EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52016AE3406

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Europäische Normen für das 21. Jahrhundert“ (COM(2016) 358 final)

OJ C 34, 2.2.2017, p. 86–92 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

2.2.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 34/86


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Europäische Normen für das 21. Jahrhundert“

(COM(2016) 358 final)

(2017/C 034/13)

Berichterstatter:

Antonello PEZZINI

Befassung

Kommission, 17.8.2016

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

(COM(2016) 358 final)

Zuständige Fachgruppe

Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Annahme in der Fachgruppe

4.10.2016

Verabschiedung auf der Plenartagung

20.10.2016

Plenartagung Nr.

520

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

147/0/2

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Eine neue Vision für die Gestaltung eines europäischen Normungssystems (ESS), das sich an das im kontinuierlichen Wandel begriffene internationale Umfeld anpassen und für Unternehmen, Verbraucher, Beschäftigte und Umwelt zunehmend Vorteile bringen kann, ist nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) unverzichtbar.

1.2.

Als „Haus der Zivilgesellschaft“ misst der EWSA der Verbesserung der Transparenz und Teilhabe im ESS besondere Bedeutung bei und fordert für sich eine proaktive Rolle bei der strategischen Ausrichtung, der Umsetzung und Verbreitung der Rechtsvorschriften sowie der Förderung einer Normungskultur.

1.3.

Der EWSA unterstreicht, dass die strategische Rolle der technischen Normung gestärkt werden muss, um Folgendes zu gewährleisten:

die Qualität, Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Waren und Dienstleistungen;

ein immer höheres Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Umweltschutzniveau;

ein höheres Maß an Innovation für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

1.4.

Der EWSA begrüßt, dass die Gemeinsame Normungsinitiative (GNI) mit den öffentlichen und privaten Partnern des ESS eingeleitet wurde, um einen gemeinsamen Ansatz für die Festlegung der Prioritäten und die Entwicklung gemeinsamer Maßnahmen zur Modernisierung und Vereinfachung der Normung zu ermitteln.

1.5.

Der EWSA ist jedoch höchst besorgt angesichts der wenigen konkreten Angaben zur Umsetzung sowie der knappen dafür vorgesehenen Finanzmittel, wo diese doch für die Umsetzung einer innovativen gemeinsamen Vision in konkrete Modernisierungsstrategien und -maßnahmen von entscheidender Bedeutung sind.

1.6.

In diesem Zusammenhang empfiehlt der EWSA, die öffentlich-private Partnerschaft der GNI (1) strukturell und finanziell in die gemeinsamen Technologieinitiativen im Rahmen von „Horizont 2020“ (2) einzubetten, um:

die Verwirklichung genau definierter technisch-normativer Zielsetzungen im Industrie- und Dienstleistungssektor und im Konsumbereich zu gewährleisten;

die Finanz- und Humanressourcen und das Know-how stärker und besser auf gemeinsame Prioritäten zu konzentrieren.

1.7.

Der EWSA unterstützt die Kommission bei der Schaffung eines integrierten und strukturierten Systems, um zu einer gemeinsamen Strategie für die Verringerung der Fragmentierung der Normen und ihrer Planungssysteme zu gelangen.

1.8.

Der EWSA befürwortet daher ein besseres Governance-System für die Normungsstrategie, das der Konvergenz der Technologien und der Digitalisierung der Unternehmen und Dienstleistungen wie auch den zunehmenden neuen sozialen und ökologischen Kompetenzen Rechnung trägt und das die Arbeit des derzeitigen technischen Ausschusses für Normen unterstützen kann.

1.9.

Beim interinstitutionellen europäischen Dialog über die Normung muss allen interessierten Vertretungsorganisationen eine privilegierte Rolle eingeräumt werden. Innerhalb der EU-Institutionen sollten ständige Arbeitsgruppen für die Bewertung und Orientierung eingerichtet werden, und zwar in erster Linie im Ausschuss der Regionen (AdR) und im EWSA — angesichts ihres in Artikel 114 AEUV verankerten Rechts auf obligatorische Befassung.

1.10.

Der EWSA hält es für notwendig, im Rahmen des ESS und in den zuständigen Generaldirektionen der Kommission die Kapazitäten für die koordinierte Nutzung des Instruments der technischen Normung zu stärken, das für die einzelnen Sektoren und insbesondere für den Dienstleistungssektor wichtig ist.

