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Document 62013CC0026

Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 12. Februar 2014.
Árpád Kásler und Hajnalka Káslerné Rábai gegen OTP Jelzálogbank Zrt.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Kúria - Ungarn.
Richtlinie 93/13/CEE - Clauses abusives dans les contrats conclus entre un professionnel et un "Richtlinie 93/13/EWG - Missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern - Art. 4 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 - Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln - Ausschluss von Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrags oder die Angemessenheit des Preises oder des Entgelts betreffen, sofern sie klar und verständlich abgefasst sind - Verbraucherdarlehensverträge, die auf eine ausländische Währung lauten - Klauseln in Bezug auf den Wechselkurs - Unterschied zwischen dem bei der Auszahlung des Darlehens anwendbaren Ankaufskurs und dem bei dessen Rückzahlung anwendbaren Verkaufskurs - Befugnisse des nationalen Richters beim Vorliegen einer als missbräuchlich eingestuften Klausel - Ersetzung der missbräuchlichen Klausel durch eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts - Zulässigkeit.
Rechtssache C-26/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:85

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 12. Februar 2014 ( 1 )

Rechtssache C‑26/13

Árpád Kásler,

Hajnalka Káslerné Rábai

gegen

OTP Jelzálogbank Zrt

(Vorabentscheidungsersuchen der Kúria [Ungarn])

„Richtlinie 93/13/EWG — Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen — Art. 4 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 — Klauseln, die der Beurteilung der Missbräuchlichkeit unterliegen — Den Hauptgegenstand oder die Angemessenheit des Preises betreffende Vertragsklauseln, die klar und verständlich abgefasst sind — Darlehensverträge, die auf eine ausländische Währung lauten — Unterschied zwischen dem An- und Verkaufspreis der ausländischen Währung — Befugnisse des nationalen Richters beim Vorliegen einer als missbräuchlich beurteilten Klausel“

1. 

Der vorliegende Rechtsstreit steht in Zusammenhang mit dem Angebot von Verbraucherkreditverträgen, die auf ausländische Währungen lauten. Die Wahl dieser Art von Verträgen, die in bestimmten Ländern der Europäischen Union eine geläufige Praxis darstellt und die auf den ersten Blick Kreditnehmern wegen des Zinssatzes, der im Vergleich zu dem allgemein geltenden Zinssatz niedriger ist, attraktiv erscheinen kann, hat sich in der Folge der internationalen Finanzkrise gegen Ende der 2000er Jahre für zahlreiche Privatpersonen wegen des starken Wertverlusts bestimmter Währungen im Verhältnis zur gewählten ausländischen Währung (insbesondere des Schweizer Frankens) als problematisch erwiesen. Diese Privatpersonen waren nun verpflichtet, auf die einheimische Währung lautende Monatsraten zu leisten, die erheblich höher waren als die Raten, die sie hätten leisten müssen, wenn diese auf der Basis des vormaligen, zum Zeitpunkt der Darlehensauszahlung geltenden Wechselkurses berechnet worden wären. Diese enttäuschten Erwartungen hatten mittelbar zur Folge, dass der Bankensektor bestimmter Länder in erheblichem Maße beeinträchtigt wurde ( 2 ).

2. 

Die von der Kúria im vorliegenden Fall gestellten Fragen richten sich jedoch direkt weder auf die Vereinbarkeit dieser Praxis ( 3 ) mit dem Unionsrecht noch auf die Frage, ob die Bestimmungen des Verbraucherkreditvertrags allein aufgrund des Umstands, dass sie nicht auf einheimische Währungen lauten, als missbräuchlich erklärt werden können oder müssen. Vielmehr will das vorlegende Gericht wissen, ob und inwieweit die Vertragsklauseln über die für Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens geltenden Kurse gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG ( 4 ) einer Missbräuchlichkeitsprüfung entzogen bleiben, weil sie sich erstens auf den Hauptgegenstand und/oder auf das Preis-Leistungs-Verhältnis der erbrachten Dienstleistungen oder gelieferten Waren beziehen und zweitens klar und verständlich abgefasst sind. Das vorlegende Gericht will ferner vom Gerichtshof wissen, welche Folgen der nationale Richter gegebenenfalls insbesondere gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 zu ziehen hat, wenn eine Vertragsklausel als missbräuchlich zu bewerten ist.

3. 

Wenn die Vorlagefragen, die auf eine Präzisierung des Anwendungsbereichs der in der sogenannten Ausschlussklausel des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 verwendeten Begriffe gerichtet sind, auch großenteils neuer Art sind, so muss doch die Antwort darauf notwendigerweise aus den Grundlinien der bisherigen Rechtsprechung zum Verbraucherschutz entwickelt werden. Diesbezüglich bin ich der Meinung, dass im vorliegenden Fall ein Gleichgewicht gefunden werden muss zwischen dem mit der Richtlinie 93/13 verfolgten Ziel des Verbraucherschutzes einerseits und der in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie zum Ausdruck gelangten Möglichkeit andererseits, in einem gewissen Umfang die Grundsätze der Willensautonomie und der Vertragsfreiheit zu wahren. In grundsätzlicherer Hinsicht ist angesichts des ausgeprägt kasuistischen Systems, das mit dieser Richtlinie geschaffen wurde, der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, dem nationalen Richter die Entscheidung darüber zu überlassen, ob die von ihm zu beurteilenden Vertragsklauseln als missbräuchlich zu bewerten sind.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

4.

In den Erwägungsgründen 12 und 19 der Richtlinie 93/13 heißt es:

„Beim derzeitigen Stand der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften kommt allerdings nur eine teilweise Harmonisierung in Betracht. So gilt [die] Richtlinie insbesondere nur für Vertragsklauseln, die nicht einzeln ausgehandelt wurden. Den Mitgliedstaaten muss es freigestellt sein, dem Verbraucher unter Beachtung des [EWG-]Vertrags einen besseren Schutz durch strengere einzelstaatliche Vorschriften als den in [der] Richtlinie enthaltenen Vorschriften zu gewähren.

Für die Zwecke [der] Richtlinie dürfen Klauseln, die den Hauptgegenstand eines Vertrages oder das Preis-/Leistungsverhältnis der Lieferung bzw. der Dienstleistung beschreiben, nicht als missbräuchlich beurteilt werden. Jedoch können der Hauptgegenstand des Vertrages und das Preis-/Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln berücksichtigt werden …“

5.

Art. 3 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)   Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

(3)   Der Anhang enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.“

6.

Art. 4 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„(1)   Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.

(2)   Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“

7.

Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

8.

In Nr. 1 Buchst. j und l des Anhangs („Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3“) der Richtlinie 93/13 werden genannt: „Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass … j) der Gewerbetreibende die Vertragsklauseln einseitig ohne triftigen und im Vertrag aufgeführten Grund ändern kann; … l) … der Erbringer einer Dienstleistung den Preis … erhöhen kann, ohne dass der Verbraucher … ein entsprechendes Recht hat, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Endpreis im Verhältnis zu dem Preis, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, zu hoch ist“.

9.

Dieser Anhang bestimmt in Nr. 2 Buchst. b: „Buchstabe j) steht Klauseln nicht entgegen, durch die sich der Erbringer von Finanzdienstleistungen das Recht vorbehält, den von dem Verbraucher oder an den Verbraucher zu zahlenden Zinssatz oder die Höhe anderer Kosten für Finanzdienstleistungen in begründeten Fällen ohne Vorankündigung zu ändern, sofern der Gewerbetreibende die Pflicht hat, die andere Vertragspartei oder die anderen Vertragsparteien unverzüglich davon zu unterrichten, und es dieser oder diesen freisteht, den Vertrag alsbald zu kündigen.“ Weiter heißt es dort in Nr. 2 Buchst. d: „Buchstabe l) steht Preisindexierungsklauseln nicht entgegen, wenn diese rechtmäßig sind und der Modus der Preisänderung darin ausdrücklich beschrieben wird.“

B – Ungarisches Recht

10.

§ 209 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs in seiner zum Zeitpunkt des Abschlusses des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Darlehensvertrags geltenden Fassung bestimmte:

„(1)   Allgemeine Vertragsbedingungen und nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln eines Verbrauchervertrags sind missbräuchlich, wenn sie unter Verletzung des Gebots von Treu und Glauben die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten der Parteien einseitig und unbegründet zum Nachteil der Vertragspartei festlegen, die die Vertragsbedingungen nicht aufgestellt hat.

(2)   Bei der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel ist jeder zum Abschluss des Vertrags führende Umstand, die Art der ausbedungenen Dienstleistung und die Verbindung dieser Klausel mit anderen Vertragsklauseln oder mit anderen Verträgen zu prüfen.

(4)   Die Vorschriften über missbräuchliche Vertragsklauseln sind auf die Vertragsbestimmungen, die die Hauptleistung begründen oder das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festlegen, nicht anwendbar.

…“

11.

Mit Wirkung vom 22. Mai 2009 wurden die Abs. 4 und 5 von § 209 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs wie folgt geändert:

„(4)   Allgemeine Vertragsbedingungen und nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln eines Verbrauchervertrags sind bereits dann missbräuchlich, wenn sie nicht klar und verständlich sind.

(5)   Die Vorschriften über missbräuchliche Vertragsklauseln sind auf die Vertragsbestimmungen, die die Hauptleistung begründen oder das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festlegen, nicht anwendbar, wenn diese im Übrigen klar und verständlich sind.“

12.

§ 237 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt:

„(1)   Ist ein Vertrag unwirksam, ist der vor Vertragsschluss bestehende Zustand wiederherzustellen.

