This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52012PC0363
Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on the fight against fraud to the Union's financial interests by means of criminal law
Vorschlag für RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug
Vorschlag für RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug
/* COM/2012/0363 final - 2012/0193 (COD) */
Vorschlag für RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug /* COM/2012/0363 final - 2012/0193 (COD) */
BEGRÜNDUNG 1. HINTERGRUND DES VORSCHLAGS 1.1 Allgemeiner Kontext Gegen die finanziellen Interessen der EU
gerichtete Betrugsdelikte und ähnliche rechtswidrige Handlungen sind ein
großes, zu Lasten des EU-Haushalts und somit der Steuerzahler gehendes Problem.
Wenn EU-Gelder missbraucht werden, besteht die Gefahr, dass das mit dem
EU-Haushalt verfolgte Ziel, die Lebensbedingungen zu verbessern sowie Wachstum
und Arbeitsplätze zu schaffen, nicht erreicht wird. Dies gilt besonders in
Zeiten, in denen die Konsolidierung der Haushalte, ein verantwortungsvolles
haushaltspolitisches Handeln und Strukturreformen zur Ankurbelung des Wachstums
von vorrangiger Bedeutung sind. Laut dem von der Kommission vorgelegten
Jahresbericht 2010 über den Schutz der finanziellen Interessen der EU[1] werden trotz des bestehenden
Rechtsrahmens alljährlich Fälle von Betrugsverdacht mit einem
Gesamtschadensvolumen von ca. 600 Mio. EUR (Einnahmen- und Ausgabenseite
des EU-Haushalts) verzeichnet. Es kann davon ausgegangen werden, dass das
tatsächliche Schadensvolumen noch größer ist, denn es werden ja nicht alle
Fälle aufgedeckt und gemeldet. Die EU muss das Geld der Steuerzahler unter
Nutzung der im EU-Vertrag vorgesehenen Möglichkeiten so gut wie möglich
schützen. Um den EU-Haushalt vor Schaden zu bewahren, bedarf es eines
gleichwertigen und wirksamen Schutzes der finanziellen Interessen der EU, und
dies – insoweit es sich als notwendig erweist – auch strafrechtlicher Art.
Obwohl einschlägige Rechtsvorschriften der EU eingeführt und weiterentwickelt
wurden, die u. a. auf die Bekämpfung von Betrug, Korruption und Geldwäsche[2] abstellen, haben die
Mitgliedstaaten von Land zu Land unterschiedliche nationale Rechtsvorschriften
erlassen, die folglich oftmals auch einen unterschiedlichen Schutz im Rahmen
der betreffenden Rechtsordnungen gewährleisten. Dies zeigt, dass gegenwärtig
kein gleichwertiger Schutz der finanziellen Interessen der EU besteht, und dass
die derzeitigen Betrugsbekämpfungsmaßnahmen nicht abschreckend genug sind. Beispielsweise haben die Mitgliedstaaten, was
die Betrugsbekämpfung anbelangt, den Straftatbestand des Betrugs in vielen
verschiedenen Formen von Rechtsakten auf dem Gebiet des allgemeinen Strafrechts
(in Form von spezifischen oder weiter gefassten Straftatbeständen) bis hin zum
Gebiet des Steuerstrafrechts definiert.[3]
Ähnliche Divergenzen bestehen in den Mitgliedstaaten auch bei den geltenden
Sanktionen für diese Straftaten.[4]
Mitglied staat || Sanktionen AT || Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten (§ 146 StGB), bis zu drei Jahren (§ 147 StGB Absätze 1 und 2), bis zu zehn Jahren (§ 147 Absatz 3); Freiheitsstrafe bis zu drei bzw. fünf Jahren und Geldstrafe bis zum Doppelten des umgangenen Betrags (§ 7 AEG) BE || Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren (Artikel 450 des Einkommensteuergesetzes) bzw. Freiheitsstrafe von zwei Monaten bis zu drei Jahren (Artikel 451 des Einkommensteuergesetzes) sowie Geldstrafen (Artikel 259, 260 und 261 des allgemeinen Zoll- und Verbrauchssteuergesetzes) BG || Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu acht Jahren (Artikel 209 und 210 StGB), Freiheitsstrafe von drei bis zu zehn Jahren (Artikel 211 StGB), Freiheitsstrafe von zwei bis zu acht Jahren (Artikel 212 StGB), Freiheitsstrafe von drei bis zu zehn Jahren (Artikel 212 Absatz 3 StGB) CY || Freiheitsstrafe von 5 Jahren (Artikel 300 StGB), Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und/oder Geldstrafe bis zu 5125,80 EUR CZ || Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (Artikel 209–212 StGB) DK || Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und sechs Monaten (Artikel 279 StGB) bzw. bis zu acht Jahren in schweren Fällen (Artikel 289A StGB) EE || Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren (Artikel 209 StGB) bzw. fünf Jahren (Artikel 210 StGB) FI || Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von 14 Tagen bis zu zwei Jahren (Kapitel 36 Artikel 1 StGB) bzw. von vier Monaten bis zu vier Jahren in schweren Fällen (Kapitel 29 Artikel 1 und 5 StGB) FR || Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und Geldstrafe in Höhe von 375 000 EUR (Artikel 313 Absätze 1-3 StGB) bzw. Freiheitsstrafe bis zu sieben Jahren und Geldstrafe in Höhe von 750 000 EUR in schweren Fällen DE || Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (§ 263 StGB) EL || Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis zu fünf Jahren bzw. von drei Monaten bis zu fünf Jahren (Artikel 386 Absatz 1 StGB), Freiheitsstrafe von zwei Jahren bis zu fünf Jahren in schweren Fällen HU || Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (Artikel 318 StGB) bzw. bis zu 5 Jahren (Artikel 314 StGB) IR || Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (Artikel 42 des Gesetzes von 2001) IT || Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren und Geldstrafe zwischen 51 und 1032 EUR (Artikel 640 Absatz 1 StGB) bzw. Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu sechs Jahren (Artikel 640a StGB) LV || Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Ordnungshaft oder gemeinnützige Arbeit oder Geldstrafe bis in Höhe des sechzigfachen Satzes (17 074,20 EUR) des monatlichen Mindestlohns (Artikel 177 StGB). LT || Gemeinnützige Arbeit oder Geldstrafe oder Freiheitsbeschränkung oder Arrest oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (Artikel 182 StGB) bzw. bis zu acht Jahren in schweren Fällen LU || Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu einem Jahr oder Geldstrafe zwischen 500 und 30 000 EUR (Artikel 490 StGB) bzw. Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu einem Jahr oder Geldstrafe zwischen 500 und 10 000 EUR (Artikel 498 StGB) MT || Freiheitsstrafe von vier Monaten bis zu einem Jahr (Artikel 298 Absatz 1 StGB), Freiheitsstrafe bis zu 18 Monaten und Geldstrafe von 2 329,37 bis zu 34 940,60 EUR (Artikel 298c StGB), Freiheitsstrafe von sieben Monaten bis zu zwei Jahren (Artikel 308 StGB), Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe (Artikel 309 StGB) NL || Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (Artikel 328 StGB), bis zu zwei Jahren (Artikel 334 StGB), bis zu drei Jahren (Artikel 360 StGB), bis zu vier Jahren (Artikel 227 und 326 StGB) oder bis zu sechs Jahren (Artikel 225, 336 und 359 StGB) oder Geldstrafe bis zu 76 000 EUR PL || Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren (Artikel 297 StGB) PT || Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe (Artikel 217 StGB) RO || Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zwölf Jahren (Artikel 215 StGB) (Grundregel) SI || Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren (Artikel 229 StGB), Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (Artikel 211 StGB), Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (Artikel 228 StGB), Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (Artikel 231 StGB) SK || Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (Artikel 221 StGB) bzw. von einem Jahr bis zu 5 Jahren (Artikel 222-225 StGB) ES || Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren (Artikel 252 StGB) SE || Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (Kapitel 9 Artikel 1 StGB) UK || Summarisches Verfahren: Freiheitsstrafe bis zu zwölf Monaten und/oder Geldstrafe (Artikel 1 des Betrugsbekämpfungsgesetzes von 2006); Verurteilung nach Anklageerhebung: Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren und/oder Geldstrafe Wie die diesem Vorschlag beiliegende
