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Document 62008TJ0062

Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 1. Juli 2010.
ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni SpA gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen - Entschädigung für eine Enteignung aus Gemeinwohlgründen - Verlängerung eines Vorzugstarifs für den Bezug von Strom - Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird - Begriff der Vergünstigung - Grundsatz des Vertrauensschutzes - Durchführung der Beihilfe.
Rechtssache T-62/08.

European Court Reports 2010 II-03229

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2010:268

Rechtssache T-62/08

ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni SpA

gegen

Europäische Kommission

„Staatliche Beihilfen – Entschädigung für eine Enteignung aus Gemeinwohlgründen – Verlängerung eines Vorzugstarifs für den Bezug von Strom – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begriff der Vergünstigung – Grundsatz des Vertrauensschutzes – Durchführung der Beihilfe“

Leitsätze des Urteils

1.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Entschädigung für eine Enteignung von Wirtschaftsgütern – Ausschluss

(Art. 87 Abs. 1 EG)

2.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Verwaltungsverfahren – Pflicht der Kommission, die Beteiligten zur Äußerung aufzufordern – Anspruch des Beihilfeempfängers, an dem Verfahren angemessen beteiligt zu werden – Grenzen

(Art. 88 Abs. 2 EG)

3.      Unionsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Geltung für Verwaltungsverfahren vor der Kommission – Prüfung von Beihilfevorhaben – Umfang

(Art. 88 Abs. 2 EG)

4.      Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Anmeldung bei der Kommission – Umfang der Verpflichtung – Erforderlichkeit, die Beihilfemaßnahmen im Entwurfsstadium anzumelden

(Art. 88 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 2 und 3)

5.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission mit der die Rechtswidrigkeit einer Beihilfe festgestellt und deren Rückforderung angeordnet wird – Noch nicht ausgezahlte Beihilfe

(Art. 88 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14 Abs. 1)

6.      Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 88 EG gewährte Beihilfe – Etwaiges berechtigtes Vertrauen der Empfänger – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen

(Art. 88 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14 Abs. 1)

7.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, keine Einwände gegen eine nationale Maßnahme zu erheben – Kein berechtigtes Vertrauen des Empfängers in die Rechtmäßigkeit einer Verlängerung dieser Maßnahme

(Art. 88 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14 Abs. 1)

1.      Vergünstigungen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sind Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die damit einer Subvention gleichkommen, wie insbesondere die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen. Demgegenüber haben Zahlungen, zu denen nationale Behörden gegebenenfalls zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben, einen grundlegend anderen rechtlichen Charakter und stellen keine Beihilfen im Sinne der Art. 87 EG und 88 EG dar.

Als staatliche Beihilfe einzustufen, ist dagegen eine Maßnahme, die in der Verlängerung einer Maßnahme besteht, mit der einem Unternehmen ein Strombezugvorzugstarif als Entschädigung für eine Enteignung im Zusammenhang mit der Verstaatlichung des Stromsektors eingeräumt wurde, wenn der Vorzugstarif als Entschädigung für einen ganz bestimmten Zeitraum ohne Verlängerungsmöglichkeit gewährt wurde. Außerdem kann eine Maßnahme, die nur eine der Tarifvorzugsbedingungen ist, deren Verlängerung bezweckt, „die Entwicklung und die Restrukturierung der Erzeugung der betroffenen Unternehmen zu ermöglichen“, nicht als die rechtmäßige Fortführung der Entschädigung des Unternehmens infolge der Verstaatlichung angesehen werden.

(vgl. Randnrn. 57, 60, 63, 72, 74, 99, 101)

2.      Das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren, das gegenüber dem im Licht seiner gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird. Im Rahmen dieses Verfahrens haben andere Beteiligte als der für die Gewährung der Beihilfe verantwortliche Mitgliedstaat somit nicht selbst Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten dieses Staates eingeleitet wird. Sie haben daher im Wesentlichen die Rolle einer Informationsquelle für die Kommission. Keine Vorschrift des Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen weist insoweit dem Beihilfeempfänger eine besondere Rolle unter den Beteiligten zu. Das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist auch kein Verfahren „gegen“ den Beihilfeempfänger, das zur Folge hätte, dass dieser so umfassende Rechte wie die Verteidigungsrechte als solche geltend machen könnte. Adressaten der von der Kommission auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen erlassenen Entscheidungen sind nämlich einzig und allein die betroffenen Mitgliedstaaten.

Die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie die des Rechts, gehört zu werden, und der ordnungsgemäßen Verwaltung können dem Gemeinschaftsrichter nicht erlauben, die Verfahrensrechte auszudehnen, die den Beteiligten im Rahmen der Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen durch den Vertrag und das abgeleitete Recht eingeräumt werden. Auch der Umstand, dass ein Kläger gegen die angefochtene Entscheidung klagebefugt wäre, erlaubt das nicht.

Die Kommission ist nämlich weder nach einer Vorschrift über staatliche Beihilfen noch nach der Rechtsprechung verpflichtet, den Empfänger staatlicher Mittel zu ihrer rechtlichen Beurteilung der fraglichen Maßnahme zu hören oder den betroffenen Mitgliedstaat – oder gar den Beihilfeempfänger – vor Erlass ihrer Entscheidung über ihren Standpunkt zu informieren, wenn den Beteiligten und dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

(vgl. Randnrn. 161-163, 166-168)

3.      Auf dem Gebiet der Kontrolle staatlicher Beihilfen gebietet es der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, dass dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit gegeben wird, zu den Äußerungen beteiligter Dritter nach Art. 88 Abs. 2 EG, auf die die Kommission ihre Entscheidung stützen will, in zweckdienlicher Weise Stellung zu nehmen; die Kommission darf solche Äußerungen in ihrer Entscheidung gegen diesen Staat nicht berücksichtigen, soweit dieser keine Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen. Eine solche Verletzung der Verteidigungsrechte führt jedoch nur dann zu einer Nichtigerklärung, wenn das Verfahren ohne diesen Rechtsfehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

(vgl. Randnr. 189)

4.      Der Einführung neuer Beihilfen durch die Mitgliedstaaten muss ein Prüfverfahren vorausgehen, ohne das eine Beihilfe nicht als ordnungsgemäß eingeführt angesehen werden kann. Nach Art. 88 Abs. 3 EG und den Art. 2 und 3 der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] muss nämlich jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen bei der Kommission angemeldet werden und darf nicht durchgeführt werden, bevor diese nicht, implizit oder ausdrücklich, ihre Zustimmung erteilt hat.

Die Mitgliedstaaten müssen somit zwei nicht voneinander trennbaren Verpflichtungen nachkommen, nämlich der Pflicht zur vorherigen Anmeldung der Beihilfevorhaben und der Pflicht, mit der Durchführung dieser Vorhaben bis zur Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu warten.

Eine Beihilfe kann als gewährt gelten, auch wenn sie dem Begünstigten noch nicht ausgezahlt wurde.

Außerdem ist die Kommission von Beihilfemaßnahmen zu unterrichten, wenn sich diese noch im Entwurfsstadium befinden, d. h. vor der Durchführung und solange sie noch nach Maßgabe etwaiger Einwände der Kommission geändert werden können. Es muss nämlich die Gelegenheit für die Kommission sichergestellt sein, ihre Kontrolle über jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen rechtzeitig und im allgemeinen Interesse auszuüben und so eine vorbeugende Untersuchung durchzuführen. Es widerspräche der Logik des Systems der Vorabkontrolle der staatlichen Beihilfen, wenn die Kommission einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG erst feststellen könnte, nachdem sie überprüft hat, dass jeder Empfänger tatsächlich von den Vorteilen der fraglichen Maßnahme profitiert.

(vgl. Randnrn. 228-230, 234-236)

5.      Der Wortlaut von Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG], nach dem die Kommission in Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreifen muss, um die Beihilfe zurückzufordern, bringt den systematischen Charakter der Rückforderung zum Ausdruck.

Wird die Kommission im Verwaltungsverfahren darüber unterrichtet, dass die streitigen Beihilfen den Empfängern noch nicht ausgezahlt wurden, ist nicht gewährleistet, dass diese Zahlungen nicht später erfolgt sind, insbesondere zwischen dem Zeitpunkt, zu dem diese Information erteilt wurde, und dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der endgültigen Entscheidung. Der Kommission kann jedenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in der Absicht, mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten, die konkreten Folgen ihrer Entscheidung klar dargelegt hat.

Der Umstand, dass eine Beihilfe ihrem Empfänger noch nicht ausgezahlt wurde, kann nämlich nicht die Gültigkeit der Entscheidung der Kommission, sondern nur die Modalitäten der Beihilferückforderung berühren. Die Rückforderung der Beihilfe findet grundsätzlich nach Maßgabe des einschlägigen nationalen Rechts mit dem Vorbehalt statt, dass dessen Anwendung die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Rückforderung nicht praktisch unmöglich machen darf, und über Streitigkeiten, die die Durchführung der Rückforderung betreffen, entscheidet ausschließlich das nationale Gericht.

Die Pflicht eines Mitgliedstaats, den genauen Betrag der zurückzufordernden Beihilfen zu berechnen, gehört insbesondere dann, wenn diese Berechnung von Auskünften abhängt, die der Mitgliedstaat der Kommission nicht übermittelt hat, zu der allgemeineren Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit, die die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen gegenseitig bindet. Der Kommission kann nicht vorgeworfen werden, dass sie rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, die ihr gegenüber im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können, aber nicht vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt hat, da sie nicht verpflichtet ist, von Amts wegen und mutmaßend zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr gegenüber hätten vorgetragen werden können.

(vgl. Randnrn. 239, 241, 250-251)

6.      Da die Überwachung staatlicher Beihilfen durch die Kommission in Art. 88 EG zwingend vorgeschrieben ist, dürfen Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit einer ihnen gewährten Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Beachtung des dort vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmer muss es nämlich regelmäßig möglich sein, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren beachtet wurde. Insbesondere kann der Empfänger einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission durchgeführt wurde, so dass sie gemäß Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig ist, kein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit ihrer Gewährung haben.

Die Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe können jedoch gegen deren Rückforderung Ausnahmeumstände anführen, die bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit dieser Beihilfe entstehen lassen konnten.

Im Übrigen hat der Erlass der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] eine neue Situation hinsichtlich der Rückforderung unvereinbarer Beihilfen geschaffen, aus der sämtliche rechtliche Konsequenzen zu ziehen sind. Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung bestätigt den systematischen Charakter der Rückforderung (Satz 1), sieht aber eine Ausnahme vor (Satz 2), wenn die Rückforderung gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstößt. Somit gibt es eine Bestimmung des abgeleiteten Rechts, die die Kommission beim Erlass ihrer Entscheidungen berücksichtigen muss und die sie dazu veranlassen kann, gegebenfalls darauf zu verzichten, die Rückforderung unvereinbarer Beihilfen zu verlangen. Der Verstoß gegen eine solche Bestimmung kann unbestreitbar für einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung in dem Teil, mit dem die Rückforderung verlangt wird, geltend gemacht werden.

(vgl. Randnrn. 269-271, 275-276)

7.      Der bloße Umstand, dass der Empfänger möglicherweise Zweifel an der Bewertung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe hat, reicht ganz offenkundig nicht aus, um bei ihm ein wie auch immer geartetes berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe oder darauf, dass die streitige Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellt, zu erwecken.

So kann die Entscheidung der Kommission, gegen eine Maßnahme in Form der Gewährung eines Strombezugvorzugstarifs keine Einwände zu erheben, kein berechtigtes Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der späteren Verlängerung dieser Maßnahme oder darauf, dass dieser Vorzugstarif keine Beihilfe ist, begründen.

(vgl. Randnrn. 283-284, 288)







URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

1. Juli 2010(*)

„Staatliche Beihilfen – Entschädigung für eine Enteignung aus Gemeinwohlgründen – Verlängerung eines Vorzugstarifs für den Bezug von Strom – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begriff der Vergünstigung – Grundsatz des Vertrauensschutzes – Durchführung der Beihilfe“

In der Rechtssache T‑62/08

ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni SpA mit Sitz in Terni (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Salonico, G. Pellegrino, G. Pellegrino und G. Barone,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C. Giolito und G. Conte als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2008/408/EG der Kommission vom 20. November 2007 über die staatliche Beihilfe C 36/A/06 (ex NN 38/06), die Italien ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche gewährt hat (ABl. 2008, L 144, S. 37),

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras (Berichterstatter) sowie der Richter M. Prek und V. M. Ciucă,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2009

folgendes

Urteil

 Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

1        Mit dem Gesetz Nr. 1643 vom 6. Dezember 1962 zur Schaffung der Ente nazionale per l’energia elettrica (ENEL) und zur Übertragung der Unternehmen der Stromwirtschaft auf diese (GURI Nr. 316 vom 12. Dezember 1962, S. 5007, im Folgenden: Gesetz Nr. 1643/62) verstaatlichte die Italienische Republik den Stromsektor. Sie übertrug der ENEL mit diesem Gesetz das Inlandsmonopol für die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr, den Transport, die Umwandlung, den Vertrieb und den Verkauf von elektrischer Energie unabhängig von deren Erzeugungsquelle, jedoch mit einigen Ausnahmen.

2        So wurden nach Art. 4 Abs. 6 des Gesetzes Nr. 1643/62 diejenigen Unternehmen von der Verstaatlichung des Stromsektors ausgenommen, die Strom im Wesentlichen für den Eigenverbrauch erzeugten (im Folgenden: Eigenerzeuger).

3        Zur damaligen Zeit war Terni, eine Gesellschaft mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung, in den Sektoren Eisen und Stahl, Chemie und Zement tätig. Darüber hinaus besaß und betrieb sie Wasserkraftwerke, deren Erzeugung im Wesentlichen für ihre Fertigungsprozesse genutzt wurde.

4        In Anbetracht seiner strategischen Bedeutung für die Stromversorgung des Landes wurde der Geschäftsbereich Wasserkraft von Terni trotz ihrer Stellung als Eigenerzeuger in die Verstaatlichung einbezogen.

5        Mit dem Dekret Nr. 1165 des Präsidenten der Republik vom 21. August 1963 über die Übertragung des von der „Terni: Società per l’Industria e l’Elettricità“ SpA für Tätigkeiten im Sinne des Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 1643/62 genutzten Betriebsvermögens auf die ENEL (Ordentliche Beilage zur GURI Nr. 230 vom 31. August 1963, S. 58, im Folgenden: Dekret Nr. 1165/63) entschädigte die Italienische Republik Terni für die Übertragung ihrer Anlagen durch die Gewährung eines Vorzugsstromtarifs (im Folgenden: Terni-Tarif) für den Zeitraum von 1963 bis 1992.

6        1964 wurde Terni in drei Gesellschaften aufgespalten: Terni Acciai Speciali, die Stahl herstellt, Nuova Terni Industrie Chimiche, die im Chemiesektor tätig ist, und Cementir, die Zement erzeugt (im Folgenden zusammen: Terni-Nachfolgegesellschaften). Diese Gesellschaften wurden in der Folge privatisiert und von ThyssenKrupp, Norsk Hydro und Caltagirone übernommen, woraus die ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni SpA, die Nuova Terni Industrie Chimiche SpA und die Cementir SpA hervorgingen, die weiterhin vom Terni-Tarif profitierten.

7        Mit dem Gesetz Nr. 9 vom 9. Januar 1991 mit Durchführungsvorschriften zum neuen nationalen Energieplan: institutionelle Aspekte, Wasserkraftwerke und Stromleitungen, Kohlenwasserstoffe und Erdwärme, Eigenverbrauchserzeugung und Steuerbestimmungen (Ordentliche Beilage zur GURI Nr. 13 vom 16. Januar 1991, S. 3, im Folgenden: Gesetz Nr. 9/91) verlängerte die Italienische Republik die Laufzeit der bestehenden Wasserkraftstromkonzessionen, auf deren Grundlage die Gesellschaften tätig sind, die öffentliche Wasservorkommen zur Stromerzeugung bewirtschaften, bis zum 31. Dezember 2001.

8        Mit Art. 20 Abs. 4 dieses Gesetzes verlängerte die Italienische Republik auch die Laufzeit des Terni-Tarifs bis zum 31. Dezember 2001. Ferner wurde eine stufenweise Verringerung der den Terni-Nachfolgegesellschaften gelieferten Menge subventionierten Stroms im Laufe der anschließenden sechs Jahre (2002–2007) bis zum Auslaufen der Tarifvergünstigung bis Ende 2007 vorgesehen.

9        Das Gesetz Nr. 9/91 wurde von den italienischen Behörden bei der Kommission angemeldet, die am 6. August 1991 eine Entscheidung erließ, keine Einwände zu erheben (Entscheidung betreffend die staatliche Beihilfe NN 52/91, im Folgenden: Entscheidung vom 6. August 1991).

10      Mit dem Decreto legislativo Nr. 79 vom 16. März 1999 zur Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (GURI Nr. 75 vom 31. März 1999, S. 8, im Folgenden: Dekret Nr. 79/99) verlängerte die Italienische Republik die Laufzeit der bestehenden Wasserkraftstromkonzessionen. Art. 12 Abs. 7 und 8 dieses Dekrets sah Folgendes vor:

„7. Die bis zum 31. Dezember 2010 abgelaufenen oder dann ablaufenden Konzessionen werden zu diesem Datum verlängert, und die betroffenen Konzessionsinhaber führen die Tätigkeit ohne Notwendigkeit einer Verwaltungshandlung fort und teilen dies der konzessionserteilenden Verwaltung binnen neunzig Tagen nach Inkrafttreten dieses Dekrets mit …

8. Für die Konzessionen, deren Ablauf für nach dem 31. Dezember 2010 festgesetzt ist, gilt die in der Konzession festgelegte Ablauffrist.“

11      Nach Art. 11 Abs. 11 des in das Gesetz Nr. 80 vom 14. Mai 2005 (im Folgenden: Gesetz Nr. 80/05) umgewandelten Decreto-legge Nr. 35 vom 14. März 2005 über Dringlichkeitsmaßnahmen im Bereich des Aktionsplans für die wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung (GURI Nr. 62 vom 16. März 2005, S. 4) verlängerte die Italienische Republik die Laufzeit des Terni-Tarifs erneut, und zwar bis 2010, wobei die Maßnahme ab dem 1. Januar 2005 Anwendung fand (im Folgenden: streitige Maßnahme). In dem Gesetz Nr. 80/05 heißt es, dass den Terni-Nachfolgegesellschaften bis 2010 weiterhin die Behandlung gewährt wird, von der sie am 31. Dezember 2004 hinsichtlich Liefermengen (zusammen 926 GWh für die drei Gesellschaften) und Preis (1,32 Eurocent/kWh) profitierten. Wenig später wurde die Laufzeit der Wasserkraftstromkonzessionen mit dem Gesetz Nr. 266 vom 23. Dezember 2005 allgemein bis 2020 verlängert.

12      Nachdem der Kommission diese Verlängerungsmaßnahme im Rahmen von Untersuchungen in einer anderen Sache zur Kenntnis gelangte, forderte sie die italienischen Behörden mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 zu Auskünften auf, die ihr von den genannten Behörden mit Schreiben vom 24. Februar 2006, gefolgt von zwei weiteren Schreiben vom 2. März und 27. April 2006, erteilt wurden.

13      Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 unterrichtete die Kommission die Italienische Republik von ihrer Entscheidung, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. C 214, S. 5) veröffentlicht, und die Kommission forderte alle betroffenen Dritten zur Stellungnahme zu der streitigen Maßnahme auf.

14      Die Italienische Republik äußerte sich mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 und erteilte mit Schreiben vom 9. November und 7. Dezember 2006 zusätzliche Auskünfte.

15      Die Kommission erhielt Stellungnahmen von betroffenen Dritten und übermittelte sie den italienischen Behörden, wobei sie diesen die Möglichkeit gab, sich dazu zu äußern. Die Stellungnahmen der Italienischen Republik gingen ihr mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 zu.

16      Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 forderte die Kommission weitere Informationen an, die ihr von den italienischen Behörden mit Schreiben vom 16. April, 10. und 14. Mai 2007 übermittelt wurden.

17      Am 20. November 2007 erließ die Kommission die Entscheidung über die staatliche Beihilfe C 36/A/06 (ex NN 38/06), die Italien ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche gewährt hat (ABl. 2008, L 144, S. 37, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

18      Der 163. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung lautet:

„Die Kommission stellt fest, dass [die Italienische Republik] mit der rechtswidrigen Ausführung von Artikel 11 Absatz 11 des [Decreto-Legge NR. 35/05] – konvertiert zu Gesetz [Nr. 80/05] – zur Änderung und Verlängerung des ermäßigten Stromtarifs für die drei aus Terni hervorgegangenen Unternehmen bis 2010 gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag verstoßen hat. Die Kommission ist der Ansicht, dass auf diese Maßnahme, die eine reine Betriebsbeihilfe darstellt, keine der vom EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmetatbestände angewandt werden können und sie somit mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Daher sind die Beihilfeelemente der beanstandeten Maßnahme, die noch nicht gewährt oder ausgezahlt wurden, aufzuheben. Die bereits ausgezahlten Beihilfebeträge sind zurückzufordern. Die Beihilfebeträge, auf die die Begünstigten aufgrund des Gesetzes Nr. [9/91] in den Jahren 2005, 2006 und 2007 Anspruch gehabt hätten, können von dem zurückzufordernden Gesamtbetrag in Abzug gebracht werden.“

19      Im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung heißt es:

„Artikel 1

(1)      Die staatliche Beihilfe, die [die Italienische Republik] zugunsten der Unternehmen ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche durchgeführt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

(2)      Die von [der Italienischen Republik] ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche bereits gewährte, jedoch noch nicht ausgezahlte Beihilfe ist ebenfalls mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar [und darf nicht vollzogen werden].

