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Document 62013CJ0619

Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 26. Januar 2017.
Mamoli Robinetteria SpA gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Kartelle – Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen – Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Kronzeugenregelung – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 23 Abs. 2 – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.
Rechtssache C-619/13 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2017:50

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

26. Januar 2017 ( *1 )

„Rechtsmittel — Kartelle — Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen — Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen — Kronzeugenregelung — Verordnung (EG) Nr. 1/2003 — Art. 23 Abs. 2 — Obergrenze von 10 % des Umsatzes — Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache C‑619/13 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. November 2013,

Mamoli Robinetteria SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Prozessbevollmächtigte: F. Capelli und M. Valcada, avvocati,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Malferrari und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte im Beistand von F. Ruggeri Laderchi, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Levits, S. Rodin (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Mamoli Robinetteria SpA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Mamoli Robinetteria/Kommission (T‑376/10, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2013:442), mit dem das Gericht ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit er sie betrifft, oder, hilfsweise, auf Aufhebung oder Herabsetzung der in diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1/2003

2

Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sieht vor:

„(2)   Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a)

gegen Artikel [101] oder Artikel [102 AEUV] verstoßen …

Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

(3)   Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.“

Leitlinien von 2006

3

In den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) heißt es in Ziff. 2 zur Bemessung der Geldbußen, dass „die Kommission die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen [muss]“ und „die in Artikel 23 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der [Verordnung Nr. 1/2003] genannten Obergrenzen nicht überschritten werden [dürfen]“.

4

Die Ziff. 23, 25, 28, 29 und 37 der Leitlinien von 2006 sehen vor:

„23.

Horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen … zur Festsetzung von Preisen … gehören ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen und müssen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten streng geahndet werden. Für solche Zuwiderhandlungen ist daher grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende dieser Bandbreite anzusetzen.

25.

Zusätzlich, unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, fügt die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes im Sinne von Abschnitt A hinzu, um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen … abzuschrecken. …

28.

Der Grundbetrag der Geldbuße kann erhöht werden, wenn die Kommission erschwerende Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt:

29.

Der Grundbetrag der Geldbuße kann verringert werden, wenn die Kommission mildernde Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt:

37.

In diesen Leitlinien wird die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in Ziffer 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

5

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 1 bis 21 des angefochtenen Urteils dargestellt worden und lässt sich wie folgt zusammenfassen.

6

Die Rechtsmittelführerin ist eine italienische Gesellschaft, die ausschließlich Armaturen herstellt.

7

Am 15. Juli 2004 informierten die Masco Corp. und ihre Tochtergesellschaften, zu denen die Hansgrohe AG, die Armaturen herstellt, und die Hüppe GmbH, die Duschabtrennungen herstellt, gehören, die Kommission über das Bestehen eines Kartells im Badezimmerausstattungssektor und beantragten einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) oder, hilfsweise, eine Herabsetzung.

8

Am 9. und 10. November 2004 führte die Kommission unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Unternehmen und nationaler Verbände des Badezimmerausstattungssektors durch. Nachdem sie zwischen dem 15. November 2005 und dem 16. Mai 2006 Auskunftsverlangen an diese Unternehmen und Verbände, darunter die Rechtsmittelführerin, gerichtet hatte, erließ sie am 26. März 2007 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Diese wurde der Rechtsmittelführerin zugestellt.

9

Am 20. Januar 2006 beantragte auch die Rechtsmittelführerin einen Erlass oder, hilfsweise, eine Herabsetzung der Geldbuße.

10

Nach einer Anhörung, die vom 12. bis 14. November 2007 stattfand, dem Versand eines Sachverhaltsschreibens am 9. Juli 2009 an einige Unternehmen, zu denen die Rechtsmittelführerin nicht gehörte, und weiteren Auskunftsverlangen zwischen dem 19. Juni 2009 und dem 8. März 2010, deren Adressatin die Rechtsmittelführerin war, erließ die Kommission am 23. Juni 2010 den streitigen Beschluss.

11

Darin stellte die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) im Badezimmerausstattungssektor fest. Diese Zuwiderhandlung, an der 17 Unternehmen beteiligt gewesen seien, habe in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004 in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich stattgefunden.

12

Im Einzelnen führte die Kommission im streitigen Beschluss aus, die festgestellte Zuwiderhandlung habe erstens die Koordinierung jährlicher Preiserhöhungen und weiterer Preisgestaltungselemente durch die genannten Hersteller von Badezimmerausstattungen im Rahmen regelmäßiger Treffen nationaler Verbände, zweitens die Festsetzung oder Koordinierung der Preise aus besonderen Anlässen wie dem Anstieg der Rohstoffkosten, der Einführung des Euro oder der Einführung einer Straßenmaut sowie drittens die Offenlegung und den Austausch sensibler Geschäftsinformationen umfasst. Außerdem stellte sie fest, dass die Preise im Badezimmerausstattungssektor in jährlichen Runden festgesetzt worden seien. In diesem Rahmen hätten die Hersteller ihre Preislisten beschlossen, die üblicherweise ein Jahr lang gegolten hätten und bei Verkäufen an Großhändler zugrunde gelegt worden seien.

13

Die vom Kartell betroffenen Produkte seien Badezimmerausstattungen, die zu einer der drei folgenden Produktuntergruppen gehört hätten: Armaturen, Duschabtrennungen und ‑zubehör sowie Sanitärkeramik (im Folgenden: drei Produktuntergruppen).

14

In Italien seien die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen im Rahmen zweier informeller Gruppierungen erfolgt. Die erste – „Euroitalia“ genannte – Gruppierung habe aus Unternehmen bestanden, die sich zwischen Juli 1992 und Oktober 2004 zwei- bis dreimal jährlich getroffen hätten. Innerhalb dieser Gruppierung, die entstanden sei, als die deutschen Hersteller in den italienischen Markt eingetreten seien, seien nicht nur über Armaturen, sondern auch über Sanitärkeramik Informationen ausgetauscht worden. Die zweite – „Michelangelo“ genannte – informelle Gruppierung habe nicht die Rechtsmittelführerin umfasst. Sie habe sich mehrfach von Ende 1995 oder Anfang 1996 bis 25. Juli 2003 getroffen. Bei diesen Treffen sei über eine breite Palette von Sanitärprodukten, insbesondere über Armaturen und Keramik, gesprochen worden.

