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Document 52012AE1040

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006“ COM(2011) 615 final — 2011/0276 (COD)

ABl. C 191 vom 29.6.2012, p. 30–37 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 191/30


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006“

COM(2011) 615 final — 2011/0276 (COD)

2012/C 191/06

Berichterstatter: Ioannis VARDAKASTANIS

Der Rat beschloss am 27. Oktober 2011 und das Europäische Parlament am 25. Oktober 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 177 und Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006

COM(2011) 615 final — 2011/0276 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 3. April 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 480. Plenartagung am 25./26. April 2012 (Sitzung vom 25. April) mit 162 gegen 9 Stimmen bei 9 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass die derzeitige Wirtschaftspolitik in der EU (Sparmaßnahmen, Haushaltszurückhaltung in den Mitgliedstaaten, Begrenzung des EU-Haushalts, Fiskalpakt, Beschränkungen für die EZB usw.) eine wirtschaftliche Rezession mit unvorhersehbarer Wirkung einleitet, während gerade das Gegenteil gebraucht wird, nämlich Maßnahmen, die anhand eines beherzteren, wirksameren Ansatzes gleichzeitig oder sogar vorauswirkend zur Unterstützung von Wachstum und Beschäftigung beitragen. Wie auf der Tagung des Europäischen Rates am 30. Januar 2012 bereits vorgeschlagen wurde, könnten die Strukturfonds (und zum Teil vorübergehend auch die Landwirtschaftsfonds) hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, wenngleich in begrenzter Form.

1.2   Es sollte Ein europäischer Wachstumsplan – ein „New Deal“ – ins Leben gerufen werden, der umfangreiche, zielgerichtete Projekte umfasst und mehrere Schlüsselsektoren, die der Wirtschaft der EU wieder Auftrieb geben können, einbezieht. Ein solcher Plan könnte mit unmittelbarer Wirkung über Restbeträge aus dem Zeitraum 2007-2013 und so bald wie möglich und für eine beschränkte Dauer auch teilweise aus den für 2014-2020 vorgesehenen Mitteln finanziert werden. Ein solcher Fonds sollte über die Ausgabe von Anleihen (1) durch die EIB unterstützt und gefördert werden (Artikel 87 der neuen Verordnung). Dies hätte eine Multiplikatorwirkung auf Investitionen, denn es würde Kapital von außen angelockt mit einem positiven Effekt auf die Staatsverschuldung und damit auf den Euro, der gestärkt werden würde.

1.3   Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass Partnerschaften, die alle Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der Allgemeinen Verordnung (AV) in die Vorbereitung, Durchführung und Ex-post-Evaluierung der im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik durchgeführten Projekte einbeziehen, unmittelbar zu deren Erfolg beitragen. Der Ausschuss begrüßt die Fortschritte in Artikel 5 des Vorschlags der Europäischen Kommission, in dem horizontale Partnerschaften zwingend vorgeschrieben werden; er weist darauf hin, dass in allen Phasen des Einsatzes von Fonds-Mitteln eine echte Mitwirkung gegeben sein sollte, die auch diese Partner mit Stimmrecht in den Monitoringausschüssen umfasst. Vor diesem Hintergrund ist der EWSA der Auffassung, dass Artikel 5 der Allgemeinen Verordnung dahingehend überprüft und umformuliert werden sollte, dass die darin enthaltenen Bestimmungen bezüglich Partnerschaften, und insbesondere Absatz 2, auf allen Verwaltungsebenen, d.h. auf der nationalen, regionalen und lokalen Ebene, wirksam zur Anwendung kommen.

1.3.1   Der EWSA möchte einen Beitrag zu dem in Artikel 5 genannten Verhaltenskodex leisten und ist tief beunruhigt über die Signale aus dem Rat, wonach Mitgliedstaaten die Umsetzung des Partnerschaftsprinzips einschränken wollen; er fordert die Europäische Kommission und das Europäische Parlament dazu auf, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Der Verhaltenskodex sollte eine klare, umfassende Definition von Nichtregierungsorganisationen enthalten, einschließlich repräsentativer Organisationen benachteiligter Bevölkerungsgruppen im Sinne von Artikel 10 und 19 AEUV, wie Frauen, ältere Menschen, Jugendliche, Menschen mit bestimmter sexueller Ausrichtung, Menschen mit einer Behinderung, Anhänger einer bestimmten Religion und Angehörige ethnischer Minderheiten. In dem Verhaltenskodex sollten zudem im Hinblick auf eine effiziente und unbürokratische Umsetzung und Nutzung kohäsionspolitischer Programme eindeutige Regeln für die Durchführung von Projekten und Programmen festgelegt sein, eine zeitnahe Bearbeitung vorgeschrieben werden und ein Beschwerdeverfahren vorgesehen sein. Der EWSA ist der Auffassung, dass zusätzliche, von den Mitgliedstaaten angewandte Genehmigungskriterien im Sinne der Vermeidung zusätzlichen bürokratischen Aufwands (und einer überkorrekten Umsetzung) zunächst einer öffentlichen Begutachtung unterzogen werden sollten.

1.4   Der EWSA befürwortet im Hinblick auf besser zielgerichtete und echte, nachhaltige Ergebnisse eine stärkere Nutzung der Ex-ante und Ex-post-Konditionalitäten in den EU-Strukturfonds; spricht sich indes gegen die makroökonomische Konditionalität aus, da damit die Regionen und die Bürger „bestraft“ werden, die nicht für makroökonomische Entscheidungen auf nationaler oder europäischer Ebene verantwortlich gemacht werden können.

1.5   Der EWSA würdigt die Bemühungen der Europäischen Kommission zur Vereinfachung der Verfahren, hält diese aber für unzureichend. Das Procedere ist nach wie vor zu kompliziert. Durch eine übermäßige Gewichtung von Anhörungen und Verfahren erschweren sowohl nationale als auch europäische Behörden immer noch den einfachen Zugang zu EU-Mitteln für KMU und Nichtregierungsorganisationen. Der bürokratische Aufwand, insbesondere in Ländern, in denen durch ein föderales System unterschiedliche Bürokratieebenen geschaffen werden, muss verringert werden.