Folgenabschätzung zeigt, beeinträchtigen diese großen Unterschiede die
Wirksamkeit der EU-Politik zum Schutz ihrer finanziellen Interessen. Wenn es in
allen Mitgliedstaaten einheitliche Straftatbestände gäbe, würde sich das
Risiko, dass unterschiedliche Praktiken entstehen, verringern, da es eine
einheitliche Auslegung gäbe und auch die Anforderungen für die Strafverfolgung
einheitlich erfüllt würden. Dadurch würde sich die abschreckende Wirkung
verstärken, und die Möglichkeiten für die Durchsetzung der einschlägigen
Vorschriften würden sich verbessern. Für potenzielle Täter würde sich somit der
Anreiz verringern, ihre kriminellen Machenschaften in Länder mit einem
geringeren Strafverfolgungsdruck zu verlagern. Ein gleichwertiger
Schutz ihrer finanziellen Interessen ist zudem wichtig für die Glaubwürdigkeit
der Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der EU sowie für den
ordnungsgemäßen Vollzug des EU-Haushalts. Daher sollte dieser Vorschlag nicht
nur Betrug im engeren Sinne, sondern auch betrugsähnliche Formen rechtswidrigen
Verhaltens erfassen, durch die der EU-Haushalt geschädigt wird, also
insbesondere Korruption, Geldwäsche und die Behinderung von öffentlichen
Vergabeverfahren. Entscheidendes Tatbestandsmerkmal ist, dass auf Kosten des
EU-Haushalts (und somit der Steuerzahler) illegale Erträge „erwirtschaftet“
werden. Ein weiterer Grund für diesen Richtlinienvorschlag
ist die Notwendigkeit, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der
Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission zu ergreifen. 1.2 Rechtlicher Kontext Die ersten Rechtsvorschriften zum
strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der EU wurden im Jahr 1995
mit dem Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften und den diesbezüglichen Protokollen[5] (nachfolgend zusammenfassend
als „Übereinkommen“ bezeichnet) erlassen. Das Übereinkommen über den Schutz der
finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist von fast allen
Mitgliedstaaten ratifiziert worden und in Bezug auf diese in Kraft getreten.[6] Die allgemeinen
strafrechtlichen Vorschriften der EU für diesen Bereich schließen den
Rahmenbeschluss 2005/212/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung
von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten[7] ein, den die Kommission durch
eine Richtlinie über die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus
Straftaten in der Europäischen Union für die teilnehmenden Mitgliedstaaten[8] ersetzen möchte. Dieser Rahmen ist durch allgemeine, sich
gleichwohl nicht spezifisch auf den Schutz der finanziellen Interessen der EU
beziehende Vorschriften der Union zur Bekämpfung bestimmter rechtwidriger, für
die legale Wirtschaft besonders schädlicher Handlungen wie Geldwäsche[9] und Korruption[10] ergänzt worden. Im Mai 2011 veröffentlichte die Kommission
eine Mitteilung[11]
über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union durch strafrechtliche
Vorschriften und verwaltungsrechtliche Untersuchungen, die von einem
Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen[12]
begleitet war. In diesen Dokumenten wird auf das in der EU entstandene
Flickwerk von Straftatdefinitionen und strafrechtlichen Sanktionen nach dem
geltenden Rechtsrahmen hingewiesen und betont, dass die Kommission
strafrechtliche Vorschriften als eine wichtige Komponente für die Verbesserung
dieses Zustands betrachtet. In der Mitteilung vom September 2011[13] „Auf dem Weg zu einer europäischen
Strafrechtspolitik: Gewährleistung der wirksamen Durchführung der EU-Politik
durch das Strafrecht“ wurden ein allgemeiner inhaltlicher und struktureller
Rahmen für das EU-Strafrecht und allgemeine Grundsätze einer
EU-Strafgesetzgebung vorgeschlagen, darunter das Prinzip, dass
Strafrechtsvorschriften der EU nicht über das für die Erreichung ihrer Ziele
erforderliche Maß hinausgehen dürfen und diesen Zielen angemessen sein müssen. In der Folge ist schrittweise ein Corpus
verwaltungsrechtlicher Vorschriften zur Bekämpfung von gegen die finanziellen
Interessen der EU gerichteten rechtswidrigen Handlungen entstanden. In der
Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95[14]
des Rates wurden verwaltungsrechtliche Bestimmungen über die Behandlung von
gegen die finanziellen Interessen der EU gerichteten Handlungen festgelegt, die
von verwaltungsrechtlichen sektorspezifischen Bestimmungen[15] flankiert wurden. Neben den
oben genannten, sich speziell auf den Schutz der finanziellen Interessen der EU
beziehenden Rechtsvorschriften horizontaler Art gibt es eine Reihe
verwaltungsrechtlicher EU-Vorschriften, die einschlägige Bestimmungen über das
Vorgehen gegen rechtswidrige Handlungen zum Nachteil des EU-Haushalts
enthalten.[16]
2. ERGEBNISSE DER ANHÖRUNG
INTERESSIERTER KREISE UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG 2.1 Anhörung interessierter Kreise Die Kommission hat mehrere Anhörungen
interessierter Kreise durchgeführt. Unter anderem hat sie am 25. Oktober 2011
Strafrechtsexperten und 6. Dezember 2012 in einer gesonderten Sitzung Beamte
der Mitgliedstaaten zu diesem Thema gehört. An der letztgenannten Sitzung
nahmen auch Vertreter des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und
Inneres des Europäischen Parlaments teil. Die Meinungen der
Strafverfolgungsdienste der Mitgliedstaaten wurden über Fragebögen und im
Rahmen der Diskussionen auf dem von Eurojust am 23. Juni 2011 und am 16.
Dezember 2011 in Den Haag veranstalteten Forum für Generalanwälte eingeholt.
Außerdem lud die Kommission Vertreter des Europäischen Steuerzahlerbundes zu einer
Sachverständigensitzung am 25. Januar 2012 ein. Die Sachverständigen haben auf erhebliche
Mängel des geltenden Rechtsrahmens für den Schutz der finanziellen Interessen
der EU hingewiesen, darunter insbesondere die Verjährungsfristen. Gleichzeitig
haben sie die Bedeutung des Grundsatzes unterstrichen, dass strafrechtliche
Vorschriften nur als letztes Mittel verwendet werden sollten und dabei dem
Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend
Rechnung zu tragen ist. Da das Strafrecht ein sehr strenges Instrument für die
gesellschaftliche Kontrolle ist, das tief in die Grundfreiheiten der Bürger
eingreift, sollte es nur als letztes Mittel eingesetzt und so angewendet
werden, dass die fundamentalen Interessen der Bürger und die bürgerlichen
Freiheiten gewahrt werden, und dass die Bürger einen Nutzen davon haben. Die
Sachverständigen der Mitgliedstaaten unterstützten generell das von der
Kommission verfolgte Ziel, das Geld der Steuerzahler zu schützen und in der
gesamten EU einen gleichwertigen Schutz schützenswerter grundlegender
Interessen der Bürger sicherzustellen. Die Praktiker waren weitgehend der
Meinung, dass es wichtig ist, klare strafrechtliche Vorschriften zu haben,
damit einheitliche Bedingungen herrschen, und dass diese Vorschriften durch
verfahrensrechtliche Vorschriften ergänzt werden sollten, um die in diesem
Zusammenhang von ihnen aufgezeigten Mängel zu beheben. Die letztgenannte
Überlegung ist in das Arbeitsprogramm der Kommission eingeflossen, welches eine
separate Initiative für verfahrensrechtliche Maßnahmen zum Schutz der
finanziellen Interessen der EU im Jahr 2013 vorsieht. Der Europäische
Steuerzahlerbund hat sehr begrüßt, dass die Kommission das Geld der
europäischen Steuerzahler besser vor Missbrauch schützen möchte, und seine
Unterstützung für ihren Ansatz zur Schaffung eines umfassenden und
abschreckenden strafrechtlichen Rahmens für den Schutz der finanziellen
Interessen der EU zum Ausdruck gebracht. 2.2 Folgenabschätzung Die Kommission hat
