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Document 52013AE5439
Opinion of the European Economic and Social Committee on the Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions Towards a European Horizontal Framework for Collective Redress COM(2013) 401 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“ (COM(2013) 401 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“ (COM(2013) 401 final)
ABl. C 170 vom 5.6.2014, p. 68–72
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
5.6.2014 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 170/68 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“
(COM(2013) 401 final)
2014/C 170/11
Berichterstatter: Jörg FRANK VON FÜRSTENWERTH
Die Europäische Kommission beschloss am 11. Juni 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“
COM(2013) 401 final.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 13. November 2013 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 494. Plenartagung am 10./11. Dezember (Sitzung vom 10. Dezember) mit 161 gegen 2 Stimmen bei 7 Enthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss fordert seit mehr als zwei Jahrzehnten kollektive Rechtsschutzinstrumente auf Gemeinschaftsebene, die bei Verletzung kollektiver Rechte einen effektiven Rechtsschutz ermöglichen. Kollektive Rechtsschutzmaßnahmen sollten alle Bereiche abdecken, die für die Bürger durch EU-Recht geschützt sind und zugleich die unterschiedlichen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten beachten. |
1.2 |
Der EWSA begrüßt, dass die EU-Kommission endlich die Initiative ergriffen hat und von den Mitgliedstaaten die Einführung einzelstaatlicher Systeme für den kollektiven Rechtsschutz auf der Grundlage gemeinsamer europäischer Prinzipien fordert. Diese Initiative war längst überfällig. Kollektive Rechtsschutzinstrumente sind sowohl im Interesse der Unionsbürger als auch der fair und gesetzeskonform tätigen Unternehmen. Sie schützen die Wirtschaft vor unfairem Wettbewerb und stärken das Vertrauen der Unionsbürger in die Wirtschaft. |
1.3 |
Der EWSA bedauert, dass die EU-Kommission keinen Richtlinienvorschlag vorgelegt hat. Eine einfache Mitteilung und Empfehlung sind nicht geeignet, die notwendige einheitliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Der EWSA fordert die EU-Kommission daher auf, einen Richtlinienvorschlag vorzulegen. Die Sammelklage ist das einzige Verfahren, das einen umfassend wirksamen Rechtsbehelf in der Europäischen Union sicherstellen kann. |
1.4 |
Der EWSA erkennt das Bemühen der EU-Kommission nach einem ausgewogenen Ansatz an, der die grundlegenden Verfahrensrechte der Parteien sichern und Missbrauch verhindern soll. Der EWSA unterstützt auch, dass die EU-Kommission sowohl kollektive Unterlassungs- als auch Schadenersatzklagen vorsehen will. Eine Ausweitung der Klagearten sollte geprüft werden. |
1.5 |
Der EWSA begrüßt es, dass die EU-Kommission „class action“ nach amerikanischem Muster ablehnt. Eine Sammelklage nach europäischem Recht darf gerade keine „class action“ amerikanischer Art sein. Die hierzu von der EU-Kommission vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen sind adäquat und angemessen. Erfolgshonorare für Rechtsanwälte, die einen Anreiz für Streitverfahren schaffen und Strafschadenersatz werden zu Recht abgelehnt. Die Regeln über die Zulassung der Kläger und die Kostentragung müssen unter dem Aspekt des Zugangs zum Recht überarbeitet werden. |
1.6 |
Der EWSA folgt dem Standpunkt der EU-Kommission, dass Einzelpersonen das Recht eingeräumt werden sollte, sich durch Opt-in-Verfahren kollektiven Streitsachen anzuschließen. Der EWSA sieht aber auch Fälle, in denen ein Opt-out-Verfahren Vorteile hat. Insbesondere bei vielen Geschädigten mit sehr geringen Schäden kann es angezeigt sein, die Streitsache auf alle etwaigen Geschädigten auszudehnen. Ob die EU-Kommission in diesen Fällen ein Opt-out-Verfahren für rechtlich zulässig ansieht, wird nicht deutlich. Der EWSA fordert die EU-Kommission daher auf, ihren Vorschlag zu präzisieren. Der EWSA empfiehlt zudem ein zentrales europäisches Klageregister zur Information potenzieller Kläger. |