1.6   Der EWSA schlägt vor, das Konzept einer "Verwaltung aus einer Hand (one stop shop) in Erwägung zu ziehen, um so die Kohäsionspolitik in stärkerem Maße auf die Empfänger auszurichten (kundenorientierter Ansatz). Der EWSA ist ferner der Ansicht, dass der Schwellenwert, unterhalb dessen Vorhaben gemäß Artikel 140 nur einmal geprüft werden, von derzeit 100 000 auf 250 000 EUR angehoben werden sollte. Dieser Betrag sollte im Hinblick auf eine weitere Vereinfachung der Bestimmungen für den gemeinschaftsfinanzierten Teil solcher Projekte gelten.

1.7   Der EWSA begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine thematische Konzentration als Mittel, eine Fragmentierung der Bemühungen zu vermeiden; vor diesem Hintergrund plädiert der EWSA im Hinblick auf die Schaffung einer homogenen und einheitlichen Kohäsionspolitik, die in vollem Umfang den Zielen der Europa-2020-Strategie zugutekommen kann, für eine enge Koordinierung der Bemühungen zwischen den verschiedenen Strukturfonds. Er ist der Auffassung, dass noch weitere Themen wie (i) die Verbesserung der Zugänglichkeit und (ii) der Aufbau der Kapazitäten von Interessenträgern im Bereich Kohäsionspolitik (Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV) in die Liste der spezifischen thematischen Ziele aufgenommen werden sollten.

1.8   Der EWSA weist erneut darauf hin, dass Artikel 7 der AV dahingehend geändert werden muss, dass der Zugang zu den Mitteln und die Beseitigung von Zugangshindernissen für Menschen mit Behinderungen entsprechend der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen aufgenommen wird.

1.9   Der EWSA hebt die Bedeutung des Aufbaus von Kapazitäten für Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV hervor und spricht sich dafür aus, den „Aufbau von Kapazitäten“ in Artikel 2 zu definieren. „Kapazitätsaufbau“ sollte im Sinne einer stärkeren Beteiligung der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV an der Vorbereitung, Umsetzung und Überwachung der Strukturfonds in allen Phasen definiert werden.

1.10   Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, den Gemeinsamen Strategischen Rahmen (GSR) zurückzustellen, um so den EU-Institutionen und politischen Gremien die Möglichkeit zu geben, an den Verhandlungen über den GSR und an seiner Annahme teilzunehmen.

1.11   Der EWSA regt an, die Mitwirkung von Akteuren der Sozialwirtschaft an der Verwirklichung der Ziele der verschiedenen Fonds zu klären.

1.12   Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass die Konditionalität nicht der Flexibilität der strukturpolitischen Maßnahmen zuwiderlaufen darf, da es keine Patentlösung für alle Regionen gleichermaßen gibt, und dass das gemeinsame Ziel von mehr Zusammenhalt durch gemeinsame Regeln beibehalten werden muss.

1.13   Der Ausschuss unterstützt nachdrücklich den Vorschlag, mindestens 20 % der nationalen ESF-Mittel insgesamt für die soziale Inklusion und die Armutsbekämpfung bereitzustellen.

1.14   Der EWSA begrüßt die Bemühungen um eine stärker ergebnisorientierte Verordnung und ist der Überzeugung, dass makroökonomische Indikatoren alleine, wie etwa das BIP, zur Feststellung des Kohäsionsniveaus eindeutig nicht ausreichen.

1.15   Der EWSA dringt entsprechend Artikel 51 der AV auf eine Stärkung der Kapazität der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV. Durch die Einbindung dieser Partner in diesen Prozess aus Unterstützung, Studien, Evaluierungen, Expertenberichten und anderen, durch technische Hilfe unterstützten Maßnahmen lassen sich die Partizipation und die Partizipationsfähigkeit aller Partner an den Strukturfonds sinnvoller gestalten, was letztlich einer erfolgreichen Umsetzung der Kohäsionspolitik zugutekommt. Der EWSA bedauert, dass bei operationellen Programmen technische Hilfe nicht bei Umweltmaßnahmen, Maßnahmen zur Chancengleichheit und zur Gleichstellung von Frauen und Männern zum Einsatz kommen soll. Diese Ausklammerung sollte aus Artikel 87 gestrichen werden.

1.16   Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass die beschränkt zur Verfügung stehenden Mittel durch wohl durchdachte Finanzierungstechniken optimal genutzt werden müssen; es ist dafür Sorge zu tragen, dass jeder in die Kohäsionspolitik gesteckte Euro einen möglichst großen Nutzen erbringt. Der EWSA hebt hervor, dass die Maßnahmen im Rahmen der verschiedenen Strukturfonds sorgfältig koordiniert und die Kofinanzierungsraten überprüft werden müssen, um in der derzeitigen Krisensituation den Bedürfnissen der Empfänger besser gerecht zu werden.

1.17   Gemäß Artikel 174 AEUV ist die Kohäsionspolitik ein Kernstück der Europäischen Union und soll zur Stärkung ihres wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts beitragen. Für Mitgliedstaaten, deren durchschnittliches BIP-Wachstum im Zeitraum 2007-2009 negativ war und die im gegenwärtigen Zeitraum bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln eine gute Rate aufweisen, wird der Begrenzungssatz mindestens in Höhe des gegenwärtigen Zeitraums festgesetzt. Die für die Kohäsionspolitik festgelegte Begrenzungshöhe gilt nicht für den Fischereifonds und den Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.

2.   Was die Krise von der EU fordert: neue Strukturfonds für eine schwierige Zeit

2.1   Die Arbeitslosenquote in der EU ist infolge der Wirtschaftskrise auf 10,3 % gestiegen (darunter mehr als 5 Millionen junge Menschen – die „verlorene Generation“) und der Prozentsatz an Menschen, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, ist in einigen EU-Mitgliedstaaten um mehr als 4 %, der Anteil an materiell stark benachteiligten Menschen um 3 % angestiegen.