Artikel 2

(1)      [Die Italienische Republik] fordert die in Artikel 1 Absatz 1 genannte Beihilfe von den Empfängern zurück.

…“

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschrift, die am 6. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

21      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für rechtswidrig und insgesamt nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        erforderlichenfalls der Kommission gemäß den Art. 64 und 66 der Verfahrensordnung des Gerichts die Vorlage der von den italienischen Behörden im September und November 1991 versandten und empfangenen Schriftstücke aufzugeben sowie jede andere für angebracht gehaltene prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme anzuordnen;

oder, hilfsweise, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin

–        festgestellt wird, dass die Italienische Republik die Beihilfe zugunsten der Klägerin, von Cementir und von Nuova Terni Industrie Chimiche unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG durchgeführt hat;

–        festgestellt wird, dass von der Klägerin, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche Gelder zurückzufordern sind, und demzufolge

–        angeordnet wird, dass die Italienische Republik diese Gelder zuzüglich Zinsen unverzüglich zurückzufordern hat;

oder, weiter hilfsweise, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin der Italienischen Republik aufgegeben wird, die Beihilfe zuzüglich Zinsen unverzüglich zurückzufordern, weil eine solche Rückforderung gegen den allgemeinen Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt.

22      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

23      Die Klägerin macht vier Klagegründe geltend, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG, zweitens einen Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften und gegen die Art. 87 EG und 88 EG aufgrund eines offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung der von den italienischen Behörden vorgelegten Wirtschaftsstudie, drittens einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG und viertens einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) sowie gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 1 EG

 Vorbringen der Parteien

24      Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe die streitige Maßnahme zu Unrecht als staatliche Beihilfe angesehen und infolgedessen für anmeldepflichtig erachtet.

25      Sie weist darauf hin, dass, wie die Kommission im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung selbst einräume, Entschädigungsmaßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden gewährt würden, die Unternehmen infolge insbesondere einer Enteignung entstünden, nicht als staatliche Beihilfen gälten.

26      Im vorliegenden Fall habe die ausnahmsweise Enteignung von Terni im Jahr 1962 dieser einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Konkurrenten zugefügt, was den Gesetzgeber veranlasst habe, für Terni, um dieser schwerwiegenden Diskriminierung abzuhelfen, ein ganz anderes Entschädigungs-„Kriterium“ als die den anderen enteigneten Unternehmen gewährte einmalige finanzielle Entschädigung einzuführen und so „nicht das innere Gleichgewicht dieses Unternehmens zu stören“, das der Verstaatlichung nach dem Gesetz hätte entgehen müssen.

27      Deshalb sei Terni mit dem Gesetz Nr. 1643/62 das Recht gewährt worden, über eine längere Zeit eine in eine virtuelle Eigenerzeugerstellung versetzende wirtschaftliche Entschädigung in Form eines Sondertarifs für die Belieferung mit Strom zu erhalten, um langfristig die – zum Zeitpunkt der Enteignung schwer absehbaren –strompreisentwicklungsbedingten etwaigen Zusatzschäden abzudecken und so die Folgen dieser Entwicklung auf Dauer zu neutralisieren.

28      In Anwendung dieses flexiblen Kriteriums, mit dem ein nicht diskriminierender Gleichlauf zwischen Terni und den anderen, nicht enteigneten Eigenerzeugern aufrechterhalten worden sei, habe das Dekret Nr. 1165/63 vorgesehen, dass der Terni-Tarif dieselbe Laufzeit haben müsse wie die den nicht enteigneten Eigenerzeugern gewährten Wasserkraftstromkonzessionen, also bis zum 31. Dezember 1992, dem Zeitpunkt, zu dem die diskriminierenden Folgen der Enteignung des Geschäftsbereichs Wasserkraft von Terni wahrscheinlich ein Ende gefunden hätten. Ende 1992 hätte Terni nämlich die Konzessionen für die Bewirtschaftung von Wasservorkommen mit dem Ziel der Eigenstromerzeugung verlieren müssen.

29      Die so festgelegte Entschädigung sei damit das Ergebnis dreier Faktoren: der Strommenge, des Strompreises und der Dauer. Nur der erste dieser Faktoren sei endgültig festgelegt worden, und zwar nach Maßgabe des Verbrauchs von Terni im Jahr 1961 und des voraussichtlichen Verbrauchsanstiegs im Zusammenhang mit bereits begonnenen, aber 1962 noch nicht abgeschlossenen Investitionen. Der Preis sei nicht der Höhe, sondern der Berechnungsmethode nach festgelegt worden, da allein seine Flexibilität es gestattet habe, den Grundgedanken der gewählten Entschädigung zu befolgen. Die Laufzeit sei auf 30 Jahre festgesetzt worden, und zwar nicht, weil mit dieser Dauer der Wert der enteigneten Güter habe abgedeckt werden können, sondern, weil sie nach dem Kriterium des Vergleichs mit den nicht enteigneten Eigenerzeugern stets der Laufzeit der Wasserkraftstromkonzessionen entspreche, was die Kommission in den Erwägungsgründen 18 und 77 der angefochtenen Entscheidung auch anerkannt habe.

30      Das Ziel, die wirtschaftlichen Bedingungen und das Unternehmensgleichgewicht von Terni aus der Zeit vor der Enteignung weitestmöglich wiederherzustellen, sei auch gemäß italienischen Verfassungsgrundsätzen, nämlich dem Diskriminierungsverbot und dem Grundsatz einer „ernstlichen“, „sachgerechten und angemessenen“ Enteignungsentschädigung, sowie gemäß dem in Art. 4 Abs. 1 EG enthaltenen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des Schutzes des freien Wettbewerbs zugrunde gelegt worden.

31      Dieser ursprüngliche Entschädigungsmechanismus entspreche auch den Grundsätzen des Art. 1 des Zusatzprotokolls zur am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR).

32      Die Kommission behaupte zu Unrecht, dass jede zeitliche Verlängerung dieser Regelung eine Änderung des Ursprungsmechanismus mit sich bringe, die ihrem Wesen nach den Wiedergutmachungscharakter der Entschädigung ohne Frage und ausnahmslos verändere. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Charakter der Entschädigung durch die Verlängerung der Tarifmaßnahme verändert werde, sei das oben genannte Ziel, wie es ex ante festgelegt worden sei, zu beachten.

33      Die Klägerin weist darauf hin, dass mit dem Gesetz Nr. 529 vom 7. August 1982 zur Regelung der Beziehungen zwischen der ENEL, den Elektrizitätsunternehmen der Gebietskörperschaften und den Eigenstrom erzeugenden Unternehmen auf dem Gebiet der Konzessionen für Großwasserkraftwerke (GURI Nr. 222 vom 13. August 1982, S. 5771) und Art. 24 des Gesetzes Nr. 9/91 die Laufzeit der Ende 1992 auslaufenden Wasserkraftstromkonzessionen zugunsten der damaligen Konzessionäre bis zum 31. Dezember 2001 verlängert worden sei und dass diese ganz ausnahmsweise und zur Zeit der Verstaatlichung sicher nicht vorhersehbare Verlängerung das Problem der Umsetzung des für Terni geschaffenen Entschädigungskriteriums habe wiederaufleben lassen. Im Einklang mit der durch das Gesetz Nr. 1643/62 und das Dekret Nr. 1165/63 festgesetzten Entschädigungsmethode und zur Aufrechterhaltung des Gleichlaufs zwischen Terni und den anderen Eigenerzeugern habe der Gesetzgeber mit dem Erlass von Art. 20 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 9/91 beschlossen, die Laufzeit des Terni-Tarifs bis zum 31. Dezember 2001 zu verlängern.

34      Anders als die Kommission behaupte, enthalte Art. 20 des Gesetzes Nr. 9/91, der die Verlängerung des Terni-Tarifs vorsehe, zwei ausdrückliche Bezugnahmen und eine mittelbare auf die Eigenerzeuger, die bestätigten, dass die Verlängerung dieses Tarifs für den italienischen Staat eine zwingende Maßnahme zur Umsetzung des mit dem Gesetz Nr. 1643/62 festgesetzten Entschädigungs-„Kriteriums“ gewesen sei.

35      Mit der Entscheidung vom 6. August 1991 habe die Kommission beschlossen, „keine Einwände“ gegen die Anwendung des Gesetzes Nr. 9/91 „zu erheben“. Außerdem habe sie, nachdem sie bei der Italienischen Republik spezifische Auskünfte „zu einer vermutlichen Beihilfe für die Gesellschaft Ilva [Rechtsnachfolgerin von Terni] durch eine Stromtarifminderung“ angefordert und den tatsächlichen Entschädigungscharakter des Vorzugstarifs verdeutlichende Antworten erhalten habe, in dieser Sache kein Verfahren eingeleitet. Daraus folge, dass die Kommission zu der Erkenntnis gelangt sei, dass diese Verlängerung eine rechtmäßige Fortführung der mit dem Gesetz Nr. 1643/62 und dem Dekret Nr. 1165/63 erlassenen Entschädigungsmaßnahme zugunsten von Terni gewesen sei und die betreffende Tarifregelung aus diesem Grund nicht der Gemeinschaftsregelung über staatliche Beihilfen unterlegen habe.

36      Die Klägerin erinnert daran, dass die Laufzeit der Wasserkraftstromkonzessionen durch Art. 12 Abs. 7 des Dekrets Nr. 79/99 erneut, bis zum 31. Dezember 2010, verlängert worden sei, während der Terni-Tarif nicht gleichzeitig verlängert worden sei, da mit der im Gesetz Nr. 9/91 vorgesehenen Verlängerung auch eine Regelung des stufenweisen Ausstiegs eingeführt worden sei, der mit dem Auslaufen der Wasserkraftstromkonzessionen (d. h. Ende 2001) hätte beginnen und bis Ende 2007 abgeschlossen sein sollen. Außerdem sei erwartet worden, dass die ebenfalls mit dem Dekret Nr. 79/99 eingeführte Liberalisierung des Strommarkts die Terni-Nachfolgegesellschaften in die Lage versetzen würde, auf dem liberalisierten Markt Strom zu Wettbewerbspreisen in Höhe etwa der Erzeugungskosten zu beziehen, die ihnen entstanden wären, wenn sie im Besitz der enteigneten Kraftwerke geblieben wären.

37      Allerdings habe die Liberalisierung des Strommarkts in Italien im Jahr 2005 nicht die erwarteten positiven Wettbewerbsauswirkungen gehabt, und die Terni-Nachfolgegesellschaften hätten sich erneut in einer gegenüber den nicht enteigneten Eigenerzeugern nachteiligen Lage wieder gefunden, was den Gesetzgeber zum Erlass der streitigen Maßnahme veranlasst habe. Es liege auf der Hand, dass die Klägerin und die anderen Terni-Nachfolgegesellschaften, als die Italienische Republik die nochmalige Verschiebung des Auslaufens der Wasserkraftstromkonzessionen bis 2010 beschlossen habe, bereits einen Anspruch auf die Fortführung des Terni-Tarifs, wenn auch in einem anderen Maße und für eine andere Dauer als bei diesen Konzessionen, gehabt hätten. Letztlich habe die streitige Maßnahme den ursprünglichen Grundgedanken der Entschädigung intakt gehalten, Terni wie einen virtuellen Eigenerzeuger zu behandeln.

38      Dieser Status als virtueller Eigenerzeuger sei über die Zeit hinweg auch zu anderen Zwecken aufrechterhalten worden, u. a. bei der Aufnahme des als „Wärmezuschlags“ bezeichneten Bestandteils in den Stromtarif in Italien, von dem Terni wie alle Eigenerzeuger befreit worden sei. Zudem hätten sowohl die Corte suprema di cassazione (italienischer Kassationsgerichtshof) als auch der Consiglio di Stato (italienischer Staatsrat) in Urteilen, die zu einem neutralen Zeitpunkt und in Rechtssachen mit einem ganz anderen Gegenstand als dem vorliegenden ergangen seien, offiziell die spezifische Logik des Gleichlaufs und des Kriteriums des virtuellen Eigenerzeugers, die die Grundlage für den Terni-Tarif bildeten, anerkannt. Diese beiden Höchstgerichte hätten nämlich bestätigt, dass sich selbst nach 1992 der Stromtarif, den Terni der ENEL habe bezahlen müssen, genauso habe zusammensetzen müssen wie die Kosten der anderen Eigenerzeuger. Der Einwand der Kommission, dass diese Auslegung insoweit unerheblich sei, als sie sich nicht auf das Dekret Nr. 1165/63, sondern nur auf das Gesetz Nr. 9/91 beziehe, sei formalistisch und entspreche nicht der Wirklichkeit, da die Schlussfolgerungen jener Urteile gerade auf der spezifischen Logik der Terni im Rahmen der Verstaatlichung gewährten Entschädigung und insbesondere auf der Auslegung des Art. 4 des Gesetzes Nr. 1643/62 und der Art. 7 und 8 des Dekrets Nr. 1165/63 beruhten.

39      Der Standpunkt der Kommission lasse Widersprüche sowohl innerhalb der angefochtenen Entscheidung selbst als auch zwischen dieser und der Klagebeantwortung erkennen.

40      Die Behauptung der Kommission, dass „[j]edwede Änderung der Beträge oder des Mechanismus ex post … zwangsläufig die Maßnahme an sich verändert,“ stehe in offenem Widerspruch zu dem, was die Kommission selbst anerkenne, nämlich, dass die Logik der Verlängerungen in der „Aufrechterhaltung einer Gleichbehandlung mit den … [Wasserkraft-]Stromerzeugern …, deren Konzessionen verlängert wurden“, bestehe (92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die ursprüngliche Laufzeit nach Maßgabe des Auslauftermins der Wasserkraftstromkonzessionen festgesetzt worden sei (77. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) oder dass die vom italienischen Gesetzgeber 1962 gewählte Entschädigungsmethode gerechtfertigt gewesen sei, da dadurch, „das Risiko eines eventuellen weiteren Schadens für [Terni] für den Fall eines Anstiegs der Energiepreise in den nachfolgenden Jahren … neutralisiert wurde“ (73. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

41      Darin liege die implizite Anerkennung dessen, dass der Terni infolge der Enteignung entstandene Schaden eng mit dem Vorteil der anderen Eigenerzeuger hinsichtlich der Stromversorgungskosten zusammenhänge, so dass anerkannt werden müsse, dass die an die Verlängerung der Laufzeit der Konzessionen geknüpfte Verlängerung der Entschädigungsdauer keine neue Maßnahme (und auch kein neues Kriterium), sondern nur die berechtigte Durchführung der ursprünglichen Maßnahme sei.

42      Der einzige Grund, aus dem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung den Entschädigungscharakter der Verlängerung des Terni-Tarifs in Abrede stelle, beruhe auf dem zeitlichen Gesichtspunkt, worin eine äußerst förmliche Herangehensweise zum Ausdruck komme, die weder mit den Auslegungskriterien des italienischen Rechts, das die Bedeutung des gesetzgeberischen Willens anerkenne, noch mit der sowohl bei der Kommission als auch bei den Gemeinschaftsgerichten üblichen „materiellen Würdigung“, insbesondere bei der Anwendung der Bestimmungen des EG-Vertrags, in Einklang stehe.

43      Sobald man anerkenne, dass die Entschädigung nicht in der effektiven Bewertung des enteigneten Vermögens bestanden habe, sondern das wirtschaftliche und finanzielle Gleichgewicht von Terni mit Blick auf die Stromkosten dem Grundgedanken der Behandlung als virtueller Eigenerzeuger folgend habe aufrechterhalten sollen, könne nicht mehr behauptet werden, dass eine der zur Erreichung dieses Ergebnisses festgelegten Variablen unverändert bleiben müsse, wenn sich der Faktor, anhand dessen sie ursprünglich festgelegt worden sei, geändert habe. Das bedeute, dass, genauso wie der Strompreis für Terni (d. h. der Terni-Tarif) der Tarifentwicklung bei der ENEL habe folgen sollen, auch die Geltungsdauer des Anspruchs auf diesen Tarif nach Maßgabe der Verschiebung des dann auf den 31. Dezember 2001 festgelegten Auslauftermins der Wasserkraftstromkonzessionen geändert worden sei. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass, während die Preisänderung klar und ausdrücklich in Art. 8 des Dekrets Nr. 1165/63 vorgesehen gewesen sei, weil die Änderung der von der ENEL berechneten Preise bei Erlass dieser Vorschrift ein normales und vorhersehbares Ereignis gewesen sei, auf die Änderung der Laufzeit nicht ausdrücklich eingegangen worden sei, da niemand 30 Jahre im Voraus die Entscheidung des Gesetzgebers für die Verlängerung der Laufzeit der Konzessionen habe absehen können.

44      Schließlich unterlaufe der Kommission ein weiterer Denkfehler, wenn sie ausführe, dass Terni die Entschädigungsmaßnahme nach Art. 5 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 1643/62 hätte anfechten müssen, wenn sie damit nicht zufrieden gewesen sei. Die Kommission berücksichtige nicht, dass in Anbetracht des ganz eigenen Charakters und der Flexibilität der Methode, die gewählt worden sei, um Terni den Vorzugstarif zu gewähren, diese keinerlei Interesse daran hätte haben können, die Angemessenheit dieses Tarifs in Frage zu stellen. Außerdem sei die fragliche Bestimmung tatsächlich nur auf die Fälle anwendbar, in denen die Enteignungsentschädigung in „Zahlungen“ und nicht wie bei Terni in einem Vorzugstarif bestanden habe.

45      Die Kommission bringt vor, der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund müsse als auf eine falsche Prämisse gestützt zurückgewiesen werden, und sie bestreitet, dass ihr Standpunkt in dieser Sache in irgendeiner Weise widersprüchlich sei.

46      In der angefochtenen Entscheidung werde ausgeführt, dass der Terni-Tarif genau für eine gemäß den Bestimmungen des Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 festgelegte Dauer gewährt worden sei, nämlich bis zum 31. Dezember 1992. Aus diesen Bestimmungen gehe klar hervor, dass dieser Tarif Terni als Entschädigung für einen zum Zeitpunkt der Enteignung ein für allemal festgelegten Zeitraum gewährt worden sei und dass die Dauer wahrscheinlich unter Berücksichtigung der Restlaufzeit der Wasserkraftstromkonzession von Terni festgelegt worden sei, die ein grundlegendes Kriterium für die Ermittlung des Wertes der enteigneten Konzession dargestellt habe.

47      Weder das Gesetz Nr. 1643/62 noch das Dekret Nr. 1165/63 hätten in irgendeiner Weise die Laufzeit des Terni-Tarifs mit einer Art dynamischen Verweises an die zukünftige Laufzeit der Wasserkraftstromkonzessionen der anderen, nicht enteigneten Eigenerzeuger gekoppelt, indem die automatische Fortführung des genannten Tarifs für den Fall der Erneuerung oder Verlängerung dieser Konzessionen vorgesehen worden wäre. Selbst wenn es möglich sei, dass der italienische Gesetzgeber bei der Festlegung der Laufzeit des Terni-Tarifs an das Auslaufen der anderen Wasserkraftstromkonzessionen gedacht habe, könne nicht geleugnet werden, dass der Wortlaut des Gesetzes Nr. 1643/62 nur die Entscheidung des Gesetzgebers erkennen lasse, Terni (für die Enteignung der Konzession für die Stromerzeugung aus Wasserkraft) nicht mit einer Einmalzahlung, sondern mit der Lieferung von Strom zu einem niedrigeren Preis während eines bestimmten (später durch das Dekret Nr. 1165/63 festgelegten) Zeitraums zu entschädigen.

48      Nach der italienischen Rechtsprechung gehe das Auslegungskriterium, nach dem das Gesetz dem eigentlichen Wortsinn nach zu verstehen sei, jedem anderen Kriterium vor, wenn der Gesetzeswortlaut eindeutig sei. Dieser Grundsatz werde üblicherweise von den Gemeinschaftsgerichten angewandt.

49      Die von der Kommission vertretene Lesart des Dekrets Nr. 1165/63 stehe in keinerlei Widerspruch zu den von der Klägerin angeführten Urteilen der Corte suprema di cassazione und des Consiglio di Stato. Diese Urteile beruhten nämlich nicht auf dem ursprünglichen Wortlaut des genannten Dekrets, sondern auf der Regelung, die nach der mit dem Gesetz Nr. 9/91 verfügten Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs anwendbar gewesen sei. Es liege auf der Hand, dass sich die genannten Urteile auf die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 1643/62 und des Dekrets Nr. 1165/63 nur bezögen, soweit deren Geltungsdauer verlängert worden sei und sie gemäß dem Gesetz Nr. 9/91 auch nach dem Stichtag des 31. Dezembers 1992 weitergegolten hätten. Diese Urteile widerlegten die Auffassung der Klägerin.

