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Document 52011DC0818

GRÜNBUCH über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen

/* KOM/2011/0818 endgültig */

52011DC0818

GRÜNBUCH über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen /* KOM/2011/0818 endgültig */


GRÜNBUCH

über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen

1. Begründung und Voraussetzungen für Stabilitätsanleihen[1] 1.1. Hintergrund

Mit diesem Grünbuch soll eine breit angelegte öffentliche Konsultation zum Konzept der Stabilitätsanleihen eingeleitet werden, an der sich alle Interessenträger und interessierten Parteien, d. h. Mitgliedstaaten, Finanzmarktakteure, Verbände der Finanzbranche, Universitäts- und Wissenschaftskreise innerhalb und außerhalb der EU sowie die breite Öffentlichkeit beteiligen und auf deren Grundlage die Europäische Kommission einen geeigneten Weg finden will, um dieses Konzept weiterzuentwickeln.

In diesem Grünbuch werden die Durchführbarkeit der gemeinsamen Emission von Staatsanleihen (nachstehend „gemeinsame Emission“) durch die Mitgliedstaaten des Euroraums und ihre Voraussetzungen erörtert.[2] Die Emission von Staatsanleihen im Euroraum erfolgt derzeit dezentral, d. h. die Mitgliedstaaten verwenden verschiedene Emissionsverfahren. Die Einführung gemeinsam emittierter Stabilitätsanleihen würde die Bündelung von Staatsanleihen unter den Mitgliedstaaten und die Aufteilung der mit ihnen verbundenen Einkommensströme und Schuldendienstkosten bedeuten. Dies würde die Struktur des Staatsanleihemarkts des Euroraums, der das größte Segment des Finanzmarkts des Euroraums darstellt (für Einzelheiten zu den Staatsanleihemärkten des Euroraums siehe Anhang 1), erheblich verändern.

Das Konzept der gemeinsamen Emission wurde von den Mitgliedstaaten erstmals Ende der 1990er Jahre erörtert, als die Giovannini-Gruppe (die die Kommission hinsichtlich der Entwicklungen des Kapitalmarkts im Zusammenhang mit dem Euro beraten hat) einen Bericht mit einer Reihe von Möglichkeiten der koordinierten Emission staatlicher Schuldtitel im Euroraum[3] veröffentlichte. Im September 2008 wurde das Interesse der Marktteilnehmer an der gemeinsamen Emission erneut geweckt, als die European Primary Dealers Association (EPDA) ein Diskussionspapier zu einer gemeinsamen europäischen Anleihe („A Common European Government Bond“)[4] veröffentlichte.In diesem Papier wurde bestätigt, dass die Staatsanleihemärkte des Euroraums auch beinahe zehn Jahre nach der Einführung des Euro noch sehr stark fragmentiert waren; darüber hinaus wurden die Vor- und Nachteile gemeinsamer Emissionen erörtert. 2009 beschäftigten sich die Kommissionsdienststellen in ihrem WWU@10-Bericht erneut mit der Frage gemeinsamer Emissionen.

Die Verschärfung der Staatsanleihekrise im Euroraum hat eine umfassende Debatte über die Durchführbarkeit gemeinsamer Emissionen ausgelöst.[5] Eine bedeutende Zahl von Politikern, Marktanalysten und Vertretern von Wissenschaft und Universitäten hat sich für die Idee der gemeinsamen Emission als ein potenziell einflussreiches Instrument gegen die Liquiditätsengpässe in mehreren Mitgliedstaaten des Euroraums ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund hat das Europäische Parlament die Kommission aufgefordert, die Durchführbarkeit gemeinsamer Emissionen im Zuge der Verabschiedung des Legislativpakets zur wirtschaftspolitischen Steuerung des Euroraums zu untersuchen, und darauf hingewiesen, dass die gemeinsame Emission von Stabilitätsanleihen auch weitere Schritte in Richtung einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik erfordern würde.[6]

Während die gemeinsame Emission üblicherweise als eine Möglichkeit in der ferneren Zukunft betrachtet wurde, steht in jüngeren Diskussionen ihr potenzieller Nutzen als kurzfristige Möglichkeit zur Entspannung des Staatsanleihemarkts im Mittelpunkt. In diesem Kontext würde die Einführung von Stabilitätsanleihen nicht am Ende eines Prozesses wirtschafts- und finanzpolitischer Konvergenz, sondern parallel zur Stärkung der Konvergenz erfolgen, und zudem zur Errichtung und Umsetzung eines für eine derartige Konvergenz nötigen Rahmens beitragen. Solch ein paralleler Ansatz würde einen unmittelbaren und entschiedenen Fortschritt im Prozess der wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Integration innerhalb des Euroraums erfordern.

Die Stabilitätsanleihe würde sich von bestehenden gemeinsam emittierten Schuldtiteln unterscheiden. Stabilitätsanleihen wären dazu bestimmt, die laufende Finanzierung der Mitgliedstaaten des Euroraums durch gemeinsame Emissionen zu sichern. In diesem Zusammenhang sollten sie von anderen gemeinsam emittierten Anleihen in der Europäischen Union und im Euroraum, wie z. B. Anleihen zur Finanzierung der Außenhilfe für Mitgliedstaaten und Drittländer[7], unterschieden werden. Die Emission von Stabilitätsanleihen würde dementsprechend in größerem Umfang und kontinuierlicherem Maße erfolgen, als es bei den bestehenden Arten nationaler oder gemeinsamer Emissionen der Fall ist.

Die Emission von Stabilitätsanleihen könnte entweder durch eine zentrale Stelle oder weiterhin dezentral auf nationaler Ebene und in enger Abstimmung der Mitgliedstaaten untereinander erfolgen. Die Aufteilung der mit den Stabilitätsanleihen verbundenen Einkommensströme und Schuldendienstkosten würde sich nach den jeweiligen Emissionsanteilen der Mitgliedstaaten richten. Je nachdem, welcher Ansatz für die Emission von Stabilitätsanleihen gewählt wird, könnten Mitgliedstaaten gesamtschuldnerisch für die Gesamtheit oder nur für einen Teil der in diesem Zusammenhang anfallenden Schuldendienstkosten haften, womit eine entsprechende Bündelung von Kreditrisiken einhergehen würde.

Ein Großteil der Auswirkungen von Stabilitätsanleihen geht über den technischen Bereich hinaus und schließt Aspekte im Zusammenhang mit der nationalen Souveränität und dem Prozess der wirtschaftlichen und politischen Integration ein. Zu diesen Aspekten gehören unter anderem die straffere Koordinierung und Steuerung der Wirtschaftspolitik, ein höherer Grad an wirtschaftlicher Konvergenz sowie gegebenenfalls die Notwendigkeit von Vertragsänderungen. Je umfangreicher Kreditrisiken unter den Staaten gebündelt würden, desto geringer wäre die Marktvolatilität, aber auch die Marktdisziplin für die einzelnen Staaten. Daher wäre die finanzpolitische Stabilität stärker auf die Disziplin aufgrund politischer Entwicklungen angewiesen. Einige Voraussetzungen für den Erfolg von Stabilitätsanleihen, darunter ein hoher Grad an politischer Stabilität und Vorhersehbarkeit oder der Umfang der Unterstützung vonseiten der Währungsbehörden, gehen ebenfalls weit über den technischen Bereich hinaus.

Mit allen Formen von Stabilitätsanleihen müssten eine wesentlich stärkere Finanzüberwachung und Koordinierung der Politik einhergehen, um das Moral-Hazard-Problem zu vermeiden, tragfähige öffentliche Finanzen zu gewährleisten sowie die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und schädliche makroökonomische Ungleichgewichte auszugleichen.

Dies würde sich zwangsläufig auf die finanzpolitische Souveränität auswirken, weshalb eine intensive Diskussion in den Mitgliedstaaten des Euroraums notwendig ist.

Da solche Fragen eingehend untersucht werden müssen, wurde dieses Grünbuch von der Kommission angenommen, um die nötige politische Diskussion und öffentliche Konsultation zur Durchführbarkeit und zu den Voraussetzungen der Einführung von Stabilitätsanleihen einzuleiten.

1.2. Begründung

Die Debatte um die gemeinsame Emission hat sich seit der Einführung des Euro erheblich weiterentwickelt. Zu Beginn wurde eine gemeinsame Emission hauptsächlich mit einer höheren Markteffizienz durch eine höhere Liquidität speziell des Staatsanleihemarkts des Euroraums sowie des Finanzsystems des Euroraums im weiteren Sinne begründet. In jüngerer Zeit sind im Zusammenhang mit der andauernden Staatsanleihekrise Aspekte der Stabilität in den Mittelpunkt der Debatte gerückt. Vor diesem Hintergrund bestehen die wichtigsten Vorteile der gemeinsamen Emission in Folgendem:

1.2.1. Bewältigung der derzeitigen Krise und Verhinderung künftiger Staatsanleihekrisen

Die Aussicht auf die Einführung von Stabilitätsanleihen könnte zu einer Eindämmung der derzeitigen Staatsanleihekrise führen, da die Hochzins-Mitgliedstaaten von der höheren Kreditwürdigkeit der Niedrigzins-Mitgliedstaaten profitieren könnten. Selbst wenn die Einführung von Stabilitätsanleihen eine gewisse Zeit benötigt (siehe Abschnitt 2), könnte sich eine vorherige Vereinbarung über die gemeinsame Emission auf die Markterwartungen auswirken und somit zur Senkung der durchschnittlichen und marginalen Finanzierungskosten der Mitgliedstaaten beitragen, in denen derzeit Finanzierungsengpässe bestehen. Damit derartige Auswirkungen von Dauer sind, müsste ein Fahrplan für die Einführung gemeinsamer Emissionen mit parallelen Verpflichtungen zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen Steuerung einhergehen, wodurch gewährleistet würde, dass die für die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen notwendigen haushaltspolitischen und strukturellen Anpassungen vorgenommen werden.

1.2.2. Steigerung der finanziellen Stabilität im Euroraum

Stabilitätsanleihen würden das Finanzsystem des Euroraums widerstandsfähiger gegenüber künftigen Erschütterungen machen und somit die finanzielle Stabilität steigern. Durch Stabilitätsanleihen würde allen teilnehmenden Mitgliedstaaten ein sichererer Zugang zur Refinanzierung gewährt werden, indem dem plötzlichen Verlust des Marktzugangs aufgrund einer unbegründeten Risikoaversion und/oder dem Herdenverhalten unter Investoren entgegengewirkt wird. Dementsprechend würden Stabilitätsanleihen dazu beitragen, die Marktvolatilität einzudämmen und die Notwendigkeit kostspieliger Unterstützungs- und Rettungsmaßnahmen für Mitgliedstaaten, die vorübergehend keinen Zugang zur Marktfinanzierung haben, zu mindern oder auszuräumen. Die positiven Auswirkungen solcher Anleihen sind von der Minimierung potenzieller Fehlanreize bei der Haushaltsdisziplin abhängig. Dieser Aspekt wird in den Abschnitten 1.3 und 3 ausführlich erörtert.

Das Bankensystem des Euroraums würde von der Verfügbarkeit von Stabilitätsanleihen profitieren. Banken halten gewöhnlich eine hohe Zahl von Staatsanleihen als risikoarme und liquide Anlagen mit geringer Volatilität. Staatsanleihen dienen außerdem als Liquiditätspuffer, da sie zu verhältnismäßig stabilen Preisen verkauft oder als Sicherheit in Refinanzierungsgeschäften eingesetzt werden können. Eine erhebliche inländische Ausrichtung der Bestände der Banken an öffentlichen Schuldtiteln ist jedoch offensichtlich, so dass ein enger Zusammenhang zwischen ihren Bilanzen und der Bilanz des jeweiligen Staates besteht. Verschlechtert sich die Haushaltslage des Staates beträchtlich, wird zwangsläufig auch die Qualität der verfügbaren Sicherheiten des inländischen Bankensystems beeinträchtigt, wodurch Banken dem Risiko der Refinanzierung sowohl auf dem Interbankenmarkt als auch beim Zugang zu den Fazilitäten des Eurosystems ausgesetzt werden. Stabilitätsanleihen würden allen Banken im Euroraum solidere Sicherheiten bieten und somit deren Anfälligkeit für die Herabstufung der Bonität einzelner Mitgliedstaaten senken. Andere institutionelle Anleger (z. B. Lebensversicherungsunternehmen und Pensionskassen), die tendenziell einen verhältnismäßigen hohen Anteil inländischer Staatsanleihen halten, würden in ähnlicher Weise von einem homogeneren und solideren Vermögenswert in Form einer Stabilitätsanleihe profitieren.

1.2.3. Vereinfachung der Übertragung der Geldpolitik

Stabilitätsanleihen würden die Übertragung der Geldpolitik des Euroraums vereinfachen. Die Staatsanleihekrise hat den Übertragungskanal der Geldpolitik beeinträchtigt, da die Staatsanleiherenditen auf sehr volatilen Märkten großen Schwankungen unterworfen waren. In einigen Ausnahmefällen wurde die Funktionsweise der Märkte so stark beeinträchtigt, dass die EZB im Rahmen des Programms für die Wertpapiermärkte eingreifen musste. Stabilitätsanleihen würden einen größeren Pool von sicheren und liquiden Vermögenswerten schaffen. Dies würde dazu beitragen, dass die von der EZB festgelegten geldpolitischen Rahmenbedingungen reibungslos und einheitlich über den Staatsanleihemarkt zu den Kreditkosten von Unternehmen und Haushalten und schließlich zur Gesamtnachfrage durchdringen.

1.2.4. Steigerung der Markteffizienz

Stabilitätsanleihen würden die Effizienz speziell des Staatsanleihemarkts des Euroraums und des Finanzsystems des Euroraums im weiteren Sinne fördern. Stabilitätsanleihen würden einen breiten und hochliquiden Markt mit einem einzigen Benchmark-Zins anstelle der derzeit vielen länderspezifischen Benchmark-Zinsen ermöglichen. Die Liquidität und hohe Bonität des Stabilitätsanleihemarkts würden zu niedrigen Benchmark-Zinsen führen, die entsprechend niedrige Kreditrisiko- und Liquiditätsprämien widerspiegeln (siehe Kasten 1). Ein einziger Satz „risikofreier“ Benchmark-Zinsen für Stabilitätsanleihen mit unterschiedlicher Laufzeit würde zu einer breiteren Entwicklung des Anleihemarkts beitragen und die Ausgabe durch nichtzentralstaatliche Emittenten, z. B. Unternehmen, Gemeinden oder Finanzunternehmen, stimulieren. Die Verfügbarkeit einer liquiden Benchmark des Euroraums würde zudem das Funktionieren zahlreicher Märkte für in Euro denominierte Derivate vereinfachen. Durch die Einführung von Stabilitätsanleihen könnte die Integration einer europäischen Wertpapierabwicklung, die parallel zu der geplanten Einführung der europaweiten Target2-Securities-Plattform der EZB sowie möglicher weiterer Regulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene erfolgt, weiter angetrieben werden. Die Einführung von Stabilitätsanleihen könnte somit auf vielerlei Weise zu niedrigeren Finanzierungskosten sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Sektor im Euroraum führen und dadurch das längerfristige Wachstumspotenzial der Wirtschaft stärken.

Kasten 1: Voraussichtlicher Zinssatz für Stabilitätsanleihen – empirische Grundlagen

Die Einführung von Stabilitätsanleihen sollte die Liquidität der Staatsanleihemärkte des Euroraums erhöhen und dadurch die Liquiditätsprämien, die Anleger für das Halten von Staatsanleihen fordern, senken. In diesem Kasten wird der Versuch einer Einschätzung unternommen, wie hoch die Kostenersparnisse aufgrund niedrigerer Liquiditätsprämien sein könnten. Ein zweiter den voraussichtlichen Zinssatz für Stabilitätsanleihen beeinflussender Faktor, die Kreditrisikoprämien, ist umstritten. Sowohl die Liquiditäts- als auch die Kreditprämien für Stabilitätsanleihen würden entscheidend davon abhängen, welche Option für die Konzeption und die Garantierstruktur solcher Anleihen gewählt wird.

Bei mehreren empirischen Analysen wurde der hypothetische Zinssatz für gemeinsam emittierte Anleihen mit dem durchschnittlichen Zinssatz für bestehende Anleihen verglichen. Diesen Analysen zufolge kann davon ausgegangen werden, dass die gemeinsame Anleihe weder zu einer Senkung der Liquiditätsprämien noch zu einer Erhöhung der Kreditrisiken führen wird, die über die durchschnittliche Bewertung der Mitgliedstaaten hinausgehen. Nach Einschätzung Carstensens (2011) läge der Zinssatz für gemeinsame Anleihen, sofern er den gewichteten Durchschnitt der Zinssätze der Mitgliedstaaten darstellt, zwei Prozentpunkte über der zehnjährigen Bundesanleihe. Einer anderen Schätzung zufolge (Assmann, Boysen-Hogrefe (2011)) könnte die Differenz zwischen dem Zinssatz für Stabilitätsanleihen und dem für Bundesanleihen 0,5 bis 0,6 Prozentpunkte betragen. Grund dafür ist, dass haushaltspolitische Variablen Schlüsselfaktoren für Staatsanleihespreads sind. Aus haushaltspolitischer Sicht wäre das Aggregat des Euroraums mit Frankreich vergleichbar, so dass der Zinssatz für gemeinsame Anleihen weitgehend dem für französische Staatsanleihen entsprechen würde. Eine Analyse von J.P. Morgan (2011), bei der ein vergleichbarer Ansatz verwendet wurde, ergab eine ähnliche Differenz in Höhe von rund 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten. Eine weitere Analyse dieser Art der französischen Bank NATIXIS (2011) lässt darauf schließen, dass für gemeinsame Anleihen um rund 20 Basispunkte höhere Zinsen zu zahlen wären als für die derzeit mit AAA bewerteten Anleihen. Favero und Missale (2010) sind der Ansicht, dass die um die Wechselkursprämie bereinigten US-Zinssätze eine günstige Benchmark für Zinssätze für gemeinsame Anleihen wären, da mit diesen der Staatsanleihemarkt des Euroraums hinsichtlich des Kreditrisikos und der Liquidität an den US-Markt angeglichen werden soll. Ihren Feststellungen zufolge betrug der Zins-Nachteil der deutschen Staatsanleihen gegenüber US-Anleihen in den Jahren vor der Finanzkrise rund 40 Basispunkte; dies entspricht Liquiditätsgewinnen, die dadurch entstehen würden, dass gemeinsame Anleihen unter denselben Bedingungen wie US-Anleihen emittiert würden.

