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Document 52013DC0271
REPORT FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT, THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS 2012 Report on the Application of the EU Charter of Fundamental Rights
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bericht 2012 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bericht 2012 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
/* COM/2013/0271 final */
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bericht 2012 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union /* COM/2013/0271 final */
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE
PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN
AUSSCHUSS DER REGIONEN Bericht 2012 über die Anwendung der Charta
der Grundrechte der Europäischen Union 1. Einleitung Die Kommission kündigte in ihrer Mitteilung
über die Strategie zur wirksamen Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die
Europäische Union (im Folgenden „die Charta“) an, sie werde jährlich über die
konkreten Maßnahmen zu deren Umsetzung berichten.[1] Damit erfüllt die Kommission die
schon länger insbesondere vom Europäischen Parlament geäußerten legitimen
Erwartungen, die Grundrechte in den Mittelpunkt der EU-Politik zu rücken.[2] Für eine systematische
Umsetzung der Charta ist nicht nur eine rigorose rechtliche Prüfung nötig,
sondern auch eine politische Überprüfung der Auswirkungen aller EU-Initiativen
auf die Grundrechte. Der vorliegende Jahresbericht dient als
Grundlage für den erforderlichen Dialog zwischen allen EU-Organen und
Mitgliedstaaten über die Umsetzung der Charta. Er ist damit Teil des
politischen Dialogs und der politischen Prüfung, die sicherstellen sollen, dass
die Charta auch weiterhin als Bezugsrahmen für die Einbindung der Grundrechte
in alle EU-Rechtsakte und die Anwendung der EU-Rechtsvorschriften in den
Mitgliedstaaten dient. Der Bericht illustriert auch, wie durch neue
Rechtsetzungsmaßnahmen in Bereichen, in denen die EU handlungsbefugt
ist, und durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im
Folgenden „der Gerichtshof“) eine Grundrechtskultur in der EU geschaffen wird. Da
den nationalen Gerichten eine Schlüsselrolle dabei zukommt, die Einhaltung der
Charta im Bereich der Anwendung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten zu
überprüfen, enthält der Bericht auch erstmals eine Übersicht über die nationale
Rechtsprechung in Bezug auf die Charta. Die dem Bericht beigefügte Arbeitsunterlage
der Kommissionsdienststellen enthält ausführliche Informationen über die
Anwendung der Charta und führt daneben die konkreten Probleme auf, mit denen sich
die Menschen konfrontiert sehen (siehe Anhang I). Die bei der Umsetzung
der Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2010-2015) erzielten
Fortschritte sind in einer gesonderten Arbeitsunterlage der
Kommissionsdienststellen dargelegt (siehe Anhang II). 2. EU-Massnahmen zur Förderung der wirksamen
Umsetzung der Charta Die Charta richtet sich in erster Linie an die
EU-Organe, denen somit die Hauptverantwortung dafür zufällt, die Achtung der
Grundrechte zu gewährleisten, die in der verbindlichen Charta rechtlich
vorgeschrieben ist. Die Strategie der
Kommission zielt darauf ab, dieser rechtsverbindlichen
Charta praktische Wirkung zu verleihen.[3]
Die konkreten Schritte zur Umsetzung der Charta haben dazu geführt, dass bei
der Ausarbeitung neuer Legislativ- und Strategievorschläge durch die Kommission
die Grundrechte automatisch Berücksichtigung finden. Dieses wesentliche Merkmal
prägt den gesamten Entscheidungsprozess der EU-Organe und gilt somit auch für
Änderungen an Kommissionsvorschlägen durch das Europäische Parlament und den
Rat. Alle EU-Rechtsakte unterliegen darüber hinaus der
Prüfung durch den Gerichtshof – ultimativer Garant dafür, dass die Grundrechte bei der Gesetzgebungstätigkeit und
allen anderen Handlungen der EU gewahrt werden. Die Förderung der Grundrechte
zieht sich durch alle EU-Maßnahmen. Das politische Konzept der Kommission, den
Status der Unionsbürgerschaft mit Leben zu erfüllen, ist eine Ergänzung zur
Förderung der Grundrechte in der EU. Die meisten in der
Charta verankerten Grundrechte gelten nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger
der EU, sondern haben auch große Bedeutung für den Schutz aller in der EU
lebenden Menschen, also auch von Nichtunionsbürgern. 2.1. Verbesserter Schutz der
Grundrechte durch EU-Rechtsetzungsmaßnahmen Eine echte
Grundrechtskultur bedeutet nicht nur, für die Übereinstimmung der
