] des [EG-]Vertrags [jetzt Titel VI des Dritten Teils des AEU-Vertrags] fallen;

…“

9

Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2006/123 sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1.

‚Dienstleistung‘ jede von Artikel [57 AEUV] erfasste selbstständige Tätigkeit, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird;

8.

‚zwingende Gründe des Allgemeininteresses‘ Gründe, die der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung als solche anerkannt hat, einschließlich folgender Gründe: öffentliche Ordnung; öffentliche Sicherheit; Sicherheit der Bevölkerung; öffentliche Gesundheit; Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts der Systeme der sozialen Sicherung; Schutz der Verbraucher, der Dienstleistungsempfänger und der Arbeitnehmer; Lauterkeit des Handelsverkehrs; Betrugsbekämpfung; Schutz der Umwelt und der städtischen Umwelt; Tierschutz; geistiges Eigentum; Erhaltung des nationalen historischen und künstlerischen Erbes; Ziele der Sozialpolitik und Ziele der Kulturpolitik;

…“

10

Kapitel III („Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer“) der Richtlinie enthält in Abschnitt 1 („Genehmigungen“) die Art. 9 bis 11.

11

Art. 9 („Genehmigungsregelungen“) der Richtlinie lautet:

„(1)   Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme und die Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit nur dann Genehmigungsregelungen unterwerfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

die Genehmigungsregelungen sind für den betreffenden Dienstleistungserbringer nicht diskriminierend;

b)

die Genehmigungsregelungen sind durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt;

c)

das angestrebte Ziel kann nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden, insbesondere weil eine nachträgliche Kontrolle zu spät erfolgen würde, um wirksam zu sein.

…“

12

Art. 10 („Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung“) der Richtlinie 2006/123 bestimmt:

„(1)   Die Genehmigungsregelungen müssen auf Kriterien beruhen, die eine willkürliche Ausübung des Ermessens der zuständigen Behörden verhindern.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Kriterien müssen:

a)

nicht diskriminierend sein;

b)

durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein;

c)

in Bezug auf diesen Grund des Allgemeininteresses verhältnismäßig sein;

d)

klar und unzweideutig sein;

e)

objektiv sein;

f)

im Voraus bekannt gemacht werden;

g)

transparent und zugänglich sein.“

13

Art. 11 („Geltungsdauer der Genehmigung“) dieser Richtlinie lautet:

„(1)   Die dem Dienstleistungserbringer erteilte Genehmigung darf nicht befristet werden, es sei denn:

b)

die Zahl der verfügbaren Genehmigungen ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt,

…“

Niederländisches Recht

Dienstleistungsregelung

14

Nach Art. 33 Abs. 1 Buchst. b und c des Dienstleistungsgesetzes (Dienstenwet), das zum Teil die Richtlinie 2006/123 in niederländisches Recht umsetzt, darf die zuständige Behörde eine Genehmigung, die sie unbefristet erteilen kann, nicht befristen, es sei denn, die Zahl der verfügbaren Genehmigungen ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt oder eine Befristung ist durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

Binnenschiffsverkehrsregelung

15

Nach Art. 2.4.5 Abs. 1 der vom Rat der Stadt Amsterdam (Raad van de gemeente Amsterdam) erlassenen Verordnung von 2010 über den Binnenschiffsverkehr (Verordening op het binnenwater 2010) ist es verboten, ohne oder abweichend von einer Genehmigung des Kollegiums mit einem gewerblich genutzten Schiff Güter oder Fahrgäste zu befördern. Nach Art. 2.4.5 Abs. 5 der Verordnung kann das Kollegium aus den für die Begrenzung der Zahl von Fahrgastschiffen geltenden Gründen die Genehmigung versagen. Nach Art. 2.3.1 Abs. 2 der Verordnung kann die Liegeplatzgenehmigung aus Gründen des öffentlichen Wohls, der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit, der Umwelt und der zügigen und sicheren Durchfahrt versagt werden.

16

Nach Art. 2.1 Abs. 1 der Verordnung über die Fahrgastbeförderung im Schiffsverkehr in Amsterdam (Regeling passagiersvervoer te water Amsterdam) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung werden Genehmigungen für diese Beförderungsart mittels Ausgaberunden erteilt. Nach Abs. 3 desselben Artikels werden Anträge, die nicht während einer laufenden Ausgaberunde eingereicht werden, aus Gründen des Kapazitätsmanagements abgelehnt. Nach Abs. 4 desselben Artikels kann das Kollegium abweichend von Abs. 1 außerhalb einer Ausgaberunde eine solche Genehmigung zugunsten einer besonderen Initiative, die auf ein Schiff mit umweltfreundlichem Antrieb zurückgreift, oder eines innovativen Beförderungskonzepts erteilen.

