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Document 62008CC0091

Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 27. Oktober 2009.
Wall AG gegen La ville de Francfort-sur-le-Main und Frankfurter Entsorgungs- und Service (FES) GmbH.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Landgericht Frankfurt am Main - Deutschland.
Dienstleistungskonzessionen - Vergabeverfahren - Transparenzgebot - Späterer Austausch eines Nachunternehmers.
Rechtssache C-91/08.

European Court Reports 2010 I-02815

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:659

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 27. Oktober 20091(1)

Rechtssache C‑91/08

Wall AG

gegen

Stadt Frankfurt am Main,

Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Frankfurt am Main [Deutschland])

„Allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts – Dienstleistungskonzession – Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter – Transparenzgebot – Vergabe an eine gemischtwirtschaftliche Einrichtung – Begriff ‚öffentlicher Auftraggeber‘ – Einrichtung des öffentlichen Rechts – Spätere Änderung einer Bestimmung des Konzessionsvertrags – Wechsel des Nachunternehmers –Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz – Nationale Verfahrensvorschriften – Anerkennung einer Anordnungsbefugnis – Kündigung des Vertrags“





1.        Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen möchte das Landgericht Frankfurt am Main (Deutschland) im Wesentlichen wissen, welche Bedeutung das Transparenzgebot hat und welche Folgen aus seiner Verletzung im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession zu ziehen sind.

2.        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Wall AG(2) einerseits und der Stadt Frankfurt am Main sowie der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH(3) andererseits über die Durchführung einer Konzession für die Aufstellung, Instandhaltung und Wartung von öffentlichen Toiletten im Gebiet dieser Stadt.

3.        Diese Rechtssache bietet dem Gerichtshof Gelegenheit, näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der öffentliche Auftraggeber der Änderung eines Konzessionsvertrags während der Laufzeit zustimmen kann, ohne die Bedeutung des Transparenzgebots zu verkennen.

4.        Sie bietet dem Gerichtshof auch die Möglichkeit, näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft gegründetes gemischtwirtschaftliches Unternehmen diesem Gebot unterliegt.

5.        Schließlich ermöglichen es die dem Gerichtshof vom Landgericht Frankfurt am Main vorgelegten Fragen, die Modalitäten der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen näher zu bestimmen, die im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen getroffen worden sind. Insbesondere wird der Gerichtshof zu prüfen haben, ob die Mitgliedstaaten nach dem Gemeinschaftsrecht ihren nationalen Gerichten die Befugnis zuerkennen müssen, den Vertragsparteien ein bestimmtes Verhalten aufzuerlegen, sofern das zuständige nationale Gericht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession einen Verstoß gegen die Transparenzpflicht feststellt.

I –    Das Gemeinschaftsrecht

A –    Das Primärrecht

6.        Der EG-Vertrag beschränkt nicht die Freiheit der Mitgliedstaaten, Dienstleistungskonzessionsverträge zu schließen, soweit deren Modalitäten mit den Bestimmungen zur Errichtung und Sicherstellung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts vereinbar sind.

7.        Konzessionen müssen daher, wie jeder staatliche Akt zur Festlegung der Voraussetzungen für die Erbringung wirtschaftlicher Leistungen, die im Vertrag verankerten Grundsätze im Bereich der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG) erfüllen und den Vorschriften genügen, die jegliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbieten (Art. 12 Abs. 1 EG).

8.        Die Erteilung einer Konzession muss außerdem den Grundsätzen entsprechen, die der Gerichtshof auf der Grundlage dieser Bestimmungen entwickelt hat, insbesondere den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz, deren Bedeutung ich weiter unten erläutern werde. Auch wenn sich diese Rechtsprechung vor allem auf Streitsachen über Vergabeverträge bezieht, haben die mit ihr entwickelten Grundsätze dennoch eine über den bloßen Rahmen dieser Verträge hinausgehende Bedeutung. Ich gehe von der Prämisse aus, dass diese Grundsätze auch auf andere Situationen, insbesondere auf Konzessionen, anwendbar sind.

B –    Das Sekundärrecht

9.        Verträge über Dienstleistungskonzessionen sind beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht im abgeleiteten Recht geregelt(4). Jedoch lassen die Bestimmungen im Zusammenhang mit den Richtlinien über das Recht der Vergabe öffentlicher Aufträge die Beurteilung bestimmter Modalitäten der Vergabe dieser Art von Verträgen zu.

1.      Die Regelung zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge

10.      Der Begriff der „öffentlichen Auftraggeber“ wurde zuerst in Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/50/EWG definiert(5). Diese ist nach ihrem achten Erwägungsgrund auf „öffentliche Dienstleistungsaufträge“(6) anwendbar und schließt daher Dienstleistungskonzessionen von ihrem Geltungsbereich aus. Die Richtlinie 92/50 soll die Hemmnisse für den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr beseitigen und die Interessen der Wirtschaftsteilnehmer schützen, die den in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen öffentlichen Auftraggebern Waren oder Dienstleistungen anbieten möchten(7).

11.      Art. 1 Buchst. b dieser Richtlinie definiert den Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ wie folgt:

„[A]ls ‚öffentliche Auftraggeber‘ [gelten] der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen.

Als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ gilt jede Einrichtung,

–        die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und

–        die Rechtspersönlichkeit besitzt und

–        die überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.“

12.      Der Begriff „Dienstleistungskonzession“ wurde sodann in Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG(8) definiert, die die Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge neu fasst(9).

13.      Dienstleistungskonzessionen sind danach „Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht“.

14.      Außerdem übernimmt diese Richtlinie in Art. 1 Abs. 9 wortgleich die Definition des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ aus Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 92/50.

2.      Die Richtlinie 89/665/EWG

15.      Die Richtlinie 89/655/EWG(10) ermöglicht im Zusammenhang mit der Öffnung des öffentlichen Auftragwesens für den gemeinschaftsweiten Wettbewerb eine beträchtliche Verstärkung der Garantien im Bereich der Transparenz und der Nichtdiskriminierung, indem sie die Mitgliedstaaten verpflichtet, für den Fall von Verstößen gegen die Bestimmungen der Vergaberichtlinien Verfahren zur wirksamen und raschen Nachprüfung festzulegen(11). Nach Art. 1 dieser Richtlinie müssen diese Verfahren entsprechend gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen jedem zur Verfügung stehen, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

16.      Wegen der Kürze der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge müssen diese Verfahren gemäß Art. 2 der Richtlinie 89/665 nicht nur eine dringliche Behandlung der behaupteten Rechtsverstöße und vorläufige Maßnahmen, sondern auch die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen und Schadensersatz für geschädigte Personen vorsehen. Diese Bestimmung ist wie folgt gefasst:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,

a)      damit so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen oder Maßnahmen der Durchführung jeder sonstigen Entscheidung der öffentlichen Auftraggeber

b)      damit die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen … vorgenommen oder veranlasst werden kann;

c)      damit denjenigen, die durch den Rechtsverstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.

(6)      Die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 genannten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung des Auftrags geschlossenen Vertrag richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht. …“

17.      Wie erwähnt, wurde die Richtlinie 89/665 durch die Richtlinie 2007/66 geändert. Diese soll die Wirksamkeit der nationalen Nachprüfungsverfahren verbessern und präzisiert die Fälle, in denen ein Vertrag, der unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge zustande gekommen ist, als unwirksam gelten muss.

3.      Die Richtlinie 80/723/EWG

18.      Art. 2 der Richtlinie 80/723/EWG(12) lautet:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie sind

b)      ‚öffentliches Unternehmen‘: jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

(2)      Es wird vermutet, dass ein beherrschender Einfluss ausgeübt wird, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar:

a)      die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder

b)      über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder

c)      mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leistungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.“

II – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

19.      Ich fasse den Sachverhalt, der für meine Ausführungen erheblich erscheint, wie folgt zusammen.

20.      Der Vertrag, um den es in der vorliegenden Rechtssache geht, ist ein Dienstleistungskonzessionsvertrag im Sinne des Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18. Dieser Vertrag wurde zwischen der Stadt Frankfurt am Main, die als Gebietskörperschaft als „öffentlicher Auftraggeber“ im Sinne des Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/50 gilt, und dem Unternehmen FES geschlossen. Gegenstand des Vertrags sind die Aufstellung, Instandhaltung und Wartung von elf öffentlichen Toiletten im Gebiet der Stadt Frankfurt am Main sowie die Neuerrichtung von zwei öffentlichen Toiletten in den Bahnhöfen Rödelheim und Galluswarte, also Dienstleistungen im Sinne des Art. 8 und des Anhangs I A dieser Richtlinie.

21.      Dieser Vertrag wurde für eine Dauer von sechzehn Jahren geschlossen. Der Hauptauftragnehmer FES wird nicht von der Stadt Frankfurt am Main bezahlt, sondern erhält ein von den Nutzern entrichtetes Entgelt und verfügt über das ausschließliche Recht, die Toilettenanlagen als Werbeträger zu nutzen. Mit dieser Art der Vergütung trägt FES das unternehmerische Risiko der in Rede stehenden Dienstleistung.

22.      Diese Konzession wurde FES auf der Grundlage des wirtschaftlich am vorteilhaftesten Angebots erteilt. Die von den Unternehmen abgegebenen Angebote, darunter die Angebote von FES und der Klägerin, wurden anhand einer Vielzahl von Zuteilungskriterien geprüft, die in der Ausschreibung angegeben waren. Wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, wurde jedes dieser Kriterien gewichtet und in der Reihenfolge der ihm von der Stadt Frankfurt am Main zugemessenen Bedeutung aufgeführt(13).

23.      In ihrem Angebot benannte FES die Klägerin im Hinblick auf die Werbeleistungen und die Ausführung der WC‑Module, die zur Erfüllung der Dienstleistungskonzessionen erforderlich waren, als Nachunternehmen. Sie berief sich vor allem auf deren Weltruf und technischen Sachverstand auf diesen Gebieten. Die Stadt Frankfurt am Main erteilte FES den Auftrag.

24.      Nach Abschluss des Konzessionsvertrags am 20. und 22. Juli 2004 forderte FES die Klägerin und die Streithelferin, die Deutsche Städte Medien GmbH(14), am 5. Januar 2005 zur Abgabe von Angeboten für die Erbringung von Werbeleistungen und am 29. Juli 2005 zur Abgabe von Angeboten für die Lieferung von WC‑Modulen auf. Die Angebote der Klägerin wurden abgelehnt.

25.      Gemäß § 30 IV des Dienstleistungskonzessionsvertrags bat FES die Stadt Frankfurt am Main, einem Austausch des Nachunternehmers zuzustimmen. Diese erhob keine Einwände und brachte außerdem ihr Verständnis zum Ausdruck, dass die in den Vertragsunterlagen beschriebenen Anforderungen trotz des Wechsels gewährleistet würden.

26.      Die Klägerin rügt vor dem nationalen Gericht, die Stadt Frankfurt am Main habe mit der Zustimmung zu diesem Wechsel, mit dem eine wesentliche Änderung des mit FES geschlossenen Dienstleistungskonzessionsvertrags vorgenommen werde, das Transparenzgebot verkannt.

III – Das Vorabentscheidungsersuchen

27.      Das Landgericht Frankfurt am Main hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind der auch in den Art. 12 EG, 43 EG und 49 EG zum Ausdruck kommende Gleichbehandlungsgrundsatz und das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dahin auszulegen, dass die für öffentliche Stellen daraus abgeleiteten Transparenzpflichten, für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen einem angemessenen Grad von Öffentlichkeit den Wettbewerb zu öffnen und die Nachprüfbarkeit hinsichtlich einer unparteiischen Durchführung des Vergabeverfahrens zu ermöglichen[(15)], es dem nationalen Recht gebieten, dem unterlegenen Wettbewerber einen Anspruch auf Unterlassung einer bevorstehenden Verletzung dieser Pflichten und/oder auf Unterlassung der Fortsetzung einer solchen Pflichtverletzung zu gewähren?