Rechtsvorschriften mit der Charta zu sorgen. Die Kommission kann in Bereichen,
in denen die EU handlungsbefugt ist, zudem EU-Bestimmungen vorschlagen, die den
Rechten und Grundsätzen der Charta konkrete Wirkung verleihen. Dies ist wichtig,
um den Bürgerinnen und Bürgern die Ausübung ihrer in der Charta festgelegten
Rechte zu ermöglichen. Um der Charta im
digitalen Zeitalter volle Geltung zu verschaffen, hat die Kommission
eine umfassende Reform der EU-Datenschutzbestimmungen vorgeschlagen.[4] Die historische Erfahrung Europas
hat der gemeinsamen europäischen Auffassung Vorschub geleistet, dass der Schutz
der Privatsphäre ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Würde und der
Freiheit des Einzelnen ist. Die Charta bestätigt daher sowohl das Recht auf Achtung
des Privatlebens (Artikel 7) als auch das Recht auf den Schutz personenbezogener
Daten (Artikel 8). Gemäß Artikel 16 AEUV hat die EU zusätzlich die
Befugnis, harmonisierte EU-Datenschutzvorschriften zu erlassen. Durch die Kommissionsvorschläge werden die in
der Richtlinie aus dem Jahr 1995 verankerten Grundsätze aktualisiert und
modernisiert, damit das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten auch in Zukunft
gewährleistet ist.[5]
Die Reform erlegt all jenen, die mit der Verarbeitung personenbezogener Daten
befasst sind, eine höhere Verantwortung und Rechenschaftspflicht auf und stärkt
die unabhängigen nationalen Datenschutzbehörden. Sie führt ein „Recht auf
Vergessenwerden“ ein, wodurch die Datenschutzrisiken im Internet besser beherrschbar
werden. Durch die Reform werden die allgemeinen Datenschutzgrundsätze und ‑bestimmungen
auf die nationalen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden ausgeweitet. Dabei
wurde darauf geachtet, dass die neuen Regelungen mit allen Grundrechten, die durch
sie berührt sein könnten – etwa die freie Meinungsäußerung –, in einem
ausgewogenen Verhältnis stehen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Aufnahme
besonderer Schutzklauseln für Daten, die rein journalistischen Zwecken dienen,
in den Vorschlag. Im Jahr 2012 hat die Kommission Maßnahmen
eingeleitet, um die Fortschritte auf dem Weg zu einer ausgewogeneren Vertretung
von Frauen und Männern in den Führungsgremien europäischer börsennotierter
Unternehmen zu beschleunigen.[6]
Der Legislativvorschlag der Kommission ist ein Meilenstein der EU-Rechtsetzung
im Bereich der Geschlechtergleichstellung. Er vereint die Pflicht zur
Gleichbehandlung mit der Möglichkeit, durch die Förderung des
unterrepräsentierten Geschlechts positive Maßnahmen zu ergreifen, um eine
faktische Gleichstellung zu erreichen. Börsennotierten Unternehmen wird das Ziel vorgegeben,
bis 2020 (für börsennotierte öffentliche Unternehmen gilt das Jahr 2018) mindestens
40 % der nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder mit
Angehörigen des unterrepräsentierten Geschlechts zu besetzen. Um diese Zielvorgabe
zu erreichen, werden börsennotierte Gesellschaften, in denen weniger als
40 % der nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder auf das
unterrepräsentierte Geschlecht entfallen, angewiesen, die Auswahl neuer
Mitglieder auf der Grundlage eines Vergleichs der Qualifikationen der einzelnen
Kandidaten vorzunehmen. Dies geschieht anhand vorab festgelegter, klarer,
neutral formulierter und eindeutiger Kriterien. Bei gleicher Qualifikation wird
das unterrepräsentierte Geschlecht bevorzugt. Der Schutz der
Verfahrensrechte nimmt für die EU weiter eine vorrangige Stellung ein. Die Richtlinie über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in
Strafverfahren, die am 22. Mai 2012 erlassen wurde, sieht vor, dass inhaftierte
Personen in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Rechte aufgeklärt werden.[7] Zudem gewährleistet die am
25. Oktober 2012 erlassene neue Richtlinie über Mindeststandards für die
Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten EU-weit allen
Opfern die Einräumung diskriminierungsfreier Mindestrechte, unabhängig von
ihrer Nationalität und ihrem Wohnmitgliedstaat.[8]
Die Richtlinie stellt sicher, dass alle Opfer, die mit der Polizei, der
Staatsanwaltschaft und der Justiz in Berührung kommen, als Opfer anerkannt und
respektvoll behandelt werden. Ferner wird ihnen verfahrensrechtlich garantiert,
informiert, unterstützt und geschützt zu werden und aktiv am Strafverfahren
teilnehmen zu können. Die Richtlinie ist auf die Unterstützung und den Schutz
von Opfern konzentriert, die von einer sekundären oder wiederholten
Viktimisierung oder Einschüchterung im Verlauf des Strafverfahrens bedroht sind.