(2)   Ist die Wiederherstellung des vor Vertragsschluss bestehenden Zustands nicht möglich, erklärt das Gericht den Vertrag für den Zeitraum bis zu seiner Entscheidung für wirksam. Der unwirksame Vertrag kann für wirksam erklärt werden, wenn der Grund für die Unwirksamkeit, insbesondere in Wucherverträgen bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen den Leistungen der Parteien, durch die Beseitigung des unverhältnismäßigen Vorteils ausgeräumt werden kann. In diesen Fällen ist die Rückerstattung der möglicherweise ohne Gegenleistung bleibenden Leistung anzuordnen.“

13.

§ 239 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht vor:

„(1)   Ist der Vertrag teilweise unwirksam, ist der gesamte Vertrag nur dann hinfällig, wenn die Parteien diesen ohne den unwirksamen Teil nicht abgeschlossen hätten. Eine Rechtsnorm kann eine hiervon abweichende Bestimmung vorsehen.

(2)   Ein Verbrauchervertrag ist bei teilweiser Unwirksamkeit nur dann hinfällig, wenn der Vertrag ohne den unwirksamen Teil nicht erfüllbar ist.“

14.

§ 239/A Abs. 1 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs lautet:

„Eine Partei kann bei Gericht die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags oder einzelner seiner Bestimmungen (teilweise Unwirksamkeit) beantragen, ohne gleichzeitig die Anwendung der Folgen der Unwirksamkeit zu beantragen.“

II – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

15.

Am 29. Mai 2008 schlossen Herr Árpád Kásler und Frau Hajnalka Káslerné Rábai (im Folgenden: Kläger des Ausgangsverfahrens) mit der OTP Jelzálogbank Zrt (im Folgenden: Beklagte des Ausgangsverfahrens) einen „mit einer Immobiliarhypothek gesicherten auf Devisen lautenden Hypothekendarlehensvertrag“.

16.

Gemäß Ziff. I/1 dieses Vertrags gewährte die Beklagte des Ausgangsverfahrens den Klägern des Ausgangsverfahrens ein Darlehen in Höhe von 14400000 HUF in der Weise, dass „die Festlegung des Darlehensbetrags in Devisen zum am Auszahlungstag geltenden, von der Bank angewandten Devisenankaufskurs erfolgt“. Nach Ziff. I des Vertrags haben die Kläger des Ausgangsverfahrens zur Kenntnis genommen, dass „nach der Auszahlung des Darlehens das gewährte Darlehen, die entsprechenden Darlehenszinsen, die Bearbeitungsgebühr sowie die Verzugszinsen und die sonstigen Kosten auf Bestimmung in Devisen berechnet werden“. Auf der Grundlage des von der Beklagten des Ausgangsverfahrens bei der Auszahlung des Darlehens angewandten Ankaufskurses für Schweizer Franken wurde ein dem Betrag von 94240,84 Schweizer Franken (CHF) entsprechender Betrag in ungarischen Forint (HUF) festgesetzt. Diesen Betrag haben die Kläger des Ausgangsverfahrens während einer Laufzeit von 25 Jahren zurückzuzahlen, wobei die Monatsraten zum 4. jeden Monats fällig waren.

17.

Gemäß Ziff. II des Vertrags waren ein nominaler Darlehenszins von 5,2 % zuzüglich Bearbeitungsgebühren in Höhe von 2,04 % sowie ein effektiver Jahreszins am Tag des Vertragsabschlusses von 7,43 % jährlich vorgesehen.

18.

Nach Ziff. III/2 des Vertrags „bestimmt der Darlehensgeber den Forintbetrag der jeweils zu zahlenden Rate anhand des von der Bank angewandten, einen Tag vor dem Fälligkeitsdatum geltenden Devisenverkaufskurses“.

19.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens machen in ihrer gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens erhobenen Klage die Missbräuchlichkeit von Ziff. III/2 des Vertrags geltend. Sie trugen dabei vor, dass diese Klausel, soweit sie die Bank berechtige, die monatlich fälligen Rückzahlungsraten auf der Grundlage des von ihr angewandten Devisenverkaufskurses zu berechnen, dieser einen einseitigen und unbegründeten Vorteil im Sinne von § 209 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs verschaffe.

20.

Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage statt. Im Berufungsverfahren wurde das stattgebende Urteil bestätigt. In seinem Urteil stellte das Berufungsgericht insbesondere fest, dass die Bank im Rahmen eines Darlehensgeschäfts, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, dem Kunden keine Devisen zur Verfügung stelle und ihm im Übrigen keine Finanzdienstleistung bezüglich des Ankaufs oder Verkaufs von Devisen erbringe, so dass die Bank bei der Tilgung des Darlehens keinen anderen Wechselkurs anwenden dürfe als den, der bei seiner Auszahlung zugrunde gelegt worden sei. Ferner war das Gericht der Ansicht, dass die im Streit stehende Klausel nicht klar und eindeutig sei, weil sich nicht feststellen lasse, was die unterschiedliche Berechnungsweise des Darlehens bei Auszahlung und Tilgung rechtfertige.

21.

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat gegen das Berufungsurteil Revisionsbeschwerde eingelegt.

22.

Sie hat insbesondere vorgebracht, dass die in Streit stehende Klausel, soweit sie es ihr ermögliche, eine Einnahme als Gegenleistung für das den Darlehensnehmern zugutekommende Fremdwährungsdarlehen zu erzielen, und dazu diene, die Ausgaben zu decken, die mit den durch das Finanzinstitut auf dem Markt getätigten Devisenankäufen zusammenhingen, in den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung gemäß § 209 Abs. 4 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs falle, so dass eine Überprüfung ihrer Missbräuchlichkeit gemäß § 209 Abs. 1 dieses Gesetzbuchs nicht stattfinden dürfe.

23.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens machen demgegenüber geltend, dass eine solche Prüfung erfolgen müsse. Sie weisen insbesondere darauf hin, dass sich die Bank ihnen gegenüber nicht auf die Eigenheiten des Bankgeschehens berufen dürfe und dass die Kosten, die der Bank infolgedessen entstünden, nicht auf sie abgewälzt werden dürften. Da sich das Einverständnis der Darlehensnehmer auf die Auszahlung eines Forintbetrags gerichtet habe, dürften die Einnahmen der Bank und das vergebene Darlehen nicht miteinander vermengt werden. Außerdem sei die im Streit stehende Vertragsklausel nicht klar abgefasst.

24.

In diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen, und dem Gerichtshof folgende Fragen vorzulegen:

1.

Ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass im Fall eines Darlehens, das auf eine ausländische Währung lautet, in Wirklichkeit jedoch in inländischer Währung gewährt wurde und vom Verbraucher ausschließlich in inländischer Währung zurückzuzahlen ist, die Vertragsklausel über den Wechselkurs, die nicht individuell ausgehandelt wurde, unter den Begriff „Hauptgegenstand des Vertrages“ fällt?

Falls dies nicht der Fall ist, ist der Unterschied zwischen dem Ankaufs- und dem Verkaufskurs ein Entgelt im Sinne von Art. 4 Abs. 2 zweite Alternative der Richtlinie 93/13, dessen Verhältnis zu den erbrachten Dienstleistungen nicht unter dem Gesichtspunkt der Missbräuchlichkeit überprüft werden kann? Spielt es insoweit eine Rolle, ob zwischen dem Finanzinstitut und dem Verbraucher tatsächlich ein Währungsumtausch stattgefunden hat?

2.

Ist, falls Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass das nationale Gericht – unabhängig von den Vorschriften des nationalen Rechts – die Missbräuchlichkeit der in dieser Bestimmung genannten Vertragsklauseln auch dann prüfen kann, wenn diese nicht klar und verständlich sind, unter diesen Voraussetzungen zu verstehen, dass die Vertragsklauseln für den Verbraucher aus sich selbst heraus in grammatikalischer Hinsicht klar und verständlich sein müssen, oder müssen darüber hinaus auch die wirtschaftlichen Gründe für die Verwendung der betreffenden Vertragsklausel bzw. ihr Verhältnis zu den weiteren Klauseln des Vertrags klar und verständlich sein?

3.

Sind Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und Rn. 73 des Urteils des Gerichtshofs vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10) ( 5 ), dahin auszulegen, dass das nationale Gericht die Gründe für die Unwirksamkeit einer in den allgemeinen Bedingungen eines Verbraucherkreditvertrags enthaltenen missbräuchlichen Klausel auch dann nicht durch Änderung oder Ergänzung der betreffenden Vertragsklausel zugunsten des Verbrauchers beseitigen kann, wenn anderenfalls bei Wegfall dieser Klausel der Vertrag auf der Grundlage der verbleibenden Vertragsbestimmungen nicht durchführbar ist? Ist es insoweit von Bedeutung, ob das nationale Recht eine dispositive Vorschrift enthält, die bei Wegfall der ungültigen Bestimmung die betreffende Rechtsfrage an deren Stelle regelt?

25.

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die ungarische, die tschechische, die deutsche, die griechische, die italienische und die österreichische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. An der mündlichen Verhandlung, die am 5. Dezember 2013 stattgefunden hat, haben die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die ungarische und die deutsche Regierung sowie die Kommission teilgenommen.

III – Vorlagefragen

26.

Bevor die gestellten Fragen nacheinander zu behandeln sind, sind einige Bemerkungen zum Sinn und Zweck (ratio legis) und zur Tragweite von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 zu machen.

A – Einleitende Bemerkungen zum Sinn und Zweck und zur Tragweite von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13

27.

In Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 gelangt ohne Zweifel die Möglichkeit zum Ausdruck, der Willensautonomie und der Vertragsfreiheit als Ausfluss der Marktwirtschaft Rechnung zu tragen.

28.

Diese Bestimmung macht die Anwendung der Ausnahmeregelung, wonach bestimmte Vertragsklauseln von der Prüfung auf ihren missbräuchlichen Charakter ausgenommen sind, von der kumulativen Erfüllung zweier Voraussetzungen abhängig: Die in Frage stehenden Klauseln müssen erstens den „Hauptgegenstand des Vertrages“ oder „die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. Gütern“ betreffen, und sie müssen zweitens „klar und verständlich abgefasst“ sein.

29.

Wie sich aus den Vorarbeiten zum Erlass der Richtlinie 93/13 ( 6 ) ergibt, erwies sich die letztlich beschlossene Fassung der Richtlinie im Hinblick auf die Bekämpfung missbräuchlicher Klauseln als weitaus weniger ambitioniert als der erste Vorschlag der Kommission ( 7 ), weil ein Kompromiss gefunden werden musste zwischen dem Ziel des Verbraucherschutzes und der Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der missbräuchlichen Klauseln einerseits und den fest in den Rechtstraditionen der Mehrzahl der Mitgliedstaaten im Bereich des Vertragsrechts verankerten Grundsätzen der Willensautonomie und der Vertragsfreiheit andererseits.

30.

Im Wesentlichen gelangt dieser Kompromiss meiner Auffassung nach in zwei Ausprägungen zum Ausdruck.

31.

Erstens – und anders als es aus dem Vorschlag der Kommission zur Aufstellung einer abschließenden Liste von automatisch als missbräuchlich anzusehenden Klauseln hervorging – hat die Liste der Klauseln im Anhang der Richtlinie 93/13 nur hinweisende Funktion.

32.

Zweitens ist besonders bemerkenswert, dass von der Richtlinie zum einen nur Klauseln erfasst werden, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden (Art. 3 der Richtlinie 93/13), und zum anderen nur Klauseln, die weder den Hauptgegenstand des Vertrags noch die Angemessenheit zwischen dem Preis und der Leistung betreffen (Art. 4 Abs. 2).

33.

Zur Bestimmung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie ergibt sich aus dem Gemeinsamen Standpunkt vom 22. September 1992 eindeutig, dass sie mit dem Ziel eingefügt wurde, alles vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen, was unmittelbar aus der Vertragsfreiheit der Parteien folgt. Damit wurde, anders formuliert, der Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass der Kern des Vertragsverhältnisses (die essentialia negotii), sobald er einmal in klaren und verständlichen Worten festgelegt worden ist, nicht mehr beeinträchtigt werde.

34.

Die Einfügung einer solchen Bestimmung könnte freilich in mehrfacher Hinsicht als paradox erscheinen.

35.

Zunächst wirkt überraschend, dass die Richtlinie 93/13, die in erster Linie auf den Verbraucherschutz abzielt, es gleichzeitig nicht zulässt, dass nicht individuell ausgehandelte Bestimmungen, die den Kern des Vertrags bilden, auf ihre Missbräuchlichkeit geprüft werden können ( 8 ). Damit hängt es sicherlich zusammen, dass sich bestimmte Mitgliedstaaten dafür entschieden haben, das von der Richtlinie gewährleistete Schutzniveau dadurch zu erhöhen, dass sie die sich aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie ergebende Begrenzung nicht in ihre Umsetzungsmaßnahmen aufnahmen ( 9 ).

36.

Auch wenn man dem in den Vorarbeiten für die Richtlinie 93/13 klar zum Ausdruck gelangten Wunsch, in gewissem Umfang der Willensautonomie und der Vertragsfreiheit Rechnung zu tragen, mit Aufgeschlossenheit gegenübersteht, muss es zulässig sein, der Frage nach der ratio legis dieser Bestimmung nachzugehen. Da gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 individuell ausgehandelte Vertragsklauseln ohnehin nie erfasst werden, kommt Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie in einem Bereich zum Wirken, in dem die Vertragsfreiheit nicht zur vollen Entfaltung gelangt ist.

37.

Dieser Widerspruch ist vom Gerichtshof teils in seinem Urteil Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid angesprochen worden, das wichtige Klarstellungen zur Funktion des Art. 4 Abs. 2 in dem durch die Richtlinie 93/13 begründeten Schutzsystem enthält.

38.

Der Gerichtshof erinnerte dort zunächst daran, dass die Richtlinie 93/13 nur eine minimale und teilweise Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über missbräuchliche Klauseln vornimmt, wobei sie es den Mitgliedstaaten freistellt, dem Verbraucher ein höheres Schutzniveau als das in der Richtlinie vorgesehene zu gewähren. Danach stellte der Gerichtshof fest, dass diese Bestimmung nicht darauf gerichtet ist, den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 zu definieren, sondern nur darauf, die Modalitäten und den Umfang der Inhaltskontrolle der nicht einzeln ausgehandelten Vertragsklauseln festzulegen, die die Hauptleistungen von Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher bezeichnen. Schließlich sprach der Gerichtshof der Bestimmung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 jeden zwingenden Charakter ab und legte Art. 4 Abs. 2 und Art. 8 der Richtlinie dahin aus, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die eine richterliche Missbrauchskontrolle von Vertragsklauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrags oder das angemessene Verhältnis zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den die Gegenleistung darstellenden Dienstleistungen bzw. Gütern regeln, zulässt, auch wenn diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind. Indem eine nationale Regelung die Möglichkeit einer umfassenden rechtlichen Kontrolle der Missbräuchlichkeit von Klauseln im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie eines Vertrags zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher zulässt, kann sie für den Verbraucher im Einklang mit Art. 8 der Richtlinie ein höheres Niveau des effektiven Schutzes gewährleisten, als es in der Richtlinie festgelegt wird ( 10 ).

39.

Die Gesamtheit dieser Gesichtspunkte dürfte im Sinne einer Fortführung der bisherigen Feststellungen des Gerichtshofs und meiner noch folgenden Ausführungen zu dem Ergebnis führen, dass die in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 enthaltenen Begriffe auf der Grundlage autonomer Kriterien ( 11 ) zu definieren sind, die sich von möglicherweise auf nationaler Ebene angewandten Lösungsansätzen unterscheiden.

40.

Daraus folgt erstens, dass die Kriterien, die eine Bestimmung des Hauptgegenstands oder des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Ware oder Dienstleistung erlauben, ungeachtet des Beurteilungsspielraums, über den der angerufene nationale Richter verfügt, klar definiert werden müssen.

41.

Zweitens muss im Zusammenhang mit dem in der Richtlinie 93/13 enthaltenen Erfordernis der „Klarheit und Verständlichkeit“ der Umstand berücksichtigt werden, dass der Verbraucher, auch wenn er angemessen aufmerksam und verständig ist, sich im Verhältnis zu den Gewerbetreibenden, mit denen er Verträge schließt, in einer Position der Schwäche befindet. Die Begriffe der Klarheit und der Verständlichkeit dürfen sich nicht auf rein formelle und sprachliche Gesichtspunkte beschränken, sondern müssen die Asymmetrie des Kenntnisstands berücksichtigen, die für das Verhältnis zwischen Verbraucher und Gewerbetreibenden kennzeichnend ist.

42.

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sind die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu prüfen.

B – Zur ersten Vorlagefrage

43.

Mit ihrer ersten Vorlagefrage will die Kúria wissen, ob die Missbräuchlichkeit der nicht im Einzelnen ausgehandelten Vertragsklausel über den Unterschied der bei der Auszahlung und bei der Tilgung des Darlehens anzuwendenden Wechselkurse inhaltlich geprüft werden darf oder ob Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dem entgegensteht, weil sich diese Klausel auf die Festlegung des Hauptgegenstands des Vertrags oder des Preis-Leistungs-Verhältnisses bezieht.

44.

In einem allgemeineren Sinne hat der Gerichtshof zu klären, ob jedes Element der vom Darlehensschuldner in Geld zu zahlenden Gegenleistung eine Klausel darstellt, die den „Hauptgegenstand“ festlegt, oder ob neben der Darlehensgewährung nur die Zinszahlungen zum Hauptgegenstand des Vertrags gehören (erster Aspekt). Falls Letzteres zuträfe, stellt sich des Weiteren die Frage, ob die sich aus dem Unterschied der Wechselkurse ergebende Zahlungsverpflichtung als Teil des „Entgelts“ gemäß Art. 4 Abs. 2 zweite Alternative der Richtlinie 93/13 angesehen werden kann (zweiter Aspekt).

1. Erster Aspekt: Abgrenzung des Begriffs „Hauptgegenstand des Vertrags“

45.

Es sei daran erinnert, dass der Gerichtshof bereits in dem Urteil Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid ( 12 ) darauf hingewiesen hat, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 auf die „Hauptleistungen von Verträgen“ zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher abzielt. Er hatte dagegen nicht darüber zu entscheiden, ob die in Streit stehende Klausel Hauptleistungen betraf.

46.

In dieser Hinsicht darf nicht vergessen werden, dass es letzten Endes allein den nationalen Gerichten obliegt, zu bestimmen, was zu den Hauptleistungen des jeweiligen Vertrags gehört. Zu einer solchen Beurteilung gehört es ohne Zweifel, dass der in Rede stehende Vertrag sowie die tatsächlichen und rechtlichen Gesamtumstände des Abschlusses dieses Vertrags erschöpfend geprüft werden ( 13 ).

47.

