Conclusions
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
FRANCIS G. JACOBS
vom 23. Januar 2003(1)
Rechtssache C-152/01
Kyocera Electronics GmbH
gegen
Hauptzollamt Krefeld
(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs)
„“
1. In dieser Rechtssache hat der Bundesfinanzhof dem Gerichtshof zwei Fragen danach vorgelegt, welche Auswirkung Zinszahlungen
im Zusammenhang mit dem Warenkauf, die nicht in der Zollanmeldung oder in den mit der Anmeldung vorgelegten Rechnungen ausgewiesen
sind, auf den Zollwert der Waren haben. Nach den Gemeinschaftsvorschriften werden Zinszahlungen nicht in den Zollwert der
Waren einbezogen, sofern sie
von dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis getrennt ausgewiesen sind.
2. Es wurde entschieden, die Abfassung der vorliegenden Schlussanträge zu verschieben, bis der Gerichtshof sein Urteil in der
Rechtssache Overland Footwear
(2)
erlassen hat, in der es um die Auslegung ähnlich lautender Rechtsvorschriften
(3)
über die Nichteinbeziehung von
Einkaufsprovisionen in den Zollwert der Waren ging. Dieses Urteil ist am 5. Dezember 2002 erlassen worden.
Einschlägige Rechtsvorschriften
3. Zum relevanten Zeitpunkt wurde der Zollwert der Waren durch die Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über
den Zollwert der Waren
(4)
(im Folgenden: Grundverordnung) bestimmt. Artikel 3 Absatz 1 bestimmt: Der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert eingeführter Waren ist der
Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu
zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß Artikel 8 ...
4. Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a bestimmt:Der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis ist die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen
Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für
das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer
Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind. ...
5. In Artikel 8 Absatz 1 sind einige Posten aufgelistet, die dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden
Preis bei der Ermittlung des Zollwerts nach Artikel 3 hinzuzurechnen sind. Die Liste umfasst
Provisionen und Maklerlöhne, ausgenommen Einkaufsprovisionen;
(5)
Zinszahlungen sind nicht aufgeführt. Gemäß Artikel 8 Absatz 3 dürfen Zuschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden
Preis bei der Ermittlung des Zollwerts nur vorgenommen werden, wenn dies in diesem Artikel vorgesehen ist.
6. Artikel 10 Absatz 1 bestimmt:Für die Ermittlung des Zollwerts stellen ... alle Personen oder Unternehmen, die mit den betreffenden Einfuhren unmittelbar
oder mittelbar in Beziehung stehen, diesen Behörden innerhalb der von diesen festgesetzten Fristen alle erforderlichen Unterlagen
und Informationen zur Verfügung.
7. Artikel 16 lautet:Die zur Anwendung dieser Verordnung der Zollstelle zu liefernden Angaben und Unterlagen werden erforderlichenfalls nach dem
Verfahren des Artikels 19 bestimmt.
8. Nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b sind die Vorschriften, die zur Durchführung u. a. der Artikel 3, 8 und 16 erforderlich
sind, nach einem vorgeschriebenen Verfahren zu erlassen. Nach diesem Verfahren wurde am 11. Juni 1980 die Verordnung (EWG)
Nr. 1495/80 der Kommission zur Durchführung einiger Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates
(6)
(im Folgenden: Durchführungsverordnung) erlassen.
9. Artikel 3 Absatz 2 der Durchführungsverordnung bestimmt: Zinsen, die im Rahmen einer vom Käufer abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarung in Bezug auf den Kauf eingeführter Waren
zu zahlen sind, werden nicht in den nach der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 zu ermittelnden Zollwert einbezogen, vorausgesetzt,
dass:
a) die Zinsen getrennt von dem für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen sind;
b) die Finanzierungsvereinbarung schriftlich abgeschlossen wurde;
c) der Käufer auf Verlangen nachweist, dass
-
- ─
solche Waren tatsächlich zu dem Preis verkauft werden, der als tatsächlich gezahlter oder zu zahlender Preis angemeldet wurde,
und
-
- ─
der geltend gemachte Zinssatz nicht höher ist als der übliche Zinssatz für derartige Geschäfte in dem Land und in dem Zeitpunkt,
in dem der Kredit zur Verfügung gestellt wurde.