Um die erreichbaren Vorteile in Bezug auf die Liquiditätsprämie abzuschätzen, hat die Kommission eine statistische Analyse aller Staatsanleiheemissionen im Euroraum nach 1999 durchgeführt. Das Emissionsvolumen wird zur Einschätzung der Liquidität einer Anleiheemission verwendet (da es der am ehesten verfügbare Indikator ist, auch wenn dadurch der potenzielle Gewinn unterschätzt werden könnte); der Regressionskoeffizient gibt an, welche Gewinne bei höheren Emissionsvolumina erzielt werden können[8]. Bei einem ersten Modell werden zur Schätzung die Daten der AAA-Mitgliedstaaten des Euroraums (in der Tabelle mit „AAA“ bezeichnet) herangezogen und bei einem zweiten Modell die für alle Mitgliedstaaten des Euroraums verfügbaren Daten (mit „AA“ bezeichnet). Im zweiten Modell werden außerdem die Ratings der einzelnen Anleihen berücksichtigt. Dabei zeigt sich, dass alle Koeffizienten nach herkömmlichen Maßstäben signifikant sind; außerdem lassen sich 70 % bis 80 % der Abweichungen mit der Schätzung erklären.

Zur Ermittlung der Vorteile in Bezug auf die Liquiditätsprämie wurden die Koeffizienten aus den Modellen genutzt, um den potenziellen Rückgang der Zinssätze von Anleihen zu simulieren, die in Höhe des durchschnittlichen US-Emissionsvolumens anstatt in Höhe des durchschnittlichen Emissionsvolumens des Euroraums ausgegeben werden. Das US-Emissionsvolumen dient somit als Richtwert dafür, wie liquide ein Stabilitätsanleihemarkt werden könnte. Bei ersten Berechnungen wurde der Liquiditätsvorteil von der historischen Durchschnittsrendite aus Portfolioanlagen seit 1999 abgeleitet. Zum Vergleich wurden dieselben Berechnungen auf der Grundlage der Marktbedingungen im Sommer 2011 durchgeführt.

Laut der zweiten Zeile der Tabelle würde der Zinsvorteil aufgrund eines höheren Emissionsvolumens im Bereich von 10 bis 20 Basispunkten für den Euroraum liegen und mehr von der erreichten Bonitätsstufe abhängen als davon, ob der Berechnung die historischen oder die derzeitigen Marktbedingungen zugrunde gelegt werden. Der entsprechende Zinsvorteil für Deutschland würde rund sieben Basispunkte betragen. Die Modelle zeigen, dass der voraussichtliche Vorteil in Bezug auf die Liquiditätsprämie eher begrenzt ist und für Mitgliedstaaten, die bereits höchste Bonitätsstufe genießen, sogar abnimmt.

Während deutlich wird, dass die Mitgliedstaaten, die derzeit hohe Zinssätze zahlen müssen, sowohl von der Bündelung von Kreditrisiken als auch von der höheren Liquidität der gemeinsamen Anleihen profitieren würden, könnten die Zinssätze für die derzeitigen Niedrigzins-Mitgliedstaaten steigen, ohne dass das Kreditrisiko der derzeitigen Hochzins-Emittenten sinken würde. Grundsätzlich könnten mittels Ausgleichszahlungen die mit der Liquiditätsprämie verbundenen Vorteile umverteilt werden, doch ohne eine solidere Steuerung könnte sich die Bonität der Schuldtitel des Euroraums infolge einer niedrigeren Marktdisziplin tatsächlich so sehr verschlechtern, dass die Finanzierungskosten der derzeitigen Niedrigzins-Mitgliedstaaten steigen würden.

1.2.5. Stärkung der Rolle des Euro im globalen Finanzsystem

Stabilitätsanleihen würden in Euro denominierte Portfolio-Investitionen erleichtern und zur Ausgewogenheit des globalen Finanzsystems beitragen. Der US-Staatsanleihemarkt und der gesamte Staatsanleihemarkt des Euroraums sind zwar in ihrer Größe vergleichbar, doch die Fragmentierung der auf Euro lautenden Emissionen bedeutet, dass das Volumen der verfügbaren US-Staatsanleihen deutlich größer ist als jenes, das die einzelnen nationalen Emittenten im Euroraum bereitstellen können. Seit 1999 ist das Emissionsvolumen der US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren im Durchschnitt beinahe doppelt so hoch wie das deutscher Bundesanleihen und im Vergleich zu allen anderen EU-Mitgliedstaaten sogar noch höher. Laut den verfügbaren Daten ist auch das Handelsvolumen auf dem Kassamarkt für US-Staatsanleihen um ein Vielfaches höher als das auf dem entsprechenden Euroraum-Markt, auf dem Liquidität nur noch im Derivatesegment gegeben ist. Eine hohe Liquidität ist einer der Faktoren, die zur wichtigen und privilegierten Position der US-Staatsanleihen im globalen Finanzsystem beitragen (gestützt durch den US-Dollar als einzige internationale Reservewährung) und dadurch institutionelle Anleger anziehen. Dementsprechend würden höhere Emissionsvolumen und eine höhere Liquidität der Sekundärmärkte aufgrund der Emission von Stabilitätsanleihen die Position des Euro als internationale Reservewährung stärken.

1.3. Voraussetzungen

Stabilitätsanleihen würden zwar erhebliche Vorteile im Hinblick auf die finanzielle Stabilität und wirtschaftliche Effizienz bringen, doch wäre es unbedingt notwendig, mögliche Nachteile auszuräumen. Zu diesem Zweck müssten maßgebliche wirtschaftliche, rechtliche und technische Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Voraussetzungen, zu denen Vertragsänderungen und wesentliche Anpassungen des institutionellen Konzepts der WWU und der Europäischen Union gehören würden, werden nachstehend erörtert.

1.3.1. Eindämmung des Moral-Hazard-Problems

Stabilitätsanleihen dürfen die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten des Euroraums nicht verringern. Die Zeit seit der Einführung des Euro war durch eine uneinheitliche Marktdisziplin in der Haushaltspolitik der teilnehmenden Mitgliedstaaten gekennzeichnet. Die hohe Konvergenz der Anleiherenditen im Euroraum im Laufe der ersten zehn Jahre nach der Einführung des Euro kann im Nachhinein nicht durch die Haushaltsentwicklungen der Mitgliedstaaten gerechtfertigt werden. Die seit 2009 erfolgte Korrektur war abrupt und führte möglicherweise auch zu einigen Übertreibungen. Trotz dieser Unstimmigkeiten bestätigen jüngste Erkenntnisse, dass Märkte die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten des Euroraums disziplinieren können. Bei einigen Formen der Stabilitätsanleihen würde eine solche Disziplin verringert oder gänzlich ausgehöhlt werden, da die Mitgliedstaaten des Euroraums Kreditrisiken für einen Teil oder die Gesamtheit ihrer Staatsschulden bündeln würden und damit die Gefahr des Moral Hazard entstünde. Das mit der gemeinsamen Emission einhergehende Moral-Hazard-Problem entsteht, da das mit der fehlenden Haushaltsdisziplin einzelner Mitgliedstaaten verbundene Kreditrisiko von allen Teilnehmern getragen würde.

Da sich die Emission von Stabilitätsanleihen negativ auf die Marktdisziplin auswirken könnte, wären wesentliche Änderungen des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung im Euroraum erforderlich. Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen zur Gewährleistung tragfähiger öffentlicher Finanzen wären vonnöten. Diese Maßnahmen müssten nicht nur auf die Haushaltsdisziplin, sondern auch auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet sein (siehe Abschnitt 3). Obwohl durch die Annahme des neuen Pakets zur wirtschaftspolitischen Steuerung bereits eine erhebliche Sicherheitsvorkehrung getroffen wird, die mittels neuer Verordnungen auf der Grundlage des Artikels 136[9] weiter auszubauen ist, sind im Zusammenhang mit Stabilitätsanleihen möglicherweise weitere Maßnahmen notwendig, insbesondere wenn mit diesen Anleihen eine Bündelung von Kreditrisiken einhergeht. Wenn Stabilitätsanleihen als eine Möglichkeit zur Umgehung der Marktdisziplin angesehen würden, würden Mitgliedstaaten und Investoren zögern, diese Anleihen zu akzeptieren.

Zwar bilden eine umsichtige Finanzpolitik in guten Zeiten und die rasche Korrektur jeglicher Abweichungen davon den Kern einer verantwortungsvollen und stabilitätsorientierten Politik, doch hat die Erfahrung gezeigt, dass sich größere makroökonomische Ungleichgewichte einschließlich Wettbewerbsverlusten negativ auf die öffentlichen Finanzen auswirken können. Aus diesem Grund ist eine stärkere Koordinierung der Politik nicht nur im Hinblick auf die Einführung von Stabilitätsanleihen erforderlich, sondern auch, um schädliche makroökonomische Ungleichgewichte zu vermeiden und auszugleichen.

Sicherstellung einer hohen Bonität sowie der Nützlichkeit von Stabilitätsanleihen für alle Mitgliedstaaten

Um von Investoren akzeptiert zu werden, müssten Stabilitätsanleihen eine hohe Bonität aufweisen. Stabilitätsanleihen sollten so konzipiert und emittiert werden, dass Anleger sie als eine sehr sichere Investition betrachten. Der Akzeptanz und dem Erfolg von Stabilitätsanleihen käme es folglich sehr zugute, wenn die Anleihen möglichst hoch bewertet würden. Ein schlechteres Rating könnte sich nachteilig auf die Preisgestaltung (höhere Zinssätze) und auf die Bereitschaft der Investoren auswirken, ein ausreichend hohes Emissionsvolumen zu absorbieren. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn von den Mitgliedstaaten mit einem AAA-Rating weiterhin Staatsanleihen emittiert werden, die somit parallel zu den Stabilitätsanleihen bestehen und mit diesen konkurrieren würden. Eine hohe Bonität wäre ebenfalls notwendig, um Stabilitätsanleihen zu einem internationalen Maßstab zu erheben und die Entwicklung und das effiziente Funktionieren der betroffenen Futures- und Optionsmärkte zu stützen.[10] In diesem Zusammenhang müsste die Konzipierung von Staatsanleihen ausreichend transparent erfolgen, damit Investoren den Wert der zugrunde liegenden Garantien bestimmen können. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Anleger dem neuen Schuldtitel skeptisch gegenüberstehen und die Zinssätze für die Mitgliedstaaten mit einer höheren Kreditwürdigkeit im Vergleich zu den jetzigen Sätzen beträchtlich steigen.

Die Erzielung einer hohen Bonität wird darüber hinaus den Ausschlag dafür geben, dass alle Mitgliedstaaten des Euroraums die Stabilitätsanleihen akzeptieren. Eine Schlüsselfrage besteht in der Aufteilung von Risiken und Gewinnen unter den Mitgliedstaaten. Einige Formen der Stabilitätsanleihen hätten zur Folge, dass Mitgliedstaaten, deren Bonität derzeit unter dem Durchschnitt liegt, ihre Finanzierungskosten senken könnten, während Mitgliedstaaten mit einer bereits hohen Bonität sogar Nettoverluste verzeichnen könnten, wenn die Auswirkungen der Risikobündelung gegenüber den positiven Liquiditätseffekten überwiegen würden. Damit Mitgliedstaaten mit einem AAA-Rating die Einführung der Stabilitätsanleihen unterstützen, müsste ihnen eine entsprechend hohe Bonität des neuen Schuldtitels zugesichert werden, so dass die Finanzierungskosten ihrer Schulden nicht steigen würden. Wie bereits ausgeführt, ist dies erneut von der erfolgreichen Eindämmung des Moral-Hazard-Problems abhängig. Des Weiteren könnte die Akzeptanz von Stabilitätsanleihen mithilfe eines Mechanismus sichergestellt werden, nach dem einige der Finanzierungsvorteile zwischen den Mitgliedstaaten mit einer höheren Bonität und denen mit einer niedrigen Bonität umverteilt würden (siehe Kasten 2).

Die Bonitätsstufe von Stabilitätsanleihen würde in erster Linie von der Bonitätsstufe der teilnehmenden Mitgliedstaaten und der zugrunde liegenden Garantiestruktur abhängen.[11]

– Im Falle teilschuldnerischer Garantien würde jeder garantiegebende Mitgliedstaat für seinen Anteil der Verbindlichkeiten im Rahmen der Stabilitätsanleihe gemäß einem speziellen Beitragsschlüssel[12] haften. Wenn die Kreditwürdigkeit der Mitgliedstaaten weiterhin einzeln bewertet würde, würde eine Herabstufung eines großen Mitgliedstaats höchstwahrscheinlich zu einer entsprechenden Herabstufung der Stabilitätsanleihe führen, auch wenn dies nicht zwangsläufig Auswirkungen auf die Bewertung der anderen Mitgliedstaaten hätte. Unter den derzeitigen Umständen, unter denen nur sechs Mitgliedstaaten des Euroraums mit AAA bewertet werden, würde eine Stabilitätsanleihe mit dieser Garantiestruktur höchstwahrscheinlich kein AAA-Rating erhalten und könnte sogar entsprechend dem Mitgliedstaat mit der niedrigsten Bonität bewertet werden, es sei denn, sie wird durch Bonitätsverbesserungen gestützt.

– Im Falle von durch Vorrangstatus (Seniorität) und Sicherheiten gestärkten teilschuldnerischen Garantien würde jeder garantiegebende Mitgliedstaat weiterhin für seinen Anteil an der Stabilitätsanleiheemission haften. Um jedoch die Rückzahlung der Stabilitätsanleihen selbst bei Zahlungsausfall sicherzustellen, könnte eine Reihe von Bonitätsverbesserungen von den Mitgliedstaaten in Betracht gezogen werden. Erstens könnte für Stabilitätsanleihen der Vorrangstatus gelten. Zweitens könnten Stabilitätsanleihen teilweise besichert werden (z. B. mittels Barsicherheiten, Gold, Anteilen an Kapitalgesellschaften usw.). Drittens könnten bestimmte Einnahmen für die Bedienung der mit den Stabilitätsanleihen verbundenen Schuldendienstkosten vorgesehen werden. Dies würde dazu führen, dass Stabilitätsanleihen ein AAA-Rating erhalten, während sich die Ratings der nationalen Anleihen von Mitgliedstaaten mit einer niedrigeren Kreditwürdigkeit wahrscheinlich verschlechtern würden.

– Im Falle von gesamtschuldnerischen Garantien würde jeder garantiegebende Mitgliedstaat nicht nur für seinen Anteil an der Stabilitätsanleihe haften, sondern auch für den Anteil jedes anderen Mitgliedstaats, der seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt.[13] Selbst bei dieser Garantiestruktur kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass das Rating von Stabilitätsanleihen beeinträchtigt würde, wenn eine begrenzte Zahl von AAA-Mitgliedstaaten Garantien für umfangreiche Verbindlichkeiten von Mitgliedstaaten mit einer niedrigeren Bonität übernehmen müssten. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass in Ausnahmesituationen eine Kaskade von Herabstufungen angestoßen werden könnte; so könnte z. B. die Herabstufung eines größeren AAA-Mitgliedstaats zu einer Herabstufung der Stabilitätsanleihe führen, was sich wiederum negativ auf die Bonitätsbewertung der anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten auswirken würde. Dementsprechend wären angemessene Sicherheitsvorkehrungen vonnöten, um die Haushaltsdisziplin der teilnehmenden Mitgliedstaaten mithilfe eines soliden Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung (und gegebenenfalls des Vorrangsprinzips der Stabilitätsanleihen gegenüber nationalen Anleihen im Falle von deren Fortbestehen) zu gewährleisten.

Kasten 2: Mögliche Umverteilung von Finanzierungsvorteilen zwischen Mitgliedstaaten

Die Gefahr des Moral Hazard, die mit der Emission von Stabilitätsanleihen auf der Grundlage gesamtschuldnerischer Garantien verbunden sind, könnte mithilfe eines Mechanismus für die Umverteilung einiger Finanzierungsvorteile dieser Emissionen zwischen Mitgliedstaaten mit einer hohen Bonität und denen mit einer niedrigen Bonität eingedämmt werden. Mit solch einem Mechanismus könnte die Emission von Stabilitätsanleihen für alle Mitgliedstaaten des Euroraums profitabel sein. Dies kann anhand des folgenden stilisierten Beispiels für zwei Mitgliedstaaten demonstriert werden:

Der Schuldenstand beider Mitgliedstaaten beträgt rund 2 Mrd. EUR, allerdings zahlt Mitgliedstaat A für nationale Anleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren Zinsen in Höhe von 2 %, während Mitgliedstaat B Zinsen in Höhe von 5 % zahlt. Durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem Zinssatz von 2 % könnten sich beide Mitgliedstaaten vollständig finanzieren. Auf jeden Mitgliedstaat entfiele ein Anteil von 50 % der Emission.

Ein Teil des Finanzierungsvorteils, der Mitgliedstaat B aufgrund der Emission von Stabilitätsanleihen entsteht, könnte auf Mitgliedstaat A umgelegt werden. Ein Abschlag von 100 Basispunkten für Mitgliedstaat A könnte zum Beispiel durch den Vorteil von 300 Basispunkten für Mitgliedstaat B finanziert werden. Dementsprechend könnte die Stabilitätsanleihe den Mitgliedstaat A zu einem Zinssatz von 1 % und den Mitgliedstaat B zu einem Zinssatz von 3 % finanzieren. Beide Mitgliedstaaten hätten in dem Fall geringere Finanzierungskosten als bei der Emission nationaler Anleihen.

Der Mechanismus für die interne Aufteilung von Vorteilen, die durch die Emission von Stabilitätsanleihen entstehen, müsste noch ausgearbeitet werden, wäre jedoch mit der Haushaltsentwicklung im Zusammenhang mit dem Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung im Euroraum verbunden.

1.3.2. Gewährleistung der Kohärenz mit dem Vertrag über die Europäische Union

Die Kohärenz mit dem Vertrag über die Europäische Union wäre unbedingt notwendig, um die erfolgreiche Einführung der Stabilitätsanleihe sicherzustellen. Erstens dürfen Stabilitätsanleihen nicht gegen das Bail-out-Verbot des Vertrags verstoßen. Ob Stabilitätsanleihen mit dem EU-Vertrag in seiner derzeitigen Form vereinbar sind, hängt davon ab, welche Anleiheform gewählt wird. Einige Optionen könnten Änderungen der einschlägigen Bestimmungen des EU-Vertrags erfordern. Nach Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist es Mitgliedstaaten verboten, für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaats zu haften.