1.11.

Nach Auffassung des EWSA ist es von vorrangiger Bedeutung, durch die Einleitung und Unterstützung einer wirkungsvollen europäischen Sensibilisierungskampagne die Entwicklung einer echten europäischen Normungskultur auf den Weg zu bringen — von der allgemeinen Grundbildung bis hin zu den politischen Entscheidungsträgern und den Verhandlungsführern bei internationalen Übereinkünften.

1.12.

Der EWSA betont, dass eine wirklich innovative europäische Normungspolitik in erster Linie den Grundsätzen der Kundenzufriedenheit auf Seiten der Bürger, der Unternehmen und der Arbeitnehmer entsprechen muss; dabei muss mit einem ausgewogenen und flexiblen Ansatz zwischen Normung und Kreativität ein hohes Maß an Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit sowie an neuer Beschäftigung und internationaler Wettbewerbsfähigkeit erzielt werden (3).

2.   Das System der technischen Normung angesichts der Herausforderungen auf europäischer und globaler Ebene

2.1.

Die technische Normung ist für das Funktionieren des Binnenmarktes und die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Produkten und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung, denn sie ist ein strategisches Instrument, um die Qualität, Leistungsfähigkeit und Sicherheit von Waren und Dienstleistungen, die Interoperabilität von Netzen und Systemen, ein hohes Schutzniveau für Unternehmen; Arbeitnehmer, Verbraucher und Umwelt sowie ein höheres Maß an Innovation und sozialer Inklusion zu gewährleisten.

2.2.

Vor dem Hintergrund der neuen technologischen Entwicklungen, der politischen Prioritäten und der globalen Trends insbesondere im Dienstleistungsbereich und bei der IT-Revolution ist es notwendig, das europäische Normungssystem (ESS) zu überarbeiten. Ziel dabei ist es, seine zahlreichen Vorzüge zu bewahren, seine Mängel zu beheben, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen europäischer und nationaler Dimension sowie zwischen Freiheit der Innovation, Kreativität und technisch-normativer Interoperabilität anzustreben und — ganz allgemein — den neuen Erfordernissen und Erwartungen der Unternehmen, Verbraucher, Arbeitnehmer sowie der europäischen Gesellschaft insgesamt Rechnung zu tragen.

2.3.

Als „Haus der Zivilgesellschaft“ misst der EWSA der Verbesserung der Transparenz und Teilhabe im ESS besondere Bedeutung bei und fordert eine immer proaktivere Rolle bei der strategischen Ausrichtung, der Umsetzung und Verbreitung der Rechtsvorschriften sowie der Förderung einer Normungskultur als Grundlage für den Erfolg der Unternehmen und der künftigen Generationen.

2.4.

Der EWSA hat stets die Auffassung vertreten dass „ein rasches, wirksames und partizipatives europäisches Normungsverfahren nicht nur ein tragendes Element der Architektur des Binnenmarktes darstellt, der im Mittelpunkt der europäischen Integration und der ihrer Verwirklichung dienenden Strategie Europa 2020 steht, sondern auch und vor allem eine Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und ein Motor für die Innovation ist“ (4). Deshalb sind klare und transparente Vorschriften für den Schutz der Verbraucher und Unternehmen wie auch der Umwelt und der Gesellschaft erforderlich.

2.5.

Die wichtigsten allgemeinen Ziele des ESS bestehen darin, den Beitrag der Normen und des europäischen Normungsverfahren zum freien Waren- und Dienstleistungsverkehr im Binnenmarkt zu steigern, um Wachstum und Innovation zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen, insbesondere der KMU, zu stärken, wobei zugleich ein hohes Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Umweltschutzniveau zu gewährleisten ist. Zu diesem Zweck sollen umfassendere, aber zügige integrative und transparente Ausarbeitungsverfahren sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene auf der Grundlage anerkannter Kriterien zur Anwendung kommen, wie sie z. B. im WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse und in der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 vorgesehen sind.

2.6.

Der EWSA hat unlängst unterstrichen, dass „die europäische Normung […] durch den Beitrag aller Sozialpartner und Interessenträger immer mehr zur Ergänzung und Bereicherung der in den Volkswirtschaften der Welt ablaufenden Prozesse beitragen [muss]“ und es als wünschenswert bezeichnet, dass „die europäische Standardisierungskultur bei den globalen Prozessen der Normensetzung präsenter und gewichtiger wird“ (5), u. a. durch die Sensibilisierung für Kommunikation, leichte Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit.