15

Zur Beteiligung der Rechtsmittelführerin an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen stellte die Kommission im streitigen Beschluss fest, dass sich diese vom 18. Oktober 2000 bis 9. November 2004 an den rechtswidrigen Diskussionen im Rahmen von Euroitalia beteiligt habe.

16

Die Kommission stellte daher in Art. 1 Abs. 5 Nr. 15 des streitigen Beschlusses fest, dass die Rechtsmittelführerin aufgrund ihrer Beteiligung an einer fortdauernden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise in Italien vom 18. Oktober 2000 bis 9. November 2004 gegen Art. 101 AEUV verstoßen habe.

17

Die Kommission verhängte daher gegen die Rechtsmittelführerin in Art. 2 Abs. 14 des streitigen Beschlusses eine Geldbuße in Höhe von 1041531 Euro.

18

Bei der Berechnung dieser Geldbuße stützte sich die Kommission auf die Leitlinien von 2006.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

19

Mit Klageschrift, die am 7. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und trug fünf Klagegründe vor. Sie rügte mit dem ersten Klagegrund, ihr sei das Sachverhaltsschreiben nicht zugestellt worden und sie habe keine Möglichkeit gehabt, einige im streitigen Beschluss angesprochene Unterlagen über ihre Beteiligung an den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen einzusehen, mit dem zweiten Klagegrund die Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002, mit dem dritten Klagegrund Fehler bei der Feststellung ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem italienischen Markt für Armaturen, mit dem vierten Klagegrund Fehler bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Sanktion und der Höhe der Geldbuße und mit dem fünften Klagegrund einen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Höhe der ihr wegen ihrer finanziellen Lage gewährten Herabsetzung.

20

Hilfsweise beantragte die Rechtsmittelführerin die Aufhebung oder Herabsetzung der verhängten Geldbuße.

21

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen.

Anträge der Parteien

22

Die Rechtsmittelführerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

die Art. 1 und 2 des streitigen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit sie von ihnen betroffen ist;

hilfsweise, die Geldbuße auf 0,3 % ihres Umsatzes des Jahres 2003 oder jedenfalls auf einen geringeren Betrag als die verhängte Sanktion herabzusetzen;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

23

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen;

der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

24

Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Rechtsmittelführerin sieben Gründe an, darunter die fünf im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründe.

25

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, ein Argument zu Unrecht als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft und sich auf eine nicht existierende Tatsache gestützt zu haben. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügt sie die Begründung des Gerichts in Bezug auf die fehlende Zustellung des Sachverhaltsschreibens an sie. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Zurückweisung der Einrede der Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002 durch das Gericht. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund beanstandet sie die Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und die Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung an der auf diesem Markt begangenen Zuwiderhandlung. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund rügt sie, dass das angefochtene Urteil die Fehler der Kommission bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße nicht geahndet habe. Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Feststellung des Gerichts, die Kommission habe die verhängte Geldbuße hinreichend herabgesetzt. Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe ihre Beweisanträge zu Unrecht als nicht relevant angesehen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund: unzutreffende Einstufung eines Arguments als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel und Fehler bei der Tatsachenwürdigung

Vorbringen der Parteien

26

Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, in Rn. 30 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es ihr Argument, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass sie sich an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Badezimmerausstattungen beteiligt habe, obwohl sie gar keine Keramikartikel herstelle, als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft und daher als unzulässig zurückgewiesen habe.

27

Dieses Argument sei u. a. die Prämisse für den vierten Klagegrund im ersten Rechtszug gewesen, der sich auf die Kriterien für die Bemessung der gegen sie verhängten Geldbuße bezogen habe. Es sei insoweit unstreitig, dass sie nur Armaturen herstelle, wie das Gericht selbst in Rn. 4 des angefochtenen Urteils ausführe und sie mehrfach in ihrer Klageschrift erwähnt habe. Außerdem habe das Gericht, indem es dieses Argument als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft habe, ohne dass die Kommission eine entsprechende Unzulässigkeitseinrede erhoben hätte, ultra petita entschieden.

28

Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, dass sich das Gericht in Rn. 9 des angefochtenen Urteils auf die Feststellung gestützt habe, sie habe einen Kronzeugenantrag gestellt, obwohl sie einen solchen Antrag nie gestellt habe.

29

Die Kommission ist der Ansicht, dass der erste Rechtsmittelgrund in seinen beiden Teilen unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

30

Zu der dem Gericht vorgeworfenen fehlerhaften Einstufung ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts in ihrer beim Erlass des angefochtenen Urteils geltenden Fassung (im Folgenden: Verfahrensordnung des Gerichts) können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

31

Nach ständiger Rechtsprechung stellen außerdem gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts der Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe zwei wesentliche Angaben dar, die in der Klageschrift enthalten sein müssen (Urteil vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 38). Die Anträge einer solchen Klageschrift müssen eindeutig formuliert sein, damit das Gericht nicht ultra petita entscheidet oder eine Rüge übergeht (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Februar 2009, Kommission/Polen, C‑475/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:86, Rn. 43).

32

Mamoli Robinetteria hat jedoch das Argument, die Kommission habe zu Unrecht in Art. 1 Abs. 5 Nr. 15 des streitigen Beschlusses den Schluss gezogen, dass sie sich an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Badezimmerausstattungen beteiligt habe, obwohl sie gar keine Keramikartikel herstelle, in ihrer Klageschrift im ersten Rechtszug nicht vorgebracht.

33

Auch beruft sich die Rechtsmittelführerin nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind und das verspätete Vorbringen eines solches Arguments hätten rechtfertigen können. Ferner ist dieses Argument nicht als eine Erweiterung einer zuvor in der Klageschrift vorgebrachten Rüge anzusehen.

34

Das Gericht hat daher dieses Argument, das die Rechtsmittelführerin nach Einreichung der Klageschrift im Laufe des Verfahrens vorgebracht hat, in Rn. 30 des angefochtenen Urteils zu Recht als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft und aus diesem Grund zurückgewiesen.