Im Falle einer Emission von Stabilitätsanleihen auf der Grundlage gesamtschuldnerischer Garantien würde automatisch gegen das Bail-out-Verbot verstoßen werden. In solch einem Fall würde ein Mitgliedstaat in der Tat ungeachtet seines „regulären“ Beitragsschlüssels haften, sollte ein anderer Mitgliedstaat seine finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllen können. Dies würde eine Änderung des Vertrags erfordern. Die Änderung könnte auf der Grundlage des vereinfachten Verfahrens erfolgen, wenn eine gemeinsame Schuldenverwaltungsstelle im Euroraum im Rahmen einer zwischenstaatlichen Vereinbarung geschaffen würde; wenn diese Stelle jedoch direkt dem EU-Recht unterstellt wäre, müsste wahrscheinlich das normale Verfahren angewendet werden, da die Zuständigkeiten der EU dadurch ausgeweitet werden würden. Sofern im Vertrag keine Basis für Stabilitätsanleihen geschaffen wird, würde ein auf dem EU-Recht basierender Ansatz wahrscheinlich die Anwendung des Artikels 352 AEUV erfordern, der die einstimmige Beschlussfassung des Rates und die Zustimmung des Europäischen Parlaments vorsieht. Die Emission von Stabilitätsanleihen und die engere wirtschafts- und finanzpolitische Koordinierung, die für ihren Erfolg notwendig ist, würde wahrscheinlich auch bedeutende Änderungen des nationalen Rechts in einer Reihe von Mitgliedstaaten erfordern.[14]

Die Emission von Stabilitätsanleihen auf der Grundlage teilschuldnerischer Garantien wäre im Rahmen des geltenden EU-Vertrags möglich. So könnten beispielsweise die erhebliche Erhöhung des zugelassenen Darlehenvolumens des ESM und die Änderung der Darlehensbedingungen, die notwendig sind, damit der ESM am Markt aufgenommene Beträge an alle Mitgliedstaaten des Euroraums weiterverleihen darf, in einer Art und Weise erfolgen, die mit Artikel 125 AEUV vereinbar ist, sofern der mit dem ESM verbundene Beitragsschlüssel nach wie vor anteilmäßig festgelegt wird. Dieselbe Begründung gälte für Emissionen einer möglichen gemeinsamen Schuldenverwaltungsstelle, deren Verbindlichkeiten strikt anteilmäßig aufgeteilt würden.

Vertragsänderungen wären auch dann erforderlich, wenn ein erheblich strafferer Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung in Betracht gezogen werden sollte. Je nach den besonderen Merkmalen der Stabilitätsanleihen müssten die finanz- und wirtschaftspolitische Steuerung und Überwachung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten verschärft werden, um Moral-Hazard-Probleme zu vermeiden. Weitere qualitative Änderungen im Bereich der Steuerung, die über die im Paket vom 23. November enthaltenen Vorschläge hinausgehen, werden wahrscheinlich Änderungen des Vertrags erfordern. In Abschnitt 3 werden Optionen für eine schärfere finanzpolitische Steuerung ausführlicher erörtert.

2. OPTIONEN FÜR DIE EMISSION VON STABILITÄTSANLEIHEN

Für die Emission von Stabilitätsanleihen ist vor allem seit dem Beginn der Staatsschuldenkrise im Euroraum eine Vielzahl von Optionen ins Gespräch gebracht worden. Bei diesen Optionen lassen sich jedoch allgemein drei grundsätzliche Ansätze unterscheiden, je nachdem, in welchem Umfang die nationale Emission (ganz oder teilweise) ersetzt wird und wie die Garantie gestaltet ist (gesamtschuldnerisch oder teilschuldnerisch). Die drei grundsätzlichen Ansätze sind:[15]

(1) vollständiger Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie;

(2) teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie;

(3) teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit teilschuldnerischer Garantie.

In diesem Abschnitt werden alle drei Ansätze im Sinne der in Abschnitt 1 erörterten Vorteile und Voraussetzungen bewertet.

2.1. Ansatz Nr. 1: Vollständiger Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würde die Staatsfinanzierung im Euroraum vollständig über die Emission von Stabilitätsanleihen erfolgen; die nationale Emission würde eingestellt. Die Mitgliedstaaten könnten Stabilitätsanleihen in einem koordinierten Verfahren dezentral emittieren, effizienter wäre aber die Einrichtung einer einzigen Schuldenagentur des Euroraums.[16] Diese Zentralagentur würde Stabilitätsanleihen auf dem Markt platzieren und die Erträge den Mitgliedstaaten je nach Finanzbedarf zuweisen. Gleichermaßen würde die Agentur Stabilitätsanleihen durch Einziehung von Zins- und Tilgungszahlungen von den Mitgliedstaaten bedienen. Die Stabilitätsanleihen würden mit gesamtschuldnerischer Garantie durch alle Mitgliedstaaten des Euroraums emittiert, womit das Kreditrisiko gemeinsam zu tragen wäre. Angesichts der gesamtschuldnerischen Garantie würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Bonität der größeren Mitgliedstaaten des Euroraums für die Bonität der Stabilitätsanleihen ausschlaggebend sein; somit wäre davon auszugehen, dass eine heute emittierte Stabilitätsanleihe eine hohe Bonität hätte. Allerdings wären die Ausgestaltung der in den Stabilitätsanleihen verankerten wechselseitigen Garantie und ihre Folgen für Rating und Zinsen noch gründlicher zu analysieren.

Bei diesem Ansatz könnten die Vorteile der Emission von Stabilitätsanleihen besonders effektiv realisiert werden. Der vollständige Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen würde allen Mitgliedstaaten unabhängig von der nationalen Haushaltslage eine uneingeschränkte Refinanzierung sichern. Damit könnten die erheblichen Engpässe, die derzeit in der Liquiditätsversorgung einiger Mitgliedstaaten bestehen, behoben werden, und ein erneutes Auftreten solcher Engpässe ließe sich in Zukunft verhindern. Zudem würde bei diesem Ansatz ein sehr großer und homogener Markt für Stabilitätsanleihen entstehen, was im Hinblick auf Liquidität und geringere Liquiditätsrisikoprämien sehr vorteilhaft wäre. Durch die neue Stabilitätsanleihe ergäbe sich eine gemeinsame Benchmark-Anleihe des Euroraums und damit für das gesamte Finanzsystem im Euroraum ein effizienteres Instrument zur Preisfindung für Risiken. Als hochwertige staatsbezogene Sicherheit für Finanzinstitute in allen Mitgliedstaaten würde sie den Nutzen einer gemeinsamen Emission maximieren, indem sie die Widerstandskraft des Finanzsystems im Euroraum stärkt und die Übertragung der Geldpolitik verbessert. Mit der bei diesem Ansatz geschaffenen Stabilitätsanleihe würde überdies ein Markt entstehen, der für das Weltfinanzsystem ein zweiter sicherer Zufluchtshafen mit einer dem US-Staatsanleihemarkt vergleichbaren Größe und Liquidität und damit der internationalen Rolle des Euro höchst förderlich wäre.

Zugleich birgt dieser Ansatz die größte Gefahr eines Moral Hazard. Die Mitgliedstaaten könnten sich auf Kosten der Haushaltsdisziplin anderer Mitgliedstaaten verschulden, ohne dass sich dies auf ihre Finanzierungskosten auswirken würde. Daher müsste dieser Ansatz durch einen sehr soliden Rahmen für Haushaltsdisziplin, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und den Abbau makroökonomischer Ungleichgewichte auf nationaler Ebene flankiert sein. Ein solcher Rahmen wäre im Vergleich zur gegenwärtigen Situation ein bedeutender weiterer Schritt wirtschaftlicher, finanzieller und politischer Integration. Ohne den Rahmen dürfte dieser ehrgeizige Ansatz für die Emission von Stabilitätsanleihen nicht die Akzeptanz der Mitgliedstaaten und Anleger finden. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Garantie der Stabilitätsanleihe und der Solidität, die der Rahmen für Haushaltsdisziplin und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit haben müsste, wären für diesen Ansatz Vertragsänderungen höchstwahrscheinlich unerlässlich.

Bei diesem Ansatz wäre zu klären, für welche Art Staatsschulden Stabilitätsanleihen zu emittieren wären. In einigen Mitgliedstaaten werden Anleihen nicht nur von der Zentralregierung, sondern auch von regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften emittiert.[17] Grundsätzlich wäre die Einbeziehung von Anleihen, die unterhalb der nationalen Ebene emittiert werden, möglich. Offensichtlicher Vorteil wäre, dass der potenzielle Nutzen in Bezug auf Marktstabilität, Liquidität und Integration ausgedehnt würde. Die Einbeziehung stünde im Einklang mit dem Vorgehen der EU bei der Haushaltsüberwachung, die Schulden und Defizite des gesamten Sektors Staat betrifft. Andererseits könnte die Regelung transparenter und sicherer sein, wenn nur die Anleiheemission von Zentralregierungen gebündelt wird. Zentralregierungen betreffende Daten sind in der Regel leichter zugänglich, was auf der gebietskörperschaftlichen Ebene nicht immer der Fall ist. Zudem würden durch die Emission nur uneingeschränkt von Zentralregierungen kontrollierte Defizite gedeckt. Rein marktlich betrachtet, würden solche Stabilitätsanleihen nur allgemein bekannte Anleihen von Zentralregierungen ersetzen, was die Bewertung der neuen Stabilitätsanleihen und die Preisfindung erleichtern würde.[18]

Bei diesem Ansatz könnte die Einführung von Stabilitätsanleihen unterschiedlich gestaltet sein, je nachdem, welches Tempo gewünscht wird. Bei einer beschleunigten Einführung würden Neuemissionen ausschließlich als Stabilitätsanleihen erfolgen, und ausstehende Staatsanleihen könnten in neue Stabilitätsanleihen umgewandelt werden, d.h. ein bestimmter Betrag an Staatsanleihen könnte gegen neue Stabilitätsanleihen getauscht werden. Der Hauptvorteil dieser Option wäre die schlagartige Entstehung eines liquiden Marktes mit einer vollständigen Benchmark-Zinskurve. Der Rückkauf von Altanleihen könnte zudem die gegenwärtig akuten Finanzierungsprobleme der Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand und hohen Zinssätzen abmildern. Das Vorgehen könnte jedoch kompliziert sein und würde eine vorsichtige Kalibrierung der Konversionsquote erfordern, damit Marktstörungen möglichst gering gehalten werden. Eine Alternative dazu wäre ein schrittweises Vorgehen, d. h. eine vollständige oder sogar nur teilweise neue Bruttoemission von Stabilitätsanleihen für jeden Mitgliedstaat, wobei ausstehende Anleihen der Staaten des Euroraums am Sekundärmarkt in Umlauf blieben. Damit könnte sich der Markt schrittweise auf das neue Instrument einstellen und analytische bzw. Preisfindungsverfahren entwickeln, womit das Risiko von Marktstörungen geringer wäre. Bei dieser Variante würde die Entstehung eines vollständigen Marktes für Stabilitätsanleihen jedoch mehrere Jahre dauern (je nach Fälligkeit der ausstehenden Anleihen), und damit würde auch der mögliche Nutzen verzögert eintreten. Das Segment der ausstehenden Altanleihen würde schrittweise schrumpfen, da es durch Stabilitätsanleihen und neu emittierte nationale Anleihen ersetzt würde. Somit würde die Liquidität in diesem Segment im Laufe der Zeit geringer werden, womit die Liquiditätsprämie auf Altanleihen allmählich steigen könnte.

Aufgrund der nötigen Vertragsänderungen könnte die Umsetzung dieses Ansatzes erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.

2.2. Ansatz Nr. 2: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würde die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie erfolgen, die nationale Emission aber nur teilweise ersetzen. Für den Teil der Emission, der nicht in Stabilitätsanleihen erfolgt, bestünden jeweils nationale Garantien. Dieser Ansatz der gemeinsamen Emission ist als „Blue-Red-Ansatz“ bekannt.[19] Demnach würde der Markt für Anleihen der Staaten des Euroraums auf zwei unterschiedlichen Tranchen bestehen:

– Stabilitätsanleihen (oder „Blue Bonds“): Die Emission von Stabilitätsanleihen würde nur bis zu einer im Voraus festgelegten Obergrenze erfolgen und damit nicht zwangsläufig den Finanzierungsbedarf aller Mitgliedstaaten voll decken. Für diese Anleihen bestünde eine gesamtschuldnerische Garantie, was bedeutet, dass der Refinanzierungssatz für alle Mitgliedstaaten einheitlich ist.[20]

– Nationale Staatsanleihen („Red Bonds“): Weitere zur Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten erforderliche Anleihen würden auf nationaler Ebene mit nationaler Garantie emittiert werden. Folglich wären nationale Anleihen wenigstens faktisch gegenüber Stabilitätsanleihen nachrangig, da Letztere eine gesamtschuldnerische Garantie hätten.[21] Der Umfang der nationalen Emission des jeweiligen Mitgliedstaats wäre vom vereinbarten Umfang der gemeinsamen Emission von Stabilitätsanleihen und dem Gesamtrefinanzierungsbedarf dieses Staates abhängig. Je nach Größe dieser verbleibenden nationalen Anleihemärkte und -emissionen und der Bonität des Landes wiesen diese nationalen Anleihen länderspezifische Liquiditäts- und Kreditmerkmale und damit unterschiedliche Marktzinsen auf, auch da sich das Kreditrisiko der betreffenden Länder überwiegend auf die nationalen Anleihen konzentrieren würde und damit das Ausfallrisiko steigen würde.[22] Der verstärkte Druck des Marktes auf die nationale Emission würde für Marktdisziplin sorgen.

Eine Schlüsselrolle hätten bei diesem Ansatz die spezifischen Kriterien, nach denen das Verhältnis zwischen Stabilitätsanleihe und nationaler Emission festzulegen wäre. Die wesentlichen Optionen wären:

– Ein einfaches regelbasiertes System: Jeder Mitgliedstaat könnte z. B. einen Betrag an Stabilitätsanleihen beanspruchen, der einem festgelegten Prozentsatz seines BIP entspricht, möglicherweise orientiert am Vertragskriterium von 60 %. Als wichtiger Aspekt wäre zu bedenken, wie groß das auf den nationalen (und nachrangigen) Teil konzentrierte Risiko wäre, was wiederum vom Umfang der gemeinsamen Emission abhängt (je höher der Anteil der Emission von Stabilitätsanleihen, umso größer ist das auf die verbleibende nationale Emission konzentrierte Risiko). Um bei der nationalen Emission übermäßige Kreditrisiken zu vermeiden und dennoch bei der gemeinsamen Emission Liquiditätsvorteile zu erzielen, könnte es angemessen sein, die Obergrenze eher zurückhaltend festzulegen.

– Ein flexibleres an die Einhaltung politischer Zielvorgaben geknüpftes System: Der Höchstbetrag für die Stabilitätsanleiheemission eines Mitgliedstaats könnte wie oben festgelegt werden, die Obergrenze würde jedoch jederzeit an die Einhaltung der Regeln und Empfehlungen im Rahmen der Euroraum-Steuerung geknüpft sein. Nichteinhaltung könnte durch eine (möglicherweise automatische) Senkung der für den jeweiligen Mitgliedstaat bezüglich der Stabilitätsanleihen geltenden Verschuldungsobergrenze sanktioniert werden (siehe auch Abschnitt 3). Dieses System wäre ein quasi-automatischer Stabilisator für die Bonität der Stabilitätsanleihen, da sich der jeweilige Anteil von Mitgliedstaaten, die die haushaltspolitischen Zielvorgaben nicht einhalten, verringern würde.

Die Glaubwürdigkeit der Obergrenze für die Emission von Stabilitätsanleihen wäre ein zentrales Anliegen. Nach Ausschöpfung der zugeteilten Blue Bonds könnten die Finanzierungskosten eines Mitgliedstaats erheblich steigen. Dies könnte politischen Druck für eine Anhebung der Obergrenze auslösen. Ohne robuste Schutzvorkehrungen gegen solchen Druck könnte die Erwartung einer „weichen“ Obergrenze die disziplinierenden Wirkungen des Blue-Red-Ansatzes weitgehend zunichtemachen. Daher wäre es unabhängig von den für die Bestimmung der Obergrenze für die Emission von Stabilitätsanleihen festgelegten Kriterien wesentlich, dass diese Obergrenze beibehalten und nicht willkürlich, z. B. auf politischen Druck hin, angepasst wird.

Dieser Ansatz für die Emission von Stabilitätsanleihen ist weniger ehrgeizig als der obige Ansatz der vollständigen Emission, und sein wirtschaftlicher und finanzieller Nutzen ist somit geringer. Aufgrund ihrer Vorrangigkeit gegenüber den nationalen Anleihen und der Garantiestruktur wäre das Kreditrisiko der Stabilitätsanleihen sehr gering, was sich in einem hohen Rating widerspiegeln würde (d. h. AAA). Die Zinsen von Stabilitätsanleihen würden daher den Zinsen jetziger AAA-Staatsanleihen des Euroraums vergleichbar sein. Somit würden sich für die Finanzstabilität des Euroraums, die Übertragung der Geldpolitik und die internationale Rolle des Euro entsprechende Vorteile ergeben, auch wenn diese geringer wären als bei dem ehrgeizigeren Ansatz des vollständigen Ersatzes der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen. Da die schrittweise Emission von Stabilitätsanleihen bis zur vereinbarten Obergrenze höchstwahrscheinlich mehrere Jahre dauern würde, hätten alle Mitgliedstaaten während der Anfangsphase über die Stabilitätsanleihen einen kaum beschränkten Finanzmarktzugang. Damit ließe sich möglicher Engpässe in der Liquiditätsversorgung einiger Mitgliedstaaten Herr werden, andererseits bestünde in dieser Phase die gleiche Gefahr eines Moral Hazard wie in Abschnitt 2.1 bezüglich der vollständigen Emission dargelegt. Da diese Mitgliedstaaten nach dem Erreichen der Obergrenze für Stabilitätsanleihen wieder nationale Anleihen emittieren müssten, müssten sie die Gewissheit bieten, dass sie in dieser Zeit die erforderlichen Haushaltsanpassungen und Strukturreformen durchführen, um Anleger zufriedenzustellen und damit den Marktzugang nach der Einführungsphase zu behalten. Die Zinsen der neu emittierten Staatsanleihen würden jedoch aufgrund deren Nachrangigkeit steigen. Wenn die Emission von Stabilitätsanleihen schließlich einen vergleichsweise hohen Anteil erreicht hätte, dürfte der Markt liquide sein, wenn auch weniger liquide als bei vollständiger Emission von Stabilitätsanleihen, denn ein bestimmter Marktanteil würde auf die verbleibenden nationalen Anleihen entfallen.

