EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 23.2.2022
COM(2022) 71 final
2022/0051(COD)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937
(Text von Bedeutung für den EWR)
{SEC(2022) 95 final} - {SWD(2022) 38 final} - {SWD(2022) 39 final} - {SWD(2022) 42 final} - {SWD(2022) 43 final}
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
Gründe und Ziele des Vorschlags
Das Verhalten von Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen ist von entscheidender Bedeutung für den erfolgreichen Übergang der Union zu einer klimaneutralen und grünen Wirtschaft im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal und für die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, zu denen auch ihre menschenrechts- und umweltbezogenen Ziele zählen. Dazu müssen die Unternehmen umfassende Verfahren zur Abschwächung der negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durch ihre Geschäftstätigkeit in ihren Wertschöpfungsketten umsetzen, Nachhaltigkeit in Unternehmensführungs- und Managementsysteme einbeziehen und die Menschenrechte, das Klima und die Umwelt sowie die langfristige Widerstandsfähigkeit des Unternehmens bei geschäftlichen Entscheidungen berücksichtigen.
EU-Unternehmen sind in einem komplexen Umfeld tätig und vor allem große Unternehmen sind auf globale Wertschöpfungsketten angewiesen. Da EU-Unternehmen, auch die großen Unternehmen, mit einer beträchtlichen Zahl von Lieferanten in der Union und in Drittländern zusammenarbeiten und die Wertschöpfungsketten insgesamt sehr komplex sind, kann es für sie schwierig sein, Risiken im Zusammenhang mit der Wahrung der Menschenrechte oder mit Umweltauswirkungen in ihren Wertschöpfungsketten zu ermitteln und zu mindern. Die Ermittlung dieser negativen Auswirkungen in Wertschöpfungsketten wird einfacher werden, wenn mehr Unternehmen die Sorgfaltspflicht erfüllen und damit mehr Daten über negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durch die Tätigkeit von Unternehmen zur Verfügung stehen.
Die EU-Wirtschaft steht über globale Wertschöpfungsketten in Verbindung mit Millionen von Arbeitnehmern in der ganzen Welt, was mit einer Verantwortung einhergeht, gegen negative Auswirkungen auf die Rechte dieser Arbeitnehmer vorzugehen. Die klare Forderung der Unionsbürgerinnen und ‑bürger, die insbesondere im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas geäußert wurde, dass die EU-Wirtschaft einen Beitrag zur Bekämpfung dieser und anderer negativer Auswirkungen leisten soll, spiegelt sich in den bestehenden oder geplanten nationalen Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit Menschenrechten und Umweltschutz, in den laufenden Debatten auf nationaler Ebene und in der Aufforderung zum Handeln des Europäischen Parlaments und des Rates wider. Beide Organe haben die Kommission aufgefordert, Unionsvorschriften zur branchenübergreifenden Sorgfaltspflicht von Unternehmen vorzuschlagen. In ihrer Gemeinsamen Erklärung zu den legislativen Prioritäten der EU für 2022 haben sich das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission verpflichtet, eine Wirtschaft im Dienste der Menschen zu verwirklichen und den Rechtsrahmen für eine nachhaltige Unternehmensführung zu verbessern.
Immer mehr EU-Unternehmen nutzen – unter Bezugnahme auf die bestehenden internationalen freiwilligen Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln – die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette als Instrument zur Ermittlung von Risiken in ihrer Wertschöpfungskette und zur Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber plötzlichen Veränderungen in den Wertschöpfungsketten. Allerdings können Unternehmen auch auf Probleme stoßen, wenn sie die Nutzung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette für ihre Geschäftstätigkeit in Erwägung ziehen. Gründe für solche Probleme können beispielsweise mangelnde rechtliche Klarheit hinsichtlich der Sorgfaltspflicht von Unternehmen, Komplexität der Wertschöpfungsketten, Marktdruck, Informationsdefizite und Kosten sein. Daher ist der Nutzen der Sorgfaltspflicht unter europäischen Unternehmen und in den einzelnen Wirtschaftszweigen nicht allzu bekannt.
Vor allem große Unternehmen führen zunehmend Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht ein, da sie sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können. Sie reagieren damit auch auf den zunehmenden Druck der Märkte auf Unternehmen, nachhaltig zu handeln, denn solche Verfahren tragen dazu bei, unerwünschte Reputationsrisiken gegenüber Verbrauchern und Anlegern zu vermeiden, in deren Bewusstsein Nachhaltigkeitsaspekte immer mehr an Bedeutung gewinnen. Diese Verfahren beruhen jedoch auf freiwilligen Standards und schaffen weder für Unternehmen noch für Opfer Rechtssicherheit im Fall eines Schadens.
Freiwillige Maßnahmen scheinen nicht zu umfangreichen branchenübergreifenden Verbesserungen geführt zu haben, sodass negative externe Effekte in Verbindung mit der Produktion und dem Verbrauch in der EU sowohl innerhalb als auch außerhalb der Union zu beobachten sind. Bestimmte EU-Unternehmen sind mit negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durch ihre Geschäftstätigkeit, auch in ihren Wertschöpfungsketten, in Verbindung gebracht worden. Solche negativen Auswirkungen sind insbesondere Probleme im Zusammenhang mit den Menschenrechten wie Zwangsarbeit, Kinderarbeit, unzureichende Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Ausbeutung von Arbeitnehmern und Auswirkungen auf die Umwelt wie Treibhausgasemissionen, Umweltverschmutzung, Verlust an biologischer Vielfalt und Schädigung von Ökosystemen.
In den letzten Jahren wurden neue rechtliche Rahmenbedingungen für die Sorgfaltspflicht von Unternehmen in den Mitgliedstaaten geschaffen, in denen sich der zunehmende Wunsch widerspiegelt, Unternehmen in ihren Bemühungen zu unterstützen, die Sorgfaltspflicht in ihren Wertschöpfungsketten zu erfüllen, und ein unternehmerisches Verhalten zu fördern, das die Menschenrechte, die Rechte des Kindes und die Umwelt achtet. Andererseits bringt dies auch eine Fragmentierung der rechtlichen Rahmenbedingungen mit sich und birgt die Gefahr, dass Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen im Binnenmarkt untergraben werden.
Durch Rechtsvorschriften der Union über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen würden die Achtung der Menschenrechte und der Umweltschutz gefördert, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen innerhalb der Union geschaffen und eine Fragmentierung vermieden, zu der es kommt, wenn die Mitgliedstaaten allein handeln. Diese Vorschriften würden auf der Grundlage eines ähnlichen Umsatzkriteriums auch für Unternehmen aus Drittländern gelten, die auf dem Unionsmarkt tätig sind.
Vor diesem Hintergrund wird mit dieser Richtlinie ein horizontaler Rahmen geschaffen, um den Beitrag der im Binnenmarkt tätigen Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte und der Umwelt in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit und entlang ihrer Wertschöpfungsketten zu fördern, indem Unternehmen die durch ihre Tätigkeit verursachten negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt ermitteln, verhindern, mindern und dafür Rechenschaft ablegen, und indem sie über angemessene Unternehmensführungs- und Managementsysteme sowie Maßnahmen zur Erfüllung dieses Zwecks verfügen.
Mit dieser Richtlinie soll insbesondere Folgendes erreicht werden:
1)Verbesserung der Corporate-Governance-Praktiken mit dem Ziel, Risikomanagement und Verfahren zur Minderung von Risiken im Zusammenhang mit Menschenrechten und Umweltauswirkungen, einschließlich Risiken aus den Wertschöpfungsketten, besser in Unternehmensstrategien zu integrieren,
2)Vermeidung einer Fragmentierung der Bestimmungen zu den Sorgfaltspflichten im Binnenmarkt und Schaffung von Rechtssicherheit für Unternehmen und Interessenträger in Bezug auf das erwartete Verhalten und die Haftung,
3)Erhöhung der Rechenschaftspflicht von Unternehmen für negative Auswirkungen und Sicherstellung der Kohärenz für Unternehmen in Bezug auf die Verpflichtungen im Rahmen bestehender und vorgeschlagener EU-Initiativen für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln,
4)Verbesserung des Zugangs zu Abhilfemaßnahmen für diejenigen, die von negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durch unternehmerisches Verhalten betroffen sind,
5)als horizontales Instrument, das sich auf Geschäftsprozesse konzentriert und auch für die Wertschöpfungskette gilt, wird diese Richtlinie andere geltende oder vorgeschlagene Maßnahmen ergänzen, die direkt auf bestimmte spezifische Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit oder auf bestimmte Branchen, meist innerhalb der Union, abzielen.
Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich
Auf EU-Ebene wurde die nachhaltige Unternehmensführung hauptsächlich indirekt gefördert, indem mit der
Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen
etwa 12 000 Unternehmen Berichtspflichten im Zusammenhang mit Risiken, Auswirkungen, Maßnahmen (einschließlich Sorgfaltspflicht) und Strategien bezogen auf Umwelt, Soziales und Menschenrechte auferlegt wurden. Die Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen hatte zwar in gewissem Umfang positive Auswirkungen hinsichtlich einer Verbesserung der verantwortungsvollen Geschäftstätigkeit, aber sie hatte nicht zur Folge, dass die Mehrheit der Unternehmen die negativen Auswirkungen in ihren Wertschöpfungsketten ausreichend berücksichtigt.
Durch den jüngsten Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zur Überarbeitung der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen würde der Anwendungsbereich der Berichtspflichten auf alle großen Unternehmen und alle börsennotierten Unternehmen ausgeweitet, eine Prüfung („assurance“) der Nachhaltigkeitsinformationen vorgeschrieben und die Standardisierung der bereitgestellten Informationen gestärkt werden, indem die Kommission ermächtigt wird, Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erlassen. Diese Richtlinie ergänzt die geltende Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen und ihre vorgeschlagenen Änderungen (Vorschlag für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen), indem sie einigen Unternehmen eine zusätzliche materielle Verpflichtung auferlegt, die Sorgfaltspflicht im Hinblick darauf zu erfüllen, den externen Schaden, der sich aus negativen Auswirkungen durch die eigene Geschäftstätigkeit des Unternehmens, seiner Tochterunternehmen oder in der Wertschöpfungskette ergibt, zu ermitteln, zu verhindern, zu mindern und Rechenschaft darüber abzulegen. Insbesondere enthält der Vorschlag für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung die Bestimmung, dass ein Unternehmen offenlegen muss, wie es beabsichtigt sicherzustellen, dass sein Geschäftsmodell und seine Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind. Die beiden Initiativen sind eng miteinander verknüpft und werden zu Synergien führen. Erstens erfordert die ordnungsgemäße Erhebung von Informationen für die Zwecke der Berichterstattung im Rahmen der vorgeschlagenen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen die Einrichtung von Verfahren, was in enger Beziehung zu der Ermittlung negativer Auswirkungen gemäß der durch die vorliegende Richtlinie festgelegten Sorgfaltspflicht steht. Zweitens wird die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen den letzten Schritt der Sorgfaltspflicht, d. h. die Berichterstattungsphase, für Unternehmen abdecken, die von der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasst werden. Drittens werden mit der vorliegenden Richtlinie Unternehmen dazu verpflichtet, einen Plan bereitzuhalten, mit dem sichergestellt wird, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie, über die gemäß der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung berichtet werden muss, mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind. Somit wird die vorliegende Richtlinie zu einer vollständigeren und wirksameren Berichterstattung der Unternehmen führen. Die Komplementarität wird daher die Wirksamkeit beider Maßnahmen erhöhen und Änderungen des unternehmerischen Verhaltens für diese Unternehmen vorantreiben.
Diese Richtlinie wird auch die vor kurzem in Kraft getretene
Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor
(im Folgenden „Offenlegungsverordnung“) untermauern, die für Finanzmarktteilnehmer (wie Investmentfonds- und Portfolioverwalter, Versicherungsunternehmen, die Versicherungsanlageprodukte verkaufen, und Unternehmen, die verschiedene Altersvorsorgeprodukte anbieten) und für Finanzberater gilt. Nach der Offenlegungsverordnung müssen diese Unternehmen unter anderem eine Erklärung über ihre Strategien zur Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit den wichtigsten negativen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren veröffentlichen und bei einer Abweichung von dieser Verpflichtung eine entsprechende Erklärung abgeben („comply-or-explain“-Prinzip). Zugleich ist die Veröffentlichung einer solchen Erklärung für Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten verpflichtend vorgeschrieben, und die Kommission ist befugt, technische Regulierungsstandards für Nachhaltigkeitsindikatoren in Bezug auf die verschiedenen Arten von negativen Auswirkungen zu erlassen.
In ähnlicher Weise ergänzt diese Richtlinie die vor Kurzem erlassene
Taxonomie-Verordnung
, die ein Transparenzinstrument ist, um Investitionsentscheidungen zu erleichtern und die Bekämpfung von Grünfärberei („Greenwashing“) zu unterstützen, indem ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten geschaffen wird, die auch einen sozialen Mindestschutz gewährleisten. Die Berichterstattung umfasst auch die in Artikel 18 der Taxonomie-Verordnung festgelegten Mindestgarantien für Verfahren, die von Unternehmen durchgeführt werden sollten, um sicherzustellen, dass die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, einschließlich der Grundprinzipien und Rechte aus den acht Kernübereinkommen, die in der Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit festgelegt sind, und aus der Internationalen Charta der Menschenrechte, befolgt werden, wenn das Unternehmen eine als „nachhaltig“ einzustufende Wirtschaftstätigkeit ausübt. Wie die Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen und der Vorschlag für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen schafft die Taxonomie-Verordnung für Unternehmen keine anderen wesentlichen Pflichten als die öffentliche Berichterstattung, und Anleger können solche Informationen bei der Zuweisung von Kapital an Unternehmen nutzen. Die vorliegende Richtlinie kann dazu beitragen, Anlegern detailliertere Informationen zur Verfügung zu stellen, indem von den Unternehmen verlangt wird, ihre negativen Risiken in all ihren Geschäftsbereichen und Wertschöpfungsketten zu ermitteln. Sie ergänzt somit die Taxonomie-Verordnung, da sie zusätzliche Unterstützung für Anleger liefern kann, die Kapital für verantwortungsvoll und nachhaltig handelnde Unternehmen bereitstellen möchten. Darüber hinaus kann die Taxonomie-Verordnung (mit der eine gemeinsame Sprache für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten für Anlagezwecke geschaffen wird) Unternehmen als Orientierungshilfe dienen, die sich eine nachhaltige Finanzierung für ihre Korrekturmaßnahmenpläne und Fahrpläne beschaffen möchten.
Die vorliegende Richtlinie ergänzt die
Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer
, die einen umfassenden Rechtsrahmen für die wirksame Bekämpfung jeglicher Form der Ausbeutung in der Union durch natürliche und juristische Personen darstellt, insbesondere Zwangsarbeit, sexuelle Ausbeutung sowie Betteltätigkeiten, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft, die Ausnutzung strafbarer Handlungen oder die Organentnahme. In der Richtlinie 2011/36/EU wird zudem festgelegt, dass eine juristische Person für die in jener Richtlinie genannten Straftaten verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurden, die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat, oder wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle die Begehung dieser Straftaten ermöglicht hat. Die Richtlinie 2011/36/EU sieht auch Sanktionen gegen die verantwortliche juristische Person vor.
Darüber hinaus ergänzt die vorliegende Richtlinie die
Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber
, die die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt, einschließlich der Opfer von Menschenhandel, verbietet. Die Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber legt Mindeststandards für Sanktionen und andere Maßnahmen fest, die in den Mitgliedstaaten gegen Arbeitgeber anzuwenden sind, wenn sie gegen die Richtlinie verstoßen.
Die vorliegende Richtlinie ergänzt zudem bestehende oder geplante branchenspezifische und produktbezogene Instrumente zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Wertschöpfungskette auf EU-Ebene, da sie einen branchenübergreifenden Anwendungsbereich hat und ein breites Spektrum an Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit abdeckt:
Die sogenannte
Verordnung über Mineralien aus Konfliktgebieten
gilt für vier bestimmte Mineralien und Metalle. Darin wird vorgeschrieben, dass EU-Unternehmen in der Lieferkette sicherstellen müssen, dass sie Zinn, Wolfram, Tantal und Gold lediglich aus verantwortungsvollen und konfliktfreien Quellen beziehen und spezifischere Mechanismen im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht einführen, z. B. eine Überprüfung der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette durch unabhängige Dritte. Die Sorgfaltspflichtbestimmungen der vorliegenden Richtlinie betreffen ebenfalls negative Auswirkungen auf die Umwelt und werden für Wertschöpfungsketten zusätzlicher Mineralien gelten, die nicht unter die Verordnung über Mineralien aus Konfliktgebieten fallen, aber negative Auswirkungen in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte, das Klima und die Umwelt haben.
Im Mittelpunkt des
Vorschlags der Kommission für eine Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten
stehen bestimmte Rohstoffe und Produktlieferketten. Mit dieser Verordnung soll ein sehr spezifisches Ziel verfolgt werden, nämlich die Verringerung der Auswirkungen des Verbrauchs und der Produktion in der EU auf die Entwaldung und Waldschädigung weltweit. Die Anforderungen dieser Verordnung werden in einigen Bereichen strenger sein als die im Rahmen der vorliegenden Richtlinie festgelegten allgemeinen Sorgfaltspflichten. In der Verordnung enthalten ist auch ein Verbot des Inverkehrbringens bestimmter Rohstoffe und daraus hergestellter Produkte, wenn die Anforderung „legal“ und „entwaldungsfrei“ nicht mittels der Erfüllung der Sorgfaltspflichten festgestellt werden kann. Dieses Verbot gilt für alle Marktteilnehmer, die die betreffenden Produkte in der Union in Verkehr bringen, einschließlich Unternehmen aus der EU und aus Drittländern, unabhängig von ihrer Rechtsform und ihrer Größe. Daher unterstützen sich die beiden Initiativen in ihren allgemeinen Zielen zwar gegenseitig, unterscheiden sich jedoch bei ihren spezifischen Zielen. Diese Richtlinie wird die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte ergänzen, indem sie eine Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette im Zusammenhang mit Tätigkeiten einführt, die nicht unter die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte fallen, aber unmittelbar oder mittelbar zur Entwaldung führen könnten.
Mit dem
Vorschlag der Kommission für eine neue Batterieverordnung
werden die Einzelziele verfolgt, die ökologischen, klimatischen und sozialen Auswirkungen in allen Phasen des Batterielebenswegs zu verringern, das Funktionieren des Binnenmarkts zu stärken und durch ein gemeinsames Regelwerk gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Wirtschaftsbeteiligte, die Industrie- oder Traktionsbatterien (auch in Fahrzeugen eingebaute) mit einer Kapazität von mehr als 2 kWh auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen, müssen Vorkehrungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette festlegen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Rohstoffen, von denen ein erheblicher Teil der weltweiten Produktion in die Batterieherstellung fließt, und die negative Auswirkungen auf die Gesellschaft oder die Umwelt haben können (Kobalt, natürlicher Grafit, Lithium und Nickel). Die Wirtschaftsbeteiligte müssen Einhaltungsdokumente für eine unabhängige Überprüfung durch notifizierte Stellen vorlegen und unterliegen den Kontrollen durch die nationalen Marktüberwachungsbehörden. Diese Richtlinie wird die Batterieverordnung ergänzen, indem eine Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette in Bezug auf Rohstoffe eingeführt wird, die nicht unter die genannte Verordnung fallen, ohne dass jedoch eine Zertifizierung für das Inverkehrbringen der Produkte auf dem Unionsmarkt erforderlich ist.
Die anstehende
Initiative für nachhaltige Produkte
zielt auf eine Überarbeitung der aktuellen
Ökodesign-Richtlinie
ab und betrifft allgemeiner die Nachhaltigkeit von Produkten, die in der EU in Verkehr gebracht werden, sowie die Transparenz damit zusammenhängender Informationen.
Der vorliegende Vorschlag wird eine wesentliche Rolle bei der Bekämpfung des Einsatzes von Zwangsarbeit in den globalen Wertschöpfungsketten spielen. Wie in der Mitteilung über menschenwürdige Arbeit weltweit angekündigt, bereitet die Kommission einen neuen Legislativvorschlag vor, mit dem das Inverkehrbringen von Produkten, die in Zwangsarbeit, einschließlich Kinderzwangsarbeit, hergestellt wurden, auf dem Unionsmarkt wirksam verboten werden soll. Die neue Initiative wird sowohl für einheimische als für auch eingeführte Produkte gelten und sieht ein Verbot in Verbindung mit einem robusten, risikobasierten Durchsetzungsrahmen vor. Das neue Instrument wird auf internationalen Standards aufbauen und bestehende horizontale und sektorale EU-Initiativen ergänzen, insbesondere die im vorliegenden Vorschlag festgelegten Sorgfaltspflichten.
Diese Richtlinie berührt nicht die Anwendung weiterer Anforderungen in den Bereichen Menschenrechte, Umweltschutz und Klimawandel im Rahmen anderer Gesetzgebungsakte der Union. Stehen die Bestimmungen dieser Richtlinie im Widerspruch zu einer Bestimmung eines anderen Gesetzgebungsakts der Union, mit dem dieselben Ziele verfolgt und weitergehende oder spezifischere Verpflichtungen vorgesehen werden, so sollten die Bestimmungen des anderen Gesetzgebungsakts der Union maßgebend sein und auf die genannten spezifischen Verpflichtungen Anwendung finden.
Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Diese Richtlinie ist wichtig, um die Ziele verschiedener bestehender und geplanter Maßnahmen der Union im Bereich der Menschenrechte, einschließlich der Arbeitnehmerrechte, und der Umwelt zu erreichen.
Im Rahmen des europäischen Grünen Deals hat die Kommission unter den erwarteten Ergebnissen des
Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft
, der
Biodiversitätsstrategie
, der
Strategie „Vom Hof auf den Tisch“
, der
Chemikalienstrategie
, der Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: einen stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas aufbauen und der
Strategie für die Finanzierung des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft
eine Initiative zur nachhaltigen Unternehmensführung aufgeführt.
Mit dem EU-Umweltrecht werden verschiedene Umweltschutzanforderungen für Unternehmen und Mitgliedstaaten eingeführt oder Ziele für die Union festgelegt. Diese Anforderungen gelten jedoch in der Regel nicht für Wertschöpfungsketten außerhalb der Union, in denen bis zu 80 bis 90 % der Umweltschäden durch die EU-Produktion auftreten können. Mit der Umwelthaftungsrichtlinie wird ein Rahmen für die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden auf der Grundlage des Verursacherprinzips für die eigene Geschäftstätigkeit der Unternehmen geschaffen. Die Wertschöpfungsketten von Unternehmen fallen nicht darunter.
Die in der vorliegenden Richtlinie festgelegte zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt wird die Umwelthaftungsrichtlinie ergänzen.
Die vorliegende Richtlinie wird die EU-Klimavorschriften, einschließlich des Europäischen Klimagesetzes, ergänzen und die Klimaziele der Union mit dem Zwischenziel einer Verringerung der Nettotreibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030 festschreiben, um Europa auf einen verantwortungsbewussten Weg zu bringen, auf dem bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll. Insbesondere wird diese Richtlinie das
Maßnahmenpaket „Fit für 55“
und seine verschiedenen Leitaktionen ergänzen, wie etwa die Festlegung ehrgeizigerer Ziele in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien für die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2030 oder die Reform des
EU-Emissionshandelssystems
, was durch eine umfassendere Umgestaltung der Produktionsverfahren untermauert werden muss, damit Klimaneutralität in der gesamten Wirtschaft und entlang der Wertschöpfungsketten bis 2050 erreicht werden kann. Das Maßnahmenpaket „Fit für 55“ wird für einige Nicht-EU-Wertschöpfungsketten von EU-Unternehmen nur indirekt im Rahmen des
CO2-Grenzausgleichssystems
gelten, mit dem eine Verlagerung von CO2-Emissionen verhindert werden soll, indem für ausgewählte eingeführte Produkte, die nicht dem CO2-Preis aus dem EU-Emissionshandelssystem unterliegen, ein CO2-Anpassungspreis vorgeschrieben wird.
Die bestehenden
EU-Rechtsvorschriften über Gesundheitsschutz und Sicherheit sowie über die Grundrechte
zielen auf sehr spezifische negative Auswirkungen (wie Verletzungen des Rechts auf Privatsphäre und Datenschutz, Diskriminierung, spezifische Gesundheitsaspekte im Zusammenhang mit gefährlichen Stoffen, Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmern, Verletzungen der Rechte des Kindes usw.) innerhalb der Union ab, gelten jedoch nicht in allen Fällen für die Wertschöpfungsketten von Unternehmen außerhalb der Union.
Die Initiative steht im Einklang mit dem
EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020–2024
, in dem sich die Union und die Mitgliedstaaten verpflichten, ihr Engagement im Hinblick auf die aktive Förderung der Umsetzung internationaler Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln wie der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und des OECD-Leitfadens für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zu verstärken. Sie steht außerdem im Einklang mit der
EU-Kinderrechtsstrategie
, mit der sich die Union zu einer Politik der Null-Toleranz gegenüber Kinderarbeit sowie zur Sicherstellung, dass es in den Lieferketten von EU-Unternehmen keine Kinderarbeit gibt, verpflichtet hat. Im Rahmen der
Strategie der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021–2025
hat sich die Kommission verpflichtet, einen Legislativvorschlag zur nachhaltigen Unternehmensführung vorzulegen, um langfristig nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten zu fördern. Mit dieser Initiative wird auch ein Beitrag zu den Zielen der Mitteilung der Kommission über menschenwürdige Arbeit weltweit geleistet, die zusammen mit dem vorliegenden Vorschlag angenommen wird.
