EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 30.11.2022
COM(2022) 671 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
über die Durchführung der Richtlinie 2010/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe
{SWD(2022) 376 final}
Haftungsausschluss: Die Informationen in diesem Bericht stützen sich auf die Einzelberichte der Mitgliedstaaten.
Die Europäische Kommission und die in ihrem Namen handelnden Personen übernehmen keine Verantwortung für den Inhalt dieser Informationen und deren Verwendung.
1.Einleitung
In diesem Bericht wird die Durchführung der Richtlinie 2010/53/EU über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (im Folgenden „Richtlinie“) durch die Mitgliedstaaten zusammengefasst.
In der Richtlinie wird bestimmt, dass die Mitgliedstaaten der Kommission alle drei Jahre über die durchgeführten Maßnahmen und über die Erfahrungen bei ihrer Umsetzung berichten müssen (Artikel 22 Absatz 1) und dass die Kommission einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie veröffentlichen muss (Artikel 22 Absatz 2). Der erste Bericht betraf den Zeitraum 2010–2014.
Dieser Bericht bezieht sich auf den Zeitraum 2015–2021. Mit dem verlängerten Betrachtungszeitraum werden die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Sektor der Organspende und ‑transplantation berücksichtigt. Der Bericht beruht auf den Antworten der für Organspenden und ‑transplantationen zuständigen Behörden aus 24 Mitgliedstaaten, die (während des Zeitraums von Februar bis April 2022) mittels eines strukturierten Fragebogens in EUSURVEY erfasst wurden. Im Mittelpunkt des Berichts stehen die seit 2015 bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eingetretenen Veränderungen, die Spender- und Empfängerregister, die eingerichtet wurden, die Biovigilanzverfahren und die Reaktionen auf die COVID-19-Pandemie. Die Antworten des Vereinigten Königreichs im Hinblick auf Nordirland werden in eigenen Absätzen zusammengefasst.
Wie in diesem Bericht im Einzelnen ausgeführt wird, ergab die Analyse der Antworten der Mitgliedstaaten, dass sie keine Schwierigkeiten mit der Durchführung der Richtlinie hatten und dass der derzeitige Rechtsrahmen ein hohes Sicherheits- und Qualitätsniveau auf dem Gebiet der Organspenden und ‑transplantationen sicherstellt. Mit der COVID-19-Pandemie entstanden jedoch neue Herausforderungen und die Mitgliedstaaten reagierten schnell, um die Sicherheit von Transplantationen sicherzustellen, indem sie auf nationaler Ebene aktualisierte Protokolle und die vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bereitgestellten Leitlinien befolgten.
2.Benennung und Pflichten der zuständigen Behörden
Laut Artikel 17 der Richtlinie benennen die Mitgliedstaaten eine oder mehrere zuständige Behörden (oder delegiere Stellen), damit diese eine Reihe von Maßnahmen treffen, unter anderem die Aktualisierung eines Systems für Qualität und Sicherheit, die Zulassung und Kontrolle von Bereitstellungsorganisationen oder Transplantationszentren, die Erstellung von Leitlinien sowie die Überwachung des Organaustauschs mit anderen Mitgliedstaaten und Drittländern.
a. Seit 2015 eingetretene Veränderungen bei zuständigen Behörden
Seit dem letzten Bericht über die Durchführung der Richtlinie sind in drei Mitgliedstaaten Veränderungen bei den für Organe zuständigen Behörden eingetreten; dies betraf die Gründung einer neuen Behörde, die diese Aufgabe übernahm, (DK, EE) bzw. eine Veränderung im organisatorischen Aufbau der zuständigen Behörde (BG). Darüber hinaus meldeten zwei Mitgliedstaaten, dass ein neues nationales Gesetz für Organe erlassen wurde bzw. in Kraft trat (EE, SI).
b.Teilnahme an Organaustauschen
Alle Mitgliedstaaten meldeten Organaustausche mit anderen Mitgliedstaaten und 20 Mitgliedstaaten gaben an, dass sie am Organaustausch über europäische Organisationen für den Organaustausch (EOEO) wie Scandiatransplant und Eurotransplant teilnähmen und besondere Vereinbarungen bestünden. Neun Mitgliedstaaten berichteten darüber hinaus über Organaustausche mit Drittländern (AT, CY, DK, FR, IE, IT, LT, PL, SE). Ein Mitgliedsstaat (IT) erwähnte zudem die Teilnahme an Programmen für nierengepaarte Spenden zur Transplantation von Lebendspendern.
Sechzehn Mitgliedstaaten (BG, CY, CZ, DE, EE, EL, ES, FR, HR, IE, IT, LT, LV, PL, SI, SK) gaben an, dass sie vor allem bei Kindern (14), seltener transplantierten Organen (9) oder Fällen von ABO-Blutgruppenunverträglichkeit (8) an einer Steigerung des Organaustausches mit anderen Mitgliedstaaten interessiert wären. Einige Mitgliedstaaten äußerten Schwierigkeiten im Hinblick auf andere besondere Fälle wie Patienten mit starker Immunabwehr (CY, IT) sowie dringende Fälle, die eine schnelle Reaktion erfordern (PL). Hinsichtlich all dieser besonderen Fälle betrachten die Mitgliedstaaten einen erhöhten Austausch als Chance zur Vergrößerung des Spenderpools, was für Patienten wiederum zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit führen würde, dass ein passender Spender gefunden wird und sie ein Spenderorgan erhalten können. Dies trifft insbesondere auf kleine Mitgliedstaaten und schwer zu transplantierende Patienten sowie Situationen zu, in denen kein nationales Organtransplantationsprogramm besteht. Bei Kindern hängt dies auch mit der geringen Zahl verstorbener pädiatrischer Spender bzw. dem Fehlen von Fachwissen und besonderen Transplantationsprogrammen für Kinder bei einigen Organen zusammen (wobei auch hier ein Zusammenhang mit den geringen Fallzahlen und den Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung eines Programms höchster Qualität besteht) (CZ, HR, SI, SK). Ein Mitgliedsstaat (DK) erklärte, dass eine mögliche Steigerung der Zusammenarbeit wahrscheinlich in erster Linie von der maßgeblichen EOEO organisiert würde.