Jedoch kann der Gerichtshof im Rahmen der ihm durch Art. 234 EG übertragenen Zuständigkeit zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts die allgemeinen Kriterien auslegen, die zur Definition der in der Richtlinie 93/13 enthaltenen Begriffe bestimmt sind ( 14 ).

48.

Das ist im vorliegenden Fall umso notwendiger, als sich insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss von Kreditverträgen in diesem Bereich offenbar mehrere Lösungsansätze abzeichnen. Nach einer ersten, vom Supreme Court des Vereinigten Königreichs ( 15 ) vertretenen Ansicht ist nicht zwischen den wesentlichen Elementen des Preises („core terms“) und den Kosten, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geschuldet sein können („incidental terms“), zu unterscheiden, so dass alle Verpflichtungen zur Bezahlung der Leistung von der Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 erfasst werden. Dagegen scheinen die deutschen Gerichte sowie die überwiegende Meinung in der deutschen Literatur in dieser Hinsicht einen wesentlich restriktiveren Lösungsansatz zu verfolgen ( 16 ).

49.

Nach meiner Ansicht obliegt es im Hinblick auf die Abgrenzung des Hauptgegenstands eines Vertrags dem Richter, in jedem einzelnen Fall die Hauptleistung oder die Hauptleistungen festzustellen, die objektiv im Rahmen des allgemeinen Vertragsgefüges als wesentlich anzusehen sind. Diese Beurteilung, die nicht abstrakt erfolgen kann, kann sich nicht auf die Prüfung der Parameter beschränken, die den jeweiligen Vertrag im Hinblick auf das nationale Recht definieren, sondern muss die Besonderheiten berücksichtigen, die sich aus dem Wortlaut des Vertrags selbst ergeben.

50.

Im Übrigen enthält der Hauptgegenstand eines Vertrags im Allgemeinen mehrere Elemente, die nicht voneinander zu trennen sind, und ein solcher Vertrag lässt sich nicht hinreichend durch die Bezugnahme auf nur einen Teil der begehrten Dienstleistung oder Ware definieren.

51.

Zur Illustration sei als Beispiel ein Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug genannt. Der Hauptgegenstand des Vertrags richtet sich nicht auf irgendein Fahrzeug, sondern ist auch so zu definieren, dass er sich auf ein Fahrzeug einer bestimmten Marke mit bestimmten technischen Merkmalen und bestimmten ästhetischen Merkmalen bezieht.

52.

Hinsichtlich eines Dienstleistungsvertrags lässt sich das Beispiel eines Vertrags über eine Pauschalreise zwischen einem Verbraucher und einem Reiseveranstalter heranziehen. Wenn man abstrakt im Hinblick auf das anwendbare nationale Recht und die angewandte Praxis die Feststellung treffen kann, dass nicht nur die Beförderungsleistungen, sondern auch die vereinbarten Unterbringungsleistungen zweifelsfrei zum Kernbereich des Vertrags gehören, so lässt sich folglich nicht annehmen, dass einer dieser Teilbereiche im Verhältnis zum anderen als vorrangig oder zweitrangig anzusehen ist. Diese beiden Aspekte sind ohne Zweifel Teil des Hauptgegenstands des in Rede stehenden Vertrags.

53.

Um die Feststellung treffen zu können, dass eine Vertragsklausel nicht zum Hauptgegenstand des Vertrags gehört, muss der angerufene Richter von Fall zu Fall feststellen, ob diese Klausel objektiv in der einen oder anderen Weise in rechtlicher oder kaufmännischer Hinsicht dazu beiträgt, die wesentlichen Vertragsmerkmale zu definieren. In diesem Sinne ist es folglich Aufgabe des Richters, zu klären, ob diese Klausel untrennbar zu den Leistungen gehört, die für den Vertrag in der Weise bestimmend sind, dass er bei dem Fehlen einer solchen Klausel eines seiner fundamentalen Merkmale verlöre und gar auf der Grundlage der verbleibenden Vertragsbestimmungen keinen weiteren Bestand haben könnte.

54.

Im vorliegenden Fall sind, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, die für die Bestimmung der „Hauptleistungen“ eines Darlehensvertrags geeigneten Elemente zu ermitteln.

55.

Wie bereits ausgeführt, sind dafür nicht nur die dem anwendbaren nationalen Recht zu entnehmenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen, sondern auch die, die sich aus dem Wortlaut des Vertrags ergeben.

56.

Der Verbraucherkreditvertrag kann insgesamt als eine Vereinbarung definiert werden, nach der der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung stellt und der Darlehensnehmer zu dessen Rückzahlung sowie, im Fall eines zinspflichtigen Darlehens, zur Zahlung von Zinsen verpflichtet ist.

57.

Diese Definition entspricht weitgehend der Begriffsbestimmung, die auf Ebene des Unionsrechts z. B. in der Richtlinie 2008/48/EG über die Kreditverträge ( 17 ) niedergelegt ist, aber auch der, die in dem betreffenden nationalen Recht besteht, also hier dem ungarischen Recht. Denn gemäß § 523 Abs. 1 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet sich ein Finanzinstitut aufgrund eines Kreditvertrags, dem Schuldner einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, der seinerseits verpflichtet ist, den Darlehensbetrag gemäß dem Vertrag zurückzuzahlen. § 523 Abs. 2 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht als Gegenleistung nach seinem Wortlaut nur die Zahlung von Zinsen vor.

58.

Wenn der nominale Zinssatz zum Wesensgehalt eines Kreditvertrags gehört, was gilt dann für die Regelung, nach der der Darlehensgeber die Monatsraten auf der Grundlage des Wechselkurses einer ausländischen Währung berechnen darf?

59.

Sicherlich lässt sich dem Gedanken zustimmen, dass der Begriff einer Klausel, die den „Hauptgegenstand des Vertrags“ festlegt, eng gefasst sein muss und dass daher bei einem Kreditvertrag nicht jedes Element der vom Schuldner nach der Vertragsregelung in Geld zu erbringenden Gegenleistung als Teil des Hauptgegenstands des Vertrags angesehen werden kann. Tatsächlich ließe sich daran denken, zu unterscheiden zwischen den zum Hauptgegenstand gehörenden Vertragsbestimmungen über den Zinssatz und den Bestimmungen, die nach der in Rede stehenden Darlehensgestaltung die Neben- oder Zusatzkosten betreffen.

60.

Auch wenn sich gegen diese allgemeine Überlegung hinsichtlich eines Kreditvertrags im weiten Sinne schwerlich etwas einwenden lässt, bin ich keineswegs davon überzeugt, dass das in jedem einzelnen Fall gelten muss, so insbesondere auch im Fall eines Kreditvertrags in der Form eines „mit einer Immobiliarhypothek gesicherten auf Devisen lautenden Hypothekendarlehensvertrags“.

61.

Wenn man davon ausgeht, dass zum Begriff des Hauptgegenstands des Vertrags alles zu rechnen ist, was die Parteien ausweislich des klaren Vertragswortlauts als diesen definiert haben, der damit alle wesentlichen Verpflichtungen umfasst, die als Gegenleistung für die vertragliche Leistung oder Leistungen zu betrachten sind ( 18 ), so erscheint es mir problematisch, den Vertragsgegenstand auf die Regelungen zur Festlegung des nominalen Zinssatzes zu beschränken.

62.

Handelt es sich um ein auf eine ausländische Währung lautendes Darlehen, so gehört die Klausel über die anzuwendenden Wechselkurse aller Wahrscheinlichkeit nach zum Hauptgegenstand des Vertrags, weil sie mit größter Wahrscheinlichkeit einen der wesentlichen Parameter des Vertrags in dem Sinne darstellt, dass bei Fehlen dieser Klausel die Durchführung des Vertrags gefährdet wäre ( 19 ). Nach meiner Ansicht unterscheidet sie sich klar von der in der Rechtssache Invitel ( 20 ) in Rede stehenden Regelung über die Änderung von Geldanweisungskosten oder auch von der Klausel über die Verzugszinsen in dem Urteil Banco Español de Crédito.

63.

Denn der Mechanismus eines Fremdwährungsdarlehens beruht auf mehreren Aspekten, die grundsätzlich nicht voneinander zu trennen sind. Erstens lautet das Darlehen, auch wenn es tatsächlich in einheimischer Währung ausgezahlt und zurückgezahlt wird, in jedem Fall auf eine ausländische Währung. Zweitens ist der anzuwendende Zinssatz, der sich auf den auf eine ausländische Währung lautenden Darlehensbetrag bezieht, im Allgemeinen geringer als der, der auf ein auf einheimische Währung lautendes Darlehen angewendet wird. Drittens werden die Monatsraten des Darlehens in einheimischer Währung nach dem im Zeitpunkt der Zahlungen anwendbaren Wechselkurs geleistet ( 21 ).

64.

Diese Auslegung steht nicht der Erwägung entgegen, dass der nationale Richter im Hinblick auf das zwingende Erfordernis des Verbraucherschutzes so weit wie möglich einem relativ engen Begriff des Hauptgegenstands des Vertrags den Vorzug geben muss. Der Lösungsansatz, dem für die Begriffsdefinition des Hauptgegenstands des Vertrags gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 zu folgen ist, muss zu einem Ausschluss der Bestimmungen führen, die im Vertragsgefüge zweitrangig oder nebensächlich sind, und nicht jener Bestimmungen, die eine oder mehrere der den Vertrag prägenden Hauptleistungen betreffen.

65.

Nach alledem lässt sich nicht ausschließen, dass im Fall eines Darlehensvertrags wie dem im Ausgangsverfahren streitigen die Klausel über den anzuwendenden Wechselkurs, da sie einen der Grundpfeiler eines auf eine ausländische Währung lautenden Vertrags bildet, zum Hauptgegenstand des Vertrags gehört.