Diese Richtlinie wird zur Europäischen Säule sozialer Rechte beitragen, da beide Vorhaben Rechte wie faire Arbeitsbedingungen fördern. Sie wird – über ihren externen Blickwinkel hinaus – auf Verstöße gegen internationale Arbeitsnormen eingehen, wenn diese in der Union auftreten (z. B. Fälle von Zwangsarbeit in der Landwirtschaft). Daher würde sie intern neben dem bestehenden sozialen Besitzstand auch den Schutz der Arbeitnehmer in der Union stärken und dazu beitragen, Missbrauch innerhalb der Mitgliedstaaten und mitgliedstaatenübergreifend zu verhindern und zu bekämpfen.
Somit wird diese Richtlinie das Regelungsumfeld der EU ergänzen, das derzeit keinen unionsweiten transparenten und verlässlichen Rechtsrahmen einschließt, der EU-Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen dabei hilft, Nachhaltigkeitsrisiken und ‑folgen in Bezug auf die zentralen Risiken im Zusammenhang mit der Wahrung der Menschenrechte und der Umwelt, auch in ihren Wertschöpfungsketten, zu bewerten und zu steuern.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
Rechtsgrundlage
Der Vorschlag beruht auf den Artikeln 50 und 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Artikel 50 Absatz 1 AEUV und insbesondere Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g AEUV sehen vor, dass die Union befugt ist, zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte Tätigkeit zu handeln, indem sie insbesondere „soweit erforderlich, die Schutzbestimmungen [koordiniert], die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten“. Ein Beispiel hierfür sind Koordinierungsmaßnahmen zum Schutz der Interessen der Aktionäre und anderer Interessenträger von Unternehmen, um diesen Schutz in der gesamten Union gleichwertig zu gestalten, wenn die Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften die Niederlassungsfreiheit behindern. Diese Bestimmung kann herangezogen werden, um das Entstehen bestehender oder künftiger Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit zu verhindern, die sich aus der heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften ergeben. Jedoch muss das Entstehen solcher Hindernisse wahrscheinlich sein, und die fragliche Maßnahme muss so gestaltet sein, dass sie deren Entstehung verhindert.
Dieser Vorschlag regelt die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit und deckt – soweit mit diesen Sorgfaltspflichten verknüpft – die Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung und die Unternehmensführungssysteme zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten ab. Somit betrifft der Vorschlag Verfahren und Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Gesellschafter und Interessenträger der Unternehmen. Mehrere Mitgliedstaaten haben vor kurzem Rechtsvorschriften zu den Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Nachhaltigkeit erlassen, während andere derzeit an entsprechenden Rechtsvorschriften arbeiten oder Maßnahmen in Erwägung ziehen. Darüber hinaus hat in jüngster Zeit eine zunehmende Anzahl von Mitgliedstaaten diesen Bereich geregelt und dabei die Mitglieder der Unternehmensleitung verpflichtet, die externen Auswirkungen des Unternehmens zu berücksichtigen, den Interessen der Interessenträger bei ihren Entscheidungen Priorität einzuräumen oder eine Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie des Unternehmens abzugeben. Trotz der Absicht aller Mitgliedstaaten, auf bestehenden internationalen Standards (Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, OECD-Leitsätze für verantwortungsvolles unternehmerisches Handel) aufzubauen, unterscheiden sich neue und aufkommende Gesetze über die Sorgfaltspflicht in der Union erheblich, was voneinander abweichende Anforderungen zur Folge hat. Einige Mitgliedstaaten haben Rechtsvorschriften erlassen oder werden dies voraussichtlich tun, die sich auf spezifische Belange der Nachhaltigkeit in Wertschöpfungsketten beschränken. Der persönliche Anwendungsbereich, die wesentlichen Sorgfaltspflichten, die Durchsetzungsregelungen und die damit verbundenen Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung unterscheiden sich und diese Unterschiede könnten in Zukunft noch größer werden. Es ist zu erwarten, dass andere Mitgliedstaaten beschließen, in diesem Bereich keine Rechtsvorschriften zu erlassen. Das Bestehen erheblich unterschiedlicher Anforderungen in den Mitgliedstaaten führt somit zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts. Diese Fragmentierung dürfte im Laufe der Zeit zunehmen.
Diese Fragmentierung könnte auch ungleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen im Binnenmarkt zur Folge haben. Erstens unterliegen Unternehmen und ihre Unternehmensleitungen – insbesondere diejenigen mit grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten – bereits unterschiedlichen Anforderungen, und solche Unterschiede werden wahrscheinlich noch größer werden, je nachdem, wo sie ihren eingetragenen Unternehmenssitz haben. Dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Abhängig von der Struktur ihrer Tätigkeiten im Binnenmarkt können einige Unternehmen zudem gleichzeitig in den Anwendungsbereich von zwei oder mehr unterschiedlichen nationalen Rechtsrahmen für nachhaltige Unternehmensführung fallen. Die Folge könnten Überschneidungen von Anforderungen, Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Vorschriften, mangelnde Rechtssicherheit für Unternehmen und sogar miteinander unvereinbare parallele rechtliche Anforderungen sein. Umgekehrt fallen einige Unternehmen möglicherweise aus dem bloßen Grund nicht in den Anwendungsbereich eines nationalen Rahmens, dass sie keine nach nationalem Recht relevante Verbindung mit dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, der Sorgfaltspflichten festgelegt hat, und erlangen dadurch einen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern.
Der vorgeschlagene Rechtsakt zielt darauf ab, solchen Hindernissen für die Freizügigkeit und Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen oder sie zu beseitigen, indem die Anforderungen an Unternehmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten innerhalb ihrer eigenen Geschäftstätigkeit, in ihren Tochterunternehmen und in der Wertschöpfungskette sowie im Hinblick auf die damit verbundenen Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung harmonisiert werden. Dadurch werden gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen, indem Unternehmen ähnlicher Größe und die Mitglieder ihrer Unternehmensleitungen hinsichtlich der Einbeziehung der nachhaltigen Unternehmensführung und der Sorgfaltspflichten von Unternehmen in ihre internen Managementsysteme denselben Anforderungen unterliegen, wodurch die Interessen der Interessenträger des Unternehmens in ähnlicher Weise geschützt werden. Harmonisierte Bedingungen hätten positive Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Niederlassung, einschließlich der Geschäfts- und Investitionstätigkeit, da der Vergleich der Nachhaltigkeitsanforderungen erleichtert würde und die Einbeziehung der Interessenträger einfacher und somit kostengünstiger wäre.
Artikel 50 AEUV ist eine „lex specialis“ für Maßnahmen, die zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit erlassen werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Unternehmensführung fallen unter diese Rechtsgrundlage, insbesondere die Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in die Unternehmenspolitik, die Maßnahmen im Hinblick auf Pläne der Unternehmen zur Gewährleistung, dass das Geschäftsmodell und die Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind, und die damit verbundenen Vergütungsmaßnahmen sowie die Bestimmungen über die Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung und die Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung in Bezug auf die Einrichtung und Überwachung der Sorgfaltspflicht.
Um die beschriebenen Binnenmarkthindernisse umfassend zu beseitigen, wird Artikel 50 AEUV hier mit der allgemeinen Bestimmung des Artikels 114 AEUV kombiniert. Nach Artikel 114 AEUV kann die EU Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben, erlassen. Der Unionsgesetzgeber kann sich insbesondere dann auf Artikel 114 AEUV berufen, wenn Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften geeignet sind, die Grundfreiheiten zu beeinträchtigen oder Wettbewerbsverzerrungen zu verursachen und sich auf diese Weise unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken.
Wie oben dargelegt, haben die Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften über nachhaltige Unternehmensführung und Sorgfaltspflicht unmittelbare Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, und diese Auswirkungen dürften sich in Zukunft noch verstärken. Neben den in Artikel 50 AEUV geregelten Fragen betrifft der vorliegende Rechtsakt weitere Bereiche der Errichtung und des Funktionierens des Binnenmarkts. Insbesondere würden ohne Maßnahmen des Unionsgesetzgebers die Herstellung und der Verkehr von Waren und Dienstleistungen zugunsten von Ländern, die keine Sorgfaltspflichtregelungen oder weniger anspruchsvolle Regelungen haben, oder zugunsten von in diesen Ländern niedergelassenen Unternehmen verzerrt, was sich erheblich auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr auswirken würde. Darüber hinaus werden Unternehmen, die Waren liefern oder Dienstleistungen erbringen, insbesondere KMU, mit unterschiedlichen Vorschriften und Erwartungen von Kunden in verschiedenen Mitgliedstaaten konfrontiert sein. So kann beispielsweise ein Mitgliedstaat den Lieferanten verpflichten, Prüfungen durch Dritte durchführen zu lassen, während ein anderer Mitgliedstaat verlangen kann, dass sich derselbe Lieferant an anerkannten Branchenprogrammen und Multi-Stakeholder-Initiativen beteiligt. Ein Mitgliedstaat kann von Unternehmen verlangen, dass sie die Sorgfaltspflicht in Bezug auf etablierte Geschäftsbeziehungen wahrnehmen, während ein anderer Mitgliedstaat die Erfüllung der Sorgfaltspflicht nur in Bezug auf die direkten Lieferanten vorschreibt. Dies würde zu einer Vervielfachung von unterschiedlichen und teilweise nicht miteinander vereinbaren Anforderungen führen, was den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Union verzerren würde.
Es ist absehbar, dass diese Verzerrungen und Beeinträchtigungen mit der Zeit schwerwiegender werden, da immer mehr Mitgliedstaaten unterschiedliche nationale Rechtsvorschriften erlassen werden, oder es könnte sogar zu einem Wettlauf in Richtung der niedrigsten Standards bei der Sorgfaltspflicht kommen.
Solche Verzerrungen sind auch von Bedeutung für die zivilrechtliche Haftung bei Schäden, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens verursacht werden. In einigen nationalen Rechtsrahmen für die Sorgfaltspflicht ist eine ausdrückliche Regelung für die zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Sorgfaltspflicht enthalten, während in anderen ein spezifisches System zivilrechtlicher Haftung ausdrücklich ausgeschlossen ist. Gegen eine Reihe von Unternehmen wurden Klagen eingereicht, weil sie negative Auswirkungen auf der Ebene ihrer Tochterunternehmen oder Wertschöpfungsketten verursacht oder nicht verhindert haben. Die Entscheidungen in solchen Fällen ergehen heute auf der Grundlage unterschiedlicher Vorschriften. In Ermangelung gemeinsamer Vorschriften können unterschiedliche nationale Haftungsregelungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nachdem, ob eine Eigentumskontrolle (in Bezug auf Tochterunternehmen) oder eine faktische Kontrolle (entweder über direkte Verträge oder in Fällen, in denen das Unternehmen die Kontrolle über vertragliche Kaskaden oder andere Einflussnahme in indirekten Geschäftsbeziehungen ausüben könnte) besteht. Diese Fragmentierung würde zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen, da gegen ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat aufgrund von Schäden, die in seiner Wertschöpfungskette entstanden sind, Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden könnten, während ein Unternehmen mit derselben Wertschöpfungskette aufgrund unterschiedlicher nationaler Vorschriften diesem Finanz- und Reputationsrisiko nicht unterliegen würde.
Die vorgeschlagene Regelung der zivilrechtlichen Haftung würde klarstellen, welche Vorschriften für den Fall gelten, dass Schäden im eigenen Geschäftsbetrieb eines Unternehmens, auf der Ebene seiner Tochterunternehmen und auf der Ebene der direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen in der Wertschöpfungskette eintreten. Darüber hinaus dient die vorgeschlagene Bestimmung über das anzuwendende Recht dem Zweck, die Anwendung der harmonisierten Vorschriften, einschließlich der zivilrechtlichen Haftungsvorschriften, auch in den Fällen sicherzustellen, in denen andernfalls das auf eine solche Forderung anzuwendende Recht nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist. Eine solche Bestimmung wird daher von entscheidender Bedeutung für die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen sein.
Subsidiarität
Erstens ist es unwahrscheinlich, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten allein in diesem Bereich ausreichend und effizient sind. Was spezifische grenzüberschreitende Probleme wie Umweltverschmutzung, Klimawandel, biologische Vielfalt und Ähnliches mehr anbetrifft, so werden individuelle Maßnahmen der Mitgliedstaaten behindert, wenn andere Mitgliedstaaten nicht tätig werden. Es ist unwahrscheinlich, dass internationale Verpflichtungen wie die Ziele des Pariser Klimaschutzübereinkommens des UNFCCC, des Übereinkommens über die biologische Vielfalt sowie anderer multilateraler Umweltübereinkommen allein durch Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten erreicht werden. Darüber hinaus haben Risiken, die sich aus negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in den Wertschöpfungsketten von Unternehmen ergeben, häufig grenzüberschreitende Auswirkungen (z. B. Umweltverschmutzung, transnationale Liefer- und Wertschöpfungsketten).
Zweitens sind viele Unternehmen EU-weit oder weltweit tätig; die Wertschöpfungsketten erstrecken sich auf andere Mitgliedstaaten der Union und zunehmend auch auf Drittländer. Institutionelle Anleger, die grenzüberschreitend investieren, sind im Besitz eines großen Teils (38 %) der gesamten Marktkapitalisierung großer börsennotierter Unternehmen in Europa. Somit sind viele Unternehmen in grenzüberschreitendem Besitz und ihre Geschäftstätigkeit wird in einigen Ländern durch Rechtsvorschriften, in anderen Ländern dagegen durch das Fehlen von Vorschriften beeinflusst. Dies ist einer der Gründe dafür, dass führende Unternehmen wohl zögern, derzeit weitere Schritte hin zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit, auch in den Wertschöpfungsketten, zu unternehmen, und grenzüberschreitend gleiche Wettbewerbsbedingungen fordern.
Drittens brauchen Unternehmen, die im Binnenmarkt und darüber hinaus tätig sind, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen für ein nachhaltiges Wachstum. Einige Mitgliedstaaten haben vor Kurzem Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht erlassen, während andere derzeit an entsprechenden Rechtsvorschriften arbeiten oder Maßnahmen in Erwägung ziehen. Die bestehenden Vorschriften der Mitgliedstaaten und die in Vorbereitung befindlichen Vorschriften haben bereits zu heterogenen Anforderungen geführt oder würden weiter dazu beitragen, was Ineffizienz bewirken und zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen könnte. Unterschiedliche Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht haben erhebliche indirekte Auswirkungen auf Lieferanten, die verschiedene, jeweils einem anderen Recht unterstehende Unternehmen beliefern, da die Pflichten aus diesen Vorschriften in der Praxis ihren Niederschlag in Vertragsklauseln finden. Wenn die Sorgfaltspflichtvorschriften einzelner Mitgliedstaaten sehr stark voneinander abweichen, hat dies Rechtsunsicherheit, eine Fragmentierung des Binnenmarkts, zusätzliche Kosten und Komplexität für Unternehmen und ihre Anleger, die grenzüberschreitend tätig sind, sowie für andere Interessenträger zur Folge. Dies kann durch ein Tätigwerden der EU verhindert werden, das somit einen Mehrwert hat.
Im Vergleich zu individuellen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kann durch ein Tätigwerden der EU sichergestellt werden, dass die EU in der Politikentwicklung auf weltweiter Ebene eine starke Stimme hat.
Verhältnismäßigkeit
Die Belastung für Unternehmen, die sich aus den Befolgungskosten ergibt, wurde an die Größe des Unternehmens, die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen und das Risikoprofil angepasst. Die Unternehmen müssen nur geeignete Maßnahmen ergreifen, die dem Schweregrad und der Wahrscheinlichkeit der negativen Auswirkungen entsprechen und die dem Unternehmen nach vernünftigem Ermessen zur Verfügung stehen, wobei den Umständen des Einzelfalls, einschließlich der Besonderheiten des Wirtschaftszweigs, der spezifischen Geschäftsbeziehung und des diesbezüglichen Einflusses des Unternehmens, sowie der Notwendigkeit, eine Priorisierung der Maßnahmen sicherzustellen, Rechnung getragen wird. Zu diesem Zweck wurden der sachliche und persönliche Anwendungsbereich sowie die Durchsetzungsbestimmungen eingeschränkt, wie im Folgenden näher erläutert wird.
In Bezug auf den „persönlichen Anwendungsbereich“ der Sorgfaltspflicht (d. h. die Unternehmenskategorien, die unter die Sorgfaltspflicht fallen) sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) einschließlich Kleinstunternehmen, die insgesamt etwa 99 % aller Unternehmen in der Union ausmachen, von der Erfüllung der Sorgfaltspflicht ausgenommen. Für diese Kategorie von Unternehmen wäre der finanzielle und administrative Aufwand, der mit der Einrichtung und Umsetzung eines Verfahrens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verbunden wäre, vergleichsweise hoch. Diese Unternehmen verfügen zum größten Teil nicht über bereits bestehende Sorgfaltspflichtmechanismen, über kein Know-how und kein fachlich spezialisiertes Personal, und die Kosten für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht würden sie unverhältnismäßig stark belasten. Sie werden jedoch über Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen, die diese Sorgfaltspflicht erfüllen müssen, einem Teil der Kosten und Belastungen ausgesetzt sein, da davon auszugehen ist, dass große Unternehmen Anforderungen an ihre Lieferanten weitergeben. Daher sind Unterstützungsmaßnahmen erforderlich, um KMU beim Aufbau ihrer operativen und finanziellen Kapazitäten zu helfen. Unternehmen, deren Geschäftspartner ein KMU ist, sind ebenso verpflichtet, dieses bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu unterstützen, falls solche Anforderungen die Existenzfähigkeit des KMU gefährden würden. Ferner sind KMU, die Darlehen, Kredite, Finanzierungen, Versicherungen oder Rückversicherungen erhalten, nicht Teil der Wertschöpfungskette des Finanzsektors. Zugleich wird ein einzelnes KMU durch negative Auswirkungen in Verbindung mit der Nachhaltigkeit in der Regel geringer belastet sein als die größeren Unternehmen. Daher werden sehr große Unternehmen in den Anwendungsbereich der umfassenden Sorgfaltspflichtregelung fallen, auch weil viele von ihnen bereits über bestimmte Verfahren verfügen, beispielsweise aufgrund von Berichtspflichten. Mithilfe der gewählten Umsatzkriterien werden insbesondere diejenigen Unternehmen herausgefiltert werden, die die größten Auswirkungen auf die Wirtschaft der Union haben. Darüber hinaus werden in dieser Richtlinie Maßnahmen festgelegt, um eine Abwälzung der Belastung von diesen großen Unternehmen auf die kleineren Lieferanten in der Wertschöpfungskette zu begrenzen und um faire, angemessene, diskriminierungsfreie und verhältnismäßige Anforderungen gegenüber den KMU anzuwenden.
Was Unternehmen mit niedrigerem Umsatz und weniger Beschäftigten anbetrifft, so ist die Erfüllung der Sorgfaltspflicht auf diejenigen Unternehmen beschränkt, die in Branchen mit besonders hohem Schadenspotenzial tätig sind und für die zugleich bestehende branchenspezifische OECD-Leitfäden gelten. Trotz der Tatsache, dass auch für den Finanzsektor OECD-Leitlinien bestehen, zählt diese Branche aufgrund ihrer Besonderheiten nicht zu den Branchen mit hohem Schadenspotenzial. Durch diese Einschränkung soll ein Gleichgewicht zwischen dem Interesse an der Verwirklichung der Ziele der Richtlinie und dem Interesse an einer Minimierung des finanziellen und administrativen Aufwands für die Unternehmen geschaffen werden. Für diese Unternehmen wird die Erfüllung der Sorgfaltspflicht vereinfacht, da sie sich nur auf schwerwiegende negative Auswirkungen konzentrieren müssten, die für ihre Branche relevant sind. Darüber hinaus haben sie ab dem Ende der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie zwei Jahre Zeit, bis auch sie der Sorgfaltspflicht unterliegen, damit sie die erforderlichen Prozesse und Verfahren einrichten und von der Zusammenarbeit in der Branche, technologischen Entwicklungen, Standards usw. profitieren können, die in diesem Zeitraum bedingt durch das frühere Umsetzungsdatum für größere Unternehmen wahrscheinlich entstehen.
Soweit auch Unternehmen aus Drittländern von dieser Richtlinie erfasst werden, sind die Kriterien, die zur Bestimmung der in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen aus der EU und aus Drittländern herangezogen werden, andere; diese stellen jedoch sicher, dass die Wahrscheinlichkeit für Unternehmen aus Drittländern, in den Anwendungsbereich der Richtlinie zu fallen, nicht größer ist. Für Unternehmen aus Drittländern wird ein Schwellenwert für den Nettoumsatz zugrunde gelegt (150 Mio. EUR für Gruppe 1 und 40 Mio. EUR für Gruppe 2), wobei dieser Umsatz jedoch insgesamt in der Union erwirtschaftet werden muss. Für EU-Unternehmen wiederum gilt, dass sie weltweit einen Nettoumsatz von 150 Mio. EUR erzielen und zudem auch ein auf die Beschäftigtenzahl bezogenes Kriterium erfüllen müssen (mindestens 500 Beschäftigte für Gruppe 1 und mindestens 250 Beschäftigte für Gruppe 2). Ein solcher Unterschied der herangezogenen Kriterien ist aus folgenden Gründen gerechtfertigt:
–Durch das Kriterium des EU-Umsatzes für Unternehmen aus Drittländern wird eine Verbindung zur EU hergestellt. Es ist gerechtfertigt, nur den in der Union erzielten Umsatz einzubeziehen, da ein solcher angemessen abgestimmter Schwellenwert eine territoriale Verbindung zwischen den Drittlandunternehmen und der Union durch die möglichen Auswirkungen der Tätigkeiten dieser Unternehmen auf den EU-Binnenmarkt herstellt, was ausreicht, um das Unionsrecht auf Unternehmen aus Drittländern anzuwenden.
–Auch wurden bereits in der Richtlinie über die länderspezifische Berichterstattung (mit der die Rechnungslegungsrichtlinie geändert wird) die Methoden zur Berechnung des Nettoumsatzes von Unternehmen aus Drittländern festgelegt, wohingegen eine solche Methode für die Berechnung der Zahl der Beschäftigten von Unternehmen aus Drittländern nicht existiert. Die Erfahrungen mit dem französischen Gesetz zur Regelung der Sorgfaltspflicht zeigen, dass in Ermangelung einer gemeinsamen Definition des Begriffs „Beschäftigte“ die Zahl der Beschäftigten (weltweit) schwer zu berechnen ist, was die Bestimmung der Drittlandunternehmen behindert, die in den Anwendungsbereich fallen, und somit eine wirksame Durchsetzung der Vorschriften verhindert.
–Die Verwendung von Kriterien sowohl für Beschäftigte als auch für den Umsatz für EU-Unternehmen würde eine bessere Angleichung an den Vorschlag für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen gewährleisten, die für die Berichterstattung über Maßnahmen und Strategien zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht für EU-Unternehmen dienen sollte.
–Auf der Grundlage der Schätzungen der Kommission werden etwa 13 000 Unternehmen aus der EU unter die Richtlinie fallen, aber nur etwa 4000 Unternehmen aus Drittländern. Eine Veränderung der Wettbewerbsbedingungen im EU-Binnenmarkt aufgrund der Tatsache, dass EU-Unternehmen nur dann erfasst werden, wenn sie auch die Mindestzahl von Beschäftigten erreichen, ist sehr unwahrscheinlich: Die beiden auf EU-Unternehmen anwendbaren Größenkriterien werden, selbst bei kumulativer Berücksichtigung, dazu führen, dass noch immer kleinere Unternehmen im Vergleich zu Drittlandunternehmen erfasst werden, da in deren Fall der gesamte weltweite Nettoumsatz des Unternehmens zu berücksichtigen ist.
Schließlich sind große Unternehmen aus Drittländern mit einem hohen Umsatz in der Union in der Lage, die Sorgfaltspflicht umzusetzen, und werden auch bei ihrer Geschäftstätigkeit außerhalb der Union von den Vorteilen profitieren, die sich aus der Erfüllung der Sorgfaltspflicht ergeben. In allen anderen Aspekten fallen Unternehmen aus Drittländern in gleicher Weise unter die Sorgfaltspflicht wie die EU-Länder (z. B. in Bezug auf die Regelung für Unternehmen, die in Branchen mit hohem Schadenspotenzial tätig sind, und in Bezug auf eine identische Übergangsfrist für diese Unternehmen). Die Harmonisierung der Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung ist auf EU-Unternehmen beschränkt, sodass Unternehmen aus Drittländern weniger strengen Verpflichtungen unterliegen werden.
Der „sachliche Anwendungsbereich“ ist in erster Linie auf die Sorgfaltspflicht von Unternehmen gerichtet und entsprechend strukturiert; er deckt diejenigen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt ab, die in bestimmten internationalen Übereinkommen klar definiert werden können. Durch die vorgeschlagenen Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung wird eine enge Verbindung mit der Erfüllung der Sorgfaltspflicht gewährleistet, und sie sind daher für die Wirksamkeit der Sorgfaltspflicht notwendig. Zu den Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung gehört auch die Klärung der Frage, was von den Mitgliedern der Unternehmensleitung im Hinblick auf die Erfüllung der ihnen auferlegten Sorgfaltspflicht, im besten Interesse des Unternehmens zu handeln, erwartet wird.
