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Document 52022PC0313

Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen, in Anbetracht der Invasion der Ukraine durch Russland, in Bezug auf von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellte Fahrerdokumente

COM/2022/313 final

Brüssel, den 20.6.2022

COM(2022) 313 final

2022/0204(COD)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen, in Anbetracht der Invasion der Ukraine durch Russland, in Bezug auf von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellte Fahrerdokumente

(Text von Bedeutung für den EWR)


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

In den ersten zehn Wochen der russischen Invasion in der Ukraine, die am 24. Februar 2022 begann, haben mehr als fünf Millionen Menschen auf der Flucht vor dem bewaffneten Konflikt die Ukraine verlassen und in den Nachbarländern, vor allem in der Europäischen Union, Zuflucht gesucht. 1 Bereits am 4. März 2022 stellte die EU einen Massenzustrom von Vertriebenen aus der Ukraine fest und bot den Vertriebenen vorübergehenden Schutz. 2 Im Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 sind die Personengruppen festgelegt, die nach nationalem Recht Anspruch auf vorübergehenden oder angemessenen Schutz haben. Der vorübergehende Schutz beinhaltet das Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für die gesamte Dauer des Schutzes sowie das Recht auf Zugang zu u. a. Unterkunft, Schulen, Gesundheitsversorgung und Arbeitsplätzen. Ein von einem Mitgliedstaat erteilter Aufenthaltstitel begründet das Recht, 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen in der Union zu reisen.

Ein Führerschein verbessert die Mobilität seines Inhabers und erleichtert den Alltag, da er das Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen ermöglicht. In dem hier gegebenen Kontext fördert er die Teilhabe von Personen, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird, an wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten in ihrem neuen Umfeld.

Gemäß Artikel 41 des 1968 in Wien geschlossenen Übereinkommens über den Straßenverkehr (im Folgenden „Wiener Übereinkommen“) erkennt jede Vertragspartei unter bestimmten Voraussetzungen die von einer anderen Vertragspartei ordnungsgemäß ausgestellten nationalen und/oder internationalen Führerscheine an. Die Ukraine und 23 Mitgliedstaaten haben das Wiener Übereinkommen ratifiziert und wenden seine Bestimmungen in den Beziehungen zwischen ihnen an; Spanien hat das Wiener Übereinkommen jedoch nicht ratifiziert und Zypern, Malta und Irland sind keine Vertragsparteien des Wiener Übereinkommens.

Die Vorschriften und Verfahren für die Anerkennung und den Umtausch von Führerscheinen aus Drittstaaten unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, u. a. in Abhängigkeit von den jeweiligen Bestimmungen in ihren nationalen Rechtsvorschriften oder den bestehenden bilateralen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem betreffenden Drittland. Für Personen mit einem von der Ukraine ausgestellten gültigen Führerschein, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird, sollte für die Dauer des vorübergehenden Schutzes ein harmonisierter Rahmen für die Anerkennung von Führerscheinen im Gebiet der Union geschaffen werden.

Generell sollten Personen mit einem von der Ukraine ausgestellten gültigen Führerschein, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird, ihren Führerschein im Hoheitsgebiet der EU verwenden können, solange der vorübergehende Schutz andauert. Angesichts des vorübergehenden Charakters des Schutzes sollte es nicht nötig sein, einen ukrainischen Führerschein gegen einen von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein umzutauschen. Dies entlastet die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erheblich, da sie andernfalls möglicherweise Millionen ukrainischer Führerscheine umtauschen müssten. Gleichzeitig müssen Personen, die nach nationalem Recht vorübergehenden oder angemessenen Schutz genießen, nicht sofort eine weitere theoretische und/oder praktische Führerscheinprüfung – für sie häufig in einer Fremdsprache – ablegen und/oder sich in dem Mitgliedstaat ihres vorübergehenden Aufenthalts einer ärztlichen Untersuchung unterziehen.