c.Zusammenarbeit zwischen der zuständigen Behörde/delegierten Stelle für Organspenden und ‑transplantationen und Interessenträgern in angrenzenden Bereichen
Die Mehrheit der Mitgliedstaaten (19) meldete, dass zwischen ihren für Organe zuständigen Behörden/delegierten Stellen und mit benachbarten Fachbereichen befassten Behörden/Interessenträgern eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Intensität bestehe (siehe Tabelle 1).
|
In hohem Maß
|
In gewissem Maß
|
Gelegentlich
|
Nie
|
Entfällt
|
Blut
|
2
|
5
|
4
|
2
|
6
|
Gewebe und Zellen
|
6
|
4*
|
3
|
-
|
7
|
Arzneimittel
|
-
|
3
|
8
|
3
|
5
|
Medizinprodukte
|
-
|
2
|
6
|
6
|
5
|
Sonstige
|
1
|
3
|
3
|
5
|
6
|
* Anmerkung: In Spanien ist die für Organe zuständige Behörde auch die zuständige Behörde für Gewebe und Zellen und arbeitet mit der zuständigen Fachbehörde für assistierte menschliche Reproduktion zusammen.
Tabelle 1: Bestehende Kooperationen zwischen den zuständigen Behörden/delegierten Stellen der Mitgliedstaaten und mit benachbarten Fachbereichen befassten Behörden und Interessenträgern.
|
|
Im Bereich „Gewebe und Zellen“ finden häufiger Kooperationen mit Behörden/Interessenträgern statt als im Bereich „Blut“. Interaktionen mit Behörden/Interessenträgern aus den Sektoren Arzneimittel oder Medizinprodukte sind nur gelegentlich anzutreffen. Einige Mitgliedstaaten erwähnten, dass Kooperationen mit verschiedenen medizinischen Instituten (DE, IT, SI), Krankenhäusern (LV), medizinischen Einrichtungen (EE, SE), Gesundheitsministerien (DE, IT) und anderen Stellen (BG) bestehen.
Die vorherrschenden Themen dieser Kooperationen sind Vigilanz (14), Rückverfolgbarkeit (11) und Spenderschutz (10), aber auch die Akkreditierung von Transplantationszenten, der Aufbau und die Führung von Registern mit Bezug zur Transplantationsmedizin oder Gewebespenden und Gewebebanken (PL). Ein anderer Mitgliedsstaat (SI) hob das Thema der Förderung von Spenden auf der Basis grundlegender ethischer Prinzipien, des Altruismus und eines gemeinnützigen Ansatzes hervor und betonte, dass die Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden wichtig sei, damit Transparenz gewährleistet werden könne.
Sieben Mitgliedstaaten (EL, ES, FR, IE, IT, LV, SI) brachten ihr Interesse an einer verstärkten Zusammenarbeit mit Behörden/Interessenträgern aus benachbarten Fachbereichen insbesondere in Bezug auf schwierige Organtransplantationsfälle (z. B. Kinder), die Harmonisierung von Verfahren, den Spenderschutz und freiwillige unbezahlte Spenden sowie Bildungsprogramme und Kommunikationsinitiativen zum Ausdruck.
d.Nordirland
Die für Nordirland zuständigen Behörden meldeten keine seit 2015 eingetretenen Veränderungen. Nordirland hat eine Vereinbarung mit einer EOEO geschlossen und beteiligt sich an Organaustauschen mit EU-Mitgliedstaaten sowie Drittländern. Nordirland erklärte, dass aufgrund des UK Living Kidney Sharing Scheme, an dem es teilnehme, Möglichkeiten zur Erhöhung von Lebendspenden bestünden. Ferner besteht Interesse an einer künftigen Zusammenarbeit mit Irland.
Hinsichtlich der Kooperationen mit anderen Behörden und Interessenträgern berichtete Nordirland über umfassende Kooperationen mit Behörden in den Sektoren Gewebe und Zellen sowie Arzneimittel, während es in gewissem Umfang auch zu Kooperationen mit Behörden in den Bereichen Blut und Medizinprodukte kam. In diesen Kooperationen ging es überwiegend um Vigilanz, Rückverfolgbarkeit und Spenderschutz.
3.Nachsorge für Spender und Empfänger
a.Register für Lebendspender
Register für Lebendspender bestehen in den meisten Mitgliedstaaten (22), Litauen und Schweden führen solche Register jedoch nicht. Seit dem letzten Bericht haben Österreich und Ungarn ein Register für die Nachsorge von Lebendspendern eingerichtet, während Estland jetzt die Datenbank von Scandiatransplant nutzt. In Deutschland wird derzeit ein nationales Transplantationsregister entwickelt (in dem sowohl verstorbene als auch Lebendspender erfasst werden und das zusätzlich zum bereits bestehenden Register für Lebendspenden von Lebern und Nieren und für Qualitätssicherung erstellt wird).