Zu diesen schutzbedürftigen Gruppen zählen Kinder und Opfer von geschlechtsbezogener
Gewalt, von Gewalt in engen Beziehungen, von sexueller Gewalt oder Ausbeutung
und von Hassverbrechen sowie Opfer mit Behinderungen. Den Maßnahmen und Rechtsvorschriften der EU
müssen objektive, verlässliche und vergleichbare Daten über die Achtung
der Grundrechte in der EU zugrunde liegen. Um derartige Daten zu liefern, wurde
die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (im Folgenden „die
Agentur“) gegründet. Die Agentur sollte nach dem Inkrafttreten des Vertrags
von Lissabon Aufgaben in allen die Grundrechte berührenden Zuständigkeitsbereichen
der EU wahrnehmen. Um dies zu erreichen, schlug die Kommission vor, der Agentur
die Möglichkeit zu geben, auf den Gebieten der polizeilichen und justiziellen
Zusammenarbeit in Strafsachen tätig zu werden.[9]
Der Rat verwarf diesen Ansatz und beschloss, diese beiden wichtigen Verantwortungsbereiche
der Union nicht in den Mehrjahresrahmen der Agentur aufzunehmen, der festlegt,
welche Themenbereiche die Agentur im Zeitraum 2013 bis 2017 bearbeiten kann. Zusätzlich
wurde das reibungslose Funktionieren der Agentur durch die verspätete Annahme
des neuen Mehrjahresrahmens gefährdet. Die Agentur war dadurch nicht in der
Lage, ihre Aufgaben unter normalen Bedingungen durchzuführen. Um ihre Arbeit
erledigen zu können, musste sie einen Ad-hoc-Antrag stellen, der Ende 2012 vom
Rat angenommen wurde. Der Rat verabschiedete den neuen Mehrjahresrahmen
schließlich am 11. März 2013, nachdem das Vereinigte Königreich seinen
Parlamentsvorbehalt aufgab.[10] 2.2. Die Grundrechtsdimension im
auswärtigen Handeln der EU Die Charta gilt für alle Maßnahmen der
Europäischen Union, also auch für die Außenbeziehungen. Auf der Grundlage einer gemeinsamen Mitteilung
der Kommission und des Europäischen Auswärtigen Dienstes verabschiedete der Rat
einen strategischen Rahmen und Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie,
um die Wirksamkeit und Konsistenz der EU-Menschenrechtspolitik in den nächsten
Jahren zu verbessern.[11]
Eine der ersten Maßnahmen im Zusammenhang mit dem neuen strategischen Rahmen
und Aktionsplan der EU war die Ernennung von Stavros Lambrinidis zum EU‑Sonderbeauftragten
für Menschenrechte durch den Rat.[12] In einer Rechtssache, in der es um das vom Rat
im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossene Einfrieren
von Vermögenswerten eines Unternehmens und seines Mehrheitseigners ging,
hob der Gerichtshof die ergriffenen Maßnahmen mit der Begründung auf, der Rat
habe weder Informationen noch Beweise vorgelegt. Der Gerichtshof erklärte in
seinem Urteil, der Grundsatz eines wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelfs
(Artikel 47 der Charta) bedeute, dass eine restriktive Maßnahme
betroffenen Unternehmen und betroffenen Personen gegenüber begründet werden müsse.[13] Dies sei notwendig, damit die Adressaten der Maßnahme ihre Rechte
verteidigen könnten und der Gerichtshof die Möglichkeit habe, die Rechtmäßigkeit
der fraglichen Maßnahme zu überprüfen. Eine solche gerichtliche Überprüfung erstrecke
sich auch auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände, die zur Begründung
herangezogen worden seien, und auf die Prüfung der Beweise und Informationen,
auf die sich die erwähnte Beurteilung stütze. Am 4. Juli 2012 wies das Europäische
Parlament den Entwurf für ein Handelsübereinkommen zur Bekämpfung von Produkt-
und Markenpiraterie (ACTA) zurück, mit dem die internationalen Standards
zur Durchsetzung von Rechten am geistigen Eigentum verbessert werden sollten,
um den Handel mit gefälschten und rechtswidrig hergestellten Waren wirksamer zu
bekämpfen. Bei der Ausübung seiner jüngsten Vorrechte im Bereich internationaler
Handelsabkommen stützte sich das Europäische Parlament auf die Charta.[14] Es wies vor allem darauf hin,
dass der Entwurf ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Meinungs- und
Informationsfreiheit einerseits und dem Eigentumsrecht andererseits vorsehen
müsse. Die Kommission, die auf diese Bedenken ebenfalls aufmerksam geworden
war, hatte den Gerichtshof bereits um eine Bewertung dazu gebeten, ob das
ACTA-Abkommen mit der Charta vereinbar sei. Nach der klaren Aussage des
Europäischen Parlaments, dass der Entwurf nicht angenommen werden könne, zog
die Kommission ihr Ersuchen um eine Stellungnahme des Gerichtshofs zurück. 2.3. Vom Gerichtshof vorgenommene Überprüfung
von EU-Rechtsakten im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der Charta Die im Jahr 2012 zur Vereinbarkeit von
