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Document 62012CJ0501

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 19. Juni 2014.
Thomas Specht u. a. gegen Land Berlin und Bundesrepublik Deutschland.
Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Berlin.
Vorabentscheidungsersuchen – Sozialpolitik – Richtlinie 2000/78/EG – Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – Art. 2, 3 Abs. 1 Buchst. c und 6 Abs. 1 – Unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters – Ermittlung des Grundgehalts von Beamten anhand des Lebensalters – Überleitungsregelung – Perpetuierung des Gehaltsunterschieds – Rechtfertigungsgründe – Entschädigungsanspruch – Haftung des Mitgliedstaats – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität.
Verbundene Rechtssachen C‑501/12 bis C‑506/12, C‑540/12 und C‑541/12.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2005

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

19. Juni 2014 ( *1 )

„Vorabentscheidungsersuchen — Sozialpolitik — Richtlinie 2000/78/EG — Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf — Art. 2, 3 Abs. 1 Buchst. c und 6 Abs. 1 — Unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters — Ermittlung des Grundgehalts von Beamten anhand des Lebensalters — Überleitungsregelung — Perpetuierung des Gehaltsunterschieds — Rechtfertigungsgründe — Entschädigungsanspruch — Haftung des Mitgliedstaats — Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität“

In den verbundenen Rechtssachen C‑501/12 bis C‑506/12, C‑540/12 und C‑541/12

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) mit Entscheidungen vom 23. Oktober 2012 (Rechtssachen C‑501/12 bis C‑506/12) und vom 13. November 2012 (Rechtssachen C‑540/12 und C‑541/12), beim Gerichtshof eingegangen am 8. und am 28. November 2012, in den Verfahren

Thomas Specht (C‑501/12),

Jens Schombera (C‑502/12),

Alexander Wieland (C‑503/12),

Uwe Schönefeld (C‑504/12),

Antje Wilke (C‑505/12),

Gerd Schini (C‑506/12)

gegen

Land Berlin

und

Rena Schmeel (C‑540/12),

Ralf Schuster (C‑541/12)

gegen

Bundesrepublik Deutschland

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Herrn Wieland, Herrn Schönefeld, Herrn Schini, Frau Schmeel und Herrn Schuster, vertreten durch die Rechtsanwälte E. Ribet Buse und R. Hildebrand,

des Landes Berlin, vertreten durch M. Theis als Bevollmächtigten,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,

des Rates der Europäischen Union, vertreten durch M. Simm und J. Herrmann als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. November 2013

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 2, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Herrn Specht, Herrn Schombera, Herrn Wieland, Herrn Schönefeld, Frau Wilke und Herrn Schini – Beamte des Landes Berlin – und dem Land Berlin (Rechtssachen C‑501/12 bis C‑506/12) sowie zwischen Frau Schmeel und Herrn Schuster – Beamte der Bundesrepublik Deutschland – und der Bundesrepublik Deutschland (Rechtssachen C‑540/12 und C‑541/12) wegen der Modalitäten der Zuordnung dieser Beamten zu einer Stufe oder einer Überleitungsstufe des Grundgehalts in der für sie geltenden Besoldungsordnung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Gemäß Art. 1 der Richtlinie 2000/78 ist „Zweck dieser Richtlinie … die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten“.

4

Art. 2 der Richtlinie sieht vor:

„(1)   Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2)   Im Sinne des Absatzes 1

a)

liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

…“

5

Nach Abs. 1 Buchst. c ihres Art. 3 („Geltungsbereich“) gilt die Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, u. a. in Bezug auf „die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts“.

6

In Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:

„Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

a)

die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

b)

die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

…“

7

Art. 9 („Rechtsschutz“) der Richtlinie sieht in Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, während dessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist.“

8

Art. 16 („Einhaltung“) der Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass

a)

die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufgehoben werden;

b)

die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen in Arbeits- und Tarifverträgen, Betriebsordnungen und Statuten der freien Berufe und der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden.“

9

In Art. 17 („Sanktionen“) der Richtlinie heißt es:

„Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. …“

Deutsches Recht

10

Die Richtlinie 2000/78 wurde durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) in deutsches Recht umgesetzt.

Bundesbesoldungsgesetz

11

Das Bundesbesoldungsgesetz in der am 6. August 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: BBesG a. F.) galt für Bundesbeamte bis zum 30. Juni 2009 und für die Beamten des Landes Berlin bis zum 31. Juli 2011. Es bildete die Rechtsgrundlage für die Besoldung dieser Beamten.

12

§ 27 („Bemessung des Grundgehalts“) BBesG a. F. bestimmte:

„(1)   Das Grundgehalt wird, soweit die Besoldungsordnungen nichts anderes vorsehen, nach Stufen bemessen. Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich nach dem Besoldungsdienstalter und der Leistung. Es wird mindestens das Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe gezahlt.

(2)   Das Grundgehalt steigt bis zur fünften Stufe im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren.

(3)   Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann für Beamte und Soldaten der Besoldungsordnung A die nächsthöhere Stufe als Grundgehalt vorweg festgesetzt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 vom Hundert der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Besoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Wird festgestellt, dass die Leistung des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen durchschnittlichen Anforderungen entspricht, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe, bis seine Leistung ein Aufsteigen in die nächsthöhere Stufe rechtfertigt. …“

13

§ 28 („Besoldungsdienstalter“) BBesG a. F. sah vor:

„(1)   Das Besoldungsdienstalter beginnt am Ersten des Monats, in dem der Beamte oder Soldat das 21. Lebensjahr vollendet hat.

(2)   Der Beginn des Besoldungsdienstalters nach Absatz 1 wird um Zeiten nach Vollendung des 31. Lebensjahres, in denen kein Anspruch auf Besoldung bestand, hinausgeschoben, und zwar um ein Viertel der Zeit bis zum vollendeten 35. Lebensjahr und um die Hälfte der weiteren Zeit. … Die Zeiten werden auf volle Monate abgerundet. Der Besoldung im Sinne des Satzes 1 stehen Bezüge aus einer hauptberuflichen Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29), im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden sowie im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers, der die im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhalts anwendet und an dem die öffentliche Hand durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise wesentlich beteiligt ist, gleich.

…“

Neufassung des Bundesbesoldungsgesetzes

14

Der Anwendungsbereich des Bundesbesoldungsgesetzes in der ab dem 1. Juli 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: BBesG n. F.), das als Art. 2 des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz – DNeuG) vom 5. Februar 2009 erlassen wurde, ist auf Besoldungsempfänger des Bundes beschränkt.