Gemäß dem Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr können die Vertragsparteien verlangen, dass der Inhaber eines von einer anderen Vertragspartei ausgestellten Führerscheins zusätzlich zum nationalen Führerschein einen internationalen Führerschein (auf der Grundlage eines harmonisierten Formats) besitzt. Die diesbezüglichen Praktiken unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, wobei in einigen Mitgliedstaaten von Inhabern ukrainischer Führerscheine insbesondere häufig dann ein internationaler Führerschein verlangt wird, wenn die nationalen Führerscheine ausschließlich in kyrillischen Buchstaben abgefasst sind, während dies in anderen Mitgliedstaaten anders gehandhabt wird.  Solange der Krieg in der Ukraine anhält, ist es für Inhaber ukrainischer Führerscheine fast unmöglich, einen von den zuständigen ukrainischen Behörden ausgestellten internationalen Führerschein zu erhalten. Personen, die nach nationalem Recht vorübergehenden oder angemessenen Schutz genießen, sollten daher zumindest für die Dauer des vorübergehenden Schutzes von der Pflicht befreit werden, zusätzlich zum ukrainischen einen internationalen Führerschein zu besitzen. Unter diesen außergewöhnlichen Umständen sollte auch auf eine beglaubigte Übersetzung bestehender ukrainischer Führerscheine verzichtet werden, da diese sich als kostspielig erweisen kann und für Personen, die bei der Flucht aus ihrem Land möglicherweise alle Ersparnisse verloren haben, zusätzliche Kosten verursachen würde. Darüber hinaus sind in der gesamten Europäischen Union nur wenige ermächtigte Übersetzer außerhalb großer Städte niedergelassen, und die Erbringung beglaubigter Übersetzungen erfordert häufig die persönliche Vorlage der Originaldokumente.

Ähnliches gilt für die Befähigungsnachweise von Bus- und Lkw-Fahrern. Im Einklang mit der Richtlinie 2003/59/EG 3 , die die Ukraine bereits für Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr umgesetzt hat, haben solche Befähigungsnachweise in der Regel eine Gültigkeitsdauer von höchstens fünf Jahren 4 . In Anbetracht der Lage sollte qualifizierten Berufskraftfahrern, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind, ein angemessener Zugang zu wirtschaftlichen Tätigkeiten in der EU gewährt werden. Zur Erarbeitung von Lösungen für eine wirksame harmonisierte Umsetzung der einschlägigen Bestimmungen dieses Vorschlags wird die Kommission mit den benannten Sachverständigen gemäß Artikel 11a Absatz 4 der Richtlinie 2003/59/EG einen Gedankenaustausch über die von den Mitgliedstaaten erlassenen nationalen Vorschriften organisieren.

Vor diesem Hintergrund und wie im EU-Ukraine-Aktionsplan für Solidaritätskorridore dargelegt wurde, sollte der Zugang von Berufskraftfahrern aus der Ukraine zur Beschäftigung in der Europäischen Union durch Festlegung spezieller Vorschriften für die Ausstellung von Befähigungsnachweisen für ukrainische Berufskraftfahrer erleichtert werden. In Anbetracht des generell zunehmenden Mangels an Lkw-Fahrern sollten nach der derzeitigen Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen alternative logistische Verbindungen zwischen der EU und der Ukraine gestärkt und der kontinuierliche Zugang der Ukraine zu ihren Exportmärkten gewährleistet werden.

Führerscheine und Befähigungsnachweise haben in der Regel eine begrenzte Gültigkeitsdauer. Solange der Krieg in der Ukraine anhält, wird die Ukraine jedoch wahrscheinlich nicht in der Lage sein, die für die individuelle Erneuerung dieser Dokumente erforderliche administrative Unterstützung zu gewährleisten. In dieser außergewöhnlichen Situation könnte die ukrainische Regierung beschließen, die Gültigkeit dieser Dokumente zu verlängern. In diesem Fall sollten die Union und die Mitgliedstaaten von der Ukraine angemessen über solche Verlängerungen unterrichtet werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine über die administrative Gültigkeitsdauer hinaus verlängerte Gültigkeit ukrainischer Führerscheine anerkennen, zumindest bis zum Ende des Zeitraums des vorübergehenden Schutzes.

Die Umstände der Flucht vor dem Krieg führen häufig dazu, dass wichtige Dokumente wie Führerscheine oder Befähigungsnachweise verloren gehen, gestohlen werden oder in der Kriegszone zurückgelassen werden müssen, ohne dass die unmittelbare Möglichkeit besteht, sie wiederzuerlangen. In solchen Fällen sollten die Mitgliedstaaten vorbehaltlich einer Überprüfung (z. B. im nationalen elektronischen Führerscheinregister der Ukraine) in der Lage sein, befristete Führerscheine auszustellen, die die ursprünglichen Führerscheine für die Dauer des vorübergehenden Schutzes ersetzen. Dieser Schritt würde erleichtert, wenn die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Zugang zum ukrainischen Führerscheinregister hätten. Ohne die Möglichkeit, die Echtheit der von den Vertriebenen gemachten Angaben zu überprüfen, sollten die Mitgliedstaaten die Ausstellung solcher vorläufigen Fahrerdokumente ablehnen. Darüber hinaus wurden laut Angaben des ukrainischen Ministeriums für den digitalen Wandel fast 5,7 Mio. Führerscheine über die mobile Bürgerportal-Anwendung DIIA (ukrainisch für „Aktion“) ausgestellt. Die DIIA-App ermöglicht die Ausstellung und Überprüfung elektronischer Dokumente und die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen. Obwohl die DIIA-App nicht der im September 2021 veröffentlichten ISO-Norm 18013-5 über mobile Führerscheine entspricht, bietet sie die Möglichkeit, im Kontext der in dieser Verordnung geregelten Ausnahmesituation Fahrerlaubnisse zu überprüfen.