EU-Rechtsakten mit der Charta ergangenen Urteile des Gerichtshofs enthielten Empfehlungen
zu der Art auf Weise, wie bei der Gesetzgebungstätigkeit der EU-Organe und allen anderen rechtswirksamen Maßnahmen die Grundrechte zu berücksichtigen sind. Der Gerichtshof betonte, dass der Gesetzgeber
bei allen Beschlüssen zur Übertragung von Befugnissen an den Rat
oder die Kommission die Charta zu beachten habe. Der Gerichtshof erklärte einen
Durchführungsbeschluss des Rates zur Überwachung der
Seeaußengrenzen der EU für nichtig. Zur Begründung wurde angegeben, dass der
Erlass von Vorschriften, die Grenzschutzbeamten Zwangsbefugnisse verleihen,
politische Entscheidungen erfordert, die in die Zuständigkeit des
Unionsgesetzgebers fallen, und sich die Vorschriften in einem Umfang auf die
Freiheit und die Grundrechte der Betroffenen auswirken könnten, der das
Tätigwerden des Unionsgesetzgebers erforderlich macht.[15] Der Gerichtshof prüfte ferner, ob die
EU-Organe bei ihrer Einstellungspolitik tatsächlich das Diskriminierungsverbot
beachten. Die Bekanntmachungen mehrerer allgemeiner Auswahlverfahren zur
Einstellung von Beamten durch die EU-Organe, die in vollem Umfang nur in drei
Amtssprachen veröffentlicht worden waren, wurden für nichtig erklärt.[16] Der Gerichtshof stellte fest, dass ein potenzieller Bewerber, dessen
Muttersprache nicht zu den Sprachen zähle, in der die streitigen
Stellenausschreibungen in vollem Umfang veröffentlicht worden seien, gegenüber
einem muttersprachlichen Bewerber einer der drei Sprachen im Nachteil sei. Der
Nachteil resultiere daraus, dass eine unverhältnismäßige Ungleichbehandlung
aufgrund der Sprache vorliege, die laut Artikel 21 der Charta verboten
sei. Ferner prüfte der Gerichtshof die Anwendung
des Rechts auf eine gute Verwaltung durch die EU-Organe (Artikel 41
der Charta). Er erklärte die Entscheidung der Kommission für nichtig,
ein im Rahmen einer Ausschreibung zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags eingereichtes
Angebot abzulehnen, da die Entscheidung nicht ausreichend begründet worden sei.[17] Der Gerichtshof stellte insofern eine Verbindung zwischen Artikel 41
(gute Verwaltung) und Artikel 47 (Zugang zu den Gerichten) der Charta her,
als die Verwaltung Gründe für die Ablehnung angeben müsse, damit die Betroffenen
eine Entscheidung darüber treffen könnten, ob sie gerichtlich gegen die Kommissionsentscheidung
vorgehen wollten. Mehrere in den letzten Jahren ergangene
Urteile des Gerichtshofs haben zu Änderungen im EU-Recht geführt. Ein Beispiel dafür ist die Berücksichtigung der Rechtsprechung
des Gerichtshofs bei den Verhandlungen zwischen dem Europäischen
Parlament, dem Rat und der Kommission über die neue „Dublin-Verordnung“ zu den Bedingungen
für die Überstellung von Asylbewerbern in der EU.[18] Nach den neuen Vorschriften dürfen
Asylbewerber nicht in einen Mitgliedstaat zurückgeschickt werden, in dem die ernste
Gefahr droht, dass ihre Grundrechte missachtet werden. Die Zuständigkeit für den
schnellen Zugang zu einem Asylverfahren sollte stattdessen von einem anderen
Mitgliedstaat wahrgenommen werden. Die Kommission orientierte sich bei der
Erstellung ihres geänderten Vorschlags über die Veröffentlichung der Empfänger
von EU-Agrarbeihilfen ebenfalls an der Rechtsprechung des Gerichtshofs.[19] Die neu vorgeschlagenen
Bestimmungen basieren auf einer überarbeiteten ausführlichen Begründung, die
auf die Notwendigkeit konzentriert ist, die Vergabe europäischer Agrarbeihilfen
der öffentlichen Kontrolle zu unterziehen, um die finanziellen Interessen der
Union zu schützen. Die Bestimmungen sehen vor, dass Art und Beschreibung der
Maßnahmen, für die Beihilfen vergeben werden, detaillierter auszuführen sind.
Die Namen der Empfänger sollen jedoch erst ab einem bestimmten Mindestbetrag
veröffentlicht werden. Diese Bestimmung geht auf Überlegungen zur
Verhältnismäßigkeit zurück, da dem Ziel der öffentlichen Kontrolle bei Verwendung
öffentlicher Gelder das Recht der Empfänger auf den Schutz ihres Privatlebens allgemein
und ihrer personenbezogenen Daten gegenübersteht. 3. Umsetzung der Charta in den
Mitgliedstaaten Der Schutz der Grundrechte wird in der EU
durch ein zweistufiges System gewährleistet: die nationalen Systeme, die auf
der jeweiligen Verfassung und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der
Mitgliedstaaten wie etwa der Europäischen Menschenrechtskonvention beruhen, und
das auf die Charta gestützte EU-System, das nur für die Tätigkeiten der
EU-Organe gilt oder bei der Umsetzung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten eine