15

§ 27 („Bemessung des Grundgehaltes“) BBesG n. F. sieht vor:

„(1)   Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).

(2)   Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht bei Beamten nach § 28 Absatz 1 Erfahrungszeiten anerkannt werden oder bei Soldaten eine andere Bemessung des Grundgehaltes nach Absatz 4 Satz 4 erfolgt. …

(3)   Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. … Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 2 nicht etwas Anderes bestimmt ist. …

(7)   Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). …“

16

§ 28 („Berücksichtigungsfähige Zeiten“) BBesG n. F. bestimmt:

„(1)   Bei der ersten Stufenfestsetzung werden den Beamten als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt:

1.

Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind, im Dienst eines öffentlich[‑]rechtlichen Dienstherrn (§ 29) oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden …“

Besoldungsregelung für die Beamten des Landes Berlin

17

Gemäß dem Gesetz zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin (Berliner Besoldungsneuregelungsgesetz – BerlBesNG) vom 29. Juni 2011 gelten für die Beamten des Landes Berlin, die am 1. August 2011 bereits verbeamtet waren (im Folgenden: Bestandsbeamte), und für die Beamten, die nach diesem Zeitpunkt verbeamtet wurden (im Folgenden: Neubeamte), unterschiedliche Regelungen.

– Besoldungsregelung für Neubeamte auf Landesebene

18

Das Land Berlin hat das BBesG n. F. in abgeänderter Form übernommen. Dieses Gesetz mit der Bezeichnung Bundesbesoldungsgesetz Berlin (im Folgenden: BBesG Bln n. F.) findet auf Neubeamte Anwendung. Soweit für die Ausgangsverfahren von Belang, stimmen die einschlägigen Bestimmungen dieses Gesetzes im Wesentlichen mit den in den Rn. 15 und 16 des vorliegenden Urteils angeführten Bestimmungen des BBesG n. F. überein.

– Besoldungsregelung für Bestandsbeamte

19

Das Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz (BerlBesÜG) vom 29. Juni 2011 legt die Modalitäten, nach denen die Bestandsbeamten in das neue System eingestuft werden, und die für diese Beamten geltenden Überleitungsmaßnahmen fest.

20

§ 2 („Zuordnung zu den Stufen und Überleitungsstufen des Grundgehaltes in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A“) BerlBesÜG bestimmt:

„(1)   Beamtinnen und Beamte werden am 1. August 2011 auf der Grundlage des am 31. Juli 2011 maßgeblichen Amtes mit dem Grundgehalt, das ihnen gemäß dem Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für Berlin 2010/2011 vom 8. Juli 2010 … am 1. August 2011 zustehen würde, nach Maßgabe der folgenden Absätze den Stufen oder Überleitungsstufen des Grundgehaltes der Anlage 3 des [BerlBesNG] … zugeordnet. …

(2)   Die Zuordnung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 1 zu der Stufe oder Überleitungsstufe, die dem auf den vollen Euro-Betrag aufgerundeten Grundgehalt entspricht. …“

21

In § 3 („Aufstieg bei Zuordnung zu einer Stufe des Grundgehaltes oder zu einer Überleitungsstufe des Grundgehaltes in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A“) BerlBesÜG heißt es:

„(1)   Mit der Zuordnung zu einer Stufe des Grundgehaltes der Anlage 3 des [BerlBesNG] beginnt die für den Aufstieg maßgebende Erfahrungszeit nach § 27 Absatz 3 [BBesG Bln n. F.]. Der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe regelt sich nach § 27 Absatz 3 [BBesG Bln n. F.].

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

22

Die Sachverhalte, die den verschiedenen Ausgangsverfahren der vom Gerichtshof verbundenen Rechtssachen zugrunde liegen, gleichen sich oder stimmen sogar überein. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

23

Herr Specht, Herr Schombera, Herr Wieland, Herr Schönefeld, Frau Wilke und Herr Schini wurden in den Jahren 1992 bis 2003 zu Beamten des Landes Berlin ernannt. Frau Schmeel und Herr Schuster wurden in den Jahren 1998 bzw. 1992 zu Beamten auf Lebenszeit der Bundesrepublik Deutschland ernannt. Alle wurden unter der Geltung des BBesG a. F. eingestellt, zunächst nach diesem besoldet und später in das für sie jeweils geltende neue Besoldungssystem überführt.

24

Die Kläger der Ausgangsverfahren legten gegen die Berechnungsweise ihrer Besoldung Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass sie durch diese Berechnungsweise, bei der ihr Alter Berücksichtigung finde, wegen des Alters diskriminiert würden oder worden seien. Da der Widerspruch zurückgewiesen wurde, erhoben sie beim Verwaltungsgericht Berlin Klage.

25

Herr Specht, Herr Schombera, Herr Wieland, Herr Schönefeld, Frau Wilke, Herr Schini, Frau Schmeel und Herr Schuster machen geltend, das BBesG a. F. habe gegen das im AGG und in der Richtlinie 2000/78 verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstoßen. Insoweit beantragen sie u. a., ihnen die Beträge nachzuzahlen, die sich aus der Differenz zwischen der tatsächlich gewährten Besoldungsstufe und der höchsten Besoldungsstufe ihrer Besoldungsgruppe ergeben.

26

Herr Specht, Herr Wieland, Herr Schönefeld und Frau Wilke beanstanden die im BerlBesÜG vorgesehene Überleitungsregelung, da diese das bisherige Besoldungsprinzip, das sich gerade nicht an der dienstlichen Erfahrung, sondern am Dienstalter orientiert habe, unzulässig perpetuiere, weil die Überleitung der Bestandsbeamten allein anhand des bisherigen Grundgehalts vorgenommen werde.

27

Das vorlegende Gericht fragt sich daher, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelungen mit dem Unionsrecht, insbesondere mit der Richtlinie 2000/78, vereinbar sind, da sie zu einer nach dieser Richtlinie verbotenen Diskriminierung wegen des Alters führen könnten.

28

Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Berlin beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof in den Rechtssachen C‑501/12, C‑503/12 und C‑505/12 folgende Fragen, die auch alle in den Rechtssachen C‑502/12, C‑504/12, C‑506/12, C‑540/12 und C‑541/12 vorgelegten Fragen einschließen, zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist das Primär- und/oder Sekundärrecht der Union, hier insbesondere die Richtlinie 2000/78, im Sinne eines umfassenden Verbots ungerechtfertigter Diskriminierung wegen des Alters so auszulegen, dass es auch nationale Normen über die Besoldung der Beamten erfasst?

