EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62007CC0424

Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 23. April 2009.
Europäische Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Elektronische Kommunikation - Richtlinie 2002/19/EG - Richtlinie 2002/21/EG - Richtlinie 2002/22/EG - Netze und Dienste - Nationale Regulierung - Neue Märkte.
Rechtssache C-424/07.

European Court Reports 2009 I-11431

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:252

Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

1. Der Telekommunikationssektor wird durch einen gemeinschaftlichen Rechtsrahmen geregelt, mit dem verschiedene Ziele verfolgt werden, darunter namentlich die Wahrung des Wettbewerbs. Es wurde eine spezielle institutionelle Regelung geschaffen, innerhalb deren nationalen Regulierungsbehörden Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Zielen zugewiesen sind und diese Behörden befugt sind, bei Bedarf zu intervenieren, indem sie Telekommunikationsbetreibern mit beträchtlicher Marktmacht Verpflichtungen auferlegen.

2. Im vorliegenden Fall geht es im Wesentlichen um den Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens. Es geht erstens um die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Regulierungstätigkeit auf sensiblen – d. h. neuen – Märkten zu beschränken, und zweitens um ihre Möglichkeit, die Intervention nationaler Regulierungsbehörden im Hinblick auf bestimmte Regulierungsziele wie die Förderung von Investitionen und Innovationen zu lenken.

I – Tatsächlicher und rechtlicher Hintergrund

3. Folgende Rechtsakte des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens für den Telekommunikationssektor sind für den vorliegenden Fall relevant: die Rahmenrichtlinie(2), die Zugangsrichtlinie(3) und die Universaldienstrichtlinie(4) .

4. Das streitgegenständliche deutsche Gesetz ist das Telekommunikationsgesetz(5) (im Folgenden: TKG). In weiten Teilen dient das TKG zwar der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens, es wurde aber auch durch zwei, die neuen Märkte betreffende Vorschriften geändert(6), die Anlass zum vorliegenden Rechtsstreit gegeben haben.

5. Gemäß diesen Vorschriften zur Änderung des TKG werden neue Märkte von der Regulierung freigestellt, sofern sie nicht für einen nachhaltigen Wettbewerb erforderlich ist. Darüber hinaus ist in den Vorschriften bestimmt, dass die deutsche Regulierungsbehörde(7) bei der Prüfung der Regulierungsbedürftigkeit insbesondere das Ziel der Förderung von Infrastrukturinvestitionen und Innovationen zu berücksichtigen hat.

6. Bei der Darstellung des Hintergrunds des vorliegenden Falls werde ich die Beschreibung der einschlägigen Bestimmungen des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens gliedern in die regulatorischen Ziele (A) und die verfahrensrechtlichen Bereiche: Transparenzregelung, Verfahren der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission, Marktdefinition und Marktanalyse (B). Anschließend werde ich das TKG näher beschreiben (C). Schließlich werde ich kurz auf einige das Vorverfahren betreffende Vorgänge eingehen (D).

A – Ziele des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens

7. Nach Art. 7 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie haben die nationalen Regulierungsbehörden bei der Erfüllung ihrer durch den gemeinschaftlichen Rechtsrahmen festgelegten Aufgaben den in Art. 8 genannten Zielen „weitestgehend“ Rechnung zu tragen.

8. Nach Art. 8 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie „sorgen“ die Mitgliedstaaten „dafür“, dass die nationalen Regulierungsbehörden alle angezeigten und in angemessenem Verhältnis stehenden Maßnahmen treffen, die diesen Zielen dienen.

9. Sodann findet sich in Art. 8 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie eine erste Liste von Zielen, die die Wahrung des Wettbewerbs betreffen:

„Die nationalen Regulierungsbehörden fördern den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste, indem sie unter anderem

a) sicherstellen, dass die Nutzer, einschließlich behinderte Nutzer, größtmögliche Vorteile in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität genießen;

b) gewährleisten, dass es keine Wettbewerbsverzerrungen oder ‑beschränkungen im Bereich der elektronischen Kommunikation gibt;

c) effiziente Infrastrukturinvestitionen fördern und die Innovation unterstützen;

d) für eine effiziente Nutzung der Funkfrequenzen und der Nummerierungsressourcen sorgen und deren effiziente Verwaltung sicherstellen.“

10. Art. 8 Abs. 3 und 4 der Rahmenrichtlinie enthält zwei weitere Listen von Zielen, die auf die weitere Förderung des Binnenmarkts bzw. den Schutz der Interessen der Bürger der Gemeinschaft ausgerichtet sind.

11. Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie und Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie verweisen auf die Ziele der Rahmenrichtlinie. Diese Ziele wiederum rechtfertigen die in den genannten Vorschriften bezeichneten Verpflichtungen, die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegt werden können.(8)

12. Nach Art. 15 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie hat die Kommission den Auftrag, Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht(9) (im Folgenden: Leitlinien der Kommission) festzulegen, „die mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts in Einklang stehen müssen“. 