10. Die Verordnung (EWG) Nr. 1496/80 der Kommission über die Anmeldung der Angaben für den Zollwert und über vorzulegende Unterlagen
(7)
wurde ebenfalls am 11. Juni 1980 nach Artikel 19 der Grundverordnung erlassen. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 muss in den Fällen,
in denen für die Zwecke der Grundverordnung der Zollwert zu bestimmen ist, eine Anmeldung der Angaben über den Zollwert in
einem Vordruck nach dem Muster (D. V. 1) in der Anlage zur Richtlinie die Zollanmeldung der eingeführten Waren begleiten.
Ich werde diese Anmeldung im Folgenden als
Zollanmeldung bezeichnen.
Sachverhalt und Vorlagefragen
11. Die Kyocera Electronics Europe GmbH (im Folgenden: Kyocera) führte bestimmte Waren ein, für die ein Zahlungsziel von 120 Tagen
nach Verschiffung und eine Verzinsung festgelegt waren. In der Zollanmeldung war der Preis ohne die Zinsen ausgewiesen, was
von den Zollbeamten während einer Einfuhrhandelsprüfung bei Kyocera entdeckt wurde. Die Zollbehörden setzten zusätzlichen
Zoll auf die Zinsen fest. Kyocera legte erfolglos Einspruch ein und erhob anschließend Klage beim Finanzgericht gegen die
Festsetzung.
12. Das Finanzgericht wies die Klage ab, weil es der Auffassung war, dass die Zinsen zum Zollwert der Waren gehörten. Kyocera
legte Revision an den Bundesfinanzhof ein. Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinsen, die in der Zollanmeldung nicht getrennt
oder als Teil des Kaufpreises ausgewiesen sind, als
von dem ... Preis getrennt ausgewiesen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a der Durchführungsverordnung anzusehen sind. Der Bundesfinanzhof hat dementsprechend
dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:
1. Ist Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1495/80 der Kommission vom 11. Juni 1980 zur Durchführung einiger
Vorschriften der Artikel 1, 3 und 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates über den Zollwert der Waren (ABl. L 154, S. 14)
in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 220/85 (ABl. L 25, S. 7) dahin gehend auszulegen, dass Zinszahlungen getrennt von
dem Warenpreis ausgewiesen sind, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung der Zollstelle lediglich die
Rechnung über den Netto-Warenpreis vorliegt, aus der sich ─ wie im Übrigen auch aus der Zollwertanmeldung ─ weder ausdrücklich
noch konkludent entnehmen lässt, dass im Rahmen des zu bewertenden Kaufgeschäfts auch Zinsen vom Käufer an den Verkäufer gezahlt
worden sind?
2. Falls die Frage 1 zu verneinen ist: Gehören die Zinszahlungen dann zum Zollwert der Waren?
Erste Vorlagefrage
13. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, was mit
von dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis getrennt ausgewiesen gemeint ist, und insbesondere, ob diese Bedingung erfüllt ist, wenn sowohl in der Zollanmeldung als auch in der zusammen
mit der Anmeldung vorgelegten Rechnung nur der gezahlte Nettobetrag ohne Hinweis auf Zinszahlungen des Käufers an den Verkäufer
ausgewiesen ist.
14. Das Finanzgericht, dessen Auffassung im Vorlagebeschluss wiedergegeben wird, hat ausgeführt, dass vom Käufer an den Verkäufer
gezahlte Zinsen als Bedingung für die Durchführung des Kaufgeschäfts grundsätzlich zum Transaktionswert im Sinne von Artikel
3 Absätze 1 und 3 der Grundverordnung gehörten. Sie würden nur dann nicht in den zu ermittelnden Zollwert einbezogen, wenn
die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 2 der Durchführungsverordnung erfüllt seien. Im Streitfall habe es allerdings an
der Voraussetzung des Artikels 3 Absatz 2 Buchstabe a dieser Verordnung gefehlt, dass nämlich die Zinsen getrennt von dem
für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis auszuweisen seien. Dieser getrennte Ausweis hätte spätestens im
Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen erfolgt sein und sich aus den der Zollstelle vorgelegten Unterlagen ergeben müssen,
denn nur dann wäre eine Prüfung des getrennten Ausweises durch die Zollstelle möglich gewesen. Der Bundesfinanzhof teilt die
Ansicht, dass die Zollstelle nicht prüfen könne, ob Zinsen wirksam vom Zollwert ausgenommen seien, wenn sich die Zinszahlung
nicht aus den der Zollstelle vorgelegten Unterlagen ergebe.