2.2   Trotz der bisherigen Bemühungen der EU in den Bereichen Kohäsion, Entwicklung des ländlichen Raums und Fischereipolitik nehmen die Entwicklungsunterschiede zwischen den Regionen erneut zu. Laut dem fünften Kohäsionsbericht haben die Unterschiede allgemein zugenommen und insbesondere die Unterschiede innerhalb der Länder (größerer Wohlstand in den Hauptstädten, größere Armut in den weniger entwickelten Regionen), die in einigen Fällen geradezu dramatisch ausfallen. Der Bericht zeigt auch die erheblichen Unterschiede auf, die in Bezug auf das Entwicklungsniveau zwischen Stadt und Land herrschen (2).

2.3   Der EWSA fordert auf der Grundlage der auf der Tagung des Europäischen Rates vom 30. Januar 2012 getroffenen Vereinbarungen die Kommission und den Rat dazu auf, durch ein „Sonderverfahren“ die derzeit geltenden Vorschriften für fünf Jahre auszusetzen, um so eine unmittelbare und beschleunigte Nutzung der Fonds zu ermöglichen und um unnötige Hindernisse und den behördlichen Ermessensspielraum zu beseitigen. Eine solche Maßnahme käme insbesondere KMU für ihre Innovationen und Produktionsverbesserungen sowie Projekten mit jungen Menschen zugute.

2.4   Die Kohäsionspolitik ist ein Kernstück der Europäischen Union, und die EU wird gemäß Artikel 174 AEUV ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts weiterhin entwickeln und verfolgen. Die Union setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern.

2.5   Vor diesem Hintergrund hebt der Ausschuss hervor, dass für Mitgliedstaaten, deren durchschnittliches BIP-Wachstum im Zeitraum 2007-2009 negativ war und die im gegenwärtigen Zeitraum bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln eine gute Rate aufweisen, der Begrenzungssatz mindestens in Höhe des gegenwärtigen Zeitraums festgesetzt wird. Die für die Kohäsionspolitik festgelegte Begrenzungshöhe gilt nicht für den Fischereifonds und den Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.

2.6   Der EWSA hat hervorgehoben, wie wichtig es ist, die Strukturfonds in die Europa-2020-Strategie einzubinden. Deren Vorgaben und Ziele sollten daher eng mit der Kohäsionspolitik (3) verknüpft und es sollte deutlicher herausgestellt werden, wie die Strukturfonds künftig zu den Zielen der Europa-2020-Leitinitiativen beitragen werden. Diese Ziele werden in naher Zukunft überprüft werden müssen, wenn die EU sie mitten in einer tiefen Krise verwirklichen will.

2.7   In mehreren Stellungnahmen (4) hat der EWSA betont, dass die Ziele der Strukturfonds über die Europa-2020-Strategie hinausgehen. Die Strukturfonds sollten daher ein Mechanismus sein, mit dem sichergestellt wird, dass die Wirtschaft der EU ihre beschäftigungs- und bildungspolitischen Maßnahmen stärkt, um so das Humankapital und die für Wachstum, Beschäftigung und soziale Inklusion notwendigen Investitionen zu erhalten und auszubauen. Sie sollten einen Beitrag zu anderen Strategien und Politikbereichen in der EU leisten, unter anderem zu dem Aktionsplan zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen 2010-2015, dem „Small Business Act“, der Energie-Strategie für Europa, der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020, dem EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma und der Strategie für nachhaltige Entwicklung.

2.8   Der EWSA ist zutiefst besorgt über die Folgen der Krise und ist der Meinung, dass die Strukturfonds zur Überwindung der Krise beitragen können, wenn die wirtschaftspolitische Steuerung der EU, die derzeit nicht genug an Wachstum, Beschäftigung und sozialer Inklusion bringt, einer Überprüfung unterzogen wird. Der EWSA unterstreicht, dass die im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Stabilität ergriffenen Sparmaßnahmen die Bemühungen um mehr Zusammenhalt in Europa nicht unterminieren dürfen; Strukturmaßnahmen sollten Wachstum, soziale Inklusion und mehr Beschäftigung fördern.

2.9   Die Schwere der Wirtschaftskrise zeigt, dass die Mittel (376 Mrd. EUR), die die Kommission derzeit für die Strukturfonds im Programmplanungszeitraum 2014-2020 vorschlägt, nicht ausreichen, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in der EU voranzubringen. Der EWSA ruft den Rat und das Europäische Parlament dazu auf, den aktuellen Vorschlag für die Strukturfonds im mehrjährigen Finanzrahmen zu überdenken, und ersucht die Institutionen, die EU-Mittel auf die weniger entwickelten Regionen zu konzentrieren und nicht noch mehr Fragmentierung und Bürokratie herbeizuführen.

2.10   Die Krise darf die Europäische Union nicht daran hindern, ihre internationalen Verpflichtungen und Übereinkommen, wie etwa die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen und die VN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen, einzuhalten.

3.   Solide Grundsätze für wirkungsvolle Strukturfonds

3.1   Strategische Programmplanung

3.1.1   Der EWSA ist der Meinung, dass der Gemeinsame Strategische Rahmen ein wichtiges Mittel ist, das eine bessere Koordination der Maßnahmen zur Umsetzung der Kohäsionspolitik durch die verschiedenen Strukturfonds gewährleisten wird.

3.1.2   Der EWSA begrüßt den Gemeinsamen Strategischen Rahmen, plädiert aber für einen Ansatz, der auf die Empfänger abstellt. Potenzielle Empfänger müssen sich derzeit mit unterschiedlichen Verfahren für Beihilfen auseinandersetzen (z.B. bestehen Unterschiede zwischen dem EFRE und dem ELER), was für potenzielle Empfänger mit Verwaltungsaufwand verbunden ist. Der Gemeinsame Strategische Rahmen ist in seiner derzeit vorgeschlagenen Form lediglich ein verwaltungstechnischer Kriterienkatalog, das Konzept einer „Verwaltung aus einer Hand“ für die Empfänger fehlt hingegen. Der Gemeinsame Strategische Rahmen sollte ferner eine eindeutige Dokumentation und eine einheitliche, in allen Mitgliedstaaten anzuwendende Auslegung der Regeln enthalten. Ein solches Konzept würde aber sicherstellen, dass der GSR ein Instrument zur effizienteren Nutzung der Fonds darstellt und keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand birgt.

