EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 5.2.2024
COM(2024) 58 final
2024/0033(NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union auf der 12. Sitzung des vorbereitenden Ausschusses für die Errichtung des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial und auf der 1. Tagung der Aufsichtsbehörde, die gemäß Artikel XII des Protokolls von Luxemburg zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials errichtet wird, zu vertreten ist
(Text von Bedeutung für den EWR)
BEGRÜNDUNG
1.Gegenstand des Vorschlags
Dieser Vorschlag betrifft den Standpunkt, der im Namen der Union auf der ersten Tagung der Aufsichtsbehörde – errichtet gemäß Artikel 17 des Übereinkommens über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung (im Folgenden „Übereinkommen von Kapstadt“) und Artikel XII des am 23. Februar 2007 in Luxemburg angenommenen Protokolls zum Übereinkommen von Kapstadt betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials (im Folgenden „Protokoll von Luxemburg“) – zu vertreten ist, und zwar im Zusammenhang mit der geplanten Annahme
–der Satzung und der Geschäftsordnung der Aufsichtsbehörde;
–der Vereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde des Protokolls von Luxemburg und der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) über die Funktionen des Sekretariats;
–der Registerordnung und Verfahren des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial (Artikel 17 Absatz 2 Buchstaben d bis e des Übereinkommens von Kapstadt);
–der im Rahmen des Binnenverkehrsausschusses der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) entwickelten Musterregeln für die dauerhafte Identifizierung von rollendem Eisenbahnmaterial.
Die 1. Tagung der Aufsichtsbehörde des Protokolls von Luxemburg soll am 8. März 2024 in Bern (Schweiz) stattfinden.
Dieser Vorschlag ist auch relevant für den Standpunkt, der im Namen der Union auf der 12. Sitzung des vorbereitenden Ausschusses für die Errichtung des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial (vorläufige Aufsichtsbehörde) zu vertreten ist; der Ausschuss wird am 7. März 2024 vor der 1. Tagung der Aufsichtsbehörde zu seiner letzten Sitzung zusammentreten.
2.Kontext des Vorschlags
2.1.Das Protokoll von Luxemburg zum Übereinkommen von Kapstadt
Hintergrund
Das Protokoll zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials (im Folgenden „Protokoll von Luxemburg“) wurde von einer diplomatischen Konferenz angenommen, die am 23. Februar 2007 in Luxemburg unter der Schirmherrschaft des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) und der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) abgehalten wurde.
Mit dem Protokoll von Luxemburg wird ein weltweiter Rechtsrahmen für die Anerkennung, die Rangordnung und die Durchsetzung von Gläubiger- und Leasinggeberrechten geschaffen, die in ein internationales Register gemäß Artikel 16 des Übereinkommens von Kapstadt eingetragen werden.
Vor allem sieht Artikel XIV des Protokolls von Luxemburg die Einrichtung eines Systems für die Zuteilung von Identifizierungsnummern durch den Registerführer vor, die es ermöglichen, einzelnes rollendes Eisenbahnmaterial eindeutig zu identifizieren.
Mit dem Protokoll wird auch ein gemeinsames System für die Wiederinbesitznahme des Vermögensgegenstands bei Nichterfüllung oder Insolvenz des Schuldners geschaffen, vorbehaltlich des Schutzes des öffentlichen Interesses. Dies ist hilfreich in Bezug auf bewegliche Ausrüstung, die Grenzen überquert, und vermeidet Rechtsunsicherheiten, die derzeit bestehen, wenn ein Gesetz, auf dessen Grundlage der Vermögenswert finanziert wurde, vor den Gerichten eines anderen Landes angefochten wird, in dem sich der Vermögenswert befindet. Da es die Risiken für Finanzierer von Eisenbahnausrüstung verringert, sollte das Protokoll von Luxemburg mehr private Kreditgeber anziehen, was zu günstigeren Finanzierungen führen und den Betreibern Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Kosten und Finanzierungsformen bieten wird.
Es sollte außerdem Anreize für Kapitalinvestitionen setzen, die wiederum die Produktion von rollendem Material fördern und das Leasing neuer, moderner Fahrzeuge erleichtern werden. In seinen Schlussfolgerungen vom 3. Juni 2021 erkennt der Rat der Europäischen Union an, „dass erhebliche Investitionen des Sektors in rollendes Material für internationale Fernstrecken erforderlich sind“ und „dass Investitionen seitens der Privatwirtschaft dringend erforderlich sind“, und er erinnert „die Mitgliedstaaten [daran], dass es internationale Abkommen und Verträge wie das Protokoll von Luxemburg zum Übereinkommen von Kapstadt [über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung] gibt, die private Investitionen erleichtern“.
Beitritt der Europäischen Union
Im Einklang mit dem Beschluss 2014/888/EU des Rates vom 4. Dezember 2014 zur Genehmigung, im Namen der Europäischen Union, des Protokolls zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials, das am 23. Februar 2007 in Luxemburg angenommen wurde hat die Europäische Union in Bezug auf ihre Zuständigkeiten das Protokoll von Luxemburg mit dem Status einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration (gemäß Artikel XXII des Protokolls von Luxemburg) genehmigt.
Der Anhang des genannten Beschlusses des Rates enthält eine Erklärung zur Zuständigkeit der Europäischen Union in Fragen, die unter das Protokoll von Luxemburg fallen und für die die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit auf die Union übertragen haben.