Rolle spielt. Die Charta ist als Ergänzung und nicht als Ersatz der vorhandenen
Systeme zum Schutz der Grundrechte zu sehen. Der Gerichtshof hat die Beschränkungen
hervorgehoben, denen die Anwendung der Charta unterliegt. Er erklärte ein Vorabentscheidungsersuchen eines bulgarischen
Verwaltungsgerichts zum Recht auf Einlegung von Rechtsmitteln gegen die
Verhängung strafrechtlicher Sanktionen für bestimmte Verstöße gegen die
Verkehrsvorschriften für unzulässig und berief sich dabei auf die ständige
Rechtsprechung, derzufolge die Mitgliedstaaten bei der Anwendung des
Unionsrechts die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes beachten müssen.[20] Die Bestimmungen der Charta sind für die
Mitgliedstaaten nur bei Anwendung des EU-Rechts von Bedeutung. Weder die Charta
noch der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verleihen der EU
neue Zuständigkeiten im Bereich der Grundrechte. Falls das fragliche nationale Gesetz
nicht der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften dient oder anderweitig mit dem
EU-Recht in Verbindung steht, hat der Gerichtshof keine Zuständigkeit.[21] Die steigende Zahl von Vorabentscheidungsersuchen, die die
nationalen Gerichte beim Europäischen Gerichtshof beantragen, ist Ausdruck der durch die Charta erzielte Wirkung. Zum Thema
Asyl bestätigte der Gerichtshof beispielsweise, dass bei Einreichung eines
Asylantrags an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dieser Staat
dem Asylbewerber die im EU-Recht vorgesehenen Mindestbedingungen für die
Aufnahme von Asylbewerbern gewähren muss, unabhängig davon, ob er gemäß
EU-Recht für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist oder nicht.[22] Insbesondere die Tatsache,
dass die wesentlichen Grundsätze der Menschenwürde (Artikel 1) und des
Asylrechts (Artikel 18) aufrechterhalten werden müssen, führt dazu, dass
die im EU-Recht[23]
vorgesehene Verpflichtung, Asylbewerbern Unterkunft, Verpflegung, Kleidung und
Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs zu gewähren, und die daraus
resultierende finanzielle Belastung so lange vom ersuchenden Mitgliedstaat zu übernehmen
ist, bis der Asylbewerber an den für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaat
überstellt wurde. 3.1. Von der Kommission ergriffene
Maßnahmen zur Gewährleistung der Achtung der Charta durch die Mitgliedstaaten Die Kommission stellt in ihrer Rolle als
Hüterin der Verträge sicher, dass die Charta eingehalten wird. Sofern befugt, greift
sie bei Verstößen gegen die Charta entschlossen ein. Im Jahr 2012 musste die
Kommission erstmals beim Gerichtshof Vertragsverletzungsverfahren aufgrund der Nichteinhaltung
zentraler Bestimmungen der Charta durch einen Mitgliedstaat anstrengen. In den letzten Jahren wurden in Ungarn
mehrere Gesetze erlassen – einige davon sogenannte Grundlagengesetze, die gemäß
der neuen Verfassung direkt verabschiedet werden –, die große Bedenken im
Hinblick auf die Grundrechte auslösten und auch vom Europarat einer Prüfung
unterzogen wurden. Die Kommission nahm im Einklang mit dem Anwendungsbereich
der Charta (Artikel 51) und ihrer Rolle als Hüterin der Verträge eine rechtliche
Würdigung der Bereiche vor, die mit dem EU-Recht in Verbindung standen. Nachdem
sie Ende 2011 erste Warnschreiben verschickt hatte, beschloss die Kommission am
7. Juni 2012, beim Gerichtshof Klage wegen Vertragsverletzung zu erheben.
Das erste von der Kommission beantragte Vertragsverletzungsverfahren bezog sich
auf Eingriffe in die Unabhängigkeit der ungarischen Datenschutzbehörde. Als Begründung
nannte die Kommission, dass gemäß der Datenschutzrichtlinie von 1995 die „völlige
Unabhängigkeit“ der nationalen Datenschutzbehörden gewährleistet sein müsse, was
in Artikel 16 AEUV und Artikel 8 der Charta ausdrücklich bestätigt
werde. Ein zweites von der Kommission eingeleitetes
Vertragsverletzungsverfahren betraf die Frühverrentung von ungefähr 274
Richtern und Staatsanwälten in Ungarn, die durch die plötzliche Absenkung des
vorgeschriebenen Ruhestandsalters für diese Berufsgruppe von 70 auf 62 Jahre
erzwungen worden war. Die Kommission begründete ihre Maßnahme mit der Richtlinie
2000/78/EG über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, die eine
Diskriminierung am Arbeitsplatz aus Altersgründen untersage. Dies gelte auch für
Entlassungen aus Altersgründen ohne objektiven Grund. Das Verfahren leiste
somit einen Beitrag zur allgemeinen Umsetzung des durch Artikel 21 der
Charta gewährleisteten Verbots der Diskriminierung, etwa aufgrund des Alters.