Die wirksame Durchsetzung der Sorgfaltspflicht ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele der Initiative. Diese Richtlinie wird eine Kombination aus Sanktionen und zivilrechtlicher Haftung vorsehen.
Hinsichtlich der privatrechtlichen Durchsetzung auf der Basis der zivilrechtlichen Haftung wird ein unterschiedlicher Ansatz in Bezug auf die eigene Geschäftstätigkeit des Unternehmens und seine Tochterunternehmen einerseits und in Bezug auf Geschäftsbeziehungen andererseits verfolgt. Insbesondere betrifft die zivilrechtliche Haftung nur etablierte Geschäftsbeziehungen, von denen ein Unternehmen in Anbetracht ihrer Intensität oder Dauer erwartet, dass sie beständig sind, und die keinen unbedeutenden oder lediglich untergeordneten Teil der Wertschöpfungskette darstellen. Ein Unternehmen sollte nicht dafür haften, dass es Schäden auf der Ebene indirekter Geschäftsbeziehungen nicht vermieden oder beendet hat, wenn von ihm vertragliche Kaskaden und Zusicherungen genutzt sowie Maßnahmen ergriffen wurden, um die Einhaltung der Bestimmungen zu überprüfen, es sei denn, es war im jeweiligen Einzelfall nach vernünftigem Ermessen nicht zu erwarten, dass die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen, auch in Bezug auf die Überprüfung der Einhaltung, geeignet waren, um die negativen Auswirkungen zu vermeiden, abzuschwächen, zu beheben oder zu minimieren. Darüber hinaus sind bei der Bewertung der Frage des Bestehens und des Umfangs der Haftung die Bemühungen des Unternehmens, die von einer Aufsichtsbehörde geforderten Abhilfemaßnahmen umzusetzen – soweit sie sich unmittelbar auf den betreffenden Schaden beziehen –, die vom Unternehmen getätigten Investitionen und die von ihm geleistete gezielte Unterstützung sowie die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen zur Bewältigung der negativen Auswirkungen in seinen Wertschöpfungsketten gebührend zu berücksichtigen.
Durch diesen für die zivilrechtliche Haftung gewählten Ansatz wird auch die Gefahr der Häufung von Rechtsstreitigkeiten begrenzt.
Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der öffentlichen Durchsetzung der Sorgfaltspflicht gehen nicht über das erforderliche Maß hinaus. In dieser Richtlinie wird klargestellt, dass Sanktionen, die aufgrund der Nichteinhaltung der Sorgfaltspflicht verhängt werden, verhältnismäßig sein müssen. Stellen die Behörden, die die Einhaltung dieser Richtlinie durch das Unternehmen prüfen, einen Verstoß fest, so sollten sie dem Unternehmen zunächst eine angemessene Frist für die Ergreifung von Abhilfemaßnahmen einräumen. Die Richtlinie enthält eine begrenzte Anzahl von Sanktionen, die in allen Mitgliedstaaten anwendbar sein sollten, aber es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, ein angemessenes Durchsetzungsverfahren im Einklang mit ihrem nationalen Recht zu gewährleisten. Verhängte Geldstrafen werden auf der Grundlage des Umsatzes des Unternehmens festgesetzt, um eine im Verhältnis dazu angemessene Höhe der Strafe zu gewährleisten.
Darüber hinaus führt diese Richtlinie nicht zu unnötigen Kosten für die Union, die nationalen Regierungen, die regionalen oder lokalen Behörden. Nach der Richtlinie wird es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, wie die Durchsetzung organisiert wird. Die Aufsicht kann von bestehenden Behörden wahrgenommen werden. Zur Senkung der Kosten (z. B. wenn in verschiedenen Mitgliedstaaten tätige Drittlandunternehmen beaufsichtigt werden) und zur Verbesserung von Aufsicht, Koordinierung, Untersuchung und Informationsaustausch wird die Kommission ein Europäisches Netz der Aufsichtsbehörden einrichten.
Diese Richtlinie ermöglicht die Zusammenarbeit von Unternehmen sowie die Nutzung von Branchenprogrammen und von Multi-Stakeholder-Initiativen, um die Kosten für die Einhaltung dieser Richtlinie für die Unternehmen zu senken.
Wahl des Instruments
Als Rechtsinstrument wird eine Richtlinie vorgeschlagen, da Artikel 50 AEUV die Rechtsgrundlage für gesellschaftsrechtliche Vorschriften zum Schutz der Interessen der Gesellschafter von Gesellschaften sowie Dritter ist, damit dieser Schutz in der gesamten Union gleichwertig ist. Gemäß Artikel 50 AEUV müssen das Europäische Parlament und der Rat Richtlinien erlassen.
Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte zur Festlegung der Kriterien für die Berichterstattung durch Drittlandunternehmen über die Einhaltung der Sorgfaltspflicht.
Um Unternehmen und Behörden der Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, wie Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nachkommen sollten, kann die Kommission, gegebenenfalls in Absprache mit den einschlägigen europäischen Einrichtungen, internationalen Gremien, die über Fachwissen im Bereich der Sorgfaltspflicht verfügen, und anderen Stellen, Leitlinien herausgeben. Leitlinien können auch verwendet werden, um unverbindliche Mustervertragsklauseln festzulegen, die Unternehmen nutzen können, wenn sie die Verpflichtung in ihrer Wertschöpfungskette kaskadieren.
Darüber hinaus kann die Kommission weitere unterstützende Maßnahmen ergreifen, die auf bestehenden Maßnahmen und Instrumenten der EU aufbauen, um die Umsetzung der Sorgfaltspflicht in der Union und in Drittländern zu fördern; dies kann die Erleichterung gemeinsamer Initiativen von Interessenträgern einschließen, die dem Zweck dienen, Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu helfen und von dieser Richtlinie betroffene KMU auf andere Weise zu unterstützen. Ergänzend dazu können Instrumente der EU für die Entwicklungszusammenarbeit genutzt werden, um Regierungen von Drittländern und vorgelagerte Wirtschaftsbeteiligte in Drittländern bei der Bewältigung der negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und vorgelagerten Geschäftsbeziehungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu unterstützen.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
Konsultation der Interessenträger
Im Einklang mit den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung fanden verschiedene Konsultationstätigkeiten statt:
–die Folgenabschätzung in der Anfangsphase (Fahrplan), bei der 114 Rückmeldungen eingingen,
–die öffentliche Konsultation, bei der 473 461 Antworten und 122 785 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die größtenteils im Rahmen von Kampagnen mit vorab ausgefüllten Fragebögen übermittelt wurden, sowie 149 Positionspapiere eingingen,
–eine gezielte Konsultation der Sozialpartner,
–eine Reihe von Workshops und Treffen mit Interessenträgern, z. B. Treffen der informellen Gruppe der Gesellschaftsrechtsexperten (ICLEG), die sich hauptsächlich aus auf das Gesellschaftsrecht spezialisierten Rechtswissenschaftlern zusammensetzt, Treffen mit Vertretern der Mitgliedstaaten in der Gruppe der Gesellschaftsrechtsexperten (CLEG),
–Konferenzen und Treffen mit Wirtschaftsverbänden, einzelnen Unternehmen, einschließlich Vertretern kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), der Zivilgesellschaft, einschließlich nichtstaatlicher und gemeinnütziger Organisationen, sowie mit internationalen Organisationen wie der OECD.
Insgesamt zeigten die Konsultationstätigkeiten, dass die Interessenträger die Notwendigkeit, einen EU-Rechtsrahmen für die Sorgfaltspflicht zu schaffen, allgemein weithin anerkennen. Insbesondere große Unternehmen forderten generell eine stärkere Harmonisierung im Bereich der Sorgfaltspflicht, um die Rechtssicherheit zu erhöhen und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände der Zivilgesellschaft empfanden den derzeitigen Rechtsrahmen als unwirksam, um die Rechenschaftspflicht von Unternehmen im Hinblick auf negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt sicherzustellen.
Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer an der öffentlichen Konsultation, darunter die meisten teilnehmenden Mitgliedstaaten, sprachen sich für einen horizontalen Ansatz für die Sorgfaltspflicht und nicht für einen branchenspezifischen oder thematischen Ansatz aus. Die Unternehmen äußerten die Befürchtung, der Gefahr von Wettbewerbsnachteilen gegenüber Unternehmen aus Drittländern ausgesetzt zu sein, die nicht denselben Pflichten unterliegen. Dementsprechend stimmten die meisten Befragten darin überein, dass die Vorschriften zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht auch für Unternehmen aus Drittländern gelten sollten, die nicht in der EU niedergelassen, aber in einem bestimmten Umfang in der EU tätig sind.
In Bezug auf einen Durchsetzungsmechanismus, mit dem eine verbindliche Sorgfaltspflicht flankiert werden sollte, äußerte die Mehrheit aller Interessengruppen, die sich an der öffentlichen Konsultation beteiligten, die Meinung, dass die Aufsicht durch die zuständigen nationalen Behörden in Verbindung mit einem Mechanismus der Zusammenarbeit/Koordinierung auf EU-Ebene die am besten geeignete Option wäre.
Die Mehrheit der Befragten in allen Interessengruppen betrachtete verbindliche Vorschriften mit Zielvorgaben als die Option, die mit den größten Kosten, aber auch mit dem größten Gesamtnutzen verbunden ist. Obwohl die meisten Befragten eine positive Auswirkung auf Drittländer sahen, befürchteten einige von ihnen, dass sich die Sorgfaltspflichtvorschriften möglicherweise negativ auf Drittländer auswirken, wenn sich Unternehmen, die in Drittländern, in denen der Menschenrechtsschutz ebenso wie der Sozial-, Arbeits- und Umweltschutz mangelhaft ist, investieren, aus diesen Ländern zurückziehen müssten.
Ausführliche Informationen zur Konsultationsstrategie und zu den Schlussfolgerungen der Konsultationen der Interessenträger sind Anhang 2 des Folgenabschätzungsberichts zu entnehmen.
Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Zur Begleitung der Analyse der verschiedenen Optionen vergab die Kommission mehrere Unterstützungsaufträge an externe Sachverständige für eine Studie zu Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette und für eine Studie zu den Pflichten von Mitgliedern der Unternehmensleitung und zur nachhaltigen Unternehmensführung. Diese Sachverständigen arbeiteten während der verschiedenen Phasen der Studie eng mit der Kommission zusammen.
Literaturrecherchen und die Antworten der Interessenträger im Rahmen der Konsultationen brachten weitere fachliche Erkenntnisse in Ergänzung zu diesen begleitenden Studien.
Neben den genannten Unterstützungsstudien, Treffen von Sachverständigengruppen und Konsultationen der Interessenträger widmete die Kommission auch der einschlägigen Entschließung des Europäischen Parlaments und den Schlussfolgerungen des Rates besondere Aufmerksamkeit. Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2021 enthielt Empfehlungen an die Kommission zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen und forderte die Kommission auf, EU-Vorschriften für eine umfassende Sorgfaltspflicht von Unternehmen vorzuschlagen. In den Schlussfolgerungen des Rates zu Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit in globalen Lieferketten vom 1. Dezember 2020 wurde die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen für eine nachhaltige Unternehmensführung, einschließlich branchenübergreifender Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der globalen Wertschöpfungsketten, vorzulegen.
Folgenabschätzung
Die Analyse in der Folgenabschätzung befasste sich im weiten Sinne mit dem Problem, das sich aus der Notwendigkeit ergibt, die Nachhaltigkeit der Corporate-Governance- und Managementsysteme zu stärken, wobei zwei Dimensionen zu berücksichtigen sind: 1) Interessen der Interessenträger und mit Interessenträgern verbundene (Nachhaltigkeits-)Risiken für die Unternehmen werden in Risikomanagementsystemen und Entscheidungen eines Unternehmens nicht ausreichend berücksichtigt; 2) Unternehmen mindern die negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durch ihre Geschäftstätigkeit nicht in ausreichendem Maße, und sie verfügen nicht über eine angemessene Unternehmensführung sowie angemessene Managementsysteme und Maßnahmen, um ihre schädigenden Auswirkungen zu mindern.
Nach Prüfung verschiedener politischer Optionen, vor allem im Bereich der Sorgfaltspflichten von Unternehmen und der Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung, wurde in der Folgenabschätzung ein bevorzugtes Paket politischer Optionen vorgeschlagen, das drei Elemente umfasst: Sorgfaltspflichten des Unternehmens, Pflichten und Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung, die einander ergänzen.
Der Entwurf der Folgenabschätzung wurde dem Ausschuss für Regulierungskontrolle der Kommission am 9. April 2021 übermittelt. Nach der ablehnenden Stellungnahme des Ausschusses wurde dem Ausschuss am 8. November 2021 eine überarbeitete Folgenabschätzung zur zweiten Stellungnahme vorgelegt. Der Ausschuss nahm zwar Kenntnis davon, dass der Bericht als Reaktion auf die erste Stellungnahme des Ausschusses erheblich überarbeitet wurde, gab jedoch am 26. November 2021 eine zweite ablehnende Stellungnahme ab, in der betont wurde, dass politische Vorgaben in Bezug darauf erforderlich seien, ob und unter welchen Bedingungen die Initiative zu nachhaltiger Unternehmensführung weitergeführt werden könnte. Der Ausschuss hielt an seiner ablehnenden Stellungnahme fest, da er der Auffassung war, dass in dem Bericht über die Folgenabschätzung 1) nicht ausreichend auf die Problembeschreibung eingegangen wurde und keine aussagekräftigen Nachweise dafür vorlegt wurden, dass EU-Unternehmen, insbesondere KMU, Nachhaltigkeitsaspekte nicht bereits ausreichend berücksichtigen oder keine ausreichenden Anreize haben, dies zu tun, 2) kein ausreichendes Spektrum an politischen Optionen präsentiert wurde und die wichtigsten politischen Wahlmöglichkeiten nicht ermittelt bzw. nicht umfassend bewertet wurden, 3) die Auswirkungen nicht umfassend, ausgewogen und neutral bewertet wurden und Unsicherheit bezüglich der Verwirklichung des Nutzens erkennbar wurde und 4) die Verhältnismäßigkeit der bevorzugten Option nicht ausreichend nachgewiesen wurde.
Um der zweiten ablehnenden Stellungnahme des Ausschusses Rechnung zu tragen, wird die Folgenabschätzung daher durch eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die Folgemaßnahmen zur Stellungnahme des Ausschusses ergänzt, die zusätzliche Klarstellungen und Nachweise zu den Punkten enthält, für die der Ausschuss konkrete Verbesserungen vorgeschlagen hat.
Im Einklang mit den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung ist eine befürwortende Stellungnahme des Ausschusses für Regulierungskontrolle erforderlich, damit eine Initiative zur Annahme vorgelegt werden kann. Der für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau zuständige Vizepräsident kann jedoch die Fortsetzung der Vorbereitungen für eine Initiative gestatten, die Gegenstand einer zweiten ablehnenden Stellungnahme des Ausschusses für Regulierungskontrolle war. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Stellungnahmen des Ausschusses für Regulierungskontrolle um eine Bewertung der Qualität der Folgenabschätzung und nicht um eine Bewertung des entsprechenden Legislativvorschlags handelt.
Die Kommission hält es auch vor dem Hintergrund der Zustimmung des Vizepräsidenten für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau für angebracht, die Initiative aus folgenden Gründen fortzusetzen:
–die politische Bedeutung dieser Initiative für die politische Priorität der Kommission „Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen“, auch im Rahmen des Pakets für ein nachhaltiges Finanzwesen und des europäischen Grünen Deals,
–die Dringlichkeit von Maßnahmen im Bereich der Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette als Beitrag zur Nachhaltigkeitswende und zur Bewältigung des Risikos einer zunehmenden Fragmentierung des Binnenmarkts sowie aufgrund der Auffassung, dass
–mit den zusätzlichen Klarstellungen und Nachweisen die vom Ausschuss für Regulierungskontrolle festgestellten Mängel der Folgenabschätzung in zufriedenstellender Weise behoben und im angepassten Legislativvorschlag berücksichtigt wurden.
Im Hinblick auf die Bedeutung und Dringlichkeit der Initiative nahm die Kommission ferner zur Kenntnis, dass diese Initiative vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission in die gemeinsamen politischen Prioritäten für 2022 aufgenommen wurde.
Nach sorgfältiger Analyse der Ergebnisse des Ausschusses und unter Berücksichtigung der Überlegungen zu den zusätzlichen Klarstellungen und Nachweisen ist die Kommission der Auffassung, dass der Vorschlag, der gegenüber dem in der Folgenabschätzung vorgelegten Paket politischer Optionen erheblich überarbeitet wurde, es weiterhin ermöglicht, entscheidend auf das übergeordnete Ziel hinzuarbeiten, nämlich das Potenzial des Binnenmarkts besser auszuschöpfen, um zum Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft beizutragen und ein langfristig nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten zu fördern. Im Vergleich zu der im Entwurf der Folgenabschätzung dargelegten bevorzugten Option ist die Richtlinie fokussierter und zielgerichteter. Kernstück ist die Sorgfaltspflicht, wobei die Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung erheblich verringert werden, indem sie eng mit der Sorgfaltspflicht verknüpft werden. Darüber hinaus wurde der Umfang der Sorgfaltspflicht angepasst. Eine ausführliche Beschreibung der Anpassungen des bevorzugten Optionspakets der Folgenabschätzung findet sich in der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, in der die Folgemaßnahmen zur Stellungnahme des Ausschusses für Regulierungskontrolle sowie zusätzliche Informationen dargelegt werden.
Kurz gesagt wurde der „persönliche Anwendungsbereich“ (d. h. die Unternehmenskategorien, die unter die Sorgfaltspflicht fallen) aufgrund von Überlegungen, die durch die Anmerkungen des Ausschusses zur Problembeschreibung, insbesondere in Bezug auf KMU, und zur Verhältnismäßigkeit der bevorzugten Option angestoßen wurden, erheblich verringert. Konkret bedeutet dies, dass KMU vollständig aus dem Anwendungsbereich ausgeklammert wurden und hinsichtlich Unternehmen in Branchen mit hohem Schadenspotenzial nunmehr nur noch Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. EUR erfasst werden (während große Unternehmen, die gleichzeitig sowohl den Schwellenwert von 500 Beschäftigten als auch den Schwellenwert eines weltweiten Nettoumsatzes von 150 Mio. EUR überschreiten, unabhängig vom Wirtschaftszweig, in dem sie tätig sind, weiterhin in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen). Die Branchen mit hohem Schadenspotenzial sind nun im Text direkt definiert, womit ebenfalls die Anmerkungen des Ausschusses in Bezug auf Rechtsetzungstechnik aufgenommen werden. Branchen mit hohem Schadenspotenzial sind nunmehr so definiert, dass darunter nur Branchen mit einem hohen Risiko negativer Auswirkungen verstanden werden, für die es Leitlinien der OECD gibt. Für Midcap-Unternehmen in Branchen mit hohem Schadenspotenzial gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren für die Anwendung dieser Vorschriften, um ihnen mehr Zeit für die Anpassung einzuräumen. Darüber hinaus beschränken sich die Sorgfaltspflichten, die diese Unternehmen erfüllen müssen, auf schwerwiegende Auswirkungen, die für ihre Branche relevant sind.
Um eine wirksame Erreichung der Ziele dieser Initiative zu ermöglichen, erstreckt sich der Anwendungsbereich dieses Vorschlags auch auf Unternehmen aus Drittländern. Erfasst werden nur solche Drittlandunternehmen, die eine direkte Verbindung zum Unionsmarkt haben und die einen ähnlichen Schwellenwert für den Umsatz wie EU-Unternehmen, jedoch innerhalb des Unionsmarkts erreichen. Sie müssen zudem in Bezug auf die Sorgfaltspflicht dieselben Verpflichtungen erfüllen wie die entsprechenden EU-Unternehmen.
In der Richtlinie wird auch darauf hingewiesen, dass Unternehmen, insbesondere KMU in der Wertschöpfungskette, eine ihnen zugängliche praktische Unterstützung benötigen, um sich auf die Verpflichtungen vorzubereiten (oder auf die sich daraus ergebenden Forderungen, die indirekt an sie weitergegeben werden). Dies könnte praktische Orientierungshilfen und unterstützende Instrumente wie Hotlines, Datenbanken oder Schulungen sowie die Einrichtung einer Beobachtungsstelle umfassen, die Unternehmen bei der Umsetzung der Richtlinie unterstützt. Darüber hinaus wird in der Überprüfungsklausel ausdrücklich auf den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie (d. h. die erfassten Unternehmenskategorien) verwiesen, der vor dem Hintergrund der praktischen Erfahrungen mit der Anwendung der Rechtsvorschriften überprüft werden sollte. Weitere Minderungsmaßnahmen im Hinblick auf eine Verringerung der indirekten Auswirkungen auf KMU sind Teil der Verpflichtungen von Unternehmen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.
Was den sachlichen Anwendungsbereich (d. h. den abgedeckten Bereich) betrifft, so wurde ein bereichsübergreifendes Instrument beibehalten, das die Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt abdeckt. Dies spiegelt den starken Konsens unter den Interessengruppen wider, dass ein horizontaler Rahmen erforderlich ist, um die festgestellten Probleme anzugehen.
Darüber hinaus hatte der Ausschuss angemerkt, dass in der Folgenabschätzung nicht hinreichend klar dargestellt ist, ob die Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung über die Sorgfaltspflichten hinaus reguliert werden müssen. Daher beschloss die Kommission, das Problem durch eine Abweichung vom Paket der bevorzugten Optionen in der Folgenabschätzung zu lösen und sich auf das Element der Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung – auch vor dem Hintergrund der bestehenden internationalen Standards – im Hinblick auf die unternehmerische Sorgfaltspflicht und die Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung zu konzentrieren. Dazu gehören die Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung in Bezug auf die Einrichtung und Überwachung der Umsetzung von Verfahren und Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen, die Festlegung eines Verhaltenskodex zu diesem Zweck sowie die Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in die Unternehmensstrategie. Um der Rolle der Mitglieder der Unternehmensleitung im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in vollem Umfang Rechnung zu tragen, wird die allgemeine Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung gegenüber dem Unternehmen, die im Gesellschaftsrecht aller Mitgliedstaaten vorgesehen ist, ebenfalls präzisiert; es wird nun vorgesehen, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung bei der Erfüllung ihrer Pflicht, im besten Interesse des Unternehmens zu handeln, die Nachhaltigkeitsaspekte des Vorschlags für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen berücksichtigen sollten, gegebenenfalls einschließlich der Menschenrechte, des Klimawandels und der Auswirkungen auf die Umwelt, auch in kurz-, mittel- und langfristigen Zeithorizonten. Weiterreichende spezifische Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung, die in der Folgenabschätzung dargelegt worden waren, werden nicht beibehalten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Vorschlag seinem Ziel gerecht wird und gleichzeitig verhältnismäßig bleibt.
Hinsichtlich der vom Ausschluss vorgebrachten Anmerkungen enthalten die vorliegende Begründung sowie die Erwägungsgründe des Legislativvorschlags umfassende Erläuterungen zu den getroffenen politischen Entscheidungen. Während die Folgenabschätzung, die dem Ausschuss vorgelegt wurde, und die Stellungnahme des Ausschusses unverändert veröffentlicht wurden, wurde eine separate begleitende Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen erstellt, um zusätzliche Nachweise und Klarstellungen zu liefern, mit denen den Anmerkungen des Ausschusses, auch in Bezug auf Nachweise, nachgekommen wird In diesem Dokument wird insbesondere auf Folgendes eingegangen:
1.Beschreibung des Problems:
–Ausmaß und Entwicklung der Umwelt- und Nachhaltigkeitsprobleme, die in direktem Zusammenhang mit dem offensichtlichen Fehlen oder der unzureichenden Nutzung von Verfahren des Nachhaltigkeitsmanagements von Unternehmen in der EU stehen, die durch diese Richtlinie angegangen werden sollen, und des Mehrwerts der Richtlinie in Bezug auf das umfassende Maßnahmenpaket zur Förderung der Nachhaltigkeit im Rahmen des Grünen Deals,
–Gründe, aus denen die Markt- und die Wettbewerbsdynamik zusammen mit der Fortentwicklung der Unternehmensstrategien und Risikomanagementsysteme der Unternehmen als unzureichend erachtet werden, und Erläuterung des angenommenen kausalen Zusammenhangs zwischen dem Einsatz von Nachhaltigkeitsinstrumenten von Unternehmen und deren praktischer Wirkung bei der Bewältigung der Probleme.
2.Auswirkungen der bevorzugten Option:
–Aspekte im Zusammenhang mit Drittländern, wobei Beobachtungen i) zu den erwarteten Entwicklungen in Drittländern (unter Berücksichtigung von Maßnahmen der EU und der internationalen Handels- und Entwicklungshilfe) und ii) zu den Auswirkungen auf Drittländer und auf Lieferanten in Drittländern einbezogen werden,
–Durchsetzungsmechanismus, durch den der Mehrwert eines auf zwei Säulen beruhenden Durchsetzungssystems, das auf Verwaltungsdurchsetzung und zivilrechtlicher Haftung aufbaut, weiter ausgebaut wird,
–Auswirkungen auf Wettbewerb und Wettbewerbsfähigkeit.
Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung
Kleine und mittlere Unternehmen, einschließlich Kleinstunternehmen, fallen nicht in den Anwendungsbereich, und die indirekten Auswirkungen auf sie werden durch unterstützende Maßnahmen und Leitlinien auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten sowie durch die Verwendung von Mustervertragsklauseln und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechende Erfordernisse für den größeren Geschäftspartner in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen abgemildert.
Grundrechte
Gemäß den Erläuterungen in der Folgenabschätzung und auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse können verbindliche Anforderungen in Bezug auf die Sorgfaltspflicht erhebliche Vorteile für den Schutz und die Förderung der Grundrechte haben.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Der Vorschlag wirkt sich nicht unmittelbar auf den Haushalt der Union aus.
5.WEITERE ANGABEN
Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Die Kommission wird ein europäisches Netz der Aufsichtsbehörden einrichten, das die Umsetzung dieser Richtlinie unterstützen soll. Dieses Netz wird sich aus Vertretern der Aufsichtsbehörden, die von den Mitgliedstaaten benannt werden, sowie anderen Agenturen der Union mit einschlägigem Fachwissen in den von dieser Richtlinie erfassten Bereichen zusammensetzen, damit sichergestellt ist, dass die Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, um die Koordinierung und Konvergenz der Regulierungs-, Untersuchungs-, Sanktions- und Aufsichtsverfahren sowie den Informationsaustausch zwischen diesen Aufsichtsbehörden zu erleichtern und zu gewährleisten.
Sieben Jahre nach Ende des Übergangszeitraums erstattet die Kommission Bericht über die Umsetzung dieser Richtlinie, unter anderem über ihre Wirksamkeit. Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Gesetzgebungsvorschlag beigefügt.
Die Kommission wird erforderlichenfalls Leitlinien herausgeben, um Klarheit zu schaffen und Unternehmen und Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie zu unterstützen.
Erläuternde Dokumente
Um sicherzustellen, dass diese Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt wird, wäre ein erläuterndes Dokument, etwa in Form von Entsprechungstabellen, notwendig.
Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
In Artikel 1 wird der Gegenstand der Richtlinie festgelegt, d. h. Vorschriften über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in Bezug auf ihre eigenen Geschäftstätigkeiten, die Geschäftstätigkeit ihrer Tochterunternehmen und die im Rahmen etablierter Geschäftsbeziehungen ausgeführten Tätigkeiten in der Wertschöpfungskette; in dem Artikel wird auch festgelegt, dass diese Richtlinie Vorschriften über die Haftung für Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht enthält.
In Artikel 2 werden der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie sowie die Kriterien festgelegt, nach denen ein Mitgliedstaat für die Regelung der unter diese Richtlinie fallenden Angelegenheiten zuständig ist.
Artikel 3 enthält Begriffsbestimmungen für die Zwecke dieser Richtlinie.
Artikel 4 verpflichtet die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt nachkommen, indem sie die in den Artikeln 5 bis 11 der Richtlinie aufgeführten spezifischen Anforderungen erfüllen.
Nach Artikel 5 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Unternehmen die Sorgfaltspflicht in alle Bereiche ihrer Unternehmenspolitik einbeziehen und über eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verfügen, die jährlich aktualisiert wird. In dem Artikel ist festgelegt, dass diese Strategie eine Beschreibung des Ansatzes des Unternehmens in Bezug auf die Sorgfaltspflicht, eines Verhaltenskodexes, der von den Beschäftigten und Tochterunternehmen des Unternehmens einzuhalten ist,
und der eingeführten Verfahren zur Umsetzung der Sorgfaltspflicht umfassen sollte.
Artikel 6 verpflichtet die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit, im Rahmen ihrer Tochterunternehmen und auf der Ebene ihrer etablierten direkten oder indirekten Geschäftsbeziehungen in ihrer Wertschöpfungskette zu ermitteln.
Nach Artikel 7 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um potenzielle negative Auswirkungen nach Artikel 6 zu verhindern oder diese Auswirkungen angemessen abzuschwächen, wenn sie nicht vermieden werden können oder die entsprechenden Maßnahmen nur schrittweise umzusetzen sind.
Artikel 8 verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um tatsächliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu beheben, die sie nach Artikel 6 festgestellt hatten oder hätten feststellen können. Können negative Auswirkungen auf der Ebene etablierter direkter oder indirekter Geschäftsbeziehungen nicht behoben werden, so sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Unternehmen das Ausmaß der Auswirkungen minimieren.
Artikel 9 verpflichtet die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass Unternehmen eine Beschwerdemöglichkeit bei dem Unternehmen vorsehen, wenn berechtigte Bedenken zu jenen potenziellen oder tatsächlich negativen Auswirkungen, einschließlich in der Wertschöpfungskette des Unternehmens, bestehen. Die Unternehmen müssen diese Möglichkeit betroffenen Personen oder Personen mit berechtigtem Grund zu der Annahme, dass sie von nachteiligen Auswirkungen betroffen sein könnten, sowie Gewerkschaften und anderen Arbeitnehmervertretern, die in der betreffenden Wertschöpfungskette tätige Personen vertreten, und den in dem betreffenden Bereich aktiven Organisationen der Zivilgesellschaft gewähren.
Nach Artikel 10 müssen die Mitgliedstaaten die Unternehmen verpflichten, regelmäßig die Umsetzung der Maßnahmen des Unternehmens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht zu bewerten, damit geprüft werden kann, ob nachteilige Auswirkungen ordnungsgemäß ermittelt und Präventiv- oder Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, und festgestellt werden kann, inwieweit nachteilige Auswirkungen vermieden, behoben oder in ihrem Ausmaß minimiert werden.
Nach Artikel 11 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass Unternehmen, die nicht den Berichtspflichten der Richtlinie 2013/34/EU unterliegen, zu Angelegenheiten, die Gegenstand dieser Richtlinie sind, Bericht erstatten und eine jährliche Erklärung auf ihrer Website veröffentlichen.
Nach Artikel 12 ist die Kommission verpflichtet, Leitlinien zu unverbindlichen Mustervertragsklauseln zu erlassen, um Unternehmen bei der Einhaltung von Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe c zu unterstützen.
Nach Artikel 13 kann die Kommission in Absprache mit der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der Europäischen Umweltagentur und gegebenenfalls mit internationalen Gremien mit Fachkompetenz im Bereich der Sorgfaltspflicht Leitlinien für spezifische Sektoren oder spezifische nachteilige Auswirkungen herausgeben, um Unternehmen oder Behörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht zu unterstützen.
Nach Artikel 14 müssen die Mitgliedstaaten und die Kommission Begleitmaßnahmen für die von dieser Richtlinie erfassten Unternehmen und Akteure entlang globaler Wertschöpfungsketten anbieten, die indirekt von den Verpflichtungen der Richtlinie betroffen sind. Diese Unterstützung kann von der Unterhaltung spezieller Websites, Portale oder Plattformen bis hin zur finanziellen Unterstützung von KMU und der Förderung gemeinsamer Initiativen von Interessenträgern reichen. Mit dieser Bestimmung wird ferner präzisiert, dass sich Unternehmen bei der Umsetzung der Sorgfaltspflicht auf Regelungen der Industrie und Initiativen von Interessenträgern stützen können, und dass die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien zur Bewertung der Eignung dieser Regelungen herausgeben kann.
Nach Artikel 15 müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass bestimmte Unternehmen einen Plan festlegen, mit dem sie sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 C gemäß dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind.
Mit Artikel 16 wird die Anforderung eingeführt, dass Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Drittlandes gegründet wurden und gemäß Artikel 2 Absatz 2 in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, einen Bevollmächtigten mit hinreichendem Mandat in der Union benennen, an den sich die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in allen Belangen wenden können, die für die Entgegennahme, Einhaltung und Durchsetzung von Rechtsakten im Zusammenhang mit dieser Richtlinie erforderlich sind.
Artikel 17 enthält die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten eine oder mehrere nationale Aufsichtsbehörden zu benennen, um die Einhaltung der Sorgfaltspflichten durch die Unternehmen und ihrer Verpflichtungen nach Artikel 15 Absätze 1 und 2 zu gewährleisten, sowie ihre Befugnisse zur Durchsetzung dieser Verpflichtungen gemäß Artikel 18 auszuüben.
Mit Artikel 18 werden die angemessenen Befugnisse und Ressourcen der von den Mitgliedstaaten benannten Aufsichtsbehörden festgelegt, damit diese ihre Aufsichts- und Durchsetzungsaufgaben wahrnehmen können.
Artikel 19 verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund objektiver Umstände Grund zu der Annahme hat, dass ein Unternehmen die Bestimmungen dieser Richtlinie nicht angemessen erfüllt, berechtigt ist, den Aufsichtsbehörden, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthalts, ihres eingetragenen Sitzes, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, begründete Bedenken mitzuteilen.
Nach Artikel 20 erlassen die Mitgliedstaaten Vorschriften über Sanktionen für Verstöße gegen die nach dieser Richtlinie erlassenen nationalen Bestimmungen und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Anwendung sicherzustellen. Die Sanktionen müssen wirksam, abschreckend und verhältnismäßig sein.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Beschlüsse der Aufsichtsbehörden zu Sanktionen im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie veröffentlicht werden.
Mit Artikel 21 wird ein europäisches Netz aus Vertretern der nationalen Aufsichtsbehörden nach Artikel 16 eingeführt, um die Koordinierung und Konvergenz der Regulierungs-, Untersuchungs-, Sanktions- und Aufsichtsverfahren sowie den Informationsaustausch zwischen diesen Aufsichtsbehörden zu erleichtern und zu gewährleisten.
Artikel 22 verpflichtet die Mitgliedstaaten, Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung der Unternehmen festzulegen, um sie unter bestimmten Bedingungen für aus einer Vernachlässigung ihrer Sorgfaltspflicht entstandene Schäden haftbar zu machen. Ferner wird sind die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass die Haftung nach den Absätzen 1 bis 3 nicht allein deshalb ausgeschlossen wird, weil das auf entsprechende Ansprüche anzuwendende Recht nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist.
Artikel 23 sieht vor, dass die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, für die Meldung aller Verstöße gegen diese Richtlinie und den Schutz von Personen gilt, die solche Verstöße melden.
In Artikel 23 werden Bedingungen für eine öffentliche Unterstützung von Unternehmen präzisiert.
Artikel 25 legt die Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung dar.
Artikel 26 verpflichtet die Mitglieder der Unternehmensleitung von EU-Unternehmen, die Umsetzung von Verfahren und Maßnahmen zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und die Anpassung der Sorgfaltspflicht an die Unternehmensstrategie einzurichten und zu überwachen.
Mit Artikel 27 wird der Anhang der Richtlinie (EU) 2019/1937 geändert.
Artikel 28 enthält Vorschriften zu delegierten Rechtsakten.
Artikel 29 enthält Bestimmungen über die Überprüfung dieser Richtlinie.
Artikel 30 enthält Bestimmungen zur Umsetzung dieser Richtlinie.
Artikel 31 legt das Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie fest.
Artikel 32 gibt an, an wen sich diese Richtlinie richtet.
In den Verzeichnissen im Anhang sind die für diese Richtlinie relevanten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte aufgeführt, um Verstöße gegen Rechte und Verbote, einschließlich aus internationalen Menschenrechtsübereinkünften (Teil I Abschnitt 1), Konventionen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Teil I Abschnitt 2) und den Verstoß gegen international anerkannte Ziele und Verbote aus Umweltübereinkommen (Teil II) zu erfassen.
2022/0051 (COD)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937
(Text von Bedeutung für den EWR)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1, Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g und Artikel 114,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Die Union gründet sich auf die Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Diese grundlegenden Werte der Union, die für ihre eigene Entstehung maßgebend waren, sowie die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten und die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts sollten das Handeln der Union auf internationaler Ebene leiten. Zu einem solchen Handeln gehört auch die Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung der Entwicklungsländer.
(2)Ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität sowie die Förderung europäischer Grundwerte zählen zu den Prioritäten der Union, wie in der Mitteilung der Kommission „Der europäische Grüner Deal“ dargelegt. Diese Ziele erfordern eine Mitwirkung nicht nur der Behörden, sondern auch der privaten Akteure, insbesondere der Unternehmen.
(3)In ihrer Mitteilung „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ verpflichtete sich die Kommission zur Modernisierung der sozialen Marktwirtschaft in Europa, um einen gerechten Übergang zur Nachhaltigkeit zu erreichen. Diese Richtlinie wird auch zur Europäischen Säule sozialer Rechte beitragen, die Rechte wie faire Arbeitsbedingungen fördert. Sie ist Teil der politischen Maßnahmen und Strategien der EU zur Förderung menschenwürdiger Arbeit weltweit, auch in globalen Wertschöpfungsketten, wie dies in der Mitteilung der Kommission über menschenwürdige Arbeit weltweit deutlich gemacht wird.
(4)Das Verhalten von Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen ist von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Union, da Unternehmen in der Union, insbesondere große, auf globale Wertschöpfungsketten angewiesen sind. Angesichts der Tatsache, dass diese Themen Verbraucher und Anleger mehr und mehr beschäftigen, liegt es auch im Interesse der Unternehmen, die Menschenrechte und die Umwelt zu schützen. Es gibt bereits mehrere Initiativen zur Förderung von Unternehmen, die einen wertorientierten Wandel unterstützen, sowohl auf Ebene der Union als auch auf nationaler Ebene.
(5)Bestehende internationale Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln legen fest, dass Unternehmen die Menschenrechte schützen sollten, und legen dar, wie sie den Schutz der Umwelt in allen ihren Tätigkeiten und Wertschöpfungsketten berücksichtigen sollten. In den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte wird die Verantwortung von Unternehmen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Menschenrechte anerkannt, indem sie die negativen Auswirkungen der menschenrechtsbezogenen Risiken ihrer Tätigkeit ermitteln, verhindern und mindern sowie Rechenschaft darüber ablegen, wie sie diesen Auswirkungen begegnen. In diesen Leitprinzipien heißt es, dass Unternehmen vermeiden sollten, gegen Menschenrechte zu verstoßen und dass sie negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte, die sie im Rahmen ihrer eigenen Geschäftstätigkeit, der ihrer Tochterunternehmen und durch ihre direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen verursacht haben, zu denen sie beigetragen haben oder die in Verbindung mit ihnen stehen, begegnen sollten.
(6)Das Konzept der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wurde in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen spezifiziert und weiterentwickelt, mit denen die Anwendung der Sorgfaltspflicht auf Themen der Umwelt und der Unternehmensführung ausgeweitet wurde. Der OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und branchenspezifische Leitfäden sind international anerkannte Rahmenvorgaben, in denen praktische Schritte zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht festgelegt sind, um Unternehmen dabei zu unterstützen, tatsächliche und potenzielle Auswirkungen im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit, ihren Wertschöpfungsketten und sonstigen Geschäftsbeziehungen zu ermitteln, zu verhindern, zu mindern und darüber Rechenschaft abzulegen. Das Konzept der Sorgfaltspflicht ist auch in den Empfehlungen der Dreigliedrigen Grundsatzerklärung der Internationalen Arbeitsorganisation über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik verankert.
(7)Die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, die 2015 von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommen wurden, umfassen die Förderung eines dauerhaften, inklusiven und nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Die Union hat sich selbst das Ziel gesetzt, die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung umsetzen. Der Privatsektor trägt zu diesen Zielen bei.
(8)In internationalen Übereinkommen auf der Grundlage des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, denen die Union und die Mitgliedstaaten beigetreten sind, wie das Übereinkommen von Paris und der vor Kurzem verabschiedete Klimapakt von Glasgow, sind konkrete Wege zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C dargelegt. Neben spezifischen Maßnahmen, die von allen Unterzeichnerparteien erwartet werden, wird die Rolle, die der Privatsektor übernimmt, insbesondere seine Anlagestrategien, als entscheidend für die Verwirklichung dieser Ziele betrachtet.
(9)Im Europäischen Klimagesetz hat sich die Union zudem rechtlich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden und die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken. Für die Erfüllung beider Verpflichtungen ist eine Änderung der Art und Weise erforderlich, in der Unternehmen produzieren und beschaffen. Im Klimazielplan der Kommission für 2030 werden unterschiedliche Grade der Verringerung von Emissionen modelliert, die von verschiedenen Wirtschaftssektoren gefordert werden, wenngleich in allen Szenarien erhebliche Verringerungen von allen Seiten erforderlich sind, damit die Union ihre Klimaziele erreichen kann. In dem Plan wird ferner betont, dass Änderungen der Regeln und Praktiken der Unternehmensführung, auch im Bereich des nachhaltigen Finanzwesens, Eigentümer und Manager von Unternehmen dazu bringen werden, Nachhaltigkeitszielen bei ihren Maßnahmen und Strategien Vorrang einzuräumen. In der Mitteilung der Kommission über den europäischen Grünen Deal aus dem Jahr 2019 wird dargelegt, dass alle Maßnahmen und Strategien der Union auf dasselbe Ziel ausgerichtet sein sollten, damit der Union ein gerechter Übergang zu einer nachhaltigen Zukunft gelingen kann. Ferner wird darin dargelegt, dass Nachhaltigkeit stärker in den Corporate-Governance-Rahmen integriert werden sollte.
(10)Gemäß der Mitteilung der Kommission „Ein klimaresilientes Europa aufbauen“, in der die Strategie der Union für die Anpassung an den Klimawandel vorgestellt wird, sollten alle neuen Entscheidungen sowohl über Investitionen als auch strategischer Art klimabewusst und zukunftsfähig sein, auch die größerer Unternehmen, die Wertschöpfungsketten verwalten. Diese Richtlinie sollte mit jener Strategie im Einklang stehen. Desgleichen sollte sie in Einklang mit der Richtlinie [...] der Kommission zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken (Eigenkapitalrichtlinie) stehen, in der klare Anforderungen an die Unternehmensführungsvorschriften von Banken festgelegt sind, die auch beinhalten, dass auf Ebene des Verwaltungsrats Kenntnis von den Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken besteht.
(11)Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, die Biodiversitätsstrategie, die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, die Chemikalienstrategie und die Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: einen stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas aufbauen, die Industrie 5.0 und der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte sowie die Überprüfung der Handelspolitik von 2021 enthalten eine Initiative zur nachhaltigen Unternehmensführung als einen ihrer Bestandteile.
(12)Diese Richtlinie steht im Einklang mit dem EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020–2024. Eine der Prioritäten dieses Aktionsplans ist die Stärkung des Engagements der Union zur aktiven Förderung der weltweiten Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und anderer einschlägiger internationaler Leitlinien wie der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, unter anderem durch die Förderung einschlägiger Sorgfaltspflichtstandards.
(13)In seiner Entschließung vom 10. März 2021 forderte das Europäische Parlament die Kommission auf, Unionsvorschriften für eine umfassende Sorgfaltspflicht von Unternehmen vorzuschlagen. In den Schlussfolgerungen des Rates zu Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit in globalen Lieferketten vom 1. Dezember 2020 wurde die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag für einen Rechtsrahmen der Union für eine nachhaltige Unternehmensführung, einschließlich branchenübergreifender Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der globalen Lieferketten, vorzulegen. Darüber hinaus fordert das Europäische Parlament in seinem am 2. Dezember 2020 angenommenen Initiativbericht über nachhaltige Unternehmensführung eine Klarstellung der Pflichten von Mitgliedern der Unternehmensleitung. In ihrer Gemeinsamen Erklärung über die legislativen Prioritäten der EU für 2022 haben sich das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Kommission verpflichtet, eine Wirtschaft im Dienste der Menschen zu verwirklichen und den Rechtsrahmen für eine nachhaltige Unternehmensführung zu verbessern.
(14)Mit dieser Richtlinie soll sichergestellt werden, dass im Binnenmarkt tätige Unternehmen zur nachhaltigen Entwicklung und zur Nachhaltigkeitswende der Volkswirtschaften und Gesellschaften beitragen, indem sie potenzielle oder tatsächliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt im Zusammenhang mit der eigenen Geschäftstätigkeit, ihren Tochterunternehmen und ihren Wertschöpfungsketten ermitteln, vermeiden, abschwächen, beheben und minimieren.
(15)Unternehmen sollten geeignete Schritte unternehmen, um in Bezug auf ihre eigene Geschäftstätigkeit, ihre Tochterunternehmen sowie ihre etablierten direkten oder indirekten Geschäftsbeziehungen entlang ihrer Wertschöpfungsketten gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht einzuführen und durchzuführen. Mit dieser Richtlinie sollten die Unternehmen nicht dazu verpflichtet werden, unter allen Umständen zu gewährleisten, dass überhaupt keine negativen Auswirkungen auftreten oder dass diese gestoppt werden. So kann beispielsweise ein Unternehmen in Bezug auf Geschäftsbeziehungen, bei denen die negativen Auswirkungen auf staatliche Eingriffe zurückzuführen sind, möglicherweise nicht in der Lage sein, solche Ergebnisse zu erreichen. Daher sollten die wichtigsten Verpflichtungen in dieser Richtlinie „Mittelverpflichtungen“ sein. Das Unternehmen sollte geeignete Maßnahmen ergreifen, die unter den Umständen des Einzelfalls nach vernünftigem Ermessen zur Verhinderung oder Minimierung der negativen Auswirkungen führen. Dabei sollten den Besonderheiten der Wertschöpfungskette, des Wirtschaftszweigs oder des geografischen Gebiets des Unternehmens, in dem seine Partner in der Wertschöpfungskette tätig sind, die Fähigkeit des Unternehmens, seine direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen zu beeinflussen, sowie die Frage berücksichtigt werden, ob das Unternehmen seine Einflussmöglichkeiten erhöhen könnte.
(16)Das in dieser Richtlinie festgelegte Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht sollte die sechs im OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln festgelegten Schritte umfassen, zu denen Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht für Unternehmen gehören, um negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu ermitteln und zu bekämpfen. Hierbei handelt es sich um die folgenden Schritte: 1) Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in die Unternehmenspolitik und die Managementsysteme, 2) Ermittlung und Bewertung negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt, 3) Verhinderung, Abstellung oder Minimierung tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt, 4) Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen, 5) Kommunikation, 6) Bereitstellung von Abhilfemaßnahmen.
(17)Negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt treten bei der eigenen Geschäftstätigkeit der Unternehmen, ihren Tochterunternehmen, Produkten und ihren Wertschöpfungsketten auf, insbesondere auf der Ebene der Rohstoffbeschaffung, der Herstellung oder der Produkt- oder Abfallentsorgung. Damit die Sorgfaltspflicht zu sinnvollen Ergebnissen führt, sollte sie negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt abdecken, die während des gesamten Lebenszyklus der Produktion, der Verwendung und der Entsorgung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen auf der Ebene der eigenen Geschäftstätigkeit der Unternehmen, ihren Tochterunternehmen oder in der Wertschöpfungskette verursacht werden.
(18)Die Wertschöpfungskette sollte Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Produktion einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung durch ein Unternehmen, einschließlich der Entwicklung des Produkts oder der Dienstleistung und der Verwendung und Entsorgung des Produkts, sowie die damit verbundenen Tätigkeiten im Rahmen etablierter Geschäftsbeziehungen des Unternehmens abdecken. Sie sollte vorgelagerte etablierte direkte und indirekte Geschäftsbeziehungen umfassen, bei denen es um den Entwurf, die Gewinnung, Herstellung, Beförderung, Lagerung und Lieferung von Rohstoffen, Produkten, Teilen von Produkten oder Dienstleistungen für das Unternehmen geht, die für die Ausübung der Tätigkeiten des Unternehmens erforderlich sind. Ebenso sollte die Wertschöpfungskette nachgelagerte Beziehungen, einschließlich etablierter direkter und indirekter Geschäftsbeziehungen, umfassen, in denen Produkte, Teile von Produkten oder Dienstleistungen vom Unternehmen bis zum Ende der Lebensdauer des Produkts verwendet oder erhalten werden, wozu unter anderem der Vertrieb des Produkts an Einzelhändler, Transport und Lagerung des Produkts, Demontage des Produkts sowie dessen Recycling, Kompostierung oder Deponierung zählen.
(19)Bei beaufsichtigten Finanzunternehmen, die Darlehen, Kredite und andere Finanzdienstleistungen bereitstellen, sollte die „Wertschöpfungskette“ in Bezug auf die Erbringung dieser Dienstleistungen auf die Tätigkeiten der Kunden, die solche Dienstleistungen erhalten, und ihre Tochterunternehmen, deren Tätigkeiten mit dem betreffenden Vertrag verbunden sind, beschränkt sein. Kunden, bei denen es sich um private Haushalte und natürliche Personen handelt, die nicht in beruflicher oder geschäftlicher Eigenschaft handeln, sowie kleine und mittlere Unternehmen sollten nicht als Teil der Wertschöpfungskette betrachtet werden. Die Tätigkeiten der Unternehmen oder sonstiger Rechtssubjekte, die Teil der Wertschöpfungskette jenes Kunden sind, sollten nicht darunter fallen.