Schließlich betreffen die Bestimmungen dieser Verordnung außergewöhnliche Umstände und sehen Ausnahmen vor, die unter normalen Umständen so nicht gelten sollten. Daher ist es besonders wichtig, dass die Durchsetzung dieser Verordnung nicht dazu führt, dass fahruntüchtigen Personen das Führen von Fahrzeugen auf den Straßen der EU gestattet wird und damit Verkehrsteilnehmer und Fußgänger gefährdet werden. Im Hinblick darauf sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung ergreifen.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich

Die Bestimmungen der vorgeschlagenen Verordnung ergänzen die bestehenden Unionsvorschriften über den Führerschein (Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein 5 ) und über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- und Personenkraftverkehr (Richtlinie 2003/59/EG). Keine der beiden Richtlinien enthält gemeinsame Vorschriften über die Anerkennung einschlägiger von Drittländern ausgestellter Dokumente. Ein solcher gemeinsamer Rahmen ist jedoch aufgrund der besonderen und außergewöhnlichen Umstände gerechtfertigt, die sich aus der grundlosen und ungerechtfertigten militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine ergeben, da er ein administratives Vorgehen mit minimalem bürokratischen Aufwand ermöglicht und gleichzeitig die Straßenverkehrssicherheit in der gesamten Union gewährleistet.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Dieser Vorschlag ergänzt die Unionsvorschriften über den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen, insbesondere den Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG 6 , mit dem gemäß der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten 7 erstmals ein Massenzustrom von Vertriebenen in die Union festgestellt wurde, die infolge eines bewaffneten Konflikts die Ukraine verlassen mussten. Der Vorschlag ermöglicht diesen Vertriebenen die Verwendung von Dokumenten, die für das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßennetz der Union und für die Ausübung einer beruflichen Fahrtätigkeit erforderlich sind, und fördert damit die wirtschaftliche und soziale Integration der Vertriebenen. Dieser Vorschlag sieht auch einige geringfügige Abweichungen von der Richtlinie 2003/59/EG und der Richtlinie 2006/126/EG vor, die den besonderen Erfordernissen der Situation Rechnung tragen.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage ist Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Subsidiarität

Die Union hat bereits Rechtsvorschriften zum Führerschein (Richtlinie 2006/126/EG) sowie zur Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- und Personenkraftverkehr (Richtlinie 2003/59/EG) erlassen. Die oben dargelegten Änderungen fallen weiterhin in die Zuständigkeiten, die der Union gemäß Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) übertragen wurden. Danach müssen das Europäische Parlament und der Rat nach dem Mitentscheidungsverfahren Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erlassen.

Die vorgeschlagenen Vorschriften zielen darauf ab, die Straßenverkehrssicherheit als einen Aspekt der Verkehrssicherheit zu verbessern und gleichzeitig die wirtschaftliche und soziale Integration von Personen zu gewährleisten, die infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vertrieben wurden. Mit diesen Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass Personen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird, die Möglichkeit haben, sich durch das Führen von Kraftfahrzeugen innerhalb der Union frei zu bewegen und durch Ausübung einer beruflichen Fahrtätigkeit einer Beschäftigung nachzugehen, wobei sicherzustellen ist, dass sie dabei im Einklang mit den in der Union geltenden Sicherheitsaspekten und -normen handeln.

Das Ziel dieser Verordnung kann auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden, da es sich um ein durch den Krieg in der Ukraine verursachtes Problem handelt, das die Europäische Union als Ganzes betrifft und einen harmonisierten Rechtsrahmen sowie ein koordiniertes Vorgehen erfordert. Es ist daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Unionsebene zu verwirklichen.