13. Gemäß Erwägungsgrund 27 der Rahmenrichtlinie sollen die Leitlinien der Kommission die Frage der Auferlegung von Verpflichtungen auf neuen Märkten im Wege der Regulierung behandeln:

„In diesen Leitlinien [der Kommission] ist auch die Frage neu entstehender Märkte zu behandeln, auf denen der Marktführer über einen beträchtlichen Marktanteil verfügen dürfte, ohne dass ihm jedoch unangemessene Verpflichtungen auferlegt werden sollten.“

14. Diese Frage neuer Märkte wird in Nr. 32 der Leitlinien der Kommission behandelt, in der zunächst die Formulierung aus Erwägungsgrund 27 der Rahmenrichtlinie wiederholt und dann um folgende Ausführungen ergänzt wird:

„Eine verfrühte Ex-ante-Regulierung könnte die Wettbewerbsbedingungen auf einem neu entstehenden Markt unverhältnismäßig stark beeinflussen. Gleichzeitig sollte jedoch auf solchen neu entstehenden Märkten ein Wettbewerbsausschluss durch das führende Unternehmen verhindert werden. Unbeschadet der Tatsache, dass eine Intervention der Wettbewerbsbehörden in Einzelfällen gerechtfertigt sein mag, sollten die [nationalen Regulierungsbehörden] sicherstellen, dass sie jede Form einer frühen Ex-ante-Intervention auf einem neu entstehenden Markt begründen können, insbesondere da sie im Rahmen der regelmäßigen Neubewertung der relevanten Märkte die Möglichkeit haben, auch noch zu einem späteren Zeitpunkt zu intervenieren.“

15. Nach Art. 15 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie hat die Kommission auch eine Empfehlung(10) (im Folgenden: Empfehlung der Kommission) zu erlassen, in der „im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts“ diejenigen Märkte aufgeführt sind, auf denen Verpflichtungen nach der Zugangsrichtlinie und der Universaldienstrichtlinie auferlegt werden können.

16. In Erwägungsgrund 15 der Empfehlung der Kommission heißt es in Bezug auf die Auferlegung von Verpflichtungen auf neuen Märkten im Wege der Regulierung:

„[N]eue und sich abzeichnende Märkte, auf denen Marktmacht aufgrund von ‚Vorreitervorteilen‘ besteht, [kommen] grundsätzlich nicht für eine Vorabregulierung in Betracht.“

B – Transparenzregelung, Verfahren der Zusammenarbeit, Marktdefinition und Marktanalyse

17. Art. 6 der Rahmenrichtlinie schafft eine Transparenzregelung zugunsten interessierter Parteien. In der Regel müssen die nationalen Regulierungsbehörden diesen Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf von Maßnahmen geben, die von ihnen organisierten Anhörungsverfahren veröffentlichen und deren Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich machen.

18. Art. 7 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie sieht ein Verfahren zur Kooperation der nationalen Regulierungsbehörden miteinander und mit der Kommission vor, um die „kohärente Anwendung“ des Rechtsrahmens zu gewährleisten.

19. In Art. 7 Abs. 3 und 5 der Rahmenrichtlinie ist die Form der Zusammenarbeit näher bestimmt. Soweit eine nationale Regulierungsbehörde beabsichtigt, u. a. von Art. 15 oder Art. 16 der Rahmenrichtlinie erfasste Maßnahmen zu ergreifen, die Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben werden, hat sie die übrigen nationalen Regulierungsbehörden und die Kommission zu unterrichten. Sie hat den übrigen nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission den Entwurf der Maßnahmen zusammen mit einer Begründung zur Verfügung zu stellen. Die nationale Regulierungsbehörde hat diese Stellungnahmen zu prüfen und die Maßnahme im Falle ihrer Annahme der Kommission zu übermitteln.

20. Gegenstand der Art. 15 und 16 der Rahmenrichtlinie sind Marktdefinition und Marktanalyse, auf die das Kooperationsverfahren Anwendung findet.

21. Art. 15 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie regelt die Marktdefinition durch die nationalen Regulierungsbehörden:

„Die nationalen Regulierungsbehörden legen unter weitestgehender Berücksichtigung der Empfehlung [der Kommission] und der Leitlinien [der Kommission] die relevanten Märkte entsprechend den nationalen Gegebenheiten – insbesondere der innerhalb ihres Hoheitsgebiets relevanten geografischen Märkte – im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts fest. …“

22. Nach Art. 16 Abs. 1 und 2 der Rahmenrichtlinie führen die nationalen Regulierungsbehörden nach erfolgter Definition eine Analyse der relevanten Märkte unter Berücksichtigung der Leitlinien der Kommission (gegebenenfalls mit Beteiligung der übrigen nationalen Wettbewerbsbehörden) durch. Wenn eine nationale Regulierungsbehörde eine Entscheidung über eine Verpflichtung gemäß der Zugangsrichtlinie oder der Universaldienstrichtlinie treffen muss, ermittelt sie, ob auf dem Markt wirksamer Wettbewerb herrscht.

