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Document 52008IE1662

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Bekämpfung von Betrug und Fälschung im bargeldlosen Zahlungsverkehr

OJ C 100, 30.4.2009, p. 22–27 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.4.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 100/22


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Bekämpfung von Betrug und Fälschung im bargeldlosen Zahlungsverkehr“

2009/C 100/04

Am 17. Januar 2008 beschloss der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

„Bekämpfung von Betrug und Fälschung im bargeldlosen Zahlungsverkehr“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 1. Oktober 2008 an. Berichterstatter war Herr IOZIA.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 448. Plenartagung am 22./23. Oktober 2008 (Sitzung vom 23. Oktober 2008) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss bedauert, dass sich die bislang angenommenen Initiativen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Betrug und Fälschungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr als nicht ausreichend erwiesen haben, um deren Verbreitung zu verhindern. Wie die Europäische Kommission bereits in ihrem Aktionsplan 2004—2007 betont hatte, wurde zwar der gemeinschaftliche Rechtsrahmen verbessert und verstärkt, aber der Informationsaustausch zwischen privaten und staatlichen Stellen ist noch nicht ausreichend entwickelt, ebenso wenig eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten.

1.2   Als das größte Hindernis für ein wirksames System zur Betrugsbekämpfung wurde von der Kommission die Schwierigkeit angesehen, Daten über Betrüger oder Verdächtige innerhalb der Union auszutauschen. Um eine effiziente Betrugsbekämpfung zu gewährleisten, erscheint es also erforderlich, durch eine Verbesserung der Zusammenarbeit aller zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten den Austausch von Informationen über Betrüger auszubauen.

1.3   Ein weiteres Hemmnis für wirksame Maßnahmen gegen Betrug und Fälschungen ist die fehlende Homogenität der Rechtsvorschriften für die Tätigkeit der einzelstaatlichen Ermittlungs-behörden und das unterschiedliche Strafmaß. Die Forderung nach einer Angleichung der Rechtsvorschriften ist also die Hauptorientierung, der gefolgt werden muss, um Betrug und Fälschungen wirksam zu bekämpfen, die gerade in diesem Sektor typischerweise grenzüberschreitende Straftaten sind.

1.4   Die Europäische Union muss deshalb ihre Strategie zur Bekämpfung von Betrug und Fälschungen im Zahlungsverkehr durch eine Vielzahl von Maßnahmen verbessern. Dazu ist es notwendig:

den Informationsaustausch zwischen privaten und öffentlichen Akteuren auszubauen;

die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu intensivieren;

die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften im Bereich der Prävention und Ahndung zu harmonisieren, wobei im Rahmen der Prävention die innerhalb der EU geltenden Datenschutzbestimmungen besonders zu berücksichtigen sind, um den grenzüberschreitenden Informationsaustausch zu ermöglichen;

in jeder zuständigen nationalen Behörde eine digitale Datenbank einzurichten, die Daten über charakteristische Merkmale der Betrugsrisiken enthält;

Europol mit der Überwachung der Offensive zur Verhütung und Bekämpfung des Betrugs und mit der Koordinierung der verfügbaren Datenbestände zu beauftragen;

gezielte Informationskampagnen unter Einbeziehung der Verbraucherverbände zu starten, damit die Benutzer auf mögliche Gefahren bei der Verwendung bargeldloser Zahlungsinstrumente aufmerksam gemacht werden und nach Möglichkeit bewusst an einer effizienteren und rechtzeitigen Betrugsbekämpfung mitwirken.

2.   Die Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des damit einhergehenden Betrugs

2.1   Ein Merkmal des heutigen Entwicklungsstandes der Weltwirtschaft ist die beträchtliche Verbreitung bargeldloser Zahlungsmittel wie Kredit- und Debitkarten oder Online-Zahlungen. Die mit elektronischen Zahlungsinstrumenten abgewickelten Geschäftsvorgänge machen mengen- und wertmäßig einen wachsenden Anteil des inländischen und grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs aus, und dieser Trend dürfte sich mit der Weiterentwicklung der Märkte und dem technischen Fortschritt der elektronischen Zahlungssysteme noch verstärken.