eine Folgenabschätzung der politischen Vorgehensmöglichkeiten durchgeführt, bei
der sie die Ergebnisse einer externen, im Februar 2012 abgeschlossenen Studie[17] berücksichtigt hat. Die
Folgenabschätzung kommt nach Prüfung der verschiedenen Optionen zu dem Schluss,
dass eine Lösung vorgezogenen werden sollte, bei der bestimmte betrugsähnliche
Straftatbestände ausgeweitet, Mindestsanktionen eingeführt und die gesetzlichen
Verjährungsfristen angeglichen werden sollten. 3. RECHTLICHE ASPEKTE DES
VORSCHLAGS 3.1 Rechtsgrundlage Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 325
Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. In Artikel 325 ist die Befugnis der EU
verankert, die erforderlichen „abschreckenden Maßnahmen“ zur Verhütung und
Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der EU gerichteten
Betrugsdelikten und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zu beschließen. Artikel
325 Absatz 4 regelt, nach welchem Legislativverfahren die erforderlichen
Maßnahmen zur Gewährleistung eines effektiven und gleichwertigen Schutzes in
den Mitgliedstaaten beschlossen werden. Er bildet zudem eine Rechtsgrundlage
für die Gesetzgebung zur Verhütung und Bekämpfung von gegen die finanziellen
Interessen der EU gerichteten Betrugsdelikten und sonstigen rechtswidrigen
Handlungen. „Betrug“ ist in diesem Zusammenhang im weiteren Sinne als ein
Straftatbestand zu verstehen, der auch bestimmte betrugsähnliche Straftaten
einschließt. Dass dem Thema „Betrugsbekämpfung“ im Vertrag
über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein eigenes Kapitel im Rahmen des
Titels „Finanzvorschriften“ gewidmet wird, zeigt, dass die Bekämpfung von gegen
die finanziellen Interessen der EU gerichteten rechtswidrigen Handlungen ein
sehr spezifischer Politikbereich ist. Auch wird der Begriff „abschreckend“ an
keiner weiteren Stelle im Vertrag verwendet. Dies belegt, dass die Union auf
diesem spezifischen Gebiet eine breite Palette von Instrumenten zu ihrer
Verfügung hat. Die besondere Bedeutung dieses Themas wird durch Artikel 310
Absatz 6 AEUV – also bereits im ersten Artikel des Titels „Finanzvorschriften“
– weiter betont, in dem dort die Notwendigkeit, gegen derartige
rechtswidrige Handlungen vorzugehen, hervorgehoben wird. Der Zweck von Artikel 325 besteht darin, das
alleinige Interesse, dem diese vorrangige Politik dient (d. h. den Schutz
von EU-Mitteln sowohl bei den Einnahmen als auch bei den Ausgaben), zu wahren. ·
Der Schutz der EU-Mittel ist ein solidarisches
Anliegen auf EU-Ebene, das mehr ist als die Summe der nationalen finanziellen
Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten. Aus diesem Grund wurden der Union
durch den Vertrag umfassende Befugnisse zur Annahme von „Maßnahmen“ übertragen,
die „abschreckend“ sind und einen „effektiven Schutz bewirken“ (Artikel 325
Absatz 1) bzw. einen „gleichwertigen“ Schutz gewährleisten (Artikel 325 Absatz
4).[18]
Ein abschreckender, effektiver und gleichwertiger Schutz dieser Art schließt
naturgemäß und seit jeher (siehe das Übereinkommen über den Schutz der
finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften von 1995) auch eine strafrechtliche
Dimension ein, denn es bedarf einer strafrechtlichen Grundlage, um eine
abschreckende Wirkung in diesem Bereich zu erzielen, da davon ausgegangen
werden kann, dass die Existenz strafrechtlicher Sanktionen und deren mögliche
Auswirkungen auf das Ansehen potenzieller Täter ein starkes Argument dafür
darstellen, derartige rechtswidrige Handlungen gar nicht erst zu begehen. Daher
schließt Artikel 325 die Befugnis ein, strafrechtliche Vorschriften zum Schutz
der finanziellen Interessen der EU gegen sämtliche denkbaren Formen
rechtswidriger Handlungen zu erlassen, was im entsprechenden Artikel 280 Absatz
4 EG-Vertrag nicht der Fall war. ·
Zwar wird im Vertrag selbst nicht definiert, was
unter den finanziellen Interessen der EU zu verstehen ist, aber aus dieser
Formulierung, die ja weiter gefasst ist als der ansonsten im Vertrag
(beispielsweise in Artikel 310 Absatz 1 Unterabsatz 2) verwendete Begriff
„Haushaltsplan“, wird klar, dass hiermit sämtliche Mittel gemeint sind, die von
oder im Auftrag der Union verwaltet werden.[19] Dieser Vorschlag ersetzt den Vorschlag für
eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den
strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft.[20] 3.2 Subsidiarität,
Verhältnismäßigkeit und Achtung der Grundrechte Für ein strafrechtliches Vorgehen auf EU-Ebene
sprechen folgende Faktoren: Die finanziellen Interessen der EU beziehen
sich auf von der Union oder in ihrem Auftrag verwaltete Vermögenswerte und
Verbindlichkeiten und liegen somit von vornherein auf EU-Ebene. Als solche sind
sie zudem stärker auf die EU ausgerichtet als jeder Bereich, in dem es
Vorschriften der Mitgliedstaaten anzugleichen gilt. Von ihrer Form und ihrem
Inhalt her sind sie eher den Anliegen der Vorschriften über den Selbstschutz
der EU-Organe, -Einrichtungen, -Ämter und -Agenturen (beispielsweise in Bezug
auf die physische oder die IT-Sicherheit) vergleichbar. Dies lässt den Schluss
zu, dass sie von den Mitgliedstaaten allein nicht hinreichend geschützt werden
können. Für diese Einschätzung spricht auch die Tatsache, dass im Vertrag
selbst (in Artikel 310 Absatz 6 und in Artikel 325 Absätze 1 und 4 AEUV) die
Notwendigkeit herausgestellt wird, dass es eines Vorgehens auf Unionsebene
bedarf, um gleichwertige und abschreckende Maßnahmen zum Schutz der
finanziellen Interessen der EU vor widerrechtlichen Handlungen festzulegen.
Außerdem führt die Europäische Kommission gemäß Artikel 48 der Verordnung (EG,
Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates den Haushaltsplan der EU in Einnahmen und Ausgaben
eigenverantwortlich aus. Für den Schutz ihrer finanziellen Interessen
unter Berücksichtigung der einschlägigen EU-Vorschriften ist die EU selbst am
besten aufgestellt. Bei den letztgenannten Vorschriften handelt es sich um die
haushaltstechnischen Vorschriften der Haushaltsordnung, die allgemeinen
Vorschriften über den Schutz der finanziellen Interessen durch
verwaltungsrechtliche Vorschriften und die sektorspezifischen Vorschriften über
den Schutz der finanziellen Interessen in den verschiedenen Politikbereichen.
Dies könnte auch gegebenenfalls einander angeglichene strafrechtliche
Vorschriften über den Schutz der finanziellen Interessen der EU einschließen.
Bei der Gesetzgebung der EU muss, was das Strafrecht anbelangt, dem allgemeinen
Subsidiaritätsgrundsatz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dieser
besagt, dass die EU einschlägige Rechtsvorschriften nur erlassen darf, wenn das
damit verfolgte Ziel nicht durch Maßnahmen auf nationaler, regionaler oder
lokaler Ebene wirksamer erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und
der Wirkung dieser Maßnahmen besser auf Unionsebene zu erreichen ist. Nur die
EU ist in der Lage, verbindliche, in allen Mitgliedstaaten anwendbare
Angleichungsvorschriften zu erlassen und so einen Rechtsrahmen zu schaffen, der
dazu beitragen könnte, die bestehenden Schwachpunkte zu beseitigen und
insbesondere den Mangel an Gleichwertigkeit zu beheben, der mit den Zielen von
Artikel 325 Absatz 4 AEUV nicht vereinbar ist. Der Vorschlag wirkt sich auf folgende in der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Rechte und Grundsätze
aus: Recht auf Freiheit und Recht auf Achtung des Familienlebens (durch die
mögliche Inhaftierung verurteilter Täter), Berufsfreiheit und unternehmerische
Freiheit (durch ein mögliches Berufsverbot für verurteilte Täter),
Eigentumsrecht (durch die mögliche Schließung von Unternehmen, die Straftaten
begangen haben), Geldstrafen bei Verurteilung sowie Einziehung, Gesetz- und
Verhältnismäßigkeitsprinzip (weil neue Straftatbestände definiert werden) und