Diese bezieht sich auf einige Bereiche, die die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Insolvenzverfahren und das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht betreffen, sowie auf einige Bereiche des Besitzstands im Bereich Schienenverkehr, insbesondere die Interoperabilität des Eisenbahnsystems, den Betrieb der Eisenbahnagentur der Europäischen Union, das Nummerierungssystem für rollendes Eisenbahnmaterial und die Registrierung von Fahrzeugen innerhalb der EU, die unter die folgenden Rechtsvorschriften der Union fallen:
–Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft, aufgehoben und neu gefasst durch die Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union;
–Verordnung (EG) Nr. 881/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Errichtung einer Europäischen Eisenbahnagentur (Agenturverordnung), aufgehoben durch die Verordnung (EU) 2016/796 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Eisenbahnagentur der Europäischen Union;
–Entscheidung 2006/920/EG der Kommission vom 11. August 2006 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems, aufgehoben durch den Beschluss 2012/757/EU der Kommission vom 14. November 2012 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union und zur Änderung der Entscheidung 2007/756/EG, geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2023/1693 der Kommission vom 10. August 2023 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union;
–Entscheidung 2007/756/EG der Kommission vom 9. November 2007 zur Annahme einer gemeinsamen Spezifikation für das nationale Einstellungsregister nach Artikel 14 Absätze 4 und 5 der Richtlinien 96/48/EG und 2001/16/EG, aufgehoben durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission vom 25. Oktober 2018 zur Festlegung der Spezifikationen für die Fahrzeugeinstellungsregister nach Artikel 47 der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Änderung und Aufhebung der Entscheidung 2007/756/EG der Kommission.
Stand der Ratifizierung in der EU und Bedingungen für das Inkrafttreten
Neben der Europäischen Union sind bislang Luxemburg, Schweden und Spanien die einzigen EU-Mitgliedstaaten, die ebenfalls Parteien dieses Übereinkommens sind.
Nach der Ratifizierung durch Spanien im Januar 2023 war die erste der in Artikel XXIII Absatz 1 festgelegten Voraussetzung für das Inkrafttreten des Protokolls von Luxemburg erfüllt. Die zweite Voraussetzung ist, dass das Sekretariat der Aufsichtsbehörde beim Verwahrer eine Bescheinigung hinterlegt, mit der bestätigt wird, dass das Internationale Register voll funktionsfähig ist; dies sollte auf der 12. Sitzung des vorbereitenden Ausschusses am 7. März 2024 geschehen. Die erste Tagung der Aufsichtsbehörde soll am 8. März 2024 stattfinden.
2.2.Die Aufsichtsbehörde
Aufgaben und Funktionen
Die Aufsichtsbehörde wird gemäß Artikel 17 des Übereinkommens von Kapstadt und Artikel XII des Protokolls von Luxemburg errichtet. Ihre Aufgaben und Funktionen, die sich aus den Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg und aus Artikel 17 Absatz 2 des Übereinkommens von Kapstadt ergeben, sind in Artikel 5 des Entwurfs der Satzung aufgeführt und dürften sich im Wesentlichen in zwei Gruppen gliedern:
administrativen Aufgaben: Ernennung des Registerführers, gelegentliche Verhandlung über und Änderung der Vereinbarungen mit dem Registerführer sowie Sicherstellung der ununterbrochenen Weiterführung des Internationalen Registers im Falle eines Registerführerwechsels; Unterzeichnung von Vereinbarungen mit dem Sekretariat, welche die einzelnen Bedingungen zur Ausübung der Aufgaben des Sekretariats festlegen, sowie gelegentliche Verhandlung jeweiliger Änderungen solcher Vereinbarungen; regelmäßige Berichterstattung an die Vertragsstaaten über die Erfüllung ihrer sich aus dem Übereinkommen von Kapstadt und dem Protokoll von Luxemburg ergebenden Pflichten; regelmäßige Berichterstattung an UNIDROIT und Unterstützung von UNIDROIT bei der Erarbeitung von Berichten über die Anwendung des durch das Übereinkommen geschaffenen internationalen Regelwerks.
operativen Aufgaben: Erstellung, Überarbeitung und gelegentliche Änderung der Registerordnung für das Internationale Register; Beaufsichtigung des Registerführers und der Führung des Internationalen Registers; Beratung des Registerführers auf dessen Ersuchen hin; Unternehmung alles Notwendigen, um den Bestand eines wirksamen, auf Mitteilungen basierenden elektronischen Registrierungssystems zur Verwirklichung der Ziele des Übereinkommens von Kapstadt und des Protokolls von Luxemburg sicherzustellen.
Sekretariat
Die OTIF beschloss auf ihrer 7. und ihrer 12. Generalversammlung (Bern, 23./24. November 2005 bzw. 29./30. September 2015), die Aufgaben des Sekretariats der Aufsichtsbehörde gemäß Artikel XII Absatz 6 des Protokolls von Luxemburg zu übernehmen.
Zusammensetzung
Die Mitgliedschaft der Aufsichtsbehörde wird gemäß Artikel XII Absatz 1 des Protokolls von Luxemburg bestimmt. Buchstabe a sieht vor, dass jeder Vertragsstaat Mitglied ist und einen Vertreter ernennen kann. Die Buchstaben b und c sehen vor, dass von UNIDROIT bzw. von der OTIF jeweils höchstens drei weitere Staaten bestimmt werden, deren Amtszeit spätestens zwei Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens des Protokolls von Luxemburg endet.
Zusätzlich zu den vier ratifizierenden Staaten (Gabun, Luxemburg, Spanien und Schweden) hat die OTIF bisher Algerien, die Türkei und das Vereinigte Königreich bestimmt, und UNIDROIT hat Frankreich und Südafrika als Mitglieder der Aufsichtsbehörde bestimmt. Ein von UNIDROIT zu bestimmender dritter Staat muss noch bestätigt werden.