15. Nur Kyocera und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden,
die auch nicht beantragt worden ist. Sowohl Kyocera als auch die Kommission sind der Ansicht, dass die erste Vorlagefrage
zu bejahen ist: Die Bedingung, dass Zinszahlungen vom Kaufpreis der Waren getrennt auszuweisen seien, sei erfüllt, wenn sowohl
in der Zollanmeldung als auch in der mit ihr eingereichten Rechnung nur der Nettopreis der Waren ausgewiesen sei und weder
ausdrücklich noch konkludent darauf hingewiesen werde, dass der Käufer darüber hinaus Zinsen an den Verkäufer gezahlt habe.
16. Ich stimme dieser Auslegung aus folgenden Gründen zu.
17. In Artikel 8 Absatz 3 der Grundverordnung heißt es ausdrücklich:
Zuschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis dürfen bei der Ermittlung des Zollwerts nur vorgenommen werden,
wenn dies in diesem Artikel vorgesehen ist (in dem Zinszahlungen nicht erwähnt werden). Artikel 3 Absatz 2 der Durchführungsverordnung bestimmt ebenso ausdrücklich,
dass
Zinsen ... nicht in den ... Zollwert einbezogen werden. Der Gerichtshof hat bestätigt, dass Artikel 3 Absatz 1 der Grundverordnung durch Aufstellung des Grundsatzes, dass
der Transaktionswert der
für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis ist, bestimmt, dass dieser Preis nur gemäß Artikel 8 dieser Verordnung berichtigt werden darf
(8)
, und speziell zum Status von Zinszahlungen des Käufers an den Verkäufer im Hinblick auf ein Zahlungsziel ausgeführt, dass
das Entgelt für Leistungen, die dem Käufer beim Kauf eingeführter Waren erbracht werden, vorbehaltlich der nach Artikel 8
der [Grundverordnung] vorzunehmenden Berichtigungen nicht Teil des Zollwerts der Waren ist
(9)
. Diese Feststellung scheint die im Vorlagebeschluss dargestellte Auffassung des Finanzgerichts auszuschließen, dass Zinszahlungen
eine Bedingung für das Kaufgeschäft darstellen und daher zum Zollwert im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Grundverordnung
gehören
(10)
.
18. Artikel 3 Absatz 2 der Durchführungsverordnung enthält zugegebenermaßen mehrere Bedingungen (einschließlich derjenigen, um
die es in der vorliegenden Rechtssache geht). Bei all diesen Bedingungen scheint es jedoch, wie der Gerichtshof offenbar für
Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben b und c bestätigt hat
(11)
, eher um Beweisfragen als um den Inhalt der rechtlichen Einordnung zu gehen. Wie Kyocera vorträgt, haben außerdem die Generalanwälte
Darmon, Gulmann und Fennelly alle die Ansicht vertreten, dass das Erfordernis, dass ein nicht zum Zollwert gehörender Posten
getrennt ausgewiesen werde, eher der Beweisregelung als der rechtlichen Beurteilung des Postens diene
(12)
.
19. Wie sowohl Kyocera als auch die Kommission vortragen, sollen die Rechtsvorschriften gewährleisten, dass die Anwendung von
willkürlichen oder fiktiven Zollwerten ausgeschlossen wird
(13)
. Wenn man davon ausgeht, dass Zinszahlungen nicht zum Zollwert der Waren gehören, spricht dieser Grundsatz gegen die insbesondere
vom Finanzgericht vertretene Auslegung der Rechtsvorschriften. Die Kommission weist darauf hin, dass dem Risiko eines willkürlichen
oder fiktiven Zollwerts vorgebeugt werde, wenn ein Importeur bei den Zollbehörden nur den Nettopreis ohne Zinsen anmelde,
aber selbst Bücher führe, in denen die Zinszahlungen getrennt ausgewiesen seien; der Importeur werde dann den Zollbehörden
Informationen und Unterlagen vorlegen können, falls dies gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Grundverordnung
(14)
erforderlich sei.
20. Verschiedene Entscheidungen des Gerichtshofes, auf die sich sowohl Kyocera als auch die Kommission berufen, stützen ebenfalls
diese Auffassung. Es sei insbesondere auf die Urteile Mainfrucht, Hepp und Wünsche verwiesen.