50      Was das Gesetz Nr. 9/91 betreffe, werde in der angefochtenen Entscheidung nur ausgeführt, dass die Kommission auf der Grundlage der von den italienischen Behörden gegebenen Informationen davon ausgegangen sei, dass die Entscheidung, den Terni-Tarif bis 2001 zu verlängern (mit einer stufenweisen Abschaffung im Laufe der Jahre 2002–2007), unter Berücksichtigung der fast gleichzeitigen Laufzeitverlängerung für die Wasserkraftstromkonzessionen erlassen worden sei. Aus dem Wortlaut des fraglichen Gesetzes gehe jedoch deutlich hervor, dass dieses die Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs nicht an die Verlängerung der Laufzeit der Konzessionen anderer Eigenerzeuger für die Stromerzeugung aus Wasserkraft gekoppelt habe, und die Behauptung, dass die Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs eine „zwingend gebotene“ Handlung sei, entbehre in Anbetracht des Inhalts des Gesetzes Nr. 1643/62 und des Dekrets Nr. 1165/63 klar einer Grundlage.

51      Ebenso wenig gebe es einen Grund, davon auszugehen, dass die 2005 mit der streitigen Maßnahme gewährte Verlängerung der Laufzeit dieses Tarifs insbesondere an die sechs Jahre zuvor mit dem Dekret Nr. 79/99 gewährte Laufzeitverlängerung für die Konzessionen gekoppelt sei. Abgesehen davon, dass der Wortlaut der streitigen Maßnahme keinerlei Hinweis darauf enthalte, sei schwer nachvollziehbar, weshalb der Gesetzgeber, wenn seine tatsächliche Absicht gewesen sei, den Terni-Tarif an den neuen Auslauftermin der Wasserkraftstromkonzessionen anzupassen, sechs Jahre gewartet habe, bevor er diesen Tarif verlängert habe. Diese Unstimmigkeit werde auch dadurch deutlich, dass einige Monate nach der Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs mit dem Gesetz Nr. 266/05 eine erneute Laufzeitverlängerung (bis 2020) für die Wasserkraftstromkonzessionen gewährt worden sei, ohne jedoch Entsprechendes für den Terni-Tarif vorzusehen.

52      Im Gegenteil ergebe sich aus dem Gesetz Nr. 80/05 klar, dass die Verlängerung der Laufzeiten der Vorzugstarife, zu denen der Terni-Tarif gehöre, pauschal zu dem von den italienischen Behörden im Verwaltungsverfahren ausdrücklich bestätigten Zweck gewährt worden sei, „die Entwicklung und die Restrukturierung der Erzeugung der betroffenen Unternehmen zu ermöglichen“.

53      Wenn das Dekret Nr. 1165/63 eine automatische Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs für den Fall einer Laufzeitverlängerung für die Konzessionen anderer Eigenerzeuger vorgesehen hätte, wäre es dem Grundsatz zuwidergelaufen, wonach die Entschädigung für die Enteignung eines Gutes unter Berücksichtigung des (im Fall der Enteignung einer Konzession auch von deren Restlaufzeit abhängigen) Wertes dieses Gutes zum Zeitpunkt der Enteignung festzusetzen sei. Sei die Entschädigung einmal unter Berücksichtigung des Wertes des enteigneten Gutes festgesetzt worden, könne sie nicht nachträglich auf der Grundlage späterer Änderungen (nach oben oder nach unten) des Wertes des Guts infolge von Änderungen von Gesetzes- oder Verordnungstexten geändert werden.

54      Die Wahl der Art und Weise der Entschädigung von Terni bringe kein unbegrenztes oder dauerhaftes Recht zur Aufrechterhaltung dieses Vorzugstarifs mit sich, und für die Kommission sei nicht nachvollziehbar, wie die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung durch die Rechtsprechung des EGMR bestätigt werden soll.

 Würdigung durch das Gericht

55      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Qualifizierung als „Beihilfe“ im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind (Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, „Tubemeuse“, C‑142/87, Slg. 1990, I‑959, Randnr. 25, und vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/Ufex u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, Slg. 2008, I‑4777, Randnr. 121).

56      Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss diese Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteile des Gerichtshofs vom 30. März 2006, Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti, C‑451/03, Slg. 2006, I‑2941, Randnr. 56, und Chronopost und La Poste/Ufex u. a., oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 122).

57      Vergünstigungen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sind Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die damit einer Subvention gleichkommen (Urteile des Gerichtshofs vom 23. Februar 1961, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, 30/59, Slg. 1961, 1, 43, vom 29. Juni 1999, DM Transport, C‑256/97, Slg. 1999, I‑3913, Randnr. 19, und vom 14. September 2004, Spanien/Kommission, C‑276/02, Slg. 2004, I‑8091, Randnr. 24), wie insbesondere die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. September 2004, Valmont/Kommission, T‑274/01, Slg. 2004, II‑3145, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Hier macht die Klägerin geltend, die streitige Maßnahme könne nicht als staatliche Beihilfe angesehen werden, da die Bedingung der Gewährung eines Vorteils für die Begünstigten aufgrund des reinen Entschädigungscharakters der Maßnahme nicht erfüllt sei.

59      Es steht fest, dass bestimmte Formen der Entschädigung von Unternehmen keine Beihilfe darstellen.

60      So hat der Gerichtshof im Urteil vom 27. September 1988, Asteris u. a. (106/87 bis 120/87, Slg. 1988, 5515, Randnrn. 23 und 24), klargestellt, dass sich staatliche Beihilfen als Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder bestimmter Erzeugnisse in ihrem rechtlichen Charakter grundlegend von Zahlungen unterscheiden, zu denen nationale Behörden gegebenenfalls zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben, und dass solche Schadensersatzzahlungen somit keine Beihilfen im Sinne der Art. 87 EG und 88 EG darstellen.

61      Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass öffentliche Zuschüsse, die ausdrücklich mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betrauten Unternehmen gewährt werden, um die bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen entstehenden Kosten auszugleichen, und die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, nicht unter Art. 87 Abs. 1 EG fallen (Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747, Randnr. 94).

62      Im vorliegenden Fall weist die Kommission darauf hin, dass eine vom Staat für die Enteignung von Wirtschaftsgütern geleistete Entschädigung in der Regel keine staatliche Beihilfe darstelle (Erwägungsgrund 70 der angefochtenen Entscheidung).

63      Die streitige Maßnahme besteht in der Verlängerung einer ersten Maßnahme, mit der Terni ein Strombezugvorzugstarif als Entschädigung nach der Verstaatlichung ihres Geschäftsbereichs Wasserkraft im Jahr 1962 eingeräumt wurde.

64      Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63, der diese Entschädigung festlegt, bestimmt:

„Die ENEL beliefert Terni … mit jährlichen 1 025 000 000 (einer Milliarde fünfundzwanzig Millionen) kWh mit einer Leistung von 170 000 (hundertsiebzigtausend) kW entsprechend dem Stromverbrauch von Terni … im Jahr 1961 für die nicht zu den Tätigkeiten im Sinne des Art. 1 des Gesetzes [Nr. 1643/62] gehörenden Tätigkeiten und 595 000 000 (fünfhundertfünfundneunzig Millionen) kWh jährlich mit einer zusätzlichen Leistung von 100 000 (hunderttausend) kW für die bei Inkrafttreten des Gesetzes [Nr. 1643/62] in Entfaltung begriffenen Tätigkeiten.

Diese Lieferungen erfolgen bis zum 31. Dezember Neunzehnhundertzweiundneunzig an von den Parteien einvernehmlich bestimmte Abnahmestellen in den Niederlassungen von Terni.“

65      Diese Stromfestmenge war zu einem Vorzugstarif zu liefern, der in Art. 7 des Dekrets Nr. 1165/63 wie folgt bestimmt wurde:

„Für die Lieferung von jährlichen 1 025 000 000 … kWh wird der Lieferpreis pro kWh auf der Grundlage der Verrechnungspreise bestimmt, die der Geschäftsbereich Stromerzeugung von Terni … in dem Dreijahreszeitraum von 1959–1961 den Niederlassungen dieser Gesellschaft für Tätigkeiten anderer Geschäftsbereiche durchschnittlich in Rechnung gestellt hat.

Für den Stromverbrauch von Terni … über diese jährlichen 1 025 000 000 … kWh hinaus und bis zu jährlichen 595 000 000 … kWh wird der Preis im Sinne des vorstehenden Absatzes um 0,45 … [ITL] pro kWh erhöht.“

66      Die Maßnahme zugunsten von Terni stellt sich somit als das Ergebnis dreier Faktoren dar: der Strommenge, des Strompreises und der Laufzeit der Vorzugsregelung.

67      Die Kommission ist der Ansicht, die ursprüngliche Maßnahme sei eine Entschädigung gewesen, sie sei angemessen gewesen, und der Terni-Tarif habe den Begünstigten während der gesamten von dieser Maßnahme vorgesehenen Laufzeit, also bis 1992, keinen Vorteil gewährt. Unter Berufung auf ein schlicht wörtliches Verständnis von Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 und auf die klare Festsetzung einer Laufzeit von 30 Jahren für die Geltung dieses Tarifs macht sie geltend, die Tarifverlängerung könne nicht als integrierender Bestandteil der Entschädigung angesehen werden, und folgert daraus, dass der den Terni-Nachfolgegesellschaften ab dem 1. Januar 2005 gemäß Art. 11 Abs. 11 des Gesetzes Nr. 80/05 eingeräumte Tarif eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG sei (Erwägungsgründe 78, 79, 94 und 117 der angefochtenen Entscheidung).

68      Die Klägerin tritt dieser Schlussfolgerung entgegen und stützt sich dabei auf eine dynamische Auslegung der staatlichen Entschädigungsmaßnahmen. Sie macht geltend, diese richteten einen besonderen, weil flexiblen, Entschädigungsmechanismus ein, bei dem die Strommenge der einzige der drei die Entschädigung bestimmenden Faktoren, zu denen auch der Preis und die Laufzeit gehörten, sei, der ein für allemal festgesetzt worden sei.

69      Dieser Mechanismus bezwecke, das wirtschaftliche Gleichgewicht sicherzustellen, in dem sich Terni vor der Verstaatlichung im Jahr 1962 befunden habe, die eine im Verhältnis zu den anderen Stromeigenerzeugern, ob Konkurrenten von Terni oder nicht, diskriminierende Ausnahmemaßnahme darstelle. Unter diesen Umständen sei es die Absicht des Gesetzgebers gewesen, Terni mittels eines Mechanismus zu entschädigen, der auf ihrer Behandlung als virtueller Eigenerzeuger aufbaue und fortlaufend ihre Gleichbehandlung verglichen mit den nicht enteigneten Eigenerzeugern gewährleisten solle.

70      Entsprechend diesem ursprünglichen Grundgedanken der Entschädigung hätten die italienischen Behörden deshalb die Laufzeit des Terni-Tarifs nach Maßgabe der Erneuerungen der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger verlängert, wobei diese Verlängerung zur Umsetzung der Entschädigungsmaßnahme zwingend und von dieser nicht abtrennbar gewesen sei.

71      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

72      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Verstaatlichung des Stromsektors in Italien steht, die auf Art. 43 der italienischen Verfassung beruht, dessen rechtliches Durchführungsinstrument das Gesetz Nr. 1643/62, ergänzt durch das Dekret Nr. 1165/63, ist.

73      Somit sind es die beiden letztgenannten Rechtstexte, die heranzuziehen sind, um diese Verstaatlichung in all ihren Dimensionen zu erfassen, einschließlich der rechtlich gebotenen Entschädigung bei diesem Sachverhalt einer von einem Staat einseitig entschiedenen Eigentumsübertragung.

74      Aus dem ganz eindeutigen Wortlaut des Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 ergibt sich aber, dass der Terni-Tarif als Entschädigung für einen ganz bestimmten Zeitraum ohne Verlängerungsmöglichkeit gewährt wurde. So bestimmt dieser Artikel, dass die Stromlieferungen an Terni „bis zum 31. Dezember [1992]“ erfolgen, wobei die Angabe eines genauen Datums von vornherein keinerlei Auslegungsschwierigkeit hinsichtlich der zeitlichen Reichweite der Bestimmung aufkommen lässt.

75      Zudem nennt die Klägerin keine Bestimmung des Gesetzes Nr. 1643/62 oder des Dekrets Nr. 1165/63, die eine Überprüfung der Geltungsdauer des Terni-Tarifs mit einer Verlängerungsmöglichkeit dieser Dauer über den vorgesehenen Auslauftermin hinaus vorsähe. Demgegenüber ist festzustellen, dass die Möglichkeit einer Überprüfung des Preises für die Stromlieferung an Terni vom nationalen Gesetzgeber in Art. 8 des Dekrets Nr. 1165/63 ausdrücklich vorgesehen wurde.

76      Die Klägerin macht unter Betonung dessen, dass der nationale Gesetzgeber zur Zeit der Verstaatlichung das Datum des 31. Dezembers 1992 im Dekret Nr. 1165/63 unter Berücksichtigung des Auslauftermins der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger gewählt habe, geltend, das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung über die Möglichkeit, die Geltungsdauer des Terni-Tarifs anhand der Laufzeit der Konzessionen zu überprüfen, erkläre sich dadurch, dass die Erneuerung der Konzessionen für den Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt ein „sicher nicht vorhersehbares“ Ereignis dargestellt habe.

77      Es ist festzustellen, dass in der ursprünglichen Festsetzung einer Geltungsdauer für die Konzessionen bereits die Frage nach dem Schicksal der Konzessionen nach ihrem Auslaufen angelegt war und dass ihre Aufrechterhaltung infolge einer gesetzlich verfügten Verlängerung oder einer Ausschreibung zum Wettbewerb eine absehbare Fallgestaltung und kein „sicher nicht vorhersehbares“ Ereignis darstellte. Somit erweist sich nach Aktenlage das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung über die Möglichkeit einer Überprüfung der Geltungsdauer des Terni-Tarifs im nationalen Recht schlicht als das Ergebnis der Entscheidung des Gesetzgebers, Terni durch einen Strombezugvorzugstarif für einen ganz bestimmten, zur Zeit der Verstaatlichung endgültig festgelegten Zeitraum zu entschädigen.

78      Selbst wenn, wie die Klägerin meint, trotz des eindeutigen Wortlauts der fraglichen nationalen Vorschriften bei ihrer Auslegung der Kontext und die Absichten des Gesetzgebers zu berücksichtigen wären, könnte das nicht die vorstehende Analyse in Frage stellen.

79      An erster Stelle verweist die Klägerin auf die parlamentarischen Vorarbeiten, genauer auf die aus der Sitzung der Abgeordnetenkammer vom Nachmittag des 18. September 1962 und aus der Sitzung des Senats der Republik vom Nachmittag des 15. November 1962 hervorgegangen Arbeiten.

80      Zum ersten Verweis führt sie folgenden Auszug an:

„Was können wir also tun[, um Terni zu entschädigen]? … Der Ausschuss hatte sich ursprünglich für ein ganz genaues Kriterium ausgesprochen, nämlich die derzeit von Terni betriebenen Anlagen mit den im Jahr 1961 verbrauchten Energiemengen zu den Preisen jenes Jahres zu beliefern. … Dagegen können wir ein Kriterium vorgeben.“

81      Zur Senatssitzung weist die Klägerin darauf hin, dass ausdrücklich klargestellt worden sei, dass die für Terni gewählte besondere Entschädigungsform „natürlich darauf gerichtet ist, das Unternehmen nicht aus dem inneren Gleichgewicht zu bringen“.

82      Diesen beiden Verweisen ist allenfalls das Anliegen der Abgeordneten zu entnehmen, zum einen das finanzielle Gleichgewicht von Terni, die im Grunde nicht unter das Gesetz Nr. 1643/62 hätte fallen sollen, zu wahren und zum anderen ein Entschädigungskriterium oder einen Entschädigungsmechanismus zu wählen, was dann, wovon der Inhalt von Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 zeugt, auch in der Entscheidung für einen spezifischen Entschädigungsmodus gesetzgeberischen Niederschlag gefunden hat.

83      Im vorliegenden Fall besteht die Entschädigung unstreitig nicht in der Zahlung eines nach dem Marktwert der enteigneten Güter bemessenen Pauschalbetrags, sondern in einem Mechanismus, der die Belieferung mit einer bestimmten Strommenge zu dem Preis, den Terni hätte zahlen müssen, wenn sie ihre Erzeugungsanlagen behalten hätte, und für einen der Restlaufzeit der enteigneten Konzession entsprechenden Zeitraum vorsieht, worin das Anliegen des Gesetzgebers zum Ausdruck kommt, nicht in das innere Gleichgewicht von Terni einzugreifen.

84      Zwar überschreitet die Geltungsdauer des Terni-Tarifs die Restlaufzeit der Konzession von Terni leicht, und die Kommission weist darauf hin, dass es vorstellbar sei, dass die italienischen Behörden beschlossen hätten, den Auslauftermin für diesen Tarif mit dem allgemeinen Auslauftermin der italienischen Wasserkraftstromkonzessionen zusammen fallen zu lassen (Erwägungsgrund 77 der angefochtenen Entscheidung).

85      Das ändert jedoch nichts daran, dass der nationale Gesetzgeber im Dekret Nr. 1165/63 ein genaues Datum für das Auslaufen des Terni-Tarifs ohne weitere zeitliche Aussage festgelegt hat und die Klägerin nicht den Nachweis erbringt, dass die parlamentarischen Arbeiten einen Willen dieses Gesetzgebers erkennen lassen, die Geltungsdauer des Terni-Tarifs der Geltungsdauer der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger in dem Sinne anzugleichen, dass die Erneuerung der Letztgenannten automatisch zur Verlängerung dieses Tarifs führen solle.

86      An zweiter Stelle beruft sich die Klägerin auf die eindeutige Auslegung der Absicht des nationalen Gesetzgebers durch die höchsten italienischen Gerichte und führt dafür das Urteil Nr. 17686 der Corte suprema di cassazione vom 21. November 2003 und das Urteil Nr. 606 des Consiglio di Stato vom 21. Februar 2005 an, die selbst für die Zeit nach 1992 die Notwendigkeit bestätigt hätten, eine vergleichbare Behandlung von Terni und den nicht enteigneten Eigenerzeugern sicherzustellen.

87      Der Verweis auf diese beiden Urteile geht jedoch insoweit fehl, als sie nach dem Gesetz Nr. 9/91 ergingen, das die Bestimmungen, mit denen Terni zur Entschädigung ein Vorzugstarif gewährt wurde, verlängerte und nach dem Auslauftermin des 31. Dezembers 1992 fortgelten ließ.

88      Außerdem ergingen diese Urteile, wie die Klägerin ausführt, „in Rechtssachen mit einem ganz anderen Gegenstand als dem vorliegenden“. Die nationalen Gerichte waren nicht mit der Frage befasst, ob die italienischen Behörden mit der Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs über den 31. Dezember 1992 hinaus gegen die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 88 Abs. 3 EG verstoßen hatten, eine neue Beihilfe nicht ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission durchzuführen.

89      Die Frage, mit der jene Gerichte befasst waren, war diejenige, ob Terni nach der Änderung der nationalen Stromtarifstruktur zusätzliche Stromversorgungskosten tragen müsse. Die Gerichte haben das in dem oben in Randnr. 87 geschilderten rechtlichen Zusammenhang verneint und sich dabei auf den Zweck der als Entschädigung für Terni infolge der Verstaatlichung gewählten Sonderregelung für die Bestimmung deren Stromversorgungspreises gestützt.

90      Es wurde entschieden, dass der Terni-Tarif bezwecke, für diese Gesellschaft die Möglichkeit aufrechtzuerhalten, sich mit Strom „zu Kosten, die insgesamt denjenigen entsprechen, die Terni selbst entstanden wären, wenn sie weiterhin auf den Strom aus Eigenerzeugung hätte zurückgreifen können“, zu versorgen, und dass von ihr deshalb nicht „die Zusatzkosten“ für die Stromversorgung gefordert werden könnten, „von denen sie befreit gewesen wäre, wenn sie weiterhin Strom für den Eigenverbrauch erzeugen und so den selbst erzeugten Strom hätte verbrauchen können“.

91      Diese Begründung spricht gegen die Auffassung der Klägerin. Anders als sie vorbringt, waren die nationalen Gerichte nicht der Ansicht, dass der von Terni an die ENEL zu zahlende Stromtarif gleichbleibend „dem der anderen Eigenerzeuger“ entsprechen müsse, sondern, dass er den Kosten entsprechen müsse, die „Terni selbst“ entstanden wären, wenn sie weiterhin auf den Strom aus Eigenerzeugung hätte zurückgreifen können, was nur auf der Grundlage ihrer Konzession für die Stromerzeugung aus Wasserkraft und während deren Laufzeit möglich war.