3.1.3   Nach Ansicht des EWSA sollte der GSR genauere Angaben zu den Investitionsprioritäten enthalten, die sich aus den Zielen der Europa-2020-Strategie ergeben. Dabei sollte insbesondere dargelegt werden, durch welche Maßnahmen die soziale Inklusion besonders arbeitsmarktferner Personen (darunter Frauen, Jugendliche, Einwanderer, ältere Menschen und behinderte Menschen) erreicht werden könnte.

3.1.4   Zudem ist der EWSA der Auffassung, dass der GSR unter Beteiligung aller EU-Institutionen und beratenden Organe vereinbart werden sollte, damit er von allen möglichst voll mitgetragen wird.

3.1.5   Die Einführung der Partnerschaftsvereinbarungen zur Erreichung gemeinsamer europäischer, nationaler und regionaler Ziele wird begrüßt.

3.1.6   Der EWSA ruft dazu auf, alle Partnerschaftsvereinbarungen und die entsprechenden Programme mit den nationalen Reformprogrammen (NRP) zu verknüpfen. In den nationalen Reformprogrammen sollten sich alle Ziele der Europa-2020-Strategie sowie anderweitige Verpflichtungen aus internationalen Zusagen und Übereinkommen, wie etwa der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen und der VN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen, widerspiegeln.

3.1.7   Die Einbeziehung der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV in die Vorbereitung und Annahme der Partnerschaftsvereinbarungen ebenso wie in die vorgeschlagene mögliche Änderung der Partnerschaftsvereinbarungen (Artikel 15) werden für den Erfolg der Strukturfonds von entscheidender Bedeutung sein. Der Vorschlag für eine allgemeine Verordnung sollte dementsprechend geändert werden.

3.1.8   Der EWSA fordert, Artikel 14 des Vorschlags für eine allgemeine Verordnung auf der Grundlage von Artikel 10 und 19 des AEUV dahingehend zu ändern, dass in Abschnitt c) entsprechende Hinweise auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen, wie Frauen, ältere Menschen, Jugendliche, Menschen mit bestimmter sexueller Ausrichtung, Menschen mit einer Behinderung, Anhänger einer bestimmten Religion und Angehörige ethnischer Minderheiten aufgenommen werden.

3.2   Thematische Konzentration und Vereinfachung

3.2.1   Der EWSA begrüßt den Vorschlag für eine allgemeine Verordnung, die eine Reihe gemeinsamer Bestimmungen für die Strukturfonds enthält, denn die Kohäsionspolitik in der EU wird hierdurch eine gemeinsame europäische Perspektive sowie zusätzlich an Kohärenz und Effizienz gewinnen.

3.2.2   Der EWSA begrüßt die elf thematischen Ziele. Er ist jedoch der Auffassung, dass noch weitere Themen wie etwa (1) Verbesserung der Zugänglichkeit und (2) Aufbau der Kapazitäten der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV) aufgenommen werden sollten. Der EWSA ruft dazu auf, diese in Artikel 9 des Vorschlags für eine allgemeine Verordnung aufzunehmen.

3.2.3   Um Synergien sowie ein auf mehr Zusammenhalt ausgerichtetes, inklusiveres Wachstum sicherzustellen, sollten sich alle Länder auf die in dem Vorschlag für eine allgemeine Verordnung festgelegten Themenbereiche konzentrieren.

3.2.4   Der EWSA hat sich bereits für eine Vereinfachung der Verwaltungs-, Rechnungsführungs- und Rechnungsprüfungsverfahren ausgesprochen, da „die Vereinfachung […] künftig oberstes Ziel der Kohäsionspolitik sein [muss]“ (5). Er begrüßt daher die Aufnahme dieses Grundsatzes in den vorliegenden Vorschlag. Übermäßiger bürokratischer Aufwand muss vermieden und es muss mehr dafür getan werden, dass die Endempfänger von den Maßnahmen profitieren. Die Vereinfachung muss mehr Klarheit in Bezug auf Förderfähigkeit, Rechnungsprüfung, Zahlungen und Einsatz von IKT schaffen. Hierzu gehört auch, dass der Text der Verordnung vereinfacht und die Zahl der Artikel reduziert wird.

3.2.5   Der Schwellenwert von 100 000 EUR für die Anwendung der vereinfachten Regeln sollte für den gemeinschaftsfinanzierten Teil von Vorhaben, die gemäß Artikel 140 des Verordnungsentwurfs nur einmal geprüft werden, auf 250 000 EUR angehoben werden. Die Kosten der meisten Projektbudgets gehen über den in der Verordnung vorgeschlagenen Betrag hinaus, weil der Verwaltungsaufwand so hoch ist. Eine Vereinfachung anhand dieses neuen Schwellenwerts könnte sich auf die Anwendung dieser Regel auf die Globalfinanzhilfe positiv auswirken.

3.2.6   Der EWSA schlägt vor, das Konzept einer „Verwaltung aus einer Hand“ (one stop shop) in Erwägung zu ziehen, um so die Kohäsionspolitik in stärkerem Maße auf die Empfänger auszurichten (kundenorientierter Ansatz).

3.2.7   Ebenfalls zu begrüßen ist das breite Spektrum an Erstattungsoptionen und der hohe Grad an E-Governance. Es muss sichergestellt sein, dass der Einsatz von E-Governance mit der Gewährleistung eines Zugangs für alle, einschließlich älterer Menschen, Angehörige ethnischer Minderheiten und Menschen mit Behinderungen, einhergeht.

3.3   Leistungsrahmen und Konditionalität

3.3.1   Der EWSA sieht die Aufnahme der Konditionalität in die allgemeine Verordnung als ein probates Mittel an, um sicherzustellen, dass die gemeinsamen Ziele der EU auch wirklich erreicht werden.