Prostitutionsregelung

17

Nach Art. 3.27 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeverordnung für Amsterdam von 2008 (Algemene plaatselijke verordening 2008 van Amsterdam) ist der Betrieb eines Bordells ohne Genehmigung des Bürgermeisters verboten. Nach Art. 3.30 Abs. 2 Buchst. b kann der Bürgermeister die Genehmigung versagen, wenn seiner Auffassung nach nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der Betreiber oder Leiter den Verpflichtungen nach Art. 3.32 nachkommen wird.

18

Nach Art. 3.32 Abs. 1 haben der Betreiber und der Leiter eines Bordells dafür Sorge zu tragen, dass in diesem in Bezug auf Prostituierte keine Straftaten im Sinne von Art. 273f des Strafgesetzbuchs (Wetboek van Strafrecht), durch den der Menschenhandel bekämpft werden soll, begangen werden, dort ausschließlich Prostituierte tätig sind, die sich im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels befinden oder für die der Betreiber über eine Genehmigung im Sinne von Art. 3 des Gesetzes über die Arbeit von Ausländern (Wet arbeid vreemdelingen) verfügt, und Kunden nicht Opfer von Straftaten wie Raub, Diebstahl, Betrug oder vergleichbaren Straftaten werden können. Im Übrigen stellt nach Abs. 3 dieses Artikels der Betreiber eines Fensterbordells u. a. sicher, dass die in seinem Bordell tätigen Prostituierten keine starke Belästigung für die Umgebung darstellen und von ihnen keine Störung der öffentlichen Ordnung ausgeht.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C‑340/14

19

Herr Trijber beantragte beim Kollegium die Erteilung einer Betriebsgenehmigung für die Fahrgastbeförderung im Schiffsverkehr, damit er gegen Entgelt für Fahrgäste auf deren Anfrage geführte Rundfahrten mit einem Boot – bei dem es sich um eine offene, elektrisch angetriebene Schaluppe handelt, die für die Beförderung von maximal 34 Personen geeignet ist – durch Amsterdam unternehmen kann, u. a. im Rahmen von Betriebsausflügen oder für eine Feier.

20

Mit Bescheid vom 22. November 2011 lehnte das Kollegium den Antrag ab – wobei es sich auf die Verfahrensvorschriften im Bereich des Kapazitätsmanagements nach Art. 2.1 der Verordnung über die Fahrgastbeförderung im Schiffsverkehr in Amsterdam stützte –, da Herr Trijber seinen Antrag nicht während einer laufenden Ausgaberunde gestellt habe, sein Boot keine besondere Initiative im Sinne dieser Vorschrift darstelle und sein Beförderungskonzept nicht innovativ sei.

21

Mit Bescheid vom 27. April 2012 wies das Kollegium den Widerspruch von Herrn Trijber zurück.

22

Mit Entscheidung vom 7. Dezember 2012 wies die Rechtbank Amsterdam (Gericht Amsterdam) die von Herrn Trijber gegen diesen Bescheid erhobene Klage ab.

23

Gegen diese Entscheidung legte Herr Trijber Rechtsmittel beim Raad van State (Staatsrat) ein, da die vom Kollegium im Bereich des Kapazitätsmanagements angewandten Verfahrensvorschriften gegen die Richtlinie 2006/123 verstießen.

24

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts fällt die von Herrn Trijber geplante Beförderung in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Herr Trijber wolle nämlich die Fahrgäste nicht bloß befördern, um sie von einem Punkt zu einem anderen zu bringen, sondern geführte Rundfahrten für sie entlang den Grachten von Amsterdam durchführen oder die Möglichkeit bereitstellen, im Rahmen einer Bootsfahrt zusammenzukommen, wobei er auf Anfrage für Speisen und Getränke sorge. Diese Dienstleistungen seien als Verbraucherdienstleistungen anzusehen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fielen. Allerdings gäben darüber weder die Bestimmungen der Richtlinie noch die Gesetzesmaterialien letztgültig Aufschluss.

25

Das vorlegende Gericht möchte indessen wissen, ob sich Herr Trijber in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens unmittelbar auf die Richtlinie 2006/123 stützen kann, da die Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in rein innerstaatlichen Sachverhalten keine Anwendung fänden. In diesem Zusammenhang stelle sich insbesondere die Frage, ob die Anwendung der Bestimmungen des Kapitels III dieser Richtlinie betreffend die Niederlassungsfreiheit das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Bezugs verlange, und wenn ja, welches Kriterium für die Klärung der Frage maßgeblich sei, ob ein Sachverhalt unter die Richtlinie falle oder rein innerstaatlicher Natur sei.

26

Für den Fall, dass sich Herr Trijber auf die Bestimmungen in Kapitel III der Richtlinie 2006/123 berufen kann, geht das vorlegende Gericht davon aus, dass die fragliche Genehmigungsregelung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei, da sie Ziele des Umweltschutzes und der Sicherheit verfolge. Da diese Ziele nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden könnten, sei diese Genehmigungsregelung mit Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und c dieser Richtlinie vereinbar.