92      Gemäß der so von den nationalen Gerichten hinsichtlich des Strompreiselements definierten Entschädigungslogik durfte die Laufzeit des Terni-Tarifs, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nicht losgelöst von der Restlaufzeit der enteigneten Konzession gesehen und an die künftige Entwicklung der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger gekoppelt werden.

93      Zweitens ist festzustellen, dass die zeitlich nach dem Gesetz Nr. 1643/62 und dem Dekret Nr. 1165/63 erlassenen Rechtsvorschriften über die Verlängerung der Wasserkraftstromkonzessionen dem Verständnis der Klägerin von den erstgenannten Rechtstexten widersprechen, wonach diese die Laufzeit des Terni-Tarifs mit einer Art dynamischen und impliziten Verweises an die Dauer der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger gekoppelt hätten, so dass die Verlängerung dieser Konzessionen ohne Weiteres zur Verlängerung der Laufzeit dieses Tarifs führe.

94      Dieser Auslegung steht bereits entgegen, dass die alles andere als automatischen Verlängerungen des Terni-Tarifs ein gesetzgeberisches Tätigwerden benötigten, um die ursprünglich mit dem Dekret Nr. 1165/63 festgelegte Entschädigung zu ändern.

95      Die erste Verlängerung des Terni-Tarifs ergibt sich aus Art. 20 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 9/91, mit dem auch die damals bestehenden Wasserkraftstromkonzessionen bis 2001 verlängert wurden. Dieses Gesetz kann nicht, wie die Klägerin es tut, als die bloße gleichzeitige Verlängerung der Laufzeiten des Terni-Tarifs und der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger bis 2001 dargestellt werden, da es ein doppeltes Ziel hatte, nämlich die Verlängerung des Terni-Tarifs, aber auch seine Abschaffung bis 2007 (vgl. 19. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), einem späteren und damit vom Auslauftermin der damals bestehenden Wasserkraftstromkonzessionen unabhängigen Zeitpunkt. Diese beiden Elemente sind untrennbar und belegen in Wirklichkeit, dass die Frage der Laufzeit dieses Tarifs unabhängig von der Lage der Eigenerzeuger ist.

96      Die Entkoppelung des Schicksals der Terni-Nachfolgegesellschaften von dem der Eigenerzeuger wird dadurch bestätigt, dass die italienischen Behörden 1999 nur zur Erneuerung der damals bestehenden Wasserkraftstromkonzessionen bis 2010 tätig wurden.

97      Die zweite Verlängerung des Terni-Tarifs geht auf Art. 11 Abs. 11 des Gesetzes Nr. 80/05 zurück, der bestimmt:

„Um die Entwicklung und die Restrukturierung der Erzeugung der betroffenen Unternehmen zu ermöglichen, wird die Geltung der Tarifvorzugsbedingungen für die Stromversorgung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Buchst. c des mit Änderungen in das Gesetz Nr. 83 vom 17. April 2003 umgewandelten Decreto-legge Nr. 25 vom 18. Februar 2003 bis einschließlich 2010 zu den Tarifbedingungen verlängert, wie sie am 31. Dezember 2004 galten.“

98      Diese Bestimmung nimmt nicht einmal Bezug auf die Wasserkraftstromkonzessionen und enthält keinen Hinweis darauf, dass es die Absicht des Gesetzgebers gewesen wäre, die Laufzeit des Terni-Tarifs derjenigen dieser Konzessionen anzupassen.

99      Im Gegenteil ergibt sich aus ihr, dass der Terni-Tarif nur eine der Tarifvorzugsbedingungen ist, deren Verlängerung bezweckt, „die Entwicklung und die Restrukturierung der Erzeugung der betroffenen Unternehmen zu ermöglichen“. Im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der sich in die Zusammenfassung der von den italienischen Behörden im förmlichen Prüfverfahren abgegebenen Erklärungen einfügt, wird klargestellt, dass diese Folgendes betont hätten:

„[D]ie beanstandete Verlängerung des in Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/[05] verfügten Tarifs [ist] mit einem umfangreichen Investitionsprogramm von ThyssenKrupp im Industriegebiet Terni-Narni verbunden … Nach diesem Aktionsprogramm sollen in dieser Gegend neue Kapazitäten zur Stromerzeugung errichtet werden. Der Tarif dient daher als Übergangslösung, bis diese Stromerzeugungskapazität installiert ist[, und d]ie Abschaffung dieses Tarifs würde die derzeit durchgeführten Investitionen gefährden.“

100    Wie im 61. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu den „politischen Gründen für die zweite Verlängerung“ ausgeführt wird, trugen die italienischen Behörden Folgendes vor:

„[D]er Tarif war notwendig …, um die Gleichbehandlung zwischen diesen in Italien ansässigen Unternehmen mit hohem Energieverbrauch und ihren Konkurrenten in der [Europäischen Union] wiederherzustellen, die ebenfalls in den Genuss von reduzierten Preisen für Energie kommen (über Sondertarife oder vertragliche Vereinbarungen), bis die laufenden Infrastrukturprojekte zur Stromerzeugung und Stromübertragung abgeschlossen sind. Würde der Tarif abgeschafft, würden die betroffenen Unternehmen ihre Produktion nach außerhalb der [Union] verlegen. Dies würde unweigerlich eine wirtschaftliche Krise auslösen und schwere Verluste an Arbeitsplätzen in den betroffenen Regionen nach sich ziehen. Daher ist die Verlängerung des Tarifs aus italienischer Sicht als eine Übergangslösung zu sehen.“

101    Somit ist keine Rede von einer Maßnahme, die die rechtmäßige Fortführung der Entschädigung von Terni infolge der Verstaatlichung ihres Geschäftszweigs Wasserkraft im Jahr 1962 darstellt.

102    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass diese Verlängerung des Terni-Tarifs fast sechs Jahre nach der Erneuerung der Wasserkraftstromkonzessionen durch das Dekret Nr. 79/99 liegt und eine solche Zeitspanne gegen den behaupteten Zusammenhang zwischen der streitigen Maßnahme und der Verlängerung dieser Konzessionen spricht.

103    Die Klägerin macht geltend, der Terni-Tarif sei deshalb nicht zeitgleich im Jahr 1999 verlängert worden, weil das Gesetz Nr. 9/91 eine Regelung des „sanften Ausstiegs“ eingeführt habe, nach der die Geltung dieses Tarifs 2007 habe enden sollen. Dazu genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen, das die Auffassung der Klägerin nicht im Entferntesten trägt, nur die Entkoppelung des Schicksals des Terni-Tarifs vom Schicksal der Eigenerzeuger mit Wasserkraftstromkonzessionen bestätigt.

104    Diese Feststellung eines objektiven Zusammenhangs zwischen der geplanten und stufenweisen Abschaffung des Terni-Tarifs und seiner unterbliebenen Verlängerung im Jahr 1999 kann auch nicht durch die schlichte Behauptung der Klägerin in Frage gestellt werden, dass der fragliche Tarif 1999 in Erwartung eines Strompreisrückgangs nach der Liberalisierung des Marktes nicht verlängert worden sei, zumal es sich um eine Behauptung handelt, die von der Klägerin auch gar nicht belegt wird.

105    In Wirklichkeit verhält es sich so, dass die italienischen Behörden 1991 die Entscheidung trafen, die Anwendung des Terni-Tarifs stufenweise zu beenden, und sich 2005 anders besannen, wobei die streitige Maßnahme die ganz konkret von der Klägerin getätigten Investitionen begleitete.

106    Schließlich ist festzuhalten, dass einige Monate nach der Verlängerung des Terni-Tarifs mit dem Gesetz Nr. 266/05 eine neuerliche Verlängerung (bis 2020) der Wasserkraftstromkonzessionen gewährt wurde, ohne dass jedoch die entsprechende Verlängerung des Terni-Tarifs vorgesehen worden wäre.

107    Drittens ist hervorzuheben, dass die Argumentation der Klägerin mit der Entscheidung vom 6. August 1991 und, in allgemeinerer Weise, mit den angeblichen Widersprüchen der Kommission nicht durchgreift.

108    Die Klägerin macht an erster Stelle geltend, aus der Entscheidung vom 6. August 1991, gegen die Anwendung des Gesetzes Nr. 9/91 „keine Einwände zu erheben“, und aus einem Schriftwechsel zwischen der Kommission und den italienischen Behörden ergebe sich, dass Erstere zu der Erkenntnis gelangt sei, dass die Verlängerung des Terni-Tarifs im Jahr 1991 eine rechtmäßige Fortführung der mit dem Gesetz Nr. 1643/62 und dem Dekret Nr. 1165/63 zugunsten von Terni getroffenen Entschädigungsmaßnahme gewesen sei und die betreffende Tarifregelung aus diesem Grund nicht der Gemeinschaftsregelung über staatliche Beihilfen unterlegen habe.

109    Es ist unstreitig, dass die Kommission nach der Anmeldung des Gesetzes Nr. 9/91 durch die italienischen Behörden, mit dessen Art. 20 Abs. 4 der Terni-Tarif erstmals verlängert wurde, die Entscheidung vom 6. August 1991 erließ, mit der sie beschloss, keine Einwände zu erheben.

110    In der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission – von der Klägerin unwidersprochen – klar, dass das Gesetz Nr. 9/91 bei ihr zusammen mit dem Gesetz Nr. 10/91, das auch die Energiefrage betroffen habe, angemeldet worden sei und dass die Unterlagen, auf deren Grundlage sie ihre Entscheidung erlassen habe, nur eine knappe Beschreibung und Bewertung der Artikel enthalten hätten, die im Hinblick auf die staatlichen Beihilfen von Interesse gewesen seien. Art. 20 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 9/91, mit dem der Terni-Tarif verlängert wurde, sei nicht erwähnt worden (vgl. Erwägungsgründe 20 und 134 der angefochtenen Entscheidung).

111    Die Kommission fügt hinzu, dass es angesichts der spärlich verfügbaren Unterlagen leider nicht möglich sei, die damaligen Überlegungen zu rekonstruieren und insbesondere in Erfahrung zu bringen, ob der Terni-Tarif geprüft worden sei und habe genehmigt werden sollen, dass sich aber jedenfalls sowohl die Anmeldung durch die Italienische Republik als auch die Genehmigungsentscheidung auf das gesamte Gesetz bezogen hätten (Erwägungsgründe 135 und 136 der angefochtenen Entscheidung).

112    Entgegen den Behauptungen der Klägerin habe die Kommission erklärt, dass „die durch die beiden Gesetze gewährten Beihilfen mit den Regeln über staatliche Beihilfen vereinbar seien“ (20. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

113    Dies findet Bestätigung im Wortlaut der Entscheidung vom 6. August 1991, in der die Kommission ausführt, dass sie „unter Berücksichtigung dessen, dass Energieeinsparungen ein Ziel der gemeinschaftlichen Energiepolitik darstellen, nach Prüfung der von den [betreffenden] Gesetzen vorgesehenen finanziellen Anreize im Licht der Verpflichtungen der italienischen Behörden hinsichtlich bestimmter Vorschriften entschieden [hat], keine Einwände gegen ihre Anwendung zu erheben“. Die ausdrückliche Erinnerung an einen Umweltzweck und an die Verpflichtungen der nationalen Behörden in den nachfolgenden Absätzen dieser Entscheidung mit u. a. einem Verweis auf die für die Regionalbeihilfen vorgesehene Deckelung bestätigt, dass die in den Gesetzen Nrn. 9/91 und 10/91 enthaltenen Maßnahmen, nachdem sie ursprünglich als Beihilfen angesehen wurden, aufgrund ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt genehmigt wurden, auch wenn in der Entscheidung vom 6. August 1991 nicht ausdrücklich die Rede von der Ausnahme ist, die angewandt wurde.

114    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, keine Einwände zu erheben, nach der Definition in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999, die die in Übereinstimmung mit der Gemeinschaftsrechtsprechung entwickelte Praxis im Bereich der Prüfung staatlicher Beihilfen kodifiziert und verstärkt (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, Slg. 2008, I‑5829, Randnr. 5), dem Sachverhalt entspricht, dass die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass die angemeldete Maßnahme, soweit sie in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt und demzufolge entscheidet, dass die Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

115    Die Klägerin behauptet außerdem unter Berufung auf ein an das italienische Ministerium für Staatliche Beteiligungen gerichtetes Schreiben des italienischen Ministeriums für Industrie, Handel und Handwerk vom 19. September 1991, dass die Kommission bei den italienischen Behörden Auskünfte zu einer vermutlichen Beihilfe für die „Gesellschaft Ilva“ (vormals Terni) angefordert und nach Erhalt der Antwort dieser Behörden, dass die Verlängerung des Terni-Tarifs durch das Gesetz Nr. 9/91 keine Beihilfe, sondern eine Art Verlängerung der Entschädigung nach dem Gesetz Nr. 1643/62 darstelle, diese Auslegung nicht in Frage gestellt habe.

116    Abgesehen davon, dass die Kommission die Übermittlung dieser Antwort durch die italienischen Behörden bestreitet, könnte einem bloßen Schweigen ihrerseits in Ansehung des Wortlauts der Verordnung Nr. 659/1999 keine irgendwie geartete Stellungnahme dieses Organs zu der im Gesetz Nr. 9/91 vorgesehenen Maßnahme entnommen werden, die im Übrigen bereits in der Entscheidung vom 6. August 1991 enthalten ist.

117    Jedenfalls ist zu betonen, dass die Verlängerung des Terni-Tarifs durch das Gesetz Nr. 9/91 nicht die streitige Maßnahme darstellt, die zum Erlass der angefochtenen Entscheidung, die Gegenstand der vorliegenden Klage ist, geführt hat und dass die Argumentation der Klägerin mit der Entscheidung vom 6. August 1991 und einem angeblichen Schriftwechsel zwischen der Kommission und den italienischen Behörden zur Erörterung des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes durch dieses Organ gehört, der Gegenstand des letzten von der Klägerin vorgebrachten Nichtigkeitsgrundes ist.

118    An zweiter Stelle macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung sei widersprüchlich, da die Kommission darin die streitige Maßnahme als staatliche Beihilfe eingestuft habe, obwohl sie eingeräumt habe, dass die Logik der Verlängerungen in der „Aufrechterhaltung einer Gleichbehandlung mit den … [Wasserkraft-]Stromerzeugern …, deren Konzessionen verlängert wurden“, bestehe (92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die ursprüngliche Laufzeit nach Maßgabe des Auslauftermins der Wasserkraftstromkonzessionen festgesetzt worden sei (77. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) oder dass die vom italienischen Gesetzgeber 1962 gewählte Entschädigungsmethode gerechtfertigt gewesen sei, da dadurch, „das Risiko eines eventuellen weiteren Schadens für [Terni] für den Fall eines Anstiegs der Energiepreise in den nachfolgenden Jahren … neutralisiert wurde“ (73. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), wobei mit der letzten Aussage implizit anerkannt werde, dass der Terni infolge der Enteignung entstandene Schaden eng mit dem Vorteil der anderen Eigenerzeuger zusammenhänge.

119    Dieses Vorbringen geht auf eine teilweise und subjektive Lektüre der angefochtenen Entscheidung zurück, insbesondere ihres 92. Erwägungsgrundes, der die Analyse der Kommission mit folgenden Worten zusammenfasst:

„Was die Verlängerung des Terni-Tarifs angeht, so hat die Kommission Verständnis für die dahinter stehende Überlegung der Aufrechterhaltung einer Gleichbehandlung mit den anderen [Wasserkraft-]Stromerzeugern, deren Konzessionen verlängert wurden. Diese Gleichbehandlung, die dem Ausgleichsmechanismus zugrunde liegt, war [jedoch] im Enteignungsgesetz lediglich [für 30] Jahre … und nicht auf unbestimmte Zeit vorgesehen. Daher kann man aus den in den Erwägungsgründen 73 bis 78 bereits erläuterten Gründen nicht davon ausgehen, dass diese Verlängerungen eine Entschädigungsfunktion haben.“

120    Im 93. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fügt die Kommission hinzu:

„Noch offensichtlicher ist diese Schlussfolgerung im Fall der zweiten Tarifverlängerung[. D]amit wurde der Mechanismus der schrittweisen Reduzierung unterbrochen, der den Unternehmen den Übergang zum vollen Tarif erleichtern sollte, was wiederum beweist, dass die italienischen Behörden davon überzeugt waren, dass die Unternehmen vollständig entschädigt waren. [Die italienische Republik] hatte ja die Gründe für diese zweite Verlängerung selbst ausführlich erläutert, die allein in der Industriepolitik begründet lag (s. die Bemerkungen [der Italienischen Republik] unter Erwägungsgrund 60).“

121    Somit gibt es weder irgendeine Mehrdeutigkeit noch irgendwelche Widersprüche in der Begründung der Kommission, nach deren Ansicht die Logik, nach der sich die Wahl des Entschädigungsmechanismus für Terni richtete, eine Verlängerung der Geltungsdauer des Terni-Tarifs über die vom nationalen Gesetzgeber ganz genau festgelegte Laufzeit von 30 Jahren hinaus nicht rechtfertigen konnte.

122    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Argumentation der Klägerin zur Durchführung einer Entschädigung während einer unbestimmten Dauer und damit in unbegrenzter Höhe führen würde; die Zulässigkeit dessen hat die Klägerin aber weder aus Sicht des nationalen Rechts noch aus dem Blickwinkel der Rechtsprechung des EGMR dargetan.

123    Wie dargelegt, wurde die Entscheidung der italienischen Behörden, den Geschäftszweig Wasserkraft von Terni zu verstaatlichen, gemäß Art. 43 der italienischen Verfassung getroffen, der bestimmt, dass „[a]us Gründen des Gemeinwohls … das Gesetz bestimmte Unternehmen oder Kategorien von Unternehmen, die lebenswichtige öffentliche Dienste oder die Nutzung von Energiequellen betreffen oder die eine monopolartige Stellung innehaben und für die Allgemeinheit eine hervorragende Bedeutung besitzen, durch Enteignung und gegen Entschädigung von Anfang an dem Staate, öffentlichen Körperschaften oder Arbeiter- und Verbrauchergemeinschaften vorbehalten oder auf diese übertragen [kann]“.

124    Die Klägerin gibt an, dass nach der Rechtsprechung der Corte suprema di cassazione und der Corte costituzionale (italienischer Verfassungsgerichtshof) die Entschädigung „sachgerecht und angemessen“ sowie „ernstlich“ zu sein habe und sich ihre Berechnung nach „dem Wert des Gutes unter Berücksichtigung seiner wesentlichen, in der potenziellen wirtschaftlichen Nutzung zum Ausdruck kommenden Eigenschaften“ richten müsse.

125    Die Kommission bestreitet dies nicht und führt das Urteil Nr. 5/1980 der Corte costituzionale vom 30. Januar 1980 an, in dem es heißt:

„Der für den Enteigneten … sichergestellte Schadensersatz muss zwar keine vollständige Wiedergutmachung des erlittenen Verlustes darstellen – da das Individualrecht mit dem mit der Enteignung verfolgten Allgemeininteresse in Einklang zu bringen ist −, er darf aber nicht in unerheblichem Maße oder rein symbolisch festgesetzt werden, sondern muss eine ernstliche Entschädigung sein. Damit dies möglich ist, ist nach dem Gesetz bei der Bestimmung des Schadensersatzes der Wert des Gutes gemessen an seinen wesentlichen, in seiner potenziellen wirtschaftlichen Nutzung zum Ausdruck kommenden Eigenschaften heranzuziehen.“

126    Es steht fest, dass der Entschädigungsmodus des Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 nach Maßgabe der Eigenschaften des verstaatlichten Vermögens, d. h. der Stromerzeugungsanlagen, die auf der Grundlage einer Konzession betrieben wurden, deren Laufzeit dem Konzessionär die Amortisierung der Investitionen erlauben sollte, festgesetzt wurde.

127    Die Italienische Republik entschied sich für eine Entschädigung nicht in Form der Zahlung eines nach dem Marktwert der enteigneten Güter bemessenen Pauschalbetrags, sondern mittels der Belieferung von Terni mit einer bestimmten Strommenge zu dem Preis, den sie hätte zahlen müssen, wenn sie ihre Anlagen behalten hätte. In diesem Rahmen berücksichtigten die nationalen Behörden logischerweise die Restlaufzeit der Konzession von Terni, um die Geltungsdauer des Terni-Tarifs zu bestimmen, wobei dessen Auslauftermin sogar etwas später liegt als im Fall der Konzession.

128    Wie die Kommission im 75. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung betont, hängt deshalb die Gesamthöhe der Entschädigung von der Laufzeit des Terni-Tarifs ab.

129    Nach Ansicht der Klägerin muss die Laufzeit dieses Tarifs gemäß der ursprünglichen Logik des vom nationalen Gesetzgeber gewählten Entschädigungsmechanismus systematisch nach Maßgabe der Erneuerungen der Konzessionen der nicht enteigneten Eigenerzeuger verlängert werden, damit die nachteiligen Wirkungen der Verstaatlichung im Hinblick auf die Strompreisentwicklung „fortlaufend“ ausgeglichen würden.