2.3.Der vorbereitende Ausschuss
In der Entschließung Nr. 1 der Schlussakte der Diplomatischen Konferenz zur Annahme des Protokolls von Luxemburg (Februar 2007) betreffend die Errichtung der Aufsichtsbehörde und des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial wurde beschlossen, bis zum Inkrafttreten des Protokolls von Luxemburg einen vorbereitenden Ausschuss zu errichten, der mit uneingeschränkten Befugnissen ausgestattet und in Absprache mit UNIDROIT und der OTIF als vorläufige Aufsichtsbehörde für die Errichtung des Internationalen Registers tätig wird. Das Hauptziel des vorbereitenden Ausschusses ist es, die Registerordnung und die Verfahren für das Internationale Register zu erarbeiten und die Errichtung der Aufsichtsbehörde vorzubereiten. Der vorbereitende Ausschuss kam seit seiner Einsetzung elfmal zusammen. Auf seiner für den 7. März 2024 geplanten 12. Sitzung wird der vorbereitende Ausschuss voraussichtlich den endgültigen Entwurf der Akte, die auf der für den 8. März 2024 geplanten 1. Tagung der Aufsichtsbehörde angenommen werden sollen, prüfen und genehmigen. Mit dem vorliegenden Vorschlag für einen Beschluss des Rates soll daher der Standpunkt festgelegt werden, der im Namen der EU auf beiden Sitzungen in Bezug auf dieselben Beschlüsse hinsichtlich der Annahme der vorgesehenen Akte der Aufsichtsbehörde zu vertreten ist.
2.4.Die vorgesehenen Akte der Aufsichtsbehörde
Am 8. März 2024 soll die Aufsichtsbehörde auf ihrer ersten Tagung unter anderem ihre Satzung und ihre Geschäftsordnung sowie die Vereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde und der OTIF über die Funktionen des Sekretariats annehmen. Diese völkerrechtlich bindenden Instrumente betreffen den gesamten Tätigkeitsbereich der Aufsichtsbehörde, einschließlich der Bereiche, für die die Europäische Union ausschließlich zuständig ist, und wirken sich unmittelbar auf die Beteiligung der Union an diesem Gremium aus. Daher wird ihre Genehmigung geeignet sein, den Inhalt von Rechtsvorschriften der Union maßgeblich zu beeinflussen.
Darüber hinaus wird erwartet, dass die Aufsichtsbehörde weitere Akte im Zusammenhang mit der Errichtung und der Funktionsweise des Internationalen Registers annimmt, die geeignet sind, den Inhalt von EU-Rechtsvorschriften maßgeblich zu beeinflussen, und zwar:
Die Registerordnung und Verfahren des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial
Zweck der vorgesehenen Akte ist es, die Führung des Internationalen Registers zu organisieren und zu regeln. Sie legen dar, wie das Internationale Register als Einrichtung für die Verwaltung der Registrierungen von rollendem Eisenbahnmaterial im Rahmen des Übereinkommens und des Protokolls errichtet wird, und enthalten geeignete Bestimmungen zur Regelung der Führung eines solchen Registers, hauptsächlich in Bezug auf die Beantragung und Zuweisung der Kennung des Systems zur eindeutigen Identifizierung von Schienenfahrzeugen (Unique Rail Vehicle Identification System, URVIS), die Zugangskontrolle, Informationsanforderungen, Abfragen und andere Anforderungen im Zusammenhang mit dem Registerführer, etwa Beschwerden oder Haftung und Versicherung. Diese Registerordnung und Verfahren werden von der Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 17 Absatz 2 Buchstaben d bis e des Übereinkommens von Kapstadt und im Einklang mit den Artikeln XIV, XV, XVI und XVII des Protokolls von Luxemburg erlassen. Dieser Gegenstand – die Registrierung von rollendem Eisenbahnmaterial und der Datenaustausch zwischen EU-Mitgliedstaaten und dem Internationalen Register – wird auf Unionsebene geregelt durch: 1) den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission zur Festlegung der Spezifikationen für die Fahrzeugeinstellungsregister nach Artikel 47 der Richtlinie (EU) 2016/797 (über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems) sowie zur Änderung und Aufhebung der Entscheidung 2007/756/EG der Kommission und 2) den Beschluss 2012/757/EU der Kommission über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union und zur Änderung der Entscheidung 2007/756/EG. Der Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission enthält gemeinsame Spezifikationen für die nationalen Fahrzeugeinstellungsregister der Mitgliedstaaten sowie Spezifikationen für das Europäische Fahrzeugeinstellungsregister (European Vehicle Register, EVR), das von der Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA) zentral verwaltet wird. Dieser Beschluss sieht auch die Einführung einer europäischen Fahrzeugnummer (European Vehicle Number, EVN) vor, die verbindlich vorgeschrieben ist. Das Format der EVN ist in Anhang II Anlage 6 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2018/1614 der Kommission festgelegt: „In dieser Anlage sind die europäische Fahrzeugnummer und die zugehörige Kennzeichnung beschrieben, die sichtbar an den Fahrzeugen angebracht werden müssen, um diese beim Betrieb eindeutig und dauerhaft identifizieren zu können.“ Darüber hinaus wird im Beschluss 2012/757/EU der Kommission auch auf die EVN als eine der betrieblichen Anforderungen des Teilsystems „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ des europäischen Eisenbahnsystems verwiesen (Anhang I Abschnitt 4.2.2.3: „Jedes Fahrzeug muss eine europäische Fahrzeugnummer besitzen, durch die es eindeutig von anderen Schienenfahrzeugen unterschieden werden kann.“). Daher wird die Genehmigung der Registerordnung und Verfahren des im Rahmen des Protokolls von Luxemburg errichteten Internationalen Registers völkerrechtlich bindend und geeignet sein, den Inhalt von EU-Rechtsvorschriften maßgeblich zu beeinflussen.