21. Das Urteil Mainfrucht
(15)
betraf die Beförderungskosten nach der Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft, die gemäß Artikel 15 der Grundverordnung
nicht zum Zollwert der eingeführten Waren gehören,
vorausgesetzt, dass diese Kosten getrennt von dem tatsächlich für die eingeführten Waren gezahlten oder zu zahlenden Preis
ausgewiesen werden. Der Importeur hatte eine Zollanmeldung zusammen mit zwei Rechnungen eingereicht, von denen die eine den Preis der gelieferten
Waren und die Beförderungskosten bis zur deutschen Grenze und die andere die Beförderungskosten von der deutschen Grenze bis
zum Sitz von Mainfrucht abdeckte. Die Zollbehörden waren der Ansicht, dass diese letztgenannten Beförderungskosten wesentlicher
Bestandteil des Zollwerts im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Grundverordnung seien, da sie aufgrund der Tatsache, dass die
Rechnung vom Lieferanten ausgestellt worden sei, nicht überprüft werden könnten. Der Gerichtshof hat zugunsten des Importeurs
entschieden, weil es nach Entstehungsgeschichte und Inhalt der Rechtsvorschriften klar sei, dass diese Kosten nicht zum Zollwert
gehören sollten.
22. Das Urteil Hepp
(16)
betraf einen Importeur, der an seinen Kommissionär eine Einkaufsprovision zahlte, die nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a
Ziffer i der Grundverordnung nicht in den Zollwert einzubeziehen ist. In der Zollanmeldung war nur der Warenpreis ohne die
Einkaufsprovision ausgewiesen. Die Frage war die, ob die getrennt in Rechnung gestellte Einkaufsprovision zum Zollwert der
eingeführten Waren gehörte. In dem Rechtsstreit ging es zum Teil darum, ob es irgendwelche Konsequenzen hatte, dass der Importeur
in der Zollanmeldung versehentlich den Namen des Kommissionärs in der Rubrik
Verkäufer eingetragen hatte; als die Zollbehörden die Zahlung der Einkaufsprovision an einen als Verkäufer bezeichneten Beteiligten
entdeckten, vertraten sie den Standpunkt, dass die Provision Teil des Kaufpreises der Waren sei. Der Gerichtshof hat entschieden,
dass der ausgewiesene Nettopreis den Zollwert im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Grundverordnung darstelle und dass die Einkaufsprovision
nicht in den Zollwert einzubeziehen sei. Generalanwalt Mischo vertrat implizit die Auffassung, dass das Erfordernis, dass
die Provision
von dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis getrennt ausgewiesen wird, erfüllt sei
(17)
.
23. In der Rechtssache Wünsche
(18)
hatte der Importeur Zinszahlungen nicht in seine Zollanmeldungen einbezogen; dies hinderte den Gerichtshof jedoch nicht daran,
diese Zahlungen offenbar als
getrennt von dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen anzusehen
(19)
.
24. Meiner Ansicht nach stützen insbesondere die Urteile Mainfrucht und Hepp die These, dass grundsätzlich ein Posten wie Zinszahlungen
des Käufers eingeführter Waren an den Verkäufer nicht zum Zollwert der Waren gehören kann. Es sei darauf hingewiesen, dass
Generalanwalt Mischo in der Rechtssache Overland Footwear
(20)
eine ähnliche Meinung vertritt.
25. Die Urteile Wünsche und Hepp stützen die Ansicht, dass, wenn in einer Zollanmeldung nur der für die eingeführten Waren tatsächlich
gezahlte oder zu zahlende Preis ohne einen Hinweis auf zusätzliche Kosten ausgewiesen ist, die nach den Rechtsvorschriften
ausdrücklich nicht in den Zollwert einbezogen sind, das Erfordernis, dass zusätzliche Kosten
getrennt ausgewiesen werden, erfüllt ist. Rechtssachen, die herangezogen werden könnten, um das Gegenteil darzulegen, betrafen eine andere Situation,
nämlich die, dass in der Zollanmeldung und/oder den Belegrechnungen ein zusammengesetzter Betrag ausgewiesen war, in dem sowohl
der Preis als auch die zusätzlichen Kosten enthalten waren
(21)
. In diesen Fällen muss ein Importeur natürlich diese Beträge in der Zollanmeldung aufschlüsseln, wenn er darlegen will, dass
allein der Nettopreis ohne zusätzliche Kosten den Zollwert darstellt
(22)
. Wie insbesondere Kyocera geltend macht, wird ein getrennter Ausweis erst erforderlich, wenn ein Betrag zwei Bestandteile
enthält, von denen einer zollpflichtig ist und der andere nicht. Wenn die beiden Bestandteile von vornherein getrennt sind,
ist es nicht notwendig, sie getrennt auszuweisen.