Andererseits wären die Voraussetzungen für die Emission von Stabilitätsanleihen bei diesem Ansatz etwas weniger verbindlich. Die Obergrenze für die Emission von Stabilitätsanleihen würde die Gefahr des Moral Hazard verringern, da durch die verbleibende nationale Emission ein gewisses Maß an Marktdisziplin sichergestellt würde. Das Verhältnis von Moral Hazard, Marktdisziplin und Ansteckungsrisiko ist in Bezug auf die Festlegung der angemessenen Obergrenze für Stabilitätsanleihen jedoch nicht eindeutig. Bei einer vergleichsweise niedrigen Obergrenze für Stabilitätsanleihen (mit einem entsprechend hohen Betrag für die verbleibende nationale Emission) würde zwar die Gefahr des Moral Hazard verringert, Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand könnte aber ein ungeordneter Zahlungsausfall bei der nationalen Emission drohen. Von einem solchen ungeordneten Zahlungsausfall würde ein Ansteckungsrisiko für den Euroraum insgesamt ausgehen. Bei einer vergleichsweise hohen Obergrenze für Stabilitätsanleihen (mit einem entsprechend geringen Betrag für die verbleibende nationale Emission) wäre zwar die Gefahr des Moral Hazard größer, allerdings wäre auch ein Zahlungsausfall in einem Mitgliedstaat mit weniger fatalen Folgen und geringerem Ansteckungsrisiko für den Euroraum insgesamt möglich. Ein solider Rahmen für Haushaltsdisziplin und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler Ebene wäre als Fundament der Emission von Stabilitätsanleihen immer noch vonnöten, obwohl aufgrund der Marktdisziplin durch die Beibehaltung der nationalen Emission eine weniger dramatische Souveränitätsübertragung als bei dem Ansatz der vollständigen Emission von Stabilitätsanleihen in Frage kommen könnte. Die Wahl der Obergrenze dürfte auch die Bonität der Stabilitätsanleihe bestimmen. Eine vergleichsweise niedrige Obergrenze würde die Bonität der Stabilitätsanleihen stärken, da sie die Verschuldung, für die die stärkere gesamtschuldnerische Garantie besteht, geringer hält.[23] Aufgrund der gesamtschuldnerischen Garantie der Stabilitätsanleihen wären Vertragsänderungen höchstwahrscheinlich unerlässlich.

Auch bei diesem Ansatz könnte die Einführung von Stabilitätsanleihen unterschiedlich gestaltet sein, je nachdem, welches Tempo gewünscht ist. Bei einer beschleunigten Einführung würde ein bestimmter Teil der ausstehenden Staatsanleihen im Euroraum zu einem im Voraus festgelegten Datum unter Anwendung im Voraus festgelegter Parameter durch Stabilitätsanleihen ersetzt werden. Damit würden rasch eine kritische Masse an ausstehenden Stabilitätsanleihen und ein ausreichend liquider Markt mit einer vollständigen Benchmark-Zinskurve geschaffen werden. Dies könnte jedoch bedeuten, dass die meisten Mitgliedstaaten ihre Obergrenze im Augenblick der Umstellung erreichen und sich auf den Märkten weiter mit nationalen Anleihen refinanzieren müssten. Unter den gegenwärtigen Marktbedingungen könnte dies für einige Mitgliedstaaten einen Rückschritt darstellen. Bei einer schrittweisen Einführung würde die gesamte (oder fast die gesamte) neue Bruttoemission der Mitgliedstaaten in Stabilitätsanleihen erfolgen, bis die Obergrenze für die Emission von Stabilitätsanleihen erreicht ist. Da für einige Jahre nur (oder fast nur) Stabilitätsanleihen emittiert würden, würde dieser Ansatz zu einem Nachlassen des Drucks der Märkte beitragen und anfälligen Mitgliedstaaten Zeit verschaffen, damit ihre Reformen greifen können. In der Übergangszeit würden sich jedoch besondere Herausforderungen ergeben, da die Kreditverlängerung bei hochverschuldeten Ländern in der Regel höhere Beträge betrifft und häufiger erfolgt. Werden keine anderen Regelungen vereinbart, werden ihre Schulden überdurchschnittlich schnell bis zur Obergrenze durch Stabilitätsanleihen ersetzt, während es bei Ländern mit Schulden unterhalb der Obergrenze länger dauert. Somit würde das individuelle Risiko, das durch eine mögliche „gesamtschuldnerische“ Garantie gedeckt wird, in der Übergangsphase zur höheren Seite hin verzerrt sein, während andererseits der Liquiditätseffekt, der die Kompensation für die AAA-Länder darstellen sollte, noch gering wäre. Diese Besonderheit müsste vielleicht in den Regelungen für die Steuerung berücksichtigt werden. Eine Alternative könnte z. B. darin bestehen, im Voraus Jahresobergrenzen festzulegen, die langsam von Null bis zum gewünschten langfristigen Wert steigen.

Aufgrund der erforderlichen Vertragsänderungen könnte die Umsetzung dieses Ansatzes wie bei Ansatz Nr. 1 erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, obwohl die Tatsache, dass an den Regelungen für die wirtschaftspolitische und haushaltspolitische Steuerung nur in geringerem Maße Änderungen erforderlich sind – da die Warn- und Disziplinierungsfunktion teilweise den Märkten überlassen bleibt –, eine weniger komplexe und zeitaufwendige Umsetzung ermöglichen könnte.

Kasten 3: Schuldentilgungspakt und sichere Anleihen

Als besonderes Beispiel des Ansatzes der teilweisen Emission hat der deutsche Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 2011/12[24] einen Vorschlag für sichere Anleihen vorgelegt, der Teil einer Strategie zur Rückführung der Staatsverschuldung im Euroraum unter die 60 %-Grenze des Vertrags von Maastricht ist.

Eine der Säulen der Strategie ist ein sogenannter Schuldentilgungsfonds. Staatsschulden, die über 60 % des BIP der einzelnen Euroraum-Mitgliedstaaten hinausgehen, würden an den Tilgungsfonds übertragen werden, für den gesamtschuldnerisch gehaftet würde. Jedes Teilnehmerland hätte auf einem festgelegten Konsolidierungspfad die an den Fonds übertragenen Schulden in einem Zeitraum von 20 bis 25 Jahren eigenverantwortlich zu tilgen. Durch die gesamtschuldnerische Haftung während der Tilgungsphase würden sichere Anleihen geschaffen. In der Praxis würde der Tilgungsfonds sichere Anleihen emittieren, und die Teilnehmerländer würden mit den Einnahmen ihren vorher festgelegten laufenden Finanzbedarf für die Tilgung ausstehender Anleihen sowie für die Neuverschuldung decken. Die Schuldenübertragung würde daher schrittweise über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren erfolgen. Mitgliedstaaten mit einem Schuldenstand über 60 % des BIP müssten sich somit in der Einstiegsphase nicht am Markt refinanzieren, sofern sie auf dem für den Schuldenabbau festgelegten Pfad bleiben. Nach der Einstiegsphase würden sich die Schulden im Euroraum wie folgt zusammensetzen: (i) nationale Schulden in Höhe von bis zu 60 % des BIP eines Landes sowie (ii) an den Tilgungsfonds übertragene Schulden in Höhe der zum Zeitpunkt der Übertragung den Referenzwert übersteigenden Schulden. Offene Fragen bleiben z. B. in Bezug auf das Risiko des Fonds und die Auswirkungen einer Besicherung auf die faktische Seniorität der von dem Fonds emittierten Anleihen.

Der vom Sachverständigenrat vorgeschlagene Schuldentilgungspakt verbindet die (vorübergehende) gemeinsame Emission mit strengen Vorschriften für die Haushaltsanpassung. Damit handelt es sich nicht um einen Vorschlag für Stabilitätsanleihen im Sinne des vorliegenden Grünbuchs, da die gemeinsame Emission nur vorübergehend wäre und nur Mitgliedstaaten mit einem öffentlichen Schuldenstand von über 60 % des BIP beträfe. Stattdessen schlägt der Sachverständigenrat die Einführung eines vorübergehenden Finanzierungsinstruments vor, das allen Euroraum-Mitgliedstaaten Zeit und finanziellen Spielraum verschaffen würde, um ihre Schulden auf unter 60 % des BIP zu senken. Sobald dieses Ziel erreicht ist, würden der Fonds und die sicheren Anleihen automatisch abgewickelt werden. Somit sind sichere Anleihen eher ein Instrument zur Krisenbewältigung als ein Weg zur dauerhaften Integration der Staatsanleihemärkte im Euroraum. Obwohl der Schuldentilgungspakt nur vorübergehend wäre, könnte er zur Lösung des gegenwärtigen Problems des Schuldenüberhangs beitragen.

2.3. Ansatz Nr. 3: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit teilschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würden Stabilitätsanleihen die nationale Emission wiederum nur teilweise ersetzen und durch anteilige Garantien der Euroraum-Mitgliedstaaten gedeckt sein.[25] Dieser Ansatz unterscheidet sich insofern von Ansatz Nr. 2, als die Mitgliedstaaten weiter sowohl für ihren jeweiligen Anteil an der Emission von Stabilitätsanleihen als auch für ihre nationale Emission haften würden. Die Fragen im Zusammenhang mit der Aufteilung zwischen Stabilitätsanleihen und nationaler Emission einschließlich der Wahl der Obergrenze für die Emission von Stabilitätsanleihen wären jedoch weitgehend dieselben.

Bei diesem Ansatz würden die Vorteile der gemeinsamen Emission von Stabilitätsanleihen in geringerem Umfang realisiert, es wären aber auch weniger Voraussetzungen zu erfüllen. Aufgrund der teilschuldnerischen Garantie würde die Gefahr des Moral Hazard verringert. Die Mitgliedstaaten könnten bei der Emission nicht Nutznießer einer möglicherweise höheren Bonität anderer Mitgliedstaaten sein. Zudem würden die Mitgliedstaaten aufgrund der fortlaufenden Emission nationaler Anleihen auch weiter von den Märkten überwacht und bewertet werden, wovon für eine unverantwortliche Haushaltspolitik eine zusätzliche, bisweilen möglicherweise stark abschreckende Wirkung ausgehen würde. Dieser Ansatz hätte für die Stärkung der Effizienz und Stabilität der Finanzmärkte zwar nur begrenzten Nutzen, ließe sich aber einfacher und schneller umsetzen. Aufgrund der teilschuldnerischen Garantie würde Mitgliedstaaten, von denen der Markt hohe Risikoprämien verlangt, die Bonität der Niedrigzins-Länder in deutlich geringerem Maße zugutekommen als bei Ansatz Nr. 2 und insbesondere Ansatz Nr. 1. Daher wäre der potenzielle Beitrag von Ansatz Nr. 3 zur Entschärfung einer Staatsschuldenkrise im Euroraum und ihrer möglichen Auswirkungen auf den Finanzsektor weit begrenzter. Aufgrund der viel schneller möglichen Umsetzung könnte Ansatz Nr. 3 jedoch im Unterschied zu den beiden anderen Ansätzen gegebenenfalls bei der Bewältigung der gegenwärtigen Staatsschuldenkrise helfen.

Eine Schlüsselrolle käme bei diesem Ansatz der Art der Garantie zu, durch die Stabilitätsanleihen gedeckt wären. Ohne eine Form der Bonitätsverbesserung erreichte die Bonität einer Stabilitätsanleihe mit teilschuldnerischer Garantie bestenfalls den (gewichteten) Mittelwert der Bonitäten der Mitgliedstaaten im Euroraum. Sie könnte sogar der Bonität des Mitgliedstaats mit dem niedrigsten Rating entsprechen, wenn der Vorrang dieser Stabilitätsanleihe gegenüber der nationalen Emission aller Mitgliedstaaten nicht glaubwürdig ist (siehe unten). Dies könnte sich nachteilig auf die Akzeptanz des Instruments bei Anlegern und Mitgliedstaaten mit höherem Rating auswirken und den Nutzen der Stabilitätsanleihen, insbesondere ihre Stärke in Zeiten von Finanzkrisen, beeinträchtigen.

Um die Akzeptanz von Stabilitätsanleihen bei diesem Ansatz zu erhöhen, könnte die Garantie qualitativ gestärkt werden. Die Mitgliedstaaten könnten der Bedienung der Stabilitätsanleihen Vorrang einräumen. Sie könnten zudem Sicherheiten wie Devisen- und Goldreserven hinterlegen, deren Bestände in den meisten Mitgliedstaaten den Bedarf übersteigen, und bestimmte Steuereinnahmen für die Bedienung der Stabilitätsanleihen vorsehen. Stärker als bei Ansatz Nr. 2, bei dem die gemeinsame Tranche durch eine gesamtschuldnerische Garantie gedeckt ist, ist die Durchführbarkeit dieses Ansatzes von der Seniorität des gemeinsamen Emittenten und einer vorsichtigen Begrenzung der gemeinsamen Emission abhängig. Daher müssen die Folgen dieses Ansatzes für im Umlauf befindliche Anleihen, die gegebenenfalls Negativklauseln enthalten, sorgfältig geprüft und geeignete Lösungen aufgezeigt werden.

Während unter normalen Umständen die Gesamtkosten der Schulden eines Landes gleich bleiben oder sinken sollten, würden die Grenzkosten der Schulden steigen. Dies sollte dazu beitragen, die Gefahr des Moral Hazard zu verringern und Haushaltsdisziplin sicherzustellen, selbst wenn es keine besondere Form verstärkter Steuerung oder Haushaltsüberwachung gibt. Die Stabilitätsanleihe wäre somit eine Art Transmissionsriemen und würde die Wirksamkeit des neu geschaffenen Steuerungspakets verstärken, wenn die Beträge, die durch die gemeinsame Emission aufzubringen sind, in enger Anlehnung an die haushaltspolitischen Zielvorgaben der Stabilitätsprogramme festgelegt werden und starke Anreize zum Abbau der Gesamtverschuldung schaffen.[26] Eine Vertragsänderung wäre dafür nicht erforderlich. Allerdings bedürfte es zur Sicherung der Bonität der Stabilitätsanleihe höchstwahrscheinlich sekundärrechtlicher Vorschriften, die die Seniorität der Stabilitätsanleihe festschreiben.

Die Alternativen für die Behandlung von Altanleihen und ihre jeweiligen Vorteile und Nachteile wären den unter Ansatz Nr. 2 dargestellten vergleichbar.

Dieser Ansatz könnte vergleichsweise schnell umgesetzt werden. Änderungen am EU-Vertrag wären nicht erforderlich, während sekundärrechtliche Vorschriften zur Stärkung des Senioritätsprinzips hilfreich sein könnten. Zudem würden nationale Anleihen nur teilweise durch Stabilitätsanleihen ersetzt.

2.3.1. Kombination der Ansätze

Da Reichweite, Ehrgeiz und der für die Umsetzung zu veranschlagende Zeitbedarf bei den drei Ansätzen unterschiedlich sind, könnten sie auch kombiniert werden. Ansatz Nr. 1 kann als ehrgeizigster Ansatz gelten, der für die Marktintegration und die Stärkung der Stabilität die besten Ergebnisse bringen würde, dessen Umsetzung aber beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen könnte. Umgekehrt dürfte eine raschere Einführung von Ansatz Nr. 3 mit seiner anderen Reichweite und seiner anders aufgebauten Garantie leichter zu bewerkstelligen sein. Es besteht also ein gewisser Trade-off zwischen dem mit den Merkmalen verbundenen Anspruch und der Reichweite der Stabilitätsanleihe einerseits und dem möglichen Tempo der Umsetzung andererseits. Um diesem Trade-off gerecht zu werden, könnten die verschiedenen Ansätze in aufeinanderfolgenden Etappen eines Prozesses allmählicher Umsetzung kombiniert werden: eine vergleichsweise frühe Einführung mit teilweisem Ersatz und teilschuldnerischer Garantie zusammen mit einem Fahrplan für den weiteren Ausbau dieses Instruments und eine entsprechend stärkere Steuerung. Ein solcher politischer Fahrplan könnte dazu beitragen, die Akzeptanz der Stabilitätsanleihen am Markt von Beginn an sicherzustellen.

2.3.2. Auswirkungen auf nicht dem Euroraum angehörende EU-Mitgliedstaaten und Drittländer

Die Teilnahme am Rahmen für Stabilitätsanleihen ist grundsätzlich nur für die Mitgliedstaaten des Euroraums vorgesehen.[27] Dies geht auf den verständlichen Wunsch von Mitgliedstaaten zurück, in eigener Währung Schuldtitel zu emittieren und Märkte zu unterhalten, sowie darauf, dass E-Anleihen Teil eines Rahmens für eine vertiefte wirtschaftliche und politische Integration sein könnten. Gleichwohl würde sich die Einführung von Stabilitätsanleihen mit einem verstärkten Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung auf diese Mitgliedstaaten auswirken. Die durch die Stabilitätsanleihen im gesamten Euroraum geförderte Finanzstabilität würde unmittelbar und substanziell zur Stabilität der Finanzmärkte und Finanzinstitute auch in diesen Ländern beitragen. Dasselbe gilt für jedes Drittland, je nach Stärke seiner wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtung mit dem Euroraum. Im Gegenzug könnte der Wettbewerb der Finanzmärkte um das Anlegerinteresse zunehmen, wenn durch die Stabilitätsanleihen ein sehr großer und solider Markt für sichere Anlagen entsteht.