66.

Für den Fall, dass sich der Gerichtshof dieser Argumentation nicht anschließen sollte, ist zu prüfen, ob die sich aus dem Unterschied zwischen An- und Verkaufskurs der Devise ergebende Zahlungsverpflichtung als ein Element des Preis-Leistungs-Verhältnisses anzusehen ist.

2. Zweiter Aspekt: Kann der Unterschied zwischen dem An- und Verkaufskurs der ausländischen Währung als ein Element des dem Darlehensgeber geschuldeten Entgelts angesehen werden?

67.

Im vorliegenden Fall könnte man bei oberflächlicher Betrachtung annehmen, dass die in Rede stehende Regelung notwendigerweise ein Preiselement betrifft, so dass sie nur dann einer inhaltlichen Kontrolle gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 unterzogen werden könnte, wenn die in Rede stehende Klausel nicht klar und verständlich abgefasst ist.

68.

Jedoch darf nicht aus dem Auge verloren werden, dass das nicht für alle vorgesehenen Preiselemente gilt, sondern nur für die Angemessenheit des Verhältnisses zwischen Preis und Entgelt einerseits und den als Gegenleistung zu erbringenden Dienstleistungen und liefernden Waren andererseits. Wie aus dem Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/13 ( 22 ) hervorgeht, sind die Klauseln über die Berechnungsweise des Preises und die Modalitäten seiner Änderung vollständig der Kontrolle durch die Richtlinie unterworfen.

69.

Der zweite Fall eines Ausschlusses gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 erfasst, wie mir scheint, wegen des Fehlens eines Standards ( 23 ), der ein gleichsam mathematisches Verhältnis zwischen der Qualität der erbrachten Dienstleistung und deren Entgelt herstellen könnte, nur sehr wenige Fälle.

70.

Bei Vertragsklauseln eines auf eine ausländische Währung lautenden Darlehensvertrags, der für die Auszahlung des Darlehens den zu diesem Zeitpunkt geltenden Ankaufskurs der Währung vorsieht, während für Rückzahlungen der zu ihrem jeweiligen Zeitpunkt geltende Verkaufskurs gelten soll, stellt sich die Problematik wie folgt dar.

71.

Wenn die Bank, wie es im Ausgangsrechtsstreit der Fall zu sein scheint, dem Kunden gegenüber keine besondere Dienstleistung erbringt, sondern der Verweis auf die ausländische Währung nur einen Wertmaßstab darstellt, dann ließe sich feststellen, dass dieser Unterschied zwischen dem An- und Verkaufspreis der ausländischen Währung keine angemessene Gegenleistung darstellt und dass die entsprechende Vertragsklausel auf ihre Missbräuchlichkeit geprüft werden kann. Wenn sich dagegen ergibt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Unterschied zwischen dem An- und Verkaufspreis der ausländischen Währung einerseits und der Qualität der erbrachten Leistung andererseits besteht, was mir mit Blick auf den fluktuierenden Charakter dieses Preis- oder Kursunterschieds ausgeschlossen erscheint, so dürften die Bestimmungen über diesen Kursunterschied keiner Missbräuchlichkeitsprüfung unterzogen werden.

72.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass im Fall eines Darlehens, das auf eine ausländische Währung lautet, in Wirklichkeit jedoch in inländischer Währung gewährt wurde und vom Verbraucher ausschließlich in inländischer Währung zurückzuzahlen ist, die nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel über die Festlegung des Wechselkurses als zum Hauptgegenstand des Vertrags gehörend angesehen werden kann, wenn sich aus dem Vertrag klar ergibt, dass diese Klausel einen wesentlichen Parameter des Vertrags bildet. Dagegen kann der Unterschied zwischen dem Ankaufs- und dem Verkaufskurs der Devise nicht als ein Entgelt angesehen werden, dessen angemessenes Verhältnis zu den Dienstleistungen nicht unter dem Gesichtspunkt der Missbräuchlichkeit überprüft werden dürfte.

C – Zur zweiten Vorlagefrage: Erfordernis der klaren und verständlichen Fassung der unter die Ausnahmeregelung gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fallenden Klauseln

73.

Die Antwort auf diese zweite Frage zu dem in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 festgelegten Erfordernis der Klarheit und Verständlichkeit hat nur dann Sinn, wenn man zu dem Ergebnis gelangt, dass die erste Frage zu bejahen ist. Tatsächlich ist, wie ich bereits ausgeführt habe, nicht auszuschließen, dass sich bei einem auf eine ausländische Währung lautenden Darlehensvertrag die Klauseln über die auf Tilgung und Auszahlung des Darlehens anzuwendenden Wechselkurse gerade auf den Hauptgegenstand des Vertrags beziehen.

74.

An erster Stelle ist hier, noch vor der Sachfrage selbst, vom Gerichtshof zu klären, ob das Erfordernis der klaren und verständlichen Fassung auch dann gilt, wenn es in den nationalen Bestimmungen nicht normiert ist.

75.

So hat das vorlegende Gericht darauf hingewiesen, dass es nach dem Vorbringen der Beklagten dem mit dem Rechtsstreit befassten Richter nicht erlaubt sei, zu prüfen, ob die in Streit stehenden Klauseln klar und verständlich abgefasst seien, weil zum Zeitpunkt des Abschlusses des in Rede stehenden Kreditvertrags § 209 Abs. 4 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs dieses Erfordernis nicht vorgesehen habe.

76.

In dieser Hinsicht scheint mir der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs zu der Verpflichtung zu einer unionsrechtskonformen Auslegung, die auch den nationalen Gerichten in einem Rechtsstreit horizontaler Art obliegt ( 24 ), recht eindeutig zu entnehmen sein, dass es dem nationalen Gericht, das sein nationales Recht auszulegen hat, obliegt, seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie 93/13 auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen ( 25 ).

77.

Diese Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung besteht umso mehr, als der Gerichtshof im Hinblick auf das in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 enthaltene Erfordernis der Klarheit und Verständlichkeit auf dessen Bedeutung hingewiesen hat, indem er entschieden hat, dass eine Umsetzung dieses Art. 4 Abs. 2 vollständig sein muss, um das Erreichen der mit der Richtlinie verfolgten Verbraucherschutzziele konkret zu gewährleisten, so dass das Verbot der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Klauseln nur die Klauseln betrifft, die klar und verständlich abgefasst sind ( 26 ).

78.

Daraus folgt, dass der mit dem Rechtsstreit befasste nationale Richter in der Lage (und sogar gehalten) ist, zu prüfen, ob die in Rede stehenden Klauseln dem in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 enthaltenen Erfordernis der Transparenz entsprechen, und zwar unabhängig von der Frage, ob dieses Erfordernis zum Zeitpunkt des Abschlusses des in Streit stehenden Darlehensvertrags ausdrücklich in dem anzuwendenden nationalen Recht vorgesehen war.

79.

An zweiter Stelle ist zu fragen, ob das Erfordernis, wonach Klauseln über den Hauptgegenstand oder das Preis-Leistungs-Verhältnis der Leistung „klar und verständlich“ sein müssen, damit sie nicht auf ihre Missbräuchlichkeit zu prüfen sind, nur den formellen und sprachlichen Aspekt der Klausel betrifft oder ob es sich in einem allgemeineren Sinn auch auf die wirtschaftlichen Folgen bezieht, die sich aus der Anwendung der in Streit stehenden Vertragsklausel oder aus ihrem Verhältnis zu anderen Klauseln ergeben.

80.

Wenn nun aber in Fortführung meiner bisherigen Ausführungen der Schutz des Verbrauchers als der verletzlichen Partei notwendigerweise eine klare und objektiver Auslegung der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 enthaltenen Begriffe des Hauptgegenstands und des Preises erfordert, so macht er es gleichzeitig nötig, das Erfordernis der Transparenz weit auszulegen. Wie auch die Kommission im Hinblick auf die schwächere Position, in der sich der Verbraucher nach seinem Informationsstand gegenüber dem Gewerbetreibenden befindet, hervorgehoben hat, kann es für den Verbraucher Schwierigkeiten aufwerfen, die Folgen bestimmter Vertragsklauseln richtig zu verstehen, auch wenn diese in sprachlicher Hinsicht klar abgefasst sind.

81.

Daher darf sich die Prüfung, ob eine Klausel klar und verständlich abgefasst ist, nicht auf deren rein redaktionellen Aspekt beschränken. Die Klarheit und Verständlichkeit einer Vertragsklausel muss auf der Grundlage der Frage bewertet werden, ob sie dem Verbraucher gewährleistet, dass er über die nötigen Informationen verfügt, um die Vor- und Nachteile des Abschlusses eines bestimmten Vertrags und die sich für ihn aus dem Geschäft ergebenden Risiken beurteilen zu können. Der Verbraucher muss nicht nur den Inhalt einer Klausel erfassen, sondern auch die damit verbundenen Pflichten und Rechte ( 27 ).

82.

Diese Auslegung scheint mir im Übrigen in der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs eine solide Stütze zu finden.

83.

So hat der Gerichtshof im Urteil RWE Vertrieb ( 28 ), das sich insbesondere mit der Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 93/13 befasste, wonach Gewerbetreibende die Verbrauchern unterbreiteten Vertragsklauseln „klar und verständlich“ abfassen müssen, klargestellt, dass es je nach den Gesamtumständen des Einzelfalls Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, sicherzustellen, dass der Verbraucher in der Lage ist, die möglicherweise entstehenden Kosten vorauszusehen.