26. Die Bedenken des vorlegenden Gerichts, dass die Zollbehörden bei fehlenden Angaben in der Zollanmeldung Schwierigkeiten haben
könnten, zu prüfen, ob Zinszahlungen zulässigerweise nicht in den Zollwert einbezogen wurden, überzeugen mich nicht vom Gegenteil.
Wie sowohl Kyocera als auch die Kommission vortragen, war dieses Problem Gegenstand der Rechtsprechung des Gerichtshofes:
In der Rechtsache Mainfrucht
(23)
─ in der Schwierigkeiten bei der Prüfung ausdrücklich von den Zollbehörden geltend gemacht worden waren ─ hat der Gerichtshof
darauf hingewiesen, dass diese Behörden, wenn die Umstände dies rechtfertigten, die Rechnungen auf nicht in den Zollwert einbezogene
Kosten prüfen könnten.
27. Abschließend möchte ich das neuere Urteil in der Rechtssache Overland Footwear erwähnen
(24)
. Letztlich war dieses Urteil für die vorliegende Rechtssache aber ohne Bedeutung, da der Gerichtshof seine Auslegung der
in Frage stehenden Rechtsvorschriften ausdrücklich auf die Situation beschränkt hat, dass ein zusätzlicher, nicht zollpflichtiger
Posten ─ im konkreten Fall eine Einkaufsprovision ─ in dem angemeldeten Zollwert enthalten und nicht getrennt vom Kaufpreis
der Waren ausgewiesen war
(25)
. Wie ich ausgeführt habe
(26)
, bin ich nicht der Ansicht, dass Rechtssachen, in denen es um Zollanmeldungen geht, die einen aus einem zollpflichtigen und
einem nicht zollpflichtigen Bestandteil zusammengesetzten Betrag ausweisen, bei der Bestimmung der Rechtmäßigkeit von Zollerklärungen,
in denen ein zollpflichtiger Betrag ohne nicht zollpflichtige zusätzliche Kosten ausgewiesen ist, hilfreich sind.
28. Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass das Erfordernis des Artikels 3 Absatz 2 Buchstabe a der Durchführungsverordnung, dass
Zinszahlungen vom Warenpreis getrennt ausgewiesen werden, erfüllt ist, wenn sowohl in der Zollanmeldung als auch in den mit
ihr eingereichten Rechnungen nur der Nettopreis der Waren ausgewiesen ist und weder ausdrücklich noch konkludent darauf hingewiesen
wird, dass der Käufer darüber hinaus Zinsen an den Verkäufer gezahlt hat.
29. Die Kommission macht in ihren schriftlichen Erklärungen einen weiteren Aspekt geltend. Sie trägt vor, selbst wenn Zinsen unter
den in vorstehender Nummer geschilderten Umständen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Durchführungsverordnung hinreichend
vom Preis der Waren getrennt ausgewiesen seien, sei der Importeur trotzdem verpflichtet, diese Zinszahlungen auf den oben
erwähnten Zollanmeldungen
(27)
anzugeben. Dieser Vordruck enthält in Abschnitt C, Abzüge, die Rubrik
21. Andere Zahlungen
(spezifizieren) . Nach Ansicht der Kommission sind die Zinsen unter dieser Rubrik anzugeben. Wenn dies zutrifft, können Zinsen nur dann als
Abzüge behandelt werden, wenn sie zunächst in den in Abschnitt A, Grundlage der Berechnung, angegebenen Warenpreis einbezogen
worden sind.
30. Die Kommission fügt hinzu, dass die Nichtbeachtung dieser formalen Verpflichtung weder eine Zollschuld auslöse noch zu irgendeiner
gemeinschaftsrechtlichen Sanktion führe.
31. Da das nationale Gericht jedoch keine Frage zu diesem Punkt vorgelegt hat, habe ich nicht vor, ihn weiterzuverfolgen.