Tabelle 1: Übersicht über die drei wesentlichen Ansätze

|| (Ansatz 1) || (Ansatz 2) || (Ansatz 3)

Wesentliche Merkmale || || ||

– Ersatz der nationalen Emission durch Stabilitätsanleihen || Vollständig || Teilweise || Teilweise

– Garantiestruktur || Gesamtschuldnerisch || Gesamtschuldnerisch || Teilschuldnerisch mit Bonitätsverbesserung

Wesentliche Auswirkungen || || ||

– auf die durchschnittlichen Finanzierungskosten 1/ für Stabilitätsanleihen insgesamt 2/ für einzelne Länder || 1/ Mittlere positive Auswirkungen durch sehr hohe Liquidität, aber erheblichen Moral Hazard 2/ Starke Verlagerung des Nutzens von Ländern mit höherem Rating zu Ländern mit niedrigerem Rating || 1/ Mittlere positive Auswirkungen durch mittlere Liquidität und begrenzten Moral Hazard 2/ Geringere Verlagerung des Nutzens von Ländern mit höherem Rating zu Ländern mit niedrigerem Rating. Gewisser Druck des Marktes auf MS mit hohem Schuldenstand und Subprime-Rating || 1/ Mittlere positive Auswirkungen, geringere Liquidität und solidere Politik durch verstärkte Marktdisziplin 2/ Keine Auswirkungen auf einzelne Länder. Verstärkter Druck des Markts auf MS mit hohem Schuldenstand und Subprime-Rating

– auf möglichen Moral Hazard (ohne verstärkte Steuerung) || Erheblich || Mittel, aber starker Marktanreiz für Haushaltsdisziplin || Gering, starker Marktanreiz für Haushaltsdisziplin

– auf die europäische Finanzintegration || Erheblich || Mittel || Mittel

– auf die weltweite Anziehungskraft der Finanzmärkte der EU || Erheblich || Mittel || Mittel

– auf die Stabilität der Finanzmärkte || Erheblich || Erheblich, aber Herausforderungen bei nationaler Emission in nicht tragfähigem Umfang || Gering, aber aufgrund rascher Umsetzbarkeit möglicherweise bei der Bewältigung der gegenwärtigen Krise hilfreich

Rechtliche Erwägungen || Wahrscheinlich Vertragsänderung || Wahrscheinlich Vertragsänderung || Keine Vertragsänderung nötig. Sekundärrechtliche Vorschriften wären hilfreich

Mindestzeitbedarf für die Umsetzung || Erheblich || Mittel bis erheblich || Gering

3. Finanzpolitischer Rahmen der Stabilitätsanleihen 3.1. Hintergrund

Der Rahmen für die haushaltspolitische Überwachung wurde durch die jüngste Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die neue Durchsetzungsinstrumente umfasst, bereits gestärkt. In nächster Zukunft dürfte er außerdem insbesondere für diejenigen Euroraum-Mitgliedstaaten, die Gegenstand eines Defizitverfahrens sind und/oder finanzielle Unterstützung angefordert oder erhalten haben, gemäß den jüngsten Schlussfolgerungen der Staats- und Regierungschefs des Euroraums und den Vorschlägen der Kommission für zwei neue auf Artikel 136 basierende Verordnungen weiter gestärkt werden:

– Mit dem Vorschlag für eine Verordnung über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung von Haushaltsplanentwürfen und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet werden drei Ziele verfolgt: a) Das Europäische Semester soll durch einen gemeinsamen Haushaltszeitplan ergänzt werden, wodurch die wichtigsten Schritte bei der Ausarbeitung der nationalen Haushalte besser synchronisiert werden sollen; b) dem System der multilateralen Überwachung der Haushaltspolitiken (präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts) sollen zusätzliche Überwachungsanforderungen hinzugefügt werden, damit gewährleistet ist, dass die haushaltspolitischen Empfehlungen der EU in geeigneter Weise in die Vorbereitung der nationalen Haushaltspläne einfließen und c) das Verfahren zur Korrektur des übermäßigen Defizits eines Mitgliedstaats (korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts) soll durch eine genauere Überwachung der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, ergänzt werden, damit eine rechtzeitige und dauerhafte Korrektur des Defizits sichergestellt ist.

– Mit dem Vorschlag für eine Verordnung über eine verstärkte Überwachung soll dafür gesorgt werden, dass ein Euroraum-Mitgliedstaat, der von schweren finanziellen Störungen betroffen oder bedroht ist, einer strengeren Überwachung unterliegt, damit eine rasche Normalisierung der Situation gewährleistet ist und die übrigen Mitgliedstaaten des Euroraums vor negativen Spillover-Effekten geschützt werden.

Diese beiden neuen Verordnungen bilden zusammen mit den tiefgreifenden Änderungen, die sich aus der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts ergeben, ein solides Fundament für eine stärkere Koordinierung der Haushaltspolitik der einzelnen Euroraum-Mitgliedstaaten.

Dennoch bergen Stabilitätsanleihen ein Moral-Hazard-Risiko und es bedarf daher je nach gewählter Alternative einer weiteren Stärkung des Rahmens. Ein derart gestärkter Rahmen könnte über folgende drei Dimensionen verfügen:

– Es würde eine stärkere Überwachung und ein stärkeres Eingreifen in die Konzeption und Durchführung der nationalen Finanzpolitik gewährleistet sein als in den jüngsten Vorschlägen vorgesehen. Außerdem würde die Bedienung der Stabilitätsanleihen uneingeschränkt sichergestellt.

– Gleichzeitig dürfte die bloße Existenz von Stabilitätsanleihen die Haushaltsprozesse grundlegend ändern, insbesondere über die Zuteilungsmechanismen, und ein Instrument zur Durchsetzung eines auf Regeln beruhenden Rahmens für Finanzpolitik darstellen.

– Man könnte für die Teilnahme am System der Stabilitätsanleihen die Erfüllung finanzpolitischer Bedingungen verlangen, was die Glaubwürdigkeit sowohl in der gegenwärtigen Anpassungsphase als auch während des Normalbetriebs erhöhen würde.

3.2. Verstärkte Überwachung der nationalen Finanzpolitik und verstärktes Eingreifen in diese

Die jüngst erfolgten und die geplanten Reformen der Überwachung bilden eine solide Grundlage für die Begrenzung dieser Risiken; weitere Reformen wären jedoch erforderlich. Ein solcher Ausbau des Rahmens könnte sich auf die Überwachung durch die EU und auf die nationalen Haushaltsrahmen beziehen.

Im Sinne der derzeit zur Diskussion stehenden Änderungen würde dies eine eingehendere Prüfung der Haushaltsplanentwürfe bedeuten, und zwar nicht nur für Länder in einer finanziellen Notsituation, sondern für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten. Unter bestimmten Umständen, beispielsweise bei hoher Verschuldung oder hohen Defiziten, könnten die teilnehmenden Mitgliedstaaten die Zustimmung der EU zu ihrem Haushalt benötigen. Darüber hinaus wäre ein sehr viel stärkerer Überwachungsrahmen für den Haushaltsvollzug erforderlich. Dazu könnte eine regelmäßige Berichterstattung bei gemeinsamen „Haushaltstreffen“ gehören, die Entwicklung von Alarmsystemen auf der Grundlage finanzpolitischer Anzeiger („Scoreboards“) und die Möglichkeit, kleinere Abweichungen tatsächlich während des Vollzugs zu korrigieren – z. B. indem von vornherein speziell dafür vorgesehene Haushaltsreserven eingestellt werden und neue, kostspielige Maßnahmen nur bei planmäßigem Vollzug in Kraft treten.

Die nationalen finanzpolitischen Rahmen werden relativ bald durch die Durchführung der Richtlinie über die haushaltspolitischen Rahmen gestärkt (die man auch vorziehen könnte). Außerdem wird darüber diskutiert, ob man noch weitergehen könnte und u. a. den im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgegebenen Rahmen in nationale Rechtsvorschriften umsetzen sollte, vorzugsweise mit Verfassungsrang und versehen mit entsprechenden Durchsetzungsmechanismen. Weitere wichtige Elemente zum Ausbau der nationalen Rahmen könnten die Annahme bindender mittelfristiger Rahmen, die Bewertung der den nationalen Haushalten zugrunde liegenden Annahmen durch unabhängige Stellen und effektive Koordinierungsmechanismen zwischen den unterschiedlichen staatlichen Ebenen darstellen. Was den letztgenannten Punkt betrifft, so könnte die Bündelung der Schulden auf europäischer Ebene einen zusätzlichen Grund darstellen, sich an die Schuldenverwaltung der Teilsektoren der öffentlichen Verwaltung anzunähern.

Den nationalen Rahmen kommt auch bei der Unterstützung der Überwachung auf EU-Ebene eine wichtige Rolle zu. So würden beispielsweise gemeinsame Zeitpläne für die Ausarbeitung der Haushalte die Überwachung durch die EU erleichtern (praktisch könnten sie sich für die Ausarbeitung der Zuteilung der Stabilitätsanleihen sogar als unverzichtbar erweisen). Ebenso steht und fällt eine korrekte Überwachung des Haushaltsvollzugs auf EU-Ebene mit den diesbezüglichen nationalen Verfahren, so dass die Annahme gemeinsamer Standards für Kontrolle und Offenlegung erforderlich sein könnte.

Es müsste ein System eingerichtet werden, das glaubhaft sicherstellt, dass jeder an der Emission von Stabilitätsanleihen teilnehmende Mitgliedstaat seinen Schuldendienstverpflichtungen in vollem Umfang nachkommt. Das bedeutet, dass die Bedienung von Stabilitätsanleihen, genauer gesagt die Zahlung der Zinsen für die gemeinsame Emission, unter keinen Umständen in Frage gestellt wird. Dies könnte erreicht werden, indem man für finanzielle Notsituationen eine weitreichende Eingriffsermächtigung auf EU-Ebene erteilt, einschließlich der Möglichkeit, zahlungsunfähige Mitgliedstaaten unter eine Art „Insolvenzverwaltung“ zu stellen. Eine andere Möglichkeit, die bereits im vorigen Abschnitt erwähnt wurde und die die nationale Souveränität vielleicht weniger beeinträchtigen würde, wäre, dass die teilnehmenden Länder sich verpflichten, der Bedienung von Stabilitätsanleihen Vorrang gegenüber jeder anderen Ausgabe im Rahmen des nationalen Haushalts einzuräumen. Diese Verpflichtung müsste höchste Rechtskraft haben, vermutlich also auf Verfassungsebene angesiedelt sein. Außerdem müsste in diesem Sinne auch den Verpflichtungen gegenüber dem System der Stabilitätsanleihen Vorrang vor neuen nationalen Emissionen zukommen (falls solche noch vorgesehen werden).

3.3. Stabilitätsanleihen als Komponente eines besseren finanzpolitischen Rahmens

Obwohl die Stabilitätsanleihen ein Moral-Hazard-Risiko mit sich bringen, werden sie vermutlich die Bedingungen, unter denen Haushaltspolitiken ausgearbeitet und vollzogen werden, von Grund auf ändern, vor allem deshalb, weil allein durch das Verfahren, mit dem festgelegt wird, wer wie viele Stabilitätsanleihen ausgeben darf, die europäischen Leitlinien für die nationalen Haushaltspolitiken in reale Zahlen umgesetzt werden. Gemäß jeder der zur Diskussion stehenden Optionen würde nämlich das System der Stabilitätsanleihen nur funktionieren, wenn vorab Obergrenzen für die nationale Kreditaufnahme festgelegt werden, was die nationalen Haushalte natürlich einschränken oder zumindest beeinflussen würde, insbesondere bei den weitgehenden Optionen (dem oben genannten Ansatz 1), bei denen der künftige Finanzbedarf der teilnehmenden Länder vollständig oder größtenteils durch Stabilitätsanleihen gedeckt würde. Somit können die Stabilitätsanleihen nicht nur als ein mögliches Moral-Hazard-Risiko betrachtet werden, sondern sie können auch durch die wirksame Durchsetzung eines auf Regeln beruhenden Rahmens eine bessere Koordinierung der Haushaltspolitiken vorantreiben.

Würde der staatliche Finanzbedarf vollständig oder größtenteils durch Stabilitätsanleihen gedeckt (Ansatz 1), so müsste die Errichtung des Rahmens für die Zuteilungen gemäß dem System der Stabilitätsanleihen an klaren Grundsätzen ausgerichtet sein:

(1) Die maximale Zuteilung müsste auf der Grundlage ausreichend solider finanzpolitischer Vorschriften festgelegt werden; es bietet sich an, hierfür den im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgegebenen Rahmen zu verwenden. Dadurch würden die Bestimmungen einen starken Anreiz für ein verantwortungsvolles finanzpolitisches Verhalten darstellen.

(2) Diese Leitlinien müssten ein gewisses Maß an Flexibilität zulassen, damit auf unerwartete Entwicklungen reagiert und das Risiko einer prozyklischen Politik vermieden werden kann. Hier wäre die wichtige Frage zu klären, ob die finanzpolitische Flexibilität zur Reaktion auf Schocks auf nationaler oder auf Euroraum-Ebene durch zusätzliche Emissionen von Stabilitätsanleihen oder durch nationale Emissionen (sofern es solche noch gibt) erreicht werden soll. Je höher die Flexibilität des Systems, desto höher der Bedarf an einschränkenden Mechanismen (wie Kontrollkonten), mit denen sichergestellt werden kann, dass die Flexibilität sich innerhalb der vereinbarten Grenzen hält, und somit eine „schleichende Überschuldung“ vermieden wird.

(3) In den Regeln sollte vermutlich auch eine Form von „abgestuftem Einschreiten“ bei unseriösen finanzpolitischen Entwicklungen vorgesehen sein. Diese Abstufung könnte, wie oben erörtert, in verstärkter Überwachung oder einem Eingreifen in die nationalen Finanzpolitiken bestehen.

Außerdem müsste das System Anreize für eine solide Finanzpolitik bieten. Die Zinssätze für Stabilitätsanleihen würden zwar vom Markt vorgegeben, man könnte jedoch die Finanzierungskosten für die einzelnen Mitgliedstaaten je nach Finanzlage, Finanzpolitik oder Kreditwürdigkeit am Markt (ausgedrückt in der Risikoprämie für nationale Emissionen im Vergleich zu gemeinsamen Emissionen) unterschiedlich gestalten. Dadurch würde innerhalb des Systems ein Anreiz für solide Finanzpolitik geschaffen und eine Marktdisziplin gewissermaßen nachempfunden, aber auf sanftere, gleichmäßigere Weise als dies durch den Markt selber geschieht. Ein solcher Anreiz, der bei der Option „teilschuldnerische Garantie“ automatisch existieren würde, könnte durch „Strafsätze“ bei Abweichungen von den Plänen ergänzt werden.

3.4. Finanzpolitische Bedingungen für den Beitritt zum System

Um die Idee von Stabilitätsanleihen als „stabilitätsfördernde Anleihen“ zu verwirklichen, könnte man den Beitritt zum System bzw. den Verbleib darin auch an makroökonomische und finanzpolitische Bedingungen knüpfen. Z. B. könnte man Mitgliedstaaten den Zugang zu Stabilitätsanleihen verweigern, wenn sie ihren Verpflichtungen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts oder eines verstärkten finanzpolitischen Rahmens nicht nachgekommen sind. Ersatzweise könnten man von Mitgliedstaaten, die gegen ihre finanzpolitischen Ziele verstoßen, (zusätzliche) Sicherheiten für die Emission neuer Stabilitätsanleihen verlangen oder ihnen einen Zinsaufschlag auferlegen. Der Zugang könnte auch parallel zum Grad des Verstoßes begrenzt werden; d. h. durch jeden Prozentpunkt des BIP, um den vom allgemeinen Staatshaushalt abgewichen wird, verringert sich das Recht zur Emission von Stabilitätsanleihen um eine bestimmte Zahl von Prozentpunkten des BIP.

Von diesem Ansatz wäre eine Reihe von Vorteilen zu erwarten:

– Erstens hätten die Mitgliedstaaten in dem Maße, in dem sie an dem System der Stabilitätsanleihen beteiligt sein möchten, zusätzliche Anreize, die bereits begonnenen Konsolidierungs- und Reformanstrengungen vollständig durchzuführen, ähnlich, wie dies bei den zur Einführung des Euro unternommenen Bemühungen zur Erfüllung der Konvergenz-Kriterien der Fall war.

– Zweitens würden den Finanzmärkten und Gesellschaften insgesamt die Konsolidierungspläne glaubhafter erscheinen, wenn Aussicht auf Stabilitätsanleihen bestünde. Daher könnte die Aussicht, dem System der Stabilitätsanleihen beizutreten, schon relativ kurzfristig einen Vertrauensgewinn bewirken. Ein solcher Vertrauensgewinn könnte die finanzpolitischen Anpassungen in manchen Ländern vereinfachen.

– Schließlich würden strenge finanzpolitische Bedingungen für den Beitritt zum System bzw. den Verbleib darin eine Senkung der Schuldenquote und des Finanzbedarfs der jeweiligen Länder bereits vor dem Beitritt zum System der Stabilitätsanleihen bewirken. Dadurch könnten die Risikoprämien und Zinssätze für Stabilitätsanleihen gesenkt werden.

Ein solcher Ansatz würde voraussetzen, dass die Mitgliedstaaten für den Fall, dass sie diese Bedingungen nicht erfüllen, die Möglichkeiten zur anderweitigen Finanzierung behalten. Die Stabilitätsanleihen würden somit nicht unbedingt sämtliche Anleiheemissionen der Euroraum-Mitgliedstaaten ersetzen. Auch müsste eine Einrichtung oder Stelle benannt werden, die für die Überwachung der Erfüllung der Beitrittskriterien zuständig wäre (dies könnte z. B. die DMO, aber auch eine andere Stelle sein).

4. Fragen der Umsetzung 4.1.1. Organisatorischer Aufbau

Bezüglich der Organisation der Emission von Stabilitätsanleihen steht noch eine Reihe technischer Fragen zur Entscheidung an. Vorrangig wäre die institutionelle Struktur für die Finanzierungen festzulegen und zu klären, ob eine zentrale Schuldenverwaltungsstelle (DMO) eingerichtet würde oder ob die wesentlichen Aufgaben dezentral von nationalen Finanzverwaltungen und DMO übernommen werden. Im Fall einer dezentralen Vorgehensweise müsste die Emission nach einheitlichen Bedingungen und Verfahren erfolgen; hierzu wäre ein hohes Maß an Koordination erforderlich. Mit einer zentralen Vorgehensweise würde zwar die Koordination der Anleiheemissionen umgangen, allerdings wären immer noch ausführliche und zuverlässige Informationen über den Finanzbedarf der Mitgliedstaaten erforderlich, damit die Emissionen entsprechend geplant werden können. Für die Gestaltung einer zentralen Emissionsstelle kämen mehrere Optionen in Frage: a) die Europäische Kommission könnte als DMO fungieren, wodurch es möglich wäre, die Stabilitätsanleihe rasch einzuführen und das Instrument zur Bewältigung der derzeitigen Krise einzusetzen; b) die EFSF/der ESM könnten in eine vollwertige DMO ungewandelt werden; oder c) es könnte eine neue EU-DMO eingerichtet werden[28], die erst nach einiger Zeit operativ wäre. Die genaue Höhe der mit der Einführung von Stabilitätsanleihen verbundenen Verwaltungskosten lässt sich ohne vorherige Festlegung aller übrigen Einzelheiten nicht berechnen. Das Ausmaß dieser Kosten würde auch Auswirkungen auf die Haushalte der Mitgliedstaaten haben.

Eine wichtige technische Frage betrifft die Art und Weise, nach der eine zentrale DMO die aufgebrachten Mittel an die Mitgliedstaaten weiterverleihen würde. Grundsätzlich gäbe es dafür zwei – auch miteinander kombinierbare – Optionen: a) Weiterverleihung in Form von Direktdarlehen; in dem Fall erhielte der Mitgliedstaat die Mittel im Wege eines Darlehensvertrags; und b) direkter Ankauf aller Staatsanleihen oder eines vereinbarten Kontingents von Staatsanleihen der Mitgliedstaaten durch die DMO auf dem Primärmarkt. Die zweite Option würde es der DMO auch ermöglichen, ausstehende Staatsschuldtitel, falls nötig, auf dem Sekundärmarkt zu kaufen.

