EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 3.8.2022
COM(2022) 381 final
2022/0232(COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates zur Einführung einer Buchführung über die Ausgaben für die Verkehrswege des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs und der Verordnung (EG) Nr. 851/2006 der Kommission zur Festlegung des Inhalts der verschiedenen Positionen der Verbuchungsschemata des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
Dieser Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 und der Verordnung (EG) Nr. 851/2006 wird im Rahmen des REFIT-Programms der Kommission und ihrer Verpflichtung zu einer besseren Rechtsetzung vorgelegt. Ziel ist die Gewährleistung eines Rechtsrahmens, der zweckmäßig und von hoher Qualität ist, wie in der Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung dargelegt. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission festgestellt, dass diese Rechtsakte hinfällig sind, und schlägt deshalb ihre Aufhebung vor.
Die Kommission hat ihre Absicht, die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 aufzuheben, in ihrem Arbeitsprogramm für 2020 angekündigt. Gestützt auf Artikel 91 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (früher Artikel 71 EGV und Artikel 75 EWG-Vertrag) schreibt die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 die Erhebung von Daten über die Ausgaben für die Verkehrswege des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs sowie die Erstellung von Statistiken über die Benutzung der entsprechenden Verkehrswege vor. Hauptziel der Verordnung war die Erhebung von Informationen über die Ausgaben für die Verkehrswege und die Benutzung der Verkehrswege in den Mitgliedstaaten für die Entwicklung eines Abgeltungssystems für die Benutzung der Verkehrswege im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik.
Angesichts der Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten bei der Meldung der geforderten Daten wurde die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 durch die Verordnung (EWG) Nr. 1384/79 des Rates geändert. Mit jener Verordnung wurden Vereinfachungen eingeführt und Korrekturen vorgenommen, um die Datenanforderungen zu verringern. Vier weitere Änderungen der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 erfolgten nach dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten.
Darüber hinaus enthält die Verordnung (EWG) Nr. 2598/70 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2116/78 der Kommission, die Verordnung (EG) Nr. 906/2004 der Kommission und die Verordnung (EG) Nr. 851/2006 der Kommission geänderten Fassung Definitionen für einige der Posten, die unter den verschiedenen Positionen der Verbuchungsschemata gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 erfasst werden sollten.
Gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 sollte die Kommission dem Rat jedes Jahr einen zusammenfassenden Bericht mit den wichtigsten Statistiken über die Ausgaben für die Verkehrswege und über die Benutzung der Verkehrswege vorlegen. Bislang hat die Kommission 15 Berichte vorgelegt. Der 15. Bericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Ausgaben und die Benutzung der Verkehrswege des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffverkehrs, der Daten von 1987 bis 1989 umfasst, wurde 1994 veröffentlicht. Trotz wiederholter Erinnerungen haben mehrere Mitgliedstaaten nicht alle Daten für die Berichtsjahre übermittelt oder die Daten nicht in der durch die Verordnung vorgeschriebenen Form vorgelegt. Dies beeinträchtigte die Ordnungsmäßigkeit der Veröffentlichungen und führte dazu, dass keine EU-Aggregate berechnet werden konnten.
Die Kommission hat seit 1998 keine neuen Berichte erstellt, vor allem weil sie kaum Daten von den Mitgliedstaaten erhalten hat und die Daten, die sie erhalten hat, größtenteils unvollständig waren. Seit 2005 haben auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 nur vier Mitgliedstaaten der Kommission Daten zu Infrastrukturinvestitionen übermittelt.
Darüber hinaus sind die in der Verordnung verwendeten Definitionen und Klassifikationen hinfällig geworden. Die auffälligsten Beispiele sind die Abschnitte A.1 und A.2 des Anhangs II der Verordnung, in denen alle Eisenbahnunternehmen in Europa aufgeführt sind, für die die Mitgliedstaaten die jeweiligen Infrastrukturausgaben erheben sollten, wobei der Prozess der Marktöffnung des Eisenbahnsektors, der durch die verschiedenen Eisenbahnpakete eingeleitet wurde, und die Veränderungen bei der Governance, insbesondere die Trennung zwischen Infrastrukturbetreibern und Eisenbahnunternehmen, die bei einigen der im Anhang genannten Unternehmen erfolgt ist, außer Acht gelassen wurden. Es ist auch nicht empfehlenswert, in einem Rechtsakt die Firmennamen der Eisenbahnunternehmen aufzuführen, da sich diese im Laufe der Zeit aufgrund von Umstrukturierungen ändern können, wodurch der Anhang schnell hinfällig wird.