das Recht, wegen ein und derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich
belangt zu werden (wegen des Zusammenhangs mit den Regelungen über
verwaltungsrechtliche Sanktionen). Diese Eingriffe sind gerechtfertigt, weil
sie den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen
entsprechen (siehe Artikel 52 Absatz 1 der Charta) und insbesondere dazu
dienen, wirksame und abschreckende Maßnahmen zum Schutz der finanziellen
Interessen der EU zu ermöglichen. Angesichts ausbleibender Verbesserungen beim
Schadensvolumen der Unregelmäßigkeiten und Betrugsdelikte sowie der
Wirkungslosigkeit der gegenwärtigen, nach Maßgabe des Übereinkommens über den
Schutz der finanziellen Interessen ergriffenen Maßnahmen ist es erforderlich,
strafrechtliche Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrug und damit
zusammenhängenden rechtswidrigen Tätigkeiten zu erlassen. Es wurde sorgfältig
darauf geachtet, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht über das für die
Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen und somit verhältnismäßig
sind. 3.3 Wahl des Instruments Um zum einen harmonisierte strafrechtliche
Vorschriften für den Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der EU
festzulegen, gleichzeitig aber den Mitgliedstaaten einen gewissen Handlungsspielraum
für die Einführung etwaiger noch schärferer Bestimmungen zu lassen, ist eine
Richtlinie das geeignete Instrument. 3.4 Die Bestimmungen im Einzelnen Artikel 1: Gegenstand – In diesem Artikel werden der Zweck und der sachliche Geltungsbereich
der Richtlinie festgelegt, und es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass
diese sich nur auf den Schutz der finanziellen Interessen der EU bezieht. Artikel 2: Definition der finanziellen
Interessen der Union – In diesem Artikel wird die zu
den Zwecken dieser Richtlinie geltende Definition des Begriffs „finanzielle
Interessen der Union“ festgelegt. Der Europäische Gerichtshof hat bestätigt,
dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhebung der
Mehrwertsteuereinnahmen unter Beachtung des einschlägigen Unionsrechts
einerseits und der Zurverfügungstellung entsprechender Mehrwertsteuermittel für
den EU-Haushalt besteht, da jedes Versäumnis bei der Erhebung ersterer
potenziell zu einer Verringerung letzterer führt.[21] Folglich ist davon auszugehen,
dass Mehrwertsteuerbetrug den finanziellen Interessen der EU schadet und daher
durch die vorgeschlagene Richtlinie erfasst wird. Artikel 3: Betrug zum Nachteil der
finanziellen Interessen der Union – Dieser
Artikel enthält eine Definition der von den Mitgliedstaaten unter Strafe zu
stellenden betrügerischen Handlungen. Artikel 4: Gegen
die finanziellen Interessen der Union gerichtete betrugsähnliche Straftaten –
In diesem Artikel sind die rechtswidrigen Handlungen aufgeführt, die Gegenstand
der Betrugsprävention und -bekämpfung sind. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet,
unredliches Verhalten von Bietern bei öffentlichen Ausschreibungen unter Strafe
zu stellen. Erfasst werden betrugsähnliche Verhaltensweisen, bei denen der
Vergabestelle im Vergabeverfahren zwar wahre Angaben übermittelt werden, die
Angaben aber auf Informationen basieren, die unrechtmäßig von öffentlichen
Stellen erlangt worden sind. Eine solche Regelung gibt es bereits in einigen
Mitgliedstaaten, doch das Strafmaß ist höchst unterschiedlich (von einem Tag
Freiheitsentzug beispielsweise bis zu einer Mindestfreiheitsstrafe von drei
Jahren).[22]
Schätzungen zufolge entgehen dem EU-Haushalt jährlich 40 Mio. EUR, weil es
an wirksamen Vorschriften in diesem Bereich fehlt.[23] Angebotsabsprachen unter Bietern
werden bereits sowohl auf EU-Ebene als auch in den Mitgliedstaaten
strafrechtlich verfolgt und geahndet, so dass sie vom Anwendungsbereich dieser
Richtlinie ausgenommen sind. Artikel 4 enthält darüber hinaus eine
Definition des von den Mitgliedstaaten unter Strafe zu stellenden
Korruptionstatbestands, die sich weitgehend auf das Übereinkommen zum Schutz
der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und seine
Protokollen stützt. Die nationalen Gesetze zur Umsetzung des Übereinkommens zum
Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften von 1995 und
seiner Protokolle sowie die einschlägige Rechtsprechung legen nahe, dass die
Definition von „Bestechung“ und „Bestechlichkeit“ weiter gefasst werden muss.
Im Gegensatz zum Übereinkommen setzt der Korruptionstatbestand keine Verletzung
von Dienstpflichten voraus. Korruption stellt für die finanziellen Interessen
der Union ein besonders gravierendes Problem dar und bedarf daher einer
besonderen Regelung. Artikel 4 definiert auch den Tatbestand der
missbräuchlichen Verwendung, worunter Verhaltensweisen eines öffentlichen
Bediensteten zu verstehen sind, die nicht als Betrug im engeren Sinne
eingestuft werden können, aber eine zweckwidrige, auf eine Schädigung der
finanziellen Interessen der Union gerichtete Verwendung von Finanzmitteln oder
Vermögenswerten bewirken. Des Weiteren wird unter Verweis auf einschlägige
Geldwäsche-Vorschriften vorgeschrieben, dass die Mitgliedstaaten die Geldwäsche
von Erträgen aus in der Richtlinie erfassten Straftaten unter Strafe stellen
müssen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle gegen die finanziellen
Interessen der Union gerichtete Straftaten derselben Sanktionsregelung
unterliegen. Artikel 4 definiert den Begriff des
öffentlichen Bediensteten, der nicht nur Personen umfasst, die für die Union
oder in den Mitgliedstaaten ein Amt gesetzgebender, administrativer oder
justizieller Art bekleiden oder sonstige öffentliche Aufgaben wahrnehmen,
sondern auch Personen, die solche Aufgaben in Drittländern wahrnehmen. Denn die
finanziellen Interessen der EU müssen auch vor Bestechung und Bestechlichkeit
sowie missbräuchlicher Verwendung der Mittel in Bezug auf Personen in
Drittländern geschützt werden, soweit diese Personen Mittel der Union
verwalten. Artikel 5: Anstiftung, Beihilfe und
Versuch – Dieser Artikel verpflichtet die
Mitgliedstaaten, auch bestimmte Formen der Vorbereitung und Mitwirkung bei den
oben genannten Straftaten unter Strafe zu stellen. Die Strafbarkeit des
Versuchs ist bei den meisten Straftaten nicht eigens geregelt, da die
betreffenden Grundtatbestände bereits Elemente des Versuchs enthalten. Artikel 6: Haftung juristischer
Personen – Dieser Artikel sieht vor, dass die
Mitgliedstaaten die Haftung für alle oben genannten Straftaten auf juristische
Personen ausdehnen, dabei aber ausschließen, dass diese alternativ zu
natürlichen Personen haften. Artikel 7: Sanktionen gegen natürliche
Personen – Dieser Artikel, der für alle oben
genannten Straftaten gilt, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten wirksame,
verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verhängen und bestimmte
strafrechtliche Mindestsanktionen für natürliche Personen festlegen. Die
vorgesehenen Strafen stehen im Verhältnis zu der Schwere der Tat und
entsprechen den Strafen, die derzeit in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten
gelten. In diesem Artikel wird darüber hinaus der Zusammenhang zwischen der
Richtlinie und aus anderen Gründen verhängten disziplinarrechtlichen Sanktionen
präzisiert. Artikel 8: Freiheitsstrafen – Dieser Artikel betrifft alle oben genannten Straftaten und
sieht ausgehend von den Schwellenbeträgen für die einzelnen Straftatbestände
bestimmte Mindestfreiheitsstrafen für besonders schwere Straftaten vor. Die
Einführung von Mindeststrafen wird EU-weit für Kohärenz bei den Sanktionen
sorgen, die in den Mitgliedstaaten für ein bestimmtes Verhalten vorgesehen
sind, mit dem Ergebnis, dass in der Union ein wirksamer, gleichwertiger Schutz
der finanziellen Interessen der Union gewährleistet ist.