Die Rückzahlung der Anleihen müsste ebenfalls organisiert werden. Die unkomplizierteste Möglichkeit dafür wären Transfers der nationalen Behörden an die emittierende Stelle, die wiederum die Rückzahlung an die Anleiheinhaber organisieren würde. Damit die Marktteilnehmer auch darauf vertrauen können, dass die Schulden stets verlässlich bedient werden und dass es zu keinerlei Zahlungsverzug kommt, müsste für stabile und vorhersagbare Einnahmen der DMO gesorgt werden. Die Mitgliedstaaten müssten Garantien für die Verbindlichkeiten dieser Stelle übernehmen und gleichzeitig müsste überprüft werden, ob dies ausreichend wäre oder ob zusätzliche Sicherheiten bzw. Liquiditätspuffer erforderlich wären. Die derzeitigen nationalen Schuldenverwaltungsstellen sind Teil der nationalen Finanzbehörden, die sich auf die Befugnis des Staates zur Erhebung von Steuern stützen können. Da eine Schuldenverwaltungsstelle auf supranationaler Ebene keinen direkten Zugriff auf Steuereinnahmen hätte, könnten die auszugebenden Schuldtitel vom Markt weniger gut angenommen werden.

Auch bei Stabilitätsanleihen wäre noch Liquiditätsmanagement seitens der Mitgliedstaaten erforderlich. In der Praxis könnte es nahezu unmöglich sein, die Emission von Anleihen so zu gestalten, dass eine perfekte Übereinstimmung mit den Zahlungsströmen der Mitgliedstaaten gegeben wäre. Aus diesem Grund müsste die Emission von Stabilitätsanleihen durch ein laufendes Liquiditätsmanagement ergänzt werden, das von den nationalen Behörden übernommen werden könnte. Eine Option würde darin bestehen, dass man sich mit der Emission von Stabilitätsanleihen auf den mittelfristigen Finanzbedarf konzentriert und dass die nationalen Behörden ihre Ausgabenprofile mithilfe von kurzfristigen Einlagen sowie von Darlehen oder Wechseln verwalten. Ungeachtet des organisatorischen Aufbaus müssten Verfahren zur Koordination der Finanzierungspläne einzelner Mitgliedstaaten – im Hinblick auf Benchmark-Emissionen und den Aufbau einer entsprechenden vollständigen Renditekurve – entwickelt werden.

4.1.2. Verhältnis zum ESM

Die Einrichtung einer Stelle für die gemeinsame Emission von Stabilitätsanleihen für die Mitgliedstaaten des Euroraums könnte eine klarere Aufgabenteilung mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus gewährleisten. Grundsätzlich können zwei Hauptstandpunkte eingenommen werden: Der ESM an sich könnte als überflüssig angesehen werden, da die Aufgabe, den gewöhnlichen Finanzbedarf für die Regierungen der Mitgliedstaaten zu organisieren sowie Mittel bei außergewöhnlichem zusätzlichem Bedarf bereitzustellen, falls sich ein Mitgliedstaat in ernsthaften Schwierigkeiten befindet, durch eine gemeinsame Emission gekoppelt mit verschärften Vorschriften zur Haushaltsüberwachung erfüllt werden könnte. Wenn allerdings die Kompetenzen der Schuldenverwaltung und der Bereitstellung von Mitteln in Notsituationen nicht klar getrennt sind, wäre dies nicht optimal und würde dazu führen, dass Unklarheit hinsichtlich der Kompetenzen herrscht, Anreize und Governance Schaden nehmen und eine viel zu komplexe einzige Finanzierungseinrichtung entsteht. Aus diesem Grund könnte der ESM als separater Emittent von Schuldtiteln für die Zwecke der Organisation und Deckung von außergewöhnlichem Finanzbedarf bestehen bleiben.

Die Entscheidung über das Zusammenspiel mit dem ESM würde auch von der bezüglich der Stabilitätsanleihen gewählten Option abhängen. Der ESM könnte als relativ überflüssig angesehen werden, falls Ansatz Nr. 1 für die Stabilitätsanleihen verfolgt wird. Nach diesem Ansatz, der eine nahezu vollständige Deckung des Finanzbedarfs durch die Mitgliedstaaten vorsieht, könnten auch in außergewöhnlichen Situationen zusätzlich benötigte Finanzmittel bereitgestellt werden. Die Lage erscheint wesentlich weniger klar, falls man sich für die Ansätze Nr. 2 und 3 entscheidet, bei denen die Mitgliedstaaten – parallel zur gemeinsamen Emission von Stabilitätsanleihen – weiterhin nationale Anleihen ausgeben würden. Man könnte sogar in Betracht ziehen, für die ersten Schritte in Richtung Stabilitätsanleihen auf den ESM-Rahmen zurückzugreifen. Da der ESM auf teilschuldnerischen Garantien durch die Mitgliedstaaten beruhen wird, könnte die schrittweise Einführung von Stabilitätsanleihen, die auf einer teilschuldnerischen (nicht aber gesamtschuldnerischen) Garantie und somit auf Ansatz Nr. 3 basieren, im Rahmen einer Finanzierung und Emission durch den ESM erfolgen, was über die derzeitige Kompetenz der Bereitstellung finanzieller Hilfe in Ausnahmesituationen hinausginge. Grundsätzlich könnte eine gesamtschuldnerische Garantie für den ESM zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen werden.

4.1.3. Rechtsrahmen für die Emission

Auch über den geeigneten Rechtsrahmen für die Emission von Stabilitätsanleihen müssen Überlegungen angestellt werden. Derzeit unterliegt die Emission von Staatsanleihen nationalem Recht. Für Emissionen internationaler Anleihen gilt häufig britisches Recht oder das Recht des US-Bundesstaats New York, wenn der US-Markt erreicht werden soll. Es gibt kein entsprechendes EU-Recht, nach dem die Emission der Stabilitätsanleihen erfolgen könnte. Obwohl es gängige Praxis ist, für Emissionen internationaler Anleihen auf ausländisches Recht zurückzugreifen, könnte es sich als problematisch erweisen, wenn alle Staatsschuldtitel unter das Recht des Vereinigten Königreichs oder der Vereinigten Staaten fielen, weil in der angelsächsischen Rechtspraxis eine andere Herangehensweise als in den Rechtssystemen vieler Mitgliedstaaten gewählt wird. Über das zuständige Gericht müsste ebenfalls eine Einigung erzielt werden.

4.1.4. Unterlagen und Marktusancen

Erforderlich wäre auch ein Beschluss über Finanzierungsmöglichkeiten, Wertpapiermerkmale und Marktusancen. Für einen etablierten Emittenten wären Auktionen die bevorzugte Emissionsvariante. Die Syndizierung hat den Vorteil, dass die Finanzbranche in die Vermarktung der Titel eingebunden ist und die Preisbildung für einen Titel eher vorhersehbar ist. Darüber hinaus lassen sich im Wege der Syndizierung üblicherweise größere Beträge platzieren, da damit auch private Anleger erreicht werden. Darüber hinaus müssten diverse Wertpapiermerkmale und Marktusancen festgelegt werden; die wichtigsten davon werden in Anhang 4 behandelt.

4.1.5. Rechnungslegung

Zusätzlich geklärt werden müsste, wie Stabilitätsanleihen im Rahmen der nationalen Rechnungslegungsvorschriften erfasst werden. Insbesondere müsste man sich mit der Frage befassen, wie sich die Stabilitätsanleihen entsprechend der jeweiligen Garantiestruktur auf die Schuldenquoten der einzelnen Staaten auswirken. Von Bedeutung ist auch der Charakter neuer Emissionsstellen.

5. Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Die gemeinsame Emission von Stabilitätsanleihen durch die Mitgliedstaaten des Euroraums könnte erhebliche Vorteile bringen. Der Binnenmarkt würde vertieft, die Kapitalmärkte würden dadurch effizienter, Finanzbranche und Staatsfinanzierung würden an Stabilität und Widerstandskraft gewinnen und dadurch würden wiederum die Finanzmärkte des Euroraums und der Euro weltweit attraktiver sowie die Auswirkungen des übermäßigen Marktpessimismus hinsichtlich der Kreditkosten für Staaten abgefedert.

Die Einführung von Stabilitätsanleihen ist aber auch mit großen Herausforderungen verbunden. Hierfür müssen überzeugende Lösungen gefunden werden, damit die Vorteile in vollem Umfang zum Tragen kommen und etwaige negative Auswirkungen vermieden werden. Vor allem wären ein hinreichend solider Rahmen für Haushaltsdisziplin und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler Ebene sowie intensivere Kontrollen der Haushaltspolitik der einzelnen Staaten durch die EU vonnöten, um insbesondere bei Optionen, die eine gesamtschuldnerische Garantie vorsehen, das Problem des Moral Hazard in den Euroraum-Mitgliedstaaten einzudämmen, die Bonität der Stabilitätsanleihe zu untermauern und Rechtssicherheit zu schaffen.

Die zahlreichen Optionen für die gemeinsame Emission der Stabilitätsanleihen lassen sich nach drei großen Ansätzen einteilen. Diese umfassen den vollständigen Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie, den teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit vergleichbaren Garantien und den teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit teilschuldnerischer Garantie. Bei diesen Optionen fällt die Gegenüberstellung der voraussichtlichen Vorteile und der zu erfüllenden Voraussetzungen jeweils unterschiedlich aus.

Bei den einzelnen Optionen wären vor allem Änderungen des EU-Vertrags (AEUV) in unterschiedlichem Ausmaß nötig, was sich auch in den für die Umsetzung nötigen Zeitspannen widerspiegeln würde. Ansatz Nr. 1 ist am ambitioniertesten und würde – aufgrund der Einführung der gemeinsamen Anleihen und der zugleich strafferen wirtschaftspolitischen Steuerung – die umfangreichsten Änderungen des Vertrages und die weitreichendsten administrativen Vorkehrungen erforderlich machen. Für Ansatz Nr. 2 würde ebenfalls eine beträchtliche Vorlaufzeit benötigt. Dagegen dürfte Ansatz Nr. 3 ohne nennenswerte Änderungen des Vertrags und daher mit geringeren Verzögerungen umzusetzen sein.

Die in diesem Papier präsentierten Anregungen und Erkenntnisse haben noch Sondierungscharakter, und die Liste der zu berücksichtigenden Fragen ist nicht unbedingt vollständig. Überdies werden zahlreiche potenzielle Vorteile und Herausforderungen nur in qualitativer Hinsicht untersucht. Eine ausführliche Quantifizierung der einzelnen Aspekte wäre an sich schwierig und/oder erfordert eine eingehendere Analyse sowie Beiträge von verschiedener Seite. Ferner sind in zahlreichen Fällen die zu lösenden Probleme oder die anstehenden Entscheidungen bekannt, ohne dass dafür aber eine Lösung vorliegen würde.

Damit in dieser Hinsicht Fortschritte erzielt werden, bedarf es unbedingt weiterer analytischer Arbeiten und Konsultationen. Einige Schlüsselkonzepte, mögliche Ziele und Vorteile sowie Anforderungen und Probleme bei der Umsetzung sollten noch eingehender erörtert und analysiert werden. Die Meinungen der wichtigsten Interessenträger sind in diesem Fall von entscheidender Bedeutung. Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten, Finanzmarktakteure, Verbände der Finanzbranche, Universitäts- und Wissenschaftskreise innerhalb und außerhalb der EU sowie die breite Öffentlichkeit in angemessener Weise konsultiert werden. Die Ergebnisse dieser Konsultation sollten in die weiteren Folgemaßnahmen zur etwaigen Einführung von Stabilitätsanleihen einfließen.

Daher hat die Kommission beschlossen, eine breite Konsultation[29] zu diesem Grünbuch einzuleiten, die bis zum [8. Januar 2012][30] läuft. Die Kommission wird die Meinungen aller bereits erwähnten relevanten Interessenträger einholen und sich mit den anderen EU-Organen beraten. Auf der Grundlage dieser Rückmeldungen wird die Kommission ihre Sichtweise über ein angemessenes weiteres Vorgehen bis [Mitte Februar 2012] bekanntgeben.

Anhang 1: Eckdaten zu den Staatsanleihemärkten

Mitgliedstaat || Schuldenstand des Staates || Schuldenstand der Zentralregierung || Renditen der Staatsanleihen || CDS-Spreads || Rating

|| in Mrd. EUR, Ende 2010 || in % des BIP, Ende 2010 || in % des Standes für den Euroraum, Ende 2010 || in % des BIP, Ende 2010 || in % p.a., 10 Jahre, 8.11.2011 || in Basispunkten p.a.; Laufzeit 5 Jahre, 8.11.2011 || Standard & Poor’s, 8.11.2011

Belgien || 340,7 || 96,2 || 4,4 || 87,7 || 4,3 || 292,9 || AA+

Deutschland || 2061,8 || 83,2 || 26,4 || 53,2 || 1,8 || 89,3 || AAA

Estland || 1,0 || 6,7 || 0,0 || 3,3 || entfällt || entfällt || AA-

Griechenland || 329,4 || 144,9 || 4,2 || 155,6 || 27,8 || entfällt || CC

Spanien || 641,8 || 61 || 8,2 || 52,3 || 5,6 || 400,1 || AA-

Frankreich || 1591,2 || 82,3 || 20,3 || 67,8 || 3,1 || 183,8 || AAA

Irland || 148,0 || 94,9 || 1,9 || 94,3 || 8,0 || 729,7 || BBB+

Italien || 1842,8 || 118,4 || 23,6 || 111,7 || 6,8 || 520,7 || A

Zypern || 10,7 || 61,5 || 0,1 || 102,6 || 10,1 || entfällt || BBB-

Luxemburg || 7,7 || 19,1 || 0,1 || 17,4 || entfällt || entfällt || AAA

Malta || 4,3 || 69 || 0,1 || 68,9 || entfällt || entfällt || A

Niederlande || 369,9 || 62,9 || 4,7 || 57,3 || 2,2 || 99,6 || AAA

Österreich || 205,6 || 71,8 || 2,6 || 66,2 || 3,0 || 159,9 || AAA

Portugal || 161,3 || 93,3 || 2,1 || 91,2 || 11,6 || 1050,9 || BBB-

Slowenien || 13,7 || 38,8 || 0,2 || 37,3 || 6,0 || 304,25 || AA-

Slowakei || 27,0 || 41 || 0,3 || 40,1 || 4,0 || 221,2 || A+

Finnland || 87,0 || 48,3 || 1,1 || 43,9 || 2,3 || 60,63 || AAA

Euroraum || 7822,4 || 85,4 || 100 || 71,6 || entfällt || entfällt || entfällt

Zur Information: USA || 10258 || 94,4 || || || 2,08 || 47,5 || AA+

Quelle: Eurostat, IWF, S&P, Bloomberg

Anhang 2: Kurzüberblick über die Fachliteratur zum Thema Stabilitätsanleihen

Vertreter von Wissenschaft und Universitäten, Finanzanalysten und politische Entscheidungsträger habe zahlreiche Arbeiten zur Thematik der Eurobonds (Stabilitätsanleihen) vorgelegt. Die bisher veröffentlichten Beiträge werden – geordnet nach den jeweils behandelten Schwerpunkten – in diesem Anhang zusammengefasst.

– Bonität und Garantiestruktur: Die meisten Autoren betonen den den Eurobonds zugedachten Status als sichere Anlage, der sich auch im Rating widerspiegeln würde. Die höchste Bonitätsstufe würde in erster Linie durch die Garantiestruktur und/oder den Status der Vorrangigkeit gesichert. In der Literatur werden im Kontext der Eurobonds zwei grundlegende Arten von Garantien behandelt: i) die gesamtschuldnerische Garantie (Jones, Delpla und von Weizsäcker, Barclays Capital, Favero und Missale, J.P. Morgan); dabei übernimmt jedes Land jährlich die Garantie für die gesamte Eurobond-Emission und ii) die anteilige Garantie (Juncker und Tremonti, De Grauwe und Moesen, BBVA); dabei übernimmt ein Land die Garantie lediglich für einen festgelegten Anteil der Emission. Favero und Missale heben hervor, dass durch einen mit gesamtschuldnerischer Haftung unterlegten Eurobond die Gefahr des Übergreifens von Krisen gesenkt bzw. die Krisenresistenz gesteigert werden könnte. Die für eine anteilige Garantie eintretenden Autoren führen wiederum ins Treffen, dass dadurch das Moral-Hazard-Problem eingedämmt wird. Capaldi kombiniert eine anteilige Garantie mit Bonitätsverbesserungen (Liquiditätspuffer, Übergarantie, Kapitaleinlagen usw.) zur Gewährleistung der höchsten Bonitätsstufe. Delpla und Weizsäcker, Barclays Capital und Dübel schlagen zur Sicherung der Bonität der Eurobonds vor, dass diese gegenüber nationalen Anleihen Vorrang haben sollten, denn selbst in der Extremsituation des Zahlungsausfalls eines Staates würde der Restwert hoch genug sein, um die vorrangigen Anleihen in vollem Umfang bedienen zu können. Dübel stellte einen etwas anderen Ansatz vor, nämlich die teilweise Versicherung von (vorrangigen) Staatsanleihen durch den ESM.

– Moral Hazard: Moral Hazard aufgrund schwächerer Anreize für Haushaltsdisziplin ist das Hauptargument, das gegen Stabilitätsanleihen vorgebracht wird und in allen Vorschlägen (insbesondere bei Issing) am eingehendsten diskutiert wird. Einige Autoren regen eine volumenmäßige Beschränkung der im Namen der Mitgliedstaaten ausgegebenen Eurobonds an, die häufig analog zur im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Schuldenobergrenze bei 60 % angesetzt wird. Jeder zusätzliche Finanzierungsbedarf sollte durch nationale Anleihen gedeckt werden. Diese Überlegung vertiefen Delpla und von Weizsäcker mit ihrem Blue-Bond-Konzept, mit dem eine separate Ausgabe von Blue Bonds, d. h. hochliquiden und sicheren Anleihen mit Vorrangstatus (für die die Teilnehmerstaaten gesamtschuldnerisch haften), und den als rein nationale Anleihen nachrangig zu bedienenden Red Bonds vorgeschlagen wird. Durch die Preisgestaltung von Red Bonds würden für die Regierungen Anreize zur Haushaltskontrolle geschaffen. Ähnlich wird dies von Jones und Barclays Capital’s gesehen, die für Verschuldungs- und Defizitbeschränkungen eintreten, durch die es zu einem schrittweisen Rückgang der Schuldenquoten kommen könnte. Zusätzlich zu einer Beschränkung der Emission von Eurobonds schlagen Favero und Missale zur Lösung des Moral-Hazard-Problems ein Kompensationssystem vor, das auf der Indexierung der von jedem Mitgliedstaat bezahlten Zinsen beruht (und von seiner Kreditrisikoprämie oder haushaltspolitischen Parametern abhängt). Boonstra, De Grauwe und Moesen sowie BBVA und Natixis gehen auf verschiedene Typen eines Bonus-Malus-Systems ein, das unter anderem von der Fähigkeit einzelner Mitgliedstaaten zur Verringerung von Staatsdefizit und -verschuldung abhängt.