27

Allerdings vertritt das vorlegende Gericht die Auffassung, dass die genannte Regelung – ungeachtet dessen, dass sie offensichtlich gegen Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. d und g der Richtlinie 2006/123 verstoße, da das Kollegium in der Praxis dazu veranlasst sei, das Ermessen willkürlich auszuüben, das ihr bezüglich der Erteilung von Genehmigungen außerhalb der Ausgaberunden eingeräumt sei – auch gegen Art. 11 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie verstoßen könnte. Wegen der Kombination der begrenzten Zahl von Genehmigungen und deren unbegrenzter Geltungsdauer sei nämlich der Zugang zum Markt nicht mehr für alle Dienstleistungserbringer sichergestellt. Die Frage erhebe sich, inwieweit die zuständigen Behörden in einem solchen Fall in Anbetracht des Ziels der Richtlinie 2006/123 frei seien bei der Festsetzung der Geltungsdauer der Genehmigung.

28

Unter diesen Umständen hat der Raad van State (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist die Fahrgastbeförderung mit offener Schaluppe auf den Binnengewässern von Amsterdam mit dem Hauptzweck des Angebots von Rundfahrten und Vermietungen für festliche Anlässe gegen Entgelt, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, eine Dienstleistung, für die die Bestimmungen der Richtlinie 2006/123 unter Berücksichtigung der Ausnahme für Verkehrsdienstleistungen in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d dieser Richtlinie gelten?

2.

Falls Frage 1 zu bejahen ist: Findet Kapitel III der Richtlinie 2006/123 Anwendung auf rein innerstaatliche Sachverhalte, oder gilt bei der Beurteilung der Frage, ob dieses Kapitel Anwendung findet, die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in rein innerstaatlichen Sachverhalten?

3.

Sofern die Antwort auf Frage 2 dahin lautet, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in einem rein innerstaatlichen Sachverhalt bei der Beurteilung der Frage gilt, ob Kapitel III der Richtlinie 2006/123 Anwendung findet:

a)

Müssen die nationalen Gerichte die Bestimmungen des Kapitels III der Richtlinie 2006/123 in einem Fall wie dem vorliegenden anwenden, in dem sich der Dienstleistungserbringer weder grenzüberschreitend niedergelassen hat noch grenzüberschreitend Dienstleistungen anbietet und sich trotzdem auf diese Bestimmungen beruft?

b)

Ist für die Antwort auf diese Frage von Bedeutung, dass die Dienstleistungen voraussichtlich vor allem in den Niederlanden wohnhaften Personen erbracht werden?

c)

Ist für die Beantwortung dieser Frage festzustellen, ob in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen tatsächlich Interesse an der Erbringung derselben oder vergleichbarer Dienstleistungen bekundet haben oder bekunden werden?

4.

Folgt aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/123, dass, wenn die Zahl der Genehmigungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt ist, die Geltungsdauer der Genehmigungen auch in Anbetracht des Ziels dieser Richtlinie, für freien Zugang zum Dienstleistungsmarkt zu sorgen, ebenfalls begrenzt werden muss, oder liegt das im Ermessen der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats?

Rechtssache C‑341/14

29

Herr Harmsen, der in Amsterdam ein Fensterbordell führt, beantragte beim Bürgermeister Genehmigungen für den Betrieb zweier weiterer Fensterbordelle in Amsterdam.

30

Der Bürgermeister versagte die Genehmigungen mit Bescheid vom 28. Juli 2011 und begründete dies mit in neun Prüfberichten von Aufsichtsbeamten der Stadt Amsterdam und zwei Prüfprotokollen der Polizei festgehaltenen Vorkommnissen, die sich alle auf den Betrieb des bestehenden Fensterbordells bezogen.

31

Aus diesen Berichten und Protokollen ergebe sich, dass Herr Harmsen entgegen seinen Angaben im Betriebsplan, den er seinem Genehmigungsantrag beilegte und der vom Bürgermeister genehmigt wurde, Zimmer stundenweise an Prostituierte aus Ungarn und Bulgarien vermietet habe, die in dem für ihre Zulassung zu dem Bordell vorgeschriebenen Verfahren nicht in der Lage gewesen seien, sich in einer von Herrn Harmsen beherrschten Sprache verständlich zu machen. Das bestehende Fensterbordell sei demnach nicht in einer Missständen vorbeugenden Weise geführt worden. Aus diesem Grund sei nicht davon auszugehen, dass Herr Harmsen im Hinblick auf die beiden von ihm geplanten Fensterbordelle sicherstellen werde, dass keine Straftaten gegen die dort tätigen Prostituierten begangen würden. Somit sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Herr Harmsen Art. 3.32 Abs. 1 Buchst. a der Allgemeinen Gemeindeverordnung einhalten werde.

32

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2011 wies der Bürgermeister den von Herrn Harmsen eingelegten Widerspruch zurück.