2.2   Die notwendige Gewährleistung der Entwicklung bargeldloser Zahlungsarten in der Europäischen Union hängt mit dem Liberalisierungsprozess des Kapitalverkehrs und der Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion zusammen. Eine moderne technologiegestützte Wirtschaft kann ohne ein effizientes Zahlungssystem nicht funktionieren, da es durch seine positiven Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors für gesamtwirtschaftliche Effizienzgewinne sorgt. Elektronische Zahlungssysteme fördern nachweislich die Konsumbereitschaft und das Wirtschaftswachstum, da sie den Kauf von Waren und Dienstleistungen erleichtern. Schätzungen zufolge finden alljährlich in der Europäischen Union 231 Mrd. — bare und unbare — Zahlungsvorgänge in einem Gesamtwert von 52 000 Mrd. EUR statt.

2.2.1   In den letzten Jahren war weltweit eine wachsende Verbreitung bargeldloser Zahlungsmittel zu beobachten. So belief sich im Jahr 2004 in der EU-25 die Anzahl der bargeldlosen Geschäftsvorgänge pro Kopf auf 142 (davon 32,3 unter Verwendung von Zahlungskarten), in den Euro-Staaten auf 150 (28,3 mit Zahlungskarten) und in den USA auf 298 (47,5 mit Zahlungskarten). Die entsprechenden Werte für 2006 liegen bei 158 (davon 55,2 unter Verwendung von Zahlungskarten) in der EU-25, 166 (50,5 mit Zahlungskarten) in den Euro-Staaten und 300 (145,1 mit Zahlungskarten) in den USA. Innerhalb der EU verzeichnete Finnland 2006 pro Kopf die höchste Anzahl bargeldloser Geschäftsvorgänge, nämlich 294 (davon 153,9 per Zahlungskarte), gefolgt von den Niederlanden mit 257 (103,2 per Zahlungskarte) und dem Vereinigten Königreich mit 239 (111,4 per Zahlungskarte) (1).

2.2.2   Spanien wies 2006 die höchste Anzahl von POS-Terminals auf, nämlich 1 291 000, und verzeichnete je Terminal 1 276 Zahlungsvorgänge in einer durchschnittlichen Höhe von 52 EUR. Auf Platz zwei rangierte Frankreich mit 1 142 000 Terminals und 4 938 Zahlungsvorgängen je Terminal in einer durchschnittlichen Höhe von 51 EUR, gefolgt von Italien mit 1 117 000 Terminals und 690 Zahlungsvorgängen in einer durchschnittlichen Höhe von 93 EUR. Das EU-Land mit der höchsten Anzahl von Zahlungsvorgängen je Terminal war Finnland mit 7 799 und einem durchschnittlichen Betrag von 35 EUR bei einer Gesamtzahl von 105 000 Terminals. Irland war hingegen das Land mit dem höchsten Durchschnittsbetrag bei Zahlungsvorgängen mit Kredit- und Debitkarten (94 EUR), allerdings bei insgesamt nur 53 000 POS-Terminals (2).

2.2.3   Ein EU-weit harmonisierter Rechtsrahmen wird die Anbieter von Dienstleistungen in die Lage versetzen, die Zahlungsinfrastrukturen und -dienste rationeller zu gestalten und den Verbrauchern zu einem größeren Angebot und höheren Schutzniveau zu verhelfen.

2.3   Wenn diese Zahlungsmittel in allen Teilen der Welt verwendbar sein sollen, müssen sie effizient, benutzerfreundlich, weithin akzeptiert, verlässlich und zu relativ geringen Kosten verfügbar sein. Da die Effizienz jedoch Sicherheit voraussetzt, gilt es, das im Rahmen des wirtschaftlich Rentablen höchstmögliche Maß an technischer Sicherheit zu gewährleisten, wobei ein erhöhtes Sicherheitsniveau anhand der Betrugsstatistik und konkreter Sicherheitsparameter zu messen ist.