Verhältnismäßigkeit

Diese Maßnahme der Union ist erforderlich, um unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Schwere der Auswirkungen der grundlosen und ungerechtfertigten Aggression Russlands gegen die Ukraine das Ziel des ordnungsgemäßen Funktionierens der in den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union vorgesehenen Mechanismen des vorübergehenden Schutzes zu erreichen. Die vorgeschlagene Verordnung enthält gezielte vorübergehende Maßnahmen, die in engem Zusammenhang mit der gegenwärtigen Lage stehen und auf das zur Gewährleistung der Rechtssicherheit, der Straßenverkehrssicherheit und des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts erforderliche Maß beschränkt sind.

Wahl des Instruments

Dieser Vorschlag betrifft besondere Bestimmungen, die sich auf die Anwendung mehrerer Richtlinien auswirken. Die Bestimmungen des vorgeschlagenen Rechtsakts sollten sofort und unmittelbar gelten, um für die Verkehrsunternehmer und andere betroffene Personen sowie für die Behörden der Mitgliedstaaten Rechtssicherheit zu schaffen. Dieser Rechtsakt sollte daher die Form einer Verordnung haben, die unmittelbar anwendbar ist und nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden muss.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Dies entfällt aufgrund des außergewöhnlichen, vorübergehenden und einmaligen Charakters des Ereignisses, das diesen Vorschlag erforderlich macht und das nicht mit den Zielen der bestehenden Rechtsvorschriften in Zusammenhang steht.

Konsultation der Interessenträger

Angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit wurde keine formelle Konsultation der Interessenträger durchgeführt. Es fanden jedoch vier informelle Sitzungen zum Gedankenaustausch mit den Mitgliedern des Ausschusses für den Führerschein statt (am 17. März, 31. März, 13. April und 12. Mai 2022), in denen am Rande auch die Befähigungsnachweise angesprochen wurden.

Die Konsultation bestätigte den Flickenteppich an Vorschriften für die Anerkennung von Führerscheinen, die von Drittländern ausgestellt wurden. Da die meisten relevanten Aspekte in den nationalen Vorschriften geregelt sind, stellt sich die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich dar. In Anbetracht des Umfangs der Situation und der Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen hielten die Sachverständigen der Mitgliedstaaten ein Tätigwerden der EU in diesem Bereich für erforderlich.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Wie bereits erläutert, war eine ordnungsgemäße Einholung von Fachwissen aufgrund der Dringlichkeit der Situation nicht möglich.

Folgenabschätzung

Angesichts der Dringlichkeit der Situation wurde keine Folgenabschätzung durchgeführt. Mit dem Vorschlag werden die Grundsätze und Mechanismen der betreffenden Unionsvorschriften keinesfalls verändert.

Grundrechte

Mit diesem Vorschlag soll die Freizügigkeit von Personen, die nach nationalem Recht vorübergehenden oder angemessenen Schutz genießen, innerhalb der Union erleichtert werden.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Entfällt.

5.WEITERE ANGABEN

Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Entfällt.

2022/0204 (COD)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen, in Anbetracht der Invasion der Ukraine durch Russland, in Bezug auf von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellte Fahrerdokumente

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 8 ,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 9 ,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Am 24. Februar 2022 starteten russische Streitkräfte ausgehend von der Russischen Föderation, von Belarus und von ukrainischen Gebieten, die nicht von der Regierung des Landes kontrolliert werden, an mehreren Orten eine groß angelegte Invasion der Ukraine. Infolgedessen sind beträchtliche Teile des ukrainischen Hoheitsgebiets nun Gebiete bewaffneter Konflikte, aus denen Millionen von Menschen geflohen sind oder immer noch fliehen.

(2)Als Reaktion auf diese grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine hat der Rat gemäß der Richtlinie 2001/55/EG des Rates 10 mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates 11 , in dem die Kategorien von Vertriebenen festgelegt sind, denen nach nationalem Recht in der Union vorübergehender oder angemessenen Schutz gewährt wird, erstmals einen Massenzustrom von Vertriebenen in die Union festgestellt, die infolge eines bewaffneten Konflikts die Ukraine verlassen mussten.

(3)Ein Führerschein verbessert die Mobilität seines Inhabers und erleichtert den Alltag, da er das Führen von Kraftfahrzeugen ermöglicht. Für die Tätigkeit als Berufskraftfahrer für die Beförderung von Gütern und Personen in einem in der Europäischen Union niedergelassenen Unternehmen ist ein Befähigungsnachweis erforderlich. In dem hier gegebenen Kontext fördern beide Dokumente die Teilhabe von Personen, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird, an wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten in ihrem neuen Umfeld.