33

Die Rechtbank Amsterdam (Gericht Amsterdam) wies die von Herrn Harmsen gegen diesen Bescheid erhobene Klage mit Entscheidung vom 11. Juli 2012 ab.

34

Das vorlegende Gericht macht zunächst die gleichen Ausführungen zur Anwendung der Richtlinie 2006/123 auf rein innerstaatliche Sachverhalte wie die bereits oben in Rn. 25 dieses Urteils wiedergegebenen in der Rechtssache C‑340/14. Es meint, falls sich Herr Harmsen auf die Vorschriften in Kapitel III der Richtlinie 2006/123 berufen könne, so sei die fragliche Genehmigungsregelung dennoch als durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt anzusehen, weil sie nicht diskriminierend sei und zum Schutz der öffentlichen Ordnung erlassen worden sei, um Straftaten wie Zwangsprostitution und Menschenhandel vorzubeugen. Da dieses Ziel nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden könne, stehe die Genehmigungsregelung im Einklang mit Art. 9 Abs. 1 Buchst. a bis c dieser Richtlinie.

35

Das vorlegende Gericht möchte jedoch wissen, ob die von Herrn Harmsen in dem vom Bürgermeister genehmigten Betriebsplan eingegangene Verpflichtung – wie sie sich auch aus den gemeindlichen Verwaltungsvorschriften ergebe –, dass der Betreiber ein Zimmer nur an Prostituierte vermieten dürfe, die mit ihm in einer für ihn verständlichen Sprache kommunizieren könnten, im Hinblick auf den angeführten zwingenden Grund des Allgemeininteresses „verhältnismäßig“ im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der genannten Richtlinie sei.

36

Insoweit verweist das vorlegende Gericht auf die Ausführungen des Bürgermeisters, wonach es diese Anforderung dem Betreiber ermögliche, sich selbst einen unmittelbaren und vertraulichen Einblick in den Hintergrund und die Motive der Prostituierten zu verschaffen, ohne dass Dritte, die Einfluss auf die Äußerungen der Prostituierten nehmen könnten, anwesend seien. Demgegenüber vertritt Herr Harmsen die Auffassung, diese Maßgabe gehe zu weit, da sich der Betreiber durch Dolmetscher unterstützen lassen oder auf Übersetzungswebsites zurückgreifen könne. Außerdem seien mildere Maßnahmen denkbar, da Sprache nicht das einzige Mittel sei, mit dem sich Anzeichen für Zwangsprostitution oder Menschenhandel erkennen ließen. So stehe das existierende Bordell unter Kameraüberwachung. Er stelle zudem sicher, dass er selbst vor Ort anwesend sei, um solche Anzeichen für Straftaten zu erkennen und erforderlichenfalls die Polizei zu informieren.

37

Unter diesen Umständen hat der Raad van State (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Findet Kapitel III der Richtlinie 2006/123 Anwendung auf rein innerstaatliche Sachverhalte, oder gilt bei der Beurteilung der Frage, ob dieses Kapitel Anwendung findet, die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in rein innerstaatlichen Sachverhalten?

2.

Sofern die Antwort auf Frage 1 dahin lautet, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in einem rein innerstaatlichen Sachverhalt bei der Beurteilung der Frage gilt, ob Kapitel III der Richtlinie 2006/123 Anwendung findet:

a)

Müssen die nationalen Gerichte die Bestimmungen des Kapitels III der Richtlinie 2006/123 in einem Fall wie dem vorliegenden anwenden, in dem sich der Dienstleistungserbringer weder grenzüberschreitend niedergelassen hat noch grenzüberschreitend Dienstleistungen anbietet und sich trotzdem auf diese Bestimmungen beruft?

b)

Ist für die Antwort auf diese Frage erheblich, dass der Betreiber vornehmlich Dienstleistungen an selbständige Prostituierte aus anderen Mitgliedstaaten als den Niederlanden erbringt?

c)

Ist für die Beantwortung dieser Frage festzustellen, ob in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen tatsächlich Interesse an der Errichtung eines Fensterbordells in Amsterdam bekundet haben oder bekunden werden?

3.

Soweit sich der Dienstleistungserbringer auf die Bestimmungen des Kapitels III der Richtlinie 2006/123 berufen kann: Steht Art. 10 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie einer Maßnahme wie der hier im Streit stehenden entgegen, wonach es einem Betreiber von Fensterbordellen nur erlaubt ist, Zimmer stundenweise an Prostituierte zu vermieten, die mit dem Betreiber in einer für ihn verständlichen Sprache kommunizieren können?