2.3.1   Um sich greifende Betrugsfälle können das Vertrauen der Verbraucher in die Zahlungssysteme erschüttern und gelten daher als wichtigste Hemmnisse für die Ausweitung des elektronischen Geschäftsverkehrs. Eine weitere Folge besteht darin, dass die Reputation der Betreiber darunter leidet und die Verbraucher das Sicherheitsniveau dieser Systeme verzerrt wahrnehmen.

2.4   Im internationalen Zahlungsverkehr sind Betrugsfälle häufiger als bei inländischen Transaktionen, insbesondere bei Fernzahlungen, vornehmlich über das Internet. Nach Angaben der Kommission (3) belief sich im Jahr 2000 der Schaden durch Zahlungskartenbetrug auf 600 Mio. EUR, was ca. 0,07 % des gesamten Umsatzes der Zahlungskartenanbieter entsprach. Eine stärkere Zunahme war bei den Fernzahlungen (per Telefon, Post oder Internet) zu verzeichnen. Wie neuere Untersuchungen ergeben haben, waren in der Europäischen Union im Jahr 2006 500 000 Geschäfte von Betrugsfällen mit bargeldlosen Zahlungsmitteln im Zuge von 10 Millionen betrügerischer Transaktionen betroffen, die einen Schaden von rund 1 Mrd. EUR verursacht haben — fast doppelt so viel wie im Jahr 2005. Am stärksten waren das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland von diesen Betrugsfällen betroffen.

2.5   Die Verbreitung und der transnationale Charakter der Betrugsfälle machen eine kohärente gesamteuropäische Präventionsstrategie erforderlich. Denn von den einzelnen Mitgliedstaaten bereits ergriffene Maßnahmen mögen durchaus wirksam sein, reichen aber nicht aus, um der vom Zahlungskartenbetrug ausgehenden Bedrohung entgegenzuwirken.

2.6   Um den Erfordernissen des Marktes gerecht zu werden und das Vertrauen in die Nutzung der neuen Technologien zu stärken, ist es darüber hinaus erforderlich, sich verstärkt um die Schaffung einer sicheren elektronischen Signatur im Rahmen der bereits unter der Richtlinie 99/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 angelaufenen Initiativen zu bemühen. Die elektronische Signatur ist im Übrigen auch für den Start des „E-Government-Projekts“ unverzichtbar. Mit dem Projekt STORK unter Schirmherrschaft der EU sollen die Probleme der Interoperabilität der Systeme gelöst werden.

2.7   Die Kommission hat darauf verwiesen, dass Betrug mit gestohlenen oder gefälschten bargeldlosen Zahlungsmitteln hauptsächlich auf das Konto krimineller Vereinigungen geht, die vielfach in puncto Personal, Ausstattung und Logistik eine komplexe Struktur aufweisen und grenzübergreifend agieren. Zum Zahlungsbetrug im Internet oder zur Fälschung von Zahlungskarten setzen sie ausgeklügelte Techniken ein. Sie können ihre Vorgehensweise rasch umstellen, um gegen sie ergriffenen Maßnahmen zu entgehen.

2.7.1   Untersuchungen haben ergeben, dass sich kriminelle Vereinigungen bei komplizierteren Betrugsfällen in der Regel an ein standardisiertes und bewährtes Prozedere halten, das meist wie folgt abläuft:

Auswahl einer Geschäftsstelle, in die ein Bandenmitglied nachts einbricht oder in die es sich nach Ladenschluss einschließen lässt, um in dem mit der Kasse verbundenen POS-System eine ausgeklügelte elektronische Vorrichtung anzubringen, die sowohl die auf den Magnetstreifen der Zahlungskarten gespeicherten Daten als auch die eingegebenen Geheimzahlen (PIN) ausspionieren kann;

die von diesen elektronischen Geräten gespeicherten Daten werden dann in physischer oder — unter Verwendung von GSM- oder Bluetooth-Technologie — elektronischer Form abgerufen und dazu verwendet, mit den Daten versehene Plastik-Duplikate der Zahlungskarten mit dazugehöriger PIN herzustellen;

die illegal hergestellten Kredit- und Debitkarten werden dann benutzt, um — auch im Ausland — Waren zu kaufen oder Bargeld abzuheben.