2.

Falls die Frage 1 bejaht wird: Ergibt die Auslegung dieses Primär- und/oder Sekundärrechts der Union, dass eine nationale Vorschrift, nach der die Höhe des Grundgehalts eines Beamten bei Begründung des Beamtenverhältnisses maßgeblich von seinem Lebensalter abhängt und anschließend vor allem in Abhängigkeit von der Dauer des Beamtenverhältnisses ansteigt, eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters darstellt?

3.

Falls auch die Frage 2 bejaht wird: Steht die Auslegung dieses Primär- und/oder Sekundärrechts der Union der Rechtfertigung einer solchen nationalen Vorschrift mit dem gesetzgeberischen Ziel entgegen, Berufserfahrung zu honorieren?

4.

Falls auch die Frage 3 bejaht wird: Lässt die Auslegung des Primär- und/oder Sekundärrechts der Union, solange keine Implementierung eines diskriminierungsfreien Besoldungsrechts erfolgt ist, eine andere Rechtsfolge zu, als die Diskriminierten rückwirkend gemäß der höchsten Besoldungsstufe ihrer Besoldungsgruppe zu besolden?

Ergibt sich die Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot dabei aus dem Primär- und/oder Sekundärrecht der Union, hier insbesondere aus der Richtlinie 2000/78, selbst oder folgt der Anspruch nur aus dem Gesichtspunkt mangelhafter Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben nach dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch?

5.

Steht die Auslegung des Primär- und/oder Sekundärrechts der Union einer nationalen Maßnahme entgegen, den (Nach-)Zahlungs- oder Schadensersatzanspruch davon abhängig zu machen, dass die Beamten ihn zeitnah geltend gemacht haben?

6.

Falls die Fragen 1 bis 3 bejaht werden: Ergibt die Auslegung des Primär- und/oder Sekundärrechts der Union, dass ein Überleitungsgesetz, mit dem die Bestandsbeamten allein nach dem Betrag ihres gemäß dem alten (diskriminierenden) Besoldungsrecht zum Überleitungsstichtag erworbenen Grundgehalts einer Stufe des neuen Systems zugeordnet werden, und nach welchem sich der weitere Aufstieg in höhere Stufen sodann unabhängig von der absoluten Erfahrungszeit des Beamten nur nach den seit Inkrafttreten des Überleitungsgesetzes hinzugewonnenen Erfahrungszeiten bemisst, eine – bis zum jeweiligen Erreichen der höchsten Besoldungsstufe fortdauernde – Perpetuierung der bestehenden Altersdiskriminierung darstellt?

7.

Falls auch die Frage 6 bejaht wird: Steht die Auslegung des Primär- und/oder Sekundärrechts der Union einer Rechtfertigung dieser unbegrenzt fortdauernden Ungleichbehandlung mit dem gesetzgeberischen Ziel entgegen, nach welchem mit dem Überleitungsgesetz nicht (nur) der zum Überleitungsstichtag bestehende Besitzstand, sondern (auch) die Erwartung des nach dem alten Besoldungsrecht prognostisch zugewendeten Lebenseinkommens in der jeweiligen Besoldungsgruppe geschützt werden soll?

Lässt sich die fortdauernde Diskriminierung der Bestandsbeamten dadurch rechtfertigen, dass die Regelungsalternative (individuelle Einstufung auch der Bestandsbeamten nach Erfahrungszeiten) mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden wäre?

8.

Falls in Frage 7 eine Rechtfertigung verneint wird: Lässt die Auslegung des Primär- und/oder Sekundärrechts der Union, solange keine Implementierung eines diskriminierungsfreien Besoldungsrechts auch für die Bestandsbeamten erfolgt ist, eine andere Rechtsfolge zu, als die Bestandsbeamten rückwirkend und fortlaufend gemäß der höchsten Besoldungsstufe ihrer Besoldungsgruppe zu besolden?

Ergibt sich die Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot dabei aus dem Primär- und/oder Sekundärrecht der Union, hier insbesondere aus der Richtlinie 2000/78, selbst oder folgt der Anspruch nur aus dem Gesichtspunkt mangelhafter Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben nach dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch?

29

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. Dezember 2012 sind die Rechtssachen C‑501/12 bis C‑506/12, C‑540/12 und C‑541/12 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

30

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass die Besoldung der Beamten in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.

31

Diese Frage bezieht sich auf den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78.

32

Was den sachlichen Anwendungsbereich dieser Richtlinie betrifft, fragt das vorlegende Gericht nach dem Zusammenhang zwischen Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie, wonach sie im Rahmen der auf die Union übertragenen Zuständigkeiten für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gilt, wobei dieser Ausdruck u. a. die Entlassungsbedingungen und das Arbeitsentgelt umfasst, und Art. 153 Abs. 5 AEUV, der eine Ausnahme von der Zuständigkeit der Union im Bereich der Sozialpolitik vorsieht, die darin besteht, dass die Union nicht ermächtigt ist, u. a. im Bereich des Arbeitsentgelts tätig zu werden.

33

Der Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass diese Ausnahme so zu verstehen ist, dass sie sich auf Maßnahmen wie eine Vereinheitlichung einzelner oder aller Bestandteile und/oder der Höhe der Löhne und Gehälter oder die Einführung eines Mindestlohns bezieht, mit denen das Unionsrecht unmittelbar in die Festsetzung der Arbeitsentgelte innerhalb der Union eingreifen würde. Sie lässt sich jedoch nicht auf alle mit dem Arbeitsentgelt in irgendeinem Zusammenhang stehenden Fragen erstrecken, ohne dass einige in Art. 153 Abs. 1 AEUV aufgeführte Bereiche eines großen Teils ihrer Substanz beraubt würden (Urteile Impact, C‑268/06, EU:C:2008:223, Rn. 124 und 125, und Bruno u. a., C‑395/08 und C‑396/08, EU:C:2010:329, Rn. 37).

34

Folglich ist der Begriff „Arbeitsentgelt“ im Sinne von Art. 153 Abs. 5 AEUV anders zu verstehen als der Begriff „Arbeitsentgelt“ in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78. Der letztgenannte Begriff gehört nämlich zu den Beschäftigungsbedingungen und betrifft, wie der Generalanwalt in Nr. 45 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht unmittelbar die Festlegung der Höhe des Arbeitsentgelts.