38

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. September 2014 sind die Rechtssachen C‑340/14 und C‑341/14 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zu den Vorlagefragen

39

Die Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen die Anwendung der Richtlinie 2006/123 auf rein innerstaatliche Sachverhalte (zweite Frage in der Rechtssache C‑340/14 und erste Frage in der Rechtssache C‑341/14) und die für das Vorliegen eines solchen Sachverhalts maßgeblichen Kriterien (dritte Frage in der Rechtssache C‑340/14 und zweite Frage in der Rechtssache C‑341/14), den Begriff „Verkehrsdienstleistungen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d dieser Richtlinie (erste Frage in der Rechtssache C‑340/14), die Auslegung von Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie, der die Geltungsdauer der Genehmigungen regelt (vierte Frage in der Rechtssache C‑340/14), und die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie, der die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigungen enthält (dritte Frage in der Rechtssache C‑341/14).

Zur Anwendung der Richtlinie 2006/123 auf rein innerstaatliche Sachverhalte und den für das Vorliegen eines solchen Sachverhalts maßgeblichen Kriterien

40

Mit seiner zweiten und dritten Frage in der Rechtssache C‑340/14 und seiner ersten und zweiten Frage in der Rechtssache C‑341/14 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass ihr Kapitel III über die Niederlassungsfreiheit auf rein innerstaatliche Sachverhalte anwendbar ist, und nach welchen Kriterien es sich richtet, ob ein solcher Sachverhalt vorliegt.

41

Hierzu ist festzustellen, dass in der Rechtssache C‑340/14 schon nach dem Wortlaut der dritten Vorlagefrage die von Herrn Trijber angebotene Dienstleistung, für die im Ausgangsverfahren eine Genehmigung beantragt wird, zwar im Wesentlichen an in den Niederlanden wohnhafte Personen gerichtet ist. Gleichwohl stellt das vorlegende Gericht in seiner Entscheidung selbst fest, dass auch Angehörige anderer Mitgliedstaaten diese Dienstleistung in Anspruch nehmen können und die fragliche Regelung zudem jeden Dienstleistungserbringer in seinem Marktzugang beeinträchtigen kann, darunter auch solche, die aus anderen Mitgliedstaaten stammen und sich in den Niederlanden niederlassen möchten, um eine solche Dienstleistung anzubieten. In der Rechtssache C‑341/14 führt das vorlegende Gericht ausdrücklich aus, dass die Empfänger der von Herrn Harmsen angebotenen Dienstleistungen, die Gegenstand der Genehmigungsanträge im Ausgangsverfahren sind, auch Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten als dem Königreich der Niederlande sind.

42

Da folglich die diesen Vorlagefragen zugrunde liegenden Sachverhalte nicht rein innerstaatlicher Art sind, brauchen die zweite und die dritte Frage in der Rechtssache C‑340/14 und die erste und die zweite Frage in der Rechtssache C‑341/14 nicht geprüft zu werden.

Zum Begriff „Verkehrsdienstleistungen “ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123

43

Mit seiner ersten Frage in der Rechtssache C‑340/14 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass eine Tätigkeit wie die, die Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Genehmigungsantrags ist und die darin besteht, für Fahrgäste im Rahmen einer Veranstaltung oder Feier entgeltliche, geführte Bootsrundfahrten durch eine Stadt durchzuführen, eine vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommene „Verkehrsdienstleistung“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

44

Aus Art. 1 der genannten Richtlinie in Verbindung mit ihren Erwägungsgründen 2 und 5 ergibt sich, dass diese Richtlinie allgemeine Bestimmungen aufstellt, die den Zweck verfolgen, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern in den Mitgliedstaaten und des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen Mitgliedstaaten zu beseitigen, um zur Schaffung eines freien und wettbewerbsfähigen Binnenmarkts beizutragen (vgl. Urteil Femarbel, C‑57/12, EU:C:2013:517, Rn. 31).

45

Die Richtlinie 2006/123 gilt somit nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 für jede selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die für gewöhnlich gegen Entgelt von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten wird, unabhängig davon, ob dieser in dem Empfängermitgliedstaat eine feste und ständige Geschäftsstelle hat, und vorbehaltlich ausdrücklich davon ausgeschlossener Tätigkeiten, zu denen u. a. „Verkehrsdienstleistungen einschließlich Hafendienste, die in den Anwendungsbereich von [Titel VI des Dritten Teils des AEU-Vertrags] fallen“, im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d gehören.

46

Um die Tragweite des Ausschlusses nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 zu verstehen, ist der Begriff „Verkehrsdienstleistungen“ nicht nur anhand des Wortlauts dieser Bestimmung, sondern auch anhand ihres Zwecks und ihres allgemeinen Kontextes des durch diese Richtlinie eingeführten Systems auszulegen (vgl. entsprechend Urteil Femarbel, C‑57/12, EU:C:2013:517, Rn. 34).

47

Was zunächst den Wortlaut dieses Art. 2 Abs. 2 Buchst. d betrifft, so entspricht der vom Unionsgesetzgeber im Rahmen der Richtlinie 2006/123 gewählte Begriff „Verkehrsdienstleistungen“ den Dienstleistungen nach dem Titel VI des Dritten Teils des AEU‑Vertrags – der dessen Art. 90 bis 100 über die gemeinsame Verkehrspolitik enthält –, die nach Art. 58 Abs. 1 AEUV von den Bestimmungen des AEU‑Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr ausgenommen sind.