Wirtschaftskriminalität – darunter auch Betrug – ist ein Bereich, in dem von
strafrechtlichen Sanktionen ein besonderer Abschreckungseffekt ausgehen kann,
da zu erwarten ist, dass potenzielle Straftäter eine Risikoabwägung vornehmen,
bevor sie sich auf solche kriminellen Machenschaften einlassen. Die Einführung
von Mindestsanktionen wird daher als notwendig erachtet, um EU-weit eine
wirksame Abschreckung zu ermöglichen. Das untere Strafmaß von sechs Monaten
steht im Verhältnis zur Schwere der Straftaten und gewährleistet darüber
hinaus, dass für die in Artikel 2 des Rahmenbeschlusses über den
Europäischen Haftbefehl[24]
aufgeführten Straftaten ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt und vollstreckt
werden kann, so dass für eine möglichst wirksame Zusammenarbeit der Justiz
gesorgt ist. Artikel 9: Mindestsanktionen für
juristische Personen – Dieser Artikel enthält wie
Artikel 7 Sanktionsvorschriften, bezieht sich jedoch auf juristische
Personen. Artikel 10: Sicherstellung und
Einziehung – Dieser Artikel, der für alle von der
Richtlinie erfassten Straftaten gilt, schreibt die Sicherstellung und
Einziehung von Erträgen aus solchen Straftaten sowie von Tatmitteln vor. Artikel 11: Zuständigkeit – Dieser Artikel ist auf das Territorialitäts- und das
Personalitätsprinzip gestützt. Er gilt für alle oben genannten Straftaten. Er
enthält Anknüpfungspunkte für die Begründung der Zuständigkeit, auf deren
Grundlage die Justizbehörden in Fällen, die die finanziellen Interessen der EU
berühren, Ermittlungen aufnehmen, Strafverfolgungsmaßnahmen durchführen und
Gerichtsverfahren einleiten können. Da diese Richtlinie eine Strafverfolgung
nicht zulässt, wenn die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten nicht gegeben ist,
werden die Mitgliedstaaten und die Kommission bei betrügerischen Handlungen,
die außerhalb des Unionsgebiets von Drittstaatsangehörigen begangen wurden,
Beweismittel an den betreffenden Drittstaat weiterleiten und mit den
zuständigen Behörden zusammenarbeiten, damit diese Handlungen strafrechtlich
verfolgt werden können. Artikel 12: Verjährung von gegen die
finanziellen Interessen der Union gerichteten Straftaten – Dieser Artikel, der für alle in dieser Richtlinie erfassten Straftaten
gilt, legt eine allgemeine Mindestfrist für die Verjährung sowie eine
Verjährungsfrist für die Strafvollstreckung nach einer rechtskräftigen
Verurteilung fest. Artikel 13: Wiedereinziehung zu
Unrecht gezahlter Beträge – In diesem Artikel wird
klargestellt, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Wiedereinziehung
von Beträgen, die unrechtmäßig als Folge einer von dieser Richtlinie erfassten
Straftat gezahlt worden sind, von dieser Richtlinie und den in Artikel 12
festgelegten Verjährungsfristen unberührt bleibt. Artikel 14: Verhältnis zu anderen
geltenden Rechtsvorschriften der Union – Dieser
Artikel erläutert das Verhältnis zwischen verwaltungs- und strafrechtlichen
Sanktionsregelungen. Artikel 15: Zusammenarbeit zwischen
den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission (Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung)
– Dieser Artikel ist der Regelung über die
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission aus dem Zweiten
Protokoll des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften nachgebildet. Die Aufnahme dieser Bestimmung ist
wegen der Aufhebung des Übereinkommens und seiner Protokolle durch
Artikel 16 notwendig. Artikel 16: Aufhebung der
Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen
Gemeinschaften – Mit dieser Bestimmung werden das
Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen
Gemeinschaften und seine Protokolle aufgehoben. 4. AUSWIRKUNGEN AUF DEN
HAUSHALT Der Vorschlag hat keine unmittelbaren
Auswirkungen auf den EU-Haushalt. Sein Ziel ist jedoch, durch eine verstärkte
Abschreckung und wirksamere Strafverfolgung in den Mitgliedstaaten
Mittelausfällen, die durch rechtswidrige, gegen die finanziellen Interessen der
EU gerichtete Handlungen verursacht werden, entgegenzuwirken und Einziehungen
in Fällen zu erleichtern, in denen es trotzdem bereits zu derartigen
Mittelausfällen gekommen ist. 2012/0193 (COD) Vorschlag für RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
UND DES RATES über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen
die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT
DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise
der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 325 Absatz 4, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des
Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen
Rechnungshofes,[25]
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Der Schutz der finanziellen
Interessen der Europäischen Union erstreckt sich nicht nur auf die Verwaltung
von Haushaltsmitteln, sondern auch auf sämtliche Maßnahmen, die die
Vermögenswerte der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten beeinträchtigen
oder zu beeinträchtigen drohen, soweit letztere zur Unterstützung oder
Stabilisierung der Wirtschaft oder der öffentlichen Finanzen der
Mitgliedstaaten im Interesse der Unionspolitik bestimmt sind. (2) Um einen wirksamen,
angemessenen und abschreckenden Schutz der finanziellen Interessen der Union
sicherzustellen, sollte der in diesem Bereich bestehende verwaltungs- und
zivilrechtliche Schutz gegen besonders gravierende Formen betrugsähnlichen
Verhaltens auch künftig durch strafrechtliche Vorschriften in den
Mitgliedstaaten ergänzt werden; dabei sollten Inkonsistenzen in und zwischen
diesen Rechtsbereichen vermieden werden. (3) Zum Schutz der finanziellen
Interessen der Europäischen Union bedarf es einer gemeinsamen Definition von
Betrug, die sämtliche betrügerischen Handlungen zu Lasten der Einnahmen- oder
der Ausgabenseite des EU-Haushalts umfasst. (4) Mehrwertsteuerbetrug
schmälert die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten und beeinträchtigt dadurch
die Anwendung eines einheitlichen Satzes auf die
Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage der Mitgliedstaaten. Wie der Gerichtshof der
Europäischen Union in seiner Rechtsprechung[26]
bestätigt hat, besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhebung der
Mehrwertsteuereinnahmen unter Beachtung des einschlägigen Unionsrechts
einerseits und der Zurverfügungstellung entsprechender Mehrwertsteuermittel für
den Unionshaushalt, da jedes Versäumnis bei der Erhebung ersterer potenziell zu
einer Verringerung letzterer führt. Die Richtlinie erfasst folglich auch
Einnahmen aus Mehrwertsteuerzahlungen in den Mitgliedstaaten. (5) Die Würdigung der erheblichen
Auswirkungen auf die finanziellen Interessen der EU, die sich aus der
widerrechtlichen Verkürzung der MwSt.-basierten Eigenmittel ergeben, und die
Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Schwellenbeträge sollten wegen
der Art dieser Eigenmittel und der speziellen Methodik ihrer Berechnung
einschließlich der unterschiedlichen Behandlung der einzelnen Mitgliedstaaten
nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgen. (6) Die finanziellen Interessen
der Europäischen Union können Schaden nehmen, wenn einzelne Bieter, um die
geltenden Vorschriften für die Auftrags- oder die Finanzhilfevergabe zu umgehen
oder deren Anwendung zu verzerren, gegenüber den für die Auftrags- oder die
Finanzhilfevergabe zuständigen Stellen Angaben machen, die sich auf
Informationen stützen, die sie auf unrechtmäßige Weise direkt oder indirekt vom
Ausschreibungsgremium erhalten haben. Bei einem solchen Verhalten handelt es
sich um eine dem Betrug sehr ähnliche Handlung, die aber nicht zwangsläufig
einen vollwertigen Betrugstatbestand von Seiten des Bieters darstellen muss, da
dessen Angebot möglicherweise sämtliche Ausschreibungsanforderungen erfüllt.
Angebotsabsprachen unter Bietern verstoßen gegen das Wettbewerbsrecht der Union
und gleichwertige nationale Rechtsvorschriften; sie werden in der gesamten
Union bereits verfolgt und sollten deshalb außerhalb des Anwendungsbereichs
dieser Richtlinie bleiben. (7) Die geltenden EU-Vorschriften
zur Geldwäschebekämpfung sind in vollem Umfang auf das Waschen von Erträgen aus
den in dieser Richtlinie erfassten Straftaten anwendbar. Durch Bezugnahme auf
diese Rechtsvorschriften sollte sichergestellt werden, dass die durch diese
Richtlinie eingeführten Sanktionen für sämtliche gegen die finanziellen
Interessen der Europäischen Union gerichteten Straftaten gelten. (8) Korruption stellt eine
besonders ernste Bedrohung für die finanziellen Interessen der Europäischen
Union dar, die sich in vielen Fällen auch mit betrügerischen Handlungen in Verbindung
bringen lässt. Daher bedarf es einer besonderen Strafbewehrung für diesen
Bereich. Zu diesem Zweck sollte sichergestellt werden, dass die Definition
sämtliche einschlägige Straftaten erfasst – und zwar unabhängig davon, ob die
betreffende Handlung einen Verstoß gegen die Dienstpflichten darstellt oder
nicht. Im Zusammenhang mit den Straftatbeständen „Bestechlichkeit“ und
„missbräuchliche Verwendung“ ist es erforderlich, den Begriff „öffentlicher
Bediensteter“ so weit zu definieren, dass sämtliche ernannten, gewählten, auf
Vertragsgrundlage beschäftigten oder ein öffentliches Amt bekleidenden
Bediensteten sowie sämtliche Personen, die zwar kein öffentliches Amt
bekleiden, aber im Namen staatlicher Einrichtungen oder sonstiger öffentlicher
Stellen Dienste für die Bürger oder im allgemeinen öffentlichen Interesse
erbringen (also z. B. Auftragnehmer, die EU-Gelder verwalten) erfasst
werden. (9) Die finanziellen Interessen
der Europäischen Union können zudem durch bestimmte Verhaltensweisen eines
öffentlichen Bediensteten, die darauf abstellen, Mittel oder Vermögenswerte
zweckwidrig zu verwenden, um einen Schaden für die finanziellen Interessen der
Europäischen Union zu bewirken, beeinträchtigt werden. Daher besteht die
Notwendigkeit, derartige Verhaltensweisen abdeckende Straftatbestände genau zu
definieren. (10) Einige gegen die finanziellen
Interessen der Europäischen Union gerichtete Straftaten stehen in der Praxis
häufig in engem Zusammenhang mit den in Artikel 83 Absatz 1 AEUV und
den darauf basierenden Rechtsvorschriften erfassten Straftaten. Daher sollte
bei der Formulierung der Bestimmungen auf die Kohärenz mit diesen
Rechtsvorschriften geachtet werden. (11) Juristische Personen sollten
in dem Maße, wie die finanziellen Interessen der Europäischen Union durch ein
ihnen zurechenbares Verhalten geschädigt oder bedroht werden können, für die in
dieser Richtlinie definierten und in ihrem Namen begangenen Straftaten haftbar
sein. (12) Um einen gleichwertigen Schutz
der finanziellen Interessen der Europäischen Union durch abschreckende
Maßnahmen in der gesamten Union sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten
ferner bestimmte Mindestsanktionen und Mindeststrafmaße für die in dieser
Verordnung definierten Straftatbestände vorsehen. Die Strafmaße sollten nicht
über das hinausgehen, was für derartige Straftaten angemessen ist, und es
sollte ein Schwellenbetrag festgelegt werden, unterhalb dessen keine
Kriminalisierung erforderlich ist. (13) Diese Richtlinie berührt nicht
die ordnungsgemäße und wirksame Anwendung disziplinarrechtlicher Maßnahmen.