3.   Gemeinschaftlicher Rechtsrahmen

3.1   Da eines der Hauptziele der EU darin besteht, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen, in dem Zahlungssysteme eine wesentliche Rolle spielen, wurden vor längerer Zeit spezifische Maßnahmen eingeleitet, die eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung des Zahlungskartenbetrugs zum Ziel haben und zwei zentrale Komponenten beinhalten:

Maßnahmen zur Harmonisierung der Vertragsbestimmungen, die das Verhältnis zwischen Karteninhaber und Kartenaussteller und die Modalitäten für die Zahlungsvorgänge regeln;

Maßnahmen aller Mitgliedstaaten, um Zahlungskartenbetrug unter Strafe zu stellen und wirksame und abschreckende Sanktionen vorzusehen.

3.2   Zur ersten Gruppe gehören:

Empfehlung 87/598/EWG der Kommission vom 8. Dezember 1987 zu den Beziehungen zwischen Finanzinstituten, Händlern/Dienstleistungserbringern und Verbrauchern, die einen europäischen Verhaltenskodex im Bereich des elektronischen Zahlungsverkehrs und die Einführung von Systemen zum Schutz der Verbraucher zum Ziel hat;

Empfehlung 88/590/EWG der Kommission vom 17. November 1988 zu den Beziehungen zwischen Karteninhabern und Kartenausstellern, in der die Zahlungskartenaussteller aufgefordert werden, einheitliche Vertragsbedingungen zur Sicherheit des Zahlungsinstruments und der damit zusammenhängenden Daten sowie zu den eigenen Verpflichtungen des vertraglich gebundenen Inhabers im Falle von Verlust, Diebstahl oder Fälschung von Zahlungsinstrumenten zu beschließen;

Empfehlung 97/489/EG der Kommission vom 30. Juli 1997 zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus im Bereich der elektronischen Zahlungsinstrumente. Darin werden die Mindestinformationen festgelegt, die in den Geschäftsbedingungen enthalten sein müssen, welche für die Ausgabe und Verwendung von elektronischen Zahlungsinstrumenten gelten;

Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, mit der die Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche durch die Einschränkung von Bargeldzahlungen weiter ausgebaut werden sollen;

Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, mit deren Hilfe gewährleistet werden soll, dass die einzelstaatlichen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen koordiniert werden, neue Finanzdienstleister Marktzugang erhalten und die Informationspflichten sowie die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern festgelegt werden.

3.3   In Bezug auf die zweite Gruppe wurden aufgrund der Zunahme von Betrugsfällen und des zuvor vorwiegend einzelstaatlichen Charakters präventiver Maßnahmen folgende Initiativen eingeleitet:

Mitteilung der Kommission KOM(1998) 395 endg.: Rahmenregelung zu Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit bargeldlosen Zahlungsmitteln, in der die Kommission ein Bündel von Maßnahmen vorschlägt, um einen hinreichend sicheren Rahmen für Zahlungsinstrumente und die ihnen zugrunde liegenden Systeme zu fördern;

Beschluss 2000/642/JI des Rates vom 17. Oktober 2000über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen; darin werden die Mindestnormen für die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten für Finanztransaktionen aufgestellt;