2.      Für den Fall einer Verneinung der Vorlagefrage Nr. 1: Gehören die [vorgenannten] Transparenzpflichten zum Gewohnheitsrecht der Europäischen Gemeinschaften in dem Sinne, dass sie bereits dauernd und ständig, gleichmäßig und allgemein angewandt und von den beteiligten Rechtsgenossen als verbindliche Norm anerkannt werden?

3.      Gebieten die unter Nr. 1 genannten Transparenzpflichten auch bei einer angestrebten Änderung eines Dienstleistungskonzessionsvertrags – einschließlich des Austauschs eines im Wettbewerb werbend herausgestellten Nachunternehmers –, die Verhandlungen hierüber erneut dem Wettbewerb mit einem angemessenen Grad an Öffentlichkeit zu eröffnen, bzw. nach welchen Maßgaben wäre eine solche Eröffnung geboten?

4.      Sind die in der Vorlagefrage Nr. 1 genannten Grundsätze und Transparenzpflichten dahin gehend auszulegen, dass bei Dienstleistungskonzessionen im Fall eines Pflichtverstoßes der infolge des Verstoßes geschlossene, auf die Begründung oder die Änderung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtete Vertrag zu kündigen ist?

5.      Sind die in der Vorlagefrage Nr. 1 genannten Grundsätze und Transparenzpflichten und Art. 86 Abs. 1 EG gegebenenfalls unter Heranziehung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Richtlinie 80/723 und Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 dahin gehend auszulegen, dass ein Unternehmen als öffentliches Unternehmen bzw. öffentlicher Auftraggeber diesen Transparenzpflichten unterliegt, wenn

–        es zum Zweck der Abfallentsorgung und Straßenreinigung von einer Gebietskörperschaft gegründet wurde, aber auch auf dem freien Markt tätig ist,

–        es dieser Körperschaft mit einem Anteil von 51 % gehört, aber Gesellschafterbeschlüsse nur mit einer Drei-Viertel-Mehrheit gefasst werden können,

–        diese Körperschaft nur ein Viertel der Aufsichtsratsmitglieder des Unternehmens einschließlich des Aufsichtsratsvorsitzenden stellt und

–        es mehr als die Hälfte seiner Umsätze aus gegenseitigen Verträgen zur Abfallentsorgung und Straßenreinigung auf dem Gebiet dieser Körperschaft erzielt, wobei diese sich hierfür über kommunale Abgaben von ihren Bürgern refinanziert?

28.      Schriftliche und mündliche Erklärungen haben die Parteien des Ausgangsverfahrens, aber auch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die EFTA-Überwachungsbehörde und sechs Mitgliedstaaten abgegeben(16).

IV – Der Gegenstand der Vorlagefragen

29.      Ich werde bei Untersuchung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens mit der Prüfung der dritten und der fünften Vorlagefrage über den Umfang der Transparenzpflicht beginnen.

30.      Mit der dritten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der öffentliche Auftraggeber aufgrund dieser Pflicht gehalten ist, ein neues Wettbewerbsverfahren durchzuführen, wenn der Hauptunternehmer, der die Konzession erhalten hat, zu ihrer Durchführung auf die Leistungen eines anderen Nachunternehmers zurückgreifen möchte als desjenigen, auf den er sich bei Abgabe seines Angebots berufen hat. Mit der fünften Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht außerdem wissen, ob ein Hauptunternehmer wie FES, die als gemischtwirtschaftliches Unternehmen gegründet wurde, ebenfalls als „öffentlicher Auftraggeber“ im Sinne der Richtlinie 92/50 angesehen werden kann, der als solcher der Verpflichtung zur Transparenz unterliegt.

31.      Nach der Prüfung dieser ersten beiden Fragen werde ich meine Untersuchung mit der Prüfung der ersten, der zweiten und der vierten Vorlagefrage fortsetzen, die im Wesentlichen die Modalitäten der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen betreffen, die im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen getroffen worden sind.

32.      Diese letzten drei Fragen sind nur in dem Fall erheblich, dass das nationale Gericht der Auffassung ist, dass die Stadt Frankfurt am Main und/oder FES die Transparenz des Verfahrens beeinträchtigt haben, indem sie während der Durchführung des betreffenden Konzessionsvertrags einen Wechsel des Nachunternehmers vorgenommen haben.

V –    Untersuchung

33.      Bevor ich meine Untersuchung beginne, erscheint es mir wichtig, die großen Linien der Rechtsprechung zum Transparenzgebot in Erinnerung zu rufen. Obwohl diese Rechtsprechung teilweise das öffentliche Auftragswesen betrifft, ist die Transparenzpflicht anhand der Grundsätze des Vertrags entwickelt worden und erscheint mir daher für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf Dienstleistungskonzessionen einschlägig.

A –    Die Grundzüge der Rechtsprechung zum Transparenzgebot

34.      Nach ständiger Rechtsprechung ist das Transparenzgebot eine konkrete und besondere Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

35.      Der Gerichtshof ist seit langem der Auffassung, dass dieser Grundsatz zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört(17), deren Einhaltung den Mitgliedstaaten obliegt, wenn sie im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts handeln. Der Grundsatz verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, eine Differenzierung wäre objektiv gerechtfertigt(18). Er gehört zu den Grundrechten, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat(19).

36.      Die Mitgliedstaaten haben bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen den Grundsatz der Gleichbehandlung als einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts zu beachten. Sie müssen diese Regelungen deshalb soweit wie möglich in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung anwenden(20).

37.      Der Gerichtshof hatte die Gelegenheit, die Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreibungen in den Urteilen Kommission/Dänemark und Kommission/Belgien(21) näher zu bestimmen, die danach auf die Dienstleistungskonzessionen übertragen worden sind(22).

38.      Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter soll die Entwicklung eines gesunden und effektiven Wettbewerbs zwischen den Unternehmen, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, fördern. Die Beachtung dieses Grundsatzes muss einen objektiven Vergleich der Angebote gewährleisten und ist in allen Verfahrensabschnitten geboten. Alle Bieter müssen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit bei der Aufstellung ihrer Angebote über die gleichen Chancen verfügen(23). Anders gesagt, die Spielregeln müssen allen Bietern bekannt sein und für alle in gleicher Weise gelten.

39.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs schließt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und eine Verpflichtung zur Transparenz ein, damit die konzessionserteilende öffentliche Stelle feststellen kann, ob diese Grundsätze beachtet worden sind(24).

40.      Der Gerichtshof hat den Umfang der Transparenzpflicht in den Urteilen Telaustria und Telefonadress sowie Parking Brixen näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs soll die Verpflichtung zur Transparenz im Wesentlichen die Gefahr einer Günstlingswirtschaft oder willkürlicher Entscheidungen des Auftraggebers ausschließen. Sie besagt, dass zugunsten aller potenziellen Bieter ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, der den Dienstleistungsauftrag dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind. Sie bedeutet auch, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder im Lastenheft klar, genau und eindeutig formuliert sind. Dadurch sollen alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter in die Lage versetzt werden, die genaue Bedeutung dieser Informationen zu verstehen und sie in gleicher Weise auszulegen. Außerdem muss der Auftraggeber tatsächlich überprüfen können, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen(25).

41.      Eine Untersuchung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zeigt die enge Verbindung zwischen dem Transparenzgebot und dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Das erste soll die Wirksamkeit des zweiten sicherstellen, indem es die Bedingungen eines gesunden Wettbewerbs gewährleistet. Da der Gleichbehandlungsgrundsatz als solcher einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt, obliegt die Einhaltung der Transparenzpflicht, die eine konkrete und besondere Ausprägung dieses Grundsatzes darstellt, allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise.

B –    Zum Umfang der Transparenzpflicht

1.      Zum sachlichen Anwendungsbereich der Transparenzpflicht

42.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Transparenzgebot den öffentlichen Auftraggeber zu einem neuen Ausschreibungsverfahren verpflichtet, wenn der Hauptunternehmer, dem die Konzession erteilt worden ist, für ihre Durchführung nicht mehr auf die Dienste des Nachunternehmers zurückgreifen möchte, der in dem Angebot aufgeführt wurde.

43.      Zur Beantwortung dieser Frage erscheint es mir wichtig, zu prüfen, wie die Verpflichtung zur Transparenz angesichts der spezifischen Merkmale der Dienstleistungskonzession anzuwenden ist. Diese weist nämlich im Hinblick auf ihre Zielsetzung und die Art ihrer Durchführung wesentliche Unterschiede gegenüber den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen auf.

44.      Unabhängig von seiner Komplexität und Differenziertheit im Einzelnen stellt sich ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Allgemeinen als Kauf einer Dienstleistung durch eine öffentliche Stelle dar, der sich auf eine einzelne von einem Unternehmen erbrachte Leistung bezieht. Demgegenüber ist die Dienstleistungskonzession eine Form der Übertragung einer öffentlichen Dienstleistung, durch die die öffentliche Stelle einer außerhalb der Verwaltung stehenden Person die Verwaltung einer im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeit und die damit verbundenen Verantwortlichkeiten gegenüber den Nutzern überträgt, und zwar für eine signifikante Dauer. Der öffentliche Auftraggeber, bei dem es sich um eine öffentliche Körperschaft oder um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts handeln kann, stellt die Erbringung der Dienstleistung ein und überträgt die Verantwortlichkeiten dafür auf den Konzessionär(26). Dieser erbringt die Dienstleistung auf eigene Kosten und übernimmt die entsprechenden Betriebsrisiken, wobei seine Vergütung durch die Gebührenerhebung bei den Nutzern der Dienstleistung sichergestellt ist.

45.      Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf diese vertragliche Übernahme einer im Allgemeininteresse liegender Dienstleistung muss bestimmten Erfordernissen Rechnung tragen.

46.      Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist es notwendig, die Transparenzpflicht mit der weitgehenden Freiheit des öffentlichen Auftraggebers bei der Beurteilung der Angebote und der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots in Einklang zu bringen. Das wirtschaftlich günstigste Angebot ist dasjenige, das unter Berücksichtigung der angewandten Kriterien und ihrer Gewichtung die beste wirtschaftliche Antwort im umfassenden Sinn dieses Begriffs auf die Bedürfnisse der Allgemeinheit gibt. Der öffentliche Auftraggeber muss den Leistungserbringer wählen dürfen, der ihm aufgrund seiner Referenzen, der Qualität des Angebots, der Kenntnis, die er auf dem Gebiet besitzt, und seiner Glaubwürdigkeit das Höchstmaß an Garantien für eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistung zu bieten scheint. Die Besonderheit der Dienstleistungskonzession erlaubt es, den Leistungserbringer anhand einer Vielzahl weiterer Kriterien, auszuwählen, wobei die Personenbezogenheit ausschlaggebend ist. Diese Auswahlmöglichkeit bedeutet jedoch nicht, dass die Erteilung der Konzession willkürlich und diskriminierend erfolgen dürfte. Zur Korruptionsverhütung und Verbesserung der Transparenz im Wirtschaftsleben und in öffentlichen Verfahren hat der Gerichtshof diese Freiheit durch die für die Vergabeverfahren geltenden Grundsätze beschränkt. Somit gilt zwar weiterhin die Verhandlungs- und Entscheidungsfreiheit, sie unterliegt aber den Grundsätzen der Offenlegung und der Ausschreibung, die eine transparente Auswahl des Kandidaten ermöglichen und die Gleichbehandlung der Bieter gewährleisten(27).

47.      Sodann ist es im Stadium der Durchführung des Vertrags notwendig, die Transparenzverpflichtung mit dem Interesse der öffentlichen Hand in Einklang zu bringen, das unter bestimmten Umständen eine Vertragsanpassung und ‑änderung erfordert.