(4)Gemäß Anhang XXXII des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits 12 hat die Ukraine ihre Rechtsvorschriften an die Bestimmungen der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 13 angeglichen, um insbesondere die Ausstellung entsprechender Befähigungsnachweise für Bus- und Lkw-Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr zu ermöglichen.

(5)Das 1968 in Wien geschlossene Übereinkommen über den Straßenverkehr (im Folgenden „Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968“), dessen Vertragspartei die Ukraine ist, enthält bestimmte Vorschriften, die die Anerkennung von Führerscheinen unter bestimmten Voraussetzungen gestatten; es sind jedoch nicht alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien dieses Übereinkommens. Darüber hinaus gibt es für den Umtausch von Führerscheinen oder Befähigungsnachweisen, die von Drittländern wie der Ukraine ausgestellt wurden, derzeit keinen harmonisierten Unionsahmen. Die Anforderungen im Zusammenhang mit einem möglichen Umtausch von Führerscheinen sind größtenteils in den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten oder in bestehenden bilateralen Abkommen zwischen diesen Mitgliedstaaten und der Ukraine festgelegt. Unterschiedliche Anforderungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Union, insbesondere in Bezug auf die Anerkennung von Führerscheinen und Befähigungsnachweisen, können das Leben und die Grundfreiheiten von Vertriebenen, die vor der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine fliehen, zu einem Zeitpunkt beeinträchtigen, zu dem diese Personen besonders schutzbedürftig sind.

(6)In diesem Zusammenhang ist es daher angezeigt, einen gemeinsamen Unionsrahmen für die Anerkennung von Führerscheinen zu schaffen, die von der Ukraine ausgestellt wurden und im Besitz von Personen sind, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird. Um die Belastung der Behörden der Mitgliedstaaten und der Personen, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird, zu verringern, sollten Führerscheine, die die Ukraine diesen Personen ordnungsgemäß ausgestellt hat, für die Dauer ihres vorübergehenden Schutzes anerkannt werden, ohne dass die Inhaber sie umtauschen müssen.

(7)Nach dem Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968 müssen die Inhaber von Führerscheinen einen internationalen Führerschein vorlegen, damit in bestimmten Fällen ihre Fahrerlaubnis anerkannt werden kann. Von ihnen kann auch verlangt werden, eine beglaubigte Übersetzung des Führerscheins vorzulegen. Diese Anforderungen, die in vielen Fällen wahrscheinlich nicht erfüllt werden können, stellen für die aus der Ukraine vertriebenen Menschen eine unverhältnismäßige Belastung dar. Daher sollte die Vorlage solcher Dokumente im Gebiet der Union nicht von Personen verlangt werden, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird.

(8)Obwohl die Ukraine ihre nationalen Rechtsvorschriften für Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr bereits an die Richtlinie 2003/59/EG angeglichen hat, müssen ukrainische Berufskraftfahrer, die für in der Union niedergelassene Kraftverkehrsunternehmen arbeiten möchten, noch einen in einem Mitgliedstaat ausgestellten Befähigungsnachweis erlangen. Daher sollten Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, einen spezifischen Befähigungsnachweis für Personen auszustellen, denen nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird und die Inhaber eines von der Ukraine gemäß den nationalen Rechtsvorschriften der Ukraine ausgestellten Befähigungsnachweises sind, die Möglichkeit haben, den betreffenden Personen einen Fahrerqualifizierungsnachweis gemäß der Richtlinie 2003/59/EG auszustellen oder auf dem entsprechenden Führerschein den besonderen vorübergehenden Unionscode „95.01“ zu vermerken, um den Inhabern eines von der Ukraine ausgestellten Befähigungsnachweises im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b dieselben Rechte zu verleihen wie Personen, die zum Führen von Fahrzeugen gemäß Artikel 1 der Richtlinie 2003/59/EG qualifiziert sind. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten nationale Vorschriften erlassen, in denen der Umfang und die Dauer einer ergänzenden obligatorischen Ausbildung und einer anschließenden Prüfung festgelegt werden, um sicherzustellen, dass die betreffenden Personen die Standards in Bezug auf Grundqualifikation und Weiterbildung im Sinne der Richtlinie 2003/59/EG erfüllen. Im Falle einer Erklärung über den Verlust oder den Diebstahl eines Befähigungsnachweises sollten die Mitgliedstaaten außerdem bei den zuständigen Behörden der Ukraine prüfen, ob die betreffende Person im Besitz eines von der Ukraine ausgestellten gültigen Befähigungsnachweises ist, bevor dieser spezifische Befähigungsnachweis ausgestellt wird.