3.3.2   Der EWSA hat sich in früheren Stellungnahmen (6) bereits zustimmend zur Ex-ante-Konditionalität als Instrument für einen effizienteren Einsatz der Mittel im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik geäußert. Eine solche Konditionalität dürfte indes nicht zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand führen, sondern eine kohärentere und effizientere Nutzung der Strukturfonds gewährleisten.

3.3.3   Der EWSA ist jedoch nicht einverstanden mit der makroökonomischen Konditionalität (7), da mit dieser Methode die Falschen „bestraft“ werden. Der EWSA spricht sich gegen Strafmaßnahmen durch die Kohäsionspolitik (einschließlich der Einstellung von Zahlungen) im nächsten (sechsten) Maßnahmenpaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung aus. Maßnahmen in Bereich der makroökonomischen Konditionalität dürfen für die Empfänger von Strukturfonds-Mitteln keine Auswirkungen haben.

3.3.4   Es ist erforderlich, dass die Leistungsüberprüfung unter Einbeziehung und mit Zustimmung der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV als den eigentlichen Akteuren der Umsetzung der Kohäsionspolitik vonstattengeht.

3.4   Flexibilität

3.4.1   Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass die Grundsätze der Konditionalität nicht die Flexibilität der strukturpolitischen Maßnahmen schmälern dürfen, da es keine Patentlösung für alle Regionen gleichermaßen gibt.

3.4.2   Das gemeinsame Ziel eines Zusammenhalts durch Anwendung gemeinsamer Regeln auf alle Empfänger sollte seinerseits nicht durch eine flexible Handhabung in Frage gestellt werden.

3.5   Mehrebenenregieren

3.5.1   Der EWSA begrüßt den Mehrebenenansatz (Multi-Level-Governance), mit dem die Eigenverantwortlichkeit für die Mittel und die Ziele des sozialen Zusammenhalts gewährleistet wird. Die Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV sollten gemäß Artikel 5 an allen Phasen des Einsatzes von Fonds-Mitteln, einschließlich auf lokaler und regionaler Ebene, umfassend mitwirken. Der EWSA weist erneut darauf hin, dass den Territorialpakten in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Einbindung der Zivilgesellschaft zukam.

3.5.2   Der EWSA betont nachdrücklich, dass zwischen allen Instrumenten der Strukturfonds Synergien sichergestellt werden müssen.

4.   Zu den kohäsionspolitischen Grundsätzen der EU müssen geeignete Instrumente kommen, um Zusammenhalt zu erzeugen

4.1   Partnerschaft mit der Zivilgesellschaft: die Partnerschaftsvereinbarungen

4.1.1   Der EWSA hat sich für die Anwendung des Partnerschaftsprinzips in der Kohäsionspolitik ausgesprochen (8). Alle maßgeblichen Interessenträger sollten bei der Vorbereitung der Partnerschaftsvereinbarungen und der technischen Unterstützung vertreten sein.

4.1.2   Artikel 5 des Vorschlags für eine allgemeine Verordnung sowie der Vorschlag, auf EU-Ebene einen Verhaltenskodex für Partnerschaftsvereinbarungen zu erarbeiten, der die verschiedenen Rechte und Pflichten für die Beteiligung der einzelnen Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV enthält, finden daher seine ausdrückliche Zustimmung. Bei der Ausarbeitung des Verhaltenskodex sollte eine umfassende Beteiligung dieser Partner sichergestellt sein.

4.1.3   Die Mitwirkung der Zivilgesellschaft sollte auch in Zusammenhang mit dem gleichberechtigten Zugang zu Finanzmitteln und durch eine eindeutig integrierende Definition gewährleistet sein. Hindernisse durch Kofinanzierungsvorschriften, Verwaltungsaufwand, unangemessene Zielvorgaben der nationalen Aktionsprogramme und mangelnde Beteiligung an der Kontrolle der Mittel führen häufig dazu, dass der Zivilgesellschaft der Zugang zu Finanzmitteln verwehrt bleibt.

4.1.4   In dem Verhaltenskodex sollten im Hinblick auf eine effiziente und unbürokratische Umsetzung und Nutzung kohäsionspolitischer Programme eindeutige Anwendungsregeln festgelegt sein, eine zeitnahe Bearbeitung vorgeschrieben werden und ein Beschwerdeverfahren vorgesehen sein. Der EWSA ist der Auffassung, dass zusätzliche, von den Mitgliedstaaten angewandte Genehmigungskriterien im Sinne der Vermeidung zusätzlichen bürokratischen Aufwands (und einer überkorrekten Umsetzung) zunächst einer Begutachtung unterzogen werden sollten.

4.1.5   Der Verhaltenskodex sollte klare Angaben zu den verschiedenen Rechten und Pflichten für die Beteiligung der einzelnen Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV enthalten.

4.1.6   Der EWSA plädiert dementsprechend auch für eine Partnerschaftsvereinbarung zwischen jedem Mitgliedstaat und seinen Regionen und der Zivilgesellschaft (9).

4.1.7   Der EWSA hebt hervor, dass umfassende Partnerschaften geschaffen werden müssen, die ein breites Spektrum verschiedener Interessen widerspiegeln. Aufgaben und Funktionen der verschiedenen Partner sollten deutlich dargelegt werden.

4.1.8   Bedauerlicherweise enthält die allgemeine Verordnung keinen europäischen Mechanismus für Partnerschaften mit europäischen Partnern im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV; der EWSA plädiert dafür, einen solchen Mechanismus in die neue Verordnung aufzunehmen.

4.1.9   Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, ausgehend von den Erfahrungen mit LEADER auf lokaler Ebene betriebene Initiativen zu stärken. Der EWSA plädiert nachdrücklich dafür, dass wichtige Interessengruppen der Zivilgesellschaft in den lokalen Aktionsgruppen im Rahmen von LEADER vertreten sein sollten.