48.      Wie gezeigt, übernimmt der Konzessionär die Organisation der Dienstleistung sowie die damit verbundenen Betriebsrisiken. Angesichts des komplexen, auf Dauer angelegten Charakters der Dienstleistungskonzession muss der Kommissionär über einen ausreichenden Spielraum verfügen, um sich den Marktbedingungen und den Änderungen im wirtschaftlichen, technischen oder rechtlichen Umfeld der Konzession anpassen zu können. Die unvorhersehbaren Zwänge und die bei Durchführung langfristiger Investitionen unvermeidbaren Zwischenfälle, erfordern also von den Parteien eine besondere Flexibilität und eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Es gibt daher zahlreiche Gründe für eine Neuverhandlung der Verträge. Allerdings können einige Gründe missbräuchlich ausgenutzt werden, wenn sie zu einer Störung des Gleichgewichts der Vertragspflichten führen, so dass die Transparenz des Verfahrens und der vorangegangene Bieterwettbewerb illusorisch werden. Es ist daher zu prüfen, ob die beabsichtigte Änderung eine bloße Ergänzung des Vertrags aus berechtigten Gründen darstellt oder ob sie letztlich zum Abschluss eines neuen Vertrags führt, bei dem nach den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts ein angemessener Grad an Öffentlichkeit sichergestellt werden und der Gegenstand eines neuen wettbewerblichen Verfahrens sein muss.

49.      Der Gerichtshof hat in einem Urteil Kommission/Frankreich(28) entschieden, dass die Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags während seiner Geltungsdauer als Neuvergabe des Auftrags anzusehen sind, wenn sie „wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrags erkennen lassen“(29).

50.      Im Urteil pressetext Nachrichtenagentur(30) hat der Gerichtshof die Tragweite dieser Begründung näher bestimmt, indem er vier Sachverhalte anspricht, in denen diese Änderung als wesentlich angesehen werden kann.

51.      Im ersten Fall bringt die Änderung die Aufnahme von Vertragsbedingungen mit sich, aufgrund deren andere als der ursprünglich zugelassenen Bieter zugelassen worden wären oder ein anderes als das ursprünglich angenommene Angebot angenommen worden wäre, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären.

52.      Im zweiten Fall weitet die Änderung den Auftrag in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen aus.

53.      Der dritte Fall betrifft eine Änderung des wirtschaftlichen Gleichgewichts des Vertrags zugunsten des Auftragnehmers in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise.

54.      Der vierte Fall schließlich betrifft den Austausch des Vertragspartners, dem der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ursprünglich erteilt hatte. Diese Änderung stellt nach Auffassung des Gerichtshofs zumindest dann eine Änderung einer wesentlichen Vertragsbestimmung dar, wenn „sie nicht in den Bedingungen des ursprünglichen Auftrags, beispielsweise im Rahmen einer Unterbeauftragung, vorgesehen war“.

55.      Wie ich bereits gezeigt habe, lässt § 30 IV des zwischen der Stadt Frankfurt am Main und FES geschlossenen Vertrags über die Dienstleistungskonzession den Austausch des Nachunternehmers zu, sofern der öffentliche Auftraggeber zustimmt. Im vorliegenden Fall wurde dieses Verfahren eingehalten.

56.      In der vorliegenden Rechtssache stellt sich daher die Frage, ob der Austausch des Nachunternehmers ungeachtet dieser Klausel und der Einhaltung des damit verbundenen Verfahrens eine Änderung einer wesentlichen Bedingung der in Rede stehenden Dienstleistungskonzession im Sinne der Gemeinschaftsrechtsprechung darstellt.

57.      Diese Untersuchung ist insofern schwierig, als die Stadt Frankfurt am Main dieser Änderung selbst zugestimmt hat, da die im Lastenheft beschriebenen Standards eingehalten worden seien. Angesichts der besonderen Umstände des Wechsels bin ich jedoch der Auffassung, dass das nationale Gericht sicherstellen muss, dass die Zustimmung der Körperschaft zu dieser Änderung nicht zu einer Umgehung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter und der daraus abgeleiteten Transparenzpflicht führt.

58.      Für diese Prüfung halte ich es für wichtig, die Voraussetzungen, unter denen der Konzessionär einen Unterauftrag erteilen kann, in Erinnerung zu rufen.

59.      Angesichts der Komplexität und der Dauer der Konzessionsverträge kann der Konzessionär beschließen, die Durchführung des mit dem Projektträger geschlossenen Vertrags ganz oder teilweise einem Nachunternehmer zu übertragen. Die Wahl des Nachunternehmers ist unstreitig eine zu den Vorrechten des Unternehmers gehörende und in seinem Ermessen stehende Maßnahme. Diese Wahlfreiheit ist die logische Folge der Regelung, dass der Konzessionär die volle Verantwortung für die Durchführung der Konzession behält, während der Nachunternehmer seinerseits mit ihm nur durch einen Vertrag verbunden ist, der als solcher zwischen zwei Privatpersonen dem Privatrecht unterliegt.

60.      Gleichwohl setzt die rechtmäßige Erteilung eines Unterauftrags voraus, dass ihr der öffentliche Auftraggeber entweder bei Vertragsschluss oder während der Durchführung des Vertrags zugestimmt hat. Dabei prüft der öffentliche Auftraggeber die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers(31).

61.      Wird der Nachunternehmer bei Unterbreitung des Angebots angeführt, umfasst die Erteilung der Konzession die Zustimmung zur Erteilung des Unterauftrags. Im Allgemeinen kann der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen als Nachunternehmer ablehnen, wenn bei diesem beispielsweise Unregelmäßigkeiten in finanzieller oder sozialer Hinsicht vorliegen oder wenn es nicht über ausreichende Fähigkeiten zur Erbringung der ihm übertragenen Dienstleistungen verfügt.

62.      Der Unterauftrag ist nicht auf das beschränkt, was bei Unterbreitung des Angebots angekündigt worden ist. Während der Durchführung des Vertrags kann der Hauptunternehmer auf weitere Nachunternehmer zugreifen oder den Nachunternehmer aus berechtigten Gründen, die beispielsweise in der tatsächlichen Qualität seiner Leistungen oder seiner finanziellen Situation liegen, austauschen. Dadurch kann er seine Leistungen anpassen oder sich im Einklang mit den Bestimmungen über die Erteilung eines Unterauftrags von einem Unternehmen trennen, das keine zufriedenstellende Leistung erbringt.

63.      Ist der Austausch des Nachunternehmers in den Vertragsbestimmungen vorgesehen und stimmt der öffentliche Auftraggeber diesem Wechsel selbst zu, lässt sich grundsätzlich kaum sagen, dass der Austausch als solcher eine wesentliche Bestimmung der Konzession ändert und ein neues Wettbewerbsverfahren erfordert.

64.      Indem der öffentliche Auftraggeber nämlich seine Zustimmung erteilt, hält er die Person des Nachunternehmers für den Gegenstand der Konzession nicht für wesentlich und meint, dass die dem Hauptunternehmer übertragenen Aufgaben unabhängig von dieser Änderung im Einklang mit dem Lastenheft durchgeführt werden. Eine solche Situation kann auftreten, wenn es auf dem betreffenden Markt zahlreiche Unternehmen gibt, die nach Art und Qualität gleichwertige Leistungen anbieten.

65.      Sieht der öffentliche Auftraggeber außerdem vor, dass bestimmte Ausschreibungsbedingungen nach Zuschlagserteilung angepasst werden können, und sieht er diese Anpassungsmöglichkeit ebenso wie die Modalitäten ihrer Durchführung ausdrücklich im Lastenheft vor, haben sämtliche am Auftrag interessierten Unternehmen hiervon von Anfang an Kenntnis und sind daher bei der Abfassung ihres Angebots gleichgestellt.

66.      Gleichwohl kann die Änderung des Konzessionsvertrags in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens problematisch erscheinen.

67.      Die Änderung des Unterauftrags erfolgt nämlich ohne berechtigten Grund nach Vertragsschluss und vor Erbringung der ersten Leistungen, obwohl der Konzessionär bei Abgabe seines Angebots den Ruf und den Sachverstand des Nachunternehmers geltend gemacht hat.

68.      Der öffentliche Auftraggeber verstößt mit der Zulassung eines solchen Vorgehens meines Erachtens gegen die Verpflichtung zur Transparenz und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter. Er trägt auf diese Weise dazu bei, das Angebot von FES in der geänderten Fassung einer gewissenhaften und transparenten Prüfung der verschiedenen Bewerbungen zu entziehen, was dem Unternehmen einen ungerechtfertigten Vorteil für den Zuschlag verschaffen kann

69.      Erstens ist es nicht ausgeschlossen, dass die Stadt Frankfurt am Main ein anderes Angebot als das ursprünglich vorgelegte Angebot von FES vorgezogen hätte, wenn sich dieser Bieter hinsichtlich der Erteilung eines Unterauftrags für Werbedienstleistungen nicht auf die zahlreichen Qualitäten der Klägerin berufen hätte als „ein leistungsstarker und erfahrener Partner“, „erfahrener und weltweit agierender Werbespezialist“, dessen Produkte „ästhetisch-modern“ sind(32).

70.      Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass FES den Zuschlag gerade deshalb erhalten hat, weil sie die Klägerin als Nachunternehmen aufgeführt hatte. Die Wahl von FES erfolgte unter Beachtung ihrer Vorstellungen hinsichtlich der Werbemaßnahmen, da sie für dieses Zuteilungskriteriums 27,3 Punkte erzielte, während die Streithelferin als ihr Hauptwettbewerber insofern 20,1 Punkte erhielt. Was die übrigen Kriterien anbelangt, hat die Stadt Frankfurt am Main der Streithelferin ebenso viele Punkte, wenn nicht sogar mehr, gegeben. Aus den mir vorliegenden Unterlagen ergibt sich daher, dass die Erwähnung der Klägerin im Gesamtangebot von FES für die Erteilung der Konzession ausschlaggebend war.

71.      Zweitens offenbart das Verhalten von FES, die nach Erhalt des Zuschlags Verhandlungen über die Erteilung eines Unterauftrags für Werbedienstleistungen und der Lieferung von WC‑Anlagen führte(33), um die Klägerin letztlich ohne berechtigten Grund zu verdrängen(34), ihr ursprüngliches, von der Stadt Frankfurt am Main angenommenes Angebot als Scheinangebot, mit dem kein anderes Ziel verfolgt wurde, als die ernsthaften Wettbewerber auszuschließen, um die Konzession zu erhalten, das aber von dem sofort offenkundig gewordenen Wunsch begleitet war, das Angebot anschließend unter anderen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen durchzuführen als den darin dargelegten Bedingungen, mit denen allein sich der Bieter dem Wettbewerb gestellt hatte.

72.      Aufgrund aller dieser Umstände, die sich aus dem Vorlagebeschluss ergeben, müsste dem Austausch des Nachunternehmers, der noch vor Erbringung der ersten Leistungen und ohne Geltendmachung irgendwelcher Schwierigkeiten technischer oder finanzieller Art erfolgt ist, meines Erachtens ein neues Vergabeverfahren vorausgehen. Daher hat die Stadt Frankfurt am Main dadurch die Transparenzpflicht verletzt, dass sie diesem Wechsel des Nachunternehmers zugestimmt hat, ohne den Öffentlichkeits- und Wettbewerbserfordernissen des Gemeinschaftsrechts zu genügen.

73.      Auch wenn bei Konzessionen öffentliche Gelder tatsächlich in geringerem Umfang eingesetzt werden als bei der öffentlichen Auftragsvergabe, muss das Vergabeverfahren für eine Dienstleistungskonzession doch gegenüber den öffentlichen Einrichtungen wie den Nutzern die beste Leistungsqualität sicherstellen, und zwar auf der Grundlage einer gewissenhaften und transparenten Prüfung der verschiedenen Bewerbungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter.