23. Art. 16 Abs. 3 und 4 der Rahmenrichtlinie regelt den Fall, dass die nationale Regulierungsbehörde eine Feststellung zu der Frage getroffen hat, ob auf dem Markt wirksamer Wettbewerb herrscht. Kommt sie zu dem Schluss, dass dies der Fall ist, darf sie die in Art. 16 Abs. 2 bezeichneten Verpflichtungen weder auferlegen noch beibehalten; gegebenenfalls bestehende Verpflichtungen sind aufzuheben. Kommt die nationale Regulierungsbehörde zu dem Ergebnis, dass kein wirksamer Wettbewerb herrscht, ermittelt sie Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und erlegt diesen Unternehmen Verpflichtungen auf bzw. ändert diese oder behält diese bei.

24. Nach Art. 7 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie ist die Kommission berechtigt, bestimmte Maßnahmen der nationalen Regulierungsbehörden zu blockieren. Dies gilt für Maßnahmen, mit denen ein anderer Markt als die in der Empfehlung der Kommission festgestellten Märkte definiert wird oder mit denen festgelegt wird, inwieweit ein Unternehmen eine beträchtliche Marktmacht gemäß u. a. Art. 16 Abs. 3 und 4 hat; weitere Voraussetzung ist, dass die Maßnahmen Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hätten. Darüber hinaus hat die Kommission zu erklären, dass der Maßnahmenentwurf ein Hemmnis für den Binnenmarkt schaffen würde oder dass sie ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere den in Art. 8 genannten Zielen hat. In diesem Fall wird der Maßnahmenentwurf zunächst aufgeschoben, und die nationale Regulierungsbehörde ist – falls die Kommission dies beschließt – gezwungen, die Maßnahme zurückzuziehen, falls eine Annahme mit vorgeschlagenen spezifischen Änderungen nicht möglich ist.

25. In Art. 7 Abs. 6 ist ein Dringlichkeitsverfahren vorgesehen, das bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände für die vorstehend beschriebene Kooperationsregelung gilt.

C – TKG

26. In § 2 TKG sind die gesetzgeberischen Ziele aufgeführt, wozu im Wesentlichen die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie genannten Ziele der Regulierung gehören.

27. Nach § 9 Abs. 1 und 2 TKG unterliegen der Marktregulierung Märkte, auf denen die Voraussetzungen des § 10 vorliegen und für die eine Marktanalyse nach § 11 ergeben hat, dass kein wirksamer Wettbewerb vorliegt. Unternehmen, die auf diesen Märkten über beträchtliche Marktmacht verfügen, werden durch die deutsche Regulierungsbehörde regulatorische Maßnahmen auferlegt.

28. In § 10 Abs. 2 TKG sind die Marktgegebenheiten beschrieben, bei deren Vorliegen eine Regulierung in Betracht kommt (beträchtliche Marktzutrittsschranken, anhaltende strukturelle Beeinträchtigungen wirksamen Wettbewerbs und unzureichende Abhilfe durch das Wettbewerbsrecht). Die deutsche Regulierungsbehörde bestimmt diese Märkte unter Berücksichtigung der Empfehlung der Kommission.

29. § 11 Abs. 1 TKG betrifft die Prüfung, ob wirksamer Wettbewerb herrscht (wirksamer Wettbewerb besteht nicht, wenn ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen). Die deutsche Regulierungsbehörde führt diese Marktanalyse unter Berücksichtigung der Leitlinien der Kommission durch.

30. Mit § 12 TKG wird ein Verfahren geschaffen, das im Wesentlichen der Transparenz- und Kooperationsregelung der Art. 6 und 7 der Rahmenrichtlinie entspricht. Gemäß den §§ 10 Abs. 3 und 11 Abs. 3 TKG hat die deutsche Regulierungsbehörde im Rahmen dieses Verfahrens die Ergebnisse ihrer Marktdefinition und Marktanalyse der Kommission vorzulegen, sofern sie Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten haben.

31. Wie erwähnt, erfuhr das TKG zwei Änderungen, die neue Märkte betreffen. Offenbar hatte sich vor Erlass dieser Änderungen der etablierte deutsche Telekommunikationsbetreiber (Deutsche Telekom) dafür eingesetzt, das Breitbandnetz, dessen Bau er plante, von Regulierungseingriffen (nämlich Zwangszugang zu regulierten Preisen) freizustellen.

32. Dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sowohl in ihren Schriftsätzen als auch in der mündlichen Verhandlung lässt sich entnehmen, dass die sogenannten „Regulierungsferien“ für neue Märkte in der deutschen Öffentlichkeit diskutiert worden waren. Im Rahmen dieser Diskussion wurden Stimmen laut, die die Vereinbarkeit einer vorbehaltlosen Freistellung mit dem Gemeinschaftsrecht in Frage stellten. Aus dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten ist jedoch nicht erkennbar, ob sich eine bestimmte Auffassung durchgesetzt und die Änderungen des TKG entscheidend beeinflusst hat.

33. Die erste Änderung des TKG erfolgte mit § 3 Nr. 12b, der eine Definition des Begriffs „neuer Markt“ enthält:

„‚neuer Markt‘ [ist] ein Markt für Dienste und Produkte, die sich von den bislang vorhandenen Diensten und Produkten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Reichweite, Verfügbarkeit für größere Benutzerkreise (Massenmarktfähigkeit), des Preises oder der Qualität aus Sicht eines verständigen Nachfragers nicht nur unerheblich unterscheiden und diese nicht lediglich ersetzen“.

34. Die zweite Änderung des TKG erfolgt mit § 9a, dessen Abs. 1 den Grundsatz einführt, dass neue Märkte nicht der Regulierung unterliegen, und dessen Abs. 2 eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthält:

„(1) Vorbehaltlich des nachfolgenden Absatzes unterliegen neue Märkte grundsätzlich nicht der Regulierung nach Teil 2.

(2) Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass bei fehlender Regulierung die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes im Bereich der Telekommunikationsdienste oder -netze langfristig behindert wird, kann die [deutsche Regulierungsbehörde] einen neuen Markt abweichend von Absatz 1 nach den Bestimmungen der §§ 9, 10, 11 und 12 der Regulierung nach Teil 2 unterwerfen. Bei der Prüfung der Regulierungsbedürftigkeit und der Auferlegung von Maßnahmen berücksichtigt die [deutsche Regulierungsbehörde] insbesondere das Ziel der Förderung von effizienten Infrastrukturinvestitionen und die Unterstützung von Innovationen.“

35. Diese Änderungen traten am 18. Februar 2007 in Kraft.

D – Vorverfahren

36. Am 20. Dezember 2006 beschloss die Kommission nach Kontakten mit Deutschland wegen der Ergänzungen des TKG, jedoch noch vor deren Inkrafttreten, das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen.

37. Mit Aufforderungsschreiben vom 26. Februar 2007 an Deutschland äußerte die Kommission ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Ergänzungen des TKG mit dem gemeinschaftlichen Rechtsrahmen. Am selben Tag gab sie außerdem eine Pressemitteilung heraus, in der es hieß, dass die Kommission „beabsichtigt, den Fall so schnell wie möglich vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen“.

38. Da die Kommission die Antworten Deutschlands auf das Aufforderungsschreiben und auf die anschließende mit Gründen versehene Stellungnahme nicht für zufriedenstellend hielt, hat sie die vorliegende Klage nach Art. 226 EG erhoben.

II – Zulässigkeit

39. Deutschland bezweifelt die Zulässigkeit der vorliegenden Klage. Es rügt erstens, dass die Kommission die Eröffnung des Vertragsverletzungsverfahrens bereits vor Inkrafttreten der Ergänzungen des TKG beschlossen habe.

40. Dieser Umstand ist jedoch unerheblich. Das Aufforderungsschreiben der Kommission ist Deutschland nach Inkrafttreten der Ergänzungen des TKG zugegangen. Damit wurde Deutschland gemäß Art. 226 EG Gelegenheit gegeben, sich zu einer Vertragsverletzung zu äußern, die dem Schreiben zufolge bereits bestand.(11)

41. Zweitens macht Deutschland eine Missachtung seiner Verteidigungsrechte geltend, da die Kommission in einer auf denselben Tag wie das Aufforderungsschreiben datierten Pressemitteilung ihre Absicht erklärt habe, die vorliegende Klage so schnell wie möglich beim Gerichtshof zu erheben.

42. Das ungestüme Vorgehen der Kommission ist bedauerlich, insbesondere angesichts ihrer Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten.(12) Daraus lässt sich aber noch nicht der Schluss ziehen, dass die Kommission die spätere Äußerung Deutschlands in Beantwortung des Aufforderungsschreibens und der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht gebührend berücksichtigt hätte. Die vorliegende Klage ist daher zulässig.

III – Würdigung

43. Durch die Änderungen des TKG hat Deutschland die Regulierungsmöglichkeiten auf neuen Märkten beschränkt. § 3 Nr. 12b enthält zunächst eine Definition des Begriffs „neuer Markt“. Sodann werden diese Märkte nach § 9a Abs. 1 TKG grundsätzlich von der Regulierung freigestellt. Gemäß § 9a Abs. 2 TKG findet eine Regulierung nur statt, wenn ohne sie der Wettbewerb langfristig behindert würde; bei der Prüfung der Regulierungsbedürftigkeit hat die deutsche Regulierungsbehörde – insbesondere bei der Auferlegung von Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht – Anreize für Investitionen und Innovationen besonders zu berücksichtigen.