– Alle Autoren stimmen darin überein, dass eine stärkere Haushaltsdisziplin das Fundament jedes Eurobond-Projekts ungeachtet von dessen Ausmaß oder der Garantiestruktur darstellen sollte. Abgesehen von der Ausgabe von Red Bonds bzw. nationalen Anleihen regen Favero und Missale an, die Teilnahme auf die Mitgliedstaaten mit dem höchsten Rating zu beschränken oder nur eine Art kurzfristige risikoarme Titel wie etwa Schatzwechsel auszugeben. Barclays, BBVA, Delpla und von Weizsäcker, Eijffinger, Becker und Issing fassen die Einrichtung unabhängiger Haushaltsaufsichtsstellen und eigener Euroraum-Gremien zur Koordinierung der Finanz- und Wirtschaftspolitik ins Auge. Nach dem komplexen System von Delpla und von Weizsäcker würde ein unabhängiger Stabilitätsrat die jährliche Allokation (Zuteilung) vorschlagen. Diese müsste in der Folge von den Parlamenten der teilnehmenden Mitgliedstaaten genehmigt werden, die letztlich über die Budgethoheit verfügen, um die mit den Eurobonds (Blue Bonds) verbundenen gegenseitigen Garantien übernehmen zu können. Ein Land, das gegen die vorgeschlagene Verteilung stimmt, würde sich dafür entscheiden, im kommenden Jahr keine Eurobonds (Blue Bonds) zu emittieren und für die in diesem Jahr ausgegebenen neuen Blue Bonds nicht zu haften. Boonstra schlägt vor, dass Länder, die gegen die Regeln verstoßen, sofort streng bestraft werden sollten, indem ihnen etwa Mittel aus dem EU-Haushalt oder politischer Einfluss in Form von Stimmrechten in den EZB-Gremien entzogen würden.

– Praktische Aspekte im Zusammenhang mit der Emission: Die meisten Autoren schlagen vor, eine gemeinsame Schuldenagentur einzurichten, die die Emission koordinieren und die Schulden verwalten würde. Im Fall der Vorschläge über Titel in der Art der Blue und Red Bonds würde die Emission des länderspezifischen Anteils der Schuldtitel weiterhin von den Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten übernommen.

– Teilnehmende Länder: Becker nennt die nachstehenden Optionen für eine Teilnahme an der Ausgabe von Eurobonds: i) gemeinsame Anleihen, die von Ländern mit demselben Rating emittiert werden; ii) gemeinsame Anleihen auf einer Ad-hoc-Basis, die den von einigen deutschen Bundesländern ausgegebenen Sammelanleihen ähneln; iii) Teilnahme an einer gemeinsamen Regierungsanleihe, nur wenn sich WWU-Länder durch eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung in Zeiten der Hochkonjunktur dafür qualifizieren oder iv) Deutschland und Frankreich, die beide für ein liquides kurzfristiges Papier oder einen gemeinsamen europäischen Markt ausschließlich für Schatzwechsel eintreten.

Anhang 3: Überblick über ähnliche bestehende Instrumente

1.         Europäische Union

Die Europäische Kommission verwaltet im Namen der Europäischen Union derzeit drei Programme, mit denen sie Darlehen vergibt, indem sie Schuldtitel auf den Kapitalmärkten üblicherweise auf einer Back-to-back-Basis emittiert. Durch alle diese Fazilitäten werden Darlehen an Staaten bereitgestellt. Die EU ist durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ermächtigt, Anleihe- und Garantieprogramme zu verabschieden, durch die die finanziellen Ressourcen zur Erfüllung ihres Auftrags mobilisiert werden.

– Im Rahmen des Zahlungsbilanz-Programms gewährt die EU den nicht dem Euroraum angehörenden Mitgliedstaaten, die von Zahlungsbilanz-Schwierigkeiten ernstlich bedroht sind, finanziellen Beistand (Artikel 143 AEUV).

– Durch das EFSM-Programm ist die Europäische Kommission ermächtigt, im Namen der EU Anleihen zur Finanzierung von Darlehen im Rahmen des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus aufzunehmen (Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010). Seit Dezember 2010 wurden Unterstützungsprogramme für Irland und Portugal in Höhe von 22,5 Mrd. EUR bzw. 26 Mrd. EUR verabschiedet.

– Mit dem MFA-Programm werden Darlehen an Länder außerhalb der Europäischen Union vergeben. Makrofinanzielle Hilfen (MFA) sind ein makroökonomisch begründetes Finanzinstrument zur Unterstützung von Drittländern mit Zahlungsbilanzproblemen (Artikel 212 und 213 AEUV) ohne Bedingungen oder Zweckbindung. Diese Hilfen werden in Form mittel- bis langfristiger Kredite oder Finanzhilfen oder als Kombination aus beiden gewährt und ergänzen im Kontext eines Reformprogramms des Internationalen Währungsfonds bereitgestellte Mittel.[31]

Rating

Das AAA-Rating der EU ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Die Anleihen sind unmittelbare und unbedingte Zahlungsverpflichtungen der EU, für die alle EU-Mitgliedstaaten haften. Bei den Haushaltsmitteln handelt es sich fast zur Gänze um Einnahmen, die von den Mitgliedstaaten unabhängig von den nationalen Parlamenten eingezahlt werden, unter anderem um Zölle und Abgaben auf Einfuhren in die EU sowie von jedem Mitgliedstaat abzuführende Anteile des MWSt-Aufkommens und des BNE. Die auf dieser Grundlage von der EU begebenen Anleihen weisen eine Risikogewichtung von 0 % auf und können als Sicherheiten bei der EZB dienen.

Bei allen Anleihen tragen die Anleger letztlich das Kreditrisiko der EU und nicht jenes der Empfänger der damit finanzierten Darlehen. Bei einem Ausfall eines Empfängerlandes erfolgt die Zahlung aus dem EU-Haushalt (127 Mrd. EUR im Jahr 2011). Die EU-Mitgliedstaaten müssen gemäß EU-Vertrag Mittel bereitstellen, damit alle Verpflichtungen der EU erfüllt werden können.

Grundzüge der Emission durch die EU

Die EU hat bislang Benchmark-Anleihen im Rahmen des mittelfristigen Euro-Emissionsprogramms (EMTN) ausgegeben, das im Hinblick auf die Emission im Rahmen des EFSM auf 80 Mrd. EUR aufgestockt wurde. Die Krise hat dazu geführt, dass ab Ende 2008 wieder mit Benchmark-Emissionen begonnen wurde.

Mit der Aktivierung des EFSM für Irland und Portugal wurde die EU häufig als Benchmark-Emittent tätig. Für den gesamten ESFM-Finanzierungsplan für 2011 werden etwa 28 Mrd. EUR veranschlagt (13,9 Mrd. EUR für Irland und 14,1 Mrd. EUR für Portugal; im Rahmen von Zahlungsbilanz- und MFA-Programm sind etwa 2 Mrd. EUR vorgesehen). Die Finanzierungen lauten ausschließlich auf Euro.

Da der Beistand der EU mittelfristig angelegt ist, bewegt sich das Laufzeitenspektrum üblicherweise zwischen 5 und 10 Jahren, kann aber auch eine Zeitspanne von 3 bis 15 oder gelegentlich 30 Jahren umfassen.

Da die Mittel back-to-back weiterverliehen werden, kommt es für den EU-Haushalt weder zu einer Zinsbelastung noch zu einem Wechselkursrisiko. Trotz der Back-to-back-Methode stellt die Bedienung der Anleihen eine Verpflichtung der Europäischen Union dar, die sicherstellen wird, dass alle Zahlungen rechtzeitig erfolgen.

Als häufiger Emittent von Benchmark-Anleihen beabsichtigt die EU innerhalb der genannten Parameter, eine liquide Renditekurve aufzubauen. Die EU verpflichtet Konsortialführer, für einen aktiven Sekundärmarkt zu sorgen und jederzeit Geld- und Briefkurse zu stellen, und überwacht die Einhaltung derartiger Verpflichtungen.

Festlegung der EU-Finanzierung

EU-Darlehen werden ausschließlich mit auf den Kapitalmärkten aufgebrachten Mitteln und nicht von den anderen Mitgliedstaaten oder aus dem Haushalt finanziert.

Die aufgebrachten Mittel werden grundsätzlich back-to-back an das Empfängerland verliehen, d. h. Zinssatz, Laufzeit und Höhe sind gleich. Aus diesem Back-to-back-Prinzip resultieren Beschränkungen für die EU-Emission, da etwa die Merkmale der emittierten Finanzinstrumente durch die Kredittransaktion vorgegeben sind und es somit nicht möglich ist, Finanzierungen mit vom Darlehen abweichenden Laufzeiten oder Beträgen zu tätigen.

Mit Beschluss des Rates werden Gesamthöhe des Länderprogramms, Raten und maximale durchschnittliche Laufzeit des Darlehenspakets festgelegt. In der Folge müssen die Kommission und das Empfängerland Darlehens-/Finanzierungsparameter und die entsprechenden Raten und Tranchen vereinbaren. Darüber hinaus hängen alle Darlehensraten (mit Ausnahme der ersten) von der Erfüllung diverser politischer Vorgaben ab, die den Bedingungen im Zusammenhang mit den IWF-Paketen ähneln. Dies ist ein weiterer Faktor, durch den der Finanzierungszeitplan beeinflusst wird. Daraus ergibt sich, dass Zeitplan und Fälligkeiten der Emission von den jeweils relevanten Darlehensaktivitäten der EU bestimmt werden.

EFSM-Verfahren

(4) Ein Mitgliedstaat, der aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse, die sich seiner Kontrolle entziehen, von gravierenden wirtschaftlichen oder finanziellen Störungen bedroht ist, kann von der EU Unterstützung im Rahmen des EFSM anfordern.

(5) Der Rat entscheidet durch Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit auf der Grundlage einer Empfehlung der Europäischen Kommission.

(6) Der Mitgliedstaat handelt mit der Europäischen Kommission – in Abstimmung mit IWF und EZB – ein wirtschaftliches Anpassungsprogramm aus.

(7) Der begünstigte Mitgliedstaat verhandelt mit der Europäischen Kommission über die Einzelheiten einer Vereinbarung und einen Darlehensvertrag und trifft eine Entscheidung zur Umsetzung.

(8) Im Anschluss an die Unterzeichnung von Vereinbarung und Darlehensvertrag und nach Vorlage eines Auszahlungsantrags durch den begünstigten Mitgliedstaat werden die Mittel auf den internationalen Kapitalmärkten aufgebracht, und die erste Tranche wird freigegeben. Sobald die Einhaltung der Programmkonditionalität durch den Mitgliedstaat vom Rat bewertet worden ist, erfolgt die Freigabe weiterer Darlehenstranchen.

2.         Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)

Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF 1.0) wurde von den Mitgliedstaaten des Euroraums nach einem Beschluss des ECOFIN-Rates vom 9. Mai 2010 eingerichtet. Die EFSF 1.0 wurde als eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg gegründet. Der Hauptzweck der EFSF besteht darin, den Mitgliedstaaten des Euroraums finanziellen Beistand zu leisten. Im Rahmen des Hilfspakets über insgesamt 750 Mrd. EUR wurde die EFSF von den Mitgliedstaaten des Euroraums mit Garantien in Höhe von 440 Mrd. EUR ausgestattet, damit Mittel an in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Mitgliedstaaten des Euroraums – unter Einhaltung der Konditionalität im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Anpassungsprogramm von EU bzw. IWF – weiterverliehen werden können.

Darlehenskapazität

Im Rahmen der EFSF 1.0 ist die effektive Darlehenskapazität der EFSF auf 255 Mrd. EUR beschränkt, um das AAA-Rating der EFSF-Anleihen zu sichern (siehe unten).

Rating

Die EFSF 1.0 wurde von den Ratingagenturen mit AAA bewertet. Im Rahmen der ersten Vereinbarung (EFSF 1.0) führte dies zu einer geringeren Darlehenskapazität, da jedes EFSF-Darlehen besichert sein muss durch i) Garantien von AAA-Staaten, ii) Barmittel in der Höhe des jeweiligen Anteils der EFSF-Barreserven und iii) einen darlehensspezifischen Liquiditätspuffer. Das AAA-Rating beruht im Wesentlichen auf den vier nachstehenden Elementen:

(9) Garantie-Mechanismus: Die Mitgliedstaaten des Euroraums müssen aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Garantievereinbarung eine unwiderrufliche und unbedingte Garantie für die vorgesehenen Zins- oder Kapitalzahlungen, die für die EFSF-Finanzierungsinstrumente anfallen, übernehmen. Außerdem sind mit der Garantie bis zu 120 % des Anteils eines jeden Euroraum-Mitgliedstaats (Kapital und Zinsen) abgedeckt, wobei durch die jeweiligen Garantiezusagen, wie in Anhang 1 des EFSF-Rahmenvertrags festgelegt, allerdings eine Obergrenze eingeführt wurde. Etwaige Ausfälle aufgrund dieser Obergrenze würden durch die Barreserven und den Liquiditätspuffer abgefangen.

(10) Barreserve: Von den an einen Darlehensnehmer weitergebenen Mitteln ist eine vorab zahlbare Bearbeitungsgebühr abzuziehen, die 50 Basispunkte des Gesamtnennbetrags jedes Darlehens beträgt; ebenfalls abgezogen wird der Nettobarwert der Zinsspanne, der für jedes Darlehen zu dem vertraglich vereinbarten Satz bis zum voraussichtlichen Ende der Laufzeit anfallen würde.

(11) Darlehensspezifischer Liquiditätspuffer: Bei jeder Vergabe eines Darlehens an einen Mitgliedstaat ist mit der EFSF ein darlehensspezifischer Liquiditätspuffer in einer Höhe festzulegen, durch die jedes EFSF-Darlehen zur Gänze durch AAA-Garantien und durch Barmittel in der Höhe des relevanten Anteils der EFSF-Barreserve sowie den jeweiligen darlehensspezifischen Liquiditätspuffer besichert ist.

(12) Etwaige zusätzliche Unterstützung: Nach dem EFSF-Rahmenvertrag könnte der Umfang des EFSF-Programms durch einen einstimmigen Beschluss der Garantiegeber geändert werden. Die EFSF-Kapazität kann aber nicht unbegrenzt erhöht werden, da dies der Bonität der garantiegebenden AAA-Staaten abträglich sein könnte. Sollte einer von ihnen sein AAA-Rating verlieren, würde die Kapazität der EFSF um den von diesem Land gestellten Garantiebetrag schrumpfen.

EFSF-Anleihen weisen eine Risikogewichtung von 0 % auf und sind bei der EZB repofähig. Das Rating der EFSF könnte durch eine etwaige Verschlechterung der Kreditwürdigkeit der Euroraum-Mitgliedstaaten und insbesondere der mit AAA bewerteten Garantiegeber in Mitleidenschaft gezogen werden. Da für die EFSF teilschuldnerische Haftung besteht, würde durch eine Herabstufung eines einzigen garantiegebenden AAA-Staates das AAA-Rating der EFSF herabgestuft, falls es zu keinen weiteren Bonitätsverbesserungen kommt.

Konditionalität

Damit finanzieller Beistand durch die EFSF geleistet werden kann, muss in jedem Fall ein wirtschaftliches Anpassungsprogramm vorliegen, das auch eine in einer Vereinbarung festgelegte strenge politische Konditionalität umfasst. Die Kommission handelt die Vereinbarung mit dem Empfängerland in Abstimmung mit EZB und IWF aus.

Beschlussfassung

Die Beschlüsse zur Gewährung von Mitteln im Rahmen der EFSF werden einstimmig gefasst.

3.         Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF 2.0)

Der EFSF-Rahmenvertrag wurde abgeändert, damit die gesamte Darlehenskapazität von 440 Mrd. EUR verfügbar ist.

Darlehenskapazität

Im Rahmen der EFSF 2.0 ist die effektive Darlehenskapazität der EFSF auf 440 Mrd. EUR beschränkt, um das AAA-Rating der EFSF-Anleihen zu sichern (siehe unten).

Rating

Die EFSF 2.0 wurde von den Ratingagenturen mit AAA bewertet. Zur Steigerung ihrer effektiven Darlehenskapazität auf bis zu 440 Mrd. EUR wurde der EFSF-Rahmenvertrag überarbeitet, um die Garantien von mit AAA bewerteten Staaten auf 440 Mrd. EUR anzuheben. Im Wesentlichen beruht das AAA-Rating somit nur auf einem Element, nämlich auf dem Garantiemechanismus.

Die Mitgliedstaaten des Euroraums müssen aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Garantievereinbarung eine unwiderrufliche und unbedingte Garantie für die vorgesehenen Zins- oder Kapitalzahlungen, die für die EFSF-Finanzierungsinstrumente anfallen, übernehmen. Außerdem sind mit der Garantie bis zu 165 % des Anteils eines jeden Euroraum-Mitgliedstaats (Kapital und Zinsen) abgedeckt, wobei durch die jeweiligen Garantiezusagen, wie in Anhang 1 des EFSF-Rahmenvertrags festgelegt, allerdings eine Obergrenze eingeführt wurde. EFSF-Anleihen weisen eine Risikogewichtung von 0 % auf und sind bei der EZB repofähig.

Das Rating der EFSF könnte durch eine etwaige Verschlechterung der Kreditwürdigkeit der Euroraum-Mitgliedstaaten und insbesondere der mit AAA bewerteten Garantiegeber in Mitleidenschaft gezogen werden. Da für die EFSF teilschuldnerische Haftung besteht, würde durch eine Herabstufung eines einzigen garantiegebenden AAA-Staates das AAA-Rating der EFSF herabgestuft, falls es zu keinen weiteren Bonitätsverbesserungen kommt.

Konditionalität

Jeder finanzielle Beistand durch die EFSF ist mit einer strengen politischen Konditionalität verknüpft, die in einer Vereinbarung festgelegt wird. Die Kommission handelt die Vereinbarung mit dem Empfängerland in Abstimmung mit EZB und IWF aus. Über die Vergabe von Darlehen im Rahmen eines makroökonomischen Anpassungsprogramms hinaus können durch die EFSF auch Kreditlinien besichert, Transaktionen auf den Primär- und Sekundärmärkten für Anleihen durchgeführt und Garantien für Darlehen außerhalb der Programme zur Rekapitalisierung von Finanzinstitutionen übernommen werden.