74.      Sollte das vorlegende Gericht auf der Grundlage der gesamten Akte diese Sachverhaltsdarstellung bestätigen, müsste es meines Erachtens alle sich aus einem solchen Verstoß ergebenden Konsequenzen ziehen.

75.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass das Transparenzgebot den Mitgliedstaaten aufgibt, ein neues Wettbewerbsverfahren durchzuführen, wenn die Identität des Nachunternehmers in einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession ein wesentliches Kriterium für die Vergabe einer Dienstleistungskonzession durch den öffentlichen Auftraggeber darstellt und der Konzessionär den Nachunternehmer schon vor Erbringung der ersten Leistung und ohne Angabe berechtigter Gründe austauschen möchte. Das zuständige nationale Gericht hat zu prüfen, ob Name, Ruf und technischer Sachverstand des Nachunternehmers, den FES bei Unterbreitung ihres Angebots angeführt hat, ein wesentliches Kriterium waren, auf das die Stadt Frankfurt am Main die Erteilung der Konzession gestützt hat.

2.      Zum personellen Anwendungsbereich der Transparenzpflicht

76.      Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein Unternehmen wie FES aufgrund der im Vorlagebeschluss aufgezeigten Merkmale als „öffentlicher Auftraggeber“ im Sinne des Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/50 oder als „öffentliches Unternehmen“ im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 80/723 anzusehen ist, das als solches bei der Vergabe einer Dienstleistungskonzession der Transparenzpflicht unterliegt.

77.      Das vorlegende Gericht bezieht sich auf die erwähnten Richtlinien, da die Einrichtungen, auf die die Transparenzpflicht Anwendung finden, für Dienstleistungskonzessionen in keiner Regelung des Sekundärrechts genau definiert sind.

78.      Meines Erachtens ist das Fehlen einer solchen Regelung unschädlich, da die insofern für öffentliche Aufträge entwickelten Grundsätze auf Dienstleistungskonzessionen übertragen werden können.

79.      Eine einheitliche Definition des Begriffs des öffentlichen Auftraggebers erscheint mir wichtig, da dieser Begriff sämtliche öffentliche Stellen erfassen soll, die einem Dritten unabhängig von dem jeweiligen Vertragstyp die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten übertragen können, gleichgültig, ob es um die öffentliche Auftragsvergabe oder die Konzession für öffentliche Dienstleistungen geht. In dieser Hinsicht sei daran erinnert, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 sich nicht nach der Art des in Rede stehenden Geschäfts, sondern der Rechtspersönlichkeit desjenigen bestimmt, der es vorschlägt, da alle Aufträge, die ein öffentlicher Auftraggeber vergibt, im Einklang mit den in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätze vergeben werden müssen.

80.      Demgegenüber ist der Bezugnahme auf den Begriff „öffentliches Unternehmen“ in Art. 2 der Richtlinie 80/723, die, wie dargelegt, die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen betrifft, eine sehr viel geringere Bedeutung beizumessen. Nach Maßgabe der Kriterien, die ich im Zusammenhang mit der Untersuchung des Begriffs der Einrichtung des öffentlichen Rechts anführen werde, wird das nationale Gericht jedoch, wenn es dies für erforderlich erachten sollte, prüfen können, ob ein Unternehmen wie FES als „öffentliches Unternehmen“ angesehen werden kann(35).

a)      Zum Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne der Richtlinie 92/50

81.      Vor der Prüfung der verschiedenen Voraussetzungen nach der Richtlinie 92/50, unter denen eine Stelle als „Auftraggeber“ gelten kann, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei FES um ein im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft gegründetes gemischtwirtschaftliches Unternehmen handelt(36). Die Stadt Frankfurt am Main hält 51 % der Anteile dieses Unternehmens.

82.      Die Rechtssache bietet dem Gerichtshof daher die Gelegenheit, auf die Frage einzugehen, ob ein solches Unternehmen eine „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne der Richtlinie 92/50 sein kann und als solche den Grundprinzipien des Vertrags unterliegt.

83.      Bevor ich mich dieser Prüfung zuwende, ist es erforderlich, näher zu bestimmen, was den Begriff der öffentlich-privaten Partnerschaft ausmacht.

84.      Diese Partnerschaft ist ein Mechanismus, der öffentliches – in der Regel mehrheitliches – Kapital mit privatem Minderheitskapital in einer rechtlichen Struktur verbindet, die grundsätzlich den gewöhnlichen handelsrechtlichen Vorschriften unterliegt. Die öffentlich-privaten Partner bilden also ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen, das die Rechtsform einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft einnehmen kann, die öffentliche Aufträge durchführen oder im Rahmen einer Konzession die Erbringung einer örtlichen öffentlichen Dienstleistung übernehmen kann. Wie die Kommission kürzlich in einer Mitteilung hervorgehoben hat(37), ist das charakteristische Merkmal einer solchen, zumeist auf längere Zeit angelegten Zusammenarbeit die besondere Rolle des privaten Partners, der an verschiedenen Phasen des betreffenden Projekts (Konzeption, Durchführung und Betrieb) beteiligt ist, traditionell vom öffentlichen Sektor getragene Risiken eingeht und oftmals zur Finanzierung des Projekts beiträgt(38).

85.      Gleichwohl stellt dieses gemischtwirtschaftliche Unternehmen keine Struktur der „internen“ Verwaltung einer öffentlichen Einrichtung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs dar. Wenn der öffentliche Auftraggeber einem Unternehmen dieser Art einen öffentlichen Auftrag oder eine Konzession erteilt, muss er daher sämtliche auf öffentliche Aufträge oder Konzessionen anwendbare Regeln einhalten, die sich aus dem Vertrag oder dem Sekundärrecht ergeben(39).

86.      Es sind nunmehr die verschiedenen Voraussetzungen des Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/50 zu prüfen, die eine Einrichtung erfüllen muss, um als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ zu gelten.

87.      Als Einrichtung des öffentlichen Rechts gilt nach Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 92/50 jede Einrichtung, die Rechtspersönlichkeit besitzt, zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, und die hinsichtlich ihrer Tätigkeit, Finanzierung oder Leitungsorgane unter der Aufsicht des Staates, einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Einrichtung des öffentlichen Rechts steht.

88.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen, so dass beim Fehlen auch nur einer Voraussetzung die betreffende Einrichtung nicht als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ und folglich auch nicht als „öffentlicher Auftraggeber“ im Sinne der Richtlinie 92/50 gelten kann(40).

89.      Darüber hinaus ist der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts nach Auffassung des Gerichtshofs angesichts des Zwecks der Richtlinien auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge funktionell zu verstehen(41).

b)      Zur Prüfung der Voraussetzungen einer Einrichtung des öffentlichen Rechts

90.      Im vorliegenden Fall ist die Rechtspersönlichkeit von FES unstreitig gegeben. Fraglich sind die beiden anderen Voraussetzungen gemäß der Richtlinie 92/50.

i)      Zu dem besonderen Zweck von FES, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind

91.      Fest steht zunächst, dass FES zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen(42), da sie von Beginn an mit der Abfallwirtschaft und ‑entsorgung sowie der Stadtreinigung im Gebiet der Stadt Frankfurt am Main betraut war(43). Diese Tätigkeiten liegen unstreitig im öffentlichen Interesse. Wie der Gerichtshof bereits im Urteil BFI Holding(44) entschieden hat, gehören diese Interessen zu denjenigen, die nicht zur Gänze von privaten Unternehmen erfüllt werden, da sie aus Gründen der öffentlichen Gesundheit und des Umweltschutzes als notwendig gelten; aus diesem Grund möchte der Stadt insofern einen entscheidenden Einfluss behalten(45).

92.      Es ist nunmehr zu prüfen, ob diese im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art sind. Diese Frage ist jedoch schwieriger.

93.      Zu der Frage, wie das Vorliegen dieser im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu beurteilen ist, liegt eine umfangreiche Rechtsprechung vor(46). Nach Auffassung des Gerichtshofs sind alle erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte wie etwa die Umstände, die zur Gründung der betreffenden Einrichtung geführt haben, und die Voraussetzungen, unter denen sie tätig ist, zu berücksichtigen. Insofern weist der Gerichtshof darauf hin, dass insbesondere zu prüfen ist, ob die Einrichtung ihre Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen ausübt(47). Zu diesem Zweck untersucht der Gerichtshof die Wettbewerbssituation auf dem Markt der Produkte und Dienstleistungen, für die die Einrichtung gegründet worden ist. Auch wenn das Bestehen eines Wettbewerbs ein Anhaltspunkt dafür sein kann, dass es sich bei der im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe um eine Aufgabe gewerblicher Art handelt, ist dies allein nicht ausreichend(48). Es ist auch zu prüfen, ob die Einrichtung eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, ob sie die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken selbst trägt und ob sie für die Erfüllung der betreffenden Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln finanziert wird(49).

94.      Die Akte enthält nicht genügend Angaben, um sämtliche Umstände genau beurteilen zu können. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein über eine gründliche Kenntnis des Sachverhalts verfügt, diese zu prüfen. Ich werde jedoch einige sachdienliche Ausführungen machen.

95.      Was die Umstände anbelangt, die für die Gründung dieses Unternehmens vorrangig waren, erscheint es mir wichtig, die Besonderheiten des Marktes für die Abfallsammlung und -behandlung als Tätigkeiten, zu deren Zweck FES gegründet worden ist, zu berücksichtigen.

96.      Der Markt für die Abfallsammlung und -behandlung hat, insbesondere mit der Verschärfung des rechtlichen Rahmens für die Abfallwirtschaft, die Wiederverwertung von Abfällen und die Verhütung von Umweltschäden, einen beträchtlichen Aufschwung erfahren. Diese Verschärfung war unmittelbar mit einem Anstieg der Kosten für die Abfallsammlung und -behandlung verbunden, da die Tätigkeit komplizierter und technischer wurde. Angesichts dieser Zwänge hat sich die Mehrheit der lokalen Gebietskörperschaften entschieden, diese Aufgabe auf Spezialunternehmen zu übertragen, die die Entwicklung dieses Marktes in vollem Umfang nutzen konnten.

97.      Daher komme ich zu dem Ergebnis, dass die Gewinnerzielungsabsicht nicht das Motiv für die Gründung dieser Einrichtung war. Auch wenn sich diese Tätigkeit tatsächlich als äußerst gewinnbringend erweist, war doch das Gewinnstreben jedenfalls nicht Hauptzweck der Gründung von FES. Dies gilt umso mehr für die Stadtreinigung, die, anders als die Abfallsammlung und ‑behandlung, in geringerem Maß mit einer Wiederverwertung verbunden ist.

98.      Was die Bedingungen anbelangt, unter denen FES tätig ist, insbesondere den Wettbewerb in den Bereichen der Abfallsammlung und -behandlung sowie der Stadtreinigung, müsste das vorlegende Gericht prüfen, ob FES sich auf einem wettbewerbsorientierten Markt bewegt, auf dem es echte Wettbewerber gibt, oder ob sie sich im Gegenteil beispielsweise aufgrund ihres Status als „Unternehmen mit Geschichte“(50) oder des Vorliegens von Marktzugangsbeschränkungen in einer quasi monopolistischen Situation befindet. Das Fehlen eines tatsächlichen Wettbewerbs ist keine zwingende Voraussetzung für die Qualifikation von FES als Einrichtung des öffentlichen Rechts, es kann aber ein Indiz dafür sein, dass FES im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfüllt, die nicht gewerblicher Art sind.