44. Nach Auffassung der Kommission hat Deutschland aufgrund der §§ 3 Nr. 12b und 9a TKG seine Verpflichtungen aus mehreren Bestimmungen des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens verletzt, nämlich aus den Art. 6, 7, 8 Abs. 1 und 2, 15 Abs. 3 und 16 der Rahmenrichtlinie, Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie sowie Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie.

45. Diese gerügten Verletzungen lassen sich in zwei Problemkreise unterteilen: erstens die materiell-rechtlichen Wirkungen der Regulierungsbeschränkung und zweitens die sich daraus ergebenden verfahrensrechtlichen Folgen.

46. Die materiell-rechtlichen Fragen betreffen den Gestaltungsspielraum Deutschlands bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens:

– Darf Deutschland eine grundsätzliche Freistellung neuer Märkte von der Regulierung vorsehen?

– Darf Deutschland das Ermessen der deutschen Regulierungsbehörde insoweit einschränken, als bei einer Intervention auf neuen Märkten vorrangig ein bestimmtes Regulierungsziel zu berücksichtigen ist?

47. Bei den verfahrensrechtlichen Fragen geht es darum, inwieweit die Änderungen des TKG in den Entscheidungsfindungsprozess der deutschen Regulierungsbehörde bezüglich einer Intervention gemäß dem gemeinschaftlichen Rechtsrahmen eingreifen – die Transparenzregelung, das Verfahren der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission, Marktdefinition und Marktanalyse.

48. Einer Untersuchung dieser verfahrensrechtlichen Fragen bedarf es allerdings nur dann, wenn der Gerichtshof zuvor bei der Prüfung der materiell-rechtlichen Fragen zu dem Ergebnis kommt, dass sich Deutschland bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt hat. Wenn nicht, sind weitere Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit diesen verfahrensrechtlichen Fragen nicht mehr relevant.

49. Ich werde daher zunächst die materiell-rechtlichen Fragen untersuchen.

A – Zur gerügten Verletzung durch eine grundsätzliche Freistellung neuer Märkte von der Regulierung

50. Nach § 9a Abs. 1 TKG gilt der Grundsatz, dass neue Märkte nicht der Regulierung unterliegen, es sei denn, die in § 9a Abs. 2 genannten Voraussetzungen sind erfüllt. Nach Angaben der Kommission bezweckt dieser Grundsatz die Begünstigung von Investitionen des etablierten deutschen Telekommunikationsbetreibers in ein Breitbandnetz, weil diesem danach keine regulatorischen Eingriffe mehr drohen würden.

51. Der Gerichtshof hat bereits in einer früheren Entscheidung festgestellt, dass sich durch Eingriffe in private Einrichtungen der Anreiz mindert, die Einrichtungen überhaupt erst zu entwickeln. Dies ist der Grund, warum eine Zwangsverpflichtung zur Gewährung von Zugang zu einer Einrichtung (als Abhilfe bei einer missbräuchlichen Leistungsverweigerung) gemäß Art. 82 EG nur unter den strengsten Voraussetzungen angemessen ist.(13) Dies ist ferner der Grund, warum im Rahmen der gemeinschaftlichen Regulierung des Telekommunikationssektors eine Verpflichtung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Gewährung von Zugang verhältnismäßig und aufgrund der Wettbewerbssituation tatsächlich geboten sein muss.(14)

52. Daher lässt sich feststellen, dass die mit einer Regulierung verbundenen Eingriffsmöglichkeiten die Anreize für Infrastruktur- und Innovationsinvestitionen mindern.(15) Deshalb ist es durchaus verständlich, dass der etablierte Telekommunikationsbetreiber einer Regulierung nicht positiv gegenübersteht, und falls Deutschland an der Förderung von Investitionen in die Telekommunikationsinfrastruktur gelegen ist, wäre es gut beraten, diesen Bedenken Rechnung zu tragen. Letztlich geht es um eine politische Entscheidung: Soll die Regulierung eingeschränkt und sollen die mit beträchtlicher Marktmacht einhergehenden Folgen geduldet werden, um Infrastrukturinvestitionen zu begünstigen?

53. Normalerweise wäre Deutschland eine solche politische Entscheidung ohne Weiteres gestattet – nicht jedoch, wenn eine gemeinschaftliche Regulierung des Telekommunikationssektors vorgesehen ist. Hier hat der Gemeinschaftsgesetzgeber bereits entschieden, diesen Sektor der Regulierung zu unterwerfen – mit all den damit verbundenen Eingriffsmöglichkeiten.(16)

54. Der Telekommunikationssektor umfasst zweifellos auch die neuen Märkte im Sinne von § 3 Nr. 12b TKG. Deutschland kann daher die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers nicht rückgängig machen und diese neuen Märkte grundsätzlich von der Regulierung freistellen.