130    Die Auslegung von Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 durch die Klägerin würde bewirken, dass die Entschädigung nach der Verstaatlichung des Geschäftsbereichs Wasserkraft von Terni für eine unbestimmte Dauer gewährt worden wäre, dass sie hinsichtlich der Berechnung ihrer Höhe von – selbst mehrere Jahre – nach der Verstaatlichung liegenden Ereignissen abhinge und dass folglich sowohl die Höhe der Entschädigung als auch der Wert des verstaatlichten Vermögens unbestimmt und unbegrenzt wären.

131    Es ist aber festzustellen, dass die Klägerin keine Regel, keinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz, keine innerstaatliche Rechtsbestimmung und auch keine Entscheidung eines nationalen Gerichts nennt, die ihre Auslegung stützen könnten, die zur Gewährung einer Entschädigung führt, die auf unbestimmte Zeit festgesetzt ist oder allgemein die Möglichkeit einer Berücksichtigung späterer Ereignisse bei der Festsetzung der Entschädigung vorsieht, um die Bewertung des verstaatlichen oder enteigneten Gutes und demzufolge den Umfang der Entschädigung zu verändern.

132    Im Übrigen scheint die Klägerin die Unmöglichkeit einer solchen Auslegung einzusehen, wenn sie den Regelungsgehalt einer Bestimmung einräumt, auf die die Kommission verweist, nämlich Art. 32 des Dekrets Nr. 327 des Präsidenten der Republik vom 8. Juni 2001 über die Vereinheitlichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die gemeinnützige Enteignung. Sie führt insoweit aus, dass „zwar … die ‚Entschädigung für eine Enteignung nicht in einer Maßnahme von unbestimmter Dauer bestehen [darf]‘ und dass sie ‚klar zum Zeitpunkt der Enteignung absehbar festgesetzt werden [muss]‘“. In der Tat wird nach Art. 32 dieses Dekrets „die Entschädigung für die Enteignung auf der Grundlage der Eigenschaften des Gutes zum Zeitpunkt der Einigung über die Eigentumsübertragung oder der Veröffentlichung des Enteignungsdekrets berechnet“.

133    Die Klägerin macht jedoch geltend, dass der „ursprüngliche flexible Ausgleichsmechanismus … unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters der Enteignung von Terni auch den Grundsätzen des Art. 1 des Zusatzprotokolls zur [EMRK] und der … Rechtsprechung des [EGMR] [entspricht]“.

134    Dieser Artikel mit der Überschrift „Schutz des Eigentums“ lautet:

„Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“

135    Es genügt die Feststellung, dass in dieser Bestimmung das Eigentumsrecht unter gleichzeitiger Definition seiner Schranken verankert ist und dass der Verweis allein auf diese Bestimmung nicht die Schlussfolgerung der Klägerin im vorliegenden Fall zu tragen vermag.

136    In Bezug auf die Rechtsprechung des EGMR führt die Klägerin das Urteil vom 11. April 2002, Lallement/France, an, aus dem hervorgehe, dass das Erfordernis einer Entschädigung, die in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des enteigneten Gutes steht, „bisweilen die Notwendigkeit mit sich bringen [kann], Beträge vorzusehen, die den schlichten Wert des enteigneten Gutes deutlich übersteigen“.

137    In jenem Urteil, das eine Enteignung eines zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzten Grundstücks betrifft, führt der EGMR aus, dass eine Maßnahme wie eine Enteignung, mit der in das Recht auf Achtung des Vermögens eingegriffen wird, Rücksicht auf ein „angemessenes Gleichgewicht“ zwischen den Erfordernissen des Gemeininteresses und denjenigen des Schutzes der Grundrechte des Einzelnen nehmen muss. Im Bereich der Enteignung ist diesem Gleichgewicht in der Regel genügt, wenn der Enteignete eine Entschädigung erhält, die „in angemessenem Verhältnis“ zum Verkaufswert des Gutes steht, doch können legitime Ziele des Gemeinwohls für eine Erstattung unter dem vollen Marktwert sprechen. Nach Ansicht des EGMR steht ungeachtet des Beurteilungsspielraums des Staates für den Fall, dass das enteignete Gut das „Arbeitsmittel“ des Enteigneten ist, die gezahlte Entschädigung in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gutes, wenn sie nicht in der einen oder anderen Weise diesen spezifischen Verlust deckt oder den Neuaufbau dieses Arbeitsmittels nach der Enteignung ermöglicht (Nrn. 18, 20, 23).

138    Nicht nur ist die Analogie fragwürdig, die die Klägerin zwischen der Lage von Terni und dem jenem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt zieht, bei dem es um die Enteignung von landwirtschaftlichen Flächen ging, die die Produktionsmittel eines Landwirts beeinträchtigte und seine Fähigkeit zur Fortführung seiner Berufstätigkeit in Frage stellen konnte, sondern das Urteil des EGMR enthält auch keinerlei ausdrücklichen Hinweis auf die „Notwendigkeit …, Beträge vorzusehen, die den schlichten Wert des enteigneten Gutes deutlich übersteigen“.

139    Tatsächlich baut dieses Urteil auf der Verhältnismäßigkeit auf, die zwischen dem Entschädigungsbetrag und dem jeweiligen Wert des enteigneten Gutes bestehen muss, einer Begründung, mit der das Ergebnis der Auslegung von Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63, wie sie von der Klägerin vertreten wird und die mangels zeitlicher Klarstellung zu einem unbegrenzten oder fortwährenden Anspruch auf den Terni-Tarif führen kann, nicht vereinbar ist.

140    Nach alledem kann die Verlängerung des Terni-Tarifs im Jahr 2005 durch die streitige Maßnahme nicht als integraler Bestandteil der Terni für ihre Enteignung im Jahr 1962 zustehenden Entschädigung angesehen werden. Die entsprechende Behauptung der Klägerin geht mehr auf eine Extrapolation des vom nationalen Gesetzgeber verfolgten ursprünglichen Grundgedankens der Entschädigung zurück, der auf einer Behandlung von Terni als virtueller Eigenerzeuger aufbaut. Bezweckt wird damit die Beseitigung der zeitlichen Grenze für die Anwendung des Terni-Tarifs, und sie führt zu einer Entstellung des klaren und genauen Wortlauts von Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63.

141    Somit ist die Kommission nach der Klarstellung, dass die Lieferung von elektrischer Energie zu niedrigeren Preisen als dem normalen Tarif zweifellos einen klaren wirtschaftlichen Vorteil für die Begünstigten darstelle, die damit ihre Produktionskosten senken und ihre Wettbewerbsposition stärken könnten (99. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der den Terni-Nachfolgegesellschaften ab dem 1. Januar 2005 gewährte Vorzugstarif eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG ist.

142    Der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 1 EG ist somit zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen wesentliche Formvorschriften und gegen die Art. 87 EG und 88 EG aufgrund eines offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung der von den italienischen Behörden vorgelegten Wirtschaftsstudie

 Zum Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften

–       Vorbringen der Parteien

143    Die Klägerin bringt vor, die Kommission habe mit Schreiben vom 20. Februar 2007 die Italienische Republik ausdrücklich um Auskünfte gebeten, anhand deren der Wert des enteigneten Vermögens objektiv mit dem Wert des Vorteils verglichen werden könne, der aus dem Terni-Tarif ab dem Geltungsbeginn dieser Regelung bis 2010 erwachse, wobei der Vergleichsmöglichkeit wegen um eine Aktualisierung der betreffenden Werte ersucht worden sei. In diesem Schreiben habe die Kommission darauf aufmerksam gemacht, dass die erbetenen Auskünfte „notwendig [sind], um in den betreffenden Sachen zu einem Ergebnis zu gelangen“, woraufhin die italienischen Behörden und die begünstigten Gesellschaften im Rahmen ihrer Rechte als Beteiligte am förmlichen Prüfverfahren das Ergebnis der verlangten vergleichenden Analyse als ausschlaggebend für die Entscheidung über die Einstufung des Terni-Tarifs als staatliche Beihilfe angesehen hätten.

144    In Beantwortung dieses Ersuchens hätten die italienischen Behörden der Kommission im April 2007 eine im Auftrag der Terni-Nachfolgegesellschaften von einem unabhängigen und im Energiesektor anerkannten Berater erstellte Studie vorgelegt, die gezeigt habe, dass der Gesamtwert des durch den Terni-Tarif vermittelten Vorteils unter dem (2006 aktualisierten) Buchwert der aufgrund der Verstaatlichung enteigneten Güter gelegen habe und deshalb keine Überkompensation vorliege.

145    In der angefochtenen Entscheidung behaupte die Kommission aber aus dem Stegreif und „als Mittel zum Zweck“, dass die Studie völlig unmaßgeblich sei, weil die Angemessenheit des Ausgleichsmechanismus nur zum Zeitpunkt der Enteignung (ex ante) und nicht danach (ex post) beurteilt werden könne.

146    Die angefochtene Entscheidung sei unter Bedingungen erlassen worden, die die Klägerin daran gehindert hätten, ihre Verteidigungsrechte voll auszuüben und an dem Verfahren hinsichtlich der Frage, die Verfahrensgegenstand gewesen sei, teilzunehmen. Indem nämlich die Kommission der Klägerin die grundlegende Änderung ihrer Beurteilung während des Verfahrens nicht mitgeteilt habe, habe sie die Aufmerksamkeit der Klägerin auf Gesichtspunkte gelenkt, die sie letztlich in der angefochtenen Entscheidung für völlig unbedeutend gehalten habe. Daraus folge ein schwerer Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, der die hauptsächliche und unantastbare Sicherheit jedes Verwaltungsverfahrens, einschließlich des gemeinschaftlichen, darstelle. In keinem Verwaltungsverfahren dürfe der fundamentale Grundsatz des rechtlichen Gehörs der an einem solchen Verfahren beteiligten Einzelnen missachtet werden.

147    Die von der Kommission in ihren Schriftsätzen angeführte Rechtsprechung beruhe auf einer unvollständigen Lektüre von Art. 20 der Verordnung Nr. 659/1999 und berücksichtige nicht Art. 88 Abs. 2 EG, der ein kontradiktorisches Verfahren insoweit vorsehe, als die Kommission „den Beteiligten eine Frist zur Äußerung“ setzen müsse.

148    Es liege auf der Hand, dass der Mitgliedstaat sicher nicht das einzige Rechtssubjekt sei, das von einer Handlung betroffen sei, mit der eine Beihilfemaßnahme für unvereinbar im Sinne von Art. 87 EG erklärt werde. Vielmehr seien sowohl der Beihilfeempfänger als auch die mit ihm im Wettbewerb stehenden Unternehmen in ihrer Eigenschaft als „Beteiligte“ unmittelbar von der der Gemeinschaftsverwaltung zuerkannten Entscheidungsgewalt und deren damit einhergehender Befugnis zur Anordnung der Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen betroffen, wobei sie wohlgemerkt gegen eine negative Entscheidung der Kommission klagebefugt wären. Die Verteidigungsrechte knüpften somit an die für alle Adressaten (d. h. sowohl für den Staat als auch für die Dritten, die nicht in den Genuss der von der Kommission beanstandeten Beihilfe kämen) ungünstigen Verwaltungshandlungen an, und diese Nachteilssituation müsse als Anwendungsvoraussetzung für den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens in Bezug auf alle Adressaten angesehen werden.

149    Die von der Kommission angeführte Rechtsprechung erkenne zumindest an, dass das „Recht [der anderen Beteiligten als des Mitgliedstaats], am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden“, sichergestellt sein müsse. Im vorliegenden Verfahren sei aber einer der ausschlaggebenden Punkte für die Entscheidung über die Vereinbarkeit des Terni-Tarifs mit dem gemeinschaftlichen Beihilferecht die Beurteilung der Wirtschafts- und Finanzlage der Terni-Nachfolgegesellschaften zur Zeit der Enteignung durch das Gesetz Nr. 1643/62. Dieser Punkt sei gleichermaßen ausschlaggebend, ob nun die Entscheidung der Sache vom Vergleich des aktualisierten Wertes des enteigneten Vermögens von Terni mit dem bis zum 31. Dezember 2010 aktualisierten Wert des Terni-Tarifs abhänge oder ob der Streitpunkt allein die Möglichkeit betreffe, die jüngste Verlängerung dieses Tarifs als zusätzliche Entschädigung für die ausnahmsweise Enteignung von Terni anzusehen.

150    Schließlich habe die Kommission, sogar wenn man all das beiseite lasse, gleichwohl im förmlichen Prüfverfahren sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber der Italienischen Republik einen schweren Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften begangen. Selbst wenn man die Verteidigungsrechte der Klägerin einschränkend betrachten wolle, sei die angefochtene Entscheidung dennoch rechtswidrig, da ihr der unheilbare Mangel eines Widerspruchs zwischen der Untersuchung, ihrer Begründung und ihrem verfügenden Teil anhafte. Den Verfahrensbeteiligten seien nämlich die angemessenen Garantien der streitigen Erörterung mit dem die Verfahrensherrschaft innehabenden Organ in Bezug auf einen Punkt verwehrt worden, der sich später als wesentlich für den Erlass der angefochtenen Entscheidung erwiesen habe. Dieser Mangel habe der ausführlichen Antwort der Italienischen Republik auf die Fragen der Kommission aus ihrem Schreiben vom 20. Februar 2007 faktisch jeden Nutzen genommen.

151    Die Kommission erwidert, nach ständiger Rechtsprechung hätten im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung staatlicher Beihilfen die Beihilfeempfänger keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit ihr, sie besäßen keinen Anspruch auf rechtliches Gehör und könnten sich auch nicht auf die Verteidigungsrechte des Staates berufen, gegenüber dem das Verfahren eingeleitet worden sei.

152    Nur ergänzend macht die Kommission geltend, ihr könne im vorliegenden Fall keinerlei Verletzung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens oder der Verteidigungsrechte der Italienischen Republik vorgeworfen werden. So habe sie während des Verfahrens gegenüber diesem Mitgliedstaat nie geäußert, dass sie die Angemessenheit des Terni-Tarifs ex post beurteilen würde, ohne zu prüfen, ob die durch die streitige Maßnahme vorgesehene Verlängerung der Laufzeit dieses Tarifs mit der Entschädigung für die Enteignung von Terni im Jahr 1962 gerechtfertigt werden könne, was auch dadurch belegt werde, dass die italienischen Behörden und die Terni-Nachfolgegesellschaften im Verfahren tatsächlich Argumente dafür vorgebracht hätten, dass diese Verlängerung als integrierender Bestandteil des vom Dekret Nr. 1165/63 zur Entschädigung von Terni ex ante vorgesehenen Kriteriums angesehen werden müsse.

153    Selbst wenn die von den italienischen Behörden vorgelegte Studie als unmaßgeblich eingestuft worden sei, sei sie doch inhaltlich geprüft worden, mit dem Ergebnis, dass die ihr zugrunde liegende Methode ungenau und/oder unzutreffend sei. Außerdem bringe die Klägerin einen neuen, nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung für unzulässig zu erklärenden Klagegrund vor, wenn sie geltend mache, dass „die [angefochtene] Entscheidung jedenfalls rechtswidrig ist, da ihr der unheilbare Mangel eines Widerspruchs zwischen der Untersuchung, ihrer Begründung und ihrem verfügenden Teil anhaftet“.

–       Würdigung durch das Gericht

154    Die Kommission teilte der Italienischen Republik mit Schreiben vom 19. Juli 2006 ihre Entscheidung mit, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, und forderte mit der Veröffentlichung dieser Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union alle betroffenen Dritten auf, zu der streitigen Maßnahme Stellung zu nehmen.

155    Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 bat sie die Italienische Republik, nach der Feststellung, dass weitere Informationen „notwendig [sind], um … zu einem Ergebnis zu gelangen“, u. a. um Auskünfte, anhand deren der Wert des enteigneten Vermögens objektiv mit dem Wert des Vorteils verglichen werden könne, der aus dem Terni-Tarif ab dem Geltungsbeginn dieser Regelung bis 2010 erwachse, und zwar mit einer Aktualisierung der betreffenden Werte.

156    Auf dieses Ersuchen hin übermittelten die italienischen Behörden der Kommission im April 2007 eine im Auftrag der Terni-Nachfolgegesellschaften von einem unabhängigen Berater erstellte Studie, in der es heißt, dass der Gesamtwert des durch den Terni-Tarif vermittelten Vorteils unter dem (2006 aktualisierten) Buchwert der aufgrund der Verstaatlichung enteigneten Güter gelegen habe und deshalb keine Überkompensation vorliege.

157    Aus den Erwägungsgründen 82 und 83 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission diese Studie in erster Linie deshalb für nicht maßgeblich hielt, weil eine Analyse der Angemessenheit des Entschädigungsmechanismus nur ex ante, d. h. zum Zeitpunkt der Enteignung, vorgenommen werden könne. Entsprechend diesem Ansatz gelangte sie zu dem Schluss, dass die Begünstigten bis zum Auslaufen der ursprünglichen Ausgleichstarifregelung – und auch nur bis zu diesem Zeitpunkt – daraus keinerlei Vorteil hätten ziehen können, wobei diese Schlussfolgerung nicht wieder durch die Anwendung von alternativen Gewinn- und Verlustrechnungen in Frage gestellt werden dürfe, schon gar nicht, wenn diese rückwirkend angestellt würden.

158    Hilfsweise unterzog die Kommission die von den italienischen Behörden vorgelegte Studie einer inhaltlichen Prüfung und kam zu dem Ergebnis, dass die der Studie zugrunde liegende Methode insoweit ungenau und unzutreffend sei, als sie systematisch den tarifbedingten Vorteil für die Terni-Nachfolgegesellschaften zu niedrig und den Wert der enteigneten Wirtschaftsgüter wahrscheinlich zu hoch ansetze (Erwägungsgründe 87 bis 90 der angefochtenen Entscheidung).

159    Die Klägerin bringt in erster Linie vor, die angefochtene Entscheidung sei unter Bedingungen erlassen worden, die sie daran gehindert hätten, ihre Verteidigungsrechte auszuüben und „an dem Verfahren hinsichtlich der Frage, die Verfahrensgegenstand gewesen sei“, teilzunehmen. Die Kommission habe, nachdem sie eine Studie mit der verlangten vergleichenden Analyse erhalten habe, aus dem Stegreif und ohne darüber zu informieren, diese Studie als völlig unmaßgeblich erachtet. Indem sie der Klägerin die während des Verfahrens erfolgte Änderung ihrer Beurteilung der mit dem Schreiben vom 20. Februar 2007 angeforderten Auskünfte und damit der streitigen Maßnahme nicht mitgeteilt habe, habe sie ihr keine Gelegenheit gegeben, ihrem Standpunkt zur beihilferechtlichen Rechtswidrigkeit der Verlängerung des Terni-Tarifs im förmlichen Prüfverfahren zu widersprechen.

160    Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

161    Zum Vorwurf einer Verletzung der Verteidigungsrechte ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren ist, das gegenüber dem im Licht seiner gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird (Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Randnr. 29, und vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, Slg. 2002, I‑7869, Randnr. 81).

162    Im Rahmen dieses Verfahrens haben andere Beteiligte als der für die Gewährung der Beihilfe verantwortliche Mitgliedstaat somit nicht selbst Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten dieses Staates eingeleitet wird (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 59, und Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, oben in Randnr. 161 angeführt, Randnr. 82). Sie haben daher im Wesentlichen die Rolle einer Informationsquelle für die Kommission (Urteile des Gerichts vom 22. Oktober 1996, Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, T‑266/94, Slg. 1996, II‑1399, Randnr. 256, und vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg. 1998, II‑2405, Randnr. 59).

163    Keine Vorschrift des Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen weist insoweit dem Beihilfeempfänger eine besondere Rolle unter den Beteiligten zu. Das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist auch kein Verfahren „gegen“ den Beihilfeempfänger, das zur Folge hätte, dass dieser so umfassende Rechte wie die Verteidigungsrechte als solche geltend machen könnte (Urteil Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, oben in Randnr. 161 angeführt, Randnr. 83, und Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T‑198/01, Slg. 2004, II‑2717, Randnr. 193).

164    Die Klägerin macht geltend, die vorstehend genannte Rechtsprechung beruhe auf einer unvollständigen Lektüre von Art. 20 der Verordnung Nr. 659/1999 und berücksichtige nicht Art. 88 Abs. 2 EG, der ein kontradiktorisches Verfahren insoweit vorsehe, als die Kommission „den Beteiligten eine Frist zur Äußerung“ setzen müsse.

165    Dazu genügt die Feststellung, dass diese Rechtsprechung gerade zum Gegenstand hat, Art. 88 Abs. 2 EG sowie die Art. 6 und 20 der Verordnung Nr. 659/1999 auszulegen, die für die Beteiligten das Recht zur Stellungnahme im förmlichen Prüfverfahren vorsehen.

166    Im Übrigen kann die Klägerin entgegen ihrer Behauptung nicht als Adressatin der angefochtenen Entscheidung angesehen werden, auch wenn mit dieser die von ihr empfangene Beihilfe für unvereinbar erklärt wird. Adressaten der von der Kommission auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen erlassenen Entscheidungen sind einzig und allein die betroffenen Mitgliedstaaten (vgl. Art. 25 der Verordnung Nr. 659/1999 und Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 162 angeführt, Randnr. 45).