(9)Da Führerscheine und Befähigungsnachweise in der Regel eine begrenzte Gültigkeitsdauer haben, müssen sie regelmäßig erneuert werden. In der derzeitigen Situation ist es der Ukraine nicht möglich, ihre Aufgaben in gewohnter Weise wahrzunehmen, weshalb bestehende Verwaltungsdokumente unter Umständen nicht erneuert werden können. Die Mitgliedstaaten sollten daher für die Dauer des vorübergehenden Schutzes etwaige von der Ukraine erlassene oder zu erlassende Beschlüsse über die Erneuerung von Führerscheinen, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist oder ablaufen wird, anerkennen. Die Ukraine sollte die Union und ihre Mitgliedstaaten angemessen über solche Beschlüsse unterrichten.

(10)Die Umstände der Flucht vor dem Krieg führen häufig dazu, dass Führerscheine verloren gehen, gestohlen werden oder in der Kriegszone zurückgelassen werden müssen, ohne dass die unmittelbare Möglichkeit besteht, sie wiederzuerlangen. In solchen Fällen sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, vorläufige Führerscheine auszustellen, die die ursprünglichen Führerscheine für die Dauer des vorübergehenden Schutzes ersetzen, sofern die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in der Lage sind, die von den Vertriebenen gemachten Angaben zu überprüfen, z. B. durch Zugang zu den nationalen Registern der Ukraine. Diese Dokumente sollten in der Union gegenseitig anerkannt werden, und ihre Gültigkeitsdauer sollte die Dauer des vorübergehenden Schutzes nicht überschreiten.

(11)Die Bekämpfung von Betrug und Fälschung ist für die Aufrechterhaltung der Straßenverkehrssicherheit und die Durchsetzung der Rechtsvorschriften von entscheidender Bedeutung. Daher sollten im Rahmen der Durchführung dieser Verordnung Koordinierungsmechanismen für eine wirksame Bekämpfung von Betrug und Fälschung eingerichtet werden.

(12)Da das Ziel dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1
Gegenstand

Mit dieser Verordnung werden besondere und befristete Maßnahmen für Fahrerdokumente festgelegt, die von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellt wurden und im Besitz von Personen sind, denen gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet „Fahrerdokumente“

a)von der Ukraine ausgestellte Führerscheine, aus denen hervorgeht, unter welchen Bedingungen ein Fahrer nach ukrainischem Recht zum Führen von Fahrzeugen berechtigt ist;

b)Befähigungsnachweise, die die Ukraine gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der genannten Richtlinie im Einklang mit Artikel 368 Absatz 1 und Anhang XXXII des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits für in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/59/EG fallende Fahrer von Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Güter- oder Personenkraftverkehr ausgestellt hat.

Artikel 3
Anerkennung von Führerscheinen, die von der Ukraine ausgestellt wurden

(1)Von der Ukraine ausgestellte gültige Führerscheine werden im Gebiet der Union anerkannt, wenn ihren Inhabern gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, und zwar mindestens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der vorübergehende Schutz endet.

(2)Ist eine Person, der nach nationalem Recht vorübergehender oder angemessener Schutz gewährt wird, im Besitz eines Führerscheins nach Absatz 1, so dürfen die Mitgliedstaaten weder die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung noch eines internationalen Führerscheins nach Artikel 41 Absatz 1 des 1968 in Wien geschlossenen Übereinkommens über den Straßenverkehr verlangen.

Artikel 4
Befähigungsnachweise 

(1)Auf Antrag des Inhabers eines von der Ukraine ausgestellten Befähigungsnachweises im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b, dem gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, kann der Mitgliedstaat, der dem Inhaber eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt hat, oder der Mitgliedstaat, in dem diesem Inhaber nach nationalem Recht angemessener Schutz gewährt wurde,

a)abweichend von Anhang I Nummer 12 der Richtlinie 2006/126/EG auf Seite 2 in Feld 12 des Führerscheins der betreffenden Person den besonderen befristeten Unionscode „95.01“, gefolgt von dessen Ablaufdatum, vermerken, sofern diese Person im Besitz eines von diesem Mitgliedstaat nach dem Unionsmuster ausgestellten Führerscheins ist, oder

b)dieser Person gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 2003/59/EG einen Fahrerqualifizierungsnachweis ausstellen, in dem der besondere befristete Unionscode „95.01“, gefolgt von dessen Ablaufdatum, auf Seite 2 in Feld 10 vermerkt ist.

Die Ausstellung solcher Fahrerqualifizierungsnachweise und der Vermerk auf solchen Führerscheinen darf nur dann erfolgen, wenn ihrem Inhaber gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird.