35

Da zudem gemäß den in Rn. 31 des vorliegenden Urteils angeführten Zielen die Zulässigkeitsvoraussetzungen in Bezug auf den Streitgegenstand und die kurze Darstellung der vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und das entsprechende in Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehene Verbot des Vorbringens neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens zwingendes Recht sind, kann dem Gericht nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass es die Einrede der Unzulässigkeit wegen Verstoßes gegen diese Vorgaben von Amts wegen geprüft hat.

36

Demnach ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

37

Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht aus der rein tatsächlichen Feststellung in Rn. 9 des angefochtenen Urteils, die Rechtsmittelführerin habe einen Kronzeugenantrag gestellt, die im Rahmen der Darstellung der Vorgeschichte des Rechtsstreits erfolgt ist und von der Rechtsmittelführerin als unzutreffend angesehen wird, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht irgendwelche Schlüsse gezogen hat.

38

Diese Rüge ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 46 und 47).

39

Somit ist der erste Rechtsmittelgrund als teils ins Leere gehend und teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: fehlende Zustellung eines Sachverhaltsschreibens an die Rechtsmittelführerin

Vorbringen der Parteien

40

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dass es ihre Rüge, ihr sei im Gegensatz zu den anderen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen ein Sachverhaltsschreiben nicht von der Kommission zugestellt worden, als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückgewiesen hat. Ein solches Versäumnis stelle nämlich eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar. Entgegen den Erwägungen des Gerichts in Rn. 38 des angefochtenen Urteils, mit denen das Vorbringen zu diesem Versäumnis als ins Leere gehend zurückgewiesen worden sei, sei die Kenntnis von den tatsächlichen Umständen für die Erarbeitung einer Verteidigungsstrategie unstreitig notwendigerweise hilfreich.

41

Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

42

Aus Art. 256 Abs. 1 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung begehrt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig (Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Ein Rechtsmittel ist auch dann unzulässig, wenn es sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen, ohne überhaupt eine Argumentation zu enthalten, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem das Urteil des Gerichts behaftet sein soll. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:351, Rn. 26).

44

Die Rechtsmittelführerin beschränkt sich jedoch darauf, die im ersten Rechtszug vor dem Gericht erhobene Rüge der fehlenden Zustellung eines Sachverhaltsschreibens unverändert wiederzugeben und allgemeine Erwägungen anzustellen, ohne darzutun, dass sich diese speziell auf den vorliegenden Fall bezögen, und ohne den Rechtsfehler genau zu bezeichnen, der dem Gericht im angefochtenen Urteil unterlaufen sein soll.

45

Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund: Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002

Vorbringen der Parteien

46

Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin zunächst, das Gericht habe die Einrede der Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002 zurückgewiesen, obwohl eine Kronzeugenregelung wie die in dieser Mitteilung vorgesehene zwangsläufig vom für den Wettbewerb zuständigen Gesetzgeber der Europäischen Union hätte eingeführt und geregelt werden müssen, damit sie unmittelbar angewandt werden könne und unmittelbare Wirkung entfalte.

47

Des Weiteren macht sie geltend, dass das Gericht in den Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass sich die Zuständigkeit der Kommission für den Erlass und die Ausgestaltung einer Kronzeugenregelung aus Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [101] und [102 AEUV] (ABl. 1962, P 13, S. 204), jetzt Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, ergebe. Keine vom für den Wettbewerb zuständigen Unionsgesetzgeber erlassene unmittelbar anwendbare Bestimmung verleihe der Kommission die Befugnis, allein deshalb davon abzusehen, gegen ein Unternehmen, das einen Wettbewerbsverstoß begangen habe, eine Sanktion zu verhängen, weil dieses Unternehmen diesen Verstoß zugegeben habe. Im Gegenteil sei den Art. 101 und 103 AEUV zu entnehmen, dass ein solcher Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union die Verhängung einer Sanktion nach sich ziehen müsse.

48

Schließlich wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Feststellung des Gerichts in Rn. 57 des angefochtenen Urteils, dass der Erlass von Mitteilungen über Zusammenarbeit durch die Kommission nicht den Grundsatz der Gewaltenteilung verletze, sowie gegen die Zurückweisung ihres Vorbringens, in den Mitgliedstaaten der Union seien die Kronzeugenregelungen auf der Grundlage von Gesetzgebungsakten ergangen.

49

Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

50

Zunächst ist zu der Rüge, die Kommission sei für den Erlass einer Kronzeugenregelung nicht zuständig, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin keinen Rechtsfehler konkret benennt, der im angefochtenen Urteil begangen worden sein soll. Diese Rüge ist daher nach der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen.

51

Des Weiteren ist zu der Rüge, mit der die Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils beanstandet werden und wonach das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Kommission zum Erlass der Kronzeugenregelung von 2002 nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17, jetzt Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, befugt gewesen sei, erstens festzustellen, dass der Gerichtshof mehrfach anerkannt hat, dass die Kommission Verhaltensnormen mit Hinweischarakter wie die in der Kronzeugenregelung von 2002 enthaltenen erlassen kann, mit denen sie selbst die Ausübung des Ermessens beschränkt, das ihr von diesen Bestimmungen eingeräumt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 209, 211, 213 und 250, und vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 58 und 67 bis 69).

52

Zweitens schließt es Art. 101 AEUV nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht aus, dass die Kommission in Ausübung ihrer Befugnisse im Bereich des Wettbewerbsrechts eine Zuwiderhandlung feststellen kann, ohne eine Geldbuße zu verhängen, jedoch kann eine solche Behandlung nur unter ganz besonderen Umständen gewährt werden, z. B., wenn die Zusammenarbeit eines Unternehmens für die Aufdeckung und wirksame Ahndung des Kartells von entscheidender Bedeutung war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2013, Schenker & Co. u. a., C‑681/11, EU:C:2013:404, Rn. 48 und 49).

53

Drittens sind Kronzeugenregelungen nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung nützliche Instrumente, um Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht effizient aufzudecken und zu beenden, und dienen damit der wirksamen Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV (vgl. u. a. Urteile vom 14. Juni 2011, Pfleiderer, C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 25, und vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a., C‑536/11, EU:C:2013:366, Rn. 42).