Beschlussfassung

Die Beschlüsse zur Bereitstellung von Mitteln im Rahmen der EFSF werden einstimmig gefasst.

4.         Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM)

Am 24. und 25. März 2011 befürworteten die EU-Staats- und Regierungschefs die Einrichtung des ESM als ständigen Krisenmechanismus zur Sicherung der Stabilität des Euro und der Finanzmärkte. Der ESM wird zur weltweit größten internationalen Finanzinstitution mit einem Kapital von 700 Mrd. EUR, wovon 80 Mrd. EUR einbezahlt werden. Der ESM sollte ursprünglich im Juli 2013 bereitstehen, voraussichtlich wird dieser Termin aber auf Mitte 2012 vorgezogen.

5.         Sammelanleihen der deutschen Bundesländer

Ein eigenes Segment des Anleihemarkts der deutschen Länder stellen die sogenannten Jumbos dar. Es handelt sich dabei um von einer Gruppe von deutschen Ländern emittierte Anleihen. Bislang wurden 38 Jumbos von Konsortien von fünf bis sieben Ländern ausgegeben; eine Ausnahme bildete eine besonders große Jumbo-Anleihe im Jahr 1997, an der zehn Länder beteiligt waren. Alle Jumbos waren bisher Festzinsanleihen, deren durchschnittliches Emissionsvolumen von knapp über 1 Mrd. EUR mehr als das Siebenfache einer durchschnittlichen Emission eines Bundeslandes ausmacht. Am Jumbo-Programm nehmen meist flächen- oder bevölkerungsmäßig kleine Bundesländer teil. Jumbos sind liquider als herkömmliche Länderanleihen, wodurch die öffentlichen Kassen die bei geringervolumigen Anleihen von Einzelemittenten fällige höhere Liquiditätsrisikoprämie zum Teil einsparen können. Aus Anlegersicht ist ein Jumbo eine strukturierte Anleihe, die aus getrennten Forderungen gegen die teilnehmenden Länder je nach deren Anteil an der gemeinsamen Emission besteht. Die Länder haften für die Emission somit teilschuldnerisch.

Eckdaten der Anleihen

– Häufigkeit der Emission: üblicherweise 2 bis 3 Emissionen pro Jahr

– Laufzeiten: 5 bis 10 Jahre

– Volumen: 1 bis 1,5 Mrd. EUR

– Ein Bundesland koordiniert die Emission und fungiert als Zahlstelle.

Rating

Die Emissionen werden von Fitch mit AAA bewertet. Hintergrund ist, dass Fitch bis vor kurzem für alle deutschen Bundesländer aufgrund des Länderfinanzausgleichs (ein Mechanismus für Solidarität und indirekt für Garantieübernahmen zwischen den Ländern und letztlich dem Bund) AAA-Ratings vergeben hat. Dadurch lässt sich auch erklären, dass die Ratings von Fitch von jenen anderer Agenturen häufig abweichen. Es sei darauf hingewiesen, dass nicht mehr alle deutschen Bundesländer von Fitch bewertet werden.

Fitch ist der Ansicht, dass das AAA-Rating die Kreditwürdigkeit jedes einzelnen der sieben an der gemeinsamen Emission beteiligten deutschen Bundesländer widerspiegelt. Es beruht auf den starken Unterstützungsmechanismen für Bund und Länder und deren erheblichen Liquiditätsfazilitäten, durch die eine zeitgerechte Rückzahlung gewährleistet wird und die Kreditwürdigkeit der Länder jener der Bundesrepublik Deutschland gleichzusetzen ist. Fitch merkt an, dass die Unterstützungsmechanismen dem Bund und den 16 Ländern gleichermaßen zugute kommen. Die unterschiedliche wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Länder spielt keine Rolle, weil im Fall einer finanziellen Notsituation alle Länder den gleichen Anspruch auf Unterstützung durch den Bund haben. Sammelanleihen der deutschen Länder weisen eine Risikogewichtung von 0 % auf und sind bei der EZB repofähig.

Anhang 4: Unterlagen und Marktusancen

Wie in Abschnitt 4 erläutert, wäre es für die Einführung einer Stabilitätsanleihe erforderlich, Wertpapiermerkmale und Marktusancen festzulegen. Dabei könnte es sich um folgende Merkmale und Usancen handeln:

– Auf die Emission von Stabilitätsanleihen anwendbare Rechtsordnung: Die Ausgabe von EFSF- und EU/EFSM-Anleihen unterliegt britischem Recht, was aber politischen Widerstand hervorrufen könnte.

– Laufzeitstruktur der Wertpapiere: Die mit der Stabilitätsanleihe verfolgte Finanzierungsstrategie sollte im Hinblick darauf festgelegt werden, i) Benchmark-Emissionen und eine Renditekurve aufzubauen und ii) die Finanzierungskosten zu optimieren, da Emissionen in einigen Segmenten der Renditekurve kostenintensiver sind als in anderen. Durch die Ausgabe kurzfristiger Papiere (Schatzwechsel) als Ergänzung zu Titeln mit längeren Laufzeiten würde die Flexibilität der Finanzverwaltungen und der Zugang zu Finanzmitteln erheblich verbessert.

– Zinssätze (fest, variabel, Nullkupon, inflationsgebunden): Für die Anlaufphase und zur Erleichterung des Aufbaus eines Benchmark-Status könnte es vorzuziehen sein, sich auf routinemäßige Wertpapierstrukturen zu konzentrieren. Dadurch würde auch die Entwicklung von damit verbundenen Derivaten, insbesondere Optionen und Futures, erleichtert.

– Börse, an der die Papiere notiert würden: EFSF- und EU/EFSM-Anleihen werden derzeit an der Luxemburger Börse notiert. Für die Stabilitätsanleihe könnte sich dies als zu starke Beschränkung erweisen, obwohl eine Notierung an mehreren Börsen zusätzliche Kosten verursachen würde.

– Abrechnung: Durch die diesbezüglichen Usancen sollte die Attraktivität der Titel gesteigert werden, indem die Abrechnung für kurzfristige Papiere mit t+1 (zur leichteren Erfüllung kurzfristiger Ziele der Finanzverwaltungen) und für längerfristige Papiere mit t+3 (zur Minimierung des Abrechnungsrisikos) festgelegt wird.

– Strategie für Aufbau und Pflege einer Anlegerbasis: Im Hinblick auf die mit potenziellen Anlegern zu knüpfenden Beziehungen müsste unter Umständen entschieden werden, ob eine Gruppe von Primärhändlern entstehen soll und wie der Handel mit Privatanlegern eingebunden werden soll.

– Einführung von Umschuldungsklauseln im Hinblick auf ein geordnetes Vorgehen zur Bewältigung künftiger Solvenzprobleme.

Literatur

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Juncker, J.C. und G. Tremonti (2010), Stability Bonds would end the crisis, The Financial Times, 5. Dezember 2010

[1]                      In öffentlichen Diskussionen und der Literatur wird normalerweise der Begriff „Eurobonds“ verwendet. Die Kommission ist der Ansicht, dass das Hauptmerkmal eines solchen Instruments in einer höheren finanziellen Stabilität des Euroraums besteht. Aus diesem Grund ist in diesem Grünbuch – im Einklang mit der Ansprache des Präsidenten der Kommission zur Lage der Union vom 28. September 2011 – von „Stabilitätsanleihen“ die Rede.

[2]                      Grundsätzlich könnte die gemeinsame Emission auch auf Mitgliedstaaten ausgeweitet werden, die nicht dem Euroraum angehören; allerdings würde dies ein Wechselkursrisiko implizieren. Da die Verpflichtungen mehrerer Mitgliedstaaten, die nicht dem Euroraum angehören, bereits zum großen Teil auf Euro lauten, sollte dies jedoch kein erhebliches Hindernis darstellen. Alle Mitgliedstaaten der EU werden Interesse daran haben, an der Stabilitätsanleihe teilzunehmen, vor allem wenn dies zur Senkung und Deckung ihrer Finanzierungskosten beiträgt und sich über den Binnenmarkt positiv auf die Wirtschaft auswirkt. Für die Stabilitätsanleihe gilt: Je höher die Zahl der teilnehmenden Mitgliedstaaten ist, desto umfangreicher können die positiven Auswirkungen ausfallen, welche hauptsächlich auf eine höhere Liquidität zurückzuführen sind.

[3]               Giovannini-Gruppe: „Report on co-ordinated issuance of public debt in the euro area” (11/2000). http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/giovannini/giovannini081100en.pdf.

[4]               Siehe „A European Primary Dealers Association Report Points to the Viability of a Common European Government Bond“, http://www.sifma.org/news/news.aspx?id=7436.

[5]               Für eine Übersicht der analytischen Beiträge zur Debatte um Stabilitätsanleihen siehe Anhang 2.

[6]               In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2011 zu der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise: Empfehlungen in Bezug auf die zu ergreifenden Maßnahmen und Initiativen (2010/2242(INI)) heißt es: „ …13. fordert die Kommission auf, ein künftiges System von Eurobonds zu prüfen, um die Bedingungen zu ermitteln, unter denen ein derartiges System allen beteiligten Mitgliedstaaten und der Eurozone insgesamt nützlich sein würde; weist darauf hin, dass Eurobonds eine tragfähige Alternative zum US-Dollar-Rentenmarkt darstellen würden, die darüber hinaus die Integration des Marktes für europäische staatliche Schuldtitel, geringere Kreditkosten, eine größere Liquidität, die Haushaltsdisziplin und Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes begünstigen, koordinierte Strukturreformen fördern, die Kapitalmärkte stabiler machen und somit die Idee des Euro als weltweite sichere Anlage unterstützen können; erinnert daran, dass die gemeinsame Ausgabe von Eurobonds weitere Schritte in Richtung einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik erfordert; 14. betont daher, dass im Falle der Ausgabe von Eurobonds ihre Ausgabe auf eine Schuldenquote von 60 % des BIP begrenzt werden und als vorrangige Staatsschuld der gesamtschuldnerischen Haftung unterliegen und mit Anreizen zur Verringerung der Staatsverschuldung auf dieses Niveau einhergehen sollte; spricht sich dafür aus, dass das übergeordnete Ziel der Eurobonds darin bestehen sollte, die Staatsverschuldung zu verringern, moralischem Fehlverhalten entgegenzuwirken und Spekulationen gegen den Euro zu vermeiden; weist darauf hin, dass für den Zugang zu diesen Eurobonds die vorherige Vereinbarung und Umsetzung messbarer Schuldenabbauprogramme notwendig wäre;“.

[7]               Zum Beispiel von der Kommission im Rahmen der Zahlungsbilanzfazilität/des EFSM emittierte Anleihen und EFSF-Anleihen oder Anleihen zur Finanzierung größerer grenzübergreifender Infrastrukturprojekte (z. B. von der Kommission möglicherweise ausgegebene Projektanleihen). Die verschiedenen Arten der gemeinsamen Emission und andere der Stabilitätsanleihe ähnliche Schuldtitel werden in Anhang 3 erörtert.

[8]               Die Emissionsvolumina nach Dealogic wurden angepasst, um das Volumen von Emissionen mit einer ähnlichen Laufzeit und einem ähnlichen Fälligkeitstermin einzubeziehen. Um Unterschiede aufgrund zeitabhängiger Marktbedingungen auszugleichen, wurden Kontrollvariablen eingeführt, die den Einfluss der Höhe des Zinssatzes (des 2-Jahres-Swapsatzes) und der Laufzeitstruktur (des Unterschieds zwischen 10-Jahres- und 2-Jahres-Swapsätzen), die zum Zeitpunkt der einzelnen Emissionen vorherrschten, zu berücksichtigen.

[9]               Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung von Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet; Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung von Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet.

[10]                    Die Erfahrung im Zusammenhang mit dem Rating von EFSF-Anleihen hat gezeigt, dass Anleiheratings, die höher waren als die durchschnittlichen Garantien der teilnehmenden Mitgliedstaaten, mit verschiedenen Mitteln erzielt wurden; dazu gehören Liquiditätspuffer, Verluste absorbierendes Kapital und die Übersicherung des Emissionsvolumens. Während diese Elemente im Fall der EFSF schwierig zu verwalten waren, können sie für die Steigerung der Bonität von Stabilitätsanleihen möglicherweise von Nutzen sein.

[11]             In diesem Kapitel werden die Begriffe teilschuldnerische Garantie und gesamtschuldnerische Garantie in wirtschaftlichem Sinne gebraucht, der möglicherweise von ihren rechtlichen Definitionen abweicht.

[12]             Beispielsweise entsprechend dem Beitragsschlüssel für den EU-Haushalt oder dem Kapitalzeichnungsschlüssel der EZB.

[13]             Unter diesen Umständen hätten die teilnehmenden Mitgliedstaaten jedoch einen Anspruch gegenüber dem säumigen Mitgliedstaat.

[14]             Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 2011 beispielsweise verbietet dem deutschen Gesetzgeber, dauerhafte Mechanismen zu begründen, „die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind“. Des Weiteren schreibt es vor, dass auch in einem System intergouvernementalen Regierens der Bundestag die Kontrolle über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen behält.

[15]             Ein vierter Ansatz mit vollständigem Ersatz durch Stabilitätsanleihen und teilschuldnerischer, aber nicht gesamtschuldnerischer Garantie wäre auch möglich, wird aber nicht berücksichtigt, da er sich materiell nicht von den bestehenden Emissionsverfahren unterscheidet. Des Weiteren wären Hybridfälle denkbar, etwa teilschuldnerische Garantien für Schuldverschreibungen in Verbindung mit einer begrenzten gesamtschuldnerischen Garantie zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätslücken.

[16]             Siehe Abschnitt 4 für eine Erörterung der Vorteile und Nachteile der zentralen und der dezentralen Emission.

[17]             Dies gilt insbesondere für Deutschland und in geringerem Maße für Spanien und Frankreich.

[18]             Diese strikte Definition von Stabilitätsanleihen würde bedeuten, dass die Mitgliedstaaten sich verpflichten müssten, von der Emission eigener nationaler oder anderer staatlicher Anleihen abzusehen, was auch für die Gebietskörperschaften unterhalb der nationalen Ebene gelten würde, sofern diese in das gemeinsame Emissionssystem einbezogen sind.

[19]             Siehe Delpla, J. und von Weizsäcker, J. (2010). Analog zu den Maastricht-Kriterien schlagen Delpla und von Weizsäcker eine Schuldengrenze von 60 % des BIP vor.

[20]             Wie bei Ansatz Nr. 1 könnte die Emission von Stabilitätsanleihen dezentral erfolgen, würde aber wahrscheinlich von einer zentralen Schuldenverwaltungsagentur effizienter verwaltet werden.

[21]             Eine solche Nachrangigkeit nationaler Anleihen könnte nur für neu emittierte nationale Anleihen gelten, d. h. nationale Anleihen, die nach der Einführung von Stabilitätsanleihen emittiert würden. Hingegen müssten ausstehende nationale Altanleihen den gleichen Status wie Stabilitätsanleihen haben, da eine Änderung ihres Status technisch einem Zahlungsausfall gleichkäme.

[22]             Delpla und von Weizsäcker argumentieren, dass „rote“ Schuldtitel aufgrund des hohen Ausfallrisikos weitgehend aus dem Bankensystem herausgehalten werden sollten, indem sie nicht länger bei den Refinanzierungsgeschäften der EZB zugelassen und im Bankensystem empfindlichen Kapitalanforderungen unterworfen sein sollten.

[23]             Der Vorschlag von Bruegel setzt die Obergrenze unter Verwendung des Maastrichtkriteriums als Referenzwert auf 60 % des BIP an; es gibt jedoch andere Vorschläge mit noch niedrigeren Obergrenzen. Tatsächlich wurde argumentiert, dass eine niedrig genug angesetzte Obergrenze praktisch ein Ausfallrisiko bei Eurobonds ausschließt. Eine Standardannahme für die Preisfindung bei Ausfallrisiken ist, dass im Fall des Zahlungsausfalls 40 % der Forderungen beigetrieben werden können. Wird diese Überlegung auf Staatsschulden angewendet, würde eine Obergrenze unterhalb des Beitreibewerts bedeuten, dass die im Rahmen der gemeinsamen Regelung emittierten Anleihen unter allen Umständen bedient würden.

[24]             Veröffentlicht am 9. November 2011, http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/aktuellesjahrsgutachten.html, Absätze 9-13 und 184-197.

[25]             Ein solcher Ansatz wurde im Bericht der Giovannini-Gruppe (2000) in Betracht gezogen – allerdings durch dezentrale Emission – und in jüngerer Zeit von De Grauwe und Moesen (2009), Monti (2010) sowie Juncker und Tremonti (2010) vorgeschlagen.

[26]             Ähnlich hat Bini-Smaghi einen Eurobond mit anteiligen Garantien, aber dem Recht zur Emission von Titeln für Schulden vorgeschlagen, die von den Mitgliedstaaten an eine supranationale Agentur übertragen werden, was aber Vertragsänderungen erfordern dürfte. Die Schuldtitel könnten bis zu einer im Rat im Rahmen der jährlichen Genehmigung der Stabilitätsprogramme vereinbarten Grenze emittiert werden, womit die Emission von Schuldtiteln zur Deckung von Ausgaben oberhalb der jedes Jahr festgelegten Schuldengrenze unmöglich wäre. Auf diese Weise würde eine „Schuldenbremse“ geschaffen, die ein Land zu einer frühzeitigen Entscheidung zwingen würde, wenn seine öffentliche Verschuldung der vereinbarten Grenze zu nahe kommt.

[27]             Insbesondere unter Ansatz Nr. 3 erschien jedoch auch die Teilnahme von nicht dem Euroraum angehörenden Mitgliedstaaten denkbar.

[28]             Für die Übergangsphase könnte eine Agentur der Kommission mit Kommissionsbediensteten und DMO-Bediensteten auf Zeit aus den Mitgliedstaaten geschaffen werden, die später, falls notwendig, in eine DMO umgewandelt werden könnte.

[29]             Rückmeldung dazu ist auf jedem üblichen Weg möglich, unter anderem auch über die eigens eingerichtete E-Mail-Adresse:       ECFIN-Green-Paper-Stability-Bonds@ec.europa.eu; (Internet: http://ec.europa.eu/economy_finance/consultation/index_en.htm).

[30]             Für ein zügiges Follow-up erscheint es gerechtfertigt, von der üblichen Konsultationsfrist von acht Wochen abzugehen, zumal das Konzept der Stabilitätsanleihen/Eurobonds bereits seit geraumer Zeit eingehend diskutiert wird.

[31]             Weitere Informationen: http://ec.europa.eu/economy_finance/eu_borrower/macro-financial_assistance/index_en.htm.

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