Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52022XX1201(01)

    Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Unionüber ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit 2022/C 458/04 (Der vollständige Text dieser Stellungnahme ist in englischer, französischer und deutscher Sprache auf der Internetpräsenz des EDSB unter https://edps.europa.eu erhältlich.)

    ABl. C 458 vom 1.12.2022, p. 4–6 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    1.12.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 458/4


    Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Unionüber ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

    (2022/C 458/04)

    (Der vollständige Text dieser Stellungnahme ist in englischer, französischer und deutscher Sprache auf der Internetpräsenz des EDSB unter https://edps.europa.eu erhältlich.)

    Am 18. August 2022 legte die Europäische Kommission gemäß Artikel 218 AEUV eine Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Union über ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (im Folgenden „Übereinkommen“) vor.

    In Anbetracht des „grenzüberschreitenden“ Charakters der künstlichen Intelligenz begrüßt der EDSB das vom Europarat verfolgte allgemeine Ziel, das erste rechtsverbindliche internationale Instrument zur künstlichen Intelligenz auszuarbeiten, das auf den Standards des Europarats zu Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beruht. Dementsprechend unterstützt der EDSB die Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Union über das Übereinkommen und begrüßt die Rolle der Union bei der Förderung einer vertrauenswürdigen künstlichen Intelligenz, die mit den Werten der Union übereinstimmt.

    Der EDSB nimmt die Tatsache zur Kenntnis, dass der Gegenstand des Übereinkommens in der EU durch das vorgeschlagene Gesetz über künstliche Intelligenz geregelt werden würde, und erkennt das Ziel der Kommission an, sicherzustellen, dass das Übereinkommen mit dem vorgeschlagenen Gesetz über künstliche Intelligenz vereinbar ist, wobei künftige Entwicklungen im Legislativverfahren berücksichtigt werden. Der EDSB ist jedoch der Ansicht, dass das Übereinkommen eine wichtige Möglichkeit darstellt, das vorgeschlagene Gesetz über künstliche Intelligenz zu ergänzen, indem der Schutz der Grundrechte aller von KI-Systemen betroffenen Personen gestärkt wird, und spricht sich daher dafür aus, dass das Übereinkommen klare und starke Garantien für die von der Nutzung von KI-Systemen betroffenen Personen bietet.

    In Anbetracht der obigen Ausführungen formuliert der EDSB vier Hauptempfehlungen zu den Verhandlungsrichtlinien:

    Bei den allgemeinen Zielen für die Aushandlung des Übereinkommens sollten der Schutz und die Rechte der natürlichen Personen und der Gruppen von natürlichen Personen, die von KI-Systemen berührt sind, stärker in den Vordergrund gerückt werden, in Übereinstimmung mit dem primären Fokus und den Zielen des Europarates;

    Es sollte ein ausdrücklicher Verweis auf die Übereinstimmung des Übereinkommens mit dem bestehenden EU-Rechtsrahmen für den Datenschutz in eine spezielle Richtlinie aufgenommen werden;

    Im Einklang mit dem risikobasierten Ansatz sollte das Ziel eines Verbots von KI-Systemen, die unannehmbare Risiken darstellen, eingeführt werden;

    Durch das Übereinkommen sollte die Einführung des Konzeptes des Datenschutzes durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellungen in jedem Schritt des Lebenszyklus von KI-Systemen gefördert werden.

    Darüber hinaus enthält diese Stellungnahme weitere Empfehlungen zur Aufnahme von Mindestverfahrensgarantien in das Übereinkommen sowie von Mindestanforderungen an Transparenz, Erklärbarkeit und Überprüfbarkeit, Einhaltung und Kontrollmechanismen, zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den von den Vertragsparteien des Übereinkommens zu benennenden zuständigen Behörden für die Überwachung der gemäß dem Übereinkommen zu gewährenden Garantien und Rechte.

    1.   EINLEITUNG

    1.

    Am 18. August 2022 legte die Europäische Kommission gemäß Artikel 218 AEUV eine Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Union über ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (1) (im Folgenden „Empfehlung“) vor.

    2.

    Ziel der Empfehlung ist es, die Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Union über ein künftiges Übereinkommen des Europarates über KI, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (im Folgenden „Übereinkommen“) zu genehmigen, Verhandlungsrichtlinien anzunehmen und die Kommission als Verhandlungsführer der Union zu benennen (2).

    3.

    In der Begründung (3) weist die Kommission darauf hin, dass die Verhandlungen über das Übereinkommen unter die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, auch angesichts der sehr großen Überschneidungen hinsichtlich des Anwendungsbereichs und des Inhalts zwischen dem vom Ausschuss über künstliche Intelligenz (CAI) des Europarates vorgelegten Vorentwurf des Übereinkommens auf der einen Seite und dem vorgeschlagenen Gesetz über künstliche Intelligenz (im Folgenden „vorgeschlagenes KI-Gesetz“) (4) auf der anderen Seite (5).

    4.

    In der Begründung (6) der Empfehlung wird darauf hingewiesen, dass im Vorentwurf vorgeschlagen wird, die folgenden Bestimmungen aufzunehmen:

    Zweck und Anwendungsbereich des (Rahmen-)Übereinkommens;

    Begriffsbestimmungen für die Begriffe KI-System, Lebenszyklus, Anbieter, Nutzer und „KI-Subjekt“;

    bestimmte wesentliche Grundsätze, Verfahrensgarantien und Rechte der KI-Subjekte, die für alle KI-Systeme unabhängig von ihrem Risikoniveau gelten würden;

    zusätzliche Maßnahmen für den öffentlichen Sektor sowie für KI-Systeme, die anhand einer Risiko- und Folgenabschätzungsmethode als mit einem „unannehmbaren“ und „erheblichen“ Risiko behaftet eingestuft wurden (später in einem Anhang des Übereinkommens festzulegen);

    Follow-up- und Kooperationsmechanismus zwischen den Vertragsparteien;

    Schlussbestimmungen mit der Möglichkeit, dass EU-Mitgliedstaaten in Belangen, die unter das Übereinkommen fallen, in ihren gegenseitigen Beziehungen EU-Recht anwenden, und der Möglichkeit, dass die Union dem Übereinkommen beitreten kann.