2.6.1.

Darüber hinaus gilt es, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Normung und Kreativität (6) zu wahren, indem es auch dem Handwerk und den kleinen Unternehmen ermöglicht wird, ihre Meinung frei zu äußern und Produkte und Dienstleistungen im Rahmen der durch die Vorschriften vorgegebenen Grenzen auszugestalten.

2.7.

Die europäische Normung spielt für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes für Produkte und Dienstleistungen zwangsweise eine Schlüsselrolle, indem auf EU-Ebene nationale Vorschriften schrittweise harmonisiert werden, die vielfach technische Hemmnisse für den Zugang zu den nationalen Märkten und im innereuropäischen Handel und Austausch verursachen können.

2.8.

Mit der Konvergenz der Technologien und der Digitalisierung der Gesellschaft, der Unternehmen und der öffentlichen Dienstleistungen verringert sich allmählich die traditionelle Trennung zwischen allgemeiner Normung und IKT-Normung, wie dies auch in einer anderen Stellungnahme (7) des EWSA verdeutlicht wird; daher ist ein kohärenter Ansatz der Kommission bei der Planung und Festlegung der Normungsprioritäten erforderlich.

2.9.

Angesichts der von verschiedenen wirtschaftlichen und industriellen Akteuren in der EU zum Ausdruck gebrachten Präferenzen bezüglich internationaler ISO/IEC-Normen ist die Stärkung des ESS von größter Bedeutung, um internationale Normen im Einklang mit einer raschen und wirksamen europäischen Normung zu gewährleisten, bei der alle betroffenen Interessenträger einbezogen werden, insbesondere die Vertretung der Kleinunternehmen, Verbraucher und anderen Interessenträger.

2.10.

Durch eine verstärkte Entwicklung freiwilliger europäischer Dienstleistungsnormen könnten Wachstum und Beschäftigung mithilfe einer vermehrten grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen und einer stärkeren Integration der Märkte gefördert werden; dies würde es ermöglichen, das Potenzial dieses Sektors für die europäische Wirtschaft unter Wahrung und Einhaltung der örtlichen Arbeits- und Lebensbedingungen voll auszuschöpfen; ferner würde dies zur Beseitigung der Hindernisse beitragen, die sich aus der Anwendung nationaler Zertifizierungssysteme ergeben.

2.11.

Als Reaktion auf die sich rasch verändernden technologischen Zyklen, die größere Komplexität und Interaktion in den industriellen Systemen und die zunehmend verwischten Grenzen zwischen Produkten, Dienstleistungen und IKT hat die Europäische Kommission eine gemeinsame Normungsinitiative der öffentlichen und privaten Partnern des ESS — wie vom EWSA gefordert — auf den Weg gebracht. Sie hat dazu eine einvernehmliche gemeinsame Vision und ein gemeinsames Vorgehen mit Schwerpunkt auf einer Reihe von Initiativen definiert, die auf die Modernisierung, Priorisierung, Beschleunigung und Vereinfachung der Festlegung von Normen bis Ende 2019 abzielen, und zwar durch:

Sensibilisierung für das europäische Normungssystem und dessen Funktionsweise sowie relevante Weiterbildung;

Rechtzeitigkeit, Qualität sowie Abstimmung der Normungsprioritäten und -pläne mit dem FuE-Rahmen;

Koordinierung, Zusammenarbeit, Transparenz und Integration auch kleiner Vertretungsorganisationen;

aktive und transparente Einbeziehung aller maßgeblichen Interessenträger;

Wettbewerbsfähigkeit und internationale Dimension, einschließlich Entwicklung gemeinsamer Normungsmodelle.

3.   Vorschläge der Europäischen Kommission

3.1.