55. Allerdings macht Deutschland geltend, der Grundsatz, dass neue Märkte nicht der Regulierung unterliegen, sei eigentlich bereits im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen verankert.

56. Das ist nicht der Fall. Erwägungsgrund 27 weist lediglich darauf hin, dass auf neuen Märkten keine „unangemessenen Verpflichtungen“ auferlegt werden sollten.(17) Nur die Kommission äußert sich – zunächst in ihren Leitlinien und dann in ihrer Empfehlung – näher zu diesem Punkt. Zwar sollten nach der Empfehlung der Kommission neue Märkte nicht der Regulierung unterworfen werden, jedoch enthalten meines Erachtens die Leitlinien der Kommission eine bessere und vollständigere Darstellung der einschlägigen Problematik.

57. In den Leitlinien der Kommission heißt es, dass Regulierung die sich herausbildenden Verhältnisse neuer Märkte stören könne; gleichzeitig dürfe es jedoch auf diesen Märkten nicht von vornherein zu einem Wettbewerbsausschluss durch Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht kommen. Dies begründe eine besondere Sorgfaltspflicht der nationalen Regulierungsbehörden bei Eingriffen auf diesen Märkten, insbesondere angesichts der Möglichkeit, eine Intervention solange aufzuschieben, bis sich die Wettbewerbsbedingungen stabilisiert hätten. Auch die Empfehlung der Kommission mit ihrer Bezugnahme auf durch Marktmacht erworbene „Vorreitervorteile“ ist in diesem Sinne zu verstehen.

58. Bezüglich der Freistellung neuer Märkte von der Regulierung ergibt sich daher, dass der Schritt von einer lediglich zurückhaltenden Empfehlung zu einem verbindlichen Rechtsgrundsatz vom Gemeinschaftsgesetzgeber nicht beabsichtigt war.

59. Demzufolge darf Deutschland neue Märkte nicht grundsätzlich von der Regulierung freistellen, wie dies mit § 9a Abs. 1 TKG geschehen ist.

B – Zur gerügten Verletzung durch Einschränkung des Ermessens der deutschen Regulierungsbehörde aufgrund der vorgeschriebenen vorrangigen Berücksichtigung eines bestimmten Regulierungsziels

60. Deutschland macht jedoch geltend, es habe eine allgemeine Regulierungsbefreiung gar nicht vorgenommen. § 9a TKG sei im Lichte seines Abs. 2 zu verstehen, in dem die Voraussetzungen für eine Regulierung aufgeführt seien – Abs. 1 greife lediglich bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen ein. Insoweit werde die Intervention der deutschen Regulierungsbehörde in neuen Märkten einfach nur gelenkt oder – wie Deutschland es formuliert – „vorstrukturiert“.

61. Entscheidend bei dieser „Vorstrukturierung“ ist die Hervorhebung des Ziels der Investitions- und Innovationsförderung in § 9a Abs. 2 TKG.(18) Dieses Ziel entspricht Art. 8 Abs. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie; allerdings kommen daneben die übrigen in Art. 8 der Rahmenrichtlinie aufgeführten Ziele auf dem Weg über § 2 TKG weiterhin zur Anwendung. Nach Auffassung Deutschlands können die Ziele des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens in verschiedener Weise gewichtet werden, wobei der Gesetzgeber der deutschen Regulierungsbehörde eine „Weisung“ erteilt habe, wie diese Gewichtung vorgenommen werden müsse, nämlich indem ein bestimmtes Ziel vorrangig zu berücksichtigen sei.(19)

62. Deutschland trägt vor, dass sich derartige Weisungen innerhalb des bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens bestehenden Gestaltungsspielraums hielten.(20) Somit stellt sich die Frage, wem nach dem gemeinschaftlichen Rechtsrahmen die Abwägung der verschiedenen Ziele zugewiesen ist: dem nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung des Rahmens oder den nationalen Regulierungsbehörden bei ihren konkreten Beurteilungen?

63. Ich muss betonen, dass die Antwort auf diese Frage nicht von dem jeweils verfolgten Ziel abhängt. Es mag durchaus sein, dass Deutschland recht hat und dass auf neuen Märkten den Infrastruktur- und Innovationsanreizen besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist. Es ergeben sich jedoch unterschiedliche Konsequenzen je nachdem, ob diese Abwägung dem nationalen Gesetzgeber oder den nationalen Regulierungsbehörden zugewiesen wird. Die mit dem gemeinschaftlichen Rechtsrahmen erfolgte Einrichtung der nationalen Regulierungsbehörden und ihre Ausstattung mit besonderen Befugnissen haben einen bestimmten Grund: Sie sollen von individuellen Interessen unbeeinflusst sein und ihre Entscheidungen ausschließlich anhand der durch den Rechtsrahmen geschaffenen Kriterien treffen.