Darüber hinaus sind viele Konzepte und Klassifikationen veraltet (z. B. Personenzüge, die als „Fernschnell- und Schnellzüge“ und „Sonstige Züge“ klassifiziert wurden; Güterzüge, die als „Eilgutzüge“ und „Frachtgutzüge“ klassifiziert wurden; „Leistungskilometer“, die in der Regel einfach als „Kilometer“ bezeichnet werden) und es fehlt ihnen an einer angemessenen Definition. Andere sind mit den derzeitigen Klassifikationen unvereinbar. So werden in der Verordnung beispielsweise Angaben für die Kategorie „Lieferkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als 3 Tonnen“ verlangt, während die derzeitigen Rechtsvorschriften – die Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 und (EG) Nr. 1072/2009 – auf leichte Nutzfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,5 und 3,5 t ausgerichtet sind.
2.Ergebnisse der Konsultation interessierter Kreise und interne Bewertung
2.1. Konsultation
Im Jahr 2017 führte die Kommission eine gezielte Konsultation der nationalen statistischen Ämter zu den Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der Anforderungen der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 durch. Die wichtigste Schlussfolgerung der Konsultation lautete, dass Daten über die Ausgaben für die Verkehrswege im Allgemeinen auf Ebene der Ministerien verfügbar waren, wenn auch nicht in dem durch die Rechtsvorschriften verlangten Detaillierungsgrad. Verkehrsstatistiken über die Benutzung der Verkehrswege waren in geringerem Maße verfügbar. Diese Informationen werden im Allgemeinen von den nationalen statistischen Ämtern gemäß verschiedenen sektoralen Statistikverordnungen erhoben (Verordnung (EU) Nr. 70/2012 über die statistische Erfassung des Güterkraftverkehrs, Verordnung (EU) 2018/974 über die Statistik des Güterverkehrs auf Binnenwasserstraßen und Verordnung (EU) 2018/643 über die Statistik des Eisenbahnverkehrs). Die in der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 geforderten Aufschlüsselungen sind jedoch größtenteils nicht verfügbar.
Auf der Grundlage der Informationen aus den 15 Berichten und der Konsultation der nationalen statistischen Ämter hat die zuständige Kommissionsdienststelle die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 im Hinblick auf Wirksamkeit und Effizienz, Kohärenz, Relevanz und EU-Mehrwert bewertet.
Wirksamkeit und Effizienz: Aufgrund des geringen verlangten Detaillierungsgrads und der technischen Schwierigkeiten bei der Datenerhebung ist die Datenerhebung gemäß der Verordnung für die Mitgliedstaaten nach wie vor übermäßig aufwendig anstatt wirksam und effizient.
Kohärenz: Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 überschneidet sich teilweise mit anderen, neueren Vorschriften für die Datenerhebung, die derzeit in Kraft sind. Bei den Daten über Infrastrukturausgaben besteht die deutlichste Überschneidung mit der Datenerhebung im Rahmen der TEN-V-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1315/2013), bei der eine erhebliche Menge an technischen und finanziellen Informationen über das TEN-V-Kernnetz und das TEN-V-Gesamtnetz erfasst wird. Auch im Rahmen der auf der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1100 der Kommission beruhenden Erhebung zur Überwachung des Schienenverkehrsmarktes (Rail Market Monitoring Survey) werden Informationen über den Schienenverkehr in Europa erhoben, einschließlich zu den Ausgaben für die Instandhaltung, die Erneuerung, den Ausbau und den Neubau von Eisenbahninfrastruktur. Was die Daten zur Infrastrukturbenutzung betrifft, so erstellt Eurostat verschiedene Statistiken über den Straßengüterverkehr, den Schienenverkehr und die Binnenschifffahrt, die sich teilweise mit den Verkehrsindikatoren der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 überschneiden. Das Weltverkehrsforum (ITF/OECD) erhebt seit 1995 regelmäßig von seinen Mitgliedern Informationen über Verkehrsinfrastruktur und ‑instandhaltung und veröffentlicht Zahlen zu den Ausgaben für Straßen (sowie separate Daten für Autobahnen), Schienenwege, Binnenwasserstraßen, Seehäfen und Flughäfen. Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 steht daher im Widerspruch zu diesen neueren Rechtsakten, nach denen die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Daten über Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zu übermitteln, bzw. ist mit diesen nicht vereinbar.