(20)Damit die Unternehmen die negativen Auswirkungen in ihrer Wertschöpfungskette ordnungsgemäß ermitteln und eine angemessene Einflussnahme ausüben können, sollten die Sorgfaltspflichten in dieser Richtlinie auf etablierte Geschäftsbeziehungen beschränkt werden. Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten unter etablierten Geschäftsbeziehungen direkte und indirekte Geschäftsbeziehungen verstanden werden, die in Anbetracht ihrer Intensität oder Dauer beständig sind oder sein dürften und die keinen unbedeutenden oder lediglich untergeordneten Teil der Wertschöpfungskette darstellen. Ob Geschäftsbeziehungen als „etabliert“ gelten, sollte regelmäßig, mindestens jedoch alle zwölf Monate, neu bewertet werden. Wenn die direkte Geschäftsbeziehung eines Unternehmens als etabliert gilt, so sollten auch alle damit verbundenen indirekten Geschäftsbeziehungen als in Bezug auf dieses Unternehmen etabliert betrachtet werden.
(21)Gemäß dieser Richtlinie sollten EU-Unternehmen mit durchschnittlich mindestens 500 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von über 150 Mio. EUR im Geschäftsjahr, das dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorangeht, verpflichtet werden, die Anforderungen der Sorgfaltspflicht einzuhalten. Für Unternehmen, die diese Kriterien nicht erfüllen, aber im Geschäftsjahr, das dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorangeht, mindestens 250 Mitarbeiter und einen weltweiten Nettoumsatz von über 40 Mio. EUR hatten und die in einer oder mehreren Branchen mit hohem Schadenspotenzial tätig sind, sollten die Sorgfaltspflichtregelungen erst zwei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie gelten, damit sie mehr Zeit für die Anpassung haben. Unternehmen, die in solchen Branchen mit hohem Schadenspotenzial tätig sind, sollten zur Erfüllung einer stärker zielgerichteten Sorgfaltspflicht verpflichtet werden, die sich auf schwerwiegende negative Auswirkungen konzentriert, um sicherzustellen, dass ihre Belastung verhältnismäßig ist. Leiharbeitnehmer, einschließlich entsandte Arbeitnehmer gemäß Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 96/71/EG in der durch die Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates geänderten Fassung, sollten in die Berechnung der Zahl der Beschäftigten des entleihenden Unternehmens einbezogen werden. Entsandte Arbeitnehmer gemäß Artikel 1 Absatz 3 Buchstaben a und b der Richtlinie 96/71/EG in der durch die Richtlinie (EU) 2018/957 geänderten Fassung sollten nur in die Berechnung der Zahl der Beschäftigten des entsendenden Unternehmens einbezogen werden.
(22)Bei der Auswahl der Sektoren mit hohem Schadenspotenzial für die Zwecke dieser Richtlinie sollten die bestehenden branchenspezifischen OECD-Leitfäden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht als Grundlage herangezogen werden, um den vorrangigen Bereichen des internationalen Handelns zur Bewältigung von Problemen im Bereich der Menschenrechte und der Umweltfragen Rechnung zu tragen. Die folgenden Sektoren sind für die Zwecke dieser Richtlinie als Sektoren mit hohem Schadenspotenzial zu betrachten: Herstellung von Textilien, Leder und verwandten Erzeugnissen (einschließlich Schuhe) sowie Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen; Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei (einschließlich Aquakultur), Herstellung von Lebensmittelprodukten und Großhandel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, lebenden Tieren, Holz, Lebensmitteln und Getränken; Gewinnung mineralischer Ressourcen, unabhängig davon, wo sie gewonnen werden (einschließlich Rohöl, Erdgas, Steinkohle, Braunkohle, Metalle und Metallerze sowie aller anderen, nichtmetallischen Mineralien und Steinbruchprodukte), Herstellung von Grundmetallerzeugnissen, sonstigen Erzeugnissen aus nichtmetallischen Mineralien und Metallerzeugnissen (ausgenommen Maschinen und Ausrüstungen) sowie Großhandel mit mineralischen Rohstoffen, mineralischen Grunderzeugnissen und Zwischenerzeugnissen (einschließlich Metalle und Metallerze, Baustoffe, Brennstoffe, Chemikalien und andere Zwischenprodukte). Der Finanzsektor sollte aufgrund seiner Besonderheiten, insbesondere hinsichtlich der Wertschöpfungskette und den angebotenen Dienstleistungen, nicht als eine Branche mit hohem Schadenspotenzial gemäß dieser Richtlinie betrachtet werden, auch wenn branchenspezifische OECD-Leitfäden für ihn gelten. Zugleich sollte sichergestellt werden, dass tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen in dieser Branche in breiterem Umfang erfasst werden, indem auch sehr große Unternehmen, die beaufsichtigte Finanzunternehmen sind, in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen werden, selbst wenn sie keine Rechtsform mit beschränkter Haftung haben.
(23)Damit die Ziele dieser Richtlinie in Bezug auf die negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durch die Geschäftstätigkeit von Unternehmen, ihre Tochterunternehmen und ihre Wertschöpfungsketten in vollem Umfang erreicht werden, sollten auch Unternehmen aus Drittländern, die in erheblichem Umfang in der EU tätig sind, einbezogen werden. Genauer gesagt sollte die Richtlinie für Unternehmen aus Drittländern gelten, die in dem Geschäftsjahr, das dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorangeht, in der Union einen Nettoumsatz von über 150 Mio. EUR oder im Geschäftsjahr, das dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorangeht, einen Nettoumsatz von über 40 Mio. EUR, aber unter 150 Mio. EUR in einer oder mehreren der Branchen mit hohem Schadenspotenzial erzielt haben; diese Gruppe von Unternehmen soll diese Richtlinie zwei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie erfüllen müssen.
(24)Um die Unternehmen aus Drittländern festzustellen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, sollte das beschriebene Umsatzkriterium gewählt werden, da es eine territoriale Verbindung zwischen den Drittlandunternehmen und dem Gebiet der Union hergestellt. Der Umsatz ist ein Anhaltspunkt für die Auswirkungen, die die Tätigkeiten dieser Unternehmen auf den Binnenmarkt haben könnten. Solche Auswirkungen rechtfertigen im Einklang mit dem Völkerrecht die Anwendung des Unionsrechts auf Unternehmen aus Drittländern. Um sicherzustellen, dass der relevante Umsatz der betreffenden Unternehmen ermittelt wird, sollten die Methoden zur Berechnung des Nettoumsatzes für Unternehmen aus Drittländern gemäß der Richtlinie 2013/34/EU in der durch die Richtlinie (EU) 2021/2101 geänderten Fassung angewandt werden. Im Interesse einer wirksamen Durchsetzung dieser Richtlinie sollte bei der Ermittlung der Unternehmen aus Drittländern, die unter diese Richtlinie fallen, jedoch kein Schwellenwert für die Anzahl der Beschäftigten angewandt werden, da der für die Zwecke dieser Richtlinie genutzte Begriff „Beschäftigte“ auf dem Unionsrecht beruht und nicht ohne Weiteres außerhalb der Union umgesetzt werden könnte. Da es – auch in den Rechnungslegungsrahmen – keine klare und kohärente Methodik zur Ermittlung der Beschäftigten von Unternehmen aus Drittländern gibt, würde ein solcher Schwellenwert zu Rechtsunsicherheit führen und für Aufsichtsbehörden nur schwer anwendbar sein. Der Umsatz sollte auf der Grundlage der Richtlinie 2013/34/EU ermittelt werden, in der die Methoden zur Berechnung des Nettoumsatzes für Unternehmen aus Drittländern bereits festgelegt sind, da die Definitionen von Umsatz und Umsatzerlöse auch in den internationalen Rechnungslegungsrahmen ähnlich sind. Um sicherzustellen, dass die Aufsichtsbehörde weiß, welche Unternehmen aus Drittländern in der Union den Umsatz erzielen, der dazu führt, dass sie in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, sollte in dieser Richtlinie vorgeschrieben werden, dass eine Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats, in dem der Bevollmächtigte des Drittlandunternehmens seinen Wohnsitz oder Sitz hat, und – sofern es sich um unterschiedliche Mitgliedstaaten handelt – eine Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen den größten Teil seines Nettoumsatzes in der Union im Geschäftsjahr vor dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr erzielt hat, darüber informiert wird, dass es sich bei dem Unternehmen um ein Unternehmen handelt, das in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.
(25)Bei der Erfüllung der Sorgfaltspflicht im Rahmen dieser Richtlinie sollten negative Auswirkungen auf die Menschenrechte hinsichtlich geschützter Personen einbezogen werden, die sich aus der Verletzung eines der Rechte und Verbote ergeben, welche in den im Anhang dieser Richtlinie aufgeführten internationalen Übereinkommen verankert sind, damit ein sinnvoller Beitrag zur Nachhaltigkeitswende geleistet wird. Um sicherzustellen, dass die Menschenrechte umfassend abgedeckt werden, sollte auch eine Verletzung eines in diesem Anhang nicht ausdrücklich aufgeführten Verbots oder Rechts, die zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung eines durch diese Übereinkommen geschützten rechtlichen Interesses führt, als negative Auswirkung auf die Menschenrechte im Sinne dieser Richtlinie betrachtet werden; Voraussetzung ist, dass das betreffende Unternehmen die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung sowie alle geeigneten Maßnahmen, die zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht im Rahmen dieser Richtlinie zu ergreifen sind, nach vernünftigem Ermessen hätte feststellen können, wobei alle relevanten Umstände seiner Tätigkeit, wie die Branche und die operativen Rahmenbedingungen, zu berücksichtigen sind. Die Sorgfaltspflicht sollte darüber hinaus negative Auswirkungen auf die Umwelt umfassen, die sich aus einem Verstoß gegen ein Verbot und eine Verpflichtung nach den im Anhang dieser Richtlinie aufgeführten internationalen Umweltübereinkommen ergeben.
(26)Unternehmen stehen Leitlinien zur Verfügung, die veranschaulichen, wie sich ihre Tätigkeit auf die Menschenrechte auswirken kann und welches Verhalten von Unternehmen gemäß international anerkannten Menschenrechten verboten ist. Solche Leitlinien sind beispielsweise im Berichtsrahmen für die Leitprinzipien der Vereinten Nationen und im Auslegungsleitfaden zu den Leitprinzipien der Vereinten Nationen enthalten. Die Kommission sollte in der Lage sein, auf der Grundlage einschlägiger internationaler Leitlinien und Standards zusätzliche Leitlinien herauszugeben, die die Unternehmen als praktisches Instrument nutzen können.
(27)Um eine angemessene Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit Menschenrechten und Umweltschutz hinsichtlich ihrer Tätigkeiten, ihrer Tochterunternehmen und ihrer Wertschöpfungsketten zu erfüllen, sollten die unter diese Richtlinie fallenden Unternehmen die Sorgfaltspflicht zum integralen Bestandteil ihrer Unternehmenspolitik machen, potenzielle und tatsächliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt ermitteln, vermeiden, abschwächen und beheben sowie das Ausmaß potenzieller und tatsächlicher negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt minimieren, ein Beschwerdeverfahren einrichten und aufrechterhalten, die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen im Einklang mit den in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen überwachen und öffentlich über die Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflicht kommunizieren. Zur Schaffung von Klarheit für die Unternehmen sollten insbesondere die Schritte zur Verhinderung und Minderung potenzieller negativer Auswirkungen und zur Abstellung oder, wenn dies nicht möglich ist, Minimierung der tatsächlichen negativen Auswirkungen in dieser Richtlinie klar voneinander unterschieden werden.
(28)Damit sichergestellt ist, dass die Sorgfaltspflicht Bestandteil der Unternehmenspolitik ist und im Einklang mit dem einschlägigen internationalen Rahmen steht, sollten Unternehmen die Sorgfaltspflicht in all ihre Unternehmensrichtlinien integrieren und über eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verfügen. In der Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht sollte beschrieben werden, welchen Ansatz das Unternehmen – auch langfristig – in Bezug auf die Sorgfaltspflicht verfolgt; ein Verhaltenskodex sollte in die Strategie aufgenommen werden, in dem die von den Beschäftigten und Tochterunternehmen des Unternehmens einzuhaltenden Regeln und Grundsätze beschrieben sind; in der Strategie sollten die Verfahren zur Umsetzung der Sorgfaltspflicht beschrieben sein, einschließlich der Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung des Verhaltenskodex und zur Ausweitung seiner Anwendung auf etablierte Geschäftsbeziehungen. Der Verhaltenskodex sollte für alle relevanten Unternehmensfunktionen und Geschäftstätigkeiten gelten, auch für Entscheidungen des Beschaffungs- und des Auftragswesens. Die Unternehmen sollten zudem ihre Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht jährlich aktualisieren.
(29)Um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, müssen Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um negative Auswirkungen zu ermitteln, zu verhindern und abzustellen. Eine „geeignete Maßnahme“ wäre eine Maßnahme, mit der die Ziele der Sorgfaltspflicht erreicht werden können, die dem Schweregrad und der Wahrscheinlichkeit der negativen Auswirkungen entspricht und die dem Unternehmen nach vernünftigem Ermessen zur Verfügung steht, wobei den Umständen des Einzelfalls, einschließlich der Besonderheiten des Wirtschaftszweigs, der spezifischen Geschäftsbeziehung und des diesbezüglichen Einflusses des Unternehmens, sowie der Notwendigkeit, die Priorisierung der Maßnahmen sicherzustellen, Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang sollte unter dem Einfluss des Unternehmens auf eine Geschäftsbeziehung im Einklang mit internationalen Rahmenwerken einerseits seine Fähigkeit verstanden werden, seinen Geschäftspartner von der Ergreifung von Maßnahmen zu überzeugen, mit denen negative Auswirkungen abgestellt oder verhindert werden (z. B. über eine Eigentums- oder faktische Kontrolle, über Marktmacht, Präqualifikationsanforderungen, die Verknüpfung von Geschäftsanreizen mit der Leistung in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt usw.), und andererseits der Grad des Einflusses oder Drucks, den das Unternehmen vernünftigerweise ausüben könnte, z. B. durch Zusammenarbeit mit dem betreffenden Geschäftspartner oder im Zusammenwirken mit einem anderen Unternehmen, das in einer direkten Partnerbeziehung zu dem mit negativen Auswirkungen verbundenen Geschäftspartner steht.
(30)Im Rahmen der in dieser Richtlinie festgelegten Sorgfaltspflichten sollte ein Unternehmen tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt ermitteln. Für eine umfassende Ermittlung der negativen Auswirkungen sollten quantitative und qualitative Informationen herangezogen werden. Beispielsweise sollte das Unternehmen in Bezug auf negative Auswirkungen auf die Umwelt Informationen über den Ausgangszustand an Standorten oder in Anlagen mit höherem Risiko in Wertschöpfungsketten einholen. Zur Ermittlung negativer Auswirkungen sollte eine in regelmäßigen Abständen durchgeführte dynamische Bewertung der menschenrechtlichen und ökologischen Gegebenheiten gehören: vor einer neuen Tätigkeit oder Beziehung, vor wichtigen Entscheidungen oder Änderungen des Vorhabens, als Reaktion auf oder im Vorgriff auf Veränderungen des Betriebsumfelds und regelmäßig, mindestens alle zwölf Monate, während der gesamten Dauer einer Tätigkeit oder Beziehung. Beaufsichtigte Finanzunternehmen, die Darlehen, Kredite oder andere Finanzdienstleistungen bereitstellen, sollten nur bei Vertragsbeginn die negativen Auswirkungen ermitteln. Im Zuge der Ermittlung negativer Auswirkungen sollten Unternehmen auch die Auswirkungen des Geschäftsmodells und der Strategien einer Geschäftsbeziehung, einschließlich Handels-, Beschaffungs- und Preisbildungspraktiken, ermitteln und bewerten. Wenn das Unternehmen nicht gleichzeitig alle negativen Auswirkungen verhindern, abstellen oder minimieren kann, sollte es in der Lage sein, eine Priorität seiner Maßnahmen festzulegen, vorausgesetzt, es ergreift die Maßnahmen, die dem Unternehmen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände nach vernünftigem Ermessen zur Verfügung stehen.
(31)Um eine unzumutbare Belastung kleinerer Unternehmen, die in Branchen mit hohem Schadenspotenzial tätig sind und von dieser Richtlinie erfasst werden, zu vermeiden, sollten diese Unternehmen nur verpflichtet sein, jene tatsächlichen oder potenziellen schwerwiegenden negativen Auswirkungen zu ermitteln, die für die jeweilige Branche relevant sind.
(32)Im Einklang mit internationalen Standards sollten Verhinderung und Minderung sowie Abstellung und Minimierung negativer Auswirkungen den Interessen der von diesen Auswirkungen Betroffenen Rechnung tragen. Damit eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Geschäftspartnern in der Wertschöpfungskette ermöglicht wird, anstatt die Geschäftsbeziehungen zu beenden (d. h. sich aus diesen zurückzuziehen) und somit möglicherweise negative Auswirkungen zu verschärfen, sollte mit dieser Richtlinie sichergestellt werden, dass der Rückzug ein letztes Mittel im Einklang mit der Null-Toleranz-Politik der Union gegenüber Kinderarbeit ist. Die Beendigung einer Geschäftsbeziehung, in der Kinderarbeit festgestellt wurde, könnte zur Folge haben, dass die Kinder möglicherweise noch schwerwiegenderen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte ausgesetzt sind. Bei der Entscheidung über geeignete Maßnahmen sollte dies daher berücksichtigt werden.
(33)Gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Sorgfaltspflichten sollte ein Unternehmen, das potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte oder die Umwelt feststellt, geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese zu verhindern und angemessen zu mindern. Um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen, sollte in dieser Richtlinie festgelegt werden, welche Maßnahmen von den Unternehmen gegebenenfalls zur Verhinderung und Minderung möglicher negativer Auswirkungen je nach den Umständen zu ergreifen sind.
(34)Die Unternehmen sollten verpflichtet werden, gegebenenfalls die folgenden Maßnahmen zu ergreifen, um ihren Vermeidungs- und Abschwächungspflichten gemäß dieser Richtlinie nachzukommen. Wenn dies aufgrund der Komplexität der Vermeidungsmaßnahmen erforderlich ist, sollten die Unternehmen einen Präventionsaktionsplan ausarbeiten und umsetzen. Unternehmen sollten anstreben, dass ein direkter Partner, mit dem sie eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhalten, die Einhaltung des Verhaltenskodex oder des Präventionsaktionsplans vertraglich zusichert und unter anderem von seinen Partnern entsprechende vertragliche Zusicherungen verlangt, soweit deren Tätigkeiten Teil der Wertschöpfungskette des Unternehmens sind. Die vertraglichen Zusicherungen sollten von geeigneten Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung begleitet werden. Um eine umfassende Vermeidung tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen zu gewährleisten, sollten Unternehmen auch Investitionen tätigen, die darauf abzielen, negative Auswirkungen zu verhindern; sie sollten KMU, mit denen sie eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhalten, gezielt und angemessen unterstützen – beispielsweise durch direkte Finanzierung, zinsgünstige Darlehen, Garantien für die fortgesetzte Beschaffung und Mitwirkung bei der Sicherstellung von Finanzierung, um die Umsetzung des Verhaltenskodex oder des Präventionsplans zu fördern – oder technische Hilfestellung, z. B. in Form von Schulungen oder einer Modernisierung der Managementsysteme, leisten sowie mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten.
(35)In dieser Richtlinie sollte des Weiteren auf die Möglichkeit verwiesen werden, dass das Unternehmen den Abschluss eines Vertrags mit dem indirekten Geschäftspartner anstreben kann, um die Einhaltung des Verhaltenskodex oder eines Präventionsplans des Unternehmens zu erreichen, und auch geeignete Maßnahmen ergreifen kann, um die Übereinstimmung der indirekten Geschäftsbeziehung mit dem Vertrag zu überprüfen, damit das gesamte Spektrum an Optionen für das Unternehmen in Fällen erfasst wird, in denen potenzielle Auswirkungen durch die beschriebenen Präventions- oder Minimierungsmaßnahmen nicht bewältigt werden könnten.
(36)Um sicherzustellen, dass potenzielle negative Auswirkungen wirksam verhindert und gemindert werden, sollten die Unternehmen vorrangig aktiv in den bestehenden Geschäftsbeziehungen in der Wertschöpfungskette Lösungen finden, anstatt sich zurückzuziehen, was ein letztes Mittel bleiben sollte, nachdem ihr Versuch, potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern und zu mindern, erfolglos geblieben ist. In Fällen, in denen mit den beschriebenen Maßnahmen potenzielle negative Auswirkungen nicht verhindert oder gemindert werden konnten, sollte in der Richtlinie jedoch auch auf die Verpflichtung der Unternehmen verwiesen werden, keine neuen Beziehungen mit dem betreffenden Partner einzugehen und bestehende Beziehungen zu dem betreffenden Partner nicht zu verlängern, und – sofern das für ihre Beziehungen maßgebende Recht dies zulässt – entweder die Geschäftsbeziehungen mit dem betreffenden Partner vorübergehend auszusetzen und dabei gleichzeitig Bemühungen im Hinblick auf eine Verhinderung oder Minimierung zu unternehmen, wenn berechtigterweise davon auszugehen ist, dass solche Bemühungen kurzfristig erfolgreich sein werden, oder die Geschäftsbeziehung in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten zu beenden, wenn die potenziellen negativen Auswirkungen schwerwiegend sind. Damit Unternehmen dieser Verpflichtung nachkommen können, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass die Geschäftsbeziehungen in Verträgen, die ihrem Recht unterliegen, beendet werden können. Möglicherweise erfordert die Verhinderung negativer Auswirkungen auf der Ebene indirekter Geschäftsbeziehungen eine Zusammenarbeit mit einem anderen Unternehmen, z. B. mit einem Unternehmen, das eine direkte Vertragsbeziehung mit dem Lieferanten unterhält. In einigen Fällen könnte eine solche Zusammenarbeit die einzige realistische Möglichkeit sein, negative Auswirkungen zu verhindern, insbesondere wenn der Partner in der indirekten Geschäftsbeziehung nicht bereit ist, einen Vertrag mit dem Unternehmen zu schließen. In solchen Fällen sollte das Unternehmen – unter Einhaltung des Wettbewerbsrechts – mit der juristischen Person zusammenarbeiten, die negative Auswirkungen auf der Ebene der indirekten Geschäftsbeziehungen am wirksamsten verhindern oder mindern kann.
(37)Was direkte und indirekte Geschäftsbeziehungen anbetrifft, so können eine Zusammenarbeit in der Branche, Branchenprogramme und Multi-Stakeholder-Initiativen zusätzliche Einflussmöglichkeiten schaffen, die unterstützend dazu beitragen, negative Auswirkungen zu ermitteln, zu mindern und zu verhindern. Unternehmen sollten sich daher bei der Umsetzung ihrer in dieser Richtlinie festgelegten Sorgfaltspflichten auf solche Initiativen stützen können, insoweit solche Programme und Initiativen geeignet sind, die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu unterstützen. Die Unternehmen könnten eigenständig überprüfen, ob diese Programme und Initiativen mit den Verpflichtungen aus dieser Richtlinie im Einklang stehen. In der Richtlinie sollte auch darauf hingewiesen werden, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Verbreitung von Informationen über solche Programme oder Initiativen und ihre Ergebnisse erleichtern können, um so vollständige Informationen über solche Initiativen sicherzustellen. Die Kommission kann in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien für die Bewertung der Eignung von Branchenprogrammen und Multi-Stakeholder-Initiativen herausgeben.
(38)Gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Sorgfaltspflichten sollte ein Unternehmen, das tatsächliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte oder die Umwelt feststellt, geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese abzustellen. Es ist davon auszugehen, dass ein Unternehmen in der Lage ist, tatsächliche negative Auswirkungen in seinen eigenen Geschäftstätigkeiten und in den seiner Tochterunternehmen abzustellen. Allerdings sollte klargestellt werden, dass Unternehmen in Bezug auf etablierte Geschäftsbeziehungen, bei denen negative Auswirkungen nicht abgestellt werden können, das Ausmaß dieser Auswirkungen minimieren sollten. Bei einer Minimierung des Ausmaßes negativer Auswirkungen sollte ein Ergebnis verlangt werden, das dem Abstellen der negativen Auswirkungen möglichst nahe kommt. Um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen, sollte in dieser Richtlinie festgelegt werden, welche Maßnahmen die Unternehmen ergreifen müssen, um die tatsächlichen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt abzustellen oder je nach den Umständen deren Ausmaß gegebenenfalls zu minimieren.