Sanktionen, die nicht mit strafrechtlichen Sanktionen gleichgesetzt werden
können, können bei der einzelfallspezifischen Strafzumessung für eine Straftat
im Sinne dieser Richtlinie nach Maßgabe des nationalen Rechts berücksichtigt
werden. Bei sonstigen Sanktionen sollte der Grundsatz „Ne bis in idem“ in
vollem Umfang berücksichtigt werden. Durch diese Richtlinie werden keine
Handlungen zu Straftaten erhoben, die nicht auch disziplinarrechtlichen
Sanktionen oder sonstigen Maßnahmen zur Ahndung von Verstößen gegen die
Dienstpflichten unterliegen, sofern die betreffenden disziplinarrechtlichen
Sanktionen oder sonstigen Maßnahmen auf die betroffenen Personen anwendbar
sind. (14) In schwereren Fällen sollten
als Sanktionen für natürliche Personen Freiheitsstrafen vorgesehen werden.
Diese schweren Fälle sollten durch Bezugnahme auf einen bestimmten, als
Geldbetrag ausgedrückten Mindestgesamtschaden definiert werden, der durch
kriminelle Handlungen zu Lasten des Unionshaushalts und möglicherweise anderer
Haushalte verübt wurde. Die Einführung von Mindest- und Höchststrafspannen ist
notwendig, um EU-weit einen gleichwertigen Schutz der finanziellen Interessen
der Union zu gewährleisten. Mit dem Mindeststrafmaß von sechs Monaten ist
gewährleistet, dass für die in Artikel 2 des Rahmenbeschlusses über den
Europäischen Haftbefehl aufgeführten Straftaten ein Europäischer Haftbefehl
ausgestellt und vollstreckt werden kann, so dass für eine möglichst wirksame
Zusammenarbeit der Justiz- und der Strafverfolgungsbehörden gesorgt ist. Von
den Sanktionen wird in ganz Europa eine stark abschreckende Wirkung auf
mögliche Straftäter ausgehen. Für Straftaten, die im Rahmen einer kriminellen
Vereinigung im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates[27] begangen wurden, sollten
strengere Sanktionen vorgesehen werden. (15) Vor allem wegen der Mobilität
der Täter und der Erträge aus rechtswidrigen Handlungen zu Lasten der
finanziellen Interessen der Europäischen Union sowie wegen der Komplexität der
sich daraus ergebenden grenzübergreifenden Untersuchungen sollten alle
Mitgliedstaaten, um geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, ihre
Zuständigkeit begründen und Vorschriften über die einschlägigen
Verjährungsfristen erlassen. (16) Um die Kohärenz des
Unionsrechts zu gewährleisten und den Grundsatz zu wahren, dass niemand für
dieselbe Tat zweimal bestraft werden darf, ist es erforderlich, den
Zusammenhang zwischen den in dieser Richtlinie vorgesehenen Strafen und anderen
im Unionsrecht vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen zu präzisieren.
Die Richtlinie sollte die Anwendung von spezifischen verwaltungsrechtlichen
Maßnahmen, Strafen und Geldstrafen nach dem Unionsrecht unberührt lassen. (17) Unbeschadet anderer aus dem
Unionsrecht erwachsender Pflichten besteht die Notwendigkeit, geeignete
Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der
Kommission zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes gegen die in dieser
Richtlinie definierten Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der
Europäischen Union und insbesondere über den Informationsaustausch zwischen den
Mitgliedstaaten und der Kommission vorzusehen. (18) Das Übereinkommen über den
Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli
1995[28]
und seine Protokolle vom 27. September 1996[29] beziehungsweise
29. November 1996[30]
sollten durch diese Richtlinie aufgehoben und ersetzt werden. (19) Zur ordnungsgemäßen Umsetzung
dieser Richtlinie durch die Mitgliedstaaten ist es unter anderem erforderlich,
personenbezogene Daten in den zuständigen nationalen Behörden zu verarbeiten
und zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den zuständigen EU-Stellen
auszutauschen. Die auf nationaler Ebene erfolgende Verarbeitung
personenbezogener Daten durch die zuständigen nationalen Behörden sollte durch
nationale Rechtsvorschriften in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen des
Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der
automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV-Nr. 181) und
seinen Zusatzprotokollen geregelt werden. Der Austausch
personenbezogener Daten zwischen Mitgliedstaaten sollte den Anforderungen des
Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates[31]
genügen. Etwaige Verarbeitungen personenbezogener Daten durch Organe, Einrichtungen,
Ämter oder Agenturen der Union sollten in Übereinstimmung mit der Verordnung
(EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und
zum freien Datenverkehr[32]
und den geltenden Bestimmungen über die Vertraulichkeit gerichtlicher
Untersuchungen erfolgen. (20) Der mit den strafrechtlichen
Sanktionen angestrebte Abschreckungseffekt macht es erforderlich, besonderes
Augenmerk auf die Wahrung der Grundrechte zu legen. Diese Richtlinie wahrt die
in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte
und anerkannten Grundsätze, insbesondere das Recht auf Freiheit und Sicherheit,
das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, die Berufsfreiheit und das
Recht zu arbeiten, die unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht, das Recht
auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, die
Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte, die Grundsätze der
Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und
Strafen sowie das Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich
verfolgt oder bestraft zu werden. Diese Richtlinie soll die uneingeschränkte
Wahrung dieser Rechte und Grundsätze gewährleisten und ist entsprechend
umzusetzen. (21) Diese Richtlinie findet
Anwendung unbeschadet der die Aufhebung der Befreiungen betreffenden
Bestimmungen der Verträge, des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen
der Europäischen Gemeinschaften, der Satzung des Gerichtshofs sowie der dazu
jeweils erlassenen Durchführungsvorschriften und ähnlicher Bestimmungen des
nationalen Rechts. (22) Diese Richtlinie lässt die
allgemeinen Bestimmungen und Grundsätze der innerstaatlichen
Strafrechtsvorschriften über die Verhängung und den Vollzug von Strafen nach
Maßgabe der im konkreten Einzelfall vorliegenden Umstände unberührt. (23) Da die Ziele dieser Richtlinie
auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und
daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Unionsebene
zu erreichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags
über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden.
Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses
Ziels erforderliche Maß hinaus — HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Titel I:
Gegenstand und Begriffsbestimmungen Artikel 1
Gegenstand In dieser Richtlinie werden im Wege der
Definition einschlägiger Straftatbestände und Sanktionen notwendige Maßnahmen
zur Verhütung und Bekämpfung von Betrug und sonstigen gegen die finanziellen
Interessen der Europäischen Union gerichteten rechtswidrigen Handlungen
festgelegt. Artikel 2
Definition der finanziellen Interessen der Union Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet
der Ausdruck „finanzielle Interessen der Union“ sämtliche Einnahmen und
Ausgaben, die (a)
im Haushaltsplan der Union erfasst werden; (b)
in den Haushaltsplänen der nach den Verträgen
geschaffenen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen oder in den von diesen
verwalteten und überwachten Haushaltsplänen erfasst werden. Titel II:
Verhütung und Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen
der Union Artikel 3
Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen
Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das folgende vorsätzliche Verhalten als
Straftat geahndet werden kann: (a)
im Zusammenhang mit Ausgaben jede vorsätzliche
Handlung oder Unterlassung betreffend i) die Verwendung oder Vorlage falscher,
unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen oder Unterlagen mit der Folge,
dass Mittel aus dem Gesamthaushaltsplan der Union oder aus den Haushaltsplänen,
die von der Union oder in deren Auftrag verwaltet werden, missbräuchlich
verwendet oder zu Unrecht einbehalten werden; ii) das Verschweigen einer Information
unter Verletzung einer spezifischen Pflicht mit derselben Folge oder iii) die missbräuchliche Verwendung von
Verbindlichkeiten oder Ausgaben zu anderen Zwecken als denen, für die sie
ursprünglich gewährt wurden; (b)
im Zusammenhang mit Einnahmen jede vorsätzliche
Handlung oder Unterlassung betreffend i) die Verwendung oder Vorlage falscher,
unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen oder Unterlagen mit der Folge,
dass Mittel aus dem Gesamthaushaltsplan der Union oder aus den Haushaltsplänen,
die von der Union oder in deren Auftrag verwaltet werden, missbräuchlich
verwendet oder zu Unrecht einbehalten werden; ii) das Verschweigen einer Information
unter Verletzung einer spezifischen Pflicht mit derselben Folge oder iii) die missbräuchliche Verwendung eines
rechtmäßig erlangten Vorteils mit derselben Folge. Artikel 4
Gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete betrugsähnliche
Straftaten 1. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Übermittlung oder
die unterlassene Übermittlung von Informationen an eine Vergabestelle oder
Vergabebehörde in einem öffentlichen Verfahren zur Vergabe von Aufträgen oder
Finanzhilfen, mit denen finanzielle Interessen der Union verbunden sind, durch
Bewerber oder Bieter oder durch Personen, die an der Vorbereitung der Angebote
auf ausgeschriebene Aufträge oder der Vorschläge für Förderprojekte dieser
Teilnehmer mitwirken oder dafür verantwortlich sind, als Straftat geahndet
werden kann, wenn diese Übermittlung beziehungsweise unterlassene Übermittlung
vorsätzlich und mit dem Ziel erfolgt, die Zulassungs-, Ausschluss-, Auswahl-
oder Zuschlagskriterien zu umgehen oder deren Anwendung zu verzerren. 2. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Geldwäsche im Sinne des
Artikels 1 Absatz 2 der Richtlinie 2005/60/EG[33] des Europäischen Parlaments
und des Rates, die sich auf Vermögensgegenstände aus Straftaten im Sinne der
vorliegenden Richtlinie bezieht, als Straftat geahndet werden kann. 3. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das folgende
vorsätzliche Verhalten als Straftat geahndet werden kann: a) die Handlung eines öffentlichen
Bediensteten, der unmittelbar oder über eine Mittelsperson für sich oder einen
Dritten Vorteile jedweder Art als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder
sich versprechen lässt, dass er eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der
Ausübung seines Dienstes vornimmt oder unterlässt, wodurch die finanziellen
Interessen der Union geschädigt werden oder geschädigt werden können (Bestechlichkeit); b) die Handlung einer Person, die einem
öffentlichen Bediensteten unmittelbar oder über eine Mittelsperson einen
Vorteil jedweder Art für ihn selbst oder für einen Dritten als Gegenleistung
dafür verspricht oder gewährt, dass der Bedienstete eine Diensthandlung oder
eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes vornimmt oder unterlässt,
wodurch die finanziellen Interessen der Union geschädigt werden oder geschädigt
werden können (Bestechung). 4. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das Verhalten eines
öffentlichen Bediensteten, der vorsätzlich und in der Absicht, die finanziellen
Interessen der Union zu schädigen, Mittel entgegen ihrer Zweckbestimmung bindet
oder auszahlt oder sonstige Vermögenswerte entgegen ihrer Zweckbestimmung
zuweist oder verwendet, als Straftat geahndet werden kann (missbräuchliche
Verwendung). 5. Im Sinne dieses Artikels
bedeutet „öffentlicher Bediensteter“ a) eine Person, die ein Amt gesetzgebender,
administrativer oder justizieller Art bekleidet und in dieser Eigenschaft für
die Union oder in den Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten öffentliche Aufgaben
wahrnimmt; b) eine Person, die ohne ein derartiges Amt
zu bekleiden, für die Union oder in den Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten
öffentliche Aufgaben wahrnimmt und an der Finanzverwaltung oder an Beschlüssen
beteiligt ist, die die finanziellen Interessen der Union berühren. Titel III:
Allgemeine Bestimmungen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrug zum Nachteil
der finanziellen Interessen der Union Artikel 5
Anstiftung, Beihilfe und Versuch 1. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Anstiftung oder
Beihilfe zu einer Straftat im Sinne des Titels II als Straftat geahndet
werden kann. 2. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Versuch der Begehung
einer Straftat im Sinne des Artikels 3 oder des Artikels 4
Absatz 4 als Straftat geahndet werden kann. Artikel 6
Haftung juristischer Personen 1. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person
für eine Straftat im Sinne des Titels II haftbar gemacht werden kann, die
zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurde, die entweder allein oder als
Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die eine
Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat aufgrund (a)
einer Befugnis zur Vertretung der juristischen
Person, (b)
einer Befugnis, Entscheidungen im Namen der
juristischen Person zu treffen, oder (c)
einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen
Person. 2. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um zudem sicherzustellen, dass eine juristische
Person haftbar gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle
durch eine der in Absatz 1 genannten Personen die Begehung einer Straftat
im Sinne des Titels II zugunsten der juristischen Person durch eine ihr
unterstellte Person ermöglicht hat. 3. Die Haftung einer
juristischen Person nach den Absätzen 1 und 2 schließt die strafrechtliche
Verfolgung natürlicher Personen als Täter einer Straftat im Sinne des
Titels II oder als gemäß Artikel 5 strafrechtlich haftbare Person
nicht aus. 4. Im Sinne dieser Richtlinie
bedeutet „juristische Person“ jedes Rechtssubjekt, das diesen Status nach dem
jeweils geltenden innerstaatlichen Recht besitzt, mit Ausnahme von Staaten oder
sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts in der Ausübung ihrer
hoheitlichen Rechte und öffentlich-rechtlichen internationalen Organisationen. Artikel 7
Sanktionen gegen natürliche Personen 1. Die Mitgliedstaaten stellen
in Bezug auf natürliche Personen sicher, dass Straftaten im Sinne des
Titels II mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen,
einschließlich Geldstrafen und Freiheitsstrafen nach Artikel 8, geahndet
werden können. 2. In minder schweren Fällen,
mit denen ein Schaden beziehungsweise ein Vorteil im Wert von weniger als
10 000 EUR verbunden ist und bei denen keine besonders
schwerwiegenden Umstände vorliegen, können die Mitgliedstaaten andere als
strafrechtliche Sanktionen vorsehen. 3. Absatz 1 lässt die
Ausübung der Disziplinargewalt der zuständigen Behörden gegenüber öffentlichen
Bediensteten unberührt. 4. Die Mitgliedstaaten stellen
sicher, dass bei der Strafzumessung im Fall einer Straftat im Sinne des
Titels II Sanktionen anderer Art, die nicht mit strafrechtlichen
Sanktionen gleichgesetzt werden können und die gegen die betreffende Person
wegen desselben Verhaltens bereits verhängt worden sind, berücksichtigt werden
können. Artikel 8
Freiheitsstrafen 1. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten im Sinne des
Artikels 3 und des Artikels 4 Absätze 1 und 4, mit denen ein
Vorteil beziehungsweise ein Schaden im Wert von mindestens
100 000 EUR verbunden ist, geahndet werden können mit (a)
einer Freiheitsstrafe im Mindestmaß von mindestens
sechs Monaten, (b)
einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens
fünf Jahren. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen
Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten im Sinne des Artikels 4
Absätze 2 und 3, mit denen ein Vorteil beziehungsweise ein Schaden im Wert
von mindestens 30 000 EUR verbunden ist, geahndet werden können mit (a)
einer Freiheitsstrafe im Mindestmaß von mindestens
sechs Monaten, (b)
einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens
fünf Jahren. 2. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten im Sinne des
Titels II mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zehn
Jahren geahndet werden können, wenn die Straftat im Rahmen einer kriminellen
Vereinigung im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI begangen wurde. Artikel 9
Mindestsanktionen für juristische Personen Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen
Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 6
haftbare juristische Person wirksame, verhältnismäßige und abschreckende
Sanktionen verhängt werden können, zu denen Geldstrafen und Geldbußen gehören
und die andere Sanktionen einschließen können, darunter: (a)
Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder
Hilfen, (b)
vorübergehendes oder ständiges Verbot der Ausübung
einer Handelstätigkeit, (c)
Unterstellung unter richterliche Aufsicht, (d)
richterlich angeordnete Eröffnung des Liquidationsverfahrens,