35

Im vorliegenden Fall wird die Höhe des den einzelnen Besoldungsgruppen und Besoldungsstufen des deutschen öffentlichen Dienstes entsprechenden Arbeitsentgelts von den zuständigen nationalen Stellen festgelegt; die Union verfügt insoweit über keine Zuständigkeit. Dagegen dürfen die nationalen Regeln für die Modalitäten der Zuordnung zu diesen Besoldungsgruppen und Besoldungsstufen nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78 entzogen werden.

36

Was den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78 betrifft, genügt der Hinweis auf ihren Art. 3 Abs. 1 Buchst. c, der ausdrücklich vorsieht, dass sie u. a. für alle Personen in öffentlichen Bereichen gilt.

37

Unter diesen Umständen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass die Besoldungsbedingungen der Beamten in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.

Zur zweiten und zur dritten Frage

38

Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, nach der sich die Grundgehaltsstufe eines Beamten innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.

39

Zunächst ist zu prüfen, ob das BBesG a. F. eine Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 enthält. Nach dessen Wortlaut bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz“, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Gründe geben darf. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie stellt klar, dass eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Abs. 1 vorliegt, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt.

40

Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass nach den §§ 27 und 28 BBesG a. F. das in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte „Besoldungsdienstalter“ den Anknüpfungspunkt für die erstmalige Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Grundgehaltsskala der Beamten bildete. Dieses Besoldungsdienstalter beginnt am Ersten des Monats, in dem der Beamte das 21. Lebensjahr vollendet hat. Der Beginn des Besoldungsdienstalters wird um Zeiten nach Vollendung des 31. Lebensjahrs, in denen kein Anspruch auf Besoldung als Beamter bestand, hinausgeschoben, und zwar um ein Viertel der Zeit bis zum vollendeten 35. Lebensjahr und um die Hälfte der weiteren Zeit. Es wird mindestens das Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe gezahlt. Danach richtet sich der Aufstieg in höhere Gehaltsstufen nach der Dienstzeit im Beamtenverhältnis und der dort erbrachten Leistung. Dabei steigt das Grundgehalt grundsätzlich bis zur fünften Stufe im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren. Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann für Beamte die nächsthöhere Stufe als Grundgehalt vorweg festgesetzt werden.

41

Wie das vorlegende Gericht ausführt, hat die Anwendung des Systems eines stufenweisen Aufstiegs, wie ihn § 27 BBesG a. F. vorsieht, in Verbindung mit der Berechnungsweise des Besoldungsdienstalters nach § 28 BBesG a. F. beispielsweise zur Folge, dass eine Person, die mit 21 Jahren zum Beamten auf Lebenszeit des Bundes oder des Landes Berlin ernannt wird, in der Besoldungsstufe 1 der Besoldungsgruppe A11 beginnt, während eine Person, die erst mit 23 Jahren in den öffentlichen Dienst tritt, der Besoldungsstufe 2 dieser Besoldungsgruppe zugeordnet wird.

42

Wie der Gerichtshof in Rn. 58 des Urteils Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560) festgestellt hat, unterscheidet sich in diesem Fall das Grundgehalt, das zwei am selben Tag in derselben Besoldungsgruppe eingestellte Beamte mit der gleichen oder einer vergleichbaren Berufserfahrung, aber unterschiedlichem Alter erhalten, aufgrund ihres Lebensalters zum Zeitpunkt ihrer Einstellung. Daraus folgt, dass sich diese beiden Beamten in einer vergleichbaren Situation befinden und dass einer von ihnen ein niedrigeres Grundgehalt bezieht als der andere.

43

Folglich führt das durch die §§ 27 und 28 BBesG a. F. geschaffene Besoldungssystem zu einer unmittelbar auf dem Kriterium des Alters beruhenden Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78.

44

Sodann ist zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt sein kann.

45

Nach Unterabs. 1 dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung darstellt, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die zur Erreichung dieses Ziels bestimmten Mittel angemessen und erforderlich sind.

46

Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 Maßnahmen vorsehen können, die Ungleichbehandlungen wegen des Alters einschließen. Sie verfügen nicht nur bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel von mehreren sie im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen über ein weites Ermessen (vgl. Urteile Palacios de la Villa, C‑411/05, EU:C:2007:604, Rn. 68, und Rosenbladt, C‑45/09, EU:C:2010:601, Rn. 41).

47

Nach Ansicht der deutschen Regierung ist die in Rn. 43 des vorliegenden Urteils festgestellte Ungleichbehandlung durch das Ziel der pauschalen Anerkennung beruflicher Vorerfahrung unter Sicherstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis gerechtfertigt.

48

Hierzu hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass das Ziel der Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik darstellt (Urteil Hennigs und Mai, EU:C:2011:560, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Allerdings muss, wie schon aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 hervorgeht, geprüft werden, ob im Rahmen des den Mitgliedstaaten zuerkannten weiten Ermessens, auf das in Rn. 46 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

50

Insoweit hat der Gerichtshof anerkannt, dass der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters in der Regel zur Erreichung dieses Ziels angemessen ist, weil das Dienstalter mit der Berufserfahrung einhergeht. Auch wenn die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Maßnahme dem Beamten einen stufenweisen Aufstieg in seiner Besoldungsgruppe nach Maßgabe seines fortschreitenden Lebensalters und damit seines Dienstalters ermöglicht, erfolgt aber die erstmalige Einstufung in eine bestimmte Stufe einer bestimmten Besoldungsgruppe eines Beamten ohne jede Berufserfahrung bei seiner Einstellung allein anhand seines Alters (Urteil Hennigs und Mai, EU:C:2011:560, Rn. 74 und 75).

51

Wie der Gerichtshof in Rn. 77 des Urteils Hennigs und Mai (EU:C:2011:560) festgestellt hat, folgt daraus in einem solchen Fall, dass die bei der Einstellung des Beamten stattfindende Einstufung in eine Grundgehaltsstufe anhand des Lebensalters über das hinausgeht, was zur Erreichung des von der deutschen Regierung angeführten legitimen Ziels – der Berücksichtigung der Berufserfahrung, die der Beamte vor seiner Einstellung erworben hat – erforderlich ist.

52

Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, nach der sich wie bei der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme die Grundgehaltsstufe eines Beamten innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.