167    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die von der Klägerin angeführten allgemeinen Rechtsgrundsätze wie die des Rechts, gehört zu werden, und der ordnungsgemäßen Verwaltung es dem Gemeinschaftsrichter nicht erlauben können, die Verfahrensrechte auszudehnen, die den Beteiligten im Rahmen der Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen durch den Vertrag und das abgeleitete Recht eingeräumt werden (Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 163 angeführt, Randnr. 194). Auch der Umstand, dass die Klägerin gegen die angefochtene Entscheidung klagebefugt wäre, erlaubt das nicht.

168    Schließlich ist entschieden worden, dass die Kommission weder nach einer Vorschrift über staatliche Beihilfen noch nach der Rechtsprechung verpflichtet ist, den Empfänger staatlicher Mittel zu ihrer rechtlichen Beurteilung der fraglichen Maßnahme zu hören oder den betroffenen Mitgliedstaat – oder gar den Beihilfeempfänger – vor Erlass ihrer Entscheidung über ihren Standpunkt zu informieren, wenn den Beteiligten und dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde (Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 163 angeführt, Randnr. 198).

169    Jedenfalls ist zu betonen, dass die Klägerin zur Äußerung aufgefordert wurde und von dieser Möglichkeit mit der Einreichung einer ausführlichen Stellungnahme bei der Kommission auch Gebrauch machte.

170    Sie brachte vor, der Terni-Tarif stelle die rechtmäßige Ausgleichsleistung dar, auf die Terni infolge der Enteignung ihrer betrieblichen Güter Anspruch gehabt habe, und könne daher nicht als staatliche Beihilfe eingestuft werden. Sie zeichnete die Vorgeschichte dieses Tarifs nach und betonte dabei, dass alle seine Verlängerungen über 1991 hinaus mit der allgemeinen Verlängerung der anderen Unternehmen gewährten Wasserkraftstromkonzessionen zusammengefallen seien und damit dem Grundsatz entsprochen hätten, wonach es keinerlei Diskriminierung zwischen Terni und den anderen Eigenerzeugern geben dürfe, die nicht enteignet worden seien und folglich weiterhin Strom erzeugen und Energie zu niedrigen Kosten verbrauchen könnten (Erwägungsgründe 43 und 44 der angefochtenen Entscheidung).

171    Die Klägerin machte somit im förmlichen Prüfverfahren Argumente geltend, mit denen dargetan werden sollte, dass die Verlängerung des Terni-Tarifs als integrierender Bestandteil des in Art. 6 des Dekrets Nr. 1165/63 zur Entschädigung von Terni ex ante vorgesehenen Kriteriums angesehen werden müsse.

172    Gerade diesen Punkt hat aber die Kommission in den Vordergrund gestellt, als sie zu dem Ergebnis gelangte, dass die streitige Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG sei. Die Klägerin ist somit zu Unrecht der Ansicht, die Kommission habe sie daran gehindert „an dem Verfahren hinsichtlich der Frage, die Verfahrensgegenstand gewesen sei“, teilzunehmen, oder sie habe ihr „unbegründet das Recht verwehrt …, dem Standpunkt der Gemeinschaftsverwaltung zur beihilferechtlichen Rechtswidrigkeit der Verlängerung des Vorzugstarifs zu widersprechen“.

173    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Behauptung der Klägerin, dass die Kommission während des Verfahrens ihre Beurteilung der mit dem Schreiben vom 20. Februar 2007 angeforderten Auskünfte und damit der streitigen Maßnahme grundlegend geändert habe, den Zweck des förmlichen Prüfverfahrens verkennt und auf eine falsche Lektüre der Formulierungen des Auskunftsersuchens vom 20. Februar 2007 zurückgeht.

174    Tatsächlich hielt es die Kommission für erforderlich, Informationen über den Buchwert der auf den Staat übergegangenen Güter zum Zeitpunkt der Verstaatlichung einzuholen. Dabei handelte es sich jedoch nicht um den einzigen Zweck des im Schreiben vom 20. Februar 2007 enthaltenen Auskunftsersuchens, und die Formulierung, dass die angeforderten Informationen erforderlich seien, um in der betreffenden Sache „zu einem Ergebnis zu gelangen“, ist in den Zusammenhang des förmlichen Prüfverfahrens und seiner Zwecke einzuordnen, die darin bestehen, den Beteiligten Gehör zu gewähren und die Kommission in die Lage zu versetzen, sich vor Erlass ihrer Entscheidung umfassend über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 20. März 1984, Deutschland/Kommission, 84/82, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13).

175    Das förmliche Prüfverfahren kann keine andere als die vorstehend beschriebene Bedeutung haben und insbesondere nicht diejenige, schon vor Erlass der abschließenden Entscheidung endgültig über bestimmte Aktenbestandteile zu entscheiden.

176    Dem Schreiben vom 20. Februar 2007 kann nicht, wie die Klägerin behauptet, entnommen werden, dass die Kommission „für die Entscheidung über die Einstufung des Vorzugstarifs als staatliche Beihilfe den Nachweis, dass der (aktualisierte) Wert dieses Ausgleichs den Wert der enteigneten Güter nicht übersteigt, als ausschlaggebend angesehen“ hat. Diese Behauptung geht auf ein Fehlverständnis von dem genannten Schreiben zurück.

177    Die Kommission hat jedenfalls weder gegenüber den italienischen Behörden noch gegenüber den Terni-Nachfolgegesellschaften jemals geäußert, dass sie die Angemessenheit des Terni-Tarifs ex post beurteilen würde, ohne zu prüfen, ob die durch die streitige Maßnahme vorgesehene Verlängerung der Laufzeit dieses Tarifs mit der Entschädigung für die Enteignung von Terni im Jahr 1962 gerechtfertigt werden könne.

178    Nach alledem ist die Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin zurückzuweisen.

179    An zweiter Stelle bringt die Klägerin vor, selbst wenn man die Verteidigungsrechte der Beteiligten im Rahmen des Verfahrens nach der Verordnung Nr. 659/1999 einschränkend betrachten wolle (was jedoch nicht zutreffe), sei die angefochtene Entscheidung dennoch rechtswidrig, da ihr der unheilbare Mangel eines Widerspruchs zwischen der Untersuchung, ihrer Begründung und ihrem verfügenden Teil anhafte.

180    Die Kommission hält diese Rüge für unzulässig und beruft sich dafür auf einen Verstoß gegen Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung, nach dem neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

181    Es ist jedoch festzustellen, dass diese Rüge in dem Sinn nicht als neu angesehen werden kann, als sie bereits in der Klageschrift erwähnt worden ist. Der Unzulässigkeitsantrag der Kommission ist deshalb zurückzuweisen.

182    Gleichwohl ist die genaue Reichweite der Rüge schwer zu erfassen, da sich anhand der bloßen Behauptung eines „unheilbaren Mangels eines Widerspruchs zwischen der Untersuchung, [der] Begründung und [dem] verfügenden Teil“ der Entscheidung keine genaue Rechtswidrigkeit im Hinblick auf einen etwaigen Verstoß der Kommission gegen eine Regelungsbestimmung oder einen allgemeinen Rechtsgrundsatz der Union ausmachen lässt.

183    In der Erwiderung findet sich nach der Formulierung der Rüge folgende Erläuterung: „Den Verfahrensbeteiligten sind nämlich die angemessenen Garantien der streitigen Erörterung mit dem die Verfahrensherrschaft innehabenden Organ (der Kommission) in Bezug auf einen Punkt verwehrt worden, der sich später als wesentlich für den Erlass der angefochtenen Entscheidung erwiesen hat“. Diese Ausführung zeigt, dass sich die fragliche Rüge nicht von der Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin unterscheidet, die vorstehend in Randnr. 178 zurückgewiesen worden ist.

184    Schließlich heißt es in der Erwiderung, dass „… die Kommission … gleichwohl im förmlichen Prüfverfahren einen schweren Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften sowohl gegenüber dem Italienischen Staat als auch gegenüber der Klägerin begangen [hat], denen beiden unbegründet das Recht verwehrt wurde, dem Standpunkt der [V]erwaltung zur beihilferechtlichen Rechtswidrigkeit der Verlängerung des Vorzugstarifs zu widersprechen“.

185    Soweit die Klägerin damit einen Klagegrund vorbringen wollte, der auf die Verletzung der Verteidigungsrechte der Italienischen Republik gestützt ist, ist dieser Klagegrund als unzulässig und jedenfalls unbegründet zurückzuweisen.

186    Eine Verletzung der Verteidigungsrechte ist nämlich ihrem Wesen nach eine Verletzung von subjektiven Rechten (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 425 und die dort angeführte Rechtsprechung), die daher von dem betroffenen Mitgliedstaat selbst geltend gemacht werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 163 angeführt, Randnr. 203).

187    Die Klägerin kann deshalb mit einem Klagegrund nicht zulässigerweise eine Verletzung der Verteidigungsrechte des betroffenen Mitgliedstaats, hier der Italienischen Republik, rügen.

188    Selbst wenn ein solcher Klagegrund zulässig wäre, wäre er nicht begründet.

189    Nach ständiger Rechtsprechung gebietet es der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, dass dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit gegeben wird, zu den Äußerungen beteiligter Dritter nach Art. 88 Abs. 2 EG, auf die die Kommission ihre Entscheidung stützen will, in zweckdienlicher Weise Stellung zu nehmen. Die Kommission darf solche Äußerungen in ihrer Entscheidung gegen diesen Staat nicht berücksichtigen, soweit dieser keine Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen. Eine solche Verletzung der Verteidigungsrechte führt jedoch nur dann zu einer Nichtigerklärung, wenn das Verfahren ohne diesen Rechtsfehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Urteile des Gerichtshofs vom 11. November 1987, Frankreich/Kommission, 259/85, Slg. 1987, 4393, Randnrn. 12 und 13, und vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C‑301/87, Slg. 1990, I‑307, Randnrn. 29 bis 31).

190    Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass der Kommission in keiner Weise vorgeworfen wird, sie habe die angefochtene Entscheidung auf die Äußerungen von beteiligten Dritten gestützt, zu denen die Italienische Republik keine Stellung habe nehmen können. Der Italienischen Republik wurde gemäß den Vorgaben der Art. 88 Abs. 2 EG und 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 Gelegenheit gegeben, sich zur Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens zu äußern, und die in diesem Zusammenhang von den Beteiligten abgegebenen Stellungnahmen wurden ihr übermittelt, worauf sie mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 reagierte (Sechster Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

191    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe der Italienischen Republik, indem sie dieser die während des Verfahrens erfolgte grundlegende Änderung ihrer Beurteilung der mit dem Schreiben vom 20. Februar 2007 angeforderten Auskünfte und damit der streitigen Maßnahme nicht mitgeteilt habe, ebenso wenig wie ihr selbst Gelegenheit gegeben, dem Kommissionsstandpunkt zur beihilferechtlichen Rechtswidrigkeit der Verlängerung des Terni-Tarifs im förmlichen Prüfverfahren zu widersprechen.

192    Es ist hervorzuheben, dass die Italienische Republik in ihren im förmlichen Prüfverfahren bei der Kommission abgegebenen Stellungnahmen die Ansicht vertrat, dass sowohl der ursprüngliche Tarif – der die legitime Entschädigung von Terni für die Enteignung ihrer Wirtschaftsgüter dargestellt habe – als auch seine späteren Verlängerungen keine staatliche Beihilfe darstellten. Zur Untermauerung dieser Ansicht führte sie eine Reihe von Urteilen des Gerichtshofs an, nach denen bestimmte Formen von Entschädigungen für Unternehmen keine Beihilfen darstellen, insbesondere im Fall von Schadensersatz und von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (58. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

193    Im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wird auch klargestellt:

„Hinsichtlich der Genehmigung des Terni-Tarifs als staatliche Beihilfe verweist [die Italienische Republik] darauf, dass das Gesetz Nr. 9/1991, mit dem die erste Verlängerung des Tarifs verfügt wurde, der Kommission ordnungsgemäß gemeldet und von ihr gebilligt worden war. Die nachfolgenden Verlängerungen des [T]arifs, die gleichzeitig mit den Verlängerungen der [Konzessionen der Wasserkraftstromerzeuger] stattfanden, erfolgten nach dem gleichen Prinzip, das von der Kommission nie in Frage gestellt wurde. Daher müsste der [Terni-]Tarif nach italienischer Auffassung als eine bereits bestehende Maßnahme betrachtet werden, die keine Beihilfe darstellt.“

194    Die Italienische Republik brachte somit im förmlichen Prüfverfahren ihren Standpunkt zum Entschädigungscharakter der streitigen Maßnahme klar zum Ausdruck.

195    Außerdem verkennt das oben in Randnr. 191 wiedergegebene Vorbringen der Klägerin, wie vorstehend ausgeführt, den Zweck des förmlichen Prüfverfahrens und geht auf eine falsche Lektüre der Formulierungen des Auskunftsersuchens vom 20. Februar 2007 zurück.

196    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission weder nach einer Vorschrift über staatliche Beihilfen noch nach der Rechtsprechung verpflichtet ist, den Empfänger staatlicher Mittel zu ihrer rechtlichen Beurteilung der fraglichen Maßnahme zu hören oder den betroffenen Mitgliedstaat – oder gar den Beihilfeempfänger – vor Erlass ihrer Entscheidung über ihren Standpunkt zu informieren, wenn den Beteiligten und dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde (Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 163 angeführt, Randnr. 198).

 Zum offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung der von den italienischen Behörden vorgelegten Wirtschaftsstudie

–       Vorbringen der Parteien

197    Die Klägerin bringt vor, die Kommission bestreite die Stichhaltigkeit der von den italienischen Behörden vorgelegten Studie in zwei Punkten.

198    Erstens solle in dieser Studie der Wert der enteigneten Anlagen überbewertet sein, weil angeblich außer Acht gelassen werde, dass diese Anlagen und die mit ihnen verbundenen Vermögenswerte bei Konzessionsende an den Staat hätten zurückfallen müssen.

199    Die Klägerin macht geltend, die Berechnung des Wertes der enteigneten Güter anhand der Jahresbilanzen von Terni entspreche genau der von der Kommission verlangten Berechnungsweise, und die von einem Notar beglaubigten Originalbilanzen stünden völlig in Einklang mit den Vorschriften des Gesellschaftsrechts und des Bilanzierungsrechts, nach denen u. a. der Wert der Güter nach Maßgabe der Restlaufzeit etwaiger Konzessionen proportional „amortisiert“ werden müsse.

200    Abgesehen davon, dass die Argumentation der Kommission zu einer Beweislastumkehr führen würde, berücksichtige sie nicht, dass die Wasserkraftstromkonzessionen von Terni ohne die Enteignung wie alle anderen Wasserkraftstromkonzessionen der nicht enteigneten Eigenerzeuger mehrmals, bis zum 31. Dezember 2020 verlängert worden wären.

201    Zweitens trägt die Klägerin vor, dass nach Ansicht der Kommission in der fraglichen Studie der Wert des durch den Terni-Tarif vermittelten Vorteils zu niedrig angesetzt worden sein solle, weil zur Berechnung dieses Tarifvorteils der tatsächlich von Terni gezahlte Betrag angeblich mit dem Tarif hätte verglichen werden müssen, den normalerweise ein Wirtschaftsteilnehmer gezahlt hätte, der nicht Eigenerzeuger sei und ein ähnliches Verbrauchsprofil wie Terni habe.

202    Darauf hält die Klägerin entgegen, dass Terni und ihre Rechtsnachfolger von bestimmten Tarifbestandteilen (u. a. dem Wärmezuschlag) durch ganz andere und spätere Rechts- und Verwaltungsvorschriften als das Gesetz Nr. 1643/62 und sein Anwendungsdekret, aber entsprechend der diesem Gesetz zugrunde liegenden Logik des Vergleichs mit den Eigenerzeugern befreit worden seien. Somit könne nicht behauptet werden, dass der Terni-Tarif zur Ermittlung des Wertes der empfangenen Vorteile mit dem „Normaltarif“ (einschließlich des Wärmezuschlags) verglichen werden müsse, den ein Wirtschaftsteilnehmer, der nicht Eigenerzeuger sei, zahlen müsse. Der gleiche Gedanke gelte für die Berechnung der „Ausgleichsvergünstigungen“, die die Terni-Nachfolgegesellschaften von der Ausgleichskasse für den Stromsektor von 2000–2006 erhalten hätten.

203    Somit müsse die Vergünstigung nach Maßgabe des Preises berechnet werden, den die Terni-Nachfolgegesellschaften jedenfalls nach den vorstehend genannten Bestimmungen (die sich vom Terni-Tarif unterschieden) hätten zahlen müssen, und nicht nach Maßgabe des normalen Strommarktpreises, wie die Kommission fälschlicherweise behaupte.

204    Die Kommission ruft in Erinnerung, dass sie die von den italienischen Behörden vorgelegte Studie nur hilfsweise inhaltlich geprüft habe und dass, wenn ihre Schlussfolgerung, dass die Studie unmaßgeblich sei, Bestätigung finde, die im zweiten Teil dieses Klagegrundes vorgebrachten Argumente ins Leere gingen.

205    Sie weist darauf hin, dass die Klägerin die im 90. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung nicht bestreite, wonach „[z]ur Ermittlung des Buchwerts der Wirtschaftsgüter … in der Studie [schlicht] die Differenz zwischen dem Posten ‚Anlagen und Maschinen‘ der Bilanz von Terni für 1962 … und dem gleichen Posten im darauf folgenden Jahr errechnet [wird]“, während „es keinerlei konkreten Beweis dafür gibt, dass diese Differenz ausschließlich auf den Verlust [des Wasserkraftwerks] zurückzuführen ist“. Dieser Einwand reiche für den Nachweis der geringen Zuverlässigkeit der Studie aus, da diese nicht dartue, dass die Angemessenheit der Entschädigung nur im Hinblick auf die enteigneten Wasserkraftanlagen geprüft worden sei.

206    In der von den italienischen Behörden vorgelegten Studie werde nicht näher ausgeführt, ob bei dem Anlagenwert, der sich aus der Bilanz von Terni für 1963 ergebe, berücksichtigt sei, dass bei Konzessionsende ein großer Teil dieser Anlagen auf den Staat übergegangen wäre. Die mangelnde Eindeutigkeit in diesem grundlegenden Punkt werde auch nicht durch die förmliche Erklärung der Klägerin zu der Bedeutung einer durch einen Notar beglaubigten Bilanz behoben. Was die Behauptung der Klägerin betreffe, dass die Wasserkraftstromkonzession von Terni ohne die Enteignung bis Dezember 2020 verlängert worden wäre, so müsse für die Ermittlung des Wertes der 1962 enteigneten Güter auf die Lage zum Zeitpunkt der Enteignung abgestellt werden, ohne dass die Änderungen berücksichtigt werden könnten, die ohne Enteignung später hätten eintreten können, und die Jahreszahl 2020 sei jedenfalls falsch, da die im Gesetz Nr. 266/05 vorgesehene Verlängerung der Wasserkraftstromkonzessionen bis 2020 für verfassungswidrig erklärt worden sei.

207    Zur vergleichenden Analyse der Tarife bringt die Kommission vor, die fragliche Studie stelle zu Unrecht auf den von einem Eigenerzeuger gezahlten Preis (anstelle des normalen Marktpreises) als Bezugspunkt ab und lasse dabei außer Acht, dass die Behandlung von Terni als virtueller Eigenerzeuger bis zum Jahr 1992 Teil der ihr gewährten Entschädigung gewesen sei. Wäre diese Gesellschaft ohne Entschädigung enteignet worden, wäre sie nicht wie ein „virtueller Eigenerzeuger“ behandelt worden und hätte den Strom folglich zum normalen Marktpreis (und nicht zum Preis eines von bestimmten Tarifbestandteilen befreiten Eigenerzeugers) bezahlen müssen. Deshalb müsse zur Ermittlung der Höhe der Terni gewährten Entschädigung der Unterschiedsbetrag zwischen dem Marktpreis (d. h. dem Preis ohne Entschädigung) und dem ihr (entsprechend einem virtuellen Eigenerzeuger) als Entschädigung gewährten niedrigeren Tarif berechnet werden.

–       Würdigung durch das Gericht

208    Die Kommission hat die fragliche Studie nur hilfsweise inhaltlich geprüft und hielt sie in erster Linie für unmaßgeblich, weil eine Analyse der Angemessenheit des Entschädigungsmechanismus nur ex ante, d. h. zum Zeitpunkt der Enteignung, vorgenommen werden könne. Entsprechend diesem Ansatz gelangte sie zu dem Schluss, dass die Begünstigten bis zum Auslaufen der ursprünglichen Ausgleichstarifregelung – und auch nur bis zu diesem Zeitpunkt – daraus keinerlei Vorteil hätten ziehen können, wobei diese Schlussfolgerung nicht wieder durch die Anwendung von alternativen Gewinn- und Verlustrechnungen in Frage gestellt werden dürfe, schon gar nicht, wenn diese rückwirkend angestellt würden (Erwägungsgründe 82 bis 85 der angefochtenen Entscheidung).