1.7 |
Der EWSA hat stets das Potenzial außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren betont. Der EWSA begrüßt daher den gewählten Ansatz der EU-Kommission, diese Verfahren als ergänzendes und für die Parteien freiwilliges Instrument zusätzlich vorzusehen und dem Richter die Aufgabe zuzuweisen, eine außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern. |
1.8 |
Der EWSA empfiehlt, gesonderte Kollisionsregelungen für die kollektiven Rechtsschutzklagen vorzusehen. Die Vorschriften über die Finanzierung des kollektiven Rechtsschutzes sind zu ergänzen. Das finanzielle Risiko für gemeinnützige Organisationen muss überschaubar sein. Hierzu gibt es Regelungen in den Mitgliedstaaten. |
2. Zusammenfassung der Mitteilung und Empfehlung der EU-Kommission
2.1 |
In der Mitteilung fasst die EU-Kommission die Ergebnisse der 2011 durchgeführten Konsultation „Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz“ zusammen (1). Außerdem gibt sie ihre Position zu zentralen Fragen des kollektiven Rechtsschutzes wieder. In der parallel hierzu veröffentlichten Empfehlung (2) legt sie den Mitgliedstaaten die Einführung einzelstaatlicher Systeme für den kollektiven Rechtsschutz auf der Grundlage gemeinsamer europäischer Prinzipien nahe. Die Mitgliedstaaten sollen die Grundsätze innerhalb von zwei Jahren in ihre innerstaatlichen Systeme integrieren. Nach vier Jahren wird die EU-Kommission prüfen, ob weitere Legislativmaßnahmen vorgeschlagen werden sollten. |
2.2 |
Einzelstaatliche Rechtsschutzverfahren sollten in den Bereichen zur Verfügung stehen, in denen das EU-Recht Bürgern und Unternehmen Rechte garantiert. Die EU-Kommission will den Zugang zum Recht verbessern, gleichzeitig jedoch durch geeignete Maßnahmen gewährleisten, dass ein Klagemissbrauch verhindert wird. |
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1 |
Der EWSA spricht sich — bei auch durchaus kontroverser Diskussion in der Meinungsfindung — seit über zwanzig Jahren für kollektive Rechtsschutzinstrumente auf Gemeinschaftsebene aus, die allein im Fall der Verletzung kollektiver Rechte einen effektiven Rechtsschutz ermöglichen (3). Der effektive Zugang zur Justiz ist als Grundrecht, als Bürgerrecht in der Europäischen Grundrechtscharta verankert. Verfahren zur kollektiven Rechtsdurchsetzung sind für die Unionsbürger, aber auch für kleinere und mittlere Unternehmen bei Massen- und Streuschäden notwendig, bei denen das Kostenrisiko möglicherweise nicht im Verhältnis zu den erlittenen Schäden steht. Sie decken weite Bereiche ab: etwa Verbraucherschutz, Wettbewerb, Umweltschutz, Datenschutz. Nur so kann dem Recht aus Artikel 47 Absatz 1 der Grundrechtscharta Geltung verschafft werden. |
3.2 |
Vor diesem Hintergrund begrüßt der EWSA die nun von der EU-Kommission ergriffene Initiative, auch wenn er sich ein deutlich schnelleres, früheres und was die Wahl der Rechtsinstrumente betrifft, zielgerichteteres Tätigwerden gewünscht hätte. Die Frage der gerichtlichen Durchsetzung kollektiver Rechtsansprüche wird seit 1985 auf europäischer Ebene diskutiert, Entscheidungen waren daher überfällig (4). |
3.3 |
Der EWSA nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass die EU-Kommission ausschließlich für den Bereich des Wettbewerbsrechtes (5) das Instrument der Richtlinie gewählt hat. Der EWSA hat stets betont, dass eine Empfehlung nicht geeignet ist, die notwendige wirksame und einheitliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten zu garantieren (6). Vor dem Hintergrund, dass die Verfahren in den Mitgliedstaaten sehr uneinheitlich sind, würde allein eine Richtlinie ein Grundmaß an Harmonisierung gewährleisten, den Mitgliedstaaten aber gleichzeitig genügend Spielraum zur Berücksichtigung der Besonderheiten ihrer nationalen Rechtsordnungen geben. Der EWSA fordert die EU-Kommission auf, schnellstmöglich eine Richtlinie vorzulegen. |