(2)Die Fahrerqualifizierungsnachweise und der Vermerk auf den Führerscheinen gemäß Absatz 1 Buchstaben a und b werden im Gebiet der Union gegenseitig anerkannt. Bei Inhabern solcher Fahrerqualifizierungsnachweise oder mit solchen Vermerken versehener Führerscheine wird davon ausgegangen, dass sie die in Artikel 3 der Richtlinie 2003/59/EG festgelegte Pflicht zu einer Grundqualifikation erfüllen, die für das Führen von Fahrzeugen erforderlich ist.

(3)Die Gültigkeitsdauer solcher Fahrerqualifizierungsnachweise oder des auf dem Führerschein vermerkten befristeten Unionscodes darf die Dauer des vorübergehenden Schutzes für aus der Ukraine vertriebene Personen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG, die Dauer des vorübergehenden oder des angemessenen Schutzes des Inhabers nach nationalem Recht oder die Gültigkeitsdauer des Führerscheins, je nachdem, welche zuerst endet, nicht überschreiten.

Wird der vorübergehende Schutz gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG verlängert, so erneuert der Mitgliedstaat, der dem Inhaber eines gemäß Absatz 1 ausgestellten Dokuments einen befristeten Aufenthaltstitel erteilt hat oder ihm nach nationalem Recht angemessenen Schutz gewährt, dieses Dokument entsprechend.

(4)Vor der Ausstellung des in Absatz 1 genannten Fahrerqualifizierungsnachweises oder vor der Eintragung des besonderen befristeten Unionscodes „95.01“ auf dem Führerschein gemäß Absatz 1 verlangen die Mitgliedstaaten von dem Inhaber des in jenem Absatz genannten Befähigungsnachweises eine mit einer Prüfung abgeschlossene ergänzende obligatorische Ausbildung, um zu überprüfen, ob der Fahrer über den in Anhang I Abschnitt 1 der Richtlinie 2003/59/EG geforderten Kenntnisstand verfügt.

Die Dauer der ergänzenden obligatorischen Ausbildung darf 60 Stunden nicht überschreiten, einschließlich mindestens zehn Stunden, in denen gemäß Anhang I Abschnitt 2 Nummer 2.1 der Richtlinie 2003/59/EG persönlich ein Fahrzeug geführt wird.

Nach Abschluss dieser Ausbildung wird der Kraftfahrer von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder der von ihnen benannten Stelle einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung unterzogen.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweises oder vor der Eintragung des Vermerks im Führerschein gemäß Absatz 1 die gemäß diesem Artikel erlassenen nationalen Vorschriften mit.

(5)Im Falle des Verlusts oder Diebstahls eines Befähigungsnachweises im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b, dessen Inhaber eine Person ist, der gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, kann der Mitgliedstaat, der dieser Person einen befristeten Aufenthaltstitel erteilt hat oder ihr nach nationalem Recht angemessenen Schutz gewährt, auf deren Antrag, auch bei den zuständigen Behörden der Ukraine, überprüfen, ob diese Person Inhaber eines von der Ukraine gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften ausgestellten gültigen Befähigungsnachweises ist und kein von einem anderen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 mit einem Vermerk versehenes oder ausgestelltes Dokuments besitzt.

Nach dieser Überprüfung kann der betreffende Mitgliedstaat nach den Verfahren der Absätze 1 und 2 den Fahrerqualifizierungsnachweis ausstellen oder den besonderen befristeten Unionscode „95.01“ auf dem Führerschein vermerken.

(6)Die Mitgliedstaaten dürfen einen Fahrerqualifizierungsnachweis oder den auf einem Führerschein gemäß Absatz 1 vermerkten besonderen befristeten Unionscode „95.01“ nicht erneuern, wenn der Inhaber des jeweiligen Dokuments nicht mehr den vorübergehenden oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 genießt.

Artikel 5
Verlängerung der Gültigkeit von der Ukraine ausgestellter abgelaufener Fahrerdokumente

Unbeschadet des Artikels 1 erkennen die Mitgliedstaaten von der Ukraine erlassene Beschlüsse zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer der von ihr ausgestellten abgelaufenen Fahrerdokumente an, sofern die Ukraine die Union und ihre Mitgliedstaaten davon in Kenntnis setzt.