Relevanz: Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 wurde zu einer Zeit ausgearbeitet, als die drei Landverkehrsträger die größte Rolle in der Verkehrspolitik der neun Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft spielten. Der Landverkehr ist nach wie vor der wichtigste Verkehrsträger in Europa, doch durch den Globalisierungsprozess und die zunehmende Zugänglichkeit und Anbindung des Luftverkehrs richtet sich die Aufmerksamkeit zusätzlich auf die Infrastrukturausgaben für Seehäfen und den Luftverkehr, die nicht unter die Verordnung fallen.
EU-Mehrwert: Es stellt einen eindeutigen Mehrwert dar, eine einzige Datenquelle für Verkehrsinfrastrukturausgaben auf europäischer Ebene zu haben (die derzeit fehlt), anstatt diese Informationen von jedem Mitgliedstaat getrennt zu erhalten. Aufgrund des geringen verlangten Detaillierungsgrads und der technischen Schwierigkeiten bei der Datenerhebung haben jedoch nur vier Mitgliedstaaten diese Informationen gemeldet. Die eingegangenen Informationen werden nicht für politische Initiativen oder technische Analysen verwendet.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 hinfällig geworden ist und die Daten, die im Rahmen der Verordnung erhoben worden wären, nun entweder aus anderen Quellen verfügbar sind oder nicht mehr in der von der Verordnung geforderten Form benötigt werden. Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 sollte daher aufgehoben werden. Dadurch werden Widersprüche in der EU-Rechtsordnung beseitigt und die EU-Rechtsvorschriften vereinfacht, indem ein inzwischen überholter Rechtsakt abgeschafft wird.
Die Verordnung (EG) Nr. 851/2006 der Kommission zur Festlegung des Inhalts der verschiedenen Positionen der Verbuchungsschemata des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates sollte ebenfalls aufgehoben werden.
2.2. Auswirkungen der Aufhebung
Auf der Grundlage der Analyse der Informationen aus den 15 Berichten und der seit 2015 von nur vier Mitgliedstaaten übermittelten Daten werden die Auswirkungen einer Aufhebung der Verordnung als unerheblich angesehen.
Für die vier Mitgliedstaaten, die derzeit Daten melden, wird der Verwaltungsaufwand verringert.
3.Rechtliche Aspekte
Der Vorschlag sieht die Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 851/2006 der Kommission vor.
2022/0232 (COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates zur Einführung einer Buchführung über die Ausgaben für die Verkehrswege des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs und der Verordnung (EG) Nr. 851/2006 der Kommission zur Festlegung des Inhalts der verschiedenen Positionen der Verbuchungsschemata des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission haben in der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016 gemeinsam ihre Entschlossenheit zur Aktualisierung und Vereinfachung der Rechtsvorschriften bekräftigt.
(2)Im Hinblick auf die Bereinigung und die Verringerung des Umfangs des geltenden Rechts ist es angemessen, die Rechtsvorschriften regelmäßig zu überprüfen und festzustellen, welche Rechtsakte hinfällig geworden sind. Die Aufhebung hinfälliger Rechtsvorschriften ist nützlich, um dafür zu sorgen, dass der rechtliche Rahmen transparent und eindeutig ist und von Mitgliedstaaten und den Betroffenen leicht angewendet werden kann.
(3)Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 des Rates sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, über die Ausgaben für die Verkehrswege des Schienen-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs Bericht zu erstatten sowie Angaben über die Benutzung der Verkehrswege zu übermitteln.
(4)Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 stützt sich auf überholte Bestimmungen und Definitionen und steht im Widerspruch zu anderen, neueren Rechtsakten, die derzeit in Kraft sind und nach denen die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Daten über Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und über die Infrastrukturbenutzung zu melden, bzw. ist mit diesen nicht vereinbar.
(5)Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 ist mit übermäßigen administrativen Schwierigkeiten bei der Datenerhebung verbunden. Seit 2005 haben nur vier Mitgliedstaaten die in der Verordnung vorgeschriebenen Daten übermittelt.
(6)Die Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 sollte daher aufgehoben werden, um Widersprüche in der Rechtsordnung der Union zu beseitigen, und dies sollte zur Vereinfachung der EU-Rechtsvorschriften beitragen, indem ein inzwischen überholter Rechtsakt abgeschafft wird.
(7)Da die Verordnung (EG) Nr. 851/2006 der Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 dient, wird sie mit der Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 gegenstandslos. Die Verordnung (EG) Nr. 851/2006 sollte daher ebenfalls aufgehoben werden —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Die Verordnungen (EWG) Nr. 1108/70 und (EG) Nr. 851/2006 werden aufgehoben.
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Die Präsidentin
Der Präsident /// Die Präsidentin