Hinsichtlich ihrer Merkmale und der Organisationen, bei denen sie angesiedelt sind, unterscheiden sich die Register von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Werden Daten auf der Ebene der Krankenhäuser aufbewahrt, übermitteln diese die Daten auch an die nationalen Register. In Spanien kann es einen Zwischenschritt geben, bei dem die Daten in ein regionales Register hochgeladen werden, bevor das Hochladen in das nationale Register erfolgt. Die nationalen Register sind entweder bei Krankenhäusern/Transplantationszentren (CY, IE, FI, SI), zuständigen nationalen Behörden (AT, CZ, ES, FR, HU, PL), nationalen Transplantationsorganisationen (LV, NL, SK), Gesundheitsministerien (IT, PL), nationalen Einrichtungen (DE) oder Registern angesiedelt, die von EOEO wie Scandiatransplant (DK, EE) und Eurotransplant (BE) geführt werden. Die meisten Register werden durch IT-Tools als Datenbanken (CZ, IE, HR, PL, PT) und/oder Excel-Tabellen (BG, CY, CZ, LV) geführt. Ein Mitgliedstaat berichtete, das mit einer Dokumentation im Papierformat gearbeitet werde (SI).
Die Nachsorgeintervalle für Lebendspender sind in den Mitgliedstaaten unterschiedlich lang. In Österreich erhält das Bereitstellungszentrum automatische Erinnerungen mit der Aufforderung, die nächste Nachsorgeuntersuchung bei dem betreffenden Lebendspender durchzuführen und die Daten einzugeben. Dänemark meldete, dass es bei der Eingabe von Nachsorgedaten zu Verzögerungen komme. Einige Mitgliedstaaten gaben an, dass das Führen eines Registers für Lebendspender zu Verbesserungen in ihrer langfristigen Nachsorge führte (AT, ES, FR), die auch die Festlegung standardisierter Untersuchungszeiten für die Spender (AT) oder Regeln für ihre psychologische und/oder psychiatrische Nachsorge (PT) einschlossen.
Die Mehrzahl der Register der Mitgliedstaaten (17) enthält Daten zu 100 % der Lebendspender, während Italien 94 % und die Niederlande 67 % melden und in drei weiteren Mitgliedstaaten (BE, BG, DE) keine Zahlen zur Verfügung stehen (siehe Abbildung 1). In den Registern von neun Mitgliedstaaten werden die Nachsorgedaten von Lebendspendern vollständig aufgezeichnet (siehe Abbildung 2). In sieben weiteren Mitgliedstaaten (DK, ES, IT, NL, PL, PT, SK) liegen die Prozentsätze der Spender, deren Nachsorgedaten in den Registern erfasst werden, zwischen 50 und 98 %. Sechs Mitgliedstaaten übermittelten diese Daten nicht (AT, BE, BG, DE, FR, HU), einer von ihnen unterstrich jedoch, dass er plane, 2022 die Vollständigkeit der Nachsorgedaten zu berechnen (AT).
b. Register für Organempfänger
Register für Organempfänger werden mit Ausnahme dreier Staaten (Österreich, Belgien und Schweden, wobei in Österreich und Belgien Nachsorgeregister für Lebendspender bestehen) von allen Mitgliedstaaten geführt. Die Hälfte der Mitgliedstaaten hatte bereits Register für Organempfänger eingeführt, bevor die Richtlinie angenommen wurde. Fünf Mitgliedstaaten (EE, HU, LV (für Lebern), PT, SI) richteten ihre Empfängerregister nach 2015 ein, während in Deutschland derzeit ein nationales Transplantationsregister (das sowohl Organspender als auch ‑empfänger umfasst) entwickelt wird. Die meisten Register für Organempfänger sind ähnlich aufgebaut wie die Register für Lebendspender.
Die Register enthalten überwiegend Daten über Patienten, denen eine Niere (21), Leber (18) oder andere Organe wie Herz (12) Bauchspeicheldrüse (11), Lunge (10), Darm (4) sowie Sonstige (siehe Abbildung 3) transplantiert wurde. Zwei Mitgliedstaaten meldeten, dass in ihre Register sämtliche Organempfänger aufgenommen würden (FI, FR).
Die meisten Register von Mitgliedstaaten (17) enthalten Daten für alle Empfänger, die im letzten Jahr, für das vollständige Daten vorliegen, ein Organ empfingen (siehe Abbildung 4), während Litauen eine Erfassung von ca. 22 % der Empfänger, die Niederlande eine Bandbreite von 87–96 % und Italien 99,5 % der Organempfänger meldeten. In den Registern von vierzehn Mitgliedstaaten werden die Nachsorgedaten für Organempfänger vollständig erfasst (siehe Abbildung 5). In fünf Mitgliedstaaten (DK, FR, IT, NL, SK) beträgt die Erfassung mehr als 50 %, wobei sie je nach betrachtetem Organ unterschiedlich ausfallen kann, und zwei Mitgliedstaaten (BG, DE) übermittelten diese Daten nicht.
c.Nordirland
Nordirland verfügt über Register für Organlebendspender (mit der Anforderung der zuständigen Behörde, alle Lebendspender innerhalb einer bestimmten Frist zu melden) und für Empfänger, die beide bei einer delegierten Stelle (NHSBT) angesiedelt sind. Im Hinblick auf Lebendspender hat Nordirland 2015 begonnen, die Programme für gepaarte/gepoolte und altruistische Spender zu erweitern und die Erfassung zusätzlicher Angaben auf dem Gebiet dieser Transplantate eingeleitet. Im Register für Organempfänger sind Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Darm erfasst. Beide Register umfassen 100 % der Lebendspender und Empfänger sowie sämtliche Daten zur unmittelbar nach dem Eingriff erfolgenden Nachsorge (während Daten für die Nachsorge nach einem Jahr noch nicht fällig waren).