Artikel 6
Von der Ukraine ausgestellte verlorene oder gestohlene Führerscheine

(1)Erklärt eine Person, der gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, den Verlust oder Diebstahl ihres Führerscheins, so überprüft der Mitgliedstaat, der dieser Person einen befristeten Aufenthaltstitel erteilt hat oder ihr nach nationalem Recht angemessenen Schutz gewährt, auf deren Antrag, auch bei den zuständigen Behörden der Ukraine, welche Fahrerlaubnisse diese Person nach den Rechtsvorschriften der Ukraine erworben hat und ob kein anderer Mitgliedstaat dieser Person bereits einen Führerschein gemäß diesem Artikel ausgestellt hat, insbesondere um sicherzustellen, dass der Führerschein nicht eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde.

(2)Abweichend von Artikel 11 Absatz 6 der Richtlinie 2006/126/EG kann ein Mitgliedstaat im Anschluss an die Überprüfung gemäß Absatz 1 der betreffenden Person einen Führerschein der gleichen Klasse oder Klassen nach dem Unionsmuster in Anhang I der Richtlinie 2006/126/EG ausstellen. In diesem Fall geben die Mitgliedstaaten abweichend von Anhang I Nummer 12 der Richtlinie 2006/126/EG in Feld 12 den besonderen befristeten Unionscode „99.01“ mit der Bedeutung „Sonderausfertigung, nur für die Dauer des vorübergehenden Schutzes gültig (verlorener oder gestohlener UA-Führerschein)“ ein.

(3)Der Führerschein nach Absatz 2 wird in der Union gegenseitig anerkannt. Seine Gültigkeitsdauer darf die Dauer des vorübergehenden Schutzes für aus der Ukraine vertriebene Personen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG oder die Dauer des vorübergehenden oder des angemessenen Schutzes des Inhabers nach nationalem Recht, je nachdem, welche zuerst endet, nicht überschreiten.

Wird der vorübergehende Schutz gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG verlängert, so erneuert der Mitgliedstaat, der dem Inhaber eines gemäß Absatz 2 ausgestellten Führerscheins einen befristeten Aufenthaltstitel erteilt hat oder ihm nach nationalem Recht angemessenen Schutz gewährt, diesen Führerschein entsprechend.

(4)Ist eine Überprüfung gemäß Absatz 1 nicht möglich, so stellt der betreffende Mitgliedstaat den Führerschein nach Absatz 2 nicht aus. In diesem Fall kann der Mitgliedstaat der betreffenden Person gemäß seinen nationalen Rechtsvorschriften, die von dem Muster in Anhang I der Richtlinie 2006/126/EG abweichen dürfen, einen ausschließlich in seinem Hoheitsgebiet gültigen Führerschein ausstellen.

(5)Die Mitgliedstaaten dürfen einen Führerschein gemäß Absatz 2 nicht verlängern, wenn dessen Inhaber nicht mehr den vorübergehenden oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht gemäß dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 genießt.

Artikel 7
Verhinderung von Betrug und Fälschung

Bei der Anwendung dieser Verordnung setzen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Mittel ein, um Betrug und Fälschung von Fahrerdokumenten zu verhindern und zu bekämpfen, unter anderem indem sie die mit diesen Dokumenten verbundenen Rechte überprüfen.

Die Mitgliedstaaten wenden die Bestimmungen dieser Verordnung nicht auf Fahrerdokumente an, die von der Ukraine in elektronischer Form ausgestellt wurden, wenn sie nicht in der Lage sind, deren Authentizität, Integrität und Gültigkeit zu überprüfen.

Artikel 8
Inkrafttreten und Anwendung

(1)Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)Die Geltung dieser Verordnung endet an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die in Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG genannte Dauer des vorübergehenden Schutzes von Vertriebenen aus der Ukraine gemäß Artikel 6 der genannten Richtlinie endet.

(3)Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am […]

Im Namen des Europäischen Parlaments    Im Namen des Rates

Die Präsidentin    Der Präsident

(1)    Quelle: UNHCR ( https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine )
(2)    Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1).
(3)    Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates (ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).
(4)    Gemäß Anhang XXXII des Assoziierungsabkommens EU-Ukraine von 2014 (ABl. L 161 vom 29.5.2014, S. 1961). Für ausschließlich im nationalen Verkehr innerhalb der Ukraine tätige Fahrer war die Umsetzung der Richtlinie für den 1. November 2019 vorgesehen, hat sich jedoch verzögert.
(5)    ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18.
(6)    ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1.
(7)

   ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.

(8)    ABl. C […] vom […], S. […].
(9)    ABl. C […] vom […], S. […].
(10)    Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).
(11)    Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1).
(12)    ABl. L 161 vom 29.5.2014, S. 3.
(13)    Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates (ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).
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