Mitteilung der Kommission KOM(2001) 11 endg. vom 9. Februar 2001 zur Vorbeugung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit bargeldlosen Zahlungsmitteln, in der die Kommission ihren Aktionsplan zur Betrugsbekämpfung 2001—2003 für die EU verabschiedet hat. Im Plan heißt es, dass die Prävention auf der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen staatlichen Stellen und der Zahlungsmittelbranche basiert. Die wichtigsten Verbesserungen seien technischer Art und dienten der Erhöhung der Zahlungssicherheit, so z. B. die Einführung von Chipkarten, Mechanismen zur umgehenden Meldung des Verlustes oder Diebstahls von Zahlungsinstrumenten und Elemente (wie PIN oder ein sonstiger Code) zur weitgehenden Verhinderung oder Eindämmung von Betrugsmöglichkeiten;

dem Plan zufolge ist eine wesentliche Voraussetzung für jede wirksame Betrugsbekämpfungsstrategie der Informationsaustausch, speziell zwischen Banken und Vollstreckungsbehörden in und zwischen den Mitgliedstaaten. Dazu wird im Plan die Einführung eines Rahmens für einen regelmäßigen Dialog zwischen allen an der Betrugsbekämpfung beteiligten Akteuren (Kreditkartenaussteller, Bankenverbände, Netzbetreiber, Europol, nationale Polizeibehörden usw.) befürwortet. Des Weiteren schlägt die Kommission die Durchführung internationaler Konferenzen für höhere Polizeibeamte, Richter und Staatsanwälte vor, um deren Sensibilität für Zahlungsbetrug und dessen Auswirkungen auf die Finanzsysteme zu erhöhen;

Rahmenbeschluss 2001/413/JI des Rates vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln. In diesem Rahmenbeschluss werden alle Mitgliedstaaten aufgerufen, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen, darunter Freiheitsstrafen, die zu einer Auslieferung führen können, für Zahlungskartenbetrug vorzusehen, der unter Verwendung von IT oder elektronischen Geräten oder sonstigen besonders geeigneten Mitteln begangen wurde und folgende Tatbestände erfüllt:

Diebstahl oder sonstige widerrechtliche Aneignung eines Zahlungsinstruments,

Fälschung oder Verfälschung eines Zahlungsinstruments zum Zwecke betrügerischer Verwendung,

Annehmen, Sichverschaffen, Transportieren, Verkauf oder Weitergabe an eine andere Person oder Besitz von gestohlenen oder in anderer Weise widerrechtlich angeeigneten oder ge- oder verfälschten Zahlungsinstrumenten zum Zwecke betrügerischer Verwendung,

unrechtmäßige Eingabe, Veränderung oder Löschung von Computerdaten oder unrechtmäßiges Eingreifen in den Ablauf eines Computerprogramms oder den Betrieb eines Computersystems,

betrügerisches Anfertigen, Annehmen, Sichverschaffen, Verkaufen oder Weitergeben von Instrumenten, Computerprogrammen oder anderen Mitteln, die ihrer Beschaffenheit nach besonders für das Begehen eines solchen Betrugs geeignet sind;

der Beschluss sieht auch einen konkreten Rahmen für die internationale Zusammenarbeit vor, wonach die Mitgliedstaaten einander ein Höchstmaß an Rechtshilfe bei Verfahren hinsichtlich der Straftaten im Sinne des Beschlusses zu gewähren haben. Die Mitgliedstaaten sollen die Anlaufstellen bestimmen oder können vorhandene Strukturen nutzen, um den Austausch von Informationen und andere Kontakte zwischen den Mitgliedstaaten zu ermöglichen;

Mitteilung der Kommission KOM(2004) 679 endg. vom 20. Oktober 2004: EU-Aktionsplan zur präventiven Betrugsbekämpfung im bargeldlosen Zahlungsverkehr (2004—2007). Mit diesem Aktionsplan beabsichtigt die Kommission, die bereits eingeleiteten Initiativen zur Betrugsbekämpfung weiter auszugestalten, um angesichts der Zunahme von Hacking und Identitätsdiebstahl das Vertrauen in den Zahlungsverkehr zu erhalten und zu erhöhen. Vorrangige Ziele der Kommission sind die Sicherheit der Zahlungsprodukte und -systeme und die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Stellen und dem privaten Sektor, die dadurch erreicht werden soll, dass:

die EU-Sachverständigengruppe „Präventive Betrugsbekämpfung“ ausgebaut und umorganisiert wird,