Musterregeln für die dauerhafte Identifizierung von rollendem Eisenbahnmaterial
In diesen Regeln sind die Methoden und Zuständigkeiten für die Anbringung der URVIS-Kennung an rollendem Eisenbahnmaterial gemäß dem Protokoll von Luxemburg festgelegt. Diese Regeln sind freiwillig, es sei denn, besondere Gesetze sehen ihre Anwendung vor; in jedem Fall muss eine Partei, die ein eintragbares Sicherungsrecht im Internationalen Register des Protokolls von Luxemburg eintragen lassen oder Nutznießer eines dort eingetragenen Rechts sein möchte, die Einhaltung dieser Regeln bestätigen. Eine Partei, die an diese Regeln gebunden sein möchte, muss eine Erklärung abgeben und dem Registerführer übermitteln. Im Sinne der Musterregeln bezeichnet der Begriff „Partei“ eine natürliche Person, eine Firma, eine Gesellschaft, eine Körperschaft, eine Regierung, einen Staat oder eine Agentur eines Staates oder mehrerer Staaten oder eine Vereinigung, einen Unternehmenszusammenschluss, ein Gemeinschaftsunternehmen, ein Konsortium oder eine Partnerschaft oder ein Einzelunternehmen oder eine andere Entität (unabhängig davon, ob sie eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt oder nicht). Dieser Gegenstand – die Kennzeichnung von rollendem Eisenbahnmaterial – wird auf Unionsebene durch den oben genannten Beschluss 2012/757/EU der Kommission geregelt, insbesondere in Anlage P zu Anhang I (Europäische Fahrzeugnummer und entsprechende Kennbuchstaben; Abschnitt 2 „Allgemeine Bestimmungen zur äußeren Kennzeichnung“). Daher wird die Genehmigung dieser Musterregeln völkerrechtlich bindend und geeignet sein, den Inhalt von EU-Rechtsvorschriften maßgeblich zu beeinflussen.
3.Im Namen der Union zu vertretender Standpunkt
3.1.Annahme der Satzung der Aufsichtsbehörde
Gemäß dem Übereinkommen von Kapstadt und dem Protokoll von Luxemburg werden im Entwurf der Satzung der Aufsichtsbehörde Aspekte wie Rechtspersönlichkeit, Aufgaben und Verwaltungsrahmen festgelegt. Die Annahme der Satzung ist eine Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Aufsichtsbehörde. Daher wird vorgeschlagen, ihre Annahme zu unterstützen, vorbehaltlich einer geringfügigen Änderung des Artikels 2 (Zusammensetzung) zur Präzisierung des Verweises auf die einschlägigen Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg (Artikel XII Absatz 1 Buchstaben a, b und c).
3.2.Annahme der Geschäftsordnung der Aufsichtsbehörde
Im Entwurf der Geschäftsordnung der Aufsichtsbehörde werden Aspekte wie Sitzungsregeln, Vertretungsregeln, Anträge und Beschlüsse sowie Abstimmungsverfahren festgelegt. Ihre Annahme ist nach Artikel XII Absatz 4 des Protokolls von Luxemburg erforderlich.
In Artikel XXII Absatz 1 des Protokolls von Luxemburg heißt es: „Eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, die von souveränen Staaten gebildet wird und für bestimmte durch dieses Protokoll erfasste Fragen zuständig ist, kann dieses Protokoll ebenso unterzeichnen, annehmen, genehmigen oder ihm beitreten. Die Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration hat in diesem Fall die Rechte und Pflichten eines Vertragsstaats in dem Umfang, in dem sie für Fragen zuständig ist, die durch dieses Protokoll erfasst sind.“ In Absatz 3 desselben Artikels ist Folgendes festgelegt: „Eine Bezugnahme in diesem Protokoll auf einen ‚Vertragsstaat‘ oder ‚Vertragsstaaten‘ gilt gleichermaßen für eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, wenn der Zusammenhang dies erfordert.“
Die EU ist dem Protokoll von Luxemburg beigetreten. Aus Artikel XXII Absatz 3 des Protokolls von Luxemburg ergibt sich, dass die EU – als eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration (ORWI) – als Vertragsstaat im Sinne des Artikels XII Absatz 1 des Protokolls von Luxemburg und daher als ein vollwertiges Mitglied der Aufsichtsbehörde mit demselben Status, denselben Rechten und denselben Pflichten wie jeder andere Vertragsstaat des Protokolls von Luxemburg anzusehen ist.
Vor diesem Hintergrund scheinen die derzeitigen Bestimmungen des Entwurfs der Geschäftsordnung nicht vollständig mit den oben genannten Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg in Einklang zu stehen:
In Artikel 1 (Begriffsbestimmungen) sieht der Entwurf der Geschäftsordnung vor, dass unter dem Begriff „Mitglieder“ „Vertreter der Vertrags- und der Bestimmten Staaten, die gemeinsam die Mitgliedschaft der Aufsichtsbehörde bilden“ zu verstehen sind; er enthält auch eine gesonderte Definition des Begriffs „regionale Organisation“, der als „eine Organisation zur regionalen Wirtschaftsintegration gemäß Artikel XXII des Protokolls, die gemäß ihrer Zuständigkeit Protokoll und Übereinkommen ratifiziert hat oder beigetreten ist“ definiert wird. Unter Berücksichtigung des derzeitigen Wortlauts der Artikel 4 und 16 könnte diese Unterscheidung darauf hindeuten, dass die EU (als eine ORWI) entgegen den Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg (Artikel XII und Artikel XXII) kein vollwertiges Mitglied der Aufsichtsbehörde wäre.