84.

Wenn auch diese Rechtsprechung die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 93/13 betrifft, scheinen mir diese Ausführungen umso mehr für das in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 enthaltene Erfordernis der Transparenz zu gelten, da diese Bestimmung die gewichtige Folge hat, dass bestimmte Vertragsbestimmungen der Missbräuchlichkeitsprüfung entzogen werden. Tatsächlich sollten die Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit der betreffenden Klausel, von denen die Durchführung einer Inhaltskontrolle abhängt und deren Vorliegen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls vom zuständigen nationalen Gericht festzustellen ist, nicht zu niedrig angesetzt werden.

85.

Um auf das Ausgangsverfahren zurückzukommen – und ohne dabei die vom nationalen Richter vorzunehmende Prüfung vorwegnehmen zu wollen –, folgt aus den Informationen, die vom vorlegenden Gericht unterbreitet wurden, dass bei rein sprachlicher Betrachtung die Vertragsbestimmungen über den jeweils für Aus- und Rückzahlung des Darlehens geltenden Wechselkurs als klar formuliert erscheinen. Ziff. I/1 des in Streit stehenden Vertrags bestimmt, dass „die Festlegung des Darlehensbetrags in Devisen zum am Auszahlungstag geltenden, von der Bank angewandten Devisenankaufskurs erfolgt“. Nach Ziff. III/2 dieses Vertrags „bestimmt der Darlehensgeber den Forintbetrag der jeweils zu zahlenden Rate anhand des von der Bank angewandten, einen Tag vor dem Fälligkeitsdatum geltenden Devisenverkaufskurses“.

86.

Bei aller Klarheit des Wortlauts dieser Klauseln lässt sich gleichwohl bezweifeln, ob diese insgesamt verständlich sind. Denn man muss sich fragen, wie der betroffene Verbraucher die genauen wirtschaftlichen Folgen der Darlehensvertragsklausel, die sich auf den Ankaufspreis (und nicht den Verkaufspreis) der Devisen bezieht, für die von ihm letztlich geschuldeten Beträge beurteilt.

87.

Wenn der Verbraucher auch entgegen dem Vortrag der Kommission sehr weitgehend dazu in der Lage war, das Risiko zu beurteilen, das hinsichtlich seiner auf einheimische Währung lautenden Schuld im Fall eines Kursanstiegs der ausländischen Referenzwährung bestand, weil doch der von ihm geschlossene Darlehensvertrag gerade auf diese ausländische Währung lautete, so liegt hingegen keineswegs auf der Hand, dass der Verbraucher, da insoweit irgendeine Erklärung weder im Vertrag enthalten war noch im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss gegeben wurde, auch die Gründe zu verstehen vermochte, die es rechtfertigen konnten, die Monatsraten auf der Grundlage des Verkaufswechselkurses der ausländischen Währung zu berechnen, bei der Auszahlung des Darlehens aber deren Ankaufswechselkurs anzuwenden.

88.

Denn wie viele Verbraucher, auch wenn sie angemessen aufmerksam und verständig sind, sind in der Lage, die Tragweite der Differenz zu begreifen, die zwischen dem An- und Verkaufspreis von Devisen besteht? Anders als man es im Allgemeinen auf dem Markt für Wertpapiere beobachten kann, gestalten sich der Ankauf und Verkauf von Devisen paarweise („cross“) und erfolgen in Abhängigkeit von einer anderen ausländischen Währung. Es zählt also nicht ein einziger Wechselkurs („spot“), sondern es zählen zwei Wechselkurse ( 29 ). Der Unterschied zwischen dem An- und Verkaufspreis einer ausländischen Währung („spread“), der zu einem großen Teil von der Anzahl und den Eigenschaften der auf dem jeweiligen Markt agierenden Personen abhängt, kann erheblich sein. Diese letztgenannten Informationen, die im Allgemeinen den im Bank- und Finanzbereich und in dessen Umkreis tätigen Personen leicht zugänglich sind, sind dagegen dem durchschnittlichen Verbraucher nicht ohne Weiteres bekannt ( 30 ).

89.

Es wird jedoch die Aufgabe des nationalen Gerichts sein, zu prüfen, ob dieser Verbraucher unter Berücksichtigung der von den Gewerbetreibenden vor Vertragsschluss gegebenen Informationen in der Lage war, die genauen Folgen der Bezugnahme auf den Ankaufspreis (und nicht auf den Verkaufspreis) abzuschätzen.

90.

Im vorliegenden Fall wird es dem angerufenen Richter obliegen, im Licht der bei Abschluss des streitigen Vertrags gemachten objektiven Angaben festzustellen, ob der Verbraucher verstehen konnte, dass er neben den Risiken, die sich notwendig aus den Zinsen und den Fluktuationen des Wechselkurses zwischen der einheimischen Währung (in der er die Rückzahlungen seines Darlehens leistete) und der ausländischen Referenzwährung ergaben, unwissentlich eine zusätzliche Belastung übernahm, die sich aus dem Unterschied zwischen dem Verkaufspreis der ausländischen Währung und ihrem Ankaufspreis ergab.

91.

Auf der Grundlage dieser Ausführungen schlage ich, wenn die erste Frage zu bejahen ist, als Antwort auf die zweite Frage vor, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass das angerufene nationale Gericht die dort genannten Vertragsklauseln, wenn diese nicht klar und verständlich abgefasst sind, auf der Grundlage einer unionsrechtskonformen Auslegung des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden nationalen Rechts zu prüfen hat. Die Prüfung der Klarheit und Verständlichkeit der Vertragsklauseln muss alle Umstände des Einzelfalls und insbesondere die dem Verbraucher beim Vertragsschluss zur Kenntnis gebrachten Informationen einbeziehen und sich über den strikt formellen und sprachlichen Aspekt hinaus auf die genaue Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen dieser Klauseln und die etwaigen Zusammenhänge zwischen diesen erstrecken.

D – Zur dritten Vorlagefrage: Befugnisse des nationalen Richters zur Ersetzung oder Änderung einer als missbräuchlich anzusehenden Klausel

92.

Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass das Berufungsgericht aufgrund der Feststellung der Missbräuchlichkeit der Vertragsklausel über die Berechnung der Monatsraten unter Zugrundelegung des Unterschieds zwischen dem An- und Verkaufskurs der ausländischen Referenzwährung gemäß § 237 Abs. 2 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs ( 31 ) entschied, dass es angebracht sei, den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Darlehensvertrag dahin zu ändern, dass die Monatsraten der Darlehensrückzahlung auf der Grundlage des von der Bank angewandten Ankaufskurses zu berechnen seien.

93.

Diese vom Berufungsrichter vorgenommene Änderung wirft jedoch die Frage auf, ob sie nicht der im Urteil Banco Español de Crédito gefundenen Lösung zuwiderläuft.

94.

Ich erinnere daran, dass der Gerichtshof in dieser Rechtssache insbesondere veranlasst war, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die es dem nationalen Richter erlaubt, wenn er die Nichtigkeit einer missbräuchlichen Klausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher feststellt, diesen Vertrag dadurch anzupassen, dass er den Inhalt dieser Klausel ändert.

95.

Der Gerichtshof hat diese Frage bejaht und sich dabei auf den Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und allgemeiner auf den Zweck und die allgemeine Systematik der Richtlinie 93/13 gestützt. In diesem Zusammenhang hat er insbesondere darauf hingewiesen, dass die Befugnis, den Inhalt von missbräuchlichen Klauseln zu ändern, dazu führen könne, dass die Verwirklichung des in Art. 7 der Richtlinie 93/13 enthaltenen langfristigen Ziels gefährdet werde. Eine solche Befugnis würde dazu beitragen, den Abschreckungseffekt zu beseitigen, der für den Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche missbräuchlichen Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet bleiben; die Gewerbetreibenden blieben nämlich versucht, die betreffenden Klauseln zu verwenden, wenn sie wüssten, dass, selbst wenn die Klauseln für unwirksam erklärt werden sollten, der Vertrag gleichwohl im erforderlichen Umfang vom nationalen Gericht angepasst werden könnte, so dass das Interesse der Gewerbetreibenden auf diese Art und Weise gewahrt würde. Würde dem nationalen Gericht eine solche Befugnis zugestanden, könnte sie deshalb von sich aus keinen genauso wirksamen Schutz des Verbrauchers garantieren wie den, der sich aus der Nichtanwendung der missbräuchlichen Klauseln ergibt ( 32 ).

96.

In dieser Hinsicht erscheint der Hinweis wichtig, dass der vom Gerichtshof vertretene Grundsatz darauf gerichtet war, das vertragliche Gleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien in einem Fall wiederherzustellen, in dem der Vertrag – „abgesehen von der Änderung, die sich aus der Ungültigkeit der missbräuchlichen Klauseln ergibt – grundsätzlich unverändert fortbestehen [könnte], soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist“ (Rn. 65 des Urteils).

97.

Damit bezieht sich der Grundsatz, nach dem es dem Richter untersagt ist, den Inhalt einer Klausel, die er als missbräuchlich beurteilt, zu ändern statt einfach unangewendet zu lassen, auf Fälle, in denen die Aufhebung der in Streit stehenden Klausel, die im Vertragsgefüge nur akzessorischer Natur ist, nicht das Bestehen des Vertrags gefährdet und sich dem Verbraucher gegenüber nicht als nachteilig erweist.

98.