64. Daher meine ich, dass die Abwägung zwischen den Zielen des Rechtsrahmens den nationalen Regulierungsbehörden zusteht. Nach Art. 8 der Rahmenrichtlinie ist die Aufgabe, diese Ziele zu verfolgen – und dementsprechend die Abwägung zwischen ihnen –, ausdrücklich den nationalen Regulierungsbehörden und nicht dem nationalen Gesetzgeber zugewiesen.

65. Auf diese Weise ergibt sich eine institutionelle Regelung, bei der sich die Rolle des nationalen Gesetzgebers darauf beschränkt, dafür zu sorgen, dass die nationalen Regulierungsbehörden alle erforderlichen Maßnahmen zur Verfolgung dieser Ziele treffen, wie dies der Gerichtshof mehrfach bestätigt hat.(21) Selbst die institutionelle Autonomie der Mitgliedstaaten bei der Organisation und Strukturierung der nationalen Regulierungsbehörden ist dieser Zielverfolgung untergeordnet.(22)

66. Damit wird außerdem davon ausgegangen, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Vornahme konkreter Beurteilungen am besten in der Lage sind, zu entscheiden, wie die Abwägung der verschiedenen Ziele vorzunehmen ist, um ihnen optimale Geltung zu verschaffen. Mit anderen Worten: Die Entscheidung eines nationalen Gesetzgebers, dass ein bestimmtes Ziel vorrangig zu berücksichtigen ist, greift praktisch in die vom Gemeinschaftsgesetzgeber vorgesehenen Modalitäten der konkreten Marktbeurteilung ein, die nämlich von den nationalen Regulierungsbehörden unter Berücksichtigung der verschiedenen Ziele im jeweiligen Einzelfall vorgenommen werden soll. Das Fehlen einer Regelung zur Festlegung einer Rangfolge der im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen genannten Ziele und das sich aus diesem Fehlen zwangsläufig ergebende Ermessen der nationalen Regulierungsbehörden waren daher vom Gemeinschaftsgesetzgeber genau beabsichtigt.

67. Daher darf Deutschland das der deutschen Regulierungsbehörde bei der Intervention auf neuen Märkten zustehende Ermessen nicht durch Vorgaben wie die in § 9a Abs. 2 TKG normierten einschränken, wonach ein bestimmtes Regulierungsziel vorrangig zu berücksichtigen ist.(23)

68. Deutschland hat daher seine Verpflichtungen aus den Vorschriften verletzt, in denen die Ziele des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens aufgeführt sind bzw. in denen auf diese Ziele Bezug genommen wird: Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 der Rahmenrichtlinie, Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie sowie Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie.(24)

C – Zu den gerügten Verletzungen betreffend die Transparenzregelung, das Verfahren der Zusammenarbeit, Marktdefinition und Marktanalyse

69. Alle übrigen von der Kommission angeführten Bestimmungen betreffen verfahrensrechtliche Vorgänge im Vorfeld der Entscheidung der deutschen Regulierungsbehörde über eine etwaige Intervention, die im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen geregelt sind: die Transparenzregelung, das Verfahren der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission, Marktdefinition und Marktanalyse.

70. Da bereits festgestellt wurde, dass die Änderungen des TKG hinsichtlich der Interventionsmöglichkeiten der deutschen Regulierungsbehörde über den Deutschland zustehenden Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens hinausgehen, kommt es auf die Frage, ob Deutschland mit diesen Änderungen auch seine Verpflichtungen bezüglich der genannten verfahrensrechtlichen Angelegenheiten verletzt hat, nicht mehr an.

IV – Ergebnis

71. Demnach schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland durch den Erlass der §§ 3 Nr. 12b und 9a zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 der Rahmenrichtlinie, Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie sowie Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie verstoßen hat.

(1) .

(2)  – Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33).

(3)  – Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7).

(4)  – Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 1).

(5)  – Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190).

(6)  – Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vom 18. Februar 2007 (BGBl. I S. 106).

(7)  – Die Bundesnetzagentur.

(8)  – Es lohnt sich, einige dieser Verpflichtungen aufzuzählen, um sich die wirtschaftlichen Folgen vor Augen zu führen, die sich daraus für die Adressaten ergeben können: Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie verweist u. a. auf die Verpflichtungen zur Gewährung von Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und zur Gestattung von deren Nutzung sowie auf die Verpflichtung zur Preiskontrolle und Kostenrechnung; Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie umfasst Verpflichtungen, die zu Obergrenzen bei Endnutzerpreisen, Kontrolle von Einzeltarifen oder zu kostenorientierten Tarifen oder Preisen von vergleichbaren Märkten führen können.

(9)  – Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (ABl. 2002, C 165, S. 6).

(10)  – Empfehlung der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinschaftlichen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 114, S. 45).

(11)  – Vgl. Urteil vom 15. Februar 2001, Kommission/Frankreich (C‑230/99, Slg. 2001, I‑1169, Randnr. 32).