In der Mitteilung der Kommission wird eine Vision dargelegt, die durch ein Normungspaket flankiert wird, das eine Reihe von Zielen für die Modernisierung des Europäischen Normungssystems (ESS) enthält:

Gemeinsame Normungsinitiative — GNI: eine innovative Partnerschaft zwischen europäischen und nationalen Normungsorganisationen, Industrie und Berufsverbänden, KMU, Verbraucherorganisationen, Gewerkschaften, Umweltorganisationen, Mitgliedstaaten, Europäischer Freihandelsassoziation (EFTA) und Europäischer Kommission mit dem Ziel, konkrete Maßnahmen zur Beschleunigung und Straffung der technischen Normungstätigkeit zu entwickeln;

Technische europäische Dienstleistungsnormen: Leitlinien für die Förderung der Entwicklung freiwilliger europäischer Normen im Dienstleistungssektor, den Abbau der aus nationalen Normen und Zertifizierungssystemen resultierenden Hindernisse sowie die Verbesserung der Informationen für die Dienstleister;

Strukturierter interinstitutioneller Dialog zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament, Rat, EWSA und AdR: ein System für jährliche Berichterstattung und Feedback bezüglich der Umsetzung der EU-Normungspolitik;

Vorlage jährlicher Arbeitsprogramme: die jährlichen Prioritäten des ESS sind im Arbeitsprogramm für 2017 festgelegt.

3.2.

Die Europäische Kommission sieht insbesondere für den Dienstleistungssektor folgende Maßnahmen vor:

Analyse derjenigen Bereiche, in den Kollisionen oder Überschneidungen zwischen nationalen Normen auftreten;

Verständigung auf Kriterien für die Festlegung der Prioritäten für europäische Dienstleistungsnormen;

gezielte Überprüfung zur Erhebung von Informationen über die bestehenden nationalen Vorschriften und Verfahrensweisen für Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit Normen und Zertifizierungen;

Aufforderung an das CEN, jährlich eine Liste derjenigen Bereiche vorzulegen, in denen potenzielle Kollisionen oder Überschneidungen zwischen den nationalen Dienstleistungsnormen oder potenzielle Lücken bei der Entwicklung von Normen auftreten können;

Berücksichtigung der europäischen Dimension, bevor die Entwicklung einer nationalen Norm auf den Weg gebracht wird;

Empfehlung an die Mitgliedstaaten, die Anwendung europäischer Dienstleistungsnormen zu prüfen.

3.2.1.

Die Kommission schlägt ferner vor, die Verfügbarkeit von Informationen über die harmonisierten europäischen Normen durch einen besseren Zugang zu dem in der Binnenmarktstrategie vorgeschlagenen zentralen digitalen Zugangstor zu fördern.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1.

Der EWSA stimmt erneut (8) der Dringlichkeit einer wirksamen und effizienten Modernisierung des europäischen Normungssystems zu, über die seit mehr als fünf Jahren diskutiert wird. Er hält eine neue gemeinsame Vision und konkrete Maßnahmen für unverzichtbar, um — stets auf freiwilliger Basis — auf die globalen Herausforderungen im Bereich der Normung mit einer innovativen, konsensbasierten Zusammenarbeit für die rechtzeitige Entwicklung von Normen in einem sich rasch wandelnden technologischen Umfeld zu reagieren.

4.2.

Der EWSA hält es für erforderlich, das Normungsverfahren von der Forschungs- und Entwicklungsphase an mit prä- und konormativen Maßnahmen einzuleiten und die Mechanismen für die Übertragung europäischer Normen auf die internationale Ebene mit der Unterstützung der Industrie und der Vertretungsorganisationen der KMU, der Verbraucher, der Sozialpartner, der Umweltschutzverbände und der einschlägigen Akteure der Zivilgesellschaft zu stärken.

4.3.

Damit die im GNI-Dokument aufgeführten Maßnahmen zur Modernisierung des ESS auf nationaler und internationaler Ebene wirksam und effizient sein können, muss nach Ansicht des EWSA folgenden Aspekten Priorität eingeräumt werden:

Abstimmung der Systeme für die Planung, Ausarbeitung und Überwachung der verschiedenen europäischen Referenzrahmen durch verstärkte Koordinierung untereinander;

Gewährleistung eines aufgestockten mehrjährigen Finanzrahmens für die europäischen Normungsgremien, um die vorgesehenen Maßnahmen konkret umzusetzen (9);

finanzielle und organisatorische Unterstützung für eine integrative Beteiligung derjenigen Organisationen und Vertretungsorgane, die weniger einflussreich und schlechter ausgestattet sind, mit Maßnahmen für die Entwicklung technischer Normen und in den Bereichen „Sensibilisierung und Weiterbildung“ und „europäische“ Integration sowie bei der „internationalen Dimension“.