Dieser Fall unterscheidet sich von dem des Ausgangsrechtsstreits. Dort führt die Aufhebung der als missbräuchlich beurteilten Vertragsklausel dazu, dass eine Durchführung des Vertrags nicht mehr möglich ist, was letztlich besonders nachteilige Folgen für den Verbraucher hat. Tatsächlich würde die Aufhebung der Klauseln über den anzuwendenden Wechselkurs eine Durchführung des Vertrags unmöglich machen. Überdies müsste der Verbraucher nach aller Wahrscheinlichkeit den der Bank geschuldeten Darlehensrestbetrag sofort zurückzahlen. Der Verbraucher, der im Allgemeinen nicht die Möglichkeit zu einer sofortigen Rückzahlung besitzt, sähe sich möglicherweise mit der Verwertung der entsprechenden Hypothek konfrontiert.

99.

Auch die Ausweitung der vom Gerichtshof gewählten Lösung auf die Möglichkeit des nationalen Gerichts, die missbräuchliche Klausel durch nationale dispositive Bestimmungen zu ersetzen, erscheint mir im vorliegenden Fall weder erforderlich noch zweckmäßig.

100.

Nach meiner Ansicht dürfte grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden sein, dass der nationale Richter gemäß den Grundsätzen des Vertragsrechts die Missbräuchlichkeit einer Klausel dadurch beseitigt, dass er sie durch eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts ersetzt. Denn die Ersetzung durch eine derartige Bestimmung, die selbst so beurteilt wird, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthält ( 33 ), und die es möglich macht, dass der Vertrag trotz der Aufhebung der in Streit stehenden Klausel fortbestehen kann und die Parteien weiter an ihn gebunden sind, scheint mir den Zielen von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 zu entsprechen.

101.

Das Ziel, das der Unionsgesetzgeber im Rahmen der Richtlinie 93/13 verfolgt, besteht darin, das Gleichgewicht zwischen den Parteien wiederherzustellen und dabei grundsätzlich die Wirksamkeit eines Vertrags in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten, nicht aber darin, alle Verträge für nichtig zu erklären, die missbräuchliche Klauseln enthalten ( 34 ).

102.

Wenn dagegen eine solche Ersetzung nicht erlaubt wäre und der Richter verpflichtet wäre, den Vertrag für nichtig zu erklären, bestünde die Gefahr, dass der Abschreckungseffekt der Rechtsfolge der Nichtigkeit gefährdet würde. Denn eine solche Nichtigerklärung hätte normalerweise zur Folge, dass die Gesamtheit des noch zu zahlenden Darlehensbetrags fällig würde, was die finanziellen Möglichkeiten des Verbrauchers überschreiten würde und daher diesen mehr als den gewerbsmäßig tätigen Darlehensgeber benachteiligen würde, der mit Blick auf diese Folge nicht dazu veranlasst werden könnte, zu vermeiden, dass solche Klauseln in seine Verträge aufgenommen werden.

103.

Unter diesen Umständen erscheint eine „Validierung“ des Vertrags mittels Ersetzung durch eine dispositive Bestimmung, sofern dies nach dem geltenden nationalen Recht möglich ist – was zu klären dem nationalen Gericht obliegt –, notwendig, um ein echtes Gleichgewicht zwischen den Parteien wiederherzustellen und auf diese Weise den Schutz des Verbrauchers vor missbräuchlichen Klauseln als vorrangiges Ziel der Richtlinie 93/13 zu gewährleisten, womit die praktische Wirksamkeit des von dieser Richtlinie geschaffenen Schutzmechanismus gewahrt bliebe.

104.

Ich bin mir des Umstands bewusst, dass der Gerichtshof nicht unmittelbar und explizit mit dieser daher von den Beteiligten auch nicht erörterten ( 35 ) Frage befasst worden ist, und mir erscheint daher der Hinweis wesentlich, dass es eine solche Ersetzungsbefugnis nicht unbeschränkt geben darf: Der richterliche Eingriff darf, so weit wie irgend möglich, allein darauf abzielen, eine gewisse Gleichrangigkeit zwischen den Gewerbetreibenden und den Verbrauchern wiederherzustellen, mit denen sie Verträge schließen ( 36 ).

105.

Sie darf nicht dazu führen, dass das vertragliche Gleichgewicht durch einen nach Vertragsschluss erfolgenden Eingriff des Staates aus den Fugen gerät. Denn es ist wohlbekannt, dass der Vertrag grundsätzlich dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Gesetz unterliegt und dass jeglicher Eingriff eines Dritten, einschließlich des Staates als Gesetzgeber, nur mit Vorsicht in Betracht gezogen werden darf, da er möglicherweise geeignet ist, die Vertragsfreiheit und, als deren Korollar, den freien Wettbewerb zu beeinträchtigen ( 37 ).

106.

Es wird daher vorgeschlagen, auf die dritte Frage zu antworten, dass dann, wenn das nationale Gericht der Ungültigkeit einer verwendeten missbräuchlichen Vertragsklausel gegenüber dem Verbraucher nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 abhelfen kann, es durch nichts daran gehindert ist, eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts anzuwenden, die geeignet ist, die unwirksame Klausel zu ersetzen, sofern nach den Regelungen des nationalem Rechts der Vertrag nach dem Wegfall der missbräuchlichen Klausel fortbestehen kann.

IV – Ergebnis

107.

Im Licht der vorstehenden Würdigung schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage der Kúria wie folgt zu antworten:

1.

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass im Fall eines Darlehens, das auf eine ausländische Währung lautet, in Wirklichkeit jedoch in inländischer Währung gewährt wurde und vom Verbraucher ausschließlich in inländischer Währung zurückzuzahlen ist, die nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel über die Festlegung des Wechselkurses als zum Hauptgegenstand des Vertrags gehörend angesehen werden kann, wenn sich aus dem Vertrag klar ergibt, dass diese Klausel einen wesentlichen Parameter des Vertrags bildet. Dagegen kann der Unterschied zwischen dem Ankaufs- und dem Verkaufskurs der Devise nicht als ein Entgelt angesehen werden, dessen angemessenes Verhältnis zu den Dienstleistungen nicht unter dem Gesichtspunkt der Missbräuchlichkeit überprüft werden dürfte.

2.

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass das angerufene nationale Gericht die dort genannten Vertragsklauseln, wenn diese nicht klar und verständlich abgefasst sind, auf der Grundlage einer unionsrechtskonformen Auslegung des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden nationalen Rechts zu prüfen hat. Die Prüfung der Klarheit und Verständlichkeit der Vertragsklauseln muss alle Umstände des Einzelfalls und insbesondere die dem Verbraucher beim Vertragsschluss zur Kenntnis gebrachten Informationen einbeziehen und sich über den strikt formellen und sprachlichen Aspekt hinaus auf die genaue Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen dieser Klauseln und die etwaigen Zusammenhänge zwischen diesen erstrecken.

3.

Kann das nationale Gericht der Ungültigkeit einer verwendeten missbräuchlichen Vertragsklausel gegenüber dem Verbraucher nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 abhelfen, so ist es durch nichts daran gehindert, eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts anzuwenden, die geeignet ist, die unwirksame Klausel zu ersetzen, sofern nach den Regelungen des nationalen Rechts der Vertrag nach dem Wegfall der missbräuchlichen Klausel fortbestehen kann.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Das vorlegende Gericht hat dargelegt, dass nach den Feststellungen der Magyar Nemzeti Bank (Ungarische Nationalbank) für das zweite Halbjahr 2012 die von ungarischen Haushalten bei Kreditinstituten aufgenommenen Darlehen 32,56 % des Bruttonationalprodukts betrugen, wobei die wie im Ausgangsrechtsstreit auf der Grundlage einer ausländischen Währung gewährten Darlehen 18,54 % des Bruttonationalprodukts betrugen, was einem Betrag von 5289 Mrd. ungarischen Forint (HUF) entsprach. Was konkret auf Schweizer Franken lautende Darlehen anbelangt, so sollen diese in großem Umfang nicht nur in Ungarn, sondern auch in anderen Ländern, insbesondere Polen und Kroatien, angeboten worden sein.

( 3 ) Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Reihe von Klagen auf nationaler Ebene mit dem Ziel der Feststellung erhoben wurden, dass das Geschäft mit Kreditverträgen, denen Wechselkursrisiken anhaften, als eine unlautere und irreführende Geschäftspraxis zu bewerten ist, da eine Anzahl von Verbrauchern die damit verbundenen Risiken nicht richtig erfasse, weil die Bankinstitute ihre Informations-, Beratungs- und Obhutspflicht missachteten. In grundsätzlicher Hinsicht sind bestimmte Mitgliedstaaten der Ansicht, dass das Geschäft der Vergabe von Devisendarlehen an Privatpersonen, denen ein Wechselkursrisiko anhafte, eingeschränkt werden müsse.

( 4 ) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).

( 5 ) Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2012, Banco Español de Credito (C‑618/10).

( 6 ) Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 22. September 1992 zum Erlass einer Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Dok. 8406/1/92, ABl. 1992, C 283, S. 1, Nr. 2).

( 7 ) Vorschlag der Kommission vom 3. September 1990 für eine Richtlinie des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, KOM(90) 322 endg. Zu einer Darstellung der Entstehungsgeschichte der Richtlinie 93/13 und der Literatur zu der Einfügung von Art. 4 Abs. 2 siehe die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid (C‑484/08, Urteil vom 3. Juni 2010, Slg. 2010, I‑4785, insbesondere Nrn. 61 bis 66).