4.Biovigilanz
Artikel 11 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten für ein System zur Meldung, Untersuchung, Registrierung und Übermittlung von Informationen über schwerwiegende Zwischenfälle und unerwünschte Reaktionen sorgen.
a.Meldesysteme für Informationen über schwerwiegende Zwischenfälle und unerwünschte Reaktionen (Serious Adverse Events and Reactions, SARE)
In der Mehrheit der Mitgliedstaaten gibt es besondere Verfahrensanweisungen für die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen (SARE) bei den zuständigen Behörden und den betroffenen Bereitstellungsorganisationen oder Transplantationszentren sowie für die Meldung von Maßnahmen gegen SARE an die zuständige Behörde. Drei Mitgliedstaaten (DK, EE, FR) berichteten über seit 2015 vorgenommene Änderungen an ihren Meldesystemen, während ein weiterer Mitgliedstaat (IE) berichtete, dass er sich mitten in der Überarbeitung seines derzeitigen Biovigilanzsystems zur weiteren Angleichung an die neuesten Leitlinien und bewährten Verfahren befinde.
Was die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen betrifft, so verweisen einige Mitgliedstaaten auf eine digitale Plattform auf nationaler Ebene (FR, PT, LV), andere nennen veröffentlichte Formblätter (BG) oder ein schriftliches Verfahren (NL).
Die meisten Systeme arbeiten auf nationaler Ebene mit dem Austausch von Meldungen zwischen den Krankenhäusern oder Transplantationszentren auf der einen Seite, in denen die SARE (einschließlich einer Einstufung nach Schwere und Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens) beschrieben werden, sowie Sofortmaßnahmen ergriffen und gemeldet werden, und der nationalen Organisation für Transplantate (DE, PL, SK) oder den zuständigen nationalen Behörden (BG, EE, ES, FI, FR, HR, SI) auf der anderen Seite. In Italien, Spanien und der Tschechischen Republik besteht darüber hinaus ein Meldesystem auf regionaler Ebene.
Die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen erfolgt in Bezug auf Mitgliedstaaten, die an Scandiatransplant (DK, EE, FI, LT) und Eurotransplant (AT, BE, DE, HR, HU, NL, SI) beteiligt sind, über die EOEO oder in enger Zusammenarbeit mit ihr. Im Hinblick auf Organe, die mit anderen Mitgliedstaaten ausgetauscht werden, lösen die EOEO Warnmeldungen aus und berichten den Zentren und zuständigen Behörden. Sämtliche Transplantationszentren im Einzugsgebiet von Scandiatransplant stehen im dauernden, unmittelbaren Kontakt miteinander. Ein Mitgliedstaat (BE) gab an, dass jede von Eurotransplant gemeldete SARE in einer nationalen Arbeitsgruppe erörtert werde.
Während die Sofortmaßnahmen von den Transplantationszentren durchgeführt werden, sind an den nächsten Schritten üblicherweise die zuständigen Behörden beteiligt, die den jeweiligen Fall prüfen und für eine enge Abstimmung mit maßgeblichen medizinischen und sonstigen Akteuren sorgen. Ein Mitgliedstaat (LT) berichtete, dass das Zentrum in einem zweiten Schritt eine Untersuchung durchführe und die zuständige Behörde über die Gründe für die SARE und Schlussfolgerungen unterrichte. Ein anderer Mitgliedstaat (FR) gab an, dass die örtlichen Biovigilanzkoordinatoren (in den Zentren) Jahresberichte mit einer Zusammenfassung der in ihren jeweiligen Einrichtungen eingeführten Abhilfemaßnahme vorlegen müssten.
Die zuständigen Behörden sind an der Koordination der Vigilanzorganisation, der Entwicklung von Tools, der Registrierung, Untersuchung und Weiterverfolgung aller SARE, der zeitnahen Übermittlung von Informationen über SARE an betroffene Zentren einschließlich möglicherweise betroffener Gewebeeinrichtungen (siehe Buchstabe b), der Vorbereitung von Abhilfe- und/oder Präventionsmaßnahmen sowie der Veröffentlichung jährlicher Vigilanzberichte beteiligt.
In einigen Mitgliedstaaten (ES, PL, IE, IT) ist ferner ein Expertengremium mit der Überprüfung der Fälle und gegebenenfalls Entscheidungen über Abhilfemaßnahmen befasst. Das Gremium kann auch Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des aktuellen Vigilanzsystems vorschlagen. Im Zuge amtlicher Kontrollen werden auch die Verfahrensanweisungen für Meldungen regelmäßig geprüft (FI).
Darüber hinaus veranstalten die zuständigen Behörden Vigilanzschulungen für die Biovigilanzkoordinatoren (FR). Einige zuständige Behörden berichteten auch über die Veröffentlichung von Leitlinien zur Unterstützung der örtlichen Biovigilanzkoordinatoren bei ihren Aufgaben (FR) oder von Leitlinien für die Meldung von SARE durch Entnahmekrankenhäuser, Labors/Pathologien und Transplantationszentren (DE).
b.Querverbindung zwischen dem Meldesystem für Organtransplantationen und dem für die Transplantation von Geweben und Zellen eingerichteten Meldesystem
In Mitgliedstaaten, in denen die für Organe zuständige Behörde auch für Gewebe und Zellen zuständig ist (BG, EE, ES, FI, FR, IT, LT, LV, PL, SI), werden bei der Meldung eines Falls potenziell betroffene Empfänger von Gewebe oder Zellen oder Gewebeeinrichtungen ebenso wie Organtransplantationszentren ermittelt und benachrichtigt. In Bezug auf SARE bei Organen oder Gewebe und Zellen werden dieselben Tools bzw. Systeme für die Biovigilanz eingesetzt (EE, FI, FR, SI); ein anderer Mitgliedstaat (IT) berichtete über die Entwicklung eines Fließdiagramms zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Unterrichtung zwischen verschiedenen beteiligten Akteuren.