In Artikel 4 (Vertretung von Mitgliedern) heißt es in Absatz 1, dass jeder Vertragsstaat und jeder Bestimmte Staat in den Sitzungen der Aufsichtsbehörde vertreten wird und abstimmt. In Absatz 2 heißt es: „Ein Mitglied kann sich in einer Sitzung der Aufsichtsbehörde von einem anderen Mitglied vertreten lassen. Jedoch kann ein Mitglied nur ein anderes Mitglied in einer Sitzung der Aufsichtsbehörde vertreten.“ In Absatz 3 ist festgelegt, dass eine ORWI (nur) zur Teilnahme berechtigt ist, was erneut darauf hindeuten könnte, dass die EU nicht als eigenständiges Mitglied betrachtet würde, da ihr Stimmrecht nicht wie für andere Vertragsstaaten ausdrücklich vorgesehen ist.
In Artikel 16 (Abstimmungen) wird im Entwurf der Geschäftsordnung nur auf „Mitglieder“ Bezug genommen, die gemäß Artikel 1 nicht ausdrücklich die EU als eine ORWI umfassen. Außerdem enthält der Artikel keine Regeln über die Ausübung von Stimmrechten durch eine ORWI.
Abgesehen von den Klarstellungen, die in den Entwurf der Geschäftsordnung aufgenommen werden müssen, um die Vertretung der EU als vollwertiges Mitglied der Aufsichtsbehörde sicherzustellen, sollte die Frage der Ausübung der Stimmrechte der EU vor dem Hintergrund der Regeln geprüft werden, die im Rahmen der OTIF gelten, die zusammen mit UNIDROIT Schirmherrin des Protokolls von Luxemburg ist und die Funktion des Sekretariats der Aufsichtsbehörde wahrnimmt.
In Artikel 38 des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) heißt es:
„§ 2 Die regionale Organisation kann die Rechte ausüben, die ihren Mitgliedern aufgrund des Übereinkommens zustehen, soweit sie Gegenstände betreffen, die in die Zuständigkeit der regionalen Organisation fallen. Das gleiche gilt für die Pflichten, die den Mitgliedstaaten aufgrund des Übereinkommens obliegen …“ sowie
„§ 3 Hinsichtlich der Wahrnehmung des Stimmrechtes … stehen der regionalen Organisation so viele Stimmen zu, wie die Zahl ihrer Mitglieder beträgt, die zugleich Mitgliedstaaten der Organisation sind. Letztere dürfen ihre Rechte, insbesondere das Stimmrecht, nur in dem Umfange wahrnehmen, wie § 2 es zulässt.“
In Anwendung der genannten COTIF-Bestimmungen sieht Artikel 6 der Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der OTIF über den Beitritt der Europäischen Union zum COTIF vom 9. Mai 1980 Folgendes vor:
„(1) Bei Beschlüssen in Angelegenheiten, in denen die Union ausschließlich zuständig ist, nimmt die Union die Stimmrechte ihrer Mitgliedstaaten im Rahmen des Übereinkommens wahr.
(2) Bei Beschlüssen in Angelegenheiten, in denen die Union gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten zuständig ist, nehmen entweder die Union oder ihre Mitgliedstaaten an der Abstimmung teil.
(3) Vorbehaltlich des Artikels 26 Absatz 7 des Übereinkommens verfügt die Union über dieselbe Anzahl von Stimmen wie ihre Mitgliedstaaten, die auch Parteien des Übereinkommens sind. Wenn die Union an der Abstimmung teilnimmt, sind ihre Mitgliedstaaten nicht stimmberechtigt.“
Der Beschluss 2014/888/EU des Rates vom 4. Dezember 2014 zur Genehmigung des Protokolls von Luxemburg im Namen der EU enthält in seinem Anhang eine Erklärung zur Zuständigkeit der EU in Fragen, die unter das Protokoll von Luxemburg fallen und für die die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit auf die Union übertragen haben. In den Erwägungsgründen 2, 3 und 7 des genannten Ratsbeschlusses wird klargestellt, dass die Union in diesen Bereichen über die ausschließliche Zuständigkeit verfügt.
Daher ist es wichtig und angemessen, dass bei Beschlüssen der Aufsichtsbehörde, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, die Ausübung von Stimmrechten in Bezug auf eine ORWI nach demselben Verfahren erfolgt wie im Rahmen des COTIF, d. h. dass die EU die Stimmrechte ihrer Mitgliedstaaten in Angelegenheiten ausübt, die in die Zuständigkeit der Union fallen (Substitution), indem sie alle Stimmen abgibt, auf die die Mitgliedstaaten Anspruch haben, gegebenenfalls im Einklang mit einem vorab festgelegten Standpunkt der Union.
Ein weiteres Beispiel für einen solchen Ansatz findet sich in Artikel 3 Absatz 8 der Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht.
Daher wird vorgeschlagen, den Entwurf der Geschäftsordnung der Aufsichtsbehörde vorbehaltlich der Vornahme von Änderungen zu genehmigen, die im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg dem Status der Europäischen Union als vollwertigem Mitglied der Aufsichtsbehörde Rechnung tragen, um sicherzustellen, dass ihre Rechte auf Vertretung und ihre Stimmrechte tatsächlich gewährleistet sind.