( 8 ) In diesem Sinne hatte Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Kommission/Niederlande (C‑144/99, Urteil vom 10. Mai 2001, Slg. 2001, I‑3541, Nr. 29) darauf hingewiesen, dass „der Ausschluss von Klauseln, die sich auf die Hauptleistung beziehen, aus der Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine erhebliche Beschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie darstellt. Man braucht sich dabei nur vor Augen zu halten, welche Auswirkungen dies für Verträge jeder Art haben kann, wie etwa im Fall der Versicherungsverträge, bei denen sich eine mehrdeutige Formulierung des wesentlichen Vertragsgegenstands, wie etwa bei der Definition des versicherten Risikos, besonders anbietet.“

( 9 ) Vgl. in diesem Zusammenhang den Bericht der Kommission vom 27. April 2000 über die Anwendung der Richtlinie 93/13 (KOM[2000] 248 endgültig). In diesem Bericht wird darauf hingewiesen, dass sich aus der Nichtumsetzung dieser Beschränkung des Anwendungsbereichs durch eine große Anzahl von Mitgliedstaaten keine praktischen Probleme bei der Anwendung ergeben haben. In dem Bericht heißt es: „Die Gerichte in diesen Mitgliedstaaten haben sich keineswegs daran gemacht, Preise zu berichtigen oder massiv und pauschal die Vertragssubstanzen zu ändern, was die Befürchtung mancher Rechtswissenschaftler und beruflicher Kreise gewesen war. In den allermeisten Fällen sind auch weder der Preis als solcher, der sich aus dem Wettbewerb ergibt, noch die Klauseln, die sich klar und verständlich auf die Definition des Vertragsgegenstands beziehen, ihrem Charakter nach geeignet, Probleme zu verursachen, die in der Anwendung der Rechtsvorschriften über missbräuchliche Klauseln zu regeln wären. Ihr Ausschluss aus dem Geltungsbereich der Richtlinie führt hingegen zu Zweifeln bei der Auslegung, die einer korrekten Anwendung der Vorschrift entgegenstehen.“

( 10 ) Urteil Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid (Rn. 42 bis 44).

( 11 ) Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid (Nr. 68).

( 12 ) Vgl. Rn. 34.

( 13 ) Vgl. zu der dem nationalen Richter übertragenen Rolle Urteil vom 9. November 2010, VB Pénzügyi Lízing (C-137/08, Slg. 2010, I-10847, Rn. 49).

( 14 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. April 2004, Freiburger Kommunalbauten (C-237/02, Slg. 2004, I-3403, Rn. 22).

( 15 ) Vgl. insbesondere Office of Fair Trading v. Abbey National [2009] UKSC 6.

( 16 ) Zu einer ausführlicheren Darstellung der unterschiedlichen Auslegung in den Mitgliedstaaten sei vor allem verwiesen auf das vom 25. Juli 2012 datierende „Issues Paper“ der Law Commission/Scottish Law Commission („Unfair Terms in Consumer contracts: a new approach?“), insbesondere dessen Nrn. 7.55 bis 7.66, http://lawcommission.justice.gov.uk/docs/unfair_terms_in_consumer_contracts_issues.pdf. Es wird ferner hingewiesen auf den Beitrag von Schillig, „Directive 93/13 and the ‚price term exemption‘: a comparative analysis in the light of the ‚market for lemons‘ rationale“, ICLQ (2011), Bd. 60 (4), S. 933 bis 963.

( 17 ) Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, S. 66, mit Berichtigung in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46), die in Art. 3 Buchst. c den Kreditvertrag definiert als „einen Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht; ausgenommen sind Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet“.

( 18 ) In diesem Sinne hat Generalanwältin Trstenjak in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Pereničová und Perenič (C‑453/10, Urteil vom 15. März 2012) auf Folgendes hingewiesen: „In Hinblick auf eine Zuordnung zu den in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 angeführten Gegenständen ist darauf hinzuweisen, dass die Angabe des effektiven Jahreszinses vom Unionsgesetzgeber deshalb für wichtig erachtet wird, weil sie schließlich einen Hauptgegenstand des Kreditvertrags betrifft. Sie gibt nämlich Auskunft über die Kosten, die der Kreditnehmer dem Kreditgeber für die Gewährung des Darlehens erstatten muss. Der effektive Jahreszins steht somit für eine dem Kreditgeber zustehende Hauptleistung im Gesamtgefüge der kreditvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien. Dementsprechend ist auch eine Klausel, die fehlerhafte Angaben über die Kosten enthält, etwa weil der effektive Jahreszins falsch berechnet worden ist, einer Inhaltskontrolle gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 zugänglich, sofern sie nicht klar und verständlich abgefasst ist“ (Nr. 117).

( 19 ) Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht im Zusammenhang mit der dritten Frage ausgeführt, dass die Wirksamkeit und die Durchführung des in Streit stehenden Darlehensvertrags im Fall der Aufhebung der in Streit stehenden Klausel fraglich wären.

( 20 ) Vgl. Urteil vom 26. April 2012, Invitel (C‑472/10).

( 21 ) In dieser Hinsicht bestimmt § 231 Abs. 2 des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs eindeutig: „Eine auf eine andere Währung [als die am Erfüllungsort gesetzlich geltende] lautende Forderung ist nach dem am Ort und zum Zeitpunkt der Zahlung geltenden Kurs umzurechnen“.

( 22 ) Bericht vom 27. April 2000 (S. 15 und 16).

( 23 ) Auf den sehr eingeschränkten Anwendungsbereich dieser Alternative der Ausschlussregelung hat auch Schillig in seinem oben angeführten Beitrag (S. 947) hingewiesen. Der Verfasser legt der Sache nach dar, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis niemals der Prüfung unterliegt, weil es keinen gesetzlich festgelegten Standard gibt, der Leitlinien für eine solche Prüfung bereitstellen könnte.

( 24 ) Vgl. insbesondere Urteile vom 13. November 1990, Marleasing (C-106/89, Slg. 1990, I-4135, Rn. 8), und vom 7. Dezember 1995, Spano u. a. (C-472/93, Slg. 1995, I-4321, Rn. 17).

( 25 ) Vgl. insbesondere Urteil vom 27. Juni 2000, Océano Grupo Editorial und Salvat Editores (C-240/98 bis C-244/98, Slg. 2000, I-4941, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 26 ) Vgl. die Urteile Kommission/Niederlande und Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid (Rn. 39).

( 27 ) In diesem Sinne ist im Übrigen der Rückgriff auf zwei Begriffe („klar“ und „verständlich“) zu verstehen. Der Begriff „Klarheit“ scheint grundsätzlich auf den sprachlichen Aspekt der Klausel abzuzielen. Der Begriff „Verständlichkeit“ der Klausel richtet seinerseits das Augenmerk auf die Erfassung des genauen Inhalts der verwendeten Begriffe.

( 28 ) Urteil vom 21. März 2013 (C‑92/11).

( 29 ) Der als ein einziger Kurs in der Wirtschaftspresse oder der allgemeinen Presse regelmäßig veröffentlichte Wechselkurs stellt das Mittel beider Wechselkurse dar.

( 30 ) Ohne die Entscheidung vorwegnehmen zu wollen, die am Ende der nationale Richter treffen wird, hat es doch den Anschein, dass der Vertrag keinerlei Hinweise darauf enthielt, worin der genaue Unterschied zwischen dem An- und Verkaufskurs der ausländischen Währung bestand.

( 31 ) Diese Bestimmung lautet wie folgt: „Ist die Wiederherstellung des vor Vertragsschluss bestehenden Zustands nicht möglich, erklärt das Gericht den Vertrag für den Zeitraum bis zu seiner Entscheidung für wirksam. Der unwirksame Vertrag kann für wirksam erklärt werden, wenn der Grund für die Unwirksamkeit, insbesondere in Wucherverträgen bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen den Leistungen der Parteien, durch die Beseitigung des unverhältnismäßigen Vorteils ausgeräumt werden kann. In diesen Fällen ist die Rückerstattung der möglicherweise ohne Gegenleistung bleibenden Leistung anzuordnen.“

( 32 ) Vgl. Urteil Banco Español de Crédito (Rn. 69 und 70).

( 33 ) Vgl. 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13, der wie folgt lautet: „Bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten.“

( 34 ) Vgl. Urteil Pereničová und Perenič (Rn. 31).

( 35 ) Die Beklagte hat in ihren Erklärungen jedoch ausgeführt, dass die Frage der möglichen Anwendbarkeit einer dispositiven Bestimmung hypothetisch sei, da es zum Zeitpunkt des Abschlusses des im Ausgangsrechtsstreit streitigen Darlehensvertrags keine derartige Bestimmung gegeben habe. Sie hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass der Richter in erheblicher Weise die Vertragsfreiheit beschränken würde, wenn er eine dispositive Gesetzesbestimmung für zwingend anwendbar erklärte.

( 36 ) Vgl. Urteil Banco Español de Crédito (Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 37 ) Wenn auch der Vorlagebeschluss die in Rede stehenden dispositiven Bestimmungen nicht ausdrücklich erwähnt, ist den Ausführungen der ungarischen Regierung zu entnehmen, dass zur Zeit des Vertragsschlusses die dispositiven Vorschriften, auf die sich das vorlegende Gericht offenbar bezieht, in Art. 200/A des Gesetzes Nr. CXII von 1996 über Kredit- und Finanzinstitute in Verbindung mit Art. 234/A dieses Gesetzes enthalten waren. Nach diesen auf alle am 27. November 2010 geltenden Verträge anwendbaren Bestimmungen werden die Kurse, die bis dahin für alle auf eine ausländische Währung lautenden Verträge galten, durch den von der Magyar Nemzeti Bank festgelegten amtlichen Kurs oder den von der Bank festgelegten Devisenmittelkurs ersetzt.

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