54

Folglich ist dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen, als es in den Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission die Kronzeugenregelung von 2002 gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung habe erlassen können.

55

Schließlich ist die Rüge, die sich gegen Rn. 57 des angefochtenen Urteils richtet und wonach der Erlass der Kronzeugenregelung von 2002 durch die Kommission gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoße, aus den Gründen, die in den Rn. 51 bis 54 des vorliegenden Urteils angeführt sind, zurückzuweisen, da diese Rüge im Wesentlichen auf der Prämisse beruht, dass die Kommission für diesen Erlass über keine geeignete Rechtsgrundlage verfügte.

56

Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum vierten Rechtsmittelgrund: Fehler, die sich daraus ergeben, dass der Rechtsmittelführerin unter Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Beteiligung an einem Kartell zur Last gelegt wird

Vorbringen der Parteien

57

Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, ihr Vorbringen zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und zur Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise zu Unrecht zurückgewiesen zu haben und daher die Fehler nicht geahndet zu haben, die von der Kommission dadurch begangen worden seien, dass sie ihr unter Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Beteiligung an dem betreffenden Kartell zur Last gelegt habe.

58

Erstens habe das Gericht zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen in den Rn. 61 bis 133 des angefochtenen Urteils u. a. ausgeführt, dass die Struktur dieses Marktes nicht entscheidungserheblich sei und sich die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung allein daraus ergebe, dass sie an den Treffen von Euroitalia teilgenommen habe, obwohl diese Marktstruktur, die durch eine große Zahl von Herstellern und Großhändlern gekennzeichnet sei, zeige, dass es unmöglich sei, in Italien auf diesem Markt ein Kartell zu bilden. Darüber hinaus habe das Gericht dieses Argument in den Rn. 65 bis 72 des angefochtenen Urteils so oberflächlich geprüft, indem es sich auf einige grundsätzliche Anmerkungen beschränkt habe, dass die Begründung des angefochtenen Urteils lückenhaft sei.

59

Zweitens habe das Gericht hinsichtlich der Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung auf dem italienischen Markt für Armaturen entweder ihr Vorbringen u. a. zur besonderen Rolle von American Standard Inc. auf dem italienischen Markt und zu ihrer Teilnahme an verschiedenen Treffen nicht geprüft, oder es zu Unrecht als unbegründet oder, wie in Rn. 132 des angefochtenen Urteils, als ins Leere gehend zurückgewiesen. Insbesondere sei die Feststellung des Gerichts fehlerhaft, ihr Vertreter, Herr Costagli, sei bei dem Treffen am 1. Februar 2001 anwesend gewesen, obwohl nachgewiesen worden sei, dass er nicht daran teilgenommen habe. Außerdem habe das Gericht in Rn. 106 des angefochtenen Urteils das Vorbringen, die bei den Treffen von Euroitalia gewonnenen Beweisstücke seien nicht verlässlich, zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, aus den maschinengeschriebenen Aufzeichnungen der Grohe Beteiligungs GmbH ergebe sich, dass die RAF Rubinetteria SpA eine Erhöhung der Preise um 3 % geplant habe.

60

Nach Ansicht der Kommission ist der vierte Rechtsmittelgrund, da er in Wirklichkeit auf eine erneute Tatsachenwürdigung abziele, unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

61

Mit den beiden Teilen des vierten Klagegrundes nimmt die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen ihren dritten Klagegrund im ersten Rechtszug wieder auf, der sich auf die Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und die Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf diesem Markt begangenen Zuwiderhandlung bezieht.

62

Somit begehrt die Rechtsmittelführerin mit dem vierten Rechtsmittelgrund eine erneute Prüfung der vor dem Gericht eingereichten Klageschrift, was, wie in Rn. 43 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt.

63

Insbesondere soll mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, soweit mit ihm die Beurteilung der Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf dem italienischen Markt für Armaturen begangenen Zuwiderhandlung durch das Gericht beanstandet wird, eine erneute Tatsachen- und Beweiswürdigung erreicht werden, die nach ständiger Rechtsprechung außer im Fall einer – vorliegend nicht geltend gemachten – Verfälschung ebenfalls nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. u. a. Urteile vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission, C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 40, und vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64

Demnach ist der vierte Rechtsmittelgrund, soweit damit die Rn. 61 bis 133 des angefochtenen Urteils beanstandet werden, weil dort das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und zur Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf diesem Markt begangenen Zuwiderhandlung zurückgewiesen werde, als unzulässig zurückzuweisen.

65

Hingegen ist zu der Rüge, die Prüfung des Gerichts sei lückenhaft und unzureichend und es bestehe daher ein Begründungsmangel, darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts ausreicht, eine Rechtsfrage ist, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann (vgl. u. a. Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 123).

66

Nach gefestigter Rechtsprechung verlangt die Begründungspflicht vom Gericht insoweit jedoch nicht, dass es bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung kann demnach implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit er seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 42, und vom 22. Mai 2014, Armando Álvarez/Kommission, C‑36/12 P, EU:C:2014:349, Rn. 31).

67

Im vorliegenden Fall hat das Gericht erstens, nachdem es in den Rn. 64 bis 71 des angefochtenen Urteils die Tatbestandsmerkmale einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs angeführt hatte, zum Vorbringen im ersten Rechtszug zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen in Rn. 72 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass die Kommission zu Recht habe annehmen dürfen, dass die Rechtsmittelführerin an einem Austausch von Informationen über zukünftige Preissteigerungen beteiligt gewesen sei, der einen wettbewerbswidrigen Zweck und eine wettbewerbswidrige Wirkung gehabt habe und somit eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung darstelle.

68

Das Gericht durfte insoweit in Rn. 74 des angefochtenen Urteils, ohne das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur besonderen Struktur des italienischen Marktes für Armaturen inhaltlich geprüft zu haben, dieses berechtigterweise als ins Leere gehend zurückweisen, da es die Feststellung, dass der betreffende Informationsaustausch einen wettbewerbswidrigen Zweck und eine wettbewerbswidrige Wirkung gehabt habe, nicht entkräften konnte.