Zur sechsten und zur siebten Frage

53

Mit seiner sechsten und seiner siebten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschriften die Modalitäten der Überleitung von Beamten, die vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften verbeamtet worden sind, in ein neues Besoldungssystem festlegen und vorsehen, dass zum einen die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften erworbenen Erfahrung bemisst. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob sich diese Rechtsvorschriften in der Weise auswirken, dass eine Diskriminierung wegen des Alters perpetuiert wird, und ob diese Diskriminierung gegebenenfalls durch das Ziel gerechtfertigt sein kann, den Besitzstand und die berechtigten Erwartungen in Bezug auf die künftige Entwicklung der Besoldung zu schützen.

54

Wie aus den Vorlageentscheidungen hervorgeht, wurde das BBesG a. F. in Berlin durch das BBesG Bln n. F. und das BerlBesÜG ersetzt.

55

Das mit dem BBesG Bln n. F. geschaffene Besoldungssystem sieht keine Altersstufen und kein Besoldungsdienstalter mehr vor, sondern eine erstmalige Einstufung von Neubeamten in eine „Erfahrungsstufe“ und einen weiteren stufenweisen Aufstieg in der maßgeblichen Besoldungsordnung entsprechend der anforderungsgerecht absolvierten Dienstzeit.

56

Das BerlBesÜG sieht vor, dass jeder Bestandsbeamte auf der Grundlage des am 31. Juli 2011 maßgeblichen Amtes mit dem Grundgehalt, das ihm am 1. August 2011 zustehen würde, einer Stufe oder einer Überleitungsstufe zugeordnet wird. Die Zuordnung erfolgt zu der Stufe oder Überleitungsstufe, die dem auf den vollen Euro-Betrag aufgerundeten Grundgehalt entspricht.

57

Zu der Frage, ob das BerlBesÜG zu einer Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78 führt, geht aus den Vorlageentscheidungen hervor, dass die Einstufung der Bestandsbeamten in eine Überleitungsstufe ihnen ein Vergleichsgehalt in Höhe des im Rahmen des BBesG a. F. bezogenen Gehalts sicherte. Das nach dem letztgenannten Gesetz bezogene Gehalt bestand aber hauptsächlich aus dem Grundgehalt, das bei der Einstellung ausschließlich anhand des Alters des Beamten berechnet worden war. Wie der Gerichtshof in Rn. 43 des vorliegenden Urteils ausgeführt hat, führte die Berechnungsweise des Grundgehalts zu einer unmittelbar auf dem Kriterium des Alters beruhenden Diskriminierung im Sinne der Bestimmungen des Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78.

58

Da das Vergleichsgehalt auf der Grundlage des von den Bestandsbeamten zuvor bezogenen, auf dem Besoldungsdienstalter beruhenden Gehalts festgelegt wurde, wurde mit dem durch das BerlBesÜG geschaffenen System eine diskriminierende Situation perpetuiert, in der Beamte allein wegen ihres Einstellungsalters ein geringeres Gehalt beziehen als andere Beamte, obwohl sie sich in einer vergleichbaren Situation befinden (vgl. entsprechend Urteil Hennigs und Mai, EU:C:2011:560, Rn. 84).

59

Diese Ungleichbehandlung kann sich im Rahmen des BBesG Bln n. F. perpetuieren, da die endgültige Neueinstufung der Bestandsbeamten ausgehend von der Stufe oder der Überleitungsstufe vollzogen wurde, die dem jeweiligen Beamten zugewiesen worden war (vgl. entsprechend Urteil Hennigs und Mai, EU:C:2011:560, Rn. 85).

60

Daraus ergibt sich, dass im Rahmen sowohl des BerlBesÜG als auch des BBesG Bln n. F. einige Bestandsbeamte allein wegen ihres Einstellungsalters ein geringeres Gehalt beziehen als andere Beamte, obwohl sie sich in einer vergleichbaren Situation befinden; dies stellt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2000/78 dar.

61

Somit ist zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung wegen des Alters gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt sein kann.

62

Zu diesem Zweck muss im Hinblick auf die in den Rn. 45 und 46 des vorliegenden Urteils dargelegten Grundsätze geprüft werden, ob die im BerlBesÜG und damit auch im BBesG Bln n. F. enthaltene Ungleichbehandlung wegen des Alters eine Maßnahme ist, mit der ein legitimes Ziel verfolgt wird und die zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist.

63

Sowohl aus den Vorlageentscheidungen als auch aus den Erklärungen der deutschen Regierung geht hervor, dass das BerlBesÜG das Ziel verfolgt, den Besitzstand und die berechtigten Erwartungen in Bezug auf die künftige Entwicklung der Besoldung zu schützen. Die deutsche Regierung trägt u. a. vor, die Gewerkschaftsverbände hätten im Rahmen des Beteiligungsverfahrens für das BerlBesNG einen weitgehenden Besitzstandsschutz geltend gemacht und ergänzende Vorschriften zur Sicherung dieses Besitzstands gefordert. Ohne dessen Sicherung hätte der Gesetzentwurf den Widerspruch der Gewerkschaften hervorgerufen, was das Zustandekommen der gesetzlichen Regelung stark gefährdet hätte.

64

Zunächst ist festzustellen, dass die Wahrung des Besitzstands einer Personengruppe ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist (Urteile Kommission/Deutschland, C‑456/05, EU:C:2007:755, Rn. 63, sowie Hennigs und Mai, EU:C:2011:560, Rn. 90).

65

Was sodann die Frage nach der Angemessenheit des BerlBesÜG betrifft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass das BBesG a. F. nach den Angaben der deutschen Regierung für die meisten Bestandsbeamten angesichts der damaligen typischen Berufsbiografien vorteilhafter war als das neue BBesG Bln. Deshalb hätte die unmittelbare Einstufung der Bestandsbeamten in das im letztgenannten Gesetz vorgesehene System für viele von ihnen zu einem geschätzten Gehaltsverlust in Höhe der Differenz von mindestens einer Stufe geführt, also, je nach Besoldungsgruppe, rund 80 Euro bis 150 Euro.

66

Zum anderen wurden die Bestandsbeamten, wie sich aus § 2 Abs. 2 BerlBesÜG ergibt, einer Besoldungsstufe zugeordnet, die ihrem früheren auf den vollen Euro-Betrag aufgerundeten Grundgehalt entspricht.

67

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Beibehaltung der bisherigen Vergütungen und somit einer Regelung, die zu einer Ungleichbehandlung wegen des Alters führt, es ermöglicht hat, Einkommensverluste zu verhindern und, wie sich insbesondere aus Rn. 63 des vorliegenden Urteils ergibt, ausschlaggebend dafür war, dass der nationale Gesetzgeber den Wechsel vom System des BBesG a. F. zu dem des BBesG Bln n. F. vollziehen konnte.