4.2   Monitoringausschüsse

4.2.1   Der EWSA unterstützt nachdrücklich, dass den Partnern im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV in den Monitoringausschüssen gemäß Artikel 42 der AV Stimmrechte erteilt werden, und unterstreicht erneut, dass alle Partner darin gleiche Rechte haben müssen. Der EWSA sieht es als dringlich an, allen an dem Monitoringmechanismus beteiligten Partnern gleichen Status zu gewähren, und fordert, konkrete Leitlinien in den GSR aufzunehmen.

4.2.2   Der EWSA weist erneut darauf hin, dass die Nutzung der Fonds einer eingehenden Bewertung und Untersuchung unterzogen werden muss, und hebt hervor, dass dies für das Verständnis der Wirkung der Fonds in den unterschiedlichen europäischen Regionen von entscheidender Bedeutung ist.

4.3   Technische Hilfe

4.3.1   Der EWSA fordert entsprechend Artikel 51 der allgemeinen Verordnung eine Stärkung der Kapazität der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV. Durch die Einbindung dieser Partner in diesen Prozess aus Unterstützung, Studien, Evaluierungen, Expertenberichten und anderen, durch technische Hilfe unterstützten Maßnahmen lassen sich die Partizipation und die Partizipationsfähigkeit aller Partner an den Strukturfonds sinnvoller gestalten. Dies sollte eine Voraussetzung für die Teilnahme sein.

4.3.2   Der EWSA bedauert, dass operationelle Programme für technische Hilfe nicht bei Umweltmaßnahmen, Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit und der Gleichstellung von Frauen und Männern zum Einsatz kommen sollen. Diese Ausklammerung sollte aus Artikel 87 gestrichen werden.

4.3.3   Der EWSA weist darauf hin, dass der Europäische Sozialfonds in Bezug auf technische Hilfe für die Teilnahme von unter Artikel 5 Absatz 1 definierten Partnern fortschrittlicher ist. Der Ausschuss hält es für nötig, das Partnerschaftsprinzip gleichermaßen in allen Strukturfonds anzuwenden.

4.4   Aufbau von Kapazitäten

4.4.1   Der EWSA spricht sich dafür aus, in Artikel 2 den Begriff „Kapazitätsaufbau“ zu definieren. Diese Definition sollte eine stärkere Beteiligung der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV an der Vorbereitung, Umsetzung und Überwachung der Strukturfonds in allen Phasen umfassen, unter anderem auch Schulungen, Mitwirkung an technischer Hilfe, Einbeziehung von Vertretungsorganisationen benachteiligter Bevölkerungsgruppen und Unterstützung beim Einsatz der Mittel. Die Definition sollte auch in den GSR aufgenommen werden.

4.4.2   Der Kapazitätsaufbau für Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV sollte auch, wie in Artikel 87 der allgemeinen Verordnung vorgesehen, den Zugang zu Finanzmitteln umfassen. Der Ausschuss bedauert, dass Artikel 7 der allgemeinen Verordnung keine Bestimmung über den diskriminierungsfreien Zugang zu Finanzmitteln enthält.

4.5   Nichtdiskriminierung und Mittelzugang

4.5.1   Der EWSA zeigt sich erfreut über den Ansatz der Nichtdiskriminierung in der vorgeschlagenen Allgemeinen Verordnung. Bedauerlich ist jedoch, dass der Grundsatz des barrierefreien Zugangs, der eigens in Artikel 16 der derzeit geltenden allgemeinen Verordnung festgeschrieben ist, nicht in die vorgeschlagene künftige Verordnung übernommen wurde.

4.5.2   Bewerber, Empfänger und Partner sollten gegenüber den Behörden in den Mitgliedstaaten zwingend geltende Rechte sowie die Möglichkeit haben, über den Beschwerdeweg Einspruch zu erheben.

4.5.3   Der EWSA macht darauf aufmerksam, dass für die Inanspruchnahme der Fonds ein weiterer Kapazitätsaufbau der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV sowie eine umfassende Nutzung der Globalfinanzhilfe erforderlich sind. Der EWSA weist erneut darauf hin, dass durch die von der Europäischen Kommission koordinierte Schulungsmaßnahmen die Inanspruchnahme der Mittel deutlich erleichtert werden kann.

4.6   Unterstützung der Sozialwirtschaft

4.6.1   Der EWSA begrüßt die vorgeschlagenen Bestimmungen bezüglich der Akteure der Sozialwirtschaft und empfiehlt, deren Beteiligung an den Zielen der Strukturfonds zu klären. Die Akteure der Sozialwirtschaft dürfen durch diese Bestimmungen nicht auf Programme zur sozialen Inklusion beschränkt werden, sondern ihre Teilnahme sollte auch auf weitere wichtige prioritäre Bereiche der Fonds ausgedehnt werden, wie etwa Beschäftigungsförderung, Armutsbekämpfung, Verbesserung des Bildungsniveaus, Unternehmensgründung, unternehmerische Initiative, Wettbewerbsfähigkeit und Unterstützung von Unternehmen, lokale Entwicklung, Forschung, Entwicklung und Innovation, Bildung und Ausbildung.

4.7   Multifonds – Finanzierungstechniken

4.7.1   Der EWSA begrüßt die Möglichkeit, verschiedene Finanzquellen zu kombinieren, um so beim Einsatz der Fonds bessere Ergebnisse zu erzielen.

4.7.2   Der EWSA ist überzeugt von der Hebelwirkung der Strukturfonds; im Hinblick auf eine Stärkung dieser Hebelwirkung auf lokaler Ebene empfiehlt der EWSA, einen angemessenen Teil der Mittel für gemischte Fonds zu reservieren, die in der Lage sind, lokale endogene Ressourcen zu mobilisieren, um so vielfältige, dauerhafte lokale Finanzierungsfazilitäten zu schaffen, die auch Garant für die Nachhaltigkeit der EU-Maßnahmen sind.