Das Urteil des Gerichtshofs vom 6. November 2012 bestätigte die Auffassung
der Kommission, dass die Änderung des vorgeschriebenen Ruhestandsalters für
Richter, Staatsanwälte und Notare mit einer nur kurzen Übergangsfrist gegen die
EU-Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung verstößt. Ungarn muss diese
Bestimmungen nun mit dem EU-Recht in Einklang bringen.[24] Die Freiheit und Vielfalt der Medien bot
Anlass zu Erörterungen zwischen der Kommission und den ungarischen Behörden
über das neue Mediengesetz. Dabei ging es um die Pflicht einer ausgewogenen
Berichterstattung und die Bestimmungen über verletzende Inhalte. Die Kommission
einigte sich mit den ungarischen Behörden auch auf die Änderung weiterer
Bestimmungen, die andernfalls als Verstoß gegen die Richtlinie über
audiovisuelle Mediendienste und/oder die Bestimmungen über den freien
Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit angesehen werden könnten. Bezüglich der allgemeinen Unabhängigkeit der
Justiz in Ungarn meldete die Kommission 2012 in mehreren Schreiben Bedenken
insbesondere zu den Befugnissen des Leiters der ungarischen Justizbehörde zur Verlagerung
von Rechtssachen von einem auf ein anderes Gericht und zur Versetzung von
Richtern gegen ihren Willen an. Die Kommission machte deutlich, dass dadurch
die wirksame Anwendung des Unionsrechts in Ungarn behindert und das in
Artikel 47 der Charta den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen garantierte
Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem unabhängigen Gericht in
Rechtssachen, die auf dem Unionsrecht beruhen, ausgehebelt werden könne. Auch
der Europarat (insbesondere die Venedig-Kommission) führte Gespräche mit den ungarischen
Behörden. Die Kommission behält die Angelegenheit weiter streng im Auge, vor
allem um die Einhaltung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu
beobachten. In ähnlicher Weise wandte sich die Kommission direkt,
nachdem sie im August 2012 von Entwicklungen in Frankreich zur Auflösung
von Roma-Siedlungen und zur Rücksendung von Roma in ihr Heimatland erfuhr, schriftlich
an die französischen Behörden, woraufhin Erörterungen stattfanden, in denen die
Fakten dargelegt und der Rechtsrahmen verdeutlicht wurde. Die Lage hat sich in
den vergangenen Jahren stark verändert. Im Anschluss an eine Maßnahme der
Kommission im Jahr 2010, die sicherstellen sollte, dass die Richtlinie über die
Freizügigkeit in allen Mitgliedstaaten angewandt und ein europäischer Rahmen
für nationale Strategien zur Integration der Roma eingeführt wird, änderte
Frankreich seine Rechtsvorschriften, um zu gewährleisten, dass die Richtlinie
über die Freizügigkeit und insbesondere die Verfahrensgarantien im Bereich der
Ausweisung von EU-Bürgern in vollem Umfang eingehalten werden. Außerdem wurde
eine nationale Strategie zur Integration der Roma angenommen. Auf der Grundlage
dieser neuen Strategie kam es unter aktiver Teilnahme Frankreichs zu einer
engeren Kooperation und verstärkten Bemühungen zur Integration der Roma. Im Jahr 2012 leitete die Kommission außerdem
ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta ein mit der Begründung,
dass die EU-Bestimmungen im Bereich der Freizügigkeit nicht ordnungsgemäß
umgesetzt worden seien, insbesondere in Bezug auf das Recht der EU-Bürger,
gleichgeschlechtlichen Ehe- oder eingetragenen Lebenspartnern nach Malta zu
folgen und dort mit ihnen zusammenzuleben. Die maltesischen Gesetze wurden
aufgrund des Vorgehens der Kommission geändert und sind nun mit den
EU-Vorschriften über die Rechte der EU-Bürger zur Freizügigkeit und
Nichtdiskriminierung vereinbar. 3.2. Entwicklungen im Bereich der
nationalen Rechtsprechung hinsichtlich der Anwendung der Charta in den
Mitgliedstaaten Grundlage der Rechtsgemeinschaft,
auf die sich die Union gründet, sind die nationalen Gerichte. Nur wenn die
nationalen Richter ihre Befugnisse voll ausschöpfen, können die Rechte, die den
Bürgern und Bürgerinnen der EU durch das Unionsrecht garantiert sind, wirksam gewährleistet
werden. Den nationalen Verfassungs- und obersten Gerichten kommt eine besondere
Verantwortung für die Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof zu, um die wirksame
Anwendung der Charta sicherzustellen. Von der Vereinigung
der Staatsräte und obersten Verwaltungsgerichte der Europäischen Union
erhobene Daten zeigen, dass in zahlreichen Urteilen der Verwaltungsgerichte in
den EU-Mitgliedstaaten mittlerweile auf die Charta Bezug genommen wird.[25] Die folgenden Bestimmungen der
Charta werden in den Berichten am häufigsten erwähnt: Achtung des Privat- und
Familienlebens (Artikel 7), Freiheit der Meinungsäußerung und
Informationsfreiheit (Artikel 11), Eigentumsrecht (Artikel 17),
Asylrecht (Artikel 18), Verbot von Kollektivausweisungen und
Nichtzurückweisung (Artikel 19), Rechte des Kindes (Artikel 24),
Recht auf gute Verwaltung (Artikel 41), Recht auf einen wirksamen
Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47). Die bislang
häufigsten Verweise auf die Charta betreffen den Bereich Einwanderung und Asyl.[26] Die Analyse der Agentur der
Europäischen Union für Grundrechte von Informationen einiger Mitgliedstaaten zur
Rechtsprechung bezüglich der Charta zeigt aber auch, dass die Charta weit über
diesen Bereich hinaus Auswirkungen zeigt und in ganz verschiedenen Gebieten zum
Tragen kommt, etwa bei den Finanzmarktvorschriften, im Arbeitsrecht, beim
Verbraucherschutz, im Umweltrecht und beim Sorgerecht für Kinder.[27] Die Auswertung der
Gerichtsurteile, die auf die Charta hinweisen, deutet ferner darauf hin, dass
die nationalen Richter die Charta zur Untermauerung ihrer eigenen Argumentation
verwenden, und zwar auch dann, wenn keine direkte Verbindung zum EU-Recht besteht.