69

Was, zweitens, die Erwägungen des Gerichts zur Glaubhaftigkeit und Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf dem genannten Markt begangenen Zuwiderhandlung betrifft, ist den Rn. 76 bis 126 des angefochtenen Urteils zu entnehmen, dass das Gericht die verschiedenen von der Rechtsmittelführerin hierzu, insbesondere zu ihrer Beteiligung an verschiedenen Treffen von Euroitalia, vorgebrachten Argumente umfassend und eingehend geprüft hat. Daher kann dem Gericht in Übereinstimmung mit der in Rn. 66 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht vorgeworfen werden, sich nicht ausdrücklich zu jeder Tatsachenbehauptung der Rechtsmittelführerin oder zu jedem von ihr vorgelegten Beweisstück geäußert zu haben.

70

Deshalb ist der auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

71

Nach alledem ist der vierte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum fünften Rechtsmittelgrund: Fehler bei der Festsetzung der Geldbuße

Vorbringen der Parteien

72

Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, die Ermittlung der verhängten Geldbuße, wie sie von der Kommission im streitigen Beschluss vorgenommen worden sei, fehlerhaft geprüft zu haben.

73

Erstens erhebt sie den Vorwurf, das Gericht habe ihre Rüge, die auf der Grundlage der Leitlinien von 2006 und der in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze festgesetzte Höhe der verhängten Geldbuße von 10 % des Umsatzes sei diskriminierend, in den Rn. 137 und 158 des angefochtenen Urteils unter nur oberflächlicher Betrachtung ihres Vorbringens zurückgewiesen.

74

Zweitens trägt die Rechtsmittelführerin die Argumente erneut vor, mit denen sie die verhängte Sanktion beanstandet. Diese habe sie bereits im ersten Rechtszug vorgebracht, sie seien aber vom Gericht nicht mit hinreichender Aufmerksamkeit geprüft worden.

75

Insoweit macht die Rechtsmittelführerin u. a. als Erstes geltend, dass die Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 wegen der Beweislastumkehr zu einem Verstoß gegen Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geführt habe. Als Zweites rügt sie, dass die Anwendung dieser Mitteilung das Recht auf ein faires Verfahren verletze, das in den Art. 6 und 7 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sei. Als Drittes wirft sie dem Gericht vor, sich auf die Feststellung in Rn. 155 des angefochtenen Urteils beschränkt zu haben, dass eine Sanktion rechtmäßig sei, wenn der Einzelne erkennen könne, welche Handlungen und Unterlassungen seine Verantwortung begründeten, ohne auf die im ersten Rechtszug vorgebrachte Rüge einzugehen, dass die im Wettbewerbsrecht geltende Regelung für die Festsetzung von Sanktionen nicht mit der EMRK vereinbar sei, insbesondere nicht mit ihrem Art. 7, der verlange, dass die Zuwiderhandlungen und die Strafen klar definiert würden. Als Viertes rügt die Rechtsmittelführerin die Feststellung des Gerichts in Rn. 169 des angefochtenen Urteils, sie habe vor ihm nur einen Fehler der Kommission bei der Tatsachenwürdigung hinsichtlich der Festsetzung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % und nicht hinsichtlich der Festsetzung des Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung auf dieselbe Höhe geltend gemacht. Als Fünftes beruft sich die Rechtsmittelführerin auf die Rechtswidrigkeit der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen Kriterien, deren Berücksichtigung durch die Kommission bei der Bemessung aller Sanktionen wegen der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen Obergrenze dazu führe, dass die verhängte Geldbuße systematisch 10 % des Umsatzes betrage. Das Gericht habe diese Rechtswidrigkeitseinrede jedoch überhaupt nicht geprüft und sich auf den Hinweis in Rn. 158 des angefochtenen Urteils beschränkt, dass gegen die Rechtsmittelführerin keine Sanktion in Höhe von 10 % des Umsatzes verhängt worden sei. Als Sechstes trägt die Rechtsmittelführerin vor, die Kommission und dann das Gericht hätten, wie sich aus den Rn. 165 und 166 des angefochtenen Urteils ergebe, die Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und den Zusatzbetrag auf der Grundlage der falschen Prämisse festgesetzt, dass die Rechtsmittelführerin an einer einheitlichen Zuwiderhandlung bezüglich aller untersuchten Produktgruppen in sechs Mitgliedstaaten mit einem Marktanteil von etwa 54,3 % in jedem dieser Mitgliedstaaten durch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, zu denen es in der Regel gekommen sei, beteiligt gewesen sei. Als Siebtes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht, obwohl es entschieden habe, dass der Beschluss der Kommission einen Beurteilungsfehler aufweise, in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils daraus keinerlei Konsequenzen gezogen habe. Damit habe es gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen.

76

Die Kommission hält den fünften Rechtsmittelgrund sowohl für unzulässig als auch für unbegründet. Entgegen den Erwägungen des Gerichts in Rn. 171 des angefochtenen Urteils sei jedoch die Schwere einer Zuwiderhandlung nicht zwangsläufig anders zu bewerten, je nachdem, ob das Kartell zwei oder drei Arten von Produkten oder nur einen oder sechs Mitgliedstaaten betreffe. Wie sie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, sei sie der Auffassung, dass das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit zu Recht zurückgewiesen habe, sie ersuche den Gerichtshof aber dennoch im Wesentlichen um eine Ersetzung der Begründung hinsichtlich dieses Teils der Argumentation des Gerichts.

Würdigung durch den Gerichtshof

77

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus der in den Rn. 42 und 43 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung ergibt, ein Rechtsmittelgrund für unzulässig zu erklären ist, der entweder nicht hinreichend genau vorgetragen und nicht hinreichend substantiiert wird, damit der Gerichtshof seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben kann, oder die bereits vor dem Gericht vorgetragenen Argumente einschließlich derjenigen, die auf vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, lediglich wiederholt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:351, Rn. 26, sowie vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 44).

78

Daher sind die im Rahmen des fünften Rechtsmittelgrundes vorgetragenen Argumente, die nicht mit hinreichender Genauigkeit den Rechtsfehler, den das Gericht begangen haben soll, bezeichnen und aus allgemeinen und nicht substantiierten Ausführungen bestehen oder nur, wie die Rechtsmittelführerin selbst ausgeführt hat, ihr Vorbringen im ersten Rechtszug aufgreifen, als unzulässig zurückzuweisen.