die Hersteller von Zahlungsmitteln, die Anbieter von Zahlungssystemen und die nationalen Behörden nach einem abgestimmten, strukturierten Konzept verfahren, um im elektronischen Zahlungsverkehr für die Verbraucher das im Rahmen des wirtschaftlich Rentablen höchstmögliche Maß an Sicherheit zu gewährleisten,

alle Beteiligten im Interesse einer frühzeitigen Aufdeckung und Meldung von Betrugsversuchen Informationen austauschen,

die zuständigen Verwaltungsbehörden der EU-Staaten verstärkt zusammenarbeiten, um Zahlungsbetrug zu verhindern und die Ermittlungskapazitäten der nationalen Strafverfolgungsbehörden zu erhöhen,

neue Mechanismen zur Meldung von Kartenverlusten und -diebstählen in der EU eingeführt werden.

4.   Anmerkungen und Vorschläge

4.1   Auch wenn der gemeinschaftliche Rechtsrahmen nachgebessert und verstärkt wurde, sind der Informationsaustausch zwischen staatlichen und privaten Akteuren ebenso wie eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten noch nicht voll entwickelt. Dazu müssen, auch vor dem Hintergrund der jüngsten EU-Erweiterung, der Rahmenbeschluss und die Empfehlungen inhaltlich von sämtlichen EU-Mitgliedstaaten in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.

4.1.1   Als wichtigstes Hindernis für eine effektive Einführung eines Betrugsbekämpfungssystems bezeichnet die Kommission die Probleme beim Austausch von Daten über Betrüger oder ihre potenziellen Opfer innerhalb der EU. Im Aktionsplan 2004—2007 wird dafür plädiert, als Voraussetzung für einen grenzüberschreitenden Datenaustausch die Datenschutzbestimmungen EU-weit zu harmonisieren, auch durch Angleichung der in der EU geltenden Datenschutzvorschriften.

4.2   Um eine wirksame Prävention zu gewährleisten, könnte nach Ansicht des Ausschusses die Möglichkeit ins Auge gefasst werden, dass jede zuständige nationale Behörde eine digitale Datenbank einrichtet, die von Zahlungskartenanbietern mit folgenden Daten versehen wird: Angaben zu betrugsanfälligen Verkaufsstellen und Geschäftsvorgängen; nähere Angaben zu Verkaufsstellen und den gesetzlichen Vertretern von Unternehmen, denen aus Sicherheitsgründen oder wegen einer Strafanzeige die Annahme von Zahlungskarten untersagt wurde; nähere Angaben zu Geschäftsvorgängen, die vom Karteninhaber nicht anerkannt oder zur Anzeige gebracht wurden sowie Informationen über Geldautomaten, die in betrügerischer Absicht manipuliert wurden. Unter Achtung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften könnte dieses Archiv unter anderem dazu dienen, kriminelle Handlungen und die polizeiliche Zusammenarbeit — auch auf internationaler Ebene — zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten, die mit Kreditkarten und anderen Zahlungsmitteln begangen werden, zu analysieren.

4.3   Neben dem Austausch von Informationen über die Betrüger ist auch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten erforderlich, und zwar durch neue Initiativen zur Erfassung von Daten und ihres flächendeckenden Austauschs zwischen den mit der Betrugsbekämpfung befassten Stellen, insbesondere den Polizeidienststellen und den Zahlungskartenausstellern.

4.3.1   Dazu könnten die bestehenden Kooperationsstrukturen für die Bekämpfung von Euro-Fälschungen gestrafft und die zuständigen nationalen Behörden auch unmittelbar an der Verhütung von Betrug im bargeldlosen Zahlungsverkehr beteiligt werden.