In einem weiteren Mitgliedstaat (DE) wurde ein spezielles System eingeführt, um für Fälle, in denen ein Spender sowohl Organe als auch Gewebe oder Zellen spendete, eine zuverlässige Verknüpfung zwischen der Organbereitstellungsorganisation und den verschiedenen Gewebebanken zu ermöglichen. Ein Mitgliedstaat (IE) erwähnte die Existenz einer Vereinbarung zwischen diesen beiden Aufgabenbereichen, die weiterentwickelt werden soll.
In einigen Mitgliedstaaten gibt es keine automatische Verbindung zwischen den beiden Systemen und die maßgeblichen Informationen werden per E-Mail oder Telefon übermittelt (DK), zwischen den zuständigen delegierten Stellen ausgetauscht (AT) oder den Gewebeeinrichtungen direkt von der zuständigen Behörde (HU) oder der delegierten Stelle für Organe (SK) mitgeteilt. In anderen Fällen werden die maßgeblichen Informationen direkt zwischen den Transplantationszentren und den Gewebeeinrichtungen weitergegeben (BE). Sechs Mitgliedstaaten (CY, CZ, EL, HR, NL, PT) meldeten, dass es bei ihnen keine Querverbindung zwischen dem Meldesystem für Organtransplantationen und dem für die Transplantation von Geweben und Zellen eingerichteten Meldesystem gebe.
c.Verfahren für die Kontaktaufnahme zwischen den zuständigen Behörden bei SARE, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen können
Viele Mitgliedstaaten verlassen sich auf die Kommunikationskanäle der EOEO, denen sie angehören, beispielsweise Eurotransplant (AT, BE, DE, HR, HU, NL, SI) und Scandiatransplant (DK, EE, FI), und merken an, dass ein direkter Kontakt seitens der zuständigen Behörde zu anderen Behörden nur selten erforderlich sei, da die EOEO für derartige Fälle über bewährte Verfahren zur Warnung von Transplantationszentren verfügten (DK).
In anderen Fällen (CY, EL, ES, IE, IT, LT, PL, PT, SK) findet die Kommunikation zwischen den zuständigen Stellen direkt über Telefon oder E-Mail statt. Anmerkung: diese Informationen sind in der Kontaktliste auf einer dafür vorgesehen Webseite zu finden.
Zwei Mitgliedstaaten (BG, LV) gaben an, dass SARE in Fällen, in denen andere Mitgliedstaaten betroffen sind, über das Schnellwarnsystem für menschliche Gewebe und Zellen (Rapid Alert System for Human Tissues and Cells, RATC) gemeldet würden, und ein anderer erwähnte, dass ein System wie das RATC ein nützliches Instrument für den Informationsaustausch über Warnmeldungen und die Vigilanz betreffende Ereignisse zwischen zuständigen Behörden sein könnte (FR).
Ein Mitgliedstaat (PT) verwies darüber hinaus auf besondere bilaterale Verträge über den Organaustausch, in denen Verfahren für die Meldung von SARE (im Einklang mit den Anforderungen der Durchführungsrichtlinie 2012/25/EU) festgelegt sind.
Ein Mitgliedstaat erklärte, dass er über kein besonderes Verfahren für Vigilanzinformationen, die mit zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten ausgetauscht werden müssen, verfüge, weil die meisten Organe im eigenen Land entnommen und transplantiert würden (FR); falls es aber erforderlich sei, würde die zuständige Behörde mit den entsprechenden Behörden in dem betreffenden Land direkt Kontakt aufnehmen (wie es während der COVID-19-Pandemie der Fall war).
Mitgliedstaaten werden bei in einem anderen Mitgliedstaat gemeldeten SARE, die sie betreffen könnten, in einem symmetrischen Verfahren kontaktiert.
d.Nordirland
In Nordirland wurden Verfahrensanweisungen für die Meldung von SARE und deren Handhabung eingeführt. SARE werden der delegierten Stelle gemeldet, die sie anschließend der zuständigen Behörde meldet. Zur Sicherstellung der Qualität und guten Lenkung des Verfahrens werden regelmäßige Zusammenkünfte veranstaltet. Zwischen dem Meldesystem für Organtransplantationen und dem Meldesystem für die Transplantation von Geweben und Zellen besteht eine Querverbindung (einige Beschäftigte arbeiten außerdem in mehreren der für die Vigilanz in Bezug auf Organe bzw. Gewebe und Zellen zuständigen Teams und sind so in der Lage, relevante Fälle miteinander zu verknüpfen). Bei SARE, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen, sorgt die delegierte Stelle im Einklang mit Artikel 4 der Durchführungsrichtlinie 2012/25/EU für die Übermittlung der maßgeblichen Informationen.
5.Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Organtransplantationssektor
In einer
Erklärung vom Juni 2020
(auf Englisch) wiesen nationale Behörden, die in der EU für Organspenden und ‑transplantationen zuständig sind, auf eine Reihe von Erfordernissen hin, die auf einzelstaatlicher und EU-Ebene bestehen und die Förderung der Erholung von den nachteiligen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die Vorbereitung des Sektors auf mögliche künftige Ausbrüche betreffen.