(12)  – Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Mischo in der Rechtssache Kommission/Irland (C‑120/01, Beschluss vom 9. September 2002, Slg. 2002, I‑6739, Nr. 50).

(13)  – Nämlich dann, wenn jeglicher Wettbewerb ausgeschaltet würde, vgl. Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, Slg. 1998, I‑7791, Randnr. 41), sowie zu der Wirkung von Anreizen die Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in jener Rechtssache, Nr. 57.

(14)  – Vgl. Urteil vom 13. November 2008, Kommission/Polen (C‑227/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnrn. 40 bis 44), sowie Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in jener Rechtssache, Nrn. 38 f., wo es heißt, dass „die Marktwirtschaft nicht ohne Grund beschränkt werden [kann]“.

(15)  – Insbesondere im Vergleich mit den Eingriffsmöglichkeiten im Rahmen der allgemeinen Regelung des Wettbewerbsrechts.

(16)  – Damit ist nicht gesagt, dass Regulierung für Investitions- und Innovationsanreize nicht aufgeschlossen wäre; vielmehr fließen diese Gesichtspunkte über Art. 8 Abs. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie in den gemeinschaftlichen Rechtsrahmen ein, wie dies unten erörtert wird.

(17)  – Zum Auslegungswert von Erwägungsgründen vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Kommission/Griechenland (C‑250/07, anhängig, Nr. 15).

(18)  – Eine weitere in § 9a Abs. 2 TKG genannte Voraussetzung, die die Aufmerksamkeit der Kommission auf sich gezogen hat, ist die Behinderung der Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Markts bei fehlender Regulierung. Diese Voraussetzung findet sich jedoch auch in § 10 Abs. 2 TKG (anhaltende strukturell bedingte Behinderungen wirksamen Wettbewerbs), der überwiegend Erwägungsgrund 9 der Empfehlung der Kommission wiedergibt und mit dem Erfordernis eines verhältnismäßigen und korrekten Einsatzes von Regulierung in Einklang stehen dürfte (vgl. die Nachweise oben, Fn. 14).

(19)  – In der mündlichen Verhandlung hat Deutschland nuancierter argumentiert: § 9a Abs. 2 TKG sei erforderlich, um eine gerichtliche Überprüfung der Ermessensbefugnis der deutschen Regulierungsbehörde zu ermöglichen. Eine auf ein Ziel beschränkte gerichtliche Überprüfung ist jedoch gleichbedeutend mit einer Weisung, diesem Ziel Priorität gegenüber anderen Zielen beizumessen.

(20)  – Dies bezieht sich auf verbindliche Weisungen. Zu beachten ist, dass die §§ 10 Abs. 2 und 11 Abs. 1 TKG bereits auf die Empfehlung der Kommission und die Leitlinien der Kommission verweisen und damit die Anwendung der darin ausgesprochenen unverbindlichen Empfehlungen auf neue Märkte erlauben.

(21)  – Vgl. Urteile vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7 (C‑380/05, Slg. 2008, I‑349, Randnr. 81), und Kommission/Polen, in Fn. 14 angeführt, Randnr. 63. Im Urteil vom 10. Januar 2008, Kommission/Finnland (C‑387/06, Slg. 2008, I‑1, Randnr. 23), hat der Gerichtshof entschieden, dass die Kommission zum Nachweis, dass die Verfolgung der Regulierungsziele nach Art. 8 der Rahmenrichtlinie behindert worden sei, das gesamte Spektrum der Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörde detailliert anzugeben habe. Ähnlich hat der Gerichtshof auch im Urteil Kommission/Polen, in Fn. 14 angeführt, Randnr. 66, festgestellt, dass der nationalen Regulierungsbehörde bei der Verfolgung der in Art. 8 der Rahmenrichtlinie genannten Ziele „weitgehende Interventionsmöglichkeiten“ eingeräumt seien.

(22)  – Vgl. Urteil vom 6. März 2008, Comisión del Mercado de las Telecomunicaciones (C‑82/07, Slg. 2008, I‑1265, Randnr. 24).

(23)  – Auch das Urteil Kommission/Polen, in Fn. 14 angeführt, Randnrn. 42 bis 44, spricht für dieses Ergebnis. In jenem Fall hat der Gerichtshof eine Entscheidung Polens, den Zugang zu Netzinfrastrukturen durch Außerachtlassung der konkreten Wettbewerbsbedingungen zu begünstigen, als unzureichende Umsetzung der Zugangsrichtlinie und insbesondere der Verpflichtung zur Verfolgung der Ziele nach Art. 8 der Rahmenrichtlinie erachtet.

(24)  – Bestimmungen, die Art. 8 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie entsprechen, finden sich auch in der Zugangsrichtlinie und in der Universaldienstrichtlinie, nämlich in Art. 8 Abs. 1 bzw. Art. 17 Abs. 1. Allerdings hat die Kommission hierzu keine Rüge beim Gerichtshof vorgetragen.

Top