4.3.2   Dabei könnte man in Erwägung ziehen, Europol — das nach Maßgabe des Ratsbeschlusses vom 29. April 1999 auch für die Bekämpfung der Fälschung von Bargeld und anderen Zahlungsmitteln zuständig ist — mit der Überwachung der Offensive zur Verhütung und Bekämpfung des Betrugs im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu beauftragen, und zwar mit folgenden Zielsetzungen:

Koordinierung der Verwaltung der Datenbestände aller Mitgliedstaaten mit Angaben zu Fälschungen von Zahlungskarten, damit auch die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten zu nachweislichen Ermittlungszwecken darauf zugreifen können;

sofortige Unterrichtung von Zahlungskartenanbietern und -ausstellern über in anderen Mitgliedstaaten aufgedeckte Betrugsfälle;

Erleichterung des im Rahmenbeschluss 2001/413/JI vom 28. Mai 2001 vorgesehenen Informationsaustauschs zwischen den Polizei- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten.

4.4   In diesem Zusammenhang könnte in Erwägung gezogen werden, die an der Bekämpfung von Betrug und von Fälschungen bargeldloser Zahlungsmittel beteiligten Polizeiorgane und Ermittlungsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten zu vernetzen, insbesondere im Hinblick auf den direkten Informationsaustausch über ein zertifiziertes E-Mail-Sysstem, um u. a. die einschlägigen Datenbanken gemeinsam zu nutzen.

4.4.1   Eine solche Maßnahme setzt zwar eine vorherige Vereinbarung über die Inhalte der in diesen Datenbanken gespeicherten Daten und die Vereinbarkeit mit den in den einzelnen Mitgliedsländern geltenden Datenschutzvorschriften voraus, wäre jedoch — in Einklang mit Artikel 79 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 — ein deutlicher Fortschritt bei der besseren Bekämpfung von Betrug mit bargeldlosen Zahlungsmitteln, da die Ermittlungsbehörden damit unmittelbar, sofort und ohne unnötige bürokratische Formalitäten über die erforderlichen Informationen verfügen könnten. Zu diesem Zweck wäre eine Festlegung von europaweiten Mindeststandards für die Art der auszutauschenden Daten wünschenswert, um unter Achtung der Richtlinie 1995/46/EG zum Schutz personenbezogener Daten über einen gemeinsamen Pool von Informationen zur Bekämpfung von Betrugsfällen verfügen zu können.

4.5   Die Eindämmung betrügerischer Handlungen in der EU wird dadurch erschwert, dass die nationalen Rechtsvorschriften über die Ausübung von Untersuchungsbefugnissen durch die einzelstaatlichen Behörden uneinheitlich sind und das jeweilige Strafmaß unterschiedlich hoch ist. So ist voraussehbar, dass Betrug vor allem in den Ländern begangen wird, in denen die Überprüfungsbefugnisse der Kontrollorgane weniger weitreichend sind beziehungsweise das Strafmaß nicht abschreckend wirkt. Die Forderung nach einer Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften scheint der einzige Weg zur wirksamen Eindämmung von Betrügereien in diesem Bereich zu sein; insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass, wie bereits im Aktionsplan 2004—2007 betont wurde, die früheren Initiativen nicht ausgereicht haben, um der Gefährdung durch Zahlungsmittelbetrug entgegenzuwirken.

4.5.1   In diesem Zusammenhang (4) muss geprüft werden, ob die Mitgliedstaaten die in Artikel 2, 3 und 4 des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates vom 28. Mai 2001 benannten Straftatbestände für widerrechtliche Handlungen unter Einsatz von Zahlungsinstrumenten, Computern und ausgetüftelten technischen Hilfsmitteln wirksam in das eigene Strafrecht aufgenommen haben. Unter Achtung der Souveränität der Mitgliedstaaten sollte geprüft werden, ob das für derartige Straftaten vorgesehene Strafmaß wirklich abschreckend wirkt, auch im Hinblick auf das gesetzlich vorgesehene Strafmaß. Zugleich sollte das Strafmaß für Betrugsfälle vergleichbarer Schwere auf EU-Ebene angeglichen werden, wie dies beispielsweise bei der Bekämpfung von Geldwäsche geschehen ist.