4.7.3   Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass durch entsprechende Finanzierungstechniken die beschränkt zur Verfügung stehenden Mittel optimal genutzt werden sollten; es ist dafür Sorge zu tragen, dass jeder in die Kohäsionspolitik gesteckte Euro einen möglichst großen Nutzen erbringt. Projektanleihen im Rahmen der Europa-2020-Strategie sollten in stärkerem Maße genutzt werden; Der EWSA schlägt vor, sorgfältig zu prüfen, inwiefern gebundene künftige Strukturfondsmittel und ungenutzte Mittel aus dem Planungszeitraum 2007-2013 für rückzahlbare EIB-Darlehen als Puffer/Kreditbürgschaft genutzt werden können. Diese Mittel sollten KMU und anderen Unternehmen jetzt zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Unter diesem Gesichtspunkt sollte auch die Möglichkeit von Rotationsfonds und Mikrokrediten geprüft werden.

4.8   Zweckgebundene Mittel

4.8.1   Der EWSA unterstützt den Vorschlag, mindestens 20 % der gesamten nationalen ESF-Mittelzuweisungen verbindlich für das Ziel der sozialen Inklusion und Armutsbekämpfung vorzusehen. Der EWSA spricht sich gegen eine Reduzierung dieser Vorgaben aus. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise muss der soziale Charakter Europas für die Bürger weiterhin erkennbar sein. Insbesondere Sozialunternehmen sind bei der Erreichung dieser Ziele von Nutzen und leisten einen bedeutenden Beitrag zur Integration besonders betroffener Gruppen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt.

4.8.2   Der Ausschuss schlägt vor, die derzeitige Praxis der Finanzierung von Verkehrsprojekten durch getrennte Haushaltslinien beizubehalten. Durch die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Zweckbestimmung von Kohäsionsfondsmitteln würden die für Kohäsion zur Verfügung stehenden Mittel geringer ausfallen.

4.9   Kofinanzierungssätze

4.9.1   Die Regeln für die Kofinanzierung sollten den Umständen angepasst werden (10). Das Aufnahmevermögen der verschiedenen Fondsempfänger sollte mitbedacht werden.

4.9.2   Der EWSA unterstützt die bereits 2011 von der Kommission vorgeschlagene Anhebung der Kofinanzierungssätze auf maximal 95 % für Mitgliedstaaten in finanziellen Schwierigkeiten (11), die in der AV aufgegriffen wurde. Der EWSA ist der Auffassung, dass auch lokalen Behörden ohne Zugang zu Darlehen, die über keinen eigenen Haushalt verfügen und daher keinen Eigenbeitrag leisten können, die Möglichkeit der Kofinanzierung gewährt werden sollte.

4.9.3   Der EWSA begrüßt den Vorschlag, Projekten zugunsten von benachteiligten Bevölkerungsgruppen und von Ausgrenzung bedrohten Menschen höhere Kofinanzierungsraten zu gewähren. In Anbetracht der aufgrund von Sparmaßnahmen immer wahrscheinlicher werdenden Mittelkürzungen in der einzelstaatlichen Sozialpolitik sollte dieser Satz für die Mitgliedstaaten, die am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffen sind, bei 100 % liegen.

4.10   Information

4.10.1   Der EWSA hebt hervor, dass für die in der Allgemeinen Verordnung festgelegten Anforderungen und die Bedeutung der wichtigsten Grundsätze und Mechanismen Informationsstrategien notwendig sind.

4.10.2   Technische Hilfe und andere Instrumente sollten genutzt werden, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten (insbesondere unter Einbeziehung der Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV, von den verwaltenden Behörden bis hin zu den Projektträgern, über die wichtigsten Elemente dieser Verordnung hinreichend informiert sind.

4.11   Sozialer Wohnungsbau

4.11.1   Der EWSA weist darauf hin, dass der soziale Wohnungsbau in die Allgemeine Verordnung aufgenommen werden sollte und dass eine eindeutigere Definition dieses Bereichs im GSR im Anhang zur Verordnung von Nutzen wäre.

4.12   Makroregionale Strategien – Städtepolitik

4.12.1   Der EWSA begrüßt den Ansatz, den Stellenwert makroregionaler Kooperationsstrategien in der Kohäsionspolitik zu verbessern. Die Zusammenarbeit zwischen Makroregionen kann in hohem Maße für ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis der Investitionen in den betreffenden Regionen sorgen.

4.12.2   Der EWSA unterstützt voll und ganz die stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse städtischer Gebiete: 5 % der Mittel des EFRE sind für die Entwicklung von Städten und für die Einrichtung eines Stadtentwicklungsforums vorgesehen (12).

4.12.3   Städtepolitische Maßnahmen sollten sich auf eine nachhaltigere Umwelt konzentrieren und eine bessere Mobilität für alle Bürger, ein bürgerfreundliches Umfeld und die Umweltfreundlichkeit der Maßnahmen sicherstellen, insbesondere für ältere Menschen, Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderte Menschen.

4.12.4   Der EWSA betont die Bedeutung der von ESPON im Bereich europäische territoriale Entwicklung durchgeführten Forschung und Entwicklung.

4.13   Indikatoren

4.13.1   Der EWSA zeigt sich erfreut über die Bemühungen um eine stärker ergebnisorientierte Verordnung. Dafür sind solide Indikatoren notwendig.

4.13.2   Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass makroökonomische Indikatoren alleine, wie etwa das BIP, zur Feststellung des Kohäsionsniveaus eindeutig nicht ausreichen. Für die Kohäsionspolitik sollten andere Indikatoren zur Anwendung kommen (13). Die Anwendung dieser Art von Indikatoren sollte in der Mitte des Programmplanungszeitraums einer Prüfung unterzogen werden.

4.13.3   Der EWSA spricht sich dafür aus, dass die Kommission auf lokaler und auf Gemeinschaftsebene festgelegten Leistungsindikatoren gebührend Rechnung trägt und neben quantitativen Indikatoren in stärkerem Maße auch qualitative Indikatoren heranzieht, insbesondere zur besseren Bewertung des zusätzlichen sozialen Nutzens der Programme und Maßnahmen vor Ort.