99.      Darüber hinaus ist die Tatsache, dass FES außer ihrer Aufgabe im Allgemeininteresse andere gewinnbringende Tätigkeiten ausübt, für die Entscheidung im Ausgangsverfahren unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hängt nämlich die Eigenschaft einer Stelle als Einrichtung des öffentlichen Rechts nicht davon ab, welchen Anteil ihrer Tätigkeit die Erfüllung von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art ausmacht. Wenn das Unternehmen weiterhin diese Aufgaben übernimmt, ist nach Auffassung des Gerichtshofs die Tatsache unerheblich, dass das Unternehmen andere gewinnbringende Tätigkeiten ausübt, und zwar unerheblich vom Anteil dieser Tätigkeiten an den Umsätzen des Unternehmens insgesamt(51).

100. Wenn sich FES außerdem in rechtlicher Hinsicht insofern wenig von einer von Privatpersonen gehaltenen Aktiengesellschaft unterscheidet, als sie das mit ihrer Tätigkeit verbundene Betriebsrisiko trägt und außerdem für insolvent erklärt werden kann, ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, dass die Stadt Frankfurt am Main das Eintreten einer solchen Situation nicht zuließe. Außerdem weise ich darauf hin, dass diese Körperschaft bei ihren Bürgern eine Gemeindesteuer erhebt, um die an FES für die Abfallbeseitigung und Straßenreinigung geleisteten Zahlungen zu finanzieren.

101. Aufgrund dieser Umstände neige ich dazu, davon ausgehen, dass FES zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen.

102. Um die genaue Art der von diesem Unternehmen übernommenen Aufgaben festzustellen, obliegt es jedoch dem vorlegenden Gericht, das allein über die entsprechende Sachverhaltskenntnis verfügt, die Bedingungen zu prüfen, unter denen FES ihre Tätigkeit ausübt, insbesondere die Wettbewerbssituation in den Bereichen, für die das Unternehmen gegründet worden ist.

ii)    Zu der Voraussetzung der Aufsicht des Staates, einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Einrichtung des öffentlichen Rechts über die Einrichtung

103. Ich erinnere daran, dass diese Voraussetzung nach Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 92/50 folgende drei Alternativen betrifft:

–        Die Einrichtung wird überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert, oder

–        sie unterliegt hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere, oder

–        ihr Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan besteht mehrheitlich aus Mitgliedern, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.

104. Es steht fest, dass die Stadt Frankfurt am Main 51 % der Anteile an FES, also die Mehrheit, hält. Obwohl man aufgrund dieses Besitzes tatsächlich von einem bestimmenden Einfluss der Körperschaft auf das Unternehmen ausgehen kann, ist nicht offenkundig, dass sich dieser Einfluss auf die Modalitäten der Arbeit und der Leitung des Unternehmens auswirkt.

105. Ich werde zunächst die Modalitäten der Leitung des Unternehmens prüfen, da die Stadt Frankfurt am Main über ein Vetorecht in der Hauptversammlung verfügt, das je nach den Modalitäten seiner Ausübung für die Körperschaft eine tatsächliche Kontrolle über die Leitung des Unternehmens bedeuten kann.

–       Zum Kriterium der Aufsicht hinsichtlich der Leitung der betreffenden Einrichtung

106. Nach ständiger Rechtsprechung betrifft dieses Kriterium den Fall, dass diese Aufsicht eine Verbindung mit der öffentlichen Hand schafft, die der Verbindung gleichwertig ist, die besteht, wenn eines der beiden anderen alternativen Merkmale erfüllt ist. Diese Aufsicht muss es den öffentlichen Auftraggebern erlauben, die Entscheidungen dieser Einrichtung auf dem Gebiet der Auftragsvergabe(52) oder entsprechend auf dem Gebiet der Konzessionen zu beeinflussen.

107. Im Urteil Adolf Truley werden die Fälle dargestellt, in denen der Gerichtshof entschieden hat, dass dieses Kriterium gegeben ist. In dieser Rechtssache war das Kontrollamt der öffentlichen Körperschaft berechtigt, nicht nur den Jahresabschluss der betreffenden Gesellschaft zu prüfen, sondern auch die laufende Gebarung auf ihre rechnerische Richtigkeit, Ordnungsgemäßheit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Das Kontrollamt durfte außerdem die Betriebsräume und Anlagen der Einrichtung besichtigen und den zuständigen Organen sowie den Aktionären der Gesellschaft und der Körperschaft über die Ergebnisse dieser Prüfungen berichten. Nach Ansicht des Gerichtshofs ermöglichen derartige Aufsichtsrechte daher eine aktive Aufsicht der öffentlichen Körperschaft über die Führung der Einrichtung.

108. In der vorliegenden Rechtssache muss das vorlegende Gericht sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Umstände berücksichtigen, aufgrund deren die Stadt Frankfurt am Main die Tätigkeit von FES nachhaltig beeinflussen könnte. Meines Erachtens muss es sich der Art und Weise zuwenden, wie diese Körperschaft das mit ihrer Mehrheitsbeteiligung verbundene Vetorecht in der Hauptversammlung des Unternehmens ausübt. Insofern muss das vorlegende Gericht die Bedeutung dieses Rechts prüfen, indem es berücksichtigt, bei welchen Entscheidungen davon Gebrauch gemacht werden kann und welche Beschränkungen dabei möglicherweise bestehen.

109. Wenn die Körperschaft auch keine Entscheidungen erzwingen kann(53), kann sie gleichwohl eine ausschließliche Kontrolle über FES ausüben, wenn sie imstande ist, strategischen Entscheidungen des Unternehmens in Bezug auf die Geschäftspolitik, die Ernennung der Mitglieder der Verwaltungsorgane, auf den Haushalt oder den Geschäftsplan zu widersprechen. Zeigt das vorlegende Gericht, dass die Stadt Frankfurt am Main durch Ausübung ihres Vetorechts wesentlichen Entscheidungen von FES in Bezug auf die Unternehmensstrategie widersprechen und eine Blockagesituation im Entscheidungsprozess dieses Unternehmens herbeiführen kann, verfügt die Stadt Frankfurt am Main über einen entscheidenden Einfluss auf die Führung von FES und damit über eine tatsächliche Kontrolle.

110. Unter diesen Umständen obliegt es dem vorlegenden Gericht, zur Feststellung des genauen Umfangs der Kontrolle der Stadt Frankfurt am Main über FES zu prüfen, ob die öffentliche Körperschaft mittels des ihr als Mehrheitsaktionärin zustehenden Vetorechts einen entscheidenden Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben kann.

111. Sofern das vorlegende Gericht zu der Auffassung gelangen wird, dass dieses Vetorecht der Stadt Frankfurt am Main keine Kontrolle über die Unternehmensführung bedeutet, wird es die beiden anderen Kriterien prüfen müssen.

–       Zum Kriterium der mehrheitlichen Finanzierung durch die Gebietskörperschaft

112. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser Voraussetzung im Urteil University of Cambridge näher bestimmt. Danach können nur Leistungen, die als Finanzhilfe ohne spezifische Gegenleistung die Tätigkeiten der betreffenden Einrichtung finanzieren oder unterstützen, als „öffentliche Finanzierung“ eingestuft werden. Demgegenüber fallen Zahlungen, die ein öffentlicher Auftraggeber als Gegenleistung für vertragliche Leistung erbringt, nicht in diese Kategorie(54).

113. Der Gerichtshof hat auch festgestellt, dass der Begriff „überwiegend“ im Sinne von „mehr als die Hälfte“ auszulegen ist und in die Berechnung dieses Anteils der öffentlichen Finanzierung einer Einrichtung sämtliche Mittel einzubeziehen sind, über die diese Einrichtung verfügt, einschließlich der die aus einer gewerblichen Tätigkeit stammenden Mittel, und dass diese Berechnung auf jährlicher Grundlage erfolgt.

114. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, dass mehr als die Hälfte der Jahresumsätze von FES aus mit der Stadt Frankfurt am Main für die Abfallsammlung und -behandlung sowie die Stadtreinigung geschlossenen synallagmatischen Verträgen stammen. Die Zahlungen der Körperschaft stellen daher die Gegenleistung für von FES angebotene vertragliche Leistungen dar, und die Körperschaft hat sehr wohl ein wirtschaftliches Interesse an der Erbringung dieser Leistungen. Auch wenn ein solches Vertragsverhältnis tatsächlich eine Abhängigkeit von FES von der Körperschaft mit sich bringen kann, ist diese Abhängigkeit nach Auffassung des Gerichtshofs von anderer Qualität als diejenige, die durch eine reine Unterstützungsleistung entsteht, und ist einem Verhältnis gleichzustellen, wie es in normalen Geschäftsbeziehungen besteht(55).

115. Unter diesen Umständen stellen die Zahlungen der Stadt Frankfurt am Main an FES meines Erachtens keine öffentliche Finanzierung im Sinne der angeführten Rechtsprechung dar.

–       Zum Kriterium der Zusammensetzung der Verwaltungs-, Leitungs- und Überwachungsorgane

116. Der Vorlagebeschluss enthält keine Einzelheiten hinsichtlich der Zusammensetzung und des Verfahrens zur Bestellung der Mitglieder des Geschäftsführung und der Geschäftsleitung von FES. Das vorlegende Gericht führt lediglich aus, dass die Stadt Frankfurt am Main ein Viertel der Mitglieder des Aufsichtsrats sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden benennt, auf dessen Stimme es bei Stimmengleichheit ankommt(56). Dies ist daher für die Erfüllung dieses Kriteriums nicht ausreichend.

117. Unter diesen Umständen stellt ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen wie FES, die im Rahmen einer Partnerschaft mit der Stadt Frankfurt am Main gegründet worden ist, meines Erachtens eine „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 92/50 dar, wenn einerseits feststeht, dass diese Einrichtung im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllt, und andererseits, dass sie hinsichtlich ihrer Geschäftsführung und -leitung unter der Aufsicht der Körperschaft steht.

118. Diese Einrichtung erfüllt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/50, wenn sie die Abfallsammlung und ‑verwertung sowie die Stadtreinigung im Gebiet der Körperschaft wahrnimmt. Um zu beurteilen, ob diese Aufgaben gewerblicher Art sind oder nicht, hat das zuständige nationale Gericht die Voraussetzungen zu prüfen, unter denen die FES tätig ist, insbesondere die Wettbewerbssituation in diesen Bereichen.

119. Eine solche Einrichtung steht unter der Aufsicht der Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 92/50, wenn ihre Leitungs-, Verwaltungs- und Aufsichtsorgane von dieser überwacht werden. Um den genauen Umfang zu ermitteln, in dem die Unternehmensführung von FES durch die Stadt Frankfurt am Main beaufsichtigt wird, ist es Sache des zuständigen nationalen Gerichts zu prüfen, ob die öffentliche Körperschaft durch ihr Vetorecht in der Hauptversammlung oder über die Zusammensetzung der Organe des Unternehmens, eine aktive Aufsicht über die Unternehmensführung ausüben und so seine Entscheidungen auf dem Gebiet der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen beeinflussen kann.

C –    Zu den Befugnissen des nationalen Gerichts im Fall einer Verletzung der Transparenzpflicht

120. Die erste und die vierte Frage des Landgerichts Frankfurt am Main betreffen die Modalitäten der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen, die im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen getroffen worden sind. Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, ob die Mitgliedstaaten nach dem Gemeinschaftsrecht unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren gegebenen verpflichtet sind, ihren nationalen Gerichten die Befugnis zuzuerkennen, den Parteien eines Konzessionsvertrags, der unter Verletzung der Transparenzpflicht zustande gekommen ist, ein bestimmtes Verhalten aufzuerlegen.

121. In der vorliegenden Rechtssache stellt die Klägerin die Entscheidung der Stadt Frankfurt am Main über die Erteilung der Dienstleistungskonzession an FES nicht in Frage. Sie beanstandet jedoch die Entscheidung der Verwaltung, dem Wechsel des Nachunternehmers während der Durchführung des Vertrags nach § 30 IV des Konzessionsvertrags zuzustimmen. Nach Auffassung der Klägerin hat die Stadt Frankfurt am Main somit das Transparenzgebot missachtet, indem sie eine wesentliche Änderung des Vertrags vorgenommen habe, ohne die Öffentlichkeits‑ und Wettbewerbserfordernisse des Gemeinschaftsrechts erfüllt zu haben.