48

Titel VI enthält zwar keine Definition des Begriffs „Verkehr“, jedoch geht aus Art. 100 Abs. 1 AEUV hervor, dass Beförderungen „im Binnenschiffsverkehr“ unter diesen Titel fallen. Dementsprechend hat der Unionsgesetzgeber nach Art. 100 Abs. 2 AEUV für mehrere Seeverkehrsdienstleistungen besondere gemeinsame Vorschriften geschaffen, darunter auch für jene, die von der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. L 364, S. 7) erfasst sind.

49

Was weiter den Zweck und die Systematik von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 betrifft, so heißt es im 21. Erwägungsgrund der Richtlinie, dass der Ausschluss der Verkehrsdienstleistungen u. a. die Personennahverkehrsdienstleistungen umfassen sollte.

50

Aus dieser Ausnahme ergibt sich jedoch nicht, dass jede Dienstleistung, durch die ein Ortswechsel per Binnenschiff erbracht werden soll, automatisch als „Verkehr“ oder „Personennahverkehr“ im Sinne dieser Richtlinie zu qualifizieren ist.

51

Eine derartige Dienstleistung kann nämlich neben dem Ortswechsel ein oder mehrere andere Merkmale enthalten, die zu einem Wirtschaftsbereich gehören, den der Unionsgesetzgeber in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123 einbezogen hat. In einem solchen Fall muss geprüft werden, worin der Hauptgegenstand der fraglichen Dienstleistung besteht.

52

Schließlich ist hinsichtlich des durch die Richtlinie 2006/123 geschaffenen Systems darauf hinzuweisen, dass mit der Richtlinie laut ihrem siebten Erwägungsgrund ein allgemeiner Rechtsrahmen geschaffen wird, der einem breiten Spektrum von Dienstleistungen zugutekommt und gleichzeitig die Besonderheiten einzelner Tätigkeiten und Berufe und ihre Reglementierung sowie andere Gemeinwohlinteressen, einschließlich des Verbraucherschutzes, berücksichtigt. Daraus folgt, dass der Unionsgesetzgeber ausdrücklich ein Gleichgewicht zwischen dem Ziel, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern und der Dienstleistungsfreiheit zu beseitigen, und dem Erfordernis, die Eigenheiten bestimmter sensibler Tätigkeiten, insbesondere derjenigen, die mit dem Verbraucherschutz zusammenhängen, zu schützen, zu wahren suchte (vgl. in diesem Sinne Urteil Femarbel, C‑57/12, EU:C:2013:517, Rn. 39).

53

Insoweit geht aus dem 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/123 hervor, dass die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Verbraucherdienstleistungen u. a. Dienstleistungen im Bereich des Fremdenverkehrs einschließlich Leistungen von Fremdenführern umfassen.

54

Im Licht dieser Ausführungen hat das innerstaatliche Gericht zu prüfen, ob die Tätigkeit, die Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Genehmigungsantrags ist, unter den Begriff „Verkehrsdienstleistungen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 fällt und ob diese Tätigkeit infolgedessen vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen ist (vgl. entsprechend Urteil Femarbel, C‑57/12, EU:C:2013:517, Rn. 40).

55

Der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem nationalen Gericht zweckdienliche Antworten zu geben, ist jedoch befugt, dem vorlegenden Gericht auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise zu geben, die diesem Gericht eine Entscheidung ermöglichen (vgl. u. a. Urteil Sokoll-Seebacher, C‑367/12, EU:C:2014:68, Rn. 40).

56

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Ausführungen in der Vorlageentscheidung, die in den dem Gerichtshof übermittelten schriftlichen Erklärungen nicht in Abrede gestellt worden sind, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Dienstleistung, auch wenn sie auf den ersten Blick einen Fall des „Binnenschiffsverkehrs“ im Sinne von Art. 100 Abs. 1 AEUV darstellt, eher darauf gerichtet ist, für die Empfänger dieser Dienstleistung das angenehme Umfeld eines festlichen Anlasses zu schaffen, als sie in der Stadt Amsterdam von einem Punkt zum anderen zu befördern.

57

In diesem Zusammenhang steht fest, dass die genannte Dienstleistung unter keine der vom Unionsgesetzgeber nach Art. 100 Abs. 2 AEUV geschaffenen besonderen gemeinsamen Vorschriften fällt.

58

Folglich besteht – was jedoch das vorlegende Gericht zu prüfen hat – der Hauptgegenstand einer solchen Tätigkeit offenbar nicht darin, eine Verkehrsdienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 anzubieten. Somit fällt diese Tätigkeit, da keine anderen in Art. 2 Abs. 2 vorgesehenen Ausnahmen anwendbar sind, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie.