Zweite Vorlagefrage
32. Da ich der Ansicht bin, dass die erste Frage des nationalen Gerichts zu bejahen ist, erübrigt sich die zweite Frage, die lediglich
für den Fall der Verneinung der ersten Frage gestellt wurde.
Ergebnis
33. Nach meiner Auffassung sind die vom Bundesfinanzhof vorgelegten Fragen daher wie folgt zu beantworten:Zinszahlungen des Käufers an den Verkäufer eingeführter Waren sind gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG)
Nr. 1495/80 der Kommission vom 11. Juni 1980 zur Durchführung einiger Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates
über den Zollwert der Waren in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 220/85
von dem [für diese Waren] tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis getrennt ausgewiesen, wenn sowohl in der Zollanmeldung als auch in der mit ihr eingereichten Rechnung nur der Nettopreis der Waren ausgewiesen
ist und weder ausdrücklich noch konkludent darauf hingewiesen wird, dass der Käufer darüber hinaus Zinsen an den Verkäufer
gezahlt hat.
- 1 –
- Originalsprache: Englisch.
- 2 –
- Rechtssache C-379/00.
- 3 –
- Artikel 33 Buchstabe e der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften
(ABl. L 302, S. 1).
- 4 –
- ABl. L 134, S. 1, in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3193/80 des Rates vom 8. Dezember 1980 (ABl. L 333, S. 1).
- 5 –
- Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i.
- 6 –
- ABl. L 154, S. 14, in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 220/85 der Kommission vom 29. Januar 1985 (ABl. L 25, S. 7).
- 7 –
- ABl. L 154, S. 16.
- 8 –
- Urteil vom 10. Dezember 1985 in der Rechtssache C-290/84 (Mainfrucht Obstverwertung, Slg. 1985, 3909, Randnr. 23).
- 9 –
- Urteil vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-21/91 (Wünsche, Slg. 1992, I-3647, Randnr. 16).
- 10 –
- Siehe oben, Nr. 4.
- 11 –
- Vgl. Urteil Wünsche (zitiert in Fußnote 9, Randnr. 19 und 20).
- 12 –
- Nr. 14 der Schlussanträge in der Rechtssache Wünsche (zitiert in Fußnote 9), Nrn. 30 und 31 der Schlussanträge in der Rechtssache
C-340/93 (Thierschmidt, Slg. 1994, I-3905) und Nr. 16 der Schlussanträge in der Rechtssache C-93/96 (ICT, Slg. 1997, I-2881).
Generalanwalt Lenz beschreibt außerdem in Nr. 87 seiner Schlussanträge in der Rechtssache C-79/89 (Brown Boveri, Slg. 1991,
I-1853) den
getrennten Ausweis von Kosten als
abgeschwächte Form des Nachweises.
- 13 –
- Vgl. die sechste Begründungserwägung der Grundverordnung und Urteil Mainfrucht (zitiert in Fußnote 8, Randnr. 35).
- 14 –
- Wiedergegeben oben in Nr. 6.
- 15 –
- Zitiert in Fußnote 13.
- 16 –
- Vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-299/90 (Slg. 1991, I-4301).
- 17 –
- Vgl. Nr. 39 der Schlussanträge (in der unzutreffend
separate verwendet wird, um
distinctes im Französischen zu übersetzen).
- 18 –
- Zitiert in Fußnote 9.
- 19 –
- Vgl. Randnr. 19 des Urteils.
- 20 –
- Zitiert in Fußnote 2; vgl. insbesondere Nrn. 20 bis 26 der Schlussanträge.
- 21 –
- Vgl. insbesondere Rechtssachen Brown Boveri (zitiert in Fußnote 12) und Overland Footwear (zitiert in Fußnote 2).
- 22 –
- So bemerkt Generalanwalt Mischo in Nr. 30 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Overland Footwear, dass die
Bediensteten [der Zollbehörden] zwar scharfsinnig sein sollen, aber keine Hellseher sein können.
- 23 –
- Zitiert in Fußnote 13 (Randnrn. 33 und 34 des Urteils).
- 24 –
- Zitiert in Fußnote 2.
- 25 –
- Vgl. Randnr. 17 des Urteils.
- 26 –
- Siehe oben, Nr. 25.
- 27 –
- Nr. 10.