122. Dieser Rechtsstreit betrifft daher nicht den Abschluss des Konzessionsvertrags, sondern seine Durchführung. Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin beim nationalen Gericht, einer weiteren Verletzung der Transparenzpflicht zuvorzukommen, indem es die Verwaltung verpflichtet, den Austausch des Nachunternehmers im Hinblick auf die Aufstellung und die Unterhaltung öffentlicher Toiletten, die in den Bahnhöfen Kornmarkt, Galluswarte und Rödelheim aufgestellt werden sollen, nicht zuzulassen. Außerdem beantragt sie, FES aufzugeben, keinen neuen Untervertrag für die genannten Dienstleistungen abzuschließen. Um die Bedingungen für die Durchführung der Konzessionsleistungen zu regularisieren, beantragt die Klägerin auch, die Verwaltung und gegebenenfalls FES zu verpflichten, die unter Verletzung der Transparenzpflicht geschlossenen Verträge zu kündigen.

123. Zur Beantwortung der Vorlagefragen ist es erforderlich, die Bedingungen in Erinnerung zu rufen, unter denen das nationale Gericht den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten muss.

1.      Einleitende Bemerkungen

124. Das Gemeinschaftsrecht regelt nach seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand nicht, wie die Mitgliedstaaten die Durchführung gerichtlicher Entscheidungen gewährleisten und Verletzungen der Transparenzpflicht im Zusammenhang mit der Durchführung einer Dienstleistungskonzession ahnden müssen. Um zu beurteilen, inwieweit die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ihren nationalen Gerichten insofern eine Anordnungsbefugnis zuzuerkennen, sind die Grundsätze heranzuziehen, die die Gemeinschaftsrechtsordnung beherrschen, insbesondere der Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts und der Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten.

125. Der Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts verlangt von den Mitgliedstaaten, Verstöße gegen das Transparenzgebot in einem Vergabeverfahren für eine Dienstleistungskonzession wirksam zu ahnden.

126. Die Transparenzpflicht ist bekanntlich eine konkrete und spezifische Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dessen Beachtung den Mitgliedstaaten obliegt, sofern es sich um die Anwendung des Gemeinschaftsrechts handelt. Eine solche Pflicht lässt bei den Bürgern Rechte entstehen, die Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch die nationalen Gerichte sein müssen. Diese müssen daher die vollständige Durchführung ihrer Entscheidungen sicherstellen und wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen treffen können, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.

127. Von diesem Postulat gehe ich aus.

128. Dagegen entspräche es meines Erachtens mangels einer Gemeinschaftsregelung dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, ihnen die Festlegung der Befugnisse zu überlassen, über die die nationalen Gerichte zur Sicherstellung des Vollzugs ihrer Entscheidungen und zur Ahndung von Verletzungen der Transparenzpflicht bei Vergabe eines Konzessionsvertrags verfügen müssen. Ein solcher Verweis auf die nationalen Verfahrensregeln der Mitgliedstaaten, die selbstverständlich die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachten müssten, entspräche außerdem der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, die die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten anerkennt.

129. Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass es mangels einer Gemeinschaftsregelung Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensvorschriften für die Klagen festzulegen, die den Schutz der den Bürgern aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz)(57).

130. Die Vorlagefragen sind im Licht dieser Erwägungen zu beantworten.

2.      Würdigung

131. Mit der ersten, der zweiten und der vierten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob das Transparenzgebot dahin gehend auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten dem nationalen Gericht eine Befugnis zuerkennen müssen, die Parteien eines Rechtsstreits zu verpflichten, die Beachtung dieses Gebots sicherzustellen. Das vorlegende Gericht möchte vom Gerichtshof auch wissen, ob das nationale Gericht die Parteien verpflichten muss, den Vertrag, der unter Verletzung der Transparenzpflicht zustande gekommen ist, zu kündigen(58).

132. Diese Befugnis ist die dem Gericht gewährte Möglichkeit, einer Partei – gegebenenfalls unter Androhung eines Zwangsgeldes – aufzugeben, eine vom Gericht bezeichnete Handlung vorzunehmen oder zu unterlassen. Das mit einem Rechtsstreit befasste Gericht kann auf diese Weise einem Einzelnen oder der Verwaltung aufgeben, eine bestimmt Maßnahme zu treffen, wenn das Urteil das Ergreifen dieser Maßnahme durch eine der Parteien des Rechtsstreits notwendig impliziert. Diese Befugnis stellt ein wirksames Mittel dar, um den Vollzug gerichtlicher Entscheidungen sicherzustellen und den Schwierigkeiten und der Weigerung, eine rechtskräftige Entscheidung zu vollziehen, zu begegnen.

133. Der Grundsatz, dass das nationale Gericht eine Anordnung erlassen kann, ist im Gemeinschaftsrecht nicht geregelt. Dieser Grundsatz gilt auch nicht einheitlich in allen Mitgliedstaaten, vor allem wenn die Anordnung an die Verwaltung gerichtet wird.

134. In Deutschland ist, wie im Vereinigten Königreich, diese Befugnis des Gerichts gegenüber der Verwaltung anerkannt. Die deutschen Gerichte verfügen über eine allgemeine Befugnis, die Verwaltung zu einem Verhalten zu verpflichten. Ebenso kann der britische Richter gegenüber allen Behörden mit Ausnahme der Regierung und ihren unmittelbaren Mitarbeitern eine Handlung oder Unterlassung anordnen. In der französischen Verwaltungsgerichtsbarkeit war die Frage vor dem Hintergrund einer traditionellen Sichtweise der Gewaltenteilung länger umstritten. In diese Sichtweise haben heute nach Erlass des Gesetzes vom 8. Februar 1995(59) zahlreiche Ausnahmen Eingang gefunden.

135. Wie dargelegt, ist es nach dem gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts Sache jedes Mitgliedstaats, im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung und im Einklang mit den Grundsätzen der Effektivität und Äquivalenz die Notwendigkeit und gegebenenfalls die Bedingungen zu bestimmen, unter denen eine Anordnungsbefugnis anzuerkennen ist. Insofern müssen die Mitgliedstaaten sich auf die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegenden Grundsätze stützen. Sie müssen prüfen, inwieweit sich diese Befugnis in die Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe und die dem nationalen Gericht bereits übertragenen Befugnisse einfügt. Bei dieser Prüfung müssen die Mitgliedstaaten darauf achten, dass gerichtliche Entscheidungen, die zum Bestehen von aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleiteten Rechten ergangen sind, vollständig durchgeführt werden. Dabei sind die Mitgliedstaaten darauf bedacht, die vollständige Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen und den Schutz der dem Bürger verliehenen Rechte zu gewährleisten.

136. Obwohl das Gemeinschaftsrecht keine Verpflichtung zur Kündigung des Vertrags vorschreibt, kann sie als die am besten geeignete Sanktion erscheinen, um die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Schutz der Rechte des Einzelnen zu gewährleisten. Dies kann vor allem der Fall sein, wenn es sich um einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts handelt wie solche, die einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit oder ein neues wettbewerbliches Bieterverfahren verlangen. Insofern kann ich mich von den Vorschriften inspirieren lassen, die der Gemeinschaftsgesetzgeber in diesem Zusammenhang mit Art. 2d, der durch die Richtlinie 2007/06 eingeführt worden ist(60), erlassen hat.

137. Das Landgericht Frankfurt am Main führt in seinem Vorlagebeschluss aus, die Stadt Frankfurt am Main hätte den Konzessionsvertrag, dessen Änderung sie zugestimmt habe, kündigen müssen.

138. Das vorlegende Gericht stützt seine Auffassung darauf, dass die vom Gemeinschaftsgesetzgeber in Art. 2 der Richtlinie 89/665 aufgestellten und vom Gerichtshof im Urteil Kommission/Deutschland(61) bestätigten Grundsätze auf Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen entsprechend anwendbar sind.

139. In diesem Urteil hat der Gerichtshof die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Art. 228 EG verurteilt, weil sie einen Müllentsorgungsvertrag der Stadt Braunschweig (Deutschland) nicht gekündigt habe, der unter Missachtung der Richtlinie 92/50 geschlossen worden sei. Die Bundesrepublik Deutschland machte unter Berufung auf Art. 2 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 89/665 geltend, dass der Ersatz des Schadens, den die Unternehmen erlitten hätten, ausreiche, eine Vertragsverletzung eines öffentlichen Auftraggebers zu ahnden. Der Gerichtshof ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Seiner Ansicht nach regelt diese Bestimmung die Beziehung zwischen einem Mitgliedstaat und seinen Bürgern, nicht aber die Beziehung zwischen einem Mitgliedstaat und der Gemeinschaft und lässt es daher nicht zu, dass sich dieser seiner gemeinschaftsrechtlichen Verantwortung entzieht. Indem die Wirkungen des betreffenden Vertrags aufrechterhalten wurden, bestand die Vertragsverletzung der Bundesrepublik Deutschland fort, und es bestand die Gefahr, dass die Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs während der gesamten Dauer seiner Durchführung anhielt. Nach Auffassung des Gerichtshofs war die Kündigung des Vertrags daher nicht nur erforderlich, um die vollständige Vollziehung eines Urteils, das eine Vertragsverletzung feststellt, zu gewährleisten sondern auch, um die Beachtung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen.

140. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts halte ich die im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten über öffentliche Aufträge entwickelten Grundsätze nicht ohne Weiteres für übertragbar auf den Rechtsstreit über eine Dienstleistungskonzession, und zwar aus zwei Gründen.

141. Erstens erinnere ich daran, dass die Mitgliedstaaten das Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen im Gegensatz zu den zahlreichen Regelungen, die im Zusammenhang mit der öffentlichen Auftragsvergabe erlassen worden sind, nicht gesetzlich regeln wollten. Wir können das Fehlen einer Gemeinschaftsregelung in diesem Bereich daher nicht übergehen und die präzisen und zwingenden Vorschriften der Richtlinie 89/665 entsprechend anwenden.

142. Zweitens erscheint es mir schwierig, die Folgen, die aus einer Verletzung der Transparenzpflicht gezogen werden müssen, in der gleichen Weise zu beurteilen, unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen Auftrag oder eine Dienstleistungskonzession handelt. Im letzteren Fall dürfen die Sanktionen nämlich nicht allein darauf abzielen, die Beachtung des Rechts sicherzustellen oder das fehlerhafte Verhalten des öffentlichen Auftraggebers zu ahnden. Sie müssen auch oder vielleicht sogar vor allem das ordnungsgemäße Funktionieren der öffentlichen Dienstleistungen sicherstellen und das mit dem Vertragsabschluss verfolgte Interesse der Allgemeinheit schützen.

143. Wenn die Verpflichtung vor allem die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts gewährleisten soll, muss es daher möglich sein, dass das nationale Gericht sie im Einzelfall prüft. Im Zusammenhang mit dieser Prüfung hat das nationale Gericht alle einschlägigen Gesichtspunkte einer Rechtssache wie das Verhalten des öffentlichen Auftraggebers, die Art der Rechtsverletzung und sämtliche möglicherweise verletzten Interessen, insbesondere das Interesse der Allgemeinheit, zu berücksichtigen.

144. Im Rahmen der vorliegenden Rechtssache steht grundsätzlich fest, dass das nationale Gericht den Parteien ein Verhalten auferlegen kann. Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass das nationale Gericht diese Befugnis in der Form des Erlasses eines Unterlassungsurteils nach § 1004 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)(62) in zwei Fallgestaltungen ausüben kann:

–        wenn eine Person aufgrund einer Beeinträchtigung eines Rechtsguts wie Leben, Körper, Persönlichkeit, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum geschädigt wird oder

–        wenn eine Person aufgrund der Verletzung eines „Schutzgesetzes“ im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB geschädigt wird.

145. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob das nationale Verfahrensrecht und, im vorliegenden Fall, § 823 Abs. 2 BGB dem zuständigen Gericht erlaubt, der Verwaltung ein Verhalten aufzuerlegen, wenn diese gegen das Transparenzgebot verstoßen hat, und ihr aufzugeben, den mit FES geschlossenen Vertrag zu kündigen und einem Austausch des Nachunternehmers nicht mehr zuzustimmen(63).

146. Zu diesem Zweck wird es erstens prüfen müssen, ob dieses Gebot ein „Schutzgesetz“ im Sinne der genannten Vorschrift darstellt. Wie das vorlegende Gericht in der Begründung zur zweiten Vorlagefrage ausführt, wird dies der Fall sein, wenn diese Verpflichtung einen gewohnheitsrechtlichen Grundsatz darstellt.

147. Ich erinnere das vorlegende Gericht daran, dass die Transparenzpflicht eine Ausprägung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist. Dieser gehört zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts und findet seinen Ursprung unmittelbar in den Bestimmungen des Vertrags(64). Er begründet Rechte zugunsten des Einzelnen und ist für alle Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts verbindlich. Diese müssen diesen Grundsatz daher soweit wie möglich in einer Weise anwenden, die mit den Erfordernissen der Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts im Einklang steht. In der vorliegenden Rechtssache wird das nationale Gericht also, soweit wie möglich, die nationalen Vorschriften über die Anordnungsbefugnisse der Gerichte in einer Weise auslegen müssen, dass die vollständige Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sichergestellt und der Schutz der darauf beruhenden Rechte der Klägerin gewährleistet wird.

148. Wenn das vorlegende Gericht der Auffassung ist, dass das Transparenzgebot ein „Schutzgesetz“ im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist, wird es also sicherstellen müssen, dass die Befugnisse des nationalen Gerichts im Fall der Verletzung der Transparenzpflicht, den Befugnissen entsprechen, die in einem auf eine Missachtung nationalen Rechts gestützten Rechtsstreit gelten. Es hat auch sicherzustellen, dass diese Modalitäten die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder erheblich erschweren.

149. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es darum, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, indem eine Verletzung der Transparenzpflicht geahndet und eine drohende Verletzung durch eine erneute missbräuchliche Anwendung der Nachunternehmerklausel in § 30 IV des Konzessionsvertrags verhindert wird.

150. Zu diesem Zweck wird das vorlegende Gerichts prüfen müssen, ob die Stadt Frankfurt am Main und gegebenenfalls FES verpflichtet werden müssen, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht geschlossenen Verträge zu kündigen. Insofern ist, wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, das Landgericht Frankfurt am Main der Auffassung, dass die Verletzung der Transparenzpflicht einen zwingenden Grund für die Kündigung des Dienstleistungskonzessionsvertrags im Sinne des § 314 BGB(65) darstellen kann.

151. Zu diesem Zweck wird es auch prüfen müssen, ob die Verwaltung und FES zu verpflichten sind, unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren gegebenen, einen Wechsel des Nachunternehmers für die Aufstellung und Unterhaltung öffentlicher Toiletten, die in den Bahnhöfen Kornmarkt, Galluswarte und Rödelheim eingerichtet werden sollten, nicht zuzulassen.

152. Folglich schlage ich dem Gerichtshof vor, dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass das geltende Gemeinschaftsrecht, wenn das zuständige nationale Gericht in einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession eine Verletzung der Transparenzpflicht feststellt, nicht verlangt, dass die Mitgliedstaaten diesem Gericht eine Befugnis zuerkennen, den Parteien des Rechtsstreits ein bestimmtes Verhalten aufzuerlegen. Es ist Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, im Einklang mit den Gemeinschaftsgrundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität, die Verfahrensmodalitäten zu bestimmen, die es dem zuständigen nationalen Gericht erlauben, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und die volle Durchführung gerichtlicher Entscheidungen, die zum Bestehen von aus diesem hergeleiteten Rechten ergangen sind, sicherzustellen.

VI – Ergebnis

153. Nach alldem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Fragen des Landgerichts Frankfurt am Main wie folgt zu antworten:

1.      Das Transparenzgebot gibt den Mitgliedstaaten auf, ein neues Wettbewerbsverfahren durchzuführen, wenn die Identität des Nachunternehmers in einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession ein wesentliches Kriterium für die Vergabe einer Dienstleistungskonzession durch den öffentlichen Auftraggeber darstellt und der Konzessionär den Nachunternehmer schon vor Erbringung der ersten Leistung und ohne Angabe berechtigter Gründe austauschen möchte. Das zuständige nationale Gericht hat zu prüfen, ob Name, Ruf und technischer Sachverstand des Nachunternehmers, den die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH bei Unterbreitung ihres Angebots angeführt hat, ein wesentliches Kriterium waren, auf das die Stadt Frankfurt am Main die Erteilung der Konzession gestützt hat.

2.      Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen wie die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH, die im Rahmen einer Partnerschaft mit der Stadt Frankfurt am Main gegründet worden ist, stellt eine „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne des Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in der durch die Richtlinie 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 geänderten Fassung dar, wenn einerseits feststeht, dass diese Einrichtung im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllt, und andererseits, dass sie hinsichtlich ihrer Geschäftsführung und -leitung unter der Aufsicht der Körperschaft steht.

Diese Einrichtung erfüllt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/50 in der geänderten Fassung, wenn sie die Abfallsammlung und ‑verwertung sowie die Stadtreinigung im Gebiet der Körperschaft wahrnimmt. Um zu beurteilen, ob diese Aufgaben gewerblicher Art sind oder nicht, hat das zuständige nationale Gericht die Voraussetzungen zu prüfen, unter denen die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH tätig ist, insbesondere die Wettbewerbssituation in diesen Bereichen.

Eine solche Einrichtung steht unter der Aufsicht der Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 92/50 in der geänderten Fassung, wenn ihre Leitungs-, Verwaltungs- und Aufsichtsorgane von dieser überwacht werden. Um den genauen Umfang zu ermitteln, in dem die Unternehmensführung der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH durch die Stadt Frankfurt am Main beaufsichtigt wird, ist es Sache des zuständigen nationalen Gerichts zu prüfen, ob die öffentliche Körperschaft durch ihr Vetorecht in der Hauptversammlung oder über die Zusammensetzung der Organe des Unternehmens, eine aktive Aufsicht über die Unternehmensführung ausüben und so seine Entscheidungen auf dem Gebiet der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen beeinflussen kann.

3.      Wenn das zuständige nationale Gericht in einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession eine Verletzung der Transparenzpflicht feststellt, verlangt das geltende Gemeinschaftsrecht nicht, dass die Mitgliedstaaten diesem Gericht eine Befugnis zuerkennen, den Parteien des Rechtsstreits ein bestimmtes Verhalten aufzuerlegen. Es ist Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, im Einklang mit den Gemeinschaftsgrundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität, die Verfahrensmodalitäten zu bestimmen, die es dem zuständigen nationalen Gericht erlauben, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und die volle Durchführung gerichtlicher Entscheidungen, die zum Bestehen von aus diesem hergeleiteten Rechten ergangen sind, sicherzustellen.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Im Folgenden: Klägerin.


3 – Im Folgenden: FES.


4 – Derzeit enthält das abgeleitete Gemeinschaftsrecht nur Regelungen, die auf in den klassischen Branchen erteilte Baukonzessionen anwendbar sind.


5 – Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) in der durch die Richtlinie 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 (ABl. L 285, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/50).


6 – Nach Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 92/50 handelt es sich um „die zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge“. Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne dieser Richtlinie umfasst eine Gegenleistung, die vom öffentlichen Auftraggeber unmittelbar an den Dienstleistungserbringer gezahlt wird.


7 – Urteil vom 1. Februar 2001, Kommission/Frankreich (C‑237/99, Slg. 2001, I‑939, Randnrn. 41 und 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8 – Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114).


9 – Vgl. entsprechend zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge die Richtlinie 92/50, zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge die Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 (ABl. 1977, L 13, S. 5), und zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge die Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 (ABl. L 185, S. 5), zusammen im Folgenden: Vergaberichtlinien.


10 – Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 92/50 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665). Diese Richtlinie wurde zuletzt durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. L 335, S. 31) geändert.


11 – Während Art. 1 der Richtlinie 89/665 ausschließlich die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau- und Lieferverträge betraf, erstreckt sich der Anwendungsbereich der Richtlinie 2007/66 auf öffentliche Dienstleistungsverträge.


12 – Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 195, S. 35) in der Fassung der Richtlinie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 (ABl. L 193, S. 75, im Folgenden: Richtlinie 80/723).


13 – In folgender Reihenfolge: geringer Bedarf für Werbemöglichkeiten (30 %), Schlüssigkeit des Betreiberkonzepts (WC‑Anlagen) (15 %), Plausibilität der Werbekonzepte (10 %), Schlüssigkeit des Sicherheitskonzepts (10 %), Benutzerfreundlichkeit der WC‑Anlagen (10 %), Zweckmäßigkeit der WC‑Anlagen (10 %), Integration der WC‑Anlagen in das Stadtbild (5 %), Ästhetik der WC‑Anlagen (5 %) und Umweltverträglichkeit der WC‑Anlagen (5 %).


14 – Dieses Unternehmen ist kein anderes als die Ströer City-Marketing GmbH, ihr Hauptwettbewerber beim Erhalt der Konzession (im Folgenden: DSM).


15 –      Das vorlegende Gericht bezieht sich auf die Urteile vom 7. Dezember 2000, Telaustria und Telefonadress (C‑324/98, Slg. 2000, I‑10745, Randnrn. 60 bis 62), vom 21. Juli 2005, Coname (C‑231/03, Slg. 2005, I‑7287, Randnrn. 17 bis 22), vom 13. Oktober 2005, Parking Brixen (C‑458/03, Slg. 2005, I‑8585, Randnrn. 46 bis 50), vom 6. April 2006, ANAV (C‑410/04, Slg. 2006, I‑3303, Randnr. 21) und vom 13. September 2007, Kommission/Italien (C‑260/04, Slg. 2007, I‑7083, Randnr. 24).


16 – Das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Finnland und schließlich das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland.


17 – Urteil vom 19. Oktober 1977, Ruckdeschel u.a. (117/76 und 16/77, Slg. 1977, 1753, Randnr. 7).


18 – Vgl. vor allem die Urteile vom 25. November 1986, Klensch u.a. (201/85 und 202/85, Slg. 1986, 3477, Randnr. 9), sowie vom 12. Dezember 2002, Rodríguez Caballero (C‑442/00, Slg. 2002, I‑11915, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).


19 – Urteil Rodríguez Caballero (Randnr. 32).


20 – Ebd., Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung.


21 – Vgl. Urteile vom 22. Juni 1993, Kommission/Dänemark (C‑243/89, Slg. 1993, I‑3353, Randnrn. 37 bis 39), und vom 25. April 1996, Kommission/Belgien (C‑87/94, Slg. 1996, I‑2043, vor allem Randnrn. 51 bis 56). Vgl. auch Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta (C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnr. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22 – Vgl. Urteil Parking Brixen (Randnr. 48).


23 – Vgl. Urteil Kommission/Belgien (Randnrn. 54 bis 56). In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof festgestellt, dass dieser Grundsatz es verbietet, dass ein Auftraggeber eine Änderung der ursprünglichen Angebote eines einzelnen Bieters berücksichtigt, so dass dieser gegenüber seinen Wettbewerbern begünstigt wurde.