79

Zur Prüfung durch den Gerichtshof eignet sich somit nur das auf folgende Rügen gestützte Vorbringen: erstens Fehler des Gerichts in den Rn. 137 und 158 des angefochtenen Urteils in Bezug auf den diskriminierenden und unverhältnismäßigen Charakter der Anwendung einer Sanktion in Höhe von 10 % des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, zweitens unzureichende Begründung u. a. in Rn. 155 des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Regelung für die Festsetzung von Sanktionen, drittens Rechtsfehler bei der Beurteilung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und für den Zusatzbetrag in den Rn. 165 und 166 des angefochtenen Urteils und viertens, das Gericht habe in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils keine Konsequenzen aus den von ihm festgestellten Beurteilungsfehlern der Kommission gezogen und gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen.

80

Zunächst ist zu der Rüge, das Gericht habe durch die Verhängung einer Sanktion in Höhe von 10 % des Umsatzes, wie sie in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sei, gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, darauf hinzuweisen, dass sich das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht auf die Feststellung beschränkt hat, dass die gegen sie verhängte Geldbuße deutlich unterhalb dieser Obergrenze liege.

81

Das Gericht hat nämlich in Rn. 158 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen auch ausgeführt, dass jedenfalls der Umstand, dass das Verhalten anderer Unternehmen noch verwerflicher gewesen sei als das der Rechtsmittelführerin, nicht daran hindere, unter Berücksichtigung der Dauer und der Schwere ihrer eigenen Beteiligung an der Zuwiderhandlung gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 10 % ihres Umsatzes zu verhängen, und dass aus dem gleichen Grund das Vorbringen zurückzuweisen sei, die Leitlinien von 2006 seien rechtswidrig, weil sie dazu führten, dass eine solche Geldbuße auf alle Unternehmen angewandt werde, unabhängig von der Schwere der begangenen Zuwiderhandlung.

82

Mit diesen Ausführungen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen.

83

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs durch die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes die Verhängung von Geldbußen verhindert werden soll, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 280, und vom 12. Juli 2012, Cetarsa/Kommission, C‑181/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:455, Rn. 82).

84

Es handelt sich somit um eine einheitlich für alle Unternehmen geltende und von deren Größe abhängige Obergrenze, die überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll. Sie dient folglich einem gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesonderten und eigenständigen Zweck (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 281 und 282, und vom 12. Juli 2012, Cetarsa/Kommission, C‑181/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:455, Rn. 83).

85

Folglich kann es keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung darstellen, wenn für alle mit einer Sanktion belegten Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung beteiligt waren, Geldbußen auf 10 % ihres jeweiligen Umsatzes festgesetzt werden, da dies nur Folge der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze ist.

86

Ebenso kann der Umstand, dass die tatsächliche Anwendung der Leitlinien von 2006 durch die Kommission, wie die Rechtsmittelführerin vorträgt, oft oder regelmäßig darauf hinausläuft, dass die verhängte Geldbuße 10 % des Umsatzes beträgt, in Anbetracht des mit dieser Obergrenze verfolgten Ziels die Rechtmäßigkeit der Anwendung dieser Obergrenze nicht in Frage stellen.

87

Demnach ist das erste Argument der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen.

88

Als Nächstes genügt zu der Rüge, das angefochtene Urteil, insbesondere Rn. 155, sei in Bezug auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Regelung für die Festsetzung von Sanktionen unzureichend begründet, der Hinweis, dass das Gericht in den Rn. 152 bis 155 des angefochtenen Urteils in Übereinstimmung mit der in den Rn. 65 und 66 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zur Begründungspflicht die Rüge der Rechtsmittelführerin, es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafe vor, rechtlich hinreichend geprüft hat.

89

Soweit die Rechtsmittelführerin zudem die Prämissen für die von der Kommission und dann vom Gericht in den Rn. 165 und 166 des angefochtenen Urteils angeführte Begründung für die Festsetzung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und für den Zusatzbetrag auf 15 % beanstandet, zielt sie in Wirklichkeit darauf ab, die Tatsachenwürdigung in Frage zu stellen, was gemäß der in Rn. 63 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittels entscheidet.

90

Schließlich ist zu der Rüge, das Gericht habe in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils aus dem in Rn. 172 des angefochtenen Urteils festgestellten Fehler bei der Tatsachenwürdigung hinsichtlich der von der Zuwiderhandlung erfassten Mitgliedstaaten und Produktuntergruppen keinerlei Konsequenzen in Form einer Herabsetzung der Geldbuße gezogen, zunächst darauf hinzuweisen, dass allein das Gericht für die Überprüfung der Art und Weise zuständig ist, in der die Kommission im konkreten Fall die Schwere der rechtswidrigen Verhaltensweisen beurteilt hat. Im Rechtsmittelverfahren erstreckt sich die Kontrolle durch den Gerichtshof zum einen darauf, inwieweit das Gericht rechtlich korrekt alle Faktoren berücksichtigt hat, die für die Beurteilung der Schwere eines bestimmten Verhaltens anhand von Art. 101 AEUV und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 von Bedeutung sind, und zum anderen darauf, ob das Gericht auf alle zur Stützung des Antrags auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist (vgl. u. a. Urteile vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 128, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 244, und vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:802, Rn. 74).

91

Dagegen ist es nicht Sache des Gerichtshofs, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 245, und vom 11. Juli 2013, Gosselin Group/Kommission, C‑429/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:463, Rn. 87).

92

Zudem sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlung sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung ihrer Schwere eine Rolle spielen (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 240, und vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 98).

93

Zu den Faktoren, die bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen berücksichtigt werden können, gehören das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Errichtung des Kartells gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus ihm ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Europäischen Union bedeuten (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 242, und vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 100).

94

Im vorliegenden Fall bezog sich der sechste Klagegrund, den die Rechtsmittelführerin im ersten Rechtszug geltend gemacht hatte und der in den Rn. 159 bis 177 des angefochtenen Urteils geprüft wurde, nur auf einen Beurteilungsfehler der Kommission bei der Festsetzung des in Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 vorgesehenen Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % und nicht auf einen Fehler bei der Festsetzung des Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung, wie sich im Wesentlichen aus den Rn. 159, 160 und 169 des angefochtenen Urteils ergibt.