3.3.Vereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde des Protokolls von Luxemburg und der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) über die Funktionen des Sekretariats
Gemäß Artikel XII Absatz 6 des Protokolls von Luxemburg ist es Aufgabe der OTIF, nach Inkrafttreten des Protokolls die Rolle des Sekretariats der Aufsichtsbehörde zu übernehmen und die Tagungen der Aufsichtsbehörde in Bern (Schweiz) auszurichten.
In der geplanten Vereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde und der OTIF sind die genauen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben des Sekretariats der Aufsichtsbehörde festgelegt. Zu diesen Aufgaben gehört es u. a. die üblichen Arbeiten im Zusammenhang mit diesen Tagungen durchzuführen, etwa Einladungen zu den Sitzungen und Tagesordnungen zu erstellen sowie Dokumente, vorzubereiten und zu versenden, die für diese Sitzungen benötigt werden oder sich aus diesen Sitzungen ergeben, und gegenüber Dritten als Ansprechpartner für die Aufsichtsbehörde zu fungieren. In Vereinbarung ist vorgesehen, dass die OTIF das Recht haben sollte, in den Sitzungen der Aufsichtsbehörde ohne Stimmrecht vertreten zu sein, und dass sie für die Wahrnehmung der Aufgaben des Sekretariats der Aufsichtsbehörde finanziell entschädigt werden sollte.
Die Annahme dieser Vereinbarung ist notwendig, um die gute Organisation und Verwaltung der Arbeiten der Aufsichtsbehörde zu gewährleisten. Daher wird vorgeschlagen, ihre Annahme durch die Aufsichtsbehörde zu unterstützen.
3.4.Annahme der Registerordnung und Verfahren des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial
Die Registerordnung und Verfahren des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial werden von der Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 17 Absatz 2 Buchstaben d bis e des Übereinkommens von Kapstadt und im Einklang mit den Artikeln XIV, XV, XVI und XVII des Protokolls von Luxemburg erlassen. Sie bilden den rechtlichen Rahmen für die Verwaltung des Internationalen Registers.
Was das Verhältnis zwischen der URVIS-Kennung und der europäischen Fahrzeugnummer, die auf EU-Ebene durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission geregelt ist, betrifft, so sieht Abschnitt 5.3.1 dieser Registerordnung die Möglichkeit vor, eine nationale oder regionale Identifizierungsnummer mit ähnlichen Merkmalen wie die URVIS-Kennung und Kennzeichnungsregeln zu verwenden, die mindestens den in den Musterregeln festgelegten Mindeststandards entsprechen. Obwohl das im EU-Recht und das im Protokoll von Luxemburg vorgesehene Registrierungssystem beide die Identifizierung und Registrierung von rollendem Eisenbahnmaterial betreffen, dienen sie jeweils unterschiedlichen Zielen und Zwecken, nämlich ersteres operativen (technischen) und letzteres finanziellen. Infolgedessen können die beiden Systeme nebeneinander bestehen, und in Abhängigkeit von der Weiterentwicklung dieses Internationalen Registers und seiner Nutzung sowie der Weiterentwicklung des Europäischen Fahrzeugeinstellungsregisters, das derzeit durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission geregelt ist, sollte es möglich sein, dass die Europäische Union eine dauerhafte Komplementarität zwischen beiden Registern und Identifizierungssystemen anstrebt.
Da die Annahme der Registerordnung und Verfahren des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial erforderlich ist, um die Führung des Internationalen Registers sicherzustellen, und da diese Bestimmungen mit dem einschlägigen EU-Rechtsrahmen vereinbar sind, wird vorgeschlagen, ihre Annahme durch die Aufsichtsbehörde zu unterstützen.
3.5.Annahme der Musterregeln für die dauerhafte Identifizierung von rollendem Eisenbahnmaterial
Wie in Abschnitt 4.5 der Musterregeln dargelegt, sind die URVIS-Kennung und ihre Anbringung an rollendem Eisenbahnmaterial eine Ergänzung und berühren nicht die bestehenden Nummerierungssysteme, die gemäß geltenden Rechtsvorschriften über die Zulassung oder den Betrieb von rollendem Eisenbahnmaterial angewandt werden; sie ersetzen auch nicht die bestehenden Register oder Informationssysteme, die in Staaten oder Staatengruppen für den Betrieb von rollendem Eisenbahnmaterial eingesetzt werden, etwa für die Europäische Union das EVR und die EVN, die durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission geregelt sind.
Für die EU werden die Musterregeln dazu führen, dass beide Kennungen und auf Rollmaterial angebrachte Kennzeichnungen nebeneinander bestehen. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um die einzigen auf einem Fahrzeug angebrachten Kennzeichnungen handelt, das weitere betriebliche Kennzeichnungen, z. B. des Herstellers, aufweist.
Um sein Ziel zu erreichen, muss sich das Protokoll von Luxemburg auf ein klares Identifizierungs- und Kennzeichnungssystem stützen, das auf internationalen Standards beruht. Diese Musterregeln sehen einen vernünftigen Ansatz vor, der nicht im Widerspruch zum einschlägigen Rechtsrahmen der Europäischen Union steht. Daher wird vorgeschlagen, ihre Annahme durch die Aufsichtsbehörde zu unterstützen.
4.Rechtsgrundlage
4.1.Verfahrensrechtliche Grundlage
4.1.1.Grundsätze
Nach Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werden die „Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat“, durch Beschlüsse festgelegt.
Der Begriff „rechtswirksame Akte“ erfasst auch Akte, die kraft völkerrechtlicher Regelungen, denen das betreffende Gremium unterliegt, Rechtswirkung entfalten. Darunter fallen auch Instrumente, die völkerrechtlich nicht bindend, aber geeignet sind, „den Inhalt der vom Unionsgesetzgeber … erlassenen Regelung maßgeblich zu beeinflussen“.