24 – Vgl. Urteile Kommission/CAS Succhi di Frutta (Randnr. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie Parking Brixen (Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25 – Urteile Telaustria und Telefonadress (Randnrn. 61 und 62) sowie Parking Brixen, (Randnr. 111).


26 – Urteil vom 26. April 1994, Kommission/Italien (C‑272/91, Slg. 1994, I‑1409).


27 – Wie das Europäische Parlament festgestellt hat, kann die Beachtung dieser Regeln „ein wirksames Instrument zur Vermeidung unzweckmäßiger Wettbewerbsbeschränkungen sein …, das gleichzeitig der öffentlichen Hand erlaubt, die Bedingungen hinsichtlich Qualität, Verfügbarkeit, Sozialstandards und Umweltauflagen selbst zu definieren und zu kontrollieren“ (Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse [P5_TA (2004)0018, Nr. 32]).


28 – Urteil vom 5. Oktober 2000 (C‑337/98, Slg. 2000, I‑8377).


29 – Randnrn. 44 und 46.


30 – Urteil vom 19. Juni 2008 (C‑454/06, Slg. 2000, I‑4401, Randnrn. 35 bis 37 und 40).


31 – Vgl. Urteil vom 18. März 2004, Siemens und ARGE Telekom (C‑314/01, Slg. 2004, I‑2549, Randnrn. 45 und 46) in Bezug auf ein Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe.


32 – Vorlagebeschluss, S. 5 und 6.


33 – Obwohl der Konzessionsvertrag am 20. und 22. Juli 2004 mit der Stadt Frankfurt am Main geschlossen worden ist, hat FES die Klägerin und Streithelferin am 5. Januar bzw. 28. Juli 2005 aufgefordert, Angebote für Werbedienstleitungen und für die Lieferung von WC‑Anlagen vorzulegen. In diesem Stadium wurde die Klägerin als Nachunternehmer verdrängt.


34 – Im vorliegenden Fall lässt sich meines Erachtens den Akten kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass FES einen berechtigten Grund dafür geltend machen könnte, nicht auf die Leistungen des Nachunternehmers zurückzugreifen, den sie in Abgabe ihres Angebots angegeben hat. Wie das vorlegende Gericht ausführt, ist diese Änderung nicht nachvollziehbar, da die Klägerin FES ein weit höheres jährliches Entgelt als die Streithelferin angeboten hat.


35 – Die Voraussetzungen des Art. 2 der Richtlinie 70/723, unter denen eine Körperschaft als „öffentliches Unternehmen“ gilt, stimmen mit den Voraussetzungen des Art. 1 der Richtlinie 92/50, unter denen eine Körperschaft als „öffentlicher Auftraggeber“ gilt, überein.


36 – Vgl. hierzu die Internetseite des Unternehmens: www.fes-frankfurt.de/profil (Rubriken „Profil“ und “Chronik“).


37 – Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen auf institutionalisierte öffentlich-private Partnerschaften (IPPP) vom 5. Februar 2008 (K[2007] 6661).


38 – S. 2.


39 – Seit seinem Urteil vom 11. Januar 2005, Stadt Halle und RPL Lochau (C‑26/03, Slg. 2005, I‑1), betreffend die Erteilung eines öffentlichen Auftrags an eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft befindet der Gerichtshof, dass eine – sei es auch minderheitliche – Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, es auf jeden Fall ausschließt, dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausüben kann wie über seine eigenen Dienststellen (Randnr. 49). Vgl. auch Urteil ANAV Randnrn. 30 bis 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).


40 – Vgl. Urteil vom 11. Juni 2009, Hans & Christophorus Oymanns (C‑300/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


41 – Urteil vom 10. April 2008, Ing. Aigner (C‑393/06, Slg. 2008, I‑2339, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


42 –      Nach einer ständigen Rechtsprechung muss es sich um Aufgaben handeln, die der Staat oder eine Gebietskörperschaft aus Gründen des Allgemeininteresses im Allgemeinen selbst erfüllen oder bei denen er oder sie einen entscheidenden Einfluss behalten möchte (Urteil Ing. Aigner, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat entschieden, dass dies auf die Herstellung amtlicher Druckerzeugnisse wie Reisepässen, Führerscheinen und Personalausweisen (Urteil vom 15. Januar 1998, Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., C‑44/96, Slg. 1998, I‑73), die Unterhaltung der nationalen Wälder (Urteil vom 17. Dezember 1998, Kommission/Irland, C‑353/96, Slg. 1998, I‑8565), den Betrieb einer Universität (Urteil vom 3. Oktober 2000), University of Cambridge, C‑380/98, Slg. 2000, I‑8035) oder auch den Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (Urteil Telaustria und Telefonadress) zutrifft.


43 – Im Urteil vom 12. Dezember 2002, Universale‑Bau u. a. (C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617) hat der Gerichtshof entschieden, dass die Einrichtung nicht zwingend von Beginn an mit dieser Aufgabe betraut gewesen zu sein braucht.


44 – Urteil vom 10. November 1998 (C‑360/96, Slg. 1998, I‑6821).


45 – Randnrn. 51 bis 53.


46 – Ich beziehe mich insbesondere auf die Urteile vom 10. Mai 2001, Agorà und Excelsior (C‑223/99 und C‑260/99, Slg. 2001, I‑3605), vom 17. Februar 2003, Adolf Truley (C‑373/00, Slg. 2003, I‑1931, vom 22. Mai 2003, Korhonen u. a. (C‑18/01, Slg. 2003, I‑5321) und die Urteile BFI Holding, Mannesmann Anlagenbau Austria u. a. sowie Ing. Aigner.


47 – Urteil Ing. Aigner (Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


48–      In dem Urteil vom 27. Februar 2003, Adolf Truley (C‑373/00, Slg. 2003, I‑1931), hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Vorliegen eines entwickelten Wettbewerbs allein nicht auf das Nichtvorliegen einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe nicht gewerblicher Art schließen lässt (Randnr. 61).


49 – Urteil Korhonen u. a. (Randnrn. 55 bis 59).


50 – Nach der Internetseite von FES geht dieses Unternehmen auf das Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung zurück.


51 – Urteile Mannesmann Anlagenbau Austria u. a. (Randnrn. 25, 26 und 31), BFI Holding (Randnrn. 55 und 56), sowie Ing. Aigner (Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).


52 – Siehe Urteil Adolf Truley (Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).


53 – Anzumerken ist, dass die Hauptversammlung von FES Entscheidungen nur mit einer Dreiviertelmehrheit annehmen kann. Wenn die Stadt Frankfurt am Main 51 % der Anteile an diesem Unternehmen hält, ist diese Beteiligung daher nicht ausreichend, um Entscheidungen in der Hauptversammlung allein durchzusetzen.


54 – Randnrn. 21 und 24. In dieser Rechtssache entsprach die öffentliche Zuwendung den Stipendien für Studenten und Subventionen zur Unterstützung der universitären Forschung, nicht aber den als Gegenleistung für von der Universität erbrachte Dienstleistungen vom Staat tatsächlich geleisteten Zahlungen.


55 – Urteil University of Cambridge (Randnr. 25).


56 – Der Aufsichtsrat hat, wie sein Name besagt, die Aufgabe, die Führung der Gesellschaft zu kontrollieren und zu überwachen. Sehr oft kann der Aufsichtsrat eine Zweckmäßigkeits- sowie eine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben, indem er die Prüfungen, die er für erforderlich hält, vornimmt oder indem er der Hauptversammlung seine Feststellungen über die Jahresabschlüsse der Gesellschaft vorlegt. Er kann auch über besondere Befugnisse verfügen, die es ihm z. B. erlauben, die Mitglieder des Vorstands oder dessen Vorsitzenden zu benennen oder sogar die Veräußerung von Beteiligungen zu genehmigen. Der Vorsitzende nimmt im Allgemeinen zwei Funktionen wahr, die Einberufung des Aufsichtsrats und die Überwachung der Debatten. Die Rolle und die Funktionen des Aufsichtsrats sind im Einzelnen gesetzlich geregelt und in der Gesellschaftssatzung festgelegt, die mir nicht vorliegt (vgl. Cozian, M., Viandier, A., und Deboissy, F., Droit des sociétés, 17. Auflage, Litec, Paris, 2004, S. 286 und 287).


57 – Urteil vom 15. April 2008, Impact (C‑268/06, Slg. 2008, I‑2483, Randnrn. 44 und 46 bis 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


58 – Diese vierte Vorlagefrage ist so gefasst, dass ich nicht weiß, ob das vorlegende Gericht damit den zwischen der Stadt Frankfurt am Main und FES oder den zwischen dem Konzessionär und DSM geschlossenen Vertrag anspricht. Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich nämlich, dass die Klägerin nicht die Vergabe der Dienstleistungskonzession durch die Stadt Frankfurt am Main an FES in Frage stellt. Sie begehrt also nicht die Kündigung des mit diesem Unternehmen geschlossenen Konzessionsvertrags. Die Klägerin beanstandet jedoch die Entscheidung, mit der die Stadt Frankfurt am Main auf der Grundlage des § 30 IV des Konzessionsvertrags dem Wechsel des Nachunternehmers zugestimmt hat. Mit ihrer Klage vor dem nationalen Gericht möchte die Klägerin im Wesentlichen dem Vertrag über die Erteilung des Unterauftrags zwischen FES und DSM seine rechtliche Wirkung nehmen. Was das vorlegende Gericht anbelangt, führt dieses in seinem Beschluss aus, die Stadt Frankfurt am Main hätte den Konzessionsvertrag, dessen Änderung sie zugestimmt habe, kündigen müssen.


59 – Loi n° 95‑125 relative à l’organisation des juridictions et à la procédure civile, pénale et administrative (Gesetz Nr. 95-125 über die Gerichtsverwaltung und das Zivil-, Straf- und Verwaltungsverfahren) (JORF vom 9. Februar 1995). Vgl. die Artikel L‑911‑1 bis L‑911‑3 des Code de justice administrative (Verwaltungsgerichtsordnung).


60 – Nach dieser Bestimmung kann ein Vertrag durch eine von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle ganz oder teilweise für unwirksam erklärt werden, wenn er ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben worden ist oder der geschädigte Bieter nicht mehr die Möglichkeit hatte, vor Abschluss des Vertrags Rechtsschutz zu erlangen, oder in dem besonderen Fall eines Auftrags, dem eine Rahmenvereinbarung zugrunde liegt, und bei einem Einzelauftrag, der auf einem dynamischen Beschaffungssystem im Sinne der Richtlinie 2004/18 beruht. Nach Art. 2e, der durch die Richtlinie 2007/66 eingefügt worden ist, können die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes, des Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers und gegebenenfalls des Umfangs, in dem der Vertrag seine Gültigkeit behält, gleichwohl alternative Sanktionen vorsehen In Betracht kommen die Verhängung von Geldbußen bzw. ‑strafen oder eine Verkürzung der Laufzeit des Vertrags.


61 – Urteil vom 18. Juli 2007 (C‑503/04, Slg. 2007, I‑6153, Randnrn. 29 bis 36).


62 – Diese Bestimmung lautet:


      „Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.“


      Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass diese Bestimmung analog bei anderen Beeinträchtigungen (insbesondere bei Beeinträchtigungen des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit, der Persönlichkeit, der Gesundheit und der Freiheit) und bei bestimmtem widerrechtlichen Verhalten angewandt wird.


63 – Vgl. vor allem die Urteile Rodríguez Caballero (Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 27. Februar 2003, Santex (C‑327/00, Slg. 2003, I‑1877, Randnrn. 62 und 63), und vom 13. März 2007, Unibet (C‑432/05, Slg. 2007, I‑2271, Randnr. 44).


64 – Vgl. Urteil Parking Brixen (Randnrn. 48 und 49).


65 – Nach dieser Bestimmung „[kann jeder Vertragsteil] Dauerschuldverhältnisse … aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.“

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