    5.

    In den Erwägungsgründen 6 und 7 der Empfehlung wird darauf hingewiesen, dass der Abschluss des Übereinkommens bestehende und vorhersehbare künftige gemeinsame Regeln der Union beeinträchtigen kann. Um die Integrität des Unionsrechts zu schützen und den Fortbestand der Kohärenz zwischen den Regeln des Völkerrechts und denen des Unionsrechts sicherzustellen, sollte die Kommission dazu ermächtigt werden, im Namen der Union das Übereinkommen auszuhandeln.

    6.

    Mit der vorliegenden Stellungnahme des EDSB wird das Konsultationsersuchen der Kommission vom 18. August 2022 gemäß Artikel 42 Absatz 1 der EU-DSVO (7) beantwortet. Der EDSB begrüßt, dass in Erwägungsgrund 8 der Empfehlung auf diese Konsultation verwiesen wird.

    8.   SCHLUSSFOGERUNGEN

    49.

    Vor diesem Hintergrund spricht der EDSB folgende Empfehlungen aus:

    (1)

    Dem Ziel, „ein hohes Maß an Schutz der Menschenrechte und die Wahrung der europäischen Werte zu gewährleisten“ sollte im Einklang mit dem Wesen und dem Mandat des Europarates mehr Gewicht verliehen werden.

    (2)

    Das Wort „auch“ nach „mit dem EU-Binnenmarktrecht und anderen Bereichen des EU-Rechts vereinbar“ in den Richtlinien 5 und 11 sollte gestrichen werden, um dem Zusammenspiel zwischen allgemeinen Grundsätzen und Grundrechten einerseits und dem Sekundärrecht (EU-Binnenmarktrecht und andere Rechtsbereiche) andererseits besser Rechnung zu tragen.

    (3)

    Es sollte eine Richtlinie hinzugefügt werden, die an die Notwendigkeit erinnert, das richtige Gleichgewicht zwischen dem öffentlichen Interesse und den Interessen der Personen, die von KI-Systemen berührt sind, zu finden und die vollständige Einhaltung der Grundrechte auf Privatsphäre und auf den Schutz personenbezogener Daten sowie der anderen betroffenen, Grundrechte, insbesondere des Rechts auf Unschuldsvermutung und auf ein faires Verfahren, dem Recht auf eine gute Verwaltung und dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung sicherzustellen.

    (4)

    In einer Richtlinie sollte festgelegt werden, dass das Übereinkommen verfahrenstechnisch bestimmte Mindestverfahrensgarantien und Rechte für die von der Nutzung der KI-Systeme betroffenen Personen vorsehen sollte.

    (5)

    In einer Richtlinie sollte festgelegt werden, dass das Übereinkommen Mindestanforderungen an die Transparenz, Erklärbarkeit und Überprüfbarkeit von KI-Systemen vorsehen sollte.

    (6)

    Es sollte in der Richtlinie 14 die Vorgabe aufgenommen werden, dass die von KI-Systemen ausgehenden Risiken für die Gesellschaft/Gruppen ebenfalls bewertet und gemildert werden müssen.

    (7)

    In den Verhandlungsrichtlinien sollte vorgesehen werden, dass bestimmte KI-Systeme, die mit unannehmbaren Risiken behaftet sind, verboten werden sollten, und es sollte eine unverbindliche Liste solcher KI-Systeme vorgesehen werden.

    (8)

    Es sollte eine Verhandlungsrichtlinie vorgesehen werden, wonach das Übereinkommen die Einführung des Konzeptes des Datenschutzes durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellungen in jedem Schritt des Lebenszyklus von KI-Systemen fördern sollte.

    (9)

    Der Inhalt der Richtlinie 17 sollte wie folgt näher ausgeführt werden:

    Es muss eine Ex-ante-Konformitätsbewertung durch Dritte für Hochrisiko-KI durchgeführt werden;

    Hochrisiko-KI-Systeme sollten einem neuen Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen werden, wenn sie wesentlich geändert werden;

    Es sollte der Gegenstand und die Rechtswirkung von Zertifizierungen angegeben werden;

    Es sollte angegeben werden, dass technische Normen einerseits eine positive Auswirkung auf die Harmonisierung von Produkten und Dienstleistungen haben können. Andererseits besteht ihre Rolle darin, technische Spezifikationen für bereits gesetzlich festgelegte Regeln zu liefern.

    (10)

    Es sollte eine Richtlinie aufgenommen werden, nach der das Übereinkommen vorsehen sollte, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden mit angemessenen Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnissen ausgestattet werden müssen.

    (11)

    Es sollte eine Verhandlungsrichtlinie hinzugefügt werden, die sicherstellt, dass das Übereinkommen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden erleichtert und fördert.

    Brüssel, den 13. Oktober 2022.

    Wojciech Rafał WIEWIÓROWSKI


    (1)  COM(2022) 414 final.

    (2)  COM(2022) 414 final, S. 3.

    (3)  COM(2022) 414 final, S. 5.

    (4)  Vorschlag für eine Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union, COM(2021) 206 final.

    (5)  Siehe auch Erwägungsgrund 5 der Empfehlung.

    (6)  COM(2022) 414 final, S. 2 und 3.

    (7)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).


    Top