68

Ein Gesetz wie das BerlBesÜG erscheint somit als zur Erreichung des verfolgten Ziels, das darin besteht, die Beibehaltung des Besitzstands zu gewährleisten, geeignet.

69

Schließlich ist zu prüfen, ob ein solches Gesetz nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

70

Das vorlegende Gericht weist insoweit darauf hin, dass es vorzuziehen gewesen wäre, das neue Einstufungssystem rückwirkend auf alle Bestandsbeamten anzuwenden oder auf sie eine Übergangsregelung anzuwenden, die dem bevorzugten Bestandsbeamten die Besoldung in der vorherigen Höhe so lange garantiert hätte, bis er die nach dem neuen Besoldungssystem für die Erreichung einer höheren Besoldungsstufe erforderliche Erfahrung erworben hätte.

71

Zur Prüfung der Frage, ob ein Gesetz wie das BerlBesÜG über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgeht, ist dieses Gesetz in dem Kontext zu betrachten, in den es sich einfügt, wobei die Nachteile zu berücksichtigen sind, die mit ihm für die Betroffenen verbunden sein können (Urteil HK Danmark, C‑335/11 und C‑337/11, EU:C:2013:222, Rn. 89).

72

Was erstens den Kontext betrifft, in dem das BerlBesÜG erlassen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass aus den Vorlageentscheidungen hervorgeht, dass die zuständigen nationalen Gesetzgeber das BBesG a. F. bereits vor Erlass des Urteils Hennigs und Mai (EU:C:2011:560) aufgehoben und, um die mit ihm verbundene Diskriminierung wegen des Alters zu beseitigen, die Besoldungsregelung der Bundesbeamten und der Beamten des Landes Berlin reformiert hatten.

73

In diesem Kontext wurde das BerlBesÜG erlassen, das, wie sein Titel andeutet, eine abweichende Überleitung für Bestandsbeamte vorsieht. Diese Beamten wurden unmittelbar Stufen oder Überleitungsstufen zugeordnet, und nach ihrer endgültigen Neueinstufung auf der Grundlage des BBesG Bln n. F. entwickelt sich ihre Besoldung allein anhand der in diesem Gesetz vorgesehenen Kriterien der Berufserfahrung und der Leistung, also nicht mehr anhand des Alters.

74

Die deutsche Regierung hebt hervor, dass durch diese Reform weder das Einkommensniveau noch die Einkommenserwartung in Bezug auf die Gesamtkarriere der Bestandsbeamten wesentlich abgesenkt werden sollte. Eine solche Reform müsse im Kontext der von einem hohen Schuldenstand gekennzeichneten Haushaltslage im Land Berlin und der gesamtstaatlichen Bemühungen um Haushaltskonsolidierung kostenneutral erfolgen. Im Übrigen habe die Umstellung auf das neue System angesichts der großen Zahl überzuleitender Beamter ohne erheblichen Verwaltungsaufwand, also möglichst ohne Einzelfallprüfung erfolgen sollen.

75

Hierzu führt die deutsche Regierung aus, dass mehr als 65000 Einzelfälle hätten untersucht werden müssen, um die angemessene „Erfahrungsstufe“ nach den §§ 27 und 28 BBesG Bln n. F. zu bestimmen, und sodann hätte errechnet werden müssen, ob diese Neueinstufung günstiger wäre als eine Überleitung nach den Vorschriften des BerlBesÜG. Dies hätte eine Prüfdauer von ungefähr 360000 Stunden bedeutet.

76

Sie fügt hinzu, für einen größeren Teil der überzuleitenden Beamten wäre eine nachträgliche individuelle Feststellung von Vordienstzeiten, die sie sachgerecht hätten geltend machen können, nicht mehr möglich gewesen. Entsprechende Zeiten hätten somit gegebenenfalls entweder ausgeschlossen oder ohne Nachweis anerkannt werden müssen, was die betreffenden Beamten je nach Fall pauschal benachteiligt oder bevorteilt hätte. Dies hätte somit zu willkürlichen und damit unakzeptablen Ergebnissen geführt.

77

Es ist darauf hinzuweisen, dass Rechtfertigungen, die sich aus der Erhöhung der finanziellen Lasten und eventuellen administrativen Schwierigkeiten herleiten, die Nichtbeachtung der Verpflichtungen, die sich aus dem in Art. 2 der Richtlinie 2000/78 aufgestellten Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ergeben, grundsätzlich nicht rechtfertigen können (vgl. entsprechend Urteil Erny, C‑172/11, EU:C:2012:399, Rn. 48).

78

Jedoch kann nicht verlangt werden, dass jeder Einzelfall individuell geprüft wird, um frühere Erfahrungszeiten im Nachhinein und individuell festzustellen, da die fragliche Regelung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht handhabbar bleiben muss (vgl. entsprechend Urteil Dansk Jurist- og Økonomforbund, C‑546/11, EU:C:2013:603, Rn. 70).

79

Diese Erwägung drängt sich in Anbetracht der außerordentlich hohen Zahl von Beamten, der Länge des betroffenen Zeitraums, der Verschiedenheit der jeweiligen Laufbahnen und der Schwierigkeiten auf, die sich bei der Bestimmung der Vordienstzeiten ergeben könnten, die diese Beamten sachgerecht hätten geltend machen können. Somit ist davon auszugehen, dass die Methode, den Einzelfall jedes Bestandsbeamten zu prüfen, übermäßig kompliziert und in erhöhtem Maß fehlerträchtig gewesen wäre.

80

Unter diesen Umständen hat der nationale Gesetzgeber die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten, als er es als weder realistisch noch wünschenswert ansah, das neue Einstufungssystem rückwirkend auf alle Bestandsbeamten anzuwenden oder auf sie eine Überleitungsregelung anzuwenden, die dem bevorzugten Bestandsbeamten die Besoldung in der bisherigen Höhe so lange garantiert, bis er die nach dem neuen Besoldungssystem für die Erreichung einer höheren Besoldungsstufe erforderliche Erfahrung erworben hat.

81

Was zweitens die Nachteile betrifft, die mit einem Gesetz wie dem BerlBesÜG für die Betroffenen verbunden sein können, ist festzustellen, dass die Ermittlung dieser Nachteile in Anbetracht der Erwägungen in den Rn. 75 und 76 des vorliegenden Urteils und des Fehlens eines gültigen Bezugssystems, das einen Vergleich zwischen den bevorzugten und den benachteiligten Beamten ermöglicht hätte, besonders kompliziert ist.