4.3.1.

Der EWSA empfiehlt in diesem Zusammenhang die Schaffung einer öffentlich-privaten Partnerschaftsinitiative im Rahmen der gemeinsamen Technologieinitiativen (GTI) von „Horizont 2020“ auf der Grundlage des in der Gemeinsamen Normungsinitiative aufgezeigten Verfahrens mit einer angemessenen Mittelausstattung und einem strukturierten System für die Festlegung von Strategien und Prioritäten.

4.4.

Der EWSA ist auch besorgt über das Fehlen einer starken und innovativen Architektur zur Abstimmung der Prioritäten sowohl auf Ebene der einzelnen Politikbereiche der EU und der verschiedenen für die Umsetzung zuständigen Generaldirektionen als auch auf Ebene der Programmplanungsinstrumente, die über den Ausschuss für Normen und die gleichwohl löblichen Initiativen GNI und strukturierter Dialog hinausgehen würde.

4.4.1.

Nach Ansicht des EWSA muss daher zur Flankierung der Arbeit des derzeitigen technischen Ausschusses für Normung ein neues Governance-Gremium geschaffen werden, das mit der Ausarbeitung und Überwachung von Handlungsstrategien im Normungsbereich betraut wird, bei denen alle Aspekte der Standardisierung — von wissenschaftlichen und technologischen bis hin zu sozialen und ökologischen Aspekten — erfasst werden.

4.4.2.

Der EWSA ist der Auffassung, dass angesichts der nachdrücklichen Forderungen des Rates vom März 2015 mit einem Vorgehen nach dem Motto „business as usual“ nicht wirksam auf die dringende Notwendigkeit reagiert werden kann, das ESS endlich erheblich zu modernisieren und aufzuwerten. Der strukturierte interinstitutionelle europäische Dialog über die Normung sollte gewährleisten, dass den Vertretungsorganisationen eine privilegierte proaktive Rolle eingeräumt wird, insbesondere dem AdR und dem EWSA aufgrund der letzterem mit Artikel 114 AEUV übertragenen Befugnisse hinsichtlich einer obligatorischen Anhörung.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1.

Schnelligkeit und Rechtzeitigkeit technischer europäischer Normen. Hinsichtlich der Anwendung einer Patentlösung zur Verringerung des Zeitaufwands und der Mängel bei der Überwachung der Verfahren treffen unterschiedliche Interessen in Bezug auf die Schnelligkeit und die Schwierigkeiten aufeinander. Rechtzeitigkeit ist weiterhin wichtiger als Schnelligkeit, wenn letztere eine Konsensbildung in Frage stellen könnte.

5.2.

Unterstützung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen. Überwindung der Hindernisse für die Beteiligung der KMU an den Verfahren zur Ausarbeitung/Anwendung von Normen sowie Stärkung der Verbindungen zwischen Normung, Innovation und Forschungsprojekten, auch mittels Maßnahmen zum Kapazitätenaufbau für Kleinunternehmen.

5.3.

Unterstützung für die Rechtsvorschriften und die Politiken der EU. Es ist ein wachsender Bedarf an Normen zur Unterstützung der Rechtsvorschriften und der Politiken der EU zur Erreichung der geforderten Standards festzustellen; die Kapazitäten für die interkommunikative Koordinierung zwischen den verschiedenen Akteuren und Interessenträgern müssen gesteigert werden.

5.4.

Ausbau der Kapazitäten zur Antizipierung. Es ist eine Steigerung der Kapazitäten erforderlich, um rechtzeitig auf den Antizipierungsbedarf bei der Festlegung der europäischen Normungsverfahren reagieren zu können, u. a. um die eventuellen Risiken einer Schwächung der umfassenden Wirksamkeit des ESS aufgrund nationaler Normen zu mindern.

5.5.

Integration: Die Vertretungskapazitäten zivilgesellschaftlicher Akteure und kleinerer Organisationen müssen mithilfe von Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau verbessert werden. Der EWSA hat bereits zuvor betont, wie wichtig es ist, „den KMU und den gesellschaftlichen Akteuren sowie ihren Vertretern auf nationaler Ebene den Zugang zum Normungsverfahren zu erleichtern“ und „dass die Maßnahmen der wesentlichen Normungsakteure gründlich begleitet werden, um die Dimension der Integration des europäischen Normungssystems zu stärken“ (10). Es muss sichergestellt werden, dass den in Anhang III genannten Organisationen ein besonderer Status als Mitglieder/Partner mit klaren Rechten und Pflichten insbesondere im Hinblick auf das Recht auf Stellungnahme zuerkannt wird.