4.13.4   Die Indikatoren sollten die langfristigen Folgen wiedergeben. Sie sollten nicht allein auf einer Kosten/Nutzen-Analyse basieren, sondern auch anderen gesellschaftlichen Aspekten Rechnung tragen. Alle Akteure der Kohäsionspolitik müssen mit der Anwendung der neuen Indikatoren vertraut gemacht werden.

4.14   Geografischer Anwendungsbereich (Artikel 89)

4.14.1   Der EWSA dringt darauf, dass die mit Mitteln der Strukturfonds durchgeführten Maßnahmen zur sozialen Inklusion, Bildung und Beschäftigung alle benachteiligten Bevölkerungsgruppen, wie Frauen, Immigranten und Menschen mit Behinderungen, berücksichtigen und unabhängig vom jeweiligen geografischen Anwendungsbereich organisiert und umgesetzt werden.

4.15   Strategischer Fortschritt

4.15.1   Der EWSA weist darauf hin, dass die Fortschrittsberichte auch eine Bewertung der Fortschritte bei den Maßnahmen zur Inklusion benachteiligter Bevölkerungsgruppen in der jeweiligen Region umfassen sollen.

4.15.2   Der EWSA ist der Auffassung, dass Artikel 49 und Artikel 101 des Vorschlags für eine allgemeine Verordnung auch eine Bewertung der bereichsübergreifenden Prioritäten und der thematischen Prioritäten enthalten sollte.

4.15.3   Zu den in Artikel 114 dargelegten Aufgaben der Verwaltungsbehörde sollte es gehören, Informationen nach von Ausgrenzung bedrohten Gruppen aufzuschlüsseln.

4.16   Gemeinsame Aktionspläne

4.16.1   Der EWSA ist der Auffassung, dass in den gemeinsamen Aktionsplänen die Beteiligung aller in Artikel 5 Absatz 1 genannten Partner festgelegt sein sollte.

4.16.2   Die gemeinsamen Aktionspläne sollten die Partner im Sinne der Definition unter Artikel 5 Absatz 1 der AV als potenzielle Empfänger dieser Art von Maßnahmen mit einbeziehen.

5.   Transnationale Zusammenarbeit

5.1   Der EWSA hebt hervor, dass die operationellen Programme zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit in allen Fonds weiter unterstützt werden müssen. Dies trägt dazu bei, die Rolle der Europäischen Kommission beim Austausch von Erfahrungen und der koordinierten Umsetzung der einschlägigen Initiativen zu stärken.

Brüssel, den 25. April 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  Ausführlichere Darstellung in den Stellungnahmen des EWSA zum Thema „Wachstum und Staatsverschuldung“, ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 10 und zum Thema „Kohäsionsfonds“ (Siehe Seite 38 dieses Amtsblatts).

(2)  Siehe die Stellungnahme des EWSA zum Thema „Metropol- und Stadtregionen in Europa 2020“, ABl. C 376/02 vom 22.12.2011, S. 7, und „Landwirtschaft und Handwerk“, ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 35.

(3)  Siehe die Stellungnahmen des EWSA zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“, ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68, zum Thema „Rolle und Prioritäten der Kohäsionspolitik im Rahmen der Europa-2020-Strategie“, ABl. C 248/01 vom 25.8.2011, S. 1 und zum Thema „Metropol- und Stadtregionen in Europa 2020“, ABl. C 376/02 vom 22.12.2011, S. 7.

(4)  Stellungnahmen des EWSA zum Thema „Regionalpolitik und intelligentes Wachstum“, ABl. C 318/13 vom 29.10.2011, S. 82 und zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“", ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68.

(5)  Stellungnahmen des EWSA zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“, ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68, und zum Thema „Effiziente Partnerschaften in der Kohäsionspolitik“, ABl. C 44/01 vom 11.2.2011, S. 1.

(6)  Stellungnahme zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68.

(7)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Regionalpolitik und intelligentes Wachstum“, ABl. C 318/13 vom 29.10.2011, S. 82.

(8)  Stellungnahmen des EWSA zum Thema „Effiziente Partnerschaften in der Kohäsionspolitik“, ABl. C 44/01 vom 11.2.2011, S. 1 und zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68.

(9)  Stellungnahme des EWSA zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“, ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68, Ziffern 2.1.6, 6.1 und 6.2.

(10)  Stellungnahme des EWSA zu dem „Fünften Kohäsionsbericht“, ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68, Ziffern 2.2.1 und 6.10.

(11)  Stellungnahmen des Ausschusses: ABl. C 24 vom 28.1.2012, S. 81 von 2012/C/24/17 bis 2012/C/24/19.

(12)  Im Einklang mit früheren Stellungnahmen zum Thema „Metropol- und Stadtregionen in Europa 2020“, ABl. C 376/02 vom 22.12.2011, S. 7 und zum Thema „Rolle und Prioritäten der Kohäsionspolitik / EU 2020“, ABl. C 248/01 vom 25.8.2011, S. 1.

(13)  Vgl. den in folgenden Stellungnahmen genannten Gini-Koeffizienten: „Vierter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“, ABl. C 120/17 vom 16.5.2008, S. 73 und in der Stellungnahme zum „Fünften Kohäsionsbericht“, ABl. C 248/12 vom 25.8.2011, S. 68.

Stellungnahme des EWSA zum Thema „Das BIP und mehr – die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Auswahl zusätzlicher Indikatoren“, (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht):

Ziffer 1.5.1 „In diesem Sinne scheint es unverzichtbar, Wirtschaftswachstum durch gesellschaftlichen Fortschritt zu ersetzen und eine Debatte über die inhaltliche Bedeutung von Fortschritt anzustoßen, bei der neben einer Neudefinition des Entwicklungsbegriffs auch Elemente politischer Verantwortung Eingang finden. Dieser neue Ansatz setzt voraus, dass die verschiedenen Dimensionen ermittelt werden, die den Fortschritt bilden durch a) Ausdehnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auf soziale und ökologische Phänomene b) Verwendung zusammengesetzter Indikatoren und c) Schaffung von Schlüsselindikatoren.“


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