82

Vor dem Gerichtshof wurde außerdem vorgetragen, dass die Besoldungsdifferenz aufgrund der dem deutschen Beamtenrecht eigenen Altersgrenzen für eine Einstellung gering sei. So geht aus den Erklärungen der deutschen Regierung hervor, dass in Fällen wie denen der Ausgangsverfahren eine Altersgrenze von 35 Jahren galt, so dass mögliche Besoldungsunterschiede nicht die Differenz zwischen der ersten und der letzten Stufe einer Besoldungsgruppe erreichen konnten.

83

Im Übrigen geht aus den Vorlageentscheidungen hervor, dass das BerlBesÜG zur Folge hat, dass die Besoldungsdifferenz nahezu gleich bleibt, und zwar solange, bis die Bestandsbeamten die höchste Stufe ihrer Besoldungsgruppe erreicht haben; sie enthalten dazu allerdings keine näheren oder konkreteren Angaben. Die deutsche Regierung hat ausgeführt, es gebe zwei Mechanismen, die geeignet seien, den Besoldungsunterschied, der dadurch entstehe, dass zwei Beamte aufgrund ihres Alters in unterschiedliche Stufen eingestuft würden, zu verringern oder sogar zu beseitigen. Die Verringerung der Stufenzahl und die Neueinstufung der Beamten in eine Besoldungsstufe, die ihrem früheren auf den vollen Euro-Betrag aufgerundeten Grundgehalt entspreche, führe dazu, dass sich die Besoldungsdifferenz verringere und in bestimmten Fällen nach einigen Jahren entfalle.

84

Eine solche Möglichkeit kann in Anbetracht der Angaben in den Vorlageentscheidungen und den dem Gericht vorgelegten Akten nicht ausgeschlossen werden.

85

Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass der nationale Gesetzgeber durch den Erlass abweichender Überleitungsmaßnahmen im BerlBesÜG über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgegangen wäre.

86

Somit ist auf die sechste und die siebte Frage zu antworten, dass die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschriften die Modalitäten der Überleitung von Beamten, die vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften verbeamtet worden sind, in ein neues Besoldungssystem festlegen und vorsehen, dass zum einen die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften erworbenen Berufserfahrung bemisst.

Zur vierten Frage

87

Mit seiner vierten Frage befragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof nach den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters durch das BBesG a. F. Es möchte wissen, ob sich diese Folgen aus der Richtlinie 2000/78 oder aus der auf das Urteil Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428) zurückgehenden Rechtsprechung ergeben und ob im letztgenannten Fall die Voraussetzungen für eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind. Es fragt insbesondere, ob unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren das Unionsrecht, insbesondere Art. 17 der Richtlinie 2000/78, vorschreibt, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen.

88

Zunächst ist auf die Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts hinzuweisen, die verlangt, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78 zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit ihr verfolgten Ziel im Einklang steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Lopes Da Silva Jorge, C‑42/11, EU:C:2012:517, Rn. 56).

89

Ist eine mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmende Auslegung und Anwendung der nationalen Regelung nicht möglich, muss eine unionsrechtswidrige nationale Regelung, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, der auch dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zukommt, unangewendet gelassen werden (vgl. Urteil Kücükdeveci, C‑555/07, EU:C:2010:21, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90

In seinen Vorlageentscheidungen führt das vorlegende Gericht jedoch aus, dass ihm eine unionsrechtskonforme Auslegung der §§ 27 und 28 BBesG a. F. ausgeschlossen erscheint.

91

Es stellt überdies fest, dass es unter Anwendung der im deutschen Recht anerkannten Auslegungsmethoden nicht in der Lage sei, die Lücke zu füllen, die entstehe, wenn die gegen das Diskriminierungsverbot verstoßenden nationalen Vorschriften nicht angewendet würden. Anders als bei dem Sachverhalt, der dem Urteil Hennigs und Mai (EU:C:2011:560) zugrunde liege, könne das im Rahmen der Ausgangsverfahren anwendbare deutsche Recht keinen Anspruch der diskriminierten Beamten auf Zahlung des Unterschieds zwischen ihrer Besoldung und der Besoldung der Beamten begründen, denen aufgrund ihres Lebensalters die höchste Besoldungsstufe zugeordnet worden sei.

92

Im Übrigen sei es ihm aufgrund von Erwägungen zum Schutz des berechtigten Vertrauens und des Besitzstands auch nicht möglich, ältere Beamte rückwirkend in eine niedrigere Stufe einzustufen.

93

Unter Bezugnahme auf die Urteile Terhoeve (C‑18/95, EU:C:1999:22, Rn. 57) und Landtová (C‑399/09, EU:C:2011:415, Rn. 51) wirft das vorlegende Gericht jedoch die Frage auf, ob die Wahrung des Gleichheitssatzes, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt wurde und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, nur dadurch gewährleistet werden kann, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen.

94

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, die Rechtsfolgen der Feststellung der Unvereinbarkeit von Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden mit der Richtlinie 2000/78 zu bestimmen.

95

Was zweitens die Urteile Terhoeve (EU:C:1999:22) und Landtová (EU:C:2011:415) betrifft, hat der Gerichtshof im Wesentlichen entschieden, dass die Wahrung des Gleichheitssatzes, wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Personengruppen vorsieht und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, nur dadurch gewährleistet werden kann, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen. Außerdem hat der Gerichtshof im Rahmen dieser Urteile klargestellt, dass die für die Angehörigen der bevorzugten Gruppe geltende Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt.

96

Diese Lösung kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn es ein solches gültiges Bezugssystem gibt. Bei nationalen Rechtsvorschriften wie den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in deren Rahmen es nicht möglich ist, eine Kategorie bevorzugter Beamter zu benennen, existiert aber kein solches Bezugssystem. Die §§ 27 und 28 BBesG a. F. gelten nämlich für jeden Beamten bei seiner Einstellung, und die sich daraus ergebenden diskriminierenden Aspekte betreffen, wie aus Rn. 42 des vorliegenden Urteils hervorgeht, potenziell alle Beamten.

97

Folglich ist die in den Rn. 93 und 95 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung nicht auf die beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssachen übertragbar.