4.1.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Die Aufsichtsbehörde ist ein Gremium, das durch eine Übereinkunft, nämlich gemäß Artikel XII des Protokolls zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials (im Folgenden „Protokoll von Luxemburg“) eingesetzt wird.
Die Akte, die die Aufsichtsbehörde annehmen soll, sind rechtwirksame Akte. Wie im vorstehenden Abschnitt erläutert, werden die vorgesehenen Akte nach den für das betreffende Gremium geltenden völkerrechtlichen Regelungen verbindlich und geeignet sein, den Inhalt von EU-Rechtsvorschriften, nämlich der Richtlinie (EU) 2016/797, des Beschlusses 2012/757/EU der Kommission und des Durchführungsbeschlusses (EU) 2018/1614 der Kommission, sowie die Beteiligung der Union am Funktionieren des Protokolls von Luxemburg, die mit dem Beschluss 2014/888/EU des Rates genehmigt wurde, zu beeinflussen.
Der institutionelle Rahmen des Übereinkommens wird durch die vorgesehenen Akte weder ergänzt noch geändert.
Somit ist Artikel 218 Absatz 9 AEUV die verfahrensrechtliche Grundlage für den vorgeschlagenen Beschluss.
4.2.Materielle Rechtsgrundlage
Die materielle Rechtsgrundlage für einen Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV hängt in erster Linie von Zweck und Inhalt des vorgesehenen Akts ab, zu dem ein im Namen der Union zu vertretender Standpunkt festgelegt wird. Liegt dem vorgesehenen Akt ein doppelter Zweck oder Gegenstand zugrunde und ist einer davon der wesentliche und der andere von untergeordneter Bedeutung, so muss der Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV auf eine einzige materielle Rechtsgrundlage gestützt werden, nämlich auf diejenige, die der wesentliche oder vorrangige Zweck oder Gegenstand verlangt.
Hauptzweck und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts betreffen den Eisenbahnverkehr. Somit ist Artikel 91 AEUV die materielle Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss.
4.3.Schlussfolgerung
Die Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss sollte Artikel 91 AEUV in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9 AEUV sein.
2024/0033 (NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union auf der 12. Sitzung des vorbereitenden Ausschusses für die Errichtung des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial und auf der 1. Tagung der Aufsichtsbehörde, die gemäß Artikel XII des Protokolls von Luxemburg zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials errichtet wird, zu vertreten ist
(Text von Bedeutung für den EWR)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Die Union hat in Bezug auf ihre Zuständigkeiten das am 23. Februar 2007 in Luxemburg angenommene Protokoll zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung (im Folgenden „Übereinkommen von Kapstadt“) betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials (im Folgenden „Protokoll von Luxemburg“) gemäß dem Beschluss 2014/888/EU des Rates vom 4. Dezember 2014 genehmigt und den Status einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration im Rahmen des Protokolls erworben.
(2)Die Aufsichtsbehörde des Protokolls von Luxemburg wird auf ihrer ersten Tagung am 8. März 2024 voraussichtlich unter anderem ihre Satzung und ihre Geschäftsordnung, die Vereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde und der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) über die Funktionen des Sekretariats der Aufsichtsbehörde sowie andere Akte im Zusammenhang mit der Errichtung und Funktionsweise des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial (Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe d des Übereinkommens von Kapstadt), insbesondere die Registerordnung des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial und die im Rahmen des Binnenverkehrsausschusses der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa entwickelten Musterregeln für die dauerhafte Identifizierung von rollendem Eisenbahnmaterial, annehmen.
(3)Es ist angezeigt, den im Namen der Union auf der ersten Tagung der Aufsichtsbehörde zu vertretenden Standpunkt festzulegen, da die Union Vertragspartei des Protokolls von Luxemburg ist und die von der Aufsichtsbehörde zu fassenden Beschlüsse zur Annahme völkerrechtlich verbindlicher Akte führen können, die geeignet sind, die Beteiligung der Union an dem genannten Gremium sowie den Inhalt von EU-Rechtsvorschriften maßgeblich zu beeinflussen, und zwar der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union (Neufassung), der Verordnung (EU) 2016/796 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Eisenbahnagentur der Europäischen Union, des Beschlusses 2012/757/EU der Kommission vom 14. November 2012 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union und zur Änderung der Entscheidung 2007/756/EG und des Durchführungsbeschlusses (EU) 2018/1614 der Kommission vom 25. Oktober 2018 zur Festlegung von Spezifikationen für die Fahrzeugeinstellungsregister nach Artikel 47 der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Änderung und Aufhebung der Entscheidung 2007/756/EG der Kommission.
(4)Es wird erwartet, dass die Aufsichtsbehörde ihren Satzungsentwurf annimmt, in dem Aspekte wie Rechtspersönlichkeit, Aufgaben und Verwaltungsrahmen festgelegt werden, wie dies im Übereinkommen von Kapstadt und im Protokoll von Luxemburg gefordert wird. Die Annahme der Satzung ist eine Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Aufsichtsbehörde und sollte daher unterstützt werden. Es sollte eine geringfügige Änderung der Bestimmung über die Zusammensetzung der Aufsichtsbehörde vorgeschlagen werden, um den Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg (Artikel XII Absatz 1) zu präzisieren.