a.Getroffene Maßnahmen und Herausforderungen
Beinahe alle Mitgliedstaaten (außer FR und SE) passten ihre nationalen Verfahren für Organspenden und ‑transplantationen in Reaktion auf die Pandemie entsprechend an (siehe Abbildung 6). Die am häufigsten angewendete Maßnahme betraf harmonisierte Sicherheits- und Qualitätsprotokolle auf der Grundlage von Leitlinien wie denen des ECDC (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten). In Reaktion auf die Pandemie trafen viele Mitgliedstaaten darüber hinaus Maßnahmen zur Erleichterung der Logistik unter Einschluss von Maßnahmen, die für den grenzüberschreitenden Austausch von Organen und für Reisen erforderlich waren; ferner trafen sie Maßnahmen zur Stärkung der Leistungsfähigkeit und Kompetenz von Fachkräften in der Intensivpflege, Spenderkoordinatoren, Transplantationsfachkräften, Organbereitstellungsorganisationen bzw. nationalen/internationalen Organisationen für Transplantate. Darüber hinaus trafen einige von ihnen Maßnahmen zur Unterstützung der Einführung von Organkonservierungstechnologien sowie zur Förderung der Forschung über die Auswirkungen übertragbarer Krankheiten auf Transplantationen. Sechs Mitgliedstaaten führten digitale Lösungen für die EU-weite Datenerhebung und das Monitoring von Transplantationsergebnissen sowie die Vigilanz ein. Zwei Mitgliedstaaten (ES, IT) richteten besondere Datenerhebungsplattformen für das Monitoring der Auswirkungen von COVID-19 auf dem Gebiet der Transplantationen ein.
Ein Mitgliedstaat (FI) wies darauf hin, dass die Protokolle auf der ersten Pandemiewelle basieren, als keine COVID-19-positiven Spender für Organspenden eingesetzt wurden und positive Empfänger nur bei vitalen Indikationen operiert wurden. Andererseits berichteten Spanien und Italien über regelmäßige Aktualisierungen der Sicherheitsprotokolle und Empfehlungen auf der Grundlage der Entwicklung der Pandemie; dies galt auch für Protokolle für die Impfung transplantierter Patienten. Italien gab ferner ein nationales Protokoll für den Einsatz COVID-19-positiver Spender heraus. In Frankreich sprach eine Expertengruppe Empfehlungen für die Testung von Spendern zur Vermeidung einer Übertragung von COVID-19 auf Empfänger aus, in denen die Art der Organe (lebenswichtig gegenüber nicht lebenswichtig) berücksichtigt wurde.
In Italien wurden auch Webinare für Patienten/Transplantatempfänger veranstaltet. Ein Mitgliedstaat (PL) berichtete, dass er die rechtlichen Verfahren im Zusammenhang mit der Akkreditierung von Transplantationszentren an Onlineformen angepasst habe.
Ein Mitgliedstaat (DK) wies darauf hin, dass Länder im Einzugsgebiet von Scandiatransplant zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Pandemie gründliche Tests auf COVID-19 durchführen konnten und die damit verbundenen Probleme berücksichtigten. Bei diesem Mitgliedstaat liefen die Transplantationstätigkeiten weitgehend wie üblich weiter, ohne dass ein Rückgang bei diesen Tätigkeiten eintrat. Ein anderer Mitgliedstaat (SE) meldete während der gesamten Pandemie keine negativen Auswirkungen, wobei im Jahr 2021 eine Rekordzahl an Transplantationen durchgeführt wurde.
Nichtsdestoweniger schuf die Pandemie andere neue Herausforderungen für die zuständigen Behörden, beispielsweise Probleme bei der Organisation der Gesundheitsversorgungssysteme (Intensivpflegekapazitäten, Verfügbarkeit von Operationssälen, erschöpftes Personal) (von CY, DE, ES, HR, IE, IT, SK gemeldet) oder die inhomogene Ausbreitung der Pandemie (in unterschiedlichen Regionen desselben Landes), die Einfluss auf Transplantationsprogramme hatte (IT). Auch die sich rasch ändernden Maßnahmen und Situationen stellten für mehrere Mitgliedstaaten (AT, BE, DE, FR, IE, NL, PT, SI) eine Herausforderung mit Information- und Koordinationsbedarf (zur Festlegung aktualisierter Verfahren) dar, die eine ständige Anpassung an neue Protokolle erforderte. Ein Mitgliedstaat (SI) berichtete, dass zwischen den Eurotransplant-Mitgliedern zahlreiche Gespräche erforderlich waren und eine ständige Arbeitsgruppe zur Beobachtung der neuesten Entwicklungen und erforderlichenfalls Anpassung der politischen Maßnahmen und Verfahren eingerichtet werden musste. Ein anderer Mitgliedstaat (AT) hob außerdem die Herausforderungen bei der Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch mit den nationalen Krisenmanagementsystemen hervor. Die Mitgliedstaaten berichteten über den Mangel an wissenschaftlichen Informationen zu Beginn der Pandemie (ES, FI) und die Furcht vor einer Übertragung der Krankheit auf Transplantationspatienten (ES). Eine Herausforderung habe auch das Testen potenzieller Spender und die rechtzeitige Einholung von Laborergebnissen dargestellt (CZ, FR, HU); zudem habe das Screening von Spendern und Empfängern viel Zeit gekostet (EL, LV). Weitere Herausforderungen hingen mit der Einrichtung COVID-19-freier Passagen in den Krankenhäusern (FR, IT, LV), dem Mangel an Spendern (BG, CY, FR) sowie Schwierigkeiten beim internationalen Organaustausch (SI), unter anderem in Bezug auf internationale Beförderungslogistik (EE) zusammen.
Zahlreiche Mitgliedstaaten stimmen darin überein, dass die während der Pandemie getroffenen Maßnahmen (gemäß Darstellung in Abbildung 6) weiterhin erforderlich und für ihre Länder relevant seien (DE, EE, EL, ES, IE, IT, LT, SI), während andere nur einzelne Maßnahmen, insbesondere die Notwendigkeit harmonisierter Sicherheits- und Qualitätsprotokolle auf der Grundlage von Leitlinien wie denen des ECDC (BE, CY, EL, HR, PL), Kapazitäten und Kompetenzen der beteiligten Fachkräfte (BG, CY, CZ, PT, SK) und die Umsetzung von Organkonservierungstechnologien (BG, CY, EL, HU, SK), betonten. Auch der grenzüberschreitende Organaustausch, der Austausch bewährter Verfahren und die Harmonisierung von Kriterien und Verfahren wurde von einigen Mitgliedstaaten (AT, NL, LV) genannt. Zwei Mitgliedstaaten gaben an, dass sie häufigere Aktualisierungen der Empfehlungen des ECDC für das Testen und die Rückstellung von Spendern begrüßen würden (EE, SE).