59

Daher ist auf die erste Frage in der Rechtssache C‑340/14 zu antworten, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung – eine Tätigkeit wie die, die Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Genehmigungsantrags ist und die darin besteht, für Fahrgäste im Rahmen einer Veranstaltung oder Feier entgeltliche, geführte Bootsrundfahrten durch eine Stadt durchzuführen, keine vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommene „Verkehrsdienstleistung“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

Zur Auslegung von Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/123 betreffend die Geltungsdauer der Genehmigungen

60

Mit seiner vierten Frage in der Rechtssache C‑340/14 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass es ihm zuwiderläuft, dass die zuständigen nationalen Behörden Genehmigungen für die Ausübung einer Tätigkeit wie der im Ausgangsverfahren fraglichen unbefristet erteilen, obwohl die Zahl der von diesen Behörden hierfür erteilten Genehmigungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt ist.

61

Hierzu ist festzustellen, dass nach dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123 die dem Dienstleistungserbringer erteilte Genehmigung nicht befristet werden darf, es sei denn, es liegt einer der in dieser Bestimmung abschließend aufgezählten Fälle vor. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn die Zahl der verfügbaren Genehmigungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt ist.

62

Daraus folgt, dass solche Genehmigungen hingegen dann befristet sein müssen, wenn sie wegen zwingender Gründe des Allgemeininteresses nur in begrenzter Zahl verfügbar sind.

63

Wie vom Generalanwalt in Nr. 68 seiner Schlussanträge ausgeführt, kann den zuständigen nationalen Behörden insoweit kein Ermessen zuerkannt werden, da sonst das mit Art. 11 der Richtlinie 2006/123 verfolgte Ziel, den Zugang von Dienstleistungserbringern zum jeweiligen Markt zu garantieren, gefährdet würde.

64

Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht, wie schon aus dem Wortlaut der Vorlagefrage hervorgeht, bereits festgestellt, dass die nach der fraglichen nationalen Regelung geltende Anforderung, die Zahl der für die fragliche Tätigkeit erteilten Genehmigungen zu begrenzen, Ziele verfolgt, die unter zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne von Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2006/123 fallen, nämlich den Schutz der Umwelt und die öffentliche Sicherheit.

65

Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens dürfen folglich die von den zuständigen Behörden erteilten Genehmigungen nicht unbefristet sein.

66

Daher ist auf die vierte Frage in der Rechtssache C‑340/14 zu antworten, dass Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass es ihm zuwiderläuft, dass die zuständigen nationalen Behörden Genehmigungen für die Ausübung einer Tätigkeit wie der im Ausgangsverfahren fraglichen unbefristet erteilen, obwohl die Zahl der von diesen Behörden hierfür erteilten Genehmigungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt ist.

Zur Auslegung von Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/123 über die Voraussetzungen für die Erteilung von Genehmigungen

67

Mit seiner dritten Frage in der Rechtssache C‑341/14 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass er einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der die Genehmigung für die Ausübung einer Tätigkeit, die darin besteht, Fensterbordelle zu führen, indem Zimmer stundenweise an Prostituierte vermietet werden, nur dann erteilt wird, wenn der Erbringer dieser Dienstleistungen in der Lage ist, mit den Dienstleistungsempfängern – im vorliegenden Fall den Prostituierten – in einer für sie verständlichen Sprache zu kommunizieren.

68

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht in seiner Entscheidung bereits festgestellt hat, dass die genannte Voraussetzung ein Ziel verfolgt, das unter „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ im Sinne von Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2006/123 fällt, nämlich die öffentliche Ordnung und in der vorliegenden Rechtssache insbesondere die Vorbeugung von Straftaten gegenüber Prostituierten, vor allem Menschenhandel, Zwangsprostitution und Prostitution Minderjähriger, und daher durch einen „zwingenden Grund des Allgemeininteresses“ im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchst. b dieser Richtlinie gerechtfertigt ist.

69

Unter diesen Umständen ist – wie die niederländische Regierung und die Europäische Kommission geltend gemacht haben – für die Beantwortung der Vorlagefrage zu prüfen, ob eine solche Voraussetzung in Bezug auf den verfolgten „Grund des Allgemeininteresses“ im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/123 verhältnismäßig ist.

70

Nach gefestigter Rechtsprechung kann eine den freien Dienstleistungsverkehr einschränkende nationale Maßnahme, die ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt, nur dann zugelassen werden, wenn sie geeignet ist, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Las, C‑202/11, EU:C:2013:239, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71

Es ist letztlich Sache des nationalen Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits zuständig ist, darüber zu befinden, ob eine Maßnahme diesen Anforderungen entspricht. Der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem nationalen Gericht zweckdienliche Antworten zu geben, ist jedoch – gemäß der oben in Rn. 55 angeführten Rechtsprechung – befugt, dem vorlegenden Gericht auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise zu geben, die diesem Gericht eine Entscheidung ermöglichen.