(39)Um den Pflichten gemäß dieser Richtlinie, die tatsächlichen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt abzustellen oder je nach den Umständen deren Ausmaß gegebenenfalls zu minimieren, sollten die Unternehmen verpflichtet werden, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen. Sie sollten die negativen Auswirkungen neutralisieren oder deren Ausmaß minimieren, wobei die ergriffene Maßnahme der Bedeutung und dem Umfang der negativen Auswirkungen und dem Beitrag des Verhaltens des Unternehmens zu den nachteiligen Auswirkungen angemessen sein sollte. Wenn dies notwendig ist, weil die negativen Auswirkungen nicht sofort abgestellt werden können, sollten die Unternehmen einen Korrekturmaßnahmenplan ausarbeiten und umsetzen, der angemessene und klar definierte Zeitrahmen für die Maßnahmen sowie qualitative und quantitative Indikatoren für die Messung von Verbesserungen enthält. Unternehmen sollten auch anstreben, dass ein direkter Geschäftspartner, mit dem sie eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhalten, vertraglich zusichert, dass er die Einhaltung des Verhaltenskodex und erforderlichenfalls des Präventionsplans des Unternehmens sicherstellen wird, unter anderem indem dieser von seinen Partnern entsprechende vertragliche Zusicherungen verlangt, soweit deren Tätigkeiten Teil der Wertschöpfungskette des Unternehmens sind. Die vertraglichen Zusicherungen sollten von geeigneten Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung begleitet werden. Schließlich sollten Unternehmen außerdem Investitionen tätigen, die darauf abzielen, negative Auswirkungen abzustellen oder zu minimieren, KMU, mit denen sie eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhalten, gezielt und angemessen unterstützen und mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten, gegebenenfalls auch, um die Fähigkeit des Unternehmens zur Abstellung der negativen Auswirkungen zu verbessern.
(40)In dieser Richtlinie sollte des Weiteren auf die Möglichkeit verwiesen werden, dass das Unternehmen den Abschluss eines Vertrags mit dem indirekten Geschäftspartner anstreben kann, um die Einhaltung des Verhaltenskodex oder eines Präventionsplans des Unternehmens zu erreichen, und auch geeignete Maßnahmen ergreifen kann, um die Übereinstimmung der indirekten Geschäftsbeziehung mit dem Vertrag zu überprüfen, damit das gesamte Spektrum an Optionen für das Unternehmen in Fällen erfasst wird, in denen tatsächliche Auswirkungen durch die beschriebenen Maßnahmen nicht bewältigt werden könnten.
(41)Um sicherzustellen, dass potenzielle negative Auswirkungen wirksam abgestellt oder minimiert werden, sollten die Unternehmen vorrangig aktiv in den bestehenden Geschäftsbeziehungen in der Wertschöpfungskette Lösungen finden, anstatt sich zurückzuziehen, was ein letztes Mittel bleiben sollte, nachdem ihr Versuch, potenzielle negative Auswirkungen abzustellen oder zu minimieren, erfolglos geblieben ist. Diese Richtlinie sollte jedoch auch in Fällen, in denen tatsächliche negative Auswirkungen durch die beschriebenen Maßnahmen nicht abgestellt oder angemessen gemindert werden konnten, auf die Verpflichtung von Unternehmen verweisen, keine neuen Beziehungen mit dem betreffenden Partner einzugehen oder bestehende Beziehungen nicht zu verlängern, und, sofern das für ihre Beziehungen maßgebende Recht dies zulässt, entweder Geschäftsbeziehungen mit dem betreffenden Partner vorübergehend auszusetzen und dabei gleichzeitig Bemühungen im Hinblick auf eine Abstellung oder Minimierung des Ausmaßes der negativen Auswirkungen zu unternehmen oder die Geschäftsbeziehung in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten zu beenden, wenn die negativen Auswirkungen als schwerwiegend betrachtet werden. Damit Unternehmen dieser Verpflichtung nachkommen können, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass die Geschäftsbeziehungen in Verträgen, die ihrem Recht unterliegen, beendet werden können.
(42)Unternehmen sollten Personen und Organisationen die Möglichkeit einräumen, Beschwerden direkt an sie richten zu können, wenn berechtigte Bedenken hinsichtlich tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt bestehen. Solche Beschwerden sollten beispielsweise von Gewerkschaften und anderen Arbeitnehmervertretern, die innerhalb der betreffenden Wertschöpfungskette arbeitende Einzelpersonen vertreten, sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft, die in mit der betreffenden Wertschöpfungskette in Zusammenhang stehenden Bereichen tätig sind, vorgebracht werden können, wenn sie Kenntnis von potenziellen oder tatsächlichen negativen Auswirkungen haben. Die Unternehmen sollten ein Verfahren für die Bearbeitung dieser Beschwerden einrichten und Arbeitnehmer, Gewerkschaften und andere Arbeitnehmervertreter gegebenenfalls über solche Verfahren informieren. Die Inanspruchnahme des Beschwerde- und Abhilfeverfahrens sollte den Beschwerdeführer nicht daran hindern, einen gerichtlichen Rechtsbehelf einzulegen. Im Einklang mit internationalen Standards sollten Beschwerden dazu berechtigen, vom Unternehmen eine angemessene Nachverfolgung der Beschwerde zu fordern und auf geeigneter Ebene mit Vertretern des Unternehmens zusammenzutreffen, um potenzielle oder tatsächliche schwerwiegende negative Auswirkungen, die Gegenstand der Beschwerde sind, zu erörtern. Dieser Zugang sollte nicht zu unangemessenen Kontaktaufnahmen zu Unternehmen führen.
(43)Unternehmen sollten die Umsetzung und Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht überwachen. Sie sollten regelmäßig Bewertungen ihrer eigenen Geschäftstätigkeit, der ihrer Tochterunternehmen und – soweit mit den Wertschöpfungsketten des Unternehmens verbunden – der Tätigkeiten ihrer Partner in etablierten Geschäftsbeziehungen vornehmen, um die Wirksamkeit der Ermittlung, Verhinderung, Minimierung, Abstellung und Minderung von nachteiligen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu überwachen. Im Rahmen dieser Bewertungen sollte überprüft werden, ob negative Auswirkungen ordnungsgemäß ermittelt werden, ob Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht getroffen worden sind und ob negative Auswirkungen tatsächlich verhindert oder abgestellt wurden. Um sicherzustellen, dass diese Bewertungen aktuell sind, sollten sie mindestens alle zwölf Monate durchgeführt werden, und es sollten zusätzliche Überprüfungen in einem kürzeren Abstand erfolgen, wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass erhebliche neue Risiken negativer Auswirkungen entstanden sein könnten.
(44)Wie in den bestehenden internationalen Standards, die in den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und im OECD-Rahmen festgelegt sind, ist es Teil der Anforderungen in Bezug auf die Sorgfaltspflicht, extern relevante Informationen zu Strategien, Verfahren und Tätigkeiten zur Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht, die der Ermittlung und Bewältigung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen dienen, zu kommunizieren, wozu auch die Erkenntnisse und Ergebnisse dieser Tätigkeiten zählen. Der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen enthält die einschlägigen Berichtspflichten für die unter diese Richtlinie fallenden Unternehmen. Um Überschneidungen bei den Berichtspflichten zu vermeiden, sollten mit dieser Richtlinie daher für die unter die Richtlinie 2013/34/EU fallenden Unternehmen keine neuen Berichtspflichten eingeführt werden, die über die in der Richtlinie 2013/34/EU festgelegten Berichtspflichten sowie über die im Rahmen jener Richtlinie zu entwickelnden Standards für die Berichterstattung hinausgehen. Unternehmen, die unter die vorliegende Richtlinie, jedoch nicht unter die Richtlinie 2013/34/EU fallen, sollten zur Erfüllung ihrer Verpflichtung, über die Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflicht im Rahmen der vorliegenden Richtlinie zu kommunizieren, auf ihrer Website eine jährliche Erklärung in einer im internationalen Geschäftsbereich gebräuchlichen Sprache veröffentlichen.
(45)Um den Unternehmen die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten entlang ihrer Wertschöpfungskette zu erleichtern und eine Verlagerung des Befolgungsaufwands hin zu den KMU-Geschäftspartnern zu begrenzen, sollte die Kommission Leitlinien für Mustervertragsklauseln bereitstellen.
(46)Der Kommission sollte ferner die Möglichkeit haben, unter Heranziehung einschlägiger internationaler Leitlinien und Standards und in Absprache mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der Europäischen Umweltagentur und gegebenenfalls internationalen Gremien, die über Fachwissen im Bereich der Sorgfaltspflicht verfügen, Leitlinien – auch für bestimmte Branchen oder in Bezug auf spezifische negative Auswirkungen – herauszugeben, um Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten oder die Behörden der Mitgliedstaaten bei der Bewertung, wie Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten erfüllen, zu unterstützen und ihnen praktische Instrumente an die Hand zu geben.
(47)Obwohl KMU nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, könnten sich ihre Bestimmungen auf KMU als Auftragnehmer oder Unterauftragnehmer der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Unternehmen auswirken. Ziel ist es jedoch, den finanziellen oder administrativen Aufwand für KMU zu verringern, von denen viele bereits vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschafts- und Gesundheitskrise zu kämpfen haben. Zur Unterstützung von KMU sollten die Mitgliedstaaten einzeln oder gemeinsam spezielle Websites, Portale oder Plattformen einrichten und betreiben; die Mitgliedstaaten könnten KMU auch finanziell unterstützen und ihnen beim Aufbau von Kapazitäten helfen. Eine solche Unterstützung sollte auch vorgelagerten Wirtschaftsbeteiligten in Drittländern zugänglich gemacht und erforderlichenfalls angepasst und ausgeweitet werden. Unternehmen, deren Geschäftspartner KMU sind, werden auch ermutigt, diese bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu unterstützen, falls solche Anforderungen die Existenzfähigkeit der KMU gefährden würden, und sie sollten faire, angemessene, diskriminierungsfreie und verhältnismäßige Anforderungen gegenüber den KMU anwenden.
(48)Zur Ergänzung der Unterstützung von KMU seitens der Mitgliedstaaten kann die Kommission sich auf bestehende EU-Instrumente, Projekte und andere Maßnahmen stützen, die bei der Umsetzung der Sorgfaltspflicht in der EU und in Drittländern helfen. Außerdem kann die Kommission neue Unterstützungsmaßnahmen einführen, die Unternehmen, einschließlich KMU, bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten unterstützen, einschließlich einer Beobachtungsstelle für die Transparenz von Wertschöpfungsketten und der Erleichterung gemeinsamer Initiativen von Interessenträgern.
(49)Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten weiterhin partnerschaftlich mit Drittländern zusammenarbeiten, um vorgelagerte Wirtschaftsbeteiligte beim Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen, mit denen negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und Geschäftsbeziehungen auf die Menschenrechte und die Umwelt wirksam verhindert und gemindert werden, wobei den Herausforderungen, mit denen Kleinbetriebe konfrontiert sind, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Sie sollten ihre Instrumente für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit nutzen, um Regierungen von Drittländern und vorgelagerte Wirtschaftsbeteiligte in Drittländern bei der Bewältigung der negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und vorgelagerter Geschäftsbeziehungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu unterstützen. Dazu könnte die Zusammenarbeit mit den Regierungen der Partnerländer, der lokalen Privatwirtschaft und Interessenträgern bei der Bekämpfung der Ursachen für negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt gehören.
(50)Um sicherzustellen, dass diese Richtlinie wirksam zur Bekämpfung des Klimawandels beiträgt, sollten die Unternehmen einen Plan annehmen, mit dem sichergestellt wird, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind. Falls das Klima als ein Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Tätigkeit des Unternehmens ermittelt wird oder hätte ermittelt werden müssen, sollte das Unternehmen Zielvorgaben zur Emissionsverringerung in seinen Plan aufnehmen.
(51)Damit gewährleistet ist, dass ein solcher Plan zur Emissionsverringerung ordnungsgemäß umgesetzt und in den finanziellen Anreizen für Mitglieder der Unternehmensleitung verankert wird, sollte der Plan bei der Festlegung der variablen Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung gebührend berücksichtigt werden, wenn die variable Vergütung mit dem Beitrag eines Mitglieds der Unternehmensleitung zur Geschäftsstrategie des Unternehmens und zu langfristigen Interessen und Nachhaltigkeit verknüpft ist.
(52)Diese Unternehmen sollten einen mit einem hinreichenden Mandat ausgestatteten Bevollmächtigten in der Union benennen und Informationen über ihre Bevollmächtigten zur Verfügung stellen, damit eine wirksame Beaufsichtigung und erforderlichenfalls Durchsetzung dieser Richtlinie in Bezug auf Unternehmen ermöglicht wird, die nicht dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen. Die Bevollmächtigten sollten auch als Kontaktstellen fungieren können, sofern die einschlägigen Anforderungen dieser Richtlinie eingehalten werden.
(53)Um die Überwachung der ordnungsgemäßen Umsetzung der Sorgfaltspflichten der Unternehmen und die ordnungsgemäße Durchsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten eine oder mehrere nationale Aufsichtsbehörden benennen. Bei diesen Aufsichtsbehörden sollte es sich um staatliche Stellen handeln, die unabhängig von den in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Unternehmen oder anderen Marktinteressen sind und bei denen keine Interessenkonflikte bestehen. Die Mitgliedstaaten sollten im Einklang mit ihrem nationalen Recht die angemessene finanzielle Ausstattung der zuständigen Aufsichtsbehörde gewährleisten. Sie sollte über die Befugnis verfügen, von sich aus oder aufgrund von Beschwerden oder begründeten Bedenken, die gemäß dieser Richtlinie vorgebracht werden, Untersuchungen durchzuführen. Falls Behörden mit einer Zuständigkeit gemäß sektoralen Rechtsvorschriften bestehen, könnten die Mitgliedstaaten festlegen, dass diese Behörden in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich für die Anwendung dieser Richtlinie verantwortlich sind. Für die Zwecke dieser Richtlinie könnten die Mitgliedstaaten auch für die Beaufsichtigung regulierter Finanzunternehmen zuständige Behörden als Aufsichtsbehörden benennen.
(54)Um die wirksame Durchsetzung der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten abschreckende, verhältnismäßige und wirksame Sanktionen für Verstöße gegen diese Maßnahmen vorsehen. Damit eine solche Sanktionsregelung wirksam ist, sollten die von den nationalen Aufsichtsbehörden zu verhängenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen Geldbußen umfassen. Sieht das Rechtssystem eines Mitgliedstaats keine verwaltungsrechtlichen Sanktionen im Sinne dieser Richtlinie vor, so sollten die Vorschriften über verwaltungsrechtliche Sanktionen in der Weise angewandt werden, dass die Sanktion von der zuständigen Aufsichtsbehörde eingeleitet und von der Justizbehörde verhängt wird. Daher müssen diese Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Anwendung der Vorschriften und Sanktionen die gleiche Wirkung wie die von den zuständigen Aufsichtsbehörden verhängten verwaltungsrechtlichen Sanktionen hat.
(55)Um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung der aufgrund dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften zu gewährleisten, sollten die nationalen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten und ihre Maßnahmen koordinieren. Zu diesem Zweck sollte die Kommission ein Europäisches Netz der Aufsichtsbehörden einrichten, und die Aufsichtsbehörden sollten einander bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen und einander Amtshilfe leisten.
(56)Zur Gewährleistung einer wirksamen Entschädigung der Opfer nachteiliger Auswirkungen sollten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für Schäden festzulegen, die sich aus der Nichteinhaltung des Verfahrens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht ergeben. Ein Unternehmen sollte für Schäden haftbar sein, wenn es seinen Verpflichtungen zur Verhinderung und Minderung potenzieller negativer Auswirkungen oder zur Abstellung tatsächlicher Auswirkungen und Minimierung ihres Ausmaßes nicht nachgekommen ist und wenn infolge dieses Versäumnisses negative Auswirkungen, die ermittelt, verhindert, gemindert, abgestellt oder durch geeignete Maßnahmen hätten minimiert werden müssen, zu einem Schaden geführt haben.
(57)In Bezug auf Schäden, die auf der Ebene etablierter indirekter Geschäftsbeziehungen entstehen, sollte die Haftung des Unternehmens bestimmten Bedingungen unterliegen. Ein Unternehmen sollte nicht haften, wenn es spezifische Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht durchgeführt hat. Allerdings sollte es durch die Umsetzung solcher Maßnahmen nicht von der Haftung befreit werden, wenn es nach vernünftigem Ermessen nicht zu erwarten war, dass die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen, auch in Bezug auf die Überprüfung der Einhaltung, geeignet waren, um die negativen Auswirkungen zu vermeiden, zu mindern, abzustellen oder zu minimieren. Darüber hinaus sind bei der Bewertung der Frage des Bestehens und des Umfangs der Haftung die Bemühungen des Unternehmens, die von einer Aufsichtsbehörde geforderten Abhilfemaßnahmen umzusetzen – soweit sie sich unmittelbar auf den betreffenden Schaden beziehen –, die vom Unternehmen getätigten Investitionen und die von ihm geleistete gezielte Unterstützung sowie die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen zur Bewältigung der negativen Auswirkungen in seinen Wertschöpfungsketten gebührend zu berücksichtigen.
(58)Die Haftungsregelung enthält keine Bestimmungen dazu, wer nachweisen muss, dass das Handeln des Unternehmens unter den Umständen des Einzelfalls hinreichend angemessen war, und diese Frage bleibt daher dem nationalen Recht überlassen.
(59)Hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftungsvorschriften gilt, dass die zivilrechtliche Haftung eines Unternehmens für Schäden, die dadurch entstehen, dass das Unternehmen keine angemessene Sorgfaltsprüfung durchgeführt hat, die zivilrechtliche Haftung seiner Tochterunternehmen oder die entsprechende zivilrechtliche Haftung direkter und indirekter Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette unberührt lässt. Darüber hinaus sollten die zivilrechtlichen Haftungsvorschriften gemäß dieser Richtlinie die Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten über die zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte oder negativen Auswirkungen auf die Umwelt unberührt lassen, welche eine Haftung in Situationen vorsehen, die nicht unter diese Richtlinie fallen oder eine strengere Haftung vorsehen als diese Richtlinie.
(60)Hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftung aufgrund negativer Auswirkungen auf die Umwelt gilt, dass Geschädigte auch dann Schadenersatz gemäß dieser Richtlinie geltend machen können, wenn es dabei Überschneidungen mit Ansprüchen aus der Verletzung von Menschenrechten gibt.
(61)Um sicherzustellen, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden auch dann Schadenersatzklagen erheben und Schadenersatzansprüche geltend machen können, die aufgrund der Nichteinhaltung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Sorgfaltspflichten entstanden sind, wenn das auf solche Ansprüche anzuwendende Recht nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist – was beispielsweise gemäß den Regeln des internationalen Privatrechts der Fall sein könnte, wenn der Schaden in einem Drittland eintritt –, sollte diese Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichten, dafür zu sorgen, dass die in ihren nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieses Artikels vorgesehene Haftung in Fällen, in denen das auf derartige Ansprüche anzuwendende Recht nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist, zwingend anwendbar ist.
(62)Die in der vorliegenden Richtlinie vorgesehene Regelung der zivilrechtlichen Haftung sollte die Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG unberührt lassen. Die vorliegende Richtlinie sollte die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, Unternehmen weitere, strengere Pflichten aufzuerlegen oder auf andere Weise weitere Maßnahmen zu ergreifen, die dieselben Ziele wie die genannte Richtlinie verfolgen.
(63)In allen nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten haben die Mitglieder der Unternehmensleitung eine Sorgfaltspflicht gegenüber dem Unternehmen. Um sicherzustellen, dass diese allgemeine Pflicht in einer Weise verstanden und angewandt wird, die den mit dieser Richtlinie eingeführten Sorgfaltspflichten entspricht und mit diesen im Einklang steht, und dass die Mitglieder der Unternehmensleitung bei ihren Entscheidungen Nachhaltigkeitsaspekte systematisch berücksichtigen, sollte in dieser Richtlinie die allgemeine Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung, im besten Interesse der Gesellschaft zu handeln, in harmonisierter Weise klargestellt werden, indem festgelegt wird, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung die in der Richtlinie 2013/34/EU genannten Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen müssen, gegebenenfalls einschließlich der Menschenrechte, des Klimawandels und der Umweltauswirkungen, auch in kurz-, mittel- und langfristigen Zeithorizonten. Diese Klarstellung macht keine Änderung bestehender nationaler Unternehmensstrukturen erforderlich.
(64)Die Verantwortung für die Sorgfaltspflicht sollte den Mitgliedern der Unternehmensleitung im Einklang mit den internationalen Rahmen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht übertragen werden. Die Mitglieder der Unternehmensleitung sollten somit für die Einführung und Überwachung der in dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht und für die Annahme der Strategie des Unternehmens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verantwortlich sein, wobei die Beiträge von Interessenträgern und Organisationen der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen sind und die Sorgfaltspflicht in die Unternehmensmanagementsysteme integriert werden sollte. Die Mitglieder der Unternehmensleitung sollten die Unternehmensstrategie des Weiteren an die ermittelten tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen sowie an etwaige Maßnahmen anpassen, die zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht ergriffen wurden.
(65)Personen, die für den Sorgfaltspflichten gemäß dieser Richtlinie unterliegende Unternehmen arbeiten oder die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit solchen Unternehmen in Kontakt stehen, können eine Schlüsselrolle bei der Aufdeckung von Verstößen gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie spielen. Sie können somit zur Verhinderung und Abschreckung solcher Verstöße und zur Verbesserung der Durchsetzung dieser Richtlinie beitragen. Daher sollte die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates für die Meldung von Verstößen gegen diese Richtlinie und den Schutz von Personen, die solche Verstöße melden, gelten.
(66)Um festzulegen, welche Informationen Unternehmen, die keinen Berichtspflichten nach den Bestimmungen über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen gemäß der Richtlinie 2013/34/EU unterliegen, zu den unter diese Richtlinie fallenden Angelegenheiten übermitteln sollten, sollte der Kommission die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union übertragen werden, um zusätzliche Vorschriften über den Inhalt und die Kriterien einer solchen Berichterstattung festzulegen, in denen die Informationen zur Beschreibung der Sorgfaltspflicht, zu potenziellen und tatsächlichen Auswirkungen und zu diesbezüglich ergriffenen Maßnahmen verankert sind. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, welche in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(67)Bei der Anwendung dieser Richtlinie sollten die Rechtsvorschriften der Union zum Datenschutz eingehalten sowie das Recht auf Schutz des Privatlebens und personenbezogener Daten gemäß Artikel 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewahrt werden. Jede Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Richtlinie erfolgt im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates, einschließlich der Anforderungen an Zweckbindung, Datenminimierung und Speicherbegrenzung.
(68)Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates angehört und hat am … 2022 eine Stellungnahme abgegeben.
(69)Diese Richtlinie berührt nicht die Verpflichtungen in den Bereichen Menschenrechte, Umweltschutz und Klimawandel im Rahmen anderer Gesetzgebungsakte der Union. Stehen die Bestimmungen dieser Richtlinie im Widerspruch zu einer Bestimmung eines anderen Gesetzgebungsakts der Union, mit dem dieselben Ziele verfolgt und weitergehende oder spezifischere Verpflichtungen vorgesehen werden, so sollten die Bestimmungen des anderen Gesetzgebungsakts der Union maßgebend sein und finden auf die genannten spezifischen Verpflichtungen Anwendung.
(70)Die Kommission sollte prüfen und darüber Bericht erstatten, ob neue Branchen in die Liste der unter diese Richtlinie fallenden Branchen mit hohem Schadenspotenzial zur Anpassung an die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder angesichts klarer Beweise für die Ausbeutung der Arbeitskraft, für Menschenrechtsverletzungen oder neue Umweltgefahren aufgenommen werden sollten, ob die Liste der einschlägigen internationalen Übereinkommen, auf die in dieser Richtlinie Bezug genommen wird, geändert werden sollte, insbesondere angesichts internationaler Entwicklungen, oder ob die Bestimmungen über die Sorgfaltspflicht im Rahmen dieser Richtlinie auf nachteilige Klimaauswirkungen ausgeweitet werden sollten.
(71)Das Ziel dieser Richtlinie, nämlich das Potenzial des Binnenmarkts besser auszuschöpfen, um zum Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft beizutragen, und die nachhaltige Entwicklung durch Verhinderung und Minderung potenzieller oder tatsächlicher negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in den Wertschöpfungsketten von Unternehmen zu unterstützen, kann von den Mitgliedstaaten allein oder ohne Abstimmung untereinander nicht ausreichend verwirklicht werden, sondern ist wegen des Umfangs und der Wirkung der Maßnahmen auf Unionsebene besser zu verwirklichen. Insbesondere haben die Probleme und ihre Ursachen, mit denen sich diese Richtlinie befasst, eine transnationale Dimension, da viele Unternehmen unionsweit oder weltweit tätig sind und Wertschöpfungsketten sich auf andere Mitgliedstaaten und Drittländer erstrecken. Außerdem besteht die Gefahr, dass individuelle Maßnahmen der Mitgliedstaaten unwirksam sind und zu einer Fragmentierung des Binnenmarktes führen. Die Union kann daher im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Gegenstand
(1)Diese Richtlinie enthält Vorschriften über
a)Verpflichtungen von Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in Bezug auf ihre eigenen Tätigkeiten, die Tätigkeiten ihrer Tochterunternehmen und die Tätigkeiten von Unternehmen in der Wertschöpfungskette, mit denen das Unternehmen eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhält, und
b)die Haftung für Verstöße gegen die oben genannten Verpflichtungen.
Ob Geschäftsbeziehungen als „etabliert“ gelten, wird regelmäßig, mindestens jedoch alle zwölf Monate, neu bewertet.
(2)Diese Richtlinie darf nicht als Rechtfertigung für eine Senkung des in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie vorgesehenen Niveaus des Schutzes der Menschenrechte oder der Umwelt oder des Klimaschutzes dienen.