3.4 |
Es ist positiv, dass die EU-Kommission einen horizontalen Ansatz verfolgt. Der EWSA hat bereits früher festgestellt, dass Politikbereiche wie Verbraucherschutz, Binnenmarkt und die Wettbewerbspolitik eng zusammenhängen (7). Die Initiativen zur leichteren Inanspruchnahme von Rechtsbehelfen müssen umfassend koordiniert werden, um unnötige Mehrfachregelungen zu vermeiden. Daher begrüßt der EWSA, dass die EU-Kommission die Empfehlung und den Richtlinienvorschlag im Wettbewerbsrecht als ein Paket ansieht (8). |
3.5 |
Der EWSA erkennt den ausgewogenen Ansatz der EU-Kommission an, der unter Anerkennung der unterschiedlichen Rechtstraditionen die grundlegenden Verfahrensrechte der Parteien sichern und gleichzeitig einen Klagemissbrauch verhindern soll. |
3.6 |
Der EWSA hat stets einen effektiven Schutz gegen missbräuchliche Praktiken angemahnt. Der EWSA begrüßt daher nachdrücklich, dass die EU-Kommission „class action“ nach amerikanischem Muster ablehnt. Der Ausschuss hat stets betont, dass eine Sammelklage nach europäischem Recht keine „class action“ amerikanischer Art sein darf (9). Der EWSA hat deswegen auch stets darauf gedrungen, Erfolgshonorare und Regelungen, die wirtschaftliche Anreize für Dritte beinhalten, zu verhindern (10). Diese Forderungen sind in den Empfehlungen umgesetzt. |
3.7 |
Die EU-Kommission weist zudem zutreffend daraufhin, dass kollektive Schadenersatzklagen auf den Ersatz des Schadens gerichtet sein sollten, der nachweislich durch einen Verstoß gegen Unionsrecht entstanden ist. Strafe und Abschreckung sollten der öffentlichen Rechtsverfolgung vorbehalten sein. |
3.8 |
Der EWSA bedauert es aber, dass die EU-Kommission keine gesonderten Vorschläge zum Gerichtsstand und zum anwendbaren Recht gemacht hat. Denn so kann es vorkommen, dass in grenzüberschreitenden Streitsachen unterschiedliche Entschädigungsregelungen vom Gericht anzuwenden sind. Auch Mehrfachzuständigkeiten und damit die Gefahr des forum-shopping sind nicht ausgeschlossen. |
4. Besondere Bemerkungen
4.1 Unterlassungs- und Schadenersatzklagen
4.1.1 |
Der EWSA begrüßt, dass die Vorschläge sowohl Unterlassungs- als auch Schadenersatzklagen bei Massenschadenereignissen umfassen. Positiv ist in diesem Zusammenhang zudem hervorzuheben, dass die Überlegungen der EU-Kommission offensichtlich sowohl für geringe als auch für hohe Streitwerte gelten sollen. |
4.1.2 |
Unabhängig hiervon könnte es aus Verbraucherschutzsicht angezeigt sein, die Beschränkung auf Unterlassungs- und Schadenersatzklagen zu hinterfragen. Es könnte möglicherweise sinnhaft sein, weitere kollektive Rechtsschutzelemente für Sachverhalte vorzusehen, bei denen zwei oder mehr Personen durch ein und denselben rechtswidrigen Verstoß gegen EU-Recht betroffen sind. In Betracht könnte dies z. B. für Feststellungsklagen, Irrtumsanfechtungen oder Gewährleistungsansprüche gezogen werden. Dies sollte von der EU-Kommission berücksichtigt werden. |
4.2 Rolle des Gerichtes
4.2.1 |
Der EWSA hat bereits in seinen früheren Stellungnahmen die zentrale Rolle der Richter in Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes betont (11). Diese Anforderungen werden erfreulicherweise von der EU-Kommission aufgegriffen. Eine frühzeitige Prüfung des Richters, ob eine Klage offensichtlich unbegründet ist, ist ein wichtiges Schutzelement gegen den Missbrauch kollektiver Schadenersatzklagen. |
4.2.2 |
Soweit Behörden ermächtigt sind, die Verletzung von Unionsrecht festzustellen, sollte die Erhebung der Privatklage nicht erst nach Abschluss dieses Verfahrens zulässig sein. Eine lange Verfahrensdauer kann zur Rechtsschutzverweigerung führen. Hier kann die Rolle des Richters — etwa durch eine zeitweise Aussetzung des Verfahrens — gestärkt werden. |
4.3 |