95

Nach einem Hinweis darauf, dass sich die Beteiligung der Rechtsmittelführerin nach den eigenen Feststellungen der Kommission im 879. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses auf Italien und die Produktuntergruppen „Armaturen“ und „Keramikartikel“ beschränkt habe, hat das Gericht in Rn. 172 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Kommission durch die unzutreffende Annahme, alle Unternehmen, die Adressaten des streitigen Beschlusses gewesen seien, darunter die Rechtsmittelführerin, seien an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen, die sich auf sechs Mitgliedstaaten und die drei Produktuntergruppen erstreckt habe, ein Beurteilungsfehler unterlaufen sei.

96

Wie sich u. a. aus den Rn. 171 und 193 bis 196 des angefochtenen Urteils ergibt, war das Gericht jedoch der Auffassung, dass ein Koeffizient für den Zusatzbetrag von 15 % für diese Zuwiderhandlung nicht unverhältnismäßig sei.

97

Das Gericht durfte, als es im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in den Rn. 189 bis 199 des angefochtenen Urteils darüber entschieden hat, welche Konsequenzen aus dem sechsten Teil des vierten Klagegrundes für die Festsetzung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag zu ziehen seien, nachdem es in Rn. 192 des angefochtenen Urteils festgestellt hatte, dass von den Leitlinien von 2006 auszugehen sei, zu Recht annehmen, dass ein Koeffizient für den Zusatzbetrag von 15 % angemessen sei, um die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der Umsetzung des Kartells nur in Italien zu ahnden.

98

Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass das betreffende Kartell, das eine Preisabsprache zum Gegenstand hatte, zu der in den Ziff. 23 und 25 der Leitlinien von 2006 genannten Kategorie von Zuwiderhandlungen und somit zu den schwerwiegendsten Verstößen gehört. Zum anderen entspricht ein solcher Satz, wie das Gericht in Rn. 171 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, der Untergrenze der in Ziff. 25 für solche Zuwiderhandlungen vorgesehenen Spanne von 15 % bis 25 % des Umsatzes (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 124).

99

Folglich durfte das Gericht, ungeachtet des Umstands, dass sich die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der betreffenden Zuwiderhandlung nur auf Italien erstreckte, allein wegen der Art dieser Zuwiderhandlung und ohne gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, die Festsetzung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % für angemessen halten.

100

Die Ausführungen in den Rn. 174, 176, 194 und 195 des angefochtenen Urteils, eine Zuwiderhandlung, die sich auf sechs Mitgliedstaaten und drei Produktuntergruppen erstrecke, sei als schwerwiegender anzusehen als eine Zuwiderhandlung wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende, die nur in einem Mitgliedstaat begangen worden sei und sich auf zwei der drei Produktuntergruppen beschränke, weshalb gegen die Unternehmen, die sich an einer auf sechs Mitgliedstaaten und die drei Produktuntergruppen erstreckenden Zuwiderhandlung beteiligt hätten, allein deshalb eine Geldbuße, die auf der Grundlage eines über 15 % hinausgehenden Koeffizienten für den Zusatzbetrag berechnet werde, verhängt werden müsse, sind jedoch, wie die Kommission im Wesentlichen vorträgt, mit einem Rechtsfehler behaftet.

101

In Bezug auf die Ermittlung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag geht nämlich aus Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 hervor, dass eine Reihe von Faktoren, insbesondere die in Ziff. 22 der Leitlinien genannten, zu berücksichtigen sind. Zur Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung und in der Folge der Festsetzung des Betrags der zu verhängenden Geldbuße kann zwar u. a. der Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die Zahl der von ihr betroffenen Produktuntergruppen berücksichtigt werden, doch kann der Umstand, dass eine Zuwiderhandlung eine größere räumliche Ausdehnung hat und sich auf mehr Produkte erstreckt als eine andere, für sich genommen nicht zwangsläufig bedeuten, dass die erstgenannte Zuwiderhandlung insgesamt betrachtet und insbesondere im Hinblick auf ihre Art als schwerwiegender einzustufen ist als die letztgenannte und daher die Festsetzung eines höheren Koeffizienten für den Zusatzbetrag rechtfertigt als desjenigen, der der Berechnung der Geldbuße zugrunde liegt, mit der die letztgenannte Zuwiderhandlung geahndet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 178).

102

Soweit die Rechtsmittelführerin der Kommission und dann dem Gericht im Wesentlichen vorwirft, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen zu haben, indem sie die verhängte Geldbuße erstens nicht an die Schwere ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung im Vergleich zu den übrigen Unternehmen angepasst hätten und zweitens in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils für sie wie für die Unternehmen, die an der sich auf drei Produktuntergruppen in sechs Mitgliedstaaten erstreckenden einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, den gleichen Koeffizienten für den Zusatzbetrag von 15 % zugrunde gelegt zu haben, ist indessen darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung ein allgemeiner, in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerter Grundsatz des Unionsrechts ist. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt er, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. u. a. Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 51).

103

Das Gericht hat diesen Grundsatz insbesondere bei der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu beachten. Die Ausübung einer solchen Befugnis darf nämlich nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Festsetzung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 77).

104

Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, muss für die Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung die Berücksichtigung von Unterschieden zwischen den an demselben Kartell beteiligten Unternehmen, u. a. was die räumliche Ausdehnung ihrer jeweiligen Beteiligung betrifft, jedoch nicht zwangsläufig bei der Ermittlung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und für den Zusatzbetrag erfolgen, sondern kann auch in einem anderen Stadium der Berechnung der Geldbuße stattfinden, etwa bei der Anpassung des Grundbetrags anhand mildernder und erschwerender Umstände gemäß den Ziff. 28 und 29 der Leitlinien von 2006 (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 104 und 105, und vom 11. Juli 2013, Gosselin Group/Kommission, C‑429/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:463, Rn. 96 bis 100).