(3)Diese Richtlinie berührt nicht die Verpflichtungen in den Bereichen Menschenrechte, Umweltschutz und Klimawandel, die sich aus anderen Rechtsakten der Union ergeben. Stehen die Bestimmungen dieser Richtlinie im Widerspruch zu einer Bestimmung eines anderen Gesetzgebungsakts der Union, mit dem dieselben Ziele verfolgt und weitergehende oder spezifischere Verpflichtungen vorgesehen werden, so sind die Bestimmungen des anderen Gesetzgebungsakts der Union maßgebend und finden auf die genannten spezifischen Verpflichtungen Anwendung.
Artikel 2
Geltungsbereich
(1)Diese Richtlinie gilt für Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
a)Das Unternehmen hatte im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, im Durchschnitt mehr als 500 Beschäftigte und erzielte einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. EUR.
b)Das Unternehmen erreichte die unter Buchstabe a genannten Schwellenwerte nicht, hatte aber im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, im Durchschnitt mehr als 250 Beschäftigte und erzielte einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. EUR, sofern mindestens 50 % dieses Nettoumsatzes in einem oder mehreren der folgenden Sektoren erwirtschaftet wurden:
i)Herstellung von Textilien, Leder und verwandten Erzeugnissen (einschließlich Schuhe) sowie Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen;
ii)Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei (einschließlich Aquakultur), Herstellung von Lebensmittelprodukten und Großhandel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, lebenden Tieren, Holz, Lebensmitteln und Getränken;
iii)Gewinnung mineralischer Ressourcen unabhängig davon, wo sie gewonnen werden (einschließlich Rohöl, Erdgas, Steinkohle, Braunkohle, Metalle und Metallerze sowie aller anderen, nichtmetallischen Mineralien und Steinbruchprodukte), Herstellung von Grundmetallerzeugnissen, sonstigen Erzeugnissen aus nichtmetallischen Mineralien und Metallerzeugnissen (ausgenommen Maschinen und Ausrüstungen) sowie Großhandel mit mineralischen Rohstoffen, mineralischen Grunderzeugnissen und Zwischenerzeugnissen (einschließlich Metalle und Metallerze, Baustoffe, Brennstoffe, Chemikalien und andere Zwischenprodukte).
(2)Diese Richtlinie gilt zudem für Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Drittlandes gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
a)Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr vor dem letzten Geschäftsjahr in der Union einen Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. EUR.
b)Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr vor dem letzten Geschäftsjahr in der Union einen Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. EUR, aber nicht mehr als 150 Mio. EUR, sofern mindestens 50 % seines weltweiten Nettoumsatzes in einem oder mehreren der in Absatz 1 Buchstabe b genannten Sektoren erwirtschaftet wurden.
(3)Für die Zwecke des Absatzes 1 wird die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in Vollzeitäquivalenten berechnet. Leiharbeitnehmer werden bei der Berechnung der Zahl der Beschäftigten so behandelt, als ob sie im Bezugszeitraum direkt vom Unternehmen eingestellte Mitarbeiter wären.
(4)In Bezug auf die in Absatz 1 genannten Unternehmen ist der Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, für die Regelung der unter diese Richtlinie fallenden Angelegenheiten zuständig.
Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a)„Unternehmen“ Folgendes:
i)eine juristische Person, die als eine der in Anhang I der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Rechtsformen gegründet wurde;
ii)eine juristische Person, die nach dem Recht eines Drittlandes als Rechtsform gegründet wurde, die mit den in den Anhängen I und II der genannten Richtlinie aufgeführten Rechtsformen vergleichbar ist;
iii)eine juristische Person, die als eine der in Anhang II der Richtlinie 2013/34/EU aufgeführten Rechtsformen gegründet wurde und ausschließlich aus Unternehmen besteht, die in einer der unter den Ziffern i und ii genannten Rechtsformen organisiert sind;
iv)ein beaufsichtigtes Finanzunternehmen, bei dem es sich unabhängig von seiner Rechtsform um Folgendes handelt:
–ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–eine Wertpapierfirma im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates;
–einen Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2), einschließlich eines EuVECA-Verwalters nach der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, eines EuSEF-Verwalters nach der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und eines ELTIF-Verwalters nach der Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–eine Verwaltungsgesellschaft für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;
–ein Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;
–ein Rückversicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 4 der Richtlinie 2009/138/EG;
–eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von Artikel 1 Nummer 6 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–eine Einrichtung der Altersversorgung, die Altersversorgungssysteme betreibt, die als Systeme der sozialen Sicherheit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates gelten, sowie jede juristische Person, die für die Anlagezwecke solcher Systeme gegründet wurde;
–einen alternativen Investmentfonds (AIF), der von einem AIFM im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/61/EU verwaltet wird, oder ein AIF, der nach geltendem nationalen Recht beaufsichtigt wird;
–einen OGAW im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Richtlinie 2009/65/EG;
–eine zentrale Gegenpartei im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–einen Zentralverwahrer im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–eine Zweckgesellschaft für Versicherungen oder Rückversicherungen, die gemäß Artikel 211 der Richtlinie 2009/138/EG zugelassen wurde;
–eine „Verbriefungszweckgesellschaft“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–eine Versicherungs-Holdinggesellschaft im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2009/138/EG oder eine gemischte Finanzholdinggesellschaft im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie 2009/138/EG, die Teil einer Versicherungsgruppe ist, die der Gruppenaufsicht gemäß Artikel 213 der genannten Richtlinie unterliegt, und die nicht gemäß Artikel 214 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG von der Gruppenaufsicht ausgenommen ist;
–ein Zahlungsinstitut im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–ein E-Geld-Institut im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;
–einen Schwarmfinanzierungsdienstleister im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates;
–einen Anbieter von Krypto-Dienstleistungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 8 des [Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937], wenn er eine oder mehrere Krypto-Dienstleistungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 9 des [Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937] erbringt;
b)„negative Auswirkungen auf die Umwelt“ nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt, die sich aus einem Verstoß gegen ein Verbot und eine Verpflichtung nach den in Teil II des Anhangs aufgeführten internationalen Umweltübereinkommen ergeben;
c)„negative Auswirkungen auf die Menschenrechte“ nachteilige Auswirkungen auf geschützte Personen, die sich aus der Verletzung eines der in Teil I Abschnitt 1 des Anhangs aufgeführten Rechte oder Verbote, wie sie in den in Teil I Abschnitt 2 des Anhangs aufgeführten internationalen Übereinkommen verankert sind, ergeben;
d)„Tochterunternehmen“ eine juristische Person, über die die Tätigkeit eines „kontrollierten Unternehmens“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ausgeübt wird;
e)„Geschäftsbeziehung“ eine Beziehung zu einem Auftragnehmer, einem Unterauftragnehmer oder jedem anderen Rechtssubjekt („Partner“),
i) mit denen das Unternehmen eine Geschäftsvereinbarung geschlossen hat oder denen das Unternehmen Finanzmittel, Versicherungs- oder Rückversicherungsleistungen bietet, oder
ii) die für das Unternehmen oder in dessen Namen mit den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens zusammenhängende Geschäftstätigkeiten ausüben;
f)„etablierte Geschäftsbeziehung“ eine direkte oder indirekte Geschäftsbeziehung, die in Anbetracht ihrer Intensität oder Dauer beständig ist oder sein dürfte und die keinen unbedeutenden oder lediglich untergeordneten Teil der Wertschöpfungskette darstellt;
g)„Wertschöpfungskette“ Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Produktion von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch ein Unternehmen, einschließlich der Entwicklung des Produkts oder der Dienstleistung und der Verwendung und Entsorgung des Produkts sowie der damit verbundenen Tätigkeiten im Rahmen vor- und nachgelagerter etablierter Geschäftsbeziehungen des Unternehmens. In Bezug auf Unternehmen im Sinne von Buchstabe a Ziffer iv umfasst die „Wertschöpfungskette“ in Bezug auf die Erbringung dieser spezifischen Dienstleistungen nur die Tätigkeiten der Kunden, die solche Darlehen, Kredite und andere Finanzdienstleistungen erhalten, sowie anderer Unternehmen derselben Gruppe, deren Tätigkeiten mit dem betreffenden Vertrag verbunden sind. Die Wertschöpfungskette solcher beaufsichtigten Finanzunternehmen umfasst nicht KMU, die Darlehen, Kredite, Finanzmittel, Versicherungs- oder Rückversicherungsleistungen von solchen Unternehmen erhalten;
h)„Überprüfung durch unabhängige Dritte“ die Überprüfung der Einhaltung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Menschenrechts- und Umweltanforderungen seitens eines Unternehmens oder Teilen seiner Wertschöpfungskette durch einen von dem Unternehmen unabhängigen Prüfer, der frei von Interessenkonflikten ist, Erfahrung und Kompetenz in Umwelt- und Menschenrechtsfragen besitzt und hinsichtlich der Qualität und Zuverlässigkeit der Prüfung rechenschaftspflichtig ist;
i)„KMU“ Kleinstunternehmen, kleine oder mittlere Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform, die nicht Teil einer großen Gruppe sind, gemäß den Definitionen in Artikel 3 Absätze 1, 2, 3 und 7 der Richtlinie 2013/34/EU;
j)„Industrieinitiative“ eine Kombination freiwilliger Verfahren, Instrumente und Mechanismen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette, einschließlich Überprüfungen durch unabhängige Dritte, die von Regierungen, Industrieverbänden oder Gruppierungen interessierter Organisationen entwickelt und überwacht werden;
k)„Bevollmächtigter“ eine in der Union ansässige oder niedergelassene natürliche oder juristische Person, die von einem Unternehmen im Sinne von Buchstabe a Ziffer ii beauftragt ist, in Bezug auf die Erfüllung der aus dieser Richtlinie resultierenden Verpflichtungen dieses Unternehmens in dessen Namen zu handeln;
l)„schwerwiegende negative Auswirkungen“ nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte, die ihrer Art nach besonders gravierend sind, eine große Zahl von Personen oder einen großen Bereich der Umwelt betreffen, irreversibel sind oder die sich aufgrund der Maßnahmen, die erforderlich sind, um die vor den Auswirkungen herrschende Situation wiederherzustellen, nur besonders schwer beheben lassen;
m)„Nettoumsatz“
i)die „Nettoumsatzerlöse“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Richtlinie 2013/34/EG oder
ii)Umsatzerlöse gemäß der Definition durch die bzw. im Sinne der Rechnungslegungsgrundsätze, auf deren Grundlage die Abschlüsse des Unternehmens erstellt werden, wenn das Unternehmen auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates angenommene internationale Rechnungslegungsstandards anwendet oder ein Unternehmen im Sinne von Buchstabe a Ziffer ii ist;
n)„Interessenträger“ die Beschäftigten des Unternehmens, die Beschäftigten ihrer Tochterunternehmen sowie andere Einzelpersonen, Gruppen, Gemeinschaften oder Unternehmen, deren Rechte oder Interessen durch die Produkte, Dienstleistungen und Tätigkeiten dieses Unternehmens, ihrer Tochterunternehmen und ihrer Geschäftsbeziehungen beeinträchtigt werden oder beeinträchtigt werden könnten;
o)„Mitglied der Unternehmensleitung“
i)jedes Mitglied des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Unternehmens;
ii)den Exekutivdirektor und, falls eine solche Funktion in einem Unternehmen besteht, den stellvertretenden Exekutivdirektor, wenn sie nicht Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane eines Unternehmens sind;
iii)sonstige Personen, die ähnliche Funktionen wahrnehmen wie die unter Ziffer i oder ii genannten Funktionen;
p)„Verwaltungsrat“ das für die Beaufsichtigung der Geschäftsführung des Unternehmens zuständige Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan oder, falls kein solches Organ besteht, die Person oder Personen, die gleichwertige Funktionen wahrnehmen;
q)„geeignete Maßnahme“ eine Maßnahme, mit der die Ziele der Sorgfaltspflicht erreicht werden können, die dem Schweregrad und der Wahrscheinlichkeit der negativen Auswirkungen entsprechen und die dem Unternehmen nach vernünftigem Ermessen zur Verfügung stehen, wobei den Umständen des Einzelfalls, einschließlich der Besonderheiten des Wirtschaftssektors, der spezifischen Geschäftsbeziehung und des diesbezüglichen Einflusses des Unternehmens, sowie der Notwendigkeit, die Priorisierung der Maßnahmen sicherzustellen, Rechnung getragen wird.
Artikel 4
Sorgfaltspflicht
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen die in den Artikeln 5 bis 11 festgelegte Sorgfaltspflicht in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt („Sorgfaltspflicht“) durch folgende Maßnahmen erfüllen:
a)Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in ihre Unternehmenspolitik nach Artikel 5;
b)Ermittlung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen nach Artikel 6;
c)Vermeidung und Abschwächung potenzieller negativer Auswirkungen, Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen und Minimierung ihres Ausmaßes nach den Artikeln 7 und 8;
d)Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Beschwerdeverfahrens nach Artikel 9;
e)Überwachung der Wirksamkeit ihrer Strategien und Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht nach Artikel 10;
f)öffentliche Kommunikation über die Sorgfaltspflicht nach Artikel 11.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen zum Zwecke der Sorgfaltspflicht berechtigt sind, Ressourcen und Informationen innerhalb ihrer jeweiligen Unternehmensgruppen sowie mit anderen juristischen Personen im Einklang mit dem geltenden Wettbewerbsrecht auszutauschen.
Artikel 5
Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in die Unternehmenspolitik
(1)Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Unternehmen die Sorgfaltspflicht in alle Bereiche ihrer Unternehmenspolitik einbeziehen und über eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verfügen. Die Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht enthält die folgenden Elemente:
a)eine Beschreibung des Ansatzes, den das Unternehmen – auch langfristig – hinsichtlich der Sorgfaltspflicht verfolgt;
b)einen Verhaltenskodex, in dem die Regeln und Grundsätze beschrieben werden, die von den Beschäftigten und Tochterunternehmen des Unternehmens einzuhalten sind;
c)eine Beschreibung der Verfahren zur Umsetzung der Sorgfaltspflicht, einschließlich der Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung des Verhaltenskodexes und zur Ausweitung seiner Anwendung auf etablierte Geschäftsbeziehungen.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen ihre Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht jährlich aktualisieren.
Artikel 6
Ermittlung tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um nach den Absätzen 2, 3 und 4 tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu ermitteln, die sich aus ihren eigenen Tätigkeiten oder denen ihrer Tochterunternehmen und – sofern sie mit ihren Wertschöpfungsketten im Zusammenhang stehen – aus ihren etablierten Geschäftsbeziehungen ergeben.
(2)Abweichend von Absatz 1 sind die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b genannten Unternehmen nur verpflichtet, tatsächliche und potenzielle schwerwiegende negative Auswirkungen zu ermitteln, die für den jeweiligen in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b genannten Sektor relevant sind.
(3)Stellen Unternehmen nach Artikel 3 Buchstabe a Ziffer iv Kredite, Darlehen oder andere Finanzdienstleistungen bereit, so werden die tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt noch vor Erbringung der betreffenden Dienstleistung ermittelt.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen für die Zwecke der Ermittlung der in Absatz 1 genannten negativen Auswirkungen, gegebenenfalls auf der Grundlage quantitativer und qualitativer Informationen, berechtigt sind, auf angemessene Ressourcen zurückzugreifen, einschließlich unabhängiger Berichte und Informationen, die im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach Artikel 9 gesammelt werden. Die Unternehmen führen gegebenenfalls auch Konsultationen mit potenziell betroffenen Gruppen wie Arbeitnehmern und anderen einschlägigen Interessenträgern durch, um Informationen über tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen zu sammeln.
Artikel 7
Vermeidung potenzieller negativer Auswirkungen
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt, die nach Artikel 6 im Einklang mit den Absätzen 2, 3, 4 und 5 des vorliegenden Artikels ermittelt wurden oder hätten ermittelt werden müssen, zu vermeiden oder, falls sie nicht oder nicht unmittelbar vermieden werden können, angemessen abzuschwächen.
(2)Die Unternehmen sind verpflichtet, gegebenenfalls
a)einen Präventionsaktionsplan mit angemessenen und klar festgelegten Zeitplänen für Maßnahmen und qualitativen wie quantitativen Indikatoren für die Messung der Verbesserung zu entwickeln und umzusetzen, falls dies aufgrund der Art oder Komplexität der für die Vermeidung erforderlichen Maßnahmen notwendig ist. Der Präventionsaktionsplan wird in Absprache mit den betroffenen Interessenträgern ausgearbeitet;
b)die vertragliche Zusicherung von Geschäftspartnern, mit denen sie eine direkte Geschäftsbeziehung unterhalten, einzuholen, dass sie die Einhaltung des Verhaltenskodexes des Unternehmens und erforderlichenfalls eines Präventionsplans sicherstellen, auch durch Einholung entsprechender vertraglicher Zusicherungen von deren Partnern, soweit ihre Tätigkeiten Teil der Wertschöpfungskette des Unternehmens sind (Vertragskaskaden). Werden solche vertraglichen Zusicherungen gemacht, so findet Absatz 4 Anwendung;
c)notwendige Investitionen zu tätigen, z. B. in Management- oder Produktionsverfahren und -infrastrukturen, um Absatz 1 zu entsprechen;
d)gezielte und verhältnismäßige Unterstützung für ein KMU zu leisten, mit dem das Unternehmen eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhält, sofern die Einhaltung des Verhaltenskodexes oder des Präventionsaktionsplans die Tragfähigkeit des KMU gefährden würde;
e)im Einklang mit dem Unionsrecht, einschließlich des Wettbewerbsrechts, mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten, auch um gegebenenfalls die Fähigkeit des Unternehmens zu verbessern, die negativen Auswirkungen zu beheben, insbesondere wenn keine anderen Maßnahmen geeignet oder wirksam sind.
(3)Im Hinblick auf potenzielle negative Auswirkungen, die durch die Maßnahmen nach Absatz 2 nicht vermieden oder angemessen abgeschwächt werden könnten, kann das Unternehmen versuchen, einen Vertrag mit einem Partner zu schließen, mit dem es eine indirekte Beziehung unterhält, um die Einhaltung des Verhaltenskodexes des Unternehmens oder eines Präventionsaktionsplans zu erreichen. Wird ein solcher Vertrag geschlossen, so findet Absatz 4 Anwendung;
(4)Die vertraglichen Zusicherungen oder der Vertrag müssen von geeigneten Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung flankiert werden. Zur Überprüfung der Einhaltung kann das Unternehmen geeignete Industrieinitiativen oder eine Überprüfung durch unabhängige Dritte in Anspruch nehmen.
Macht ein KMU vertragliche Zusicherungen oder wird ein Vertrag mit einem KMU geschlossen, so müssen die angewandten Bedingungen fair, angemessen und nichtdiskriminierend sein. Werden Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung in Bezug auf KMU durchgeführt, so trägt das Unternehmen die Kosten für die Überprüfung durch unabhängige Dritte.
(5)Im Hinblick auf potenzielle negative Auswirkungen im Sinne des Absatzes 1, die durch Maßnahmen nach den Absätzen 2, 3 und 4 nicht vermieden oder angemessen abgeschwächt werden könnten, darf das Unternehmen mit dem Partner oder in der Wertschöpfungskette, von dem bzw. der die Auswirkungen ausgehen, keine neuen Beziehungen eingehen bzw. bestehende Beziehungen ausbauen und hat, wenn das für ihre Beziehungen maßgebende Recht dies vorsieht, folgende Maßnahmen zu ergreifen:
a)Es setzt die Geschäftsbeziehungen mit dem betreffenden Partner vorübergehend aus und bemüht sich gleichzeitige um eine Vermeidung oder Minimierung der Auswirkungen, wenn nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen ist, dass diese Bemühungen kurzfristig erfolgreich sein werden.
b)Es beendet die Geschäftsbeziehung in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten, wenn die potenziellen negativen Auswirkungen schwerwiegend sind.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die ihrem Recht unterliegenden Verträge die Möglichkeit der Beendigung der Geschäftsbeziehung vorsehen.
(6)Abweichend von Absatz 5 Buchstabe b sind Unternehmen im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a Ziffer iv, die Kredite, Darlehen oder andere Finanzdienstleistungen anbieten, nicht verpflichtet, den betreffenden Kredit-, Darlehens- oder Finanzdienstleistungsvertrag zu kündigen, wenn nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen ist, dass dadurch dem Unternehmen, für das die Dienstleistung erbracht wird, erheblicher Schaden entsteht.
Artikel 8
Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um tatsächliche negative Auswirkungen, die nach Artikel 6 festgestellt wurden oder hätten festgestellt werden müssen, gemäß den Absätzen 2 bis 6 dieses Artikels zu beheben.
(2)Können die negativen Auswirkungen nicht behoben werden, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Unternehmen das Ausmaß dieser Auswirkungen minimieren.
(3)Die Unternehmen sind verpflichtet, gegebenenfalls
a)die negativen Auswirkungen zu neutralisieren oder ihr Ausmaß zu minimieren, unter anderem durch die Zahlung von Schadensersatz an die betroffenen Personen und einer finanziellen Entschädigung an die betroffenen Gemeinschaften. Dies hat in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und zum Umfang der negativen Auswirkungen sowie dazu, wie das Verhalten des Unternehmens zu den negativen Auswirkungen beiträgt, zu erfolgen;
b)einen Korrekturmaßnahmenplan mit angemessenen und klar festgelegten Zeitplänen für Maßnahmen und qualitativen wie quantitativen Indikatoren für die Messung der Verbesserung zu entwickeln und umzusetzen, falls dies aufgrund der Tatsache, dass die negativen Auswirkungen nicht unmittelbar behoben werden können, notwendig ist. Der Korrekturmaßnahmenplan wird gegebenenfalls in Absprache mit den Interessenträgern ausgearbeitet;
c)vertragliche Zusicherungen eines direkten Partners, mit dem sie eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhalten, einzuholen, dass er die Einhaltung des Verhaltenskodexes und erforderlichenfalls eines Korrekturmaßnahmenplans sicherstellt, auch durch Einholung entsprechender vertraglicher Zusicherungen von deren Partnern, soweit sie Teil der Wertschöpfungskette sind (Vertragskaskaden). Werden solche vertraglichen Zusicherungen gemacht, so findet Absatz 5 Anwendung;
d)notwendige Investitionen zu tätigen, z. B. in Management- oder Produktionsverfahren und -infrastrukturen, um den Absätzen 1, 2 und 3 zu entsprechen;
e)gezielte und verhältnismäßige Unterstützung für ein KMU zu leisten, mit dem das Unternehmen eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhält, sofern die Einhaltung des Verhaltenskodexes oder des Korrekturmaßnahmenplans die Tragfähigkeit des KMU gefährden würde;
f)im Einklang mit dem Unionsrecht, einschließlich des Wettbewerbsrechts, mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten, auch um gegebenenfalls die Fähigkeit des Unternehmens zu verbessern, die negativen Auswirkungen zu beheben, insbesondere wenn keine anderen Maßnahmen geeignet oder wirksam sind.
(4)Im Hinblick auf tatsächliche negative Auswirkungen, die durch die Maßnahmen nach Absatz 3 nicht behoben oder angemessen abgeschwächt werden könnten, kann das Unternehmen versuchen, einen Vertrag mit einem Partner zu schließen, mit dem es eine indirekte Beziehung unterhält, um die Einhaltung des Verhaltenskodexes des Unternehmens oder eines Korrekturmaßnahmenplans zu gewährleisten. Wird ein solcher Vertrag geschlossen, so findet Absatz 5 Anwendung;
(5)Die vertraglichen Zusicherungen oder der Vertrag müssen von geeigneten Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung flankiert werden. Zur Überprüfung der Einhaltung kann das Unternehmen geeignete Industrieinitiativen oder eine Überprüfung durch unabhängige Dritte in Anspruch nehmen.
Macht ein KMU vertragliche Zusicherungen oder wird ein Vertrag mit einem KMU geschlossen, so müssen die angewandten Bedingungen fair, angemessen und nichtdiskriminierend sein. Werden Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung in Bezug auf KMU durchgeführt, so trägt das Unternehmen die Kosten für die Überprüfung durch unabhängige Dritte.
(6)Im Hinblick auf tatsächliche negative Auswirkungen im Sinne des Absatzes 1, die durch die Maßnahmen nach den Absätzen 3, 4 und 5 nicht behoben oder dem Ausmaß nach minimiert werden könnten, darf das Unternehmen mit dem Partner oder in der Wertschöpfungskette, von dem bzw. der die Auswirkungen ausgehen, keine neuen Beziehungen eingehen oder bestehende Beziehungen ausbauen und hat, wenn das für ihre Beziehungen maßgebende Recht dies vorsieht, eine der folgenden Maßnahmen zu ergreifen:
a)Es setzt die Geschäftsbeziehungen mit dem betreffenden Partner vorübergehend aus und unternimmt gleichzeitig Anstrengungen, um die negativen Auswirkungen zu beheben oder deren Ausmaß zu minimieren, oder
b)es beendet die Geschäftsbeziehung in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten, wenn die negativen Auswirkungen als schwerwiegend angesehen werden.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die ihrem Recht unterliegenden Verträge die Möglichkeit der Beendigung der Geschäftsbeziehung vorsehen.
(7)Abweichend von Absatz 6 Buchstabe b sind Unternehmen im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a Ziffer iv, die Kredite, Darlehen oder andere Finanzdienstleistungen anbieten, nicht verpflichtet, den betreffenden Kredit-, Darlehens- oder Finanzdienstleistungsvertrag zu kündigen, wenn nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen ist, dass dadurch dem Unternehmen, für das die Dienstleistung erbracht wird, erheblicher Schaden entsteht.