4.6   Die Verabschiedung der vorgeschlagenen Initiativen würde eine wirksame Betrugsbekämpfung ermöglichen und die Schaffung eines einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrraums (SEPA) erleichtern, in dem unabhängig vom Wohnort im gesamten Euro-Raum bargeldlose Zahlungen von einem Konto aus unter den gleichen Bedingungen erfolgen können, womit die gegenwärtige Unterscheidung zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Zahlungen hinfällig wird.

4.7   Die EU muss ihre Strategie zur Bekämpfung des Zahlungsbetrugs und der Geldfälschung durch ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Maßnahmen intensivieren. Ein Kernstück ist die Aufklärung der Öffentlichkeit, mit der die Benutzer von Kredit- und Debitkarten noch weiter sensibilisiert werden, um die Verbraucher über die möglichen Risiken bei der Verwendung bargeldloser Zahlungsinstrumente noch besser aufzuklären. Phishing-Versuche können z. B. bei ahnungslosen Verbrauchern erfolgreich sein. Die EU-Institutionen sollten durch europaweite Kampagnen, die von der Kommission koordiniert werden, zur Aufklärung beitragen.

4.8   Den Verbraucher- und Handelsverbänden kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Durch enge Zusammenarbeit könnten sie mithelfen, ein Frühwarnsystem einzurichten und die Verbraucher zu sensibilisieren und über die gängigsten und neuesten Praktiken zu unterrichten. Hierzu scheinen gezielte Verbraucherinformationskampagnen, auch in Form von praktischen und leicht zugänglichen Ratschlägen, erforderlich, um die Kenntnisse über die Funktionsweise von Zahlungskarten und über sofortige Verhaltensweisen für den Fall zu verbessern, dass man Opfer eines Betrugs geworden ist.

4.9   Das Engagement der Mitgliedstaaten sollte sich auch in einer Verschärfung der Strafen für Betrüger niederschlagen, die auch tatsächlich zum Tragen kommen muss. Bei Straftaten, die im EU-Ausland und — bei besonders schweren Straftaten — auch in Drittstaaten begangen werden, sollten die einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen im gesamten europäischen Rechtsraum gelten. Diese Praxis wird mittlerweile immer häufiger angewandt und es gibt immer mehr Vorschläge zur Verfolgung und Ahndung von Straftaten. In Anbetracht der Tatsache, dass Betrügereien mit Zahlungsmitteln in der Regel von organisierten Banden und in mehreren Staaten verübt werden, stellen das Übereinkommen und die Zusatzprotokolle der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, die von der Generalversammlung der VN am 15. November 2000 und am 31. Mai 2001 verabschiedet wurden und Maßnahmen gegen grenzüberschreitende Straftaten vorsehen, ein wirksames Instrument zu ihrer Bekämpfung dar.

Brüssel, den 23. Oktober 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  Quelle: Europäische Kommission, KOM(2005) 603 endg. vom 1.12.2005, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, SEK(2005) 1535.

(2)  Quelle: Jahresbericht 2007 der Banca d'Italia, Anhang. Die Daten resultieren aus Auswertungen von Daten der italienischen Zentralbank, der Banca dei Regolamenti Internazionali BRI, der italienischen Post S.p.A. und der Banca d'Italia.

(3)  Quelle: Europäische Kommission, KOM(2004) 679 endg. vom 20.10.2004, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, die Europäische Zentralbank und Europol — Neuer EU-Aktionsplan zur präventiven Betrugsbekämpfung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, SEK(2004) 1264.

(4)  In dem Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (SEK(2008) 511 vom 22.4.2008) Report on fraud regarding non cash means of payments in the EU: the implementation of the 2004 — 2007 EU Action Plan wird die Notwendigkeit wirksamer Sanktionen betont, da die in manchen Mitgliedstaaten geltenden Strafen keinen abschreckenden Charakter haben, wie aus zwei von der Kommission im April 2004 [KOM(2004) 356] und Februar 2006 [KOM(2006) 65] vorgelegten Berichten über die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates vom 28.5.2001 hervorgeht.


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