Darüber hinaus gibt es Hinweise auf die Einbindung der Charta in die
nationalen Systeme zum Schutz der Grundrechte. Der Österreichische
Verfassungsgerichtshof fällte im Rahmen einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit ein
richtungsweisendes Urteil zur Anwendung der Charta.[28] Er betonte die besondere Rolle
der Charta im EU-Rechtssystem und ihren andersartigen Charakter im Vergleich zu
den Rechten und Grundsätzen, die vom Gerichtshof der Europäischen Union im Lauf
der Zeit entwickelt wurden. Der Verfassungsgerichtshof vertrat die Auffassung,
dass der Charta in den bei ihm angestrengten Verfahren zur gerichtlichen
Überprüfung nationaler Gesetze Rechtskraft zukomme und sich die Menschen daher
auf die Rechte und Grundsätze der Charta berufen könnten, falls sie die
Rechtmäßigkeit heimischer Gesetze anzweifelten. Der Österreichische
Verfassungsgerichtshof stellte zwischen der Aufgabe, die der Charta im
Rechtssystem der EU zukommt, und der Rolle, die der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte gemäß der österreichischen Verfassung spielt, derzufolge er verfassungsrechtliche
Bedeutung hat, große Ähnlichkeiten fest. 4. Beitritt der EU zur Europäischen
Menschenrechtskonvention Gemäß dem Vertrag von Lissabon hat die EU die
klare Verpflichtung, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten. Durch
die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon haben dem alle Mitgliedstaaten
zugestimmt. Die Verhandlungen über das Beitrittsabkommen
kamen in der ersten Jahreshälfte zum Erliegen, da einige Mitgliedstaaten
Zweifel äußerten und Fragen zum Entwurf des im Juni 2011 auf technischer Ebene
erarbeiteten Abkommens stellten. Nachdem im Rat im April 2012 schließlich Einigkeit
erzielt wurde, konnten die Verhandlungen im Juni 2012 im Format
47 + 1 (47 Mitglieder des Europarats sowie die Kommission als
Vertreterin der EU) wiederaufgenommen werden. Parallel dazu wurde an den Kernbestandteilen
der internen Bestimmungen gearbeitet, die die Teilnahme der EU und der
Mitgliedstaaten an Verfahren vor dem Straßburger Gerichtshof in Fällen regeln
soll, in denen das Unionsrecht angezweifelt wird. Die für den Abschluss des Beitrittsabkommens
zur Europäische Menschenrechtskonvention und die zugehörigen Begleitmaßnahmen
erforderliche Einstimmigkeit sollte vor diesem Hintergrund nicht als Ausrede
für ein Hinauszögern des Prozesses benutzt werden, der im EU-Vertrag eindeutig
und verbindlich festgeschrieben ist. 5. Fazit Die Tatsache, dass sich die nationalen
Gerichte in Verfahren, die das EU-Recht betreffen, auf die erst seit drei
Jahren im Primärrecht verankerte Charta berufen, ist als positives Zeichen zu werten.
Die zunehmende Bezugnahme auf die Charta liefert erste Hinweise auf eine
wirksame, dezentralisierte Anwendung der Charta in den nationalen
Verfassungsordnungen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einem kohärenteren
System zum Schutz der Grundrechte, das in allen Mitgliedstaaten bei Umsetzung der
EU-Rechtsvorschriften denselben Rechtsumfang und Schutz gewährleistet. In seiner Rede zur Lage der Union 2012 betonte
Präsident Barroso, dass das Fundament der Union – die Achtung der Grundwerte,
der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie – unablässig geschützt und gestärkt
werden müsse.[29]
Aus diesem Grund fühlt sich die Kommission dazu verpflichtet, mit gutem
Beispiel voranzugehen, um sicherzustellen, dass jeder EU-Rechtsakt mit der
Charta in Einklang steht. Die Kommission ist fest entschlossen, in allen
Fällen, die ihrer Zuständigkeit unterliegen, auch weiterhin entscheidende
Schritte zu unternehmen, um der Charta konkrete Wirkung zu verleihen. Die
Kommission fühlt sich ebenso verpflichtet, falls nötig bei der Umsetzung des
EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten einzuschreiten, um die wirksame Anwendung
der Charta zu gewährleisten, wie etwa im Fall des beim Gerichtshof
angestrengten Verfahrens gegen die Frühverrentung von Richtern und
Staatsanwälten in Ungarn. Die Kommission wird die Entwicklungen beim
Schutz der Grundrechte in der EU und die Rechtsprechung zur Anwendung der
Charta auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten genau im Auge behalten.[30] Sie fordert das Europäische
Parlament und den Ministerrat dazu auf, den vorliegenden Bericht ausführlich zu
erörtern. [1] Am 19.10.2010 angenommene Mitteilung der Kommission
„Strategie zur wirksamen Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die
Europäische Union“, KOM(2010) 573 endg. [2] Voggenhuber-Bericht des Europäischen Parlaments,
Dokument A6-0034/2007. [3] Siehe Fußnote 1. [4] a) Mitteilung über den Schutz der Privatsphäre in
einer vernetzten Welt – Ein europäischer Datenschutzrahmen für das
21. Jahrhundert, COM(2012) 09 final. Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:52012DC0009:de:NOT;
b) Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
und zum freien Datenverkehr, COM(2012) 11 final. Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0011:FIN:DE:DOC;
c) Vorschlag für eine Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke
der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten oder der
Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr, COM(2012) 10 final.
Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0010:FIN:DE:DOC [5] Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei
der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr,
ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31‑50. [6] Vorschlag für eine Richtlinie zur Gewährleistung einer
ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht
geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter
Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen, COM(2012) 614 final.
Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0614:FIN:de:PDF. [7] Richtlinie 2012/13/EU über das Recht auf Belehrung und
Unterrichtung in Strafverfahren, ABl. L 142 vom 1.6.2012, S. 1‑10. [8] Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die
Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur
Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI, ABl. L 315 vom 14.11.2012,
S. 57‑74. [9] Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Festlegung
eines Mehrjahresrahmens für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte
für den Zeitraum 2013‑2017, KOM(2011) 880 endg. Abrufbar unter http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0880:FIN:DE:HTML.
[10] Beschluss des Rates zur Festlegung eines Mehrjahresrahmens
für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte für den Zeitraum 2013‑2017,
erlassen am 11. März 2013. Abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/12/st10/st10449.de12.pdf
[11] Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament und den
Rat zum Thema Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des auswärtigen
Handelns der EU – Ein wirksamerer Ansatz, KOM(2011) 886 endg.
Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0886:FIN:DE:PDF. Menschenrechte und Demokratie: Strategischer Rahmen und Aktionsplan
der EU, Ratsdokument Nr. 11417/12 EXT 1 vom 28.6.2012. Abrufbar unter
http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/12/st11/st11417-ex01.de12.pdf [12] Beschluss 2012/440/GASP des Rates vom 25. Juli 2012
zur Ernennung des Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte,
ABl. L 200 vom 27.7.2012, S. 21‑23. [13] EuGH, Rechtssachen T‑439/10 und T‑440/10, Fulmen
und F. Mahloudian / Rat, 21.3.2012. [14] Empfehlung des Europäischen Parlaments, Dokument
A7-0204/2012 vom 22.6.2012. [15] EuGH, Rechtssache C‑355/10, Europäisches
Parlament / Rat der Europäischen Union, 5.9.2012. [16] EuGH, Große Kammer, Rechtssache C‑566/10, Italienische
Republik / Kommission, 27.11.2012. [17] EuGH, Rechtssache T‑183/10, Sviluppo Globale GEIE
/ Kommission, 10.10.2012. [18] EuGH, verbundene Rechtssachen C‑411/10 und C‑493/10,
N.S. / Secretary of State for the Home Department and M.E. V.a. / Refugee
Applications Commissioner, 21.12.2011. Vorschlag für eine Verordnung zur
Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der
für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in
einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig
ist, KOM(2008) 820 endg. Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2008:0820:FIN:DE:PDF [19] EuGH, verbundene Rechtssachen C‑92/09 und C‑93/09,
Volker und Markus Schecke GbR & Hartmut Eifert / Land Hessen und
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, 10.11.2010. Änderung des
Vorschlags der Kommission KOM(2011) 628 endgültig/2 für eine Verordnung
über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen
Agrarpolitik, COM(2012) 551 final. Abrufbar unter http://ec.europa.eu/agriculture/funding/regulation/amendment-com-2012-551_de.pdf.
[20] EuGH, Rechtssache C‑27/11, Vinkov, 7.6.2012. [21] Siehe auch EuGH, Rechtssache C‑370/12, Pringle /
Irland, 27.11.2012. [22] EuGH,
Rechtssache C‑179/11, Cimade und Groupe d’information et de soutien
des immigrés (GISTI) / Ministre de l’Intérieur, de l’Outre-mer, des
Collectivités territoriales et de l’Immigration, 27.9.2012. [23] Richtlinie 2003/9/EG des Rates zur Festlegung von
Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten, ABl.
L 31 vom 6.2.2003, S. 18‑25. [24] EuGH, Rechtssache C‑286/12, Europäische
Kommission / Ungarn, 6.11.2012. [25] Einzelheiten sind den an die Vereinigung der Staatsräte
und obersten Verwaltungsgerichte der Europäischen Union übermittelten Berichte
zu entnehmen. Siehe http://www.aca-europe.eu/en/colloquiums/colloq_en_23.html [26] In jedem Land wurde in diesem Rechtsbereich auf die Charta
verwiesen außer in Spanien, Ungarn und Österreich. [27] Siehe vor allem: The Protection of Fundamental Rights
Post Lisbon: the Interaction between the Charter of Fundamental Rights of the
European Union, the European Convention on Human Rights and National
Constitutions Vol I, Hrsg. Julia Laffranque, Reports of the FIDE Congress
Tallinn 2012, Universität Tartu. [28] Österreichischer Verfassungsgerichtshof, Rechtssachen
U 466/11 und U 1836/11, 14. März 2012. [29] Abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-12-596_de.htm
[30] Rede von Vizepräsidentin Viviane Reding beim XXV.
FIDE-Kongress (Fédération Internationale pour le Droit Européen) am
31. Mai 2012 in Tallinn. Abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-12-403_de.htm?locale=de