209    Die Klägerin tritt diesem Ansatz der Kommission, dass die fragliche Studie im Hinblick auf die beihilferechtliche Einstufung der streitigen Maßnahme a priori nicht maßgeblich sei, nicht ausdrücklich entgegen. Sie hat im Rahmen des zweiten Nichtigkeitsgrundes nur einen Verfahrensmangel wegen Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend gemacht.

210    Dagegen hat sie die Richtigkeit des Ergebnisses dieses Ansatzes im Rahmen des auf einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG gestützten Nichtigkeitsgrundes in Abrede gestellt. Wie dargelegt war aber die Kommission zu Recht der Ansicht, dass die 2005 mit der streitigen Maßnahme gewährte Verlängerung des Terni-Tarifs kein integrierender Bestandteil der Terni aufgrund ihrer Enteignung im Jahr 1962 geschuldeten Entschädigung sei, und gelangte richtigerweise zu dem Ergebnis, dass der den Terni-Nachfolgegesellschaften ab dem 1. Januar 2005 gewährte Vorzugstarif eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG darstelle.

211    Unter diesen Umständen geht der Klagegrund eines offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung der von den italienischen Behörden vorgelegten Wirtschaftsstudie durch die Kommission fehl und ist zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 88 Abs. 3 EG

 Vorbringen der Parteien

212    Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei insoweit rechtswidrig, als die Kommission feststelle, dass die Italienische Republik die streitige Maßnahme unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG durchgeführt habe, und dieser deshalb die Wiedereinziehung der in Ausführung des Gesetzes Nr. 80/05 bereits gezahlten Beträge aufgebe.

213    Die streitige Maßnahme habe das Gesetz Nr. 9/91, das eine Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs bis zum 31. Dezember 2007 mit einer stufenweisen Verringerung der Mengen von 2002–2007 vorgesehen habe, nicht aufgehoben, sondern in Wirklichkeit insoweit „überholt“, als sie die Mengen, auf die die Unternehmen am 31. Dezember 2004 Anspruch gehabt hätten, bei gleichzeitiger Verlängerung der Geltungsdauer dieses Tarifs bis zum Jahr 2010 eingefroren habe. Wenn die streitige Maßnahme rechtswidrig sei, gälten daher die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 9/91 bis zu ihrem natürlichen Gültigkeitsende fort. Die Autorità per l’energia elettrica e il gas (Strom- und Gasbehörde, im Folgenden: AEEG) habe aber 2005 und 2006 aus Vorsichtsgründen eine Reihe von Entscheidungen getroffen, damit die Klägerin und die anderen Terni-Nachfolgegesellschaften nur die Beträge des Terni-Tarifs erhielten, die in Anwendung des bereits von der Kommission geprüften und gebilligten Gesetzes Nr. 9/91 geschuldet gewesen seien.

214    Aus den Zahlungsmitteilungen, die die Klägerin von der Ausgleichskasse für den Stromsektor im Zeitraum von 2005–2007 erhalten habe, ergebe sich, dass alle Zahlungen im Rahmen des Terni-Tarifs stets, auch nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 80/05, ohne jede Bezugnahme auf diese Regelung gezahlt worden seien, was belege, dass die unterbliebene Auszahlung der mit der streitigen Maßnahme vorgesehenen Beträge an die Klägerin auf den Willen der italienischen Behörden zurückgehe, die in Art. 88 Abs. 3 EG vorgesehene Stillhaltepflicht zu beachten. Die Klägerin habe somit weder während des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt habe, noch danach irgendeinen Betrag auf der Grundlage des mit der streitigen Maßnahme verlängerten Tarifbestandteils empfangen, denn die erhaltenen Gelder seien nur in Anwendung des Gesetzes Nr. 9/91 geflossen.

215    Die Kommission habe, wie die Erwägungsgründe 33 bis 35 und 162 der angefochtenen Entscheidung belegten, gewusst, dass die Beträge, die die Klägerin bis 2007 erhalten habe, dieser als Anzahlung auf die nach dem Gesetz Nr. 9/91 geschuldeten Beträge gezahlt worden seien. Die Aussage der Kommission, dass dieser Umstand nicht die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung berühren könne und nur deren Durchführung betreffe, sei offenkundig falsch. Es könne nicht geleugnet werden, dass in Ermangelung der tatsächlichen Durchführung der streitigen Maßnahme im Sinne des Art. 88 Abs. 3 EG die wesentlichen Voraussetzungen für die Erklärung der Beihilfe für rechtswidrig und für die Rückforderungsanordnung gegenüber dem Staat nicht vorlägen.

216    Außerdem laufe die Auffassung der Kommission, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zum Aufschub der Beihilfegewährung allein in der Veröffentlichung oder dem Inkrafttreten der streitigen Maßnahme liege, nicht nur dem Wortsinn von Art. 88 Abs. 3 EG zuwider, sondern stehe auch im Widerspruch zum Zweck und zur praktischen Wirksamkeit dieses Verbots.

217    Wesentliches Ziel der Bestimmungen des Art. 88 Abs. 2 und 3 EG sei es, eine etwaige Wetttbewerbsverzerrung im Binnenmarkt zu verhindern, die dadurch entstünde, dass der Beihilfbegünstigte bis zur Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt einen Vorteil zu Lasten seiner Konkurrenten habe. Die Stillhaltepflicht diene der Sicherstellung einer tatsächlichen Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer, wobei ein Unternehmen erst dann einen Vorteil erlange, wenn der Staat eine Beihilfe durchführe, bevor die Kommission ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt geprüft habe. Da die Klägerin im vorliegenden Fall die mit der streitigen Maßnahme zugesprochenen Beträge nicht habe erhalten können, habe sie keinerlei Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten erlangt, und es sei zu keiner Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt gekommen.

218    Die Kommission weist darauf hin, dass die Klägerin nicht bestreite, dass die mit der streitigen Maßnahme vorgesehene Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs ohne vorherige Anmeldung entgegen den Vorgaben des Art. 88 Abs. 3 EG in Kraft getreten sei, und dass sie sogar einräume, dass die AEEG spezifische Durchführungsmaßnahmen hinsichtlich der dem Terni-Tarif entsprechenden Ausgleichselemente erlassen habe, indem sie ihre Zahlung unter der Voraussetzung zugelassen habe, dass die Empfängerunternehmen eine besondere Sicherheit leisteten. Unter diesen Umständen und selbst wenn man annehme, dass die von der streitigen Maßnahme vorgesehenen Beträge nicht gezahlt worden seien, bleibe es jedenfalls dabei, dass die betreffende Maßnahme unter Verstoß gegen die in Art. 88 EG vorgesehene Pflicht zur vorherigen Anmeldung durchgeführt worden sei.

219    Anders als die Klägerin behaupte, stehe diese Haltung der Kommission völlig in Einklang mit dem Wortlaut und der Logik von Art. 88 Abs. 3 EG. Wenn eine Beihilferegelung wie die mit der streitigen Maßnahme vorgesehene erst einmal in Kraft getreten sei, könne sie nicht mehr als nur „beabsichtigte“ Einführung einer Beihilfe im Sinne dieses Artikels eingestuft werden. In einer solchen Situation wäre es nämlich abwegig und widerspräche der Logik des Systems der Vorabkontrolle der staatlichen Beihilfen, wenn die Kommission einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG erst feststellen könnte, nachdem sie überprüft habe, dass jeder Empfänger tatsächlich von den Vorteilen der fraglichen Regelung profitiere.

220    Aus der Rechtsprechung ergebe sich, dass der Umstand, dass die Klägerin die von der streitigen Maßnahme vorgesehenen Beträge nicht erhalten habe, bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung zu würdigen sei und nicht deren Rechtmäßigkeit berühren könne.

221    Die Kommission betont, dass im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht worden sei, dass die Klägerin trotz des Inkrafttretens der streitigen Maßnahme nicht von den damit verbundenen Vorteilen profitiert hätte, was erkläre, warum in der angefochtenen Entscheidung von der rechtswidrigen Beihilfegewährung unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG und der Rückforderungsanordnung die Rede sei, wobei jedoch auf der Stufe der Durchführung der angefochtenen Entscheidung geprüft werden müsse, welchen Beihilfebetrag die verschiedenen Empfänger tatsächlich erhalten hätten. Sie erinnert an die ständige Rechtsprechung, nach der ihr nicht vorgeworfen werden könne, dass sie rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, die ihr gegenüber im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können, aber nicht vorgetragen worden seien, nicht berücksichtigt habe, da sie nicht verpflichtet sei, von Amts wegen und mutmaßend zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr gegenüber hätten vorgetragen werden können.

222    Schließlich habe die Klägerin in keiner Weise dargetan, dass sie nicht in den Genuss der durch die streitige Maßnahme vermittelten Vorteile gekommen sei; im Gegenteil ließen die von den italienischen Behörden nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten Daten erkennen, dass die Terni-Nachfolgegesellschaften zusammen von der Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs profitiert hätten, indem sie Zahlungen erhalten hätten, die über die im Gesetz Nr. 9/91 vorhergesehenen hinausgingen.

 Würdigung durch das Gericht

223    Aus den Erwägungsgründen 118 bis 132 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission der Ansicht war, dass die streitige Maßnahme ab dem 1. Januar 2005 als neue Beihilfe gelten müsse und diese rechtswidrig gewesen sei, da die Italienische Republik Art. 11 Abs. 11 des Gesetzes Nr. 80/05 nicht angemeldet habe.

224    Nach der Feststellung, dass auf die fragliche Beihilfe keiner der in Art. 87 EG aufgeführten Ausnahmetatbestände zutreffe, und der Erklärung der zweiten Verlängerung des Terni-Tarifs für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt (Erwägungsgrund 147 der angefochtenen Entscheidung) führte die Kommission aus, dass sämtliche unvereinbaren Beihilfebeträge, die die Klägerin, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche aufgrund von Art. 11 Abs. 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 erhalten hätten und die sich auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2005 bezögen, einschließlich Zinsen zurückzufordern seien (160. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

225    In den Erwägungsgründen 161 und 162 der angefochtenen Entscheidung stellte sie noch klar:

„(161) In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass mit der Rückforderung die Wettbewerbssituation des Begünstigten von vor der Gewährung der [unvereinbaren] Beihilfe wieder hergestellt werden soll. Bei der Ermittlung der Wettbewerbssituation der aus Terni hervorgegangenen Unternehmen vor der Anwendung des Gesetzes ist zu berücksichtigen, dass die mit dem Gesetz Nr. 9/[91] verfügte Beihilfemaßnahme existierte, die bis 2007 genehmigt worden war.

(162)            Daher ist die Kommission der Ansicht, dass die Restbeihilfebeträge, auf die die Begünstigten aufgrund des Gesetzes Nr. 9/[91] in den Jahren 2005, 2006 und 2007 Anspruch gehabt hätten, wenn das Gesetz Nr. 80/[05] nicht zur Anwendung gekommen wäre, von den zurückzufordernden Beträgen in Abzug gebracht werden können, falls [die Italienische Republik] der Ansicht ist, dass die Begünstigten aufgrund des nationalen Rechts … Anspruch darauf haben.“

226    Die Klägerin macht geltend, in Ermangelung der tatsächlichen Durchführung der streitigen Maßnahme im Sinne des Art. 88 Abs. 3 EG lägen die wesentlichen Voraussetzungen dafür, die Beihilfe für rechtswidrig zu erklären und ihre Rückforderung gegenüber dem Mitgliedstaat anzuordnen, nicht vor. Sie habe keinerlei Zahlung auf der Grundlage des mit der streitigen Maßnahme verlängerten Tarifbestandteils empfangen, denn die bis 2007 erhaltenen Gelder seien nur als Anzahlung auf die nach dem Gesetz Nr. 9/91 geschuldeten Beträge gezahlt worden, das von der Kommission gebilligt worden sei. Da kein Verstoß gegen die Pflicht zur vorherigen Anmeldung vorliege und es keinen rückzufordernden Betrag gebe, habe die Kommission gegen Art. 88 Abs. 3 EG verstoßen, als sie die Beihilfe für rechtswidrig erklärt und deshalb ihre Rückforderung angeordnet habe.

227    Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

228    Der Einführung neuer Beihilfen durch die Mitgliedstaaten muss ein Prüfverfahren vorausgehen; andernfalls kann eine Beihilfe nicht als ordnungsgemäß eingeführt angesehen werden (Urteile des Gerichtshofs vom 9. August 1994, Namur-Les assurances du crédit, C‑44/93, Slg. 1994, I‑3829, Randnr. 12, und Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 162 angeführt, Randnr. 35).

229    Nach Art. 88 Abs. 3 EG und den Art. 2 und 3 der Verordnung Nr. 659/1999 muss jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen bei der Kommission angemeldet werden und darf nicht durchgeführt werden, bevor diese nicht, implizit oder ausdrücklich, ihre Zustimmung erteilt hat.

230    Die Mitgliedstaaten müssen somit zwei nicht voneinander trennbaren Verpflichtungen nachkommen, nämlich der Pflicht zur vorherigen Anmeldung der Beihilfevorhaben und der Pflicht, mit der Durchführung dieser Vorhaben bis zur Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu warten.

231    Nach Art. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 659/1999 sind rechtswidrige Beihilfen „neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel [88] Absatz 3 des Vertrags eingeführt werden“, also ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission oder bei erfolgter Anmeldung, bevor die Kommission innerhalb der vorgesehenen Frist über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt entschieden hat, gewährt werden.

232    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die zweite Verlängerung des Terni-Tarifs nicht in einem Gesetzesvorhaben, sondern in Art. 11 Abs. 11 des Gesetzes Nr. 80/05 enthalten ist und dass die italienischen Behörden keine Anmeldung bei der Kommission vornahmen, was die Tatbestandsmerkmale eines Verstoßes gegen Art. 88 Abs. 3 EG erfüllt.

233    Das Vorbringen der Klägerin, es habe keinerlei Zahlung auf der Grundlage des mit der streitigen Maßnahme verlängerten Tarifbestandteils stattgefunden, ist insoweit unerheblich.

234    Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass eine Beihilfe als gewährt gelten kann, auch wenn sie dem Begünstigten noch nicht ausgezahlt wurde.

235    So hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus Art. 88 Abs. 3 EG verstoßen hatte, indem er Maßnahmen zur Einführung von Beihilferegelungen erst nach ihrem Erlass als Gesetz anmeldete (Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 1984, Kommission/Italien, 169/82, Slg. 1984, 1603, Randnr. 11). Das Gericht hat, gestützt auf den Wortlaut dieser Bestimmung, entschieden, dass die Kommission von Beihilfemaßnahmen zu unterrichten ist, wenn sich diese noch im Entwurfsstadium befinden, d. h. vor der Durchführung und solange sie noch nach Maßgabe etwaiger Einwände der Kommission geändert werden können (Urteil des Gerichts vom 16. September 1998, Waterleiding Maatschappij/Kommission, T‑188/95, Slg. 1998, II‑3713, Randnr. 118).

236    Diese Auslegung von Art. 88 Abs. 3 EG steht sowohl mit dem Wortlaut der Bestimmung in Einklang als auch mit den Zielen der Regelung, zu der die Bestimmung gehört, nämlich, die Gelegenheit für die Kommission sicherzustellen, ihre Kontrolle über jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen rechtzeitig und im allgemeinen Interesse auszuüben und so eine vorbeugende Untersuchung durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, oben in Randnr. 189 angeführt, Randnr. 17). Es widerspräche der Logik des Systems der Vorabkontrolle der staatlichen Beihilfen, wenn die Kommission einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG erst feststellen könnte, nachdem sie überprüft hat, dass jeder Empfänger tatsächlich von den Vorteilen der fraglichen Maßnahme profitiert.

237    Somit hat die Kommission die streitige Maßnahme zu Recht als rechtswidrige Beihilfe eingestuft.

238    Im 147. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung kommt die Kommission auch zu dem Ergebnis, dass die zweite Verlängerung des Terni-Tarifs mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, weil auf die fragliche Beihilfe keiner der in Art. 87 EG aufgeführten Ausnahmetatbestände zutreffe.

239    Nach Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 entscheidet aber die Kommission „[i]n Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen …, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe … zurückzufordern“. In diesem Wortlaut kommt der systematische Charakter der Rückforderung zum Ausdruck. Aus diesem Grund heißt es in der angefochtenen Entscheidung, dass die staatliche Beihilfe, die die Italienische Republik zugunsten der Klägerin, der Cementir und der Nuova Terni Industrie Chimiche durchgeführt hat, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist (Art. 1) und dass die Italienische Republik sie von den Empfängern zurückzufordern hat (Art. 2).

240    Die Klägerin bestreitet die Gültigkeit der Rückforderungsanordnung unter Berufung darauf, dass ihr die bis 2007 erhaltenen Beträge nur als Anzahlung auf die nach dem Gesetz Nr. 9/91 geschuldeten Beträge gezahlt worden seien, was der Kommission, wie die Erwägungsgründe 33 bis 35 und 162 der angefochtenen Entscheidung zeigten, auch bekannt gewesen sei.

241    Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Unterrichtung der Kommission im Verwaltungsverfahren darüber, dass die streitigen Beihilfen den Empfängern noch nicht ausgezahlt wurden, nicht gewährleistet, dass diese Zahlungen nicht später erfolgt sind, insbesondere zwischen dem Zeitpunkt, zu dem diese Information erteilt wurde, und dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der endgültigen Entscheidung. Der Kommission kann jedenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in der Absicht, mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten, die konkreten Folgen ihrer Entscheidung – wie in den Erwägungsgründen 160 bis 162 der angefochtenen Entscheidung – klar dargelegt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C‑364/90, Slg. 1993, I‑2097, Randnrn. 48 und 49).

242    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass nach der angefochtenen Entscheidung die AEEG nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens per Beschluss Nr. 190/06 die gemäß dem Gesetz Nr. 80/2005 fälligen Zahlungen an die Bedingung knüpfte, dass die Terni-Nachfolgegesellschaften eine Sicherheit für den Fall der Rückforderung der Beihilfe leisteten (33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

243    Gleichzeitig sah die AEEG in demselben Beschluss die Alternative vor, dass die Beihilfebeträge, die bis zum Ende der Laufzeit der gemäß dem Gesetz Nr. 9/1991 geltenden alten Regelung (2007) angefallen wären, bereits 2006 als Anzahlung gezahlt würden. Für diese Beträge verlangte sie keine Sicherheitsleistung. Die Terni-Nachfolgegesellschaften entschieden sich für diese Möglichkeit, die anschließend von der AEEG umgesetzt wurde (34. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

244    Die Kommission erläutert, dass mit Ausnahme der Vorauszahlungen, wie sie in der vorstehenden Randnummer genannt sind, „für sämtliche anderen gemäß dem Gesetz Nr. 80/2005 vorgenommenen Zahlungen der Cassa Conguaglio [per il settore elettrico (Ausgleichskasse für den Stromsektor)] an die Unternehmen eine Sicherheit geleistet“ worden sei (35. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

245    Somit erweist sich, dass die Kommission in Ansehung der ihr im Verwaltungsverfahren zur Verfügung stehenden Informationen der Auffassung war, dass die Klägerin Beihilfebeträge sowohl, in 2006, als Anzahlung auf die Zahlungen gemäß dem Gesetz Nr. 9/91 als auch nach dem Gesetz Nr. 80/05 erhalten habe. Dies erklärt, weshalb die Kommission die Rückforderung der bereits gezahlten Beihilfe mit der Klarstellung verlangt hat, dass die Restbeihilfebeträge, auf die die Begünstigten aufgrund des Gesetzes Nr. 9/91 Anspruch gehabt hätten, „wenn das Gesetz Nr. 80/[05] nicht zur Anwendung gekommen wäre“, von den zurückzufordernden Beträgen in Abzug gebracht werden könnten (162. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

246    In ihren Schriftsätzen hat die Kommission betont, dass im Verwaltungsverfahren weder die italienischen Behörden noch die Klägerin geltend gemacht hätten, dass die Terni-Nachfolgegesellschaften trotz des Inkrafttretens der streitigen Maßnahme nicht von den damit verbundenen Vorteilen profitiert hätten. Die Schriftsätze der Klägerin enthalten nichts, was dem widerspräche.

247    Im Gegenteil findet diese Aussage Bestätigung in der Klageschrift, in der die Klägerin der Kommission vorwirft, Ermittlungen unterlassen zu haben, anhand deren sie hätte feststellen können, dass es keine zurückzufordernden Beträge gebe. So macht die Klägerin geltend, die Kommission habe sich nicht darum gekümmert, „zu prüfen, ob im konkreten Fall [die Italienische Republik] die neue Maßnahme tatsächlich in dem Teil ausgeführt hat, der den Betrag, auf den die Klägerin nach dem Gesetz Nr. 9/91 Anspruch hatte, übersteigt (gegebenenfalls gegen Stellung einer Sicherheit)“.

248    An dieser Stelle ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, nach der die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen aufgrund der Informationen zu beurteilen ist, über die die Kommission beim Erlass der Entscheidung verfügte (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, Slg. 2002, I‑5163, Randnr. 49, und Spanien/Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 31).