(e)
vorübergehende oder endgültige Schließung von
Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden. Artikel 10
Sicherstellung und Einziehung Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass
Tatmittel und Erträge aus Straftaten im Sinne des Titels II nach Maßgabe
der Richtlinie …/…/... [des Europäischen Parlaments und des Rates über die
Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der Europäischen
Union][34]
sichergestellt und eingezogen werden. Artikel 11
Zuständigkeit 1. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, um ihre Zuständigkeit für Straftaten im Sinne des
Titels II in den Fällen zu begründen, in denen (a)
die Straftat ganz oder teilweise in ihrem
Hoheitsgebiet begangen worden ist oder (b)
der Täter ihre Staatsangehörigkeit besitzt. 2. Im Falle des Absatzes 1
Buchstabe b treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um
sicherzustellen, dass ihre Zuständigkeit nicht an die Bedingung geknüpft wird,
dass die Strafverfolgung nur nach einer Anzeige des Opfers an dem Ort, an dem
die Straftat begangen wurde, oder nach einer Benachrichtigung durch den Staat,
in dem sich der Tatort befindet, eingeleitet werden kann. 3. Die Mitgliedstaaten stellen
sicher, dass eine Straftat, die mittels einer Informations- und Kommunikationstechnologie
verübt wurde, auf die der Zugriff aus ihrem Hoheitsgebiet erfolgte, unter ihre
Zuständigkeit fällt. Artikel 12
Verjährung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten
Straftaten 1. Die Mitgliedstaaten
gewährleisten ab dem Zeitpunkt, zu dem die Straftat begangen wurde, eine
mindestens fünfjährige Verjährungsfrist, innerhalb deren Straftaten im Sinne
des Titels II und des Artikels 5 Gegenstand von Ermittlungen,
Strafverfolgungsmaßnahmen, Gerichtsverfahren und gerichtlichen Entscheidungen
sein können. 2. Die Mitgliedstaaten stellen
sicher, dass die Verjährungsfrist durch die Handlung einer zuständigen Behörde,
unter anderem durch die effektive Aufnahme der Ermittlungen oder der
Strafverfolgung, bis mindestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt, zu dem die
Straftat verübt wurde, unterbrochen wird und von Neuem beginnt. 3. Die Mitgliedstaaten treffen
die erforderlichen Maßnahmen, damit eine nach einer rechtskräftigen
Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des Titels II und des Artikels 5
verhängte Strafe innerhalb eines ausreichenden Zeitraums von mindestens zehn
Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung vollstreckt werden kann. Artikel 13
Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge Diese Richtlinie lässt die Wiedereinziehung von
Beträgen unberührt, die zu Unrecht im Zusammenhang mit einer Straftat im Sinne
des Titels II gezahlt worden sind. Artikel 14
Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften der Union Diese Richtlinie lässt die Anwendung von
verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, Sanktionen und Geldbußen unberührt, die im
Unionsrecht, insbesondere in Artikel 4 und 5 der Verordnung (EG, Euratom)
Nr. 2988/95 des Rates[35],
oder im einzelstaatlichen Recht im Einklang mit einer besonderen
unionsrechtlichen Verpflichtung festgelegt sind. Die Mitgliedstaaten stellen
sicher, dass die ordnungsgemäße und wirksame Anwendung von im Unionsrecht oder
in einzelstaatlichen Umsetzungsvorschriften festgelegten verwaltungsrechtlichen
Maßnahmen, Sanktionen und Geldbußen, die nicht mit einer strafrechtlichen
Sanktion gleichgesetzt werden können, nicht durch Strafverfahren beeinträchtigt
wird, die auf der Grundlage einzelstaatlicher Vorschriften zur Umsetzung dieser
Richtlinie eingeleitet worden sind. Titel IV:
Schlussbestimmungen Artikel 15
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission
(Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung) 1. Die Mitgliedstaaten und die
Kommission arbeiten bei der Bekämpfung von Straftaten im Sinne des
Titels II zusammen. Hierzu leistet die Kommission die technische und
operative Hilfe, die die zuständigen nationalen Behörden gegebenenfalls zur
besseren Koordinierung ihrer Untersuchungen benötigen. 2. Die zuständigen Behörden in
den Mitgliedstaaten können mit der Kommission Informationen austauschen, um die
Feststellung des Sachverhalts zu erleichtern und ein wirksames Vorgehen gegen
Straftaten im Sinne des Titels II zu gewährleisten. Die Kommission und die
zuständigen nationalen Behörden tragen den Erfordernissen des
Untersuchungsgeheimnisses und des Datenschutzes in jedem einzelnen Fall
Rechnung. Hierzu kann ein Mitgliedstaat, wenn er der Kommission Informationen
liefert, besondere Bedingungen für die Verwendung dieser Informationen durch
die Kommission oder durch einen anderen Mitgliedstaat, an den die Informationen
übermittelt werden dürfen, festlegen. Artikel 16
Aufhebung der Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften Das Übereinkommen über den Schutz der
finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli 1995
und die diesbezüglichen Protokolle vom 27. September 1996,
29. November 1996 und 19. Juni 1997 werden mit Wirkung vom [Tag des
Anwendungsbeginns gemäß Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 2]
aufgehoben. Artikel 17
Umsetzung 1. Die Mitgliedstaaten erlassen
und veröffentlichen spätestens am […] die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der
Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit. Sie wenden diese Vorschriften ab dem […] an. Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die
Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der
amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten
regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme. 2. Die Mitgliedstaaten teilen
der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften
mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Artikel 18
Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach
ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Artikel 19
Adressaten Diese
Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am Im Namen des Europäischen Parlaments Im
Namen des Rates Der Präsident Der
Präsident [1] KOM(2011) 595 endg. vom 29.9.2011 nebst begleitender
Arbeitsdokumente der Kommissionsdienststellen (SEC(2011) 1107, 1108 und 1109
endg.). [2] Übereinkommen vom 26. Juli 1995 aufgrund von Artikel K.3
des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen
der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 49), erstes
Protokoll vom 27. September 1996 zum Übereinkommen über den Schutz der
finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 313 vom
23.10.1996, S. 2) (Betrug), Übereinkommen vom 26. Mai 1997 über die Bekämpfung
der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (ABl. C 195 vom
25.6.1997) (Korruption) und Protokoll vom 29. November 1996 betreffend die
Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung (ABl. C 151 vom 20.5.1997, S. 2);
zweites Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen
der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni 1997 (ABl. C 221 vom 19.7.1997, S.
12) (Geldwäsche). [3] Siehe die Berichte der Kommission über die Umsetzung des
Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen
Gemeinschaften (KOM(2004) 709 endg. vom 25.10.2004 und KOM(2008) 77 endg. vom
14.2.2008). [4] Bei der nachfolgenden Tabelle handelt es sich um einen
Auszug aus dem umfassenden, auch andere Straftatbestände abdeckenden Überblick
in der diesen Richtlinienvorschlag begleitenden Folgenabschätzung. Die Tabelle
dürfte ein ungefähres Bild der Lage in den Mitgliedstaaten vermitteln (Stand:
Dezember 2011). [5] Siehe Fußnote 2. [6] Siehe Abschnitt 4.1 des zweiten Berichts der Kommission
über die Umsetzung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen
Interessen der Europäischen Gemeinschaften und seiner Protokolle vom 14.2.2008
(KOM(2008) 77 endg.). Seither haben weitere Mitgliedstaaten das Übereinkommen
und seine Protokolle ratifiziert. Lediglich die Tschechische Republik hat das
Übereinkommen bisher nicht ratifiziert, inzwischen jedoch das in ihrer
Verfassung vorgesehene Verfahren für die Ratifizierung eingeleitet. [7] ABl. L 68 vom 15.3.2005, S. 49. [8] COM(2012) 85 final vom 12.3.2012. [9] Richtlinie 91/308/EWG, später aufgehoben und ersetzt
durch die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der
Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15). [10] Beschluss der Kommission vom 6.6.2011 zur Einführung eines
Berichterstattungsmechanismus für die regelmäßige Bewertung der
Korruptionsbekämpfung in der EU (K(2011) 3673 endg.) [11] KOM(2011) 293 endg. vom 26.5.2011. [12] SEK(2011) 621 endg. vom 26.5.2011. [13] KOM(2011) 573 endg. vom 20.9.2011. [14] ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1. [15] Im landwirtschaftlichen Bereich beispielsweise durch die
Verordnung (EG) Nr. 73/2009 über Direktzahlungen an Landwirte (ABl. L 30 vom
31.1.2009, S. 16). [16] Einen Überblick über diese Vorschriften gibt die Studie
über den Rechtsrahmen für den strafrechtlichen Schutz der finanziellen
Interessen der EU (RS 2011/07 vom 4. April 2012, S. 22). [17] Studie über den Rechtsrahmen für den strafrechtlichen
Schutz der finanziellen Interessen der EU (Vertrag Nr.
JUST/2011/EVAL/FW/1023/A4). [18] Ibid. [19] Siehe als weiteren Anhaltspunkt auch die Definition in
Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. [20] KOM(2001) 272 endg. vom 23.5.2001, geändert durch den geänderten
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über
den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft
(KOM(2002) 577 endg. vom 16.10.2002). [21] Urteil vom 15. November 2011 in der Rechtssache C-539/09
(Europäische Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland), ABl.
C 25 vom 28.1.2012, S. 5. [22] Studie über den Rechtsrahmen für den strafrechtlichen
Schutz der finanziellen Interessen der EU (RS 2011/07 vom 4. Mai 2012,
S. 74). [23] A. a. O., S. 150. [24] ABl. L 190 vom 18.7.2002,
S. 1. [25] ABl. C … vom …, S …. [26] Rs. C-539/09 (ABl. C 25 vom 28.1.2012, S. 5). [27] ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42. [28] ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 48. [29] ABl. C 313 vom 23.10.1996, S. 1. [30] ABl. C 151 vom 20.5.1997, S. 1. [31] ABl. L 350 vom 30.12.2008, S. 60. [32] ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1. [33] ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15. [34] Richtlinienvorschlag COM(2012) 85. [35] Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom
18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften, ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1.