98

Drittens ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Grundsatz der Haftung des Staates für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen, dem System der Verträge innewohnt, auf denen die Union beruht (vgl. in diesem Sinne Urteile Francovich u. a., EU:C:1991:428, Rn. 35, Brasserie du pêcheur und Factortame, C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 31, sowie Transportes Urbanos y Servicios Generales, C‑118/08, EU:C:2010:39, Rn. 29).

99

Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass die Geschädigten einen Entschädigungsanspruch haben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt die Verleihung von Rechten an die Geschädigten, der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert, und zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (vgl. in diesem Sinne Urteil Transportes Urbanos y Servicios Generales, EU:C:2010:39, Rn. 30).

100

Die konkrete Anwendung der Voraussetzungen für die Haftung der Mitgliedstaaten für Schäden, die Einzelnen durch Verstöße gegen das Unionsrecht entstanden sind, obliegt entsprechend den vom Gerichtshof hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten (vgl. Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 210 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101

Zur ersten Voraussetzung genügt die Feststellung, dass Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 in Verbindung mit deren Art. 1 allgemein und eindeutig jede sachlich nicht gerechtfertigte unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, u. a. wegen des Alters des Arbeitnehmers, verbietet. Diese Vorschriften sollen den Einzelnen Rechte verleihen, die sie gegenüber den Mitgliedstaaten geltend machen können.

102

Zur zweiten Voraussetzung hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht gegeben ist, wenn der Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat, wobei zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie der Umfang des Ermessensspielraums gehören, den die verletzte Vorschrift den nationalen Behörden belässt (Urteil Synthon, C‑452/06, EU:C:2008:565, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Ermessensspielraum des Mitgliedstaats stellt somit ein wichtiges Kriterium für die Feststellung eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht dar (Urteil Robins u. a., C‑278/05, EU:C:2007:56, Rn. 72).

103

Im vorliegenden Fall muss das vorlegende Gericht bei der Beurteilung, ob ein von dem betreffenden Mitgliedstaat begangener Verstoß gegen Art. 2 der Richtlinie 2000/78 hinreichend qualifiziert ist, den Umstand berücksichtigen, dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie es den Mitgliedstaaten freistellt, Maßnahmen vorzusehen, die unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlungen einschließen und ihnen bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, und bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung ein weites Ermessen einräumt.

104

Es ist festzustellen, dass die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem BBesG a. F. obliegenden Verpflichtung mit der Verkündung des Urteils Hennigs und Mai (EU:C:2011:560) erläutert und verdeutlicht worden sind.

105

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass zwar durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vornimmt, erforderlichenfalls erläutert und verdeutlicht wird, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil RWE Vertrieb, C‑92/11, EU:C:2013:180, Rn. 58), doch ist es Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob nicht Art und Umfang der Verpflichtungen, die den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 in Bezug auf Rechtsvorschriften wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden obliegen, gleichwohl erst seit dem Urteil Hennigs und Mai (EU:C:2011:560), d. h. seit dem 8. September 2011, als klar und präzise angesehen werden konnten (vgl. entsprechend Urteil Hogan u. a., C‑398/11, EU:C:2013:272, Rn. 51 und 52). Gegebenenfalls wäre das Fehlen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes vor diesem Zeitpunkt festzustellen.

106

Was die dritte Voraussetzung für eine Haftung des Staates wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht betrifft, obliegt dem vorlegenden Gericht die Prüfung, ob – wie sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten zu ergeben scheint – ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und dem den Klägern der Ausgangsverfahren möglicherweise entstandenen Schaden besteht.

107

Folglich ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine unionsrechtliche Haftung der Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind.

108

Nach alledem ist die vierte Frage wie folgt zu beantworten:

Das Unionsrecht, insbesondere Art. 17 der Richtlinie 2000/78, schreibt unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren nicht vor, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine unionsrechtliche Haftung der Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind.

Zur achten Frage

109

In Anbetracht der Antwort auf die sechste und die siebte Frage ist die achte Frage nicht zu beantworten.

Zur fünften Frage

110

Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschrift entgegensteht, nach der ein Beamter Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des laufenden Haushaltsjahrs, geltend machen muss.

111

Wie der Generalanwalt in Nr. 111 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bestimmt Art. 9 der Richtlinie 2000/78 zum einen, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus der Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg geltend machen können, und zum anderen, dass diese Verpflichtungen der Mitgliedstaaten einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend diesen Grundsatz unberührt lassen. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich, dass die Frage der Fristen für die Einleitung eines Verfahrens, mit dem den Verpflichtungen, die sich aus der Richtlinie ergeben, Geltung verschafft werden soll, vom Unionsrecht nicht geregelt wird.

112

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs mangels einer einschlägigen Unionsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind; sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. u. a. Urteile Meilicke u. a., C‑262/09, EU:C:2011:438, Rn. 55, und Pelati, C‑603/10, EU:C:2012:639, Rn. 23).

113

Zum Äquivalenzgrundsatz ist festzustellen, dass der Gerichtshof in Bezug auf die Ausgangsverfahren keinen Anhaltspunkt hat, der zu Zweifeln an der Vereinbarkeit einer Vorschrift wie der in diesen Verfahren in Rede stehenden mit dem genannten Grundsatz Anlass gäbe.

114

Zum Effektivitätsgrundsatz hat der Gerichtshof entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Abgabepflichtigen und die Behörde schützt, mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Solche Fristen sind nämlich nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren (Urteil Meilicke u. a., EU:C:2011:438, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115

Nach alledem ist auf die fünfte Vorlagefrage zu antworten, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, nach der ein Beamter Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des laufenden Haushaltsjahrs, geltend machen muss, nicht entgegensteht, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den Ausgangsverfahren erfüllt sind.

Kosten

116

Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass die Besoldungsbedingungen der Beamten in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.

 

2.

Die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, nach der sich wie bei der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme die Grundgehaltsstufe eines Beamten innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.

 

3.

Die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschriften die Modalitäten der Überleitung von Beamten, die vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften verbeamtet worden sind, in ein neues Besoldungssystem festlegen und vorsehen, dass zum einen die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften erworbenen Berufserfahrung bemisst.

 

4.

Das Unionsrecht, insbesondere Art. 17 der Richtlinie 2000/78, schreibt unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren nicht vor, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine unionsrechtliche Haftung der Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind.

 

5.

Das Unionsrecht steht einer nationalen Vorschrift wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, nach der ein Beamter Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des laufenden Haushaltsjahrs, geltend machen muss, nicht entgegen, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den Ausgangsverfahren erfüllt sind.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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