Zwei Mitgliedstaaten (DK, FR) merkten an, dass keine besonderen weiteren Maßnahmen erforderlich seien.
b. Prioritäten zur Abmilderung der nachteiligen Auswirkungen von COVID-19 auf den Organsektor und zur langfristigen Stärkung dieses Sektors
Die Mitgliedstaaten nannten zwei Bereiche, die Vorrang erhalten sollten: i) die Stärkung der Kapazitäten von Intensivpflegediensten sowie der am Management, der Bereitstellung und der Transplantation von Organen beteiligten Fachkräfte (BG, ES, IE, IT, NL, PT, SI, SK); ii) die Entwicklung von Leitlinien auf EU-Ebene (auch im Hinblick auf COVID-19-positive Spender und Empfänger) zur stärkeren Harmonisierung unter den Mitgliedstaaten sowie im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Austausch (BE, BG, CY, EE, EL, FI, IE, LT, LV). Darüber hinaus würden Sicherheitsprotokolle und Notfallpläne sicherstellen, dass die Transplantationstätigkeiten im Fall einer neuen Pandemiewelle nicht nachließen (HR, IT). Die Zusammenarbeit wissenschaftlicher Experten, unter anderem auch auf dem Gebiet der umfassenden Datenerhebung, wurde ebenfalls als Hilfe zur Beschleunigung der Entwicklung evidenzbasierter Ansätze erwähnt (DE, FI, PT). Ein Mitgliedstaat (ES) schlug vor, einen Raum vorzusehen, in dem schnell Empfehlungen mit den zuständigen nationalen Behörden ausgetauscht werden können und in dem sie nationale Empfehlungen für Anmerkungen oder Vorschläge zur gemeinsamen Nutzung bereitstellen können. Auch die Einführung digitaler Lösungen für die Datenerhebung und das Monitoring von Transplantationsergebnissen sowie die Vigilanz wurde genannt (BG, EL). Einige Mitgliedstaaten wiesen auch auf folgende Erfordernisse hin: i) die Entwicklung und Pflege eines Informationsnetzes mit grenzübergreifenden Partnern (AT), ii) die Einführung von Instrumenten der Telemedizin zur Sicherstellung der Fernnachsorge von Patienten (IT), iii) Forschung (beispielsweise zum Ausschluss oder Nachweis organspezifischer SARS-CoV-2-Übertragungen, damit Organtransplantationen auf einen Höchststand gebracht werden können, dabei aber Qualität und Sicherheit gewahrt werden) (HU). Und schließlich wurden das Erfordernis einer Sensibilisierung von Entscheidungsträgern (AT), die Unterstützung für eine Zweckbindung von Spende- und Transplantationsdiensten in Mitgliedstaaten (IE), die enge Zusammenarbeit mit regionalen Transplantationszentren (CZ) und die Lösung logistischer Probleme bei der Beförderung zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten (BG) genannt.
Den Mitgliedstaaten zufolge sind Maßnahmen auf EU-Ebene am besten geeignet, einige dieser Prioritäten anzugehen, insbesondere die Ausarbeitung von Empfehlungen und Leitlinien. Eine Koordination auf Ebene der EU wird auch für den Austausch auf nationaler Ebene gesammelter Erfahrungen und bewährter Verfahren als günstig angesehen, einschließlich der Harmonisierung von Maßnahmen zur Testung von Spendern, die Erleichterung der Logistik innerhalb der EU, die Intensivierung des Organaustausches (mit gleichen Bedingungen für den grenzüberschreitenden Austausch), die Vergrößerung des Spenderpools sowie für die Forschung und den Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse, der durch Plattformen für Massendaten verbessert werden kann.
Ein Mitgliedstaat (DE) wies auf die Notwendigkeit einer größeren Autonomie auf EU-Ebene hin, damit die Verfügbarkeit benötigter Ressourcen (Perfusionsflüssigkeiten, Medizinprodukte (Tests)) sichergestellt und Engpässe vermieden werden könnten. Dieser Staat schlug auch europäische Strategien zur Bewältigung der extremen Belastung für das Pflegepersonal vor, während ein anderer die Notwendigkeit finanzieller Unterstützung für die Ausbildung erwähnte (SI).
c. Nordirland
Die Behörden Nordirlands berichteten, dass sie während der Pandemie Maßnahmen getroffen hätten (alle in Abbildung 6 dargestellt) und dass sie die politischen Maßnahmen im Zuge der Weiterentwicklung von Wissen und Erfahrung auch weiterhin unter klinischen Gesichtspunkten überarbeiten würden. Die Behörden wiesen darauf hin, dass zur Gewährleistung eines sicheren grenzüberschreitenden Organaustausches ein kohärentes Screening-Programm in allen Mitgliedstaaten sowie der Austausch von Informationen über die Art der durchgeführten Tests erforderlich sei. Als Herausforderung führten sie die Kapazitäten von Intensivstationen und Transplantationsstationen sowie den Zugang zu Intensivbetten für Organempfänger an. Der Austausch über politische Maßnahmen, veränderte Verfahren und von Daten mit anderen Mitgliedstaaten wird auf lange Sicht als Priorität für die Abmilderung der Auswirkungen der Pandemie betrachtet.