72

Was als Erstes die Eignung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Ziels betrifft, so geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen hervor, dass die fragliche Sprachanforderung im Wesentlichen darauf gerichtet ist, strafbare Handlungen im Zusammenhang mit der Prostitution stärker zu überwachen. Hierfür wird ein Teil dieser Überwachung an Inhaber von Fensterbordellen delegiert, indem ihnen Mittel an die Hand gegeben werden, um Anzeichen für das Vorliegen solcher Straftaten vorbeugend zu erkennen.

73

Eine solche Maßnahme ist offensichtlich zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet. Dadurch, dass es diese Maßnahme Prostituierten ermöglicht, den Betreiber der Bordelle unmittelbar und persönlich über jeden Hinweis auf das Vorliegen einer Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Prostitution zu informieren, ist sie geeignet, die zuständigen nationalen Behörden bei der Durchführung der Kontrollen zu unterstützen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der nationalen strafrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten (vgl. entsprechend Urteil Kommission/Deutschland, C‑490/04, EU:C:2007:430, Rn. 71).

74

Was als Zweites die Frage anbelangt, ob die fragliche Maßnahme über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, ist zunächst festzustellen, dass sich die Maßnahme darauf beschränkt, die Verwendung einer beliebigen von den Beteiligten verstandenen Sprache anzuordnen. Dies beeinträchtigt den freien Dienstleistungsverkehr weniger als eine Maßnahme, durch die die ausschließliche Verwendung einer Amtssprache des betreffenden Mitgliedstaats oder einer bestimmten anderen Sprache vorgeschrieben würde (vgl. entsprechend Urteil Las, C‑202/11, EU:C:2013:239, Rn. 32).

75

Weiter ist nicht ersichtlich, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme fundierte Sprachkenntnisse vorschriebe, da sie lediglich verlangt, dass die Beteiligten einander verstehen können.

76

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass weniger einschränkende Maßnahmen existieren, mit denen das verfolgte Ziel des Allgemeininteresses erreicht werden kann. Insbesondere könnte, wie die niederländische Regierung vorgebracht hat, die Einschaltung einer dritten Person angesichts der Besonderheiten der hier fraglichen Tätigkeit dazu führen, dass in das Verhältnis des Betreibers und der Prostituierten zueinander in nachteiliger Weise eingegriffen würde, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat. Was die Kameraüberwachung anbelangt, so ermöglicht sie es nicht notwendigerweise, Straftaten im Vorfeld zu erkennen.

77

Daher ist auf die dritte Frage in der Rechtssache C‑341/14 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/123 dahin auszulegen ist, dass er einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, nach der die Genehmigung für die Ausübung der dort fraglichen Tätigkeit, nämlich den Betrieb eines Fensterbordells durch die stundenweise Vermietung von Zimmern an Prostituierte, nur dann erteilt wird, wenn der Erbringer dieser Dienstleistungen in der Lage ist, mit den Dienstleistungsempfängern – im vorliegenden Fall den Prostituierten – in einer für diese verständlichen Sprache zu kommunizieren, nicht entgegensteht, sofern diese Bedingung zur Erreichung des verfolgten Ziels des Allgemeininteresses, nämlich der Vorbeugung von Straftaten im Zusammenhang mit der Prostitution, geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Letzteres ist durch das vorlegende Gericht zu prüfen.

Kosten

78

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung – eine Tätigkeit wie die, die Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Genehmigungsantrags ist und die darin besteht, für Fahrgäste im Rahmen einer Veranstaltung oder Feier entgeltliche, geführte Bootsrundfahrten durch eine Stadt durchzuführen, keine vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommene „Verkehrsdienstleistung“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

 

2.

Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/123 ist dahin auszulegen, dass es ihm zuwiderläuft, dass die zuständigen nationalen Behörden Genehmigungen für die Ausübung einer Tätigkeit wie der im Ausgangsverfahren fraglichen unbefristet erteilen, obwohl die Zahl der von diesen Behörden hierfür erteilten Genehmigungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses begrenzt ist.

 

3.

Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/123 ist dahin auszulegen, dass er einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren C‑341/14 fraglichen, nach der die Genehmigung für die Ausübung der dort fraglichen Tätigkeit, nämlich den Betrieb eines Fensterbordells durch die stundenweise Vermietung von Zimmern an Prostituierte, nur dann erteilt wird, wenn der Erbringer dieser Dienstleistungen in der Lage ist, mit den Dienstleistungsempfängern – im vorliegenden Fall den Prostituierten – in einer für diese verständlichen Sprache zu kommunizieren, nicht entgegensteht, sofern diese Bedingung zur Erreichung des verfolgten Ziels des Allgemeininteresses, nämlich der Vorbeugung von Straftaten im Zusammenhang mit der Prostitution, geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Letzteres ist durch das vorlegende Gericht zu prüfen.

 

Unterschriften


( * )   Verfahrenssprache: Niederländisch.

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