(5)Es wird ferner erwartet, dass die Aufsichtsbehörde ihren Geschäftsordnungsentwurf annimmt, in dem Aspekte wie Sitzungsregeln, Vertretungsregeln, Anträge und Beschlüsse sowie Abstimmungsverfahren festgelegt sind. Der derzeitige Entwurf der Geschäftsordnung steht jedoch nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg, in denen der Status von Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration als gleichwertig mit dem von Vertragsstaaten anerkannt wird, denn der Entwurf führt ungerechtfertigte Unterscheidungen ein zwischen einerseits Vertragsstaaten an sich, die berechtigt sind, vertreten zu werden und über von der Aufsichtsbehörde zu fassende Beschlüsse abzustimmen, und andererseits Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die nicht ausdrücklich als Mitglieder der Aufsichtsbehörde bezeichnet werden. Es ist daher erforderlich, Änderungen der Geschäftsordnung vorzuschlagen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedschaft und die Stimmrechte der Europäischen Union in der Aufsichtsbehörde im Einklang mit den Bestimmungen des Protokolls von Luxemburg tatsächlich vorgesehen sind, einschließlich Abstimmungsregeln in Angelegenheiten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen. Die übrigen Bestimmungen des Entwurfs der Geschäftsordnung sollten jedoch unterstützt werden.
(6)Gemäß Artikel XII Absatz 6 des Protokolls von Luxemburg ist es Aufgabe der OTIF, die Rolle des Sekretariats der Aufsichtsbehörde zu übernehmen, sobald das Protokoll in Kraft tritt. In der geplanten Vereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde und der OTIF sind die genauen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben des Sekretariats der Aufsichtsbehörde festgelegt. Die Annahme dieser Vereinbarung ist notwendig, um die gute Verwaltung der Arbeiten der Aufsichtsbehörde zu gewährleisten, und sollte daher unterstützt werden.
(7)Gemäß Artikel 17 des Übereinkommens von Kapstadt und Artikel XII des Protokolls von Luxemburg muss die Aufsichtsbehörde für die Errichtung des Internationalen Registers für rollendes Eisenbahnmaterial sorgen. Sie stellt ferner sicher, dass ein wirksames, auf Mitteilungen basierendes elektronisches System zur Verwirklichung der Ziele des Protokolls von Luxemburg besteht, indem erforderlichenfalls Registerordnung und Verfahren für das Internationale Register erstellt, überarbeitet und geändert werden. Diese Registerordnung und Verfahren werden von der Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 17 Absatz 2 Buchstaben d bis e des Übereinkommens von Kapstadt und im Einklang mit den Artikeln XIV, XV, XVI und XVII des Protokolls von Luxemburg erlassen. Sie sind erforderlich, um den Rechtsrahmen für die Führung des Internationalen Registers zu schaffen, insbesondere im Hinblick auf die Beantragung und Zuweisung der Kennung des Systems zur eindeutigen Identifizierung von Schienenfahrzeugen (Unique Rail Vehicle Identification System, URVIS). Innerhalb der EU ist die Registrierung und Identifizierung von rollendem Eisenbahnmaterial auch durch die Richtlinie (EU) 2016/797 und den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1614 der Kommission geregelt, die unter anderem Spezifikationen für eine europäische Fahrzeugnummer (EVN) und ein europäisches Fahrzeugeinstellungsregister (EVR) enthalten. Obwohl das im EU-Recht und das im Protokoll von Luxemburg vorgesehene System beide die Identifizierung und Registrierung von rollendem Eisenbahnmaterial betreffen, dienen sie jeweils unterschiedlichen Zielen und Zwecken, nämlich ersteres operativen (technischen) und letzteres finanziellen. Infolgedessen stehen die Rechtsvorschriften derzeit nicht im Widerspruch zueinander, und die beiden Systeme können nebeneinander bestehen. Es sollte daher möglich sein, dass die Union eine dauerhafte Komplementarität zwischen diesen Registern und Identifizierungssystemen anstrebt. Da die Annahme dieser Regeln erforderlich ist, um die Führung des Internationalen Registers zu gewährleisten, und da diese Vorschriften mit dem EU-Rechtsrahmen vereinbar sind und mit diesem im Einklang stehen, sollte ihre Annahme durch die Aufsichtsbehörde unterstützt werden.
(8)Um sein Ziel zu erreichen, muss sich das Protokoll von Luxemburg auf ein klares Identifizierungs- und Kennzeichnungssystem für rollendes Eisenbahnmaterial stützen, das auf internationalen Normen beruht. Die geplanten Musterregeln für die dauerhafte Identifizierung von rollendem Eisenbahnmaterial schaffen einen Rahmen für die Zuweisung der URVIS-Kennung und ihre Anbringung an rollendem Eisenbahnmaterial. Gemäß diesen Musterregeln erfolgt die Anbringung der URVIS-Kennung zusätzlich zu einem etwaigen anderen bestehenden Kennzeichnungssystem wie dem EU-System gemäß dem Beschluss 2012/757/EU der Kommission. Diese Musterregeln stehen nicht im Widerspruch zum geltenden einschlägigen Rechtsrahmen der Europäischen Union. Daher wird vorgeschlagen, ihre Annahme durch die Aufsichtsbehörde zu unterstützen —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Der Standpunkt, der im Namen der Union auf der zwölften Tagung des vorbereitenden Ausschusses und auf der ersten Tagung der Aufsichtsbehörde des am 23. Februar 2007 in Luxemburg angenommenen Protokolls zum Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung betreffend Besonderheiten des rollenden Eisenbahnmaterials zu vertreten ist, ist im Anhang festgelegt.
Geringfügige Änderungen der im Anhang dieses Beschlusses dargelegten Standpunkte können ohne weiteren Beschluss des Rates von den Vertretern der Union in dem Ausschuss vereinbart werden.
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident /// Die Präsidentin