6.Sonstige Anmerkungen
a.Schwierigkeiten bei der Durchführung oder Auslegung der Richtlinie
Nur zwei Mitgliedstaaten (AT, IE) berichteten von Schwierigkeiten bei der Durchführung der Richtlinie im Zusammenhang mit einer komplexen Koordinierung unter Einbeziehung verschiedener Interessenträger oder der Zusammenarbeit und Konsolidierung verschiedener Sektoren sowie einer Lernphase bei gleichzeitiger Einführung des Qualitätsrahmens.
Ein Mitgliedstaat (AT) nannte Herausforderungen bei der Auslegung der Richtlinie und wies darauf hin, dass eindeutige Begriffsbestimmungen und eine Aufsicht erforderlich seien. Ein Mitgliedstaat (HU) meldete, dass er über strengere Vorschriften als die in der Richtlinie festgelegten verfüge, die unter anderem eine jährliche Bewertung seines nationalen Organspende- und Organtransplantationsprogramms (öffentlich zugänglich) vorsehen. Darüber hinaus bestehe auf der Ebene der Krankenhäuser ein Qualitätssicherungsprogramm für Organspenden, sämtliche verworfenen Organe würden in das nationale Organspenderegister aufgenommen und in der Bereitstellungs- und Transplantationsphase gebe es Qualitätsberichte über die Organe.
b.Relevanz der vorgeschlagenen Überarbeitung der Rechtsvorschriften zu Blut, Gewebe und Zellen für den Organsektor
Verschiedene Mitgliedstaaten (DK, EE, ES, FI, FR, HR, IE, LV, NL, SI) nahmen Stellung zu den engen Verbindungen zwischen dem Rechtsrahmen für Organe und dem für Gewebe und Zellen (da verstorbene Organspender mitunter auch Gewebespender sind) und den Verbindungen, die in geringerem Umfang mit dem Rechtsrahmen für Blut bestehen, da im Hinblick auf uneigennützige Spenden für alle die gleichen Grundsätze gelten würden. Grundsätze und Standards in Bezug auf Sicherheit und Qualität (einschließlich der Harmonisierung von Präventionsmaßnahmen hinsichtlich der Übertragung von Pathogenen), den Schutz von Lebendspendern, die Nichtkommerzialisierung des menschlichen Körpers, die Rückverfolgbarkeit und Biovigilanz sowie die Stärkung der Rolle wissenschaftlicher Expertengremien bei der Ausarbeitung von Leitlinien und dem Austausch von Wissen wurden sowohl für den Sektor Organe als auch für den Sektor Blut, Zellen und Gewebe als relevant genannt.
Eine deutlichere Verknüpfung zwischen den Rechtsvorschriften für Gewebe und Zellen und denen für Organe, beispielsweise im Hinblick auf schwerwiegende Zwischenfälle und unerwünschte Reaktionen (SARE) wäre begrüßenswert (DK). Nach Ansicht eines anderen Mitgliedstaates (SI) erfordern Transparenz, Rückverfolgbarkeit, Qualität und Sicherheit von Organen, Geweben und Zellen die gleichen Grundsätze und sollten unter eine Rechtsvorschrift fallen. Andere Mitgliedstaaten betonten darüber hinaus die Notwendigkeit, Kommunikationskanäle für den Informationsfluss zwischen den Sektoren aufzubauen. Für einen anderen Mitgliedstaat (IE) schließlich könnte die Überarbeitung der Rechtsvorschriften für Blut, Gewebe und Zellen zur Freisetzung von Ressourcen für Schulungsprogramme für Mitarbeiter und Teams in Schlüsselpositionen führen.
7. Schlussfolgerungen
Insgesamt gesehen hatten die Mitgliedstaaten im Zeitraum 2015–2021 keine Schwierigkeiten bei der Durchführung und Auslegung der Richtlinie und der derzeitige Rechtsrahmen gewährleistet Sicherheit und Qualität auf dem Gebiet der Organspende und ‑transplantation. Mit der COVID-19-Pandemie entstanden jedoch neue, zusätzliche Herausforderungen für die Mitgliedstaaten, die zeitnah reagierten, um die Sicherheit von Transplantationen zu gewährleisten, indem sie auf nationaler Ebene aktualisierte Protokolle und die vom ECDC bereitgestellten Leitlinien befolgten. Die Koordination auf EU-Ebene und insbesondere die aktualisierten Leitlinien des ECDC wurden während der Krise als wesentliche Elemente betrachtet. Nach wie vor sind Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie und ihrer langfristigen Auswirkungen sowie zur Vorsorge für den Fall einer weiteren Krise erforderlich.
Insgesamt wird die Harmonisierung der Verfahren in der EU hoch geschätzt, da sie auch den grenzüberschreitenden Organaustausch erleichtern kann. Die Mitgliedstaaten erkennen den Nutzen eines grenzüberschreitenden Austausches für die Erweiterung der Spenderpools und die Überwindung von Organdefiziten auf nationaler Ebene sowie die Bewältigung von Herausforderungen wie schwer zu transplantierenden Patienten.
Vigilanz, Rückverfolgbarkeit und Spenderschutz sind die häufigsten Themen für die Zusammenarbeit mit Behörden und Interessenträgern in benachbarten Fachbereichen, wobei die Interaktion mit dem Sektor Gewebe und Zellen die höchste Relevanz hat.
Die Mitgliedstaaten haben beim Aufbau ihrer eigenen Register für Lebendspender und Empfänger Fortschritte erzielt oder stützen sich hinsichtlich dieser Aufgabe auf EOEO. Die von den EOEO bereitgestellten Kommunikationskanäle erbringen bei SARE, die auch andere Mitgliedstaaten betreffen, einen Mehrwert.