Artikel 9
Beschwerdeverfahren
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen den Personen und Organisationen nach Absatz 2 die Möglichkeit einräumen, Beschwerden an das Unternehmen zu richten, wenn diese berechtigte Bedenken hinsichtlich tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, ihrer Tochterunternehmen und ihrer Wertschöpfungsketten auf die Menschenrechte und die Umwelt haben.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Beschwerden eingereicht werden können von
a)betroffenen Personen oder Personen mit berechtigtem Grund zu der Annahme, dass sie von negativen Auswirkungen betroffen sein könnten,
b)Gewerkschaften und anderen Arbeitnehmervertretern, die in der betreffenden Wertschöpfungskette tätige Personen vertreten,
c)den im Bereich der betreffenden Wertschöpfungskette aktiven Organisationen der Zivilgesellschaft.
(3)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen ein Verfahren für die Bearbeitung von Beschwerden nach Absatz 1 einrichten, darunter ein Verfahren, wenn das Unternehmen die Beschwerde für unbegründet erachtet, und unterrichtet die betroffenen Arbeitnehmer und Gewerkschaften über diese Verfahren. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei einer begründeten Beschwerde die negative Auswirkung, die Gegenstand der Beschwerde ist, als im Sinne von Artikel 6 ermittelt gilt.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Beschwerdeführer berechtigt sind,
a)angemessene Folgemaßnahmen zu der Beschwerde von dem Unternehmen fordern können, bei dem sie eine Beschwerde gemäß Absatz 1 eingereicht haben, und
b)Vertreter des Unternehmens auf geeigneter Ebene zu treffen, um potenzielle oder tatsächliche schwerwiegende negative Auswirkungen, die Gegenstand der Beschwerde sind, zu erörtern.
Artikel 10
Überwachung
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen regelmäßig Bewertungen ihrer eigenen Tätigkeiten und Maßnahmen, jenen ihrer Tochterunternehmen, wenn diese im Zusammenhang mit den Wertschöpfungsketten des Unternehmens stehen, und jenen ihrer etablierten Geschäftsbeziehungen durchführen, um die Wirksamkeit der Ermittlung, Vermeidung, Abschwächung, Behebung und Minimierung der negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu überwachen. Diese Bewertungen stützen sich gegebenenfalls auf qualitative und quantitative Indikatoren und werden mindestens alle 12 Monate durchgeführt und sobald die begründete Annahme besteht, dass im Zusammenhang mit diesen negativen Auswirkungen erhebliche neue Risiken auftreten können. Die Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht ist im Einklang mit den Ergebnissen dieser Bewertungen zu aktualisieren.
Artikel 11
Kommunikation
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen, die nicht den Berichtspflichten nach den Artikeln 19a und 29a der Richtlinie 2013/34/EU unterliegen, zu den unter diese Richtlinie fallenden Angelegenheiten Bericht erstatten, indem sie auf ihrer Website eine jährliche Erklärung in einer in der internationalen Wirtschaftswelt gebräuchlichen Verkehrssprache veröffentlichen. Die Erklärung ist bis zum 30. April jedes Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr zu veröffentlichen.
Die Kommission nimmt delegierte Rechtsakte im Einklang mit Artikel 28 in Bezug auf den Inhalt und der Kriterien für die Berichterstattung gemäß Absatz 1 an und legt fest, welche Angaben zur Beschreibung der Sorgfaltspflicht, zu potenziellen und tatsächlichen negativen Auswirkungen und zu den ergriffenen Gegenmaßnahmen zu machen sind.
Artikel 12
Mustervertragsklauseln
Um die Unternehmen bei der Einhaltung von Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe c zu unterstützen, nimmt die Kommission Leitlinien zu freiwilligen Mustervertragsklauseln an.
Artikel 13
Leitlinien
Um Unternehmen oder Behörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erfüllung der Sorgfaltspflichten von Unternehmen zu unterstützen, gibt die Kommission in Absprache mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der Europäischen Umweltagentur und gegebenenfalls mit internationalen Gremien mit Fachwissen im Bereich der Sorgfaltspflicht Leitlinien heraus, darunter für bestimmte Sektoren oder spezielle negative Auswirkungen.
Artikel 14
Begleitmaßnahmen
(1)Die Mitgliedstaaten richten einzeln oder gemeinsam spezielle Websites, Plattformen oder Portale ein und betreiben diese, um Unternehmen und Partner, mit denen sie etablierte Geschäftsbeziehungen in ihren Wertschöpfungsketten unterhalten, zu informieren und dabei zu unterstützen, die Verpflichtungen aus dieser Richtlinie zu erfüllen. In diesem Zusammenhang KMU, die in den Wertschöpfungsketten von Unternehmen vertreten sind, besonders zu berücksichtigen.
(2)Unbeschadet der geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen können die Mitgliedstaaten KMU finanziell unterstützen.
(3)Die Kommission kann auf der Grundlage bestehender Maßnahmen der Union zur Unterstützung der Sorgfaltspflicht in der Union und in Drittländern die Unterstützungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen und neue Maßnahmen ausarbeiten, darunter zur Erleichterung gemeinsamer Initiativen der Interessenträger, um die Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu unterstützen.
(4)Unternehmen können sich bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen nach den Artikeln 5 bis 11 dieser Richtlinie auf Regelungen der Industrie und Initiativen von Interessenträgern stützen, insofern diese zur Unterstützung der Erfüllung ihrer Verpflichtungen geeignet sind. Die Kommission und die Mitgliedstaaten können die Verbreitung von Informationen über solche Regelungen oder Initiativen und deren Ergebnis erleichtern. Die Kommission kann in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien für die Bewertung der Eignung von Regelungen der Industrie und Initiativen von Interessenträgern herausgeben.
Artikel 15
Eindämmung des Klimawandels
(1)Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Unternehmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a einen Plan festlegen, mit dem sie sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 C gemäß dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind. In diesem Plan wird insbesondere auf der Grundlage von Informationen, die dem Unternehmen vernünftigerweise zur Verfügung stehen, ermittelt, inwieweit der Klimawandel ein Risiko für die Unternehmenstätigkeit darstellt bzw. sich darauf auswirkt.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Unternehmen Emissionsreduktionsziele in seinen Plan aufnimmt, wenn der Klimawandel als ein Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Unternehmenstätigkeit ermittelt wurde bzw. hätte ermittelt werden sollen.
(3)Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Unternehmen der Erfüllung der Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 bei der Festlegung variabler Vergütungen gebührend Rechnung tragen, wenn die variable Vergütung an den Beitrag eines Mitglieds der Unternehmensleitung zur Strategie und zu den langfristigen Interessen und zur Nachhaltigkeit des Unternehmens geknüpft ist.
Artikel 16
Bevollmächtigter
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jedes in Artikel 2 Absatz 2 genannte Unternehmen eine juristische oder natürliche Person als seinen Bevollmächtigten benennt, der in einem der Mitgliedstaaten, in dem das Unternehmen tätig ist, niedergelassen oder ansässig ist. Die Benennung ist gültig, wenn sie vom Bevollmächtigten angenommen wird.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Name, die Anschrift, die elektronische E-Mail-Adresse und die Telefonnummer des Bevollmächtigten einer Aufsichtsbehörde in dem Mitgliedstaat, in dem der Bevollmächtigte ansässig oder niedergelassen ist, gemeldet werden. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Bevollmächtigte verpflichtet ist, einer Aufsichtsbehörde auf Ersuchen eine Abschrift der Benennung in einer Amtssprache eines Mitgliedstaats vorzulegen.
(3)Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass eine Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats, in dem der Bevollmächtigte niedergelassen oder ansässig ist, bzw. andernfalls eine Aufsichtsbehörde in dem Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen in dem Geschäftsjahr, das dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorausgeht, den meisten Nettoumsatz in der Union erzielt hat, darüber informiert wird, dass es sich bei dem Unternehmen um ein Unternehmen im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 handelt.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jedes Unternehmen seinen Bevollmächtigten ermächtigt, Mitteilungen von den Aufsichtsbehörden in allen Belangen zu empfangen, die für die Einhaltung und Durchsetzung der nationalen Bestimmungen zur Umsetzung dieser Richtlinie notwendig sind. Die Unternehmen sind verpflichtet, ihren Bevollmächtigten mit den erforderlichen Befugnissen und Ressourcen für die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden auszustatten.
Artikel 17
Aufsichtsbehörden
(1)Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere Aufsichtsbehörden, die für die Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen in den nach Artikel 6 bis 11 und Artikel 15 Absätze 1 und 2 angenommenen nationalen Bestimmungen zuständig ist bzw. sind.
(2)Was die in Artikel 2 Absatz 1 genannten Unternehmen anbelangt, so ist die zuständige Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen seinen eingetragenen Sitz hat.
(3)Für die in Artikel 2 Absatz 2 genannten Unternehmen ist die Aufsichtsbehörde in dem Mitgliedstaat zuständig, in dem das Unternehmen eine Zweigstelle hat. Wenn das Unternehmen keine Zweigstelle in einem Mitgliedstaat hat oder sich seine Zweigstellen in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden, so ist die zuständige Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen in dem Geschäftsjahr vor dem letzten Geschäftsjahr, das dem in Artikel 30 genannten Zeitpunkt oder dem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen erstmals die Kriterien nach Artikel 2 Absatz 2 erfüllt, vorangeht, je nachdem welcher Zeitpunkt der spätere ist, den größten Teil seines Nettoumsatzes in der Union erzielt hat.
Unternehmen nach Artikel 2 Absatz 2 können auf der Grundlage der Änderung der Umstände, die dazu führen, dass der größte Teil des Umsatzes in der Union in einem anderen Mitgliedstaat erzielt wird, einen hinreichend begründeten Antrag auf Änderung der Aufsichtsbehörde, die in Bezug auf dieses Unternehmen für die Regulierung der von dieser Richtlinie erfassten Belange zuständig ist, stellen.
(4)Benennt ein Mitgliedstaat mehr als eine Aufsichtsbehörde, so stellt er sicher, dass die jeweiligen Zuständigkeiten dieser Behörden klar geregelt sind und dass sie eng und wirksam zusammenarbeiten.
(5)Die Mitgliedstaaten können die für die Überwachung beaufsichtigter Finanzunternehmen benannten Behörden auch als Aufsichtsbehörden für die Zwecke dieser Richtlinie benennen.
(6)Bis zu dem in Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe a genannten Zeitpunkt teilen die Mitgliedstaaten der Kommission die Namen und Kontaktdaten der nach diesem Artikel benannten Aufsichtsbehörden sowie deren jeweilige Zuständigkeiten mit, sofern mehrere Aufsichtsbehörden benannt wurden. Sie unterrichten die Kommission über jede diesbezügliche Änderung.
(7)Die Kommission veröffentlicht unter anderem auf ihrer Website ein Verzeichnis der Aufsichtsbehörden. Die Kommission aktualisiert das Verzeichnis regelmäßig auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen.
(8)Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden und sorgen dafür, dass sie und alle Personen, die für sie arbeiten bzw. für sie gearbeitet haben, sowie von ihr beauftragte Wirtschaftsprüfer oder Sachverständige ihre Befugnisse unparteiisch, transparent und unter Wahrung des Berufsgeheimnisses ausüben. Die Mitgliedstaaten gewährleisten insbesondere, dass die Behörde rechtlich und funktional von den in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Unternehmen oder von anderen Marktinteressen unabhängig ist, d. h. dass ihr Personal und die für die Leitung zuständigen Personen keinen Interessenkonflikten ausgesetzt sind, dass sie Vertraulichkeitsanforderungen unterliegen und sich jeder Handlung enthalten, die nicht mit ihren Aufgaben vereinbar ist.
Artikel 18
Befugnisse der Aufsichtsbehörden
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsbehörden über angemessene Befugnisse und Ressourcen verfügen, um die ihnen durch diese Richtlinie übertragenen Aufgaben auszuführen, einschließlich der Befugnis, Informationen anzufordern und Untersuchungen im Zusammenhang mit der Einhaltung der in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen durchzuführen.
(2)Eine Aufsichtsbehörde kann von Amts wegen oder aufgrund ihr nach Artikel 19 übermittelter begründeter Bedenken eine Untersuchung einleiten, wenn sie der Auffassung ist, dass ihr ausreichend Informationen vorliegen, die auf einen möglichen Verstoß eines Unternehmens gegen die Verpflichtungen aus den nach dieser Richtlinie erlassenen nationalen Bestimmungen hindeuten.
(3)Untersuchungen werden im Einklang mit dem nationalen Recht des Mitgliedstaats, in dem die Untersuchung stattfindet, und mit vorheriger Warnung des Unternehmens durchgeführt, es sei denn, die vorherige Unterrichtung beeinträchtigt die Wirksamkeit der Untersuchung. Wenn eine Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Untersuchung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine Untersuchung durchführen möchte, so ersucht sie die Aufsichtsbehörde in diesem Mitgliedstaat nach Artikel 21 Absatz 2 um Amtshilfe.
(4)Ermittelt eine Aufsichtsbehörde als Ergebnis der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 einen Verstoß gegen die nach dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften, so gewährt sie dem betreffenden Unternehmen eine angemessene Frist, um Abhilfe zu schaffen, sofern dies möglich ist.
Im Einklang mit Artikel 20 bzw. 22 schließen Abhilfemaßnahmen die Verhängung von verwaltungsrechtlichen Sanktionen oder das Eintreten der zivilrechtlichen Haftung bei Schäden nicht aus.
(5)Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügen die Aufsichtsbehörden mindestens über die Befugnis
a)zur Anordnung einer Beendigung des Verstoßes gegen die nach dieser Richtlinie erlassenen nationalen Bestimmungen, einer Unterlassung jeglicher Wiederholung des betreffenden Verhaltens und gegebenenfalls zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen, die dem Verstoß angemessen und erforderlich sind, um ihn zu beenden;
b)zur Verhängung von finanziellen Sanktionen im Einklang mit Artikel 20;
c)zum Erlass vorläufiger Maßnahmen, um das Risiko eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens zu vermeiden.
(6)Sieht die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats keine verwaltungsrechtlichen Sanktionen vor, können dieser Artikel und Artikel 20 so angewendet werden, dass die Sanktionen von der zuständigen Aufsichtsbehörde in die Wege geleitet und von den zuständigen nationalen Gerichten verhängt werden, wobei sicherzustellen ist, dass diese Rechtsbehelfe wirksam sind und die gleiche Wirkung wie von Aufsichtsbehörden verhängte verwaltungsrechtliche Sanktionen haben.
(7)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede natürliche Person das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen einen sie betreffenden rechtsverbindlichen Beschluss einer Aufsichtsbehörde hat.
Artikel 19
Begründete Bedenken
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass natürliche und juristische Personen berechtigt sind, vor jeder Aufsichtsbehörde begründete Bedenken geltend zu machen, sollten sie anhand objektiver Umstände Grund zu der Annahme haben, dass ein Unternehmen gegen die nach dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften verstößt.
(2)Fallen die begründeten Bedenken in die Zuständigkeit einer anderen Aufsichtsbehörde, so übermittelt die Behörde, vor der die Bedenken geltend gemacht wurden, diese der anderen Behörde.
(3)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsbehörden begründete Bedenken prüfen und erforderlichenfalls ihre Befugnisse nach Artikel 18 ausüben.
(4)Die Aufsichtsbehörde informiert die in Absatz 1 genannte Person so bald als möglich und im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts sowie des Unionsrechts über das Ergebnis der Prüfung dieser begründeten Bedenken und begründet ihre Entscheidung.
(5)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Personen, die begründete Bedenken nach diesem Artikel geltend machen und die im Einklang mit dem nationalen Recht ein berechtigtes Interesse an dieser Angelegenheit haben, Zugang zu einem Gericht oder einer anderen unabhängigen und unparteiischen öffentlichen Stelle erhalten, die dafür zuständig ist, die verfahrensrechtliche und materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen der Aufsichtsbehörde zu überprüfen.
Artikel 20
Sanktionen
(1)Die Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
(2)Bei der Entscheidung über die Verhängung von Sanktionen und bei der Festlegung ihrer Art und ihrer angemessenen Höhe ist gegebenenfalls den Bemühungen des Unternehmens zur Erfüllung der von einer Aufsichtsbehörde gegen das Unternehmen angeordneten Abhilfemaßnahmen, etwaigen getätigten Investitionen, einer gemäß den Artikeln 7 und 8 geleisteten gezielten Unterstützung sowie der Zusammenarbeit mit anderen Stellen bei der Beseitigung negativer Auswirkungen in den Wertschöpfungsketten des Unternehmens gebührend Rechnung zu tragen.
(3)Werden finanzielle Sanktionen verhängt, so müssen sich diese nach dem Umsatz des Unternehmens richten.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Beschlüsse der Aufsichtsbehörden, die Sanktionen im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie enthalten, veröffentlicht werden.
Artikel 21
Europäisches Netz der Aufsichtsbehörden
(1)Die Kommission richtet ein aus Vertretern der Aufsichtsbehörden bestehendes europäisches Netz der Aufsichtsbehörden ein. Das Netz erleichtert die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden und die Koordinierung und Konvergenz der Regulierungs-, Untersuchungs-, Sanktions- und Aufsichtsverfahren sowie den Informationsaustausch zwischen diesen Aufsichtsbehörden.
Die Kommission kann Agenturen der Union mit einschlägigem Fachwissen in den unter diese Richtlinie fallenden Bereichen ersuchen, sich dem europäischen Netz der Aufsichtsbehörden anzuschließen.
(2)Die Aufsichtsbehörden übermitteln sich gegenseitig einschlägige Informationen, gewähren einander Amtshilfe und erlassen Maßnahmen für eine wirksame Zusammenarbeit. Gegenseitige Amtshilfe umfasst die Zusammenarbeit im Hinblick auf die Ausübung der Befugnisse nach Artikel 18, unter anderem in Bezug auf Untersuchungen und Auskunftsersuchen.
(3)Die Aufsichtsbehörden ergreifen alle geeigneten Schritte, um einem Ersuchen einer anderen Aufsichtsbehörde unverzüglich und spätestens innerhalb eines Monats nach Eingang des Ersuchens nachzukommen. Dazu kann insbesondere auch die Übermittlung relevanter Informationen über die Durchführung einer Untersuchung gehören.
(4)Amtshilfeersuchen enthalten alle erforderlichen Informationen, einschließlich des Zwecks und der Gründe des Ersuchens. Die Aufsichtsbehörden dürfen die im Rahmen eines Amtshilfeersuchens erhaltene Informationen ausschließlich zu dem Zweck verwenden, für den sie angefordert wurden.
(5)Die ersuchte Aufsichtsbehörde informiert die ersuchende Aufsichtsbehörde über die Ergebnisse oder gegebenenfalls über den Fortgang der Maßnahmen, die getroffen wurden, um dem Amtshilfeersuchen nachzukommen.
(6)Aufsichtsbehörden verlangen für Tätigkeiten und Maßnahmen aufgrund eines Amtshilfeersuchens keine Gebühren.
Die Aufsichtsbehörden können jedoch untereinander Regeln vereinbaren, um einander in Ausnahmefällen besondere, aufgrund der Amtshilfe entstandene Ausgaben zu erstatten.
(7)Die nach Artikel 17 Absatz 3 zuständige Aufsichtsbehörde unterrichtet das europäische Netz der Aufsichtsbehörden über diesen Umstand und über jeden Antrag auf Änderung der zuständigen Aufsichtsbehörde.
(8)Bestehen Zweifel an der Zuständigkeitszuweisung, so werden die Informationen, auf denen diese Zuweisung gründet, dem europäischen Netz der Aufsichtsbehörden mitgeteilt, das Bemühungen um eine Lösung koordinieren kann.
Artikel 22
Zivilrechtliche Haftung
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen für Schäden haften, wenn
a)sie die Verpflichtungen aus den Artikeln 7 und 8 nicht erfüllt haben und
b)als Ergebnis dieses Versäumnisses negative Auswirkungen eingetreten sind, die ermittelt, vermieden, abgeschwächt, behoben oder durch angemessene Maßnahmen nach den Artikeln 7 und 8 minimiert hätten werden müssen und zu Schaden geführt haben.
(2)Ungeachtet von Absatz 1 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ein Unternehmen, das Maßnahmen nach Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 7 Absatz 4 oder Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe c und Artikel 8 Absatz 5 ergriffen hat, nicht für Schäden durch negative Auswirkungen als Ergebnis der Tätigkeiten eines indirekten Partners haftet, mit dem es eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhält, es sei denn, es wäre je nach Einzelfall unangemessen zu erwarten, dass die ergriffene Maßnahme, einschließlich der Prüfung der Einhaltung, geeignet wäre, die negative Auswirkung zu vermeiden, abzuschwächen, zu beheben oder zu minimieren.
Bei der Bewertung des Vorliegens und des Umfangs eines Haftungsfalls nach diesem Absatz ist den Bemühungen des Unternehmens, insoweit diese direkt mit dem fraglichen Schaden in Verbindung stehen, bei der Erfüllung der von einer Aufsichtsbehörde geforderten Abhilfemaßnahmen, getätigten Investitionen und jeder gezielten Unterstützung nach den Artikeln 7 und 8 sowie einer Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen bei der Bewältigung negativer Auswirkungen in seinen Wertschöpfungsketten gebührend Rechnung zu tragen.
(3)Die zivilrechtliche Haftung eines Unternehmens aus dieser Bestimmung berührt nicht die zivilrechtliche Haftung ihrer Tochterunternehmen oder direkter indirekter Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette.
(4)Die zivilrechtliche Haftung nach dieser Richtlinie lässt Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten über die zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte oder die Umwelt unberührt, die eine Haftung in Situationen, die nicht unter diese Richtlinie fallen, oder eine strengere Haftung vorsehen als diese Richtlinie.
(5)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieses Artikels vorgesehene Haftung zwingend Anwendung findet und Vorrang hat in Fällen, in denen das auf entsprechende Ansprüche anzuwendende Recht nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist.
Artikel 23
Meldung von Verstößen und Schutz von Hinweisgebern
Für die Meldung von Verstößen gegen diese Richtlinie und den Schutz von Personen, die solche Verstöße melden, gilt die Richtlinie (EU) 2019/1937.
Artikel 24
Öffentliche Unterstützung
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die eine öffentliche Unterstützung beantragenden Unternehmen bestätigen, dass keine Sanktionen wegen Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus dieser Richtlinie verhängt wurden.
Artikel 25
Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung nach Artikel 2 Absatz 1 bei Ausübung ihrer Pflicht, im besten Interesse des Unternehmens zu handeln, die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen für Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen, gegebenenfalls auch die Folgen für Menschenrechte, Klimawandel und Umwelt.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über einen Verstoß gegen die Pflichten der Mitglieder der Unternehmensleitung auch für die Bestimmungen dieses Artikels gelten.
Artikel 26
Einrichtung und Kontrolle der Sorgfaltspflicht
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Artikel 2 Absatz 1 genannten Mitglieder der Unternehmensleitung für die Einrichtung und Kontrolle der Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht nach Artikel 4 und insbesondere für die in Artikel 5 genannte Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verantwortlich sind, wobei Beiträge von Interessenträgern und Organisationen der Zivilgesellschaft angemessen zu berücksichtigen sind. Die Mitglieder der Unternehmensleitung erstatten dem Vorstand hierüber Bericht.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung Schritte zur Anpassung der Unternehmensstrategie ergreifen, um den nach Artikel 6 ermittelten tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen und Maßnahmen nach den Artikeln 7 bis 9 Rechnung tragen.
Artikel 27
Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937
In Teil I Nummer E.2 des Anhangs der Richtlinie (EU) 2019/1937 wird folgende Ziffer angefügt:
„vi) [Richtlinie … des Europäischen Parlaments und des Rates vom …… über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937*
+]“
Artikel 28
Ausübung der Befugnisübertragung
(1)Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
(2)Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 11 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit übertragen.
(3)Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 11 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
(4)Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.
(5)Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.
(6)Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 11 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.
Artikel 29
Überprüfung
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum [ABl.: bitte das für sieben Jahre nach Inkrafttreten für die Richtlinie berechnete Datum einfügen] einen Bericht über die Umsetzung und die Auswirkungen dieser Richtlinie vor. In dem Bericht wird auf die Wirksamkeit dieser Richtlinie im Hinblick auf die Erreichung ihrer Ziele eingegangen und bewertet,
a)ob die Schwellenwerte für die Zahl der Beschäftigten und den Nettoumsatz nach Artikel 2 Absatz 1 gesenkt werden müssen;
b)ob die Liste der Sektoren in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b geändert werden muss, um sie beispielsweise an die Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung anzupassen;
c)ob der Anhang geändert werden muss, auch vor dem Hintergrund von Entwicklungen auf internationaler Ebene;
d)ob die Artikel 4 bis 14 auf negative Klimaauswirkungen ausgeweitet werden sollten.
Artikel 30
Umsetzung
(1)Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens [ABl: bitte 2 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen] die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.
Sie wenden diese Vorschriften wie folgt an:
a)
ab … [ABl: bitte 2 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen] auf Unternehmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b;
b)
ab … [ABl: bitte 4 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen] auf Unternehmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b;
Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(2)Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 31
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 32
Adressaten
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Die Präsidentin
Der Präsident/Die Präsidentin