105

Wie die Kommission ausgeführt hat, können sich solche Unterschiede auch in den zur Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße herangezogenen Umsatzzahlen niederschlagen, da diese Zahlen nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 für jedes beteiligte Unternehmen den Umfang seiner Beteiligung an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung widerspiegeln; diese Bestimmung erlaubt es, als Ausgangspunkt für die Berechnung der Geldbußen einen Betrag heranzuziehen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht widerspiegelt, das dem Unternehmen dabei zukam (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76).

106

Folglich konnte das Gericht, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen, in Rn. 196 des angefochtenen Urteils für die Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerin zu verhängenden Geldbuße den Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % festsetzen, denn wie dem 1219. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses zu entnehmen ist, wurde der Grundbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße unstreitig anhand ihrer Umsätze in Italien ermittelt. Dieser Koeffizient entspricht dem auf die Unternehmen angewandten, die an der sich auf drei Produktuntergruppen und sechs Mitgliedstaaten erstreckenden einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt waren.

107

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen, aus denen sich ergibt, dass die Begründung des Gerichts in den Rn. 174, 176 und 192 bis 195 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft ist, ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juni 1992, Lestelle/Kommission, C‑30/91 P, EU:C:1992:252, Rn. 28, und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 187 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108

Daher ist die Rüge, das Gericht habe aus den Feststellungen in Rn. 172 des angefochtenen Urteils keinerlei Konsequenzen gezogen und gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, unter Ersetzung von Entscheidungsgründen zurückzuweisen.

109

Nach alledem ist der fünfte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Fehler bei der Beurteilung der fehlenden Leistungsfähigkeit der Rechtsmittelführerin

Vorbringen der Parteien

110

Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht im Wesentlichen vor, zu Unrecht angenommen zu haben, dass die Kommission die gegen sie verhängte Geldbuße in Umsetzung der Ziff. 35 der Leitlinien von 2006 hinreichend herabgesetzt habe. Sie beanstandet, das Gericht habe den Klagegrund einer Unangemessenheit der verhängten Geldbuße in den Rn. 182 und 198 des angefochtenen Urteils mit der Begründung zurückgewiesen, sie habe eine solche Unangemessenheit nicht nachgewiesen, obwohl sie ausreichend Beweise vorgelegt habe, die den Ernst ihrer Lage belegen könnten. Darüber hinaus habe das Gericht diese Beweise und die tatsächliche Lage der Rechtsmittelführerin nicht ordnungsgemäß gewürdigt.

111

Eine sorgfältige Beurteilung ihrer Lage führe zwangsläufig zu der Feststellung, dass die gegen sie verhängte Geldbuße nicht hinreichend herabgesetzt worden sei. Hier seien u. a. der drastische Rückgang ihrer Umsätze in den Jahren 2011 bis 2013, die Reduzierung ihres Personals im Jahr 2013 und ihre Bilanzprognose für 2013 zu nennen.

112

Die Kommission beruft sich auf die Unzulässigkeit des sechsten Rechtsmittelgrundes, der zudem auch offensichtlich unbegründet sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

113

Soweit die Rechtsmittelführerin mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund die Würdigung der Beweise für ihre Leistungsfähigkeit durch das Gericht beanstandet und geltend macht, dass die Herabsetzung, die ihr gemäß Ziff. 35 des Leitlinien von 2006 gewährt worden sei, nicht ausreiche, ersucht sie den Gerichtshof um eine neue Tatsachen- und Beweiswürdigung, die aber, wie in Rn. 63 des vorliegenden Urteils ausgeführt, solange keine Verfälschung von Beweisen vorliegt, nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittels entscheidet.

114

Daher ist der sechste Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen.

Zum siebten Rechtsmittelgrund: Behandlung der Beweisanträge

Vorbringen der Parteien

115

Mit dem siebten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe die im ersten Rechtszug gestellten Beweisanträge mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie unerheblich seien, und im Einzelnen in Rn. 201 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass eine Beweisaufnahme nichts an der Feststellung ändern könne, dass der Austausch sensibler Geschäftsinformationen in Italien im Rahmen von Euroitalia, insbesondere solcher über zukünftige Preissteigerungen zwischen Wettbewerbern, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV darstellten. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin hätten diese Beweisanträge es aber ermöglicht, die tatsächliche Situation auf dem italienischen Markt zu klären und zu belegen, dass die betreffenden Informationen nicht vertraulich gewesen seien.

116

Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

117

Was die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Würdigung von Anträgen einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme betrifft, so hat allein das Gericht darüber zu befinden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen (vgl. Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 67, sowie vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 77). Ob Verfahrensunterlagen beweiskräftig sind, unterliegt seiner freien Würdigung des Sachverhalts, die der Überprüfung durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren entzogen ist, sofern nicht dem Gericht vorgelegte Beweise verfälscht worden sind oder sich die Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Gerichts aus den Akten ergibt (vgl. u. a. Urteil vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, EU:C:2004:592, Rn. 76).

118

So ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs selbst dann, wenn ein in der Klageschrift enthaltener Antrag auf Vernehmung von Zeugen die Tatsachen genau bezeichnet, die Gegenstand der Vernehmung des oder der Zeugen sein sollen, und die ihre Vernehmung rechtfertigenden Gründe genau angibt, Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der benannten Zeugen zu beurteilen (Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 70, Beschluss vom 15. September 2005, Marlines/Kommission, C‑112/04 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2005:554, Rn. 38, und Urteil vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 78).

119

Demnach durfte das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zur freien Würdigung des Sachverhalts in Rn. 201 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgehen, dass die von der Rechtsmittelführerin beantragten Zeugenvernehmungen nichts an der Feststellung in Rn. 129 des angefochtenen Urteils hätten ändern können, dass der Austausch sensibler Geschäftsinformationen in Italien im Rahmen von Euroitalia eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV darstellte und somit die von der Rechtsmittelführerin beantragte Beweisaufnahme nicht erforderlich war.

120

Folglich ist der siebte Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen.

121

Da keiner der Rechtsmittelgründe der Rechtsmittelführerin durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

122

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet er über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

123

Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die durch das vorliegende Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Mamoli Robinetteria SpA trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) * Verfahrenssprache: Italienisch.

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