Klagebefugnis. Um einen Klagemissbrauch zu vermeiden, sollten eindeutige und klare Kriterien für die Klagebefugnis von Vertreterorganisationen aufgestellt werden. Der EWSA begrüßt daher auch, dass die EU-Kommission Mindestanforderungen für die Organisationen vorsieht, die Geschädigte vertreten sollen. Es ist richtig, dass diese Organisationen gemeinnützig sein sollen und keine Interessenkonflikte bestehen dürfen. Überzogen und nicht akzeptabel ist, dass zu den Mindestanforderungen auch ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen sowie juristischer Sachverstand gehören sollen. Es stellt sich die Frage, nach welchen Maßstäben dies im Einzelfall tatsächlich entschieden werden soll. Hier sind vertiefte Überlegungen erforderlich. Neuere Gesetzgebungsverfahren in den Mitgliedstaaten können hier gute Anstöße geben. |
4.4 |
Wirksamer Schadenersatz. Es ist von überragender Bedeutung, dass den Geschädigten der reale Wert der erlittenen Verluste in vollem Umfang ersetzt wird (12). Die Empfehlungen der EU-Kommission tragen diesem Grundsatz Rechnung. In diesem Zusammenhang ist auch zu begrüßen, dass Erfolgshonorare für Anwälte, die zulasten der Entschädigung des Klägers gehen, nicht zugelassen werden sollen (13). |
4.5 Opt-in-Verfahren oder Opt-out-Verfahren
4.5.1 |
Der EWSA hat in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2008 ausführlich die Vor- und Nachteile der Opt-in- und Opt-out-Sammelklagen beschrieben (14). Er hat sich in dieser und den nachfolgenden Stellungnahmen für ein gemischtes System ausgesprochen, das die Vorteile beider Regelungen miteinander kombiniert (15). |
4.5.2 |
Einzelpersonen sollte das Recht eingeräumt werden, sich durch Opt-in-Verfahren kollektiven Streitsachen anzuschließen, anstatt einfach davon auszugehen, dass sie ohne gegenteilige Erklärung Klagepartei sind (opt-out) (16). Der EWSA sieht aber auch Fälle, in denen ein Opt-out-Verfahren Vorteile hat. Insbesondere bei vielen Geschädigten mit sehr geringen Schäden kann es angezeigt sein, die Streitsache auf alle etwaigen Geschädigten auszudehnen (17). |
4.5.3 |
Kläger sollte dann eine qualifizierte Vertreterorganisation im Sinne der Empfehlung der EU-Kommission sein. |
4.5.4 |
Ob die EU-Kommission in diesen Fällen ein Opt-out Verfahren für rechtlich zulässig ansieht, wird nicht deutlich. Vielmehr beschränkt sie sich auf den allgemeinen Hinweis, dass vom Opt-in-Prinzip (nur) aus Gründen der ordnungsgemäßen Rechtspflege abgewichen werden könne. Wann solche Gründe vorliegen, erläutert sie jedoch leider nicht. Der EWSA fordert die EU-Kommission daher auf, ihren Vorschlag zu präzisieren (18). |
4.6 |
Information über kollektive Rechtsschutzverfahren. Der EWSA bedauert, dass die Empfehlung kein elektronisches Klageregister auf europäischer Ebene zur Benachrichtigung und Erfassung potenzieller Kläger vorsieht. Ein solches Register, das von Geschädigten in der gesamten Europäischen Union eingesehen werden kann, könnte effizient und kostengünstig geführt werden (19) und wäre eine Hilfe für die Unionsbürger und die Unternehmen, ihre Rechte wahrzunehmen. |
4.7 |
Alternative kollektive Streitbeilegungsverfahren. Außergerichtliche kollektive Streitbeilegungsmechanismen können eine nützliche Ergänzung für die Beilegung von Streitigkeiten sein (20). Der EWSA hat stets das Potenzial entsprechender Verfahren betont (21). Der EWSA begrüßt daher den gewählten Ansatz, diese Verfahren als ergänzendes und für die Parteien freiwilliges Instrument zusätzlich vorzusehen. Im Übrigen ist es zwingend, dass Verjährungs- oder Ausschlussfristen während außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren nicht ablaufen dürfen. Wie bei kollektiven Folgeklagen sollte dies von der EU-Kommission klargestellt werden. |
4.8 |
Kollektive Folgeklagen. In Bereichen mit öffentlicher Rechtsdurchsetzung wie z. B. dem Wettbewerbsrecht muss eine wirksame behördliche Durchsetzung gewährleistet sein und gleichzeitig den Opfern von Rechtsverstößen gegen Unionsrecht die Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche erleichtert werden (22). Der Vorschlag der EU-Kommission hierzu ist ausgewogen, weil bis zum Abschluss der behördlichen Verfahren Verjährungs- oder Ausschlussfristen zulasten der Opfer nicht ablaufen sollen. |