249    Es ist aber nicht erwiesen, dass die Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung davon Kenntnis hatte, dass die der Klägerin von der Ausgleichskasse für den Stromsektor gezahlten Beträge nur in Anwendung des Gesetzes Nr. 9/91 gezahlt wurden.

250    Schließlich gehört die Pflicht eines Mitgliedstaats, den genauen Betrag der zurückzufordernden Beihilfen zu berechnen, insbesondere dann, wenn diese Berechnung von Auskünften abhängt, die der Mitgliedstaat der Kommission nicht übermittelt hat, zu der allgemeineren Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit, die die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen gegenseitig bindet (Urteil Niederlande/Kommission, oben in Randnr. 248 angeführt, Randnr. 91). Der Kommission kann nicht vorgeworfen werden, dass sie rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, die ihr gegenüber im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können, aber nicht vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt hat, da sie nicht verpflichtet ist, von Amts wegen und mutmaßend zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr gegenüber hätten vorgetragen werden können (Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2004, Fleuren Compost/Kommission, T‑109/01, Slg. 2004, II‑127, Randnr. 49).

251    Der von der Klägerin vorgebrachte und oben in Randnr. 249 wiedergegebene Umstand könnte daher, selbst wenn man ihn als wahr unterstellte, nicht die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung, sondern nur die Modalitäten der Beihilferückforderung berühren (Urteil des Gerichts vom 31. Mai 2006, Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, T‑354/99, Slg. 2006, II‑1475, Randnr. 68). Die Rückforderung der Beihilfe findet grundsätzlich nach Maßgabe des einschlägigen nationalen Rechts mit dem Vorbehalt statt, dass dessen Anwendung die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Rückforderung nicht praktisch unmöglich machen darf (Urteile des Gerichtshofs Tubemeuse, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 61, und vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, C‑5/89, Slg. 1990, I‑3437, Randnr. 12), und über Streitigkeiten, die die Durchführung der Rückforderung betreffen, entscheidet ausschließlich das nationale Gericht (Urteil Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, Randnr. 68).

252    Nach alledem ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 88 Abs. 3 EG zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

 Vorbringen der Parteien

253    Die Klägerin macht geltend, nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 „[verlangt d]ie Kommission … nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde“. Im vorliegenden Fall begründe aber die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Rückforderungsanordnung einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, der zwar auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen eng ausgelegt werde, aber dann geltend gemacht werden könne, wenn außergewöhnliche Bedingungen oder Umstände vorlägen, die geeignet seien, das Vertrauen in einen bestimmten Rechtsschein entstehen zu lassen.

254    Die Kommission könne nicht aus einem Fall aus der Rechtsprechung, der in einem anderen Zusammenhang als die vorliegende Rechtssache stehe, eine absolute und allgemein gültige Regel ableiten, die den Vertrauensschutz rein auf die Fälle beschränke, in denen die Verwaltung dem Adressaten „genaue Zusicherungen“ hinsichtlich dieses Rechtsscheins gemacht habe.

255    Das berechtigte Vertrauen der Klägerin in die Terni-Regelung gehe auf ein Bündel von rechtlich erheblichen, nachprüfbaren und eindeutigen Handlungen und Verhaltensweisen zurück.

256    Die italienischen Behörden hätten den Terni-Tarif mit Art. 20 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 9/91 wegen der gleichlaufenden Verlängerung der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger, die der Verstaatlichung des Stromsektors im Jahr 1962 „entgangen seien“, ein erstes Mal verlängert und dann der Kommission dieses Gesetz zur beihilferechtlichen Prüfung mitgeteilt.

257    Mit der Entscheidung vom 6. August 1991 habe die Kommission das Gesetz Nr. 9/91 insgesamt und ohne Einwände genehmigt. Diese Entscheidung enthalte keinen Punkt, in dem die Verlängerung des Terni-Tarifs durch Art. 20 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 9/91 als „vereinbare Beihilfe“ eingestuft werde. Im Gegenteil erkläre die Kommission in dieser Entscheidung, dass sie beschlossen habe, keine Einwände gegen die Anwendung der Bestimmungen des genannten Gesetzes zu erheben. Die Kommission erbringe keinen Beweis für ihre Behauptung, dass die Entscheidung vom 6. August 1991 nicht etwa besage, dass die mit dem Gesetz Nr. 9/91 vorgesehene Regelung keinen Beihilfecharakter habe, sondern diese mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt habe.

258    Nach Erlass der Entscheidung vom 6. August 1991 habe es im Anschluss an eine Nachfrage der Kommission zu der im Gesetz Nr. 9/91 enthaltenen Verlängerung des Terni-Tarifs eine Phase des Dialogs zwischen den italienischen Behörden und der Kommission gegeben, was durch das Schreiben des italienischen Ministeriums für Industrie, Handel und Handwerk an das italienische Ministerium für Staatliche Beteiligungen vom 19. September 1991 und durch ein im November 1991 von der Präsidentschaft des Rates an die Ständige Vertretung der Italienischen Republik bei den Europäischen Gemeinschaften gesandtes Fax belegt werde. In diesem Schriftwechsel hätten sich die italienischen Behörden dagegen gewehrt, dass die Verlängerung des Terni-Tarifs als staatliche Beihilfe angesehen werden könne. Die Kommission habe aber keinerlei Einwand gegenüber den Schlussfolgerungen der italienischen Behörden erhoben und ihre Richtigkeit damit implizit anerkannt.

259    Dieser Schriftwechsel, der nach der Entscheidung vom 6. August 1991 erfolgt sei, widerspreche der These der Kommission, wonach mit der genannten Entscheidung die Verlängerung der Laufzeit des Terni-Tarifs gebilligt worden sei, weil sie als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbare Beihilfe angesehen worden sei. Die Kommission beschränke sich auf die Aussage, dass es unmöglich sei, den Inhalt des genannten Schreibens und des erwähnten Faxes in den Akten des Verfahrens zu finden, in dem die Entscheidung vom 6. August 1991 ergangen sei, und müsse vom Gericht aufgefordert werden, die – wahrscheinlich im September 1991 – an die Italienische Republik gerichteten Schriftstücke zur Frage der Verlängerung des Terni-Tarifs vorzulegen.

260    Die Entscheidung vom 6. August 1991, der darauf folgende Schriftwechsel und die Zustimmung der Kommission in der Folge seien geeignet, einen „Rechtsschein“ zu begründen. Dieser habe bei der Klägerin ein berechtigtes Vertrauen hinsichtlich des Fortbestands des Ausgleichscharakters der Terni-Regelung auch nach ihrer als rechtmäßig anzusehenden nachträglichen Neubestimmung entstehen lassen. Diese Erwägungen schlössen es aus, die fragliche Regelung als staatliche Beihilfe einzustufen. Anhand der genannten Gesichtspunkte könne das Bestehen außergewöhnlicher Umstände nachgewiesen werden, die die Klägerin genau wie die italienischen Behörden veranlasst hätten, sich darauf zu verlassen, dass eine Verlängerung des Terni-Tarifs unter Beachtung des ursprünglich beschlossenen Gleichlaufs zwischen einem virtuellen Eigenerzeuger und den Eigenerzeugern mit Wasserkraftstromkonzessionen nichts an dem Ausgleichscharakter der Terni-Regelung ändere.

261    Die Feststellung der Kommission im 123. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die streitige Maßnahme die Berechnungsmethode für den Terni-Tarif geändert habe, könne daran nichts ändern. Die Gesamtheit der Gesichtspunkte, die bei der Klägerin ein berechtigtes Vertrauen habe entstehen lassen, ergebe sich nicht aus der Übereinstimmung der Berechnungsmethoden, die erlassen worden seien, um diesen Tarif 1991 und später dann 2005 zu definieren, sondern daraus, dass in beiden Fällen die Terni (und ihren Rechtsnachfolgern) gewährte Entschädigung ex post gesetzlich und im Einklang mit ihrem ursprünglichen Berechtigungsgrund neu definiert worden sei und dass, ebenfalls in beiden Fällen, die nachträgliche Neubestimmung der Entschädigungsmaßnahme nicht an sich zu deren Einstufung als Beihilfe habe führen können. Die Kommission lasse außer Acht, dass diese Methode der Anpassung die begünstigten Unternehmen schlechter stelle als nach der Regelung des Dekrets Nr. 1165/63 und ihr alleiniges Ziel darin bestehe, in bestimmten Grenzen die Strompreisschwankungen auf den Märkten weiterzugeben, was 1963 offenkundig unmöglich gewesen sei.

262    Die Klägerin unterstreicht, sie habe gutgläubig auf die Zustimmung vertraut, die die Kommission letztlich in Bezug auf den Ausgleichscharakter der 1991 beschlossenen Verlängerung erteilt habe, um auf der Grundlage einer Verständigung mit den italienischen Behörden, deren Hauptverpflichtung im Gegenzug zu den bedeutenden Zusagen in Sachen Investitionen und Erhalt von Arbeitsplätzen in der Verlängerung der Entschädigungsmaßnahme bestanden habe, erhebliche Investitionen im Sektor Eisen und Stahl zu tätigen.

263    Schließlich verstieße die etwaige Rückforderung der Tarifvorteile auch gegen den Grundsatz des non venire contra factum proprium, nach dem sich die Kommission in ein und derselben Frage nicht grundlegend widersprüchlich verhalten dürfe, insbesondere dann nicht, wenn ihre Verhaltensweise bei den Adressaten die Überzeugung vom Bestehen einer bestimmten Rechtslage habe entstehen lassen. Dieser Gesichtspunkt des Grundsatzes des Vertrauensschutzes verbiete es der Kommission im vorliegenden Fall, ihre Beurteilung in Bezug auf den Entschädigungscharakter des Vorzugstarifs zurückzunehmen.

264    Die Kommission bringt vor, nach der klaren und ständigen Rechtsprechung könne der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur im Fall „genauer Zusicherungen“ der Verwaltung geltend gemacht werden und nicht wie hier bei irgendwelchen Umständen, aufgrund deren ein nicht weiter ausgeführter „Rechtsschein“ entstanden sein solle.

265    Die Klägerin könne ihren Klagegrund nicht auf einen schlichten Schriftwechsel zwischen verschiedenen italienischen Behörden stützen. Es liege auf der Hand, dass, selbst wenn man annehme, dass Kontakte zwischen der Kommission und den italienischen Behörden tatsächlich stattgefunden hätten, jedenfalls nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie, ohne dass der Inhalt etwaiger Mitteilungen der Kommission, von denen es keine Spur gebe, bekannt sei, den von der Klägerin vorgebrachten Rechtsschein hätten hervorrufen können.

266    Aus dem von der Klägerin erwähnten Schreiben vom 19. September 1991 scheine hervorzugehen, dass die Kommission bei den italienischen Behörden Informationen zu der im Gesetz Nr. 9/91 vorgesehenen Verlängerung des Terni-Tarifs angefordert habe. Das scheine, weit davon entfernt, die These der Klägerin zu bestätigen, vielmehr ein Hinweis darauf zu sein, dass die Kommission in der Entscheidung vom 6. August 1991 zu der Verlängerung des Terni-Tarifs nicht spezifisch Stellung genommen habe, da sonst das Auskunftsersuchen keinen Sinn hätte.

267    In jedem Fall habe nichts in Bezug auf die Entscheidung vom 6. August 1991 die italienischen Behörden oder die Terni-Nachfolgegesellschaften zu der Annahme veranlassen können, dass die Kommission die Verlängerung des Terni-Tarifs nicht als staatliche Beihilfe angesehen habe. Außerdem habe die streitige Maßnahme nicht nur die Laufzeit des Vorzugstarifs verlängert, sondern auch die Berechnungsmethode für diesen Tarif völlig verändert, weshalb die Terni-Nachfolgegesellschaften auch im Licht dieser erheblichen Änderung nicht davon hätten ausgehen können, dass die streitige Maßnahme von der Entscheidung vom 6. August 1991, die auf das Gesetz Nr. 9/91 Bezug genommen habe, mittelbar gedeckt gewesen sei.

 Würdigung durch das Gericht

268    Wie dargelegt, wurde die streitige Maßnahme unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG ohne vorherige Mitteilung eingeführt.

269    Da aber die Überwachung staatlicher Beihilfen durch die Kommission in Art. 88 EG zwingend vorgeschrieben ist, dürfen Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit einer ihnen gewährten Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Beachtung des dort vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmer muss es nämlich regelmäßig möglich sein, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren beachtet wurde (Urteile des Gerichtshofs Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 251 angeführt, Randnr. 14, und vom 14. Januar 1997, Spanien/Kommission, C‑169/95, Slg. 1997, I‑135, Randnr. 51; Urteil des Gerichts vom 6. März 2002, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T‑127/99, T‑129/99 und T‑148/99, Slg. 2002, II‑1275, Randnr. 235).

270    Insbesondere kann der Empfänger einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission durchgeführt wurde, so dass sie gemäß Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig ist, kein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit ihrer Gewährung haben (Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, C‑183/02 P und C‑187/02 P, Slg. 2004, I‑10609, Randnr. 45).

271    Allerdings ist es nach der Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass die Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe gegen deren Rückforderung Ausnahmeumstände anführen können, die bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit dieser Beihilfe entstehen lassen konnten (Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juni 1993, Kommission/Griechenland, C‑183/91, Slg. 1993, I‑3131, Randnr. 18, und Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, oben in Randnr. 270 angeführt, Randnr. 51; Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, BFM und EFIM/Kommission, T‑126/96 und T‑127/96, Slg. 1998, II‑3437, Randnr. 69).

272    Solche Umstände können die Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 24. November 1987, RSV/Kommission (223/85, Slg. 1987, 4617, Randnr. 17), zulässigerweise geltend machen.

273    In jenem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass ein säumiges Verhalten der Kommission bis zur Entscheidung, dass eine Beihilfe rechtswidrig sei und von einem Mitgliedstaat aufgehoben und zurückgefordert werden müsse, unter bestimmten Umständen bei den Empfängern dieser Beihilfe ein berechtigtes Vertrauen wecken könne, das es der Kommission verwehre, diesem Mitgliedstaat die Rückforderung der fraglichen Beihilfe aufzugeben.

274    Daraus ergibt sich, dass eine Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission gerechtfertigt sein kann, wenn von dieser nicht berücksichtigte Ausnahmeumstände vorliegen, und dass sich der Beihilfeempfänger vor dem Gemeinschaftsrichter auf das berechtigte Vertrauen berufen kann.

275    Auch ist vor allem darauf hinzuweisen, dass der Erlass der Verordnung Nr. 659/1999 eine neue Situation hinsichtlich der Rückforderung unvereinbarer Beihilfen geschaffen hat, aus der sämtliche rechtliche Konsequenzen zu ziehen sind. Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung bestätigt den systematischen Charakter der Rückforderung (Satz 1), sieht aber eine Ausnahme vor (Satz 2), wenn die Rückforderung gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstößt.

276    Somit gibt es eine Bestimmung des abgeleiteten Rechts, die die Kommission beim Erlass ihrer Entscheidungen berücksichtigen muss und die sie dazu veranlassen kann, gegebenfalls darauf zu verzichten, die Rückforderung unvereinbarer Beihilfen zu verlangen. Der Verstoß gegen eine solche Bestimmung kann unbestreitbar für einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung in dem Teil, mit dem die Rückforderung verlangt wird, geltend gemacht werden.

277    So verhält es sich im vorliegenden Fall in dem Sinne, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 149 bis 159 der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen von Ausnahmeumständen, aufgrund deren bei den Terni-Nachfolgegesellschaften ein berechtigtes Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der streitigen Maßnahme hätte entstehen können, geprüft und verneint hat, was von der Klägerin unter Berufung gerade auf einen Verstoß gegen Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 und den Grundsatz des Vertrauensschutzes angegriffen wird.

278    Was die Begründetheit dieses Klagegrundes angeht, wird mit dem Vorbringen der Klägerin nicht der Nachweis erbracht, dass Ausnahmeumstände vorlagen, die ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der fraglichen Beihilfe oder, wie die Klägerin vorbringt, in die Tatsache, dass die streitige Maßnahme keine staatliche Beihilfe gewesen sei, hätten begründen können.

279    Es steht nämlich fest, dass die Entscheidung vom 6. August 1991, keine Einwände zu erheben, nach der Definition in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 dem Tatbestand entspricht, dass die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass die angemeldete Maßnahme, soweit sie in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, und demzufolge entscheidet, dass die Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Der Wortlaut der genannten Entscheidung bekräftigt die Aussage der Kommission, dass die im Gesetz Nr. 9/91 enthaltene Maßnahme der Verlängerung des Terni-Tarifs darin als vereinbare Beihilfe eingestuft wurde (siehe oben, Randnr. 113).

280    Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass sich aus dem Schreiben des italienischen Ministeriums für Industrie, Handel und Handwerk an das italienische Ministerium für Staatliche Beteiligungen vom 19. September 1991 ergibt, dass die Kommission nach dem Erlass der Entscheidung vom 6. August 1991 bei den italienischen Behörden Informationen zu der im Gesetz Nr. 9/91 vorgesehenen Verlängerung des Terni-Tarifs anforderte.

281    Wie die Kommission in den Erwägungsgründen 134 und 135 der angefochtenen Entscheidung ausführt, weist dieser Umstand eher darauf hin, dass die Unterlagen, auf deren Grundlage sie die Entscheidung vom 6. August 1991 erließ, nur eine knappe Beschreibung und Bewertung der Artikel des Gesetzes Nr. 9/91 enthielten, die im Hinblick auf die staatlichen Beihilfen von Interesse waren, und dass Art. 20 Abs. 4 dieses Gesetzes, mit dem der Terni-Tarif verlängert wurde, nicht erwähnt wurde, weshalb nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob der Terni-Tarif geprüft wurde und genehmigt werden sollte.

282    Jedenfalls können das bloße Auskunftsersuchen der Kommission und ihr Schweigen auf die Antwort der italienischen Behörden – wenn man unterstellt, dass sie tatsächlich übermittelt wurde und bei der Kommission einging – kein berechtigtes Vertrauen der Klägerin begründen.

283    Das Verhalten der Kommission von August bis November 1991 konnte aus Sicht der Klägerin allenfalls den Eindruck einer gewissen Verwirrung hervorrufen und Fragen aufwerfen. Der bloße Umstand, dass der Empfänger möglicherweise Zweifel an der Bewertung der im Gesetz Nr. 9/91 vorgesehenen Maßnahme der Verlängerung des Terni-Tarifs als staatliche Beihilfe hatte, reicht ganz offenkundig nicht aus, um bei ihm ein wie auch immer geartetes berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe oder darauf, dass die streitige Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellte, zu erwecken (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. September 2000 EGTM/Kommission, T‑55/99, Slg. 2000, II‑3207, Randnr. 128).

284    Schließlich bezog sich, wie die Kommission im 154. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführt, die Entscheidung vom 6. August 1991 nur auf die im Gesetz Nr. 9/91 vorgesehene Maßnahme, weshalb die Genehmigung dieser Maßnahme kein berechtigtes Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der mit dem Gesetz Nr. 80/05 eingeführten neuen Beihilfemaßnahme oder darauf, dass die darin enthaltene Verlängerung des Terni-Tarifs keine Beihilfe war, begründen konnte.

285    Insoweit ist zu beachten, dass das Gesetz Nr. 9/91 ein doppeltes Ziel hatte, nämlich die gleichzeitige Verlängerung der Laufzeiten des Terni-Tarifs und der Wasserkraftstromkonzessionen der Eigenerzeuger bis 2001, aber auch die Abschaffung dieses Tarifs bis 2007.

286    Es steht fest, dass die streitige Maßnahme, wie sich aus den Erwägungsgründen 123 und 124 der angefochtenen Entscheidung ergibt, zum einen der schrittweisen Abschaffung des Terni-Tarifs ein Ende setzte, indem sie seine Anwendung bis mindestens 2010 vorsah, und zum anderen die Berechnungsmethode für diesen Tarif grundlegend änderte.

287    Vor diesem Hintergrund nahm die Kommission die von der Klägerin nicht bestrittene Einstufung der streitigen Maßnahme als neue Beihilfe vor. Die Maßnahme hätte nach Art. 88 Abs. 3 EG bei der Kommission angemeldet werden müssen, was nicht geschah.

288    Demnach konnte die Klägerin aus der Entscheidung vom 6. August 1991 und dem nachfolgenden Verhalten der Kommission nicht schließen, dass die mit dem Gesetz Nr. 80/05 eingeführte neue Verlängerungsmaßnahme nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 EG eingestuft werden konnte.

289    Unter diesen Umständen ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes zurückzuweisen.

290    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die beantragten prozessleitenden Maßnahmen beschlossen zu werden brauchten.

 Kosten

291    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni SpA trägt die Kosten.

Vilaras

Prek

Ciucă

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Juli 2010.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 1 EG

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen wesentliche Formvorschriften und gegen die Art. 87 EG und 88 EG aufgrund eines offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung der von den italienischen Behörden vorgelegten Wirtschaftsstudie

Zum Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung der von den italienischen Behörden vorgelegten Wirtschaftsstudie

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 88 Abs. 3 EG

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Italienisch.

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