5.6.

Unterstützung für die europäischen Normen auf globaler Ebene. Die Einflussmöglichkeiten wie auch die Kapazitäten für Präsenz, Fachkompetenz und Kohärenz müssen insbesondere für Kleinunternehmen, Verbraucher und ökologische Interessen vor allem im Rahmen von ISO/IEC/ITU sowie in multilateralen Foren und Freihandelsabkommen gestärkt werden.

5.7.

Governance. Hier gilt es:

ineffiziente Governance- und Koordinierungsstrukturen neu zu gestalten;

die interoperativen Kommunikationsnetze der Kommission für das Normungsverfahren zu verbessern;

die Arbeitsmethoden mithilfe von transparenten und integrativen Planungsstrukturen der öffentlich-privaten Partnerschaft und Mechanismen des interaktiven Dialogs zu harmonisieren.

5.8.

Mehrjährige finanzielle Unterstützung. Ein mehrjähriger Finanzrahmen ist unverzichtbar — nicht nur für die prä- und konormative Forschung (11), für Maßnahmen in den Bereichen Wissenschaft und Gesellschaft und Sozial- und Geisteswissenschaften sowie für die Herausbildung und Verbreitung eines entsprechenden Bewusstseins und einer Normungskultur, sondern auch für die Unterstützung von Strategien und konkreten Pilotmaßnahmen zur Normung — in Zukunftssektoren unter Nutzung der Kofinanzierung im allgemeinen und regulatorischen Rahmen von „Horizont 2020“.

5.9.

Lösungen und Strategien für die Zukunft. Notwendigkeit der Abschätzung der Auswirkungen künftiger internationaler Normen auf den europäischen Markt sowie sektorspezifische und sektorübergreifende prospektive Analysen. Es müssen regelmäßige Bewertungen und Follow-ups der effektiven Anwendung der ergriffenen Maßnahmen durchgeführt werden, unter Beteiligung eigens hierfür vorgesehener Gremien in den Institutionen wie beispielsweise eine ständige Gruppe für Normung im EWSA und ähnliche Einrichtungen innerhalb des AdR und des Europäischen Parlaments.

5.10.

Normung als Instrument der EU-Politik. Für sämtliche Politikfelder EU müssen im Rahmen des ESS und in den zuständigen Generaldirektionen der Kommission die Kapazitäten für die Aktivierung und koordinierte Verwendung des Instruments der für die einzelnen Sektoren relevanten technischen Normung gestärkt werden.

5.11.

Strukturierter interinstitutioneller Dialog. Dieses Instrument muss nach Auffassung des EWSA voll interaktiv und proaktiv gestaltet werden, wobei auf die Tätigkeiten ständiger Gruppen innerhalb der EU-Institutionen zurückgegriffen werden sollte; von Beginn der Programmplanung an sollten der AdR und der EWSA daran beteiligt werden, insbesondere aufgrund der Befugnisse, die letzterem mit dem AEUV (12) in Bezug auf den Binnenmarkt übertragen wurden. Darunter fällt auch die Normung.

Brüssel, den 20. Oktober 2016

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

George DASSIS


(1)  Gemeinsame Normungsinitiative.

(2)  Siehe beispielsweise die öffentlich-öffentliche Partnerschaft in der Metrologieforschung.

(3)  Siehe Stellungnahme TEN/593 — IKT-Normung für den digitalen Binnenmarkt (ABl. C 487 vom 28.12.2016, S. 92).

(4)  ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 69.

(5)  ABl. C 177 vom 18.5.2016, S. 1.

(6)  Siehe Fußnote 3.

(7)  Siehe Fußnote 5.

(8)  Siehe Fußnote 4.

(9)  Siehe Anhang 1 zur GNI im Rahmen der Binnenmarktstrategie, Amsterdam, 13.6.2016.

(10)  „Arbeitsprogramm 2016 europäische Normung“, ABl. C 303 vom 19.8.2016, S. 81.

(11)  Siehe Metrologie-Programm EMPIR 2014-2020.

(12)  Siehe insbesondere Art. 114 AEUV.


Top