4.9 Finanzierung des kollektiven Rechtsschutzes
4.9.1 |
Begründete Schadenersatzklagen müssen ermöglicht werden, ohne dass hohe Verfahrenskosten diese Möglichkeit einschränken. Der EWSA begrüßt daher die Forderung der EU-Kommission an die Mitgliedsstaaten, dass die Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes nicht übermäßig teuer sein sollen. |
4.9.2 |
Die EU-Kommission sollte ihre Überlegungen hierzu allerdings noch weiter präzisieren. Für gemeinnützige Vertreterorganisationen können die Verfahrens- und Rechtsanwaltskosten eine unüberwindbare Hürde darstellen. Dies insbesondere dann, wenn sie im Falle des Unterliegens etwa mit existenzbedrohenden Gutachterkosten belastet werden könnten. Für solche gemeinnützigen Organisationen sollte daher — analog zu arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen in einzelnen Mitgliedstaaten — eine Begrenzung der Verfahrenskosten in Erwägung gezogen werden. Es sprechen gewichtige Gründe dafür, im Falle der Bereicherung ein System der Gewinnabschöpfung zugunsten gemeinnütziger Organisationen zu prüfen. |
4.9.3 |
Die Entscheidung, Drittfinanzierungen unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen, unterstützt der EWSA ebenfalls. Die von der EU-Kommission genannten Bedingungen wie u. a. Transparenz über die Herkunft der Finanzierungsmittel sind angemessen und adäquat, um einen Klagemissbrauch zu verhindern. |
Brüssel, den 10. Dezember 2013
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Henri MALOSSE
(1) COM(2010) 135 final vom 31.3.2010.
(2) Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten, ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 60.
(3) Vgl. hierzu: ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97; ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 89, Ziffer 3.30.
(4) Siehe hierzu ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziff. 3.6 ff., Ziff. 7 ff.; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97.
(5) COM(2013) 404 final vom 11.6.2013.
(6) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 8.1.
(7) ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 40, Ziffer 4.2.1.
(8) Vgl. hierzu COM(2013) 401 final, Fußnote 10.
(9) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 7.1.2; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3.
(10) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 7.1.2; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3.
(11) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 7.3 ff.; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3.
(12) ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3.
(13) ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 40, Ziffer 4.8.4.
(14) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 7.2 ff.
(15) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 7.2.3.1; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3; ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 40, Ziffer 4.4.1 und 4.4.2.
(16) ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3.
(17) ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 1, Ziffer 7.2.3.1; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.2.3; ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 40, Ziffer 4.4.1 und 4.4.2.
(18) Die EU-Kommission sollte in diesem Rahmen auch nochmals klarstellen, wann und unter welchen Voraussetzungen Opt-out Verfahren mit dem Gebot auf rechtliches Gehör, das in Art. 41 Abs. 2, 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union seinen Niederschlag gefunden hat, vereinbar sind. Dies ist insbesondere auch für die Mitgliedsstaaten wichtig, in denen das Recht auf Gehör, wie z. B. in Deutschland, durch die Verfassung geschützt ist.
(19) ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 40, Ziffer 4.8.5.
(20) ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 97, Ziffer 5.3.5.
(21) ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 93.
(